Jaron Verlag FrühJahr 2013

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E Berlin-Geschichte hautnah: Ein Rundgang zu den Spuren der ehemaligen DDR-Hauptstadt E Von dem renommierten Autor Arnt Cobbers, mit aktuellen Fotos, historischen Abbildungen, Kurzinfos für Besucher E Touristischer Toptitel, nur 10,– Euro Arnt Cobbers BErliN, HauptStadt dEr ddr Spurensuche heute: orte, Bauten und Ereignisse 1949–1990 Klappenbroschur, ca. 96 Seiten, eine Übersichtskarte, ca. 100 überwiegend farbige Abbildungen Format: 12,3 x 22 cm € 10,– ISBN 9783897737136 Erscheint im März 9 7 8 3 8 9 7 7 3 7 1 3 6 8 SpurEN dEr ddr … Die DDR scheute weder Kosten noch Mühen, ihre Hauptstadt großflächig zur sozialistischen Musterstadt umzugestalten. Nach der friedlichen Revolution 1989 jedoch zermalmten Bagger und Abrissbirnen nicht nur das hässlichste Bauwerk des DDRRegimes, die Mauer – auch viele wichtige Bauten und städtebauliche Errungenschaften, die einst den Alltag in OstBerlin prägten, sind inzwischen aus dem Stadtbild verschwunden. In dem Band „Berlin, Hauptstadt der DDR“ der neuen Buchreihe „Spurensuche heute“ macht der Historiker Dr. Arnt Cobbers die wichtigsten Orte der einstigen DDRKapitale im heutigen Stadtbild wieder sichtbar. Er stellt zentrale Bauwerke vor und erläutert politische und gesellschaftliche Ereignisse in der DDR an den Stätten ihres Geschehens. Geschichte wird anschaulich, wenn der Berlinkenner und ArchitekturExperte an jene Orte führt, an denen man bis heute ein Stück DDR erleben kann. Auf drei Touren durch den Altbezirk Mitte sowie auf Ausflügen in den Nordosten, Osten und Südosten Berlins bittet Cobbers seine Leser zum Ortstermin mit der DDRGeschichte. Info kästen zu übergeordneten Themen, etwa zur politischen Struktur, zu politischen Parolen oder den Intershops, helfen dabei, Zusammenhänge zu verstehen. Im praktischen Taschenformat, mit Übersichtskarte, hervorragendem historischem Bildmaterial und aktuellen Aufnahmen des bekannten BerlinFotografen Günter Schneider gehört dieses Buch ins Handgepäck aller geschichts interessierten Berliner und Berlinbesucher. dr. arnt Cobbers, geboren am Niederrhein, lebt seit 1985 in Berlin. Der Historiker und Kunstgeschichtler ist seit 1998 Journalist und freier Autor. Im <strong>Jaron</strong> <strong>Verlag</strong> erschienen von ihm zuletzt Neuausgaben seiner Standardwerke „Kleine BerlinGeschichte“ (2012), „Architektur in Berlin“ (2012), „Architekturführer. Die 100 wichtigsten Berliner Bauwerke“ (2010) und „Die Museen in Berlin“ (2011).
Spurensuche-13.11:Layout 1 15.11.2012 12:16 Uhr Seite 22 Bahnhof Friedrichstraße Spurensuche-13.11:Layout 1 15.11.2012 12:16 Uhr Seite 50 Westliche Stalin-Allee /Karl-Marx-Allee 22 50 Bahnhof Friedrichstraße Friedrichstraße/Georgenstraße Der Bahnhof, dessen heutige Gestalt aus den 1920er Jahren stammt, war zu Mauerzeiten der wichtigste Übergang von West-Berlin nach Ost-Berlin, aber auch ein quasi exterritorialer West-Berliner Umsteigebahnhof mitten im sozialistischen Teil der Stadt. Nach dem Mauerbau lief der Verkehr auf den U-Bahn-Linien 6 und 8 und auf der Nord-Süd- S-Bahn weiter, die auf Ost-Berliner Gebiet liegenden Bahnhöfe waren jedoch ge - sperrt. Stationen wie Alexanderplatz, Oranienburger Straße oder Stadtmitte durchfuhren die Züge in gedrosseltem Tem po, aufmerksam beobachtet von DDR-Grenzsoldaten, die auf den dunklen und ansonsten menschenleeren Bahnsteigen Wache standen. Nur der Bahnhof Friedrichstraße war für die Linie U6 und die Nord-Süd-Bahn geöffnet. Hier konnte man, aus Kreuzberg oder dem Wedding kommend, in den Intershop-Kiosken auf den Bahnsteigen preiswert Spirituosen, Zigaretten oder Kosmetika kaufen und zurückfahren – oder nach oben zur S-Bahn steigen und nach Westen fahren. Lange gehörte das gesamte S-Bahn-Netz zur (ostdeutschen) Reichsbahn, erst 1984 übernahm der (West-)Senat die West-Berliner Linien. Ab diesem Zeitpunkt stieg auf dem letzten West-Bahnhof der Stadtbahn- Strecke, Lehrter Bahn hof am Ort des heutigen Hauptbahnhofs, der West- Herausragende moderne Architektur: Das Kino International Hauptgebäude wird als Hostel genutzt, von der Innenausstattung ist nichts erhalten) und die der Volksrepublik Bulgarien (Leipziger Straße 20/ Mauerstraße 11). Westliche Stalin-Allee/Karl-Marx-Allee Karl-Marx-Allee, Mitte/Friedrichshain Schon 1953 entstand in Johannisthal das erste Wohnhaus in Platten - bauweise, seit 1957 war das „industrielle Bauen“ die vorherrschende Bauweise im DDR-Wohnungsbau. „Schneller, besser und billiger“ lautete das von der Sowjetunion übernommene neue Motto. Um einen Gesichts - Walter Ulbricht am 24. August 1961 vor Arbeiterbataillonen in der Stalinallee … iN BErliN Intershops „Bekanntlich kommen zu uns im Jahr etwa 9,5 Millionen Gäste aus kapitalistischen Ländern, die bei uns essen, zum großen Teil übernachten und selbstverständlich auch Geld in den Taschen haben. Durch die Intershop-Läden haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass diese Devisen bei uns im Lande bleiben.“ So erklärte Staats- und Parteichef Erich Honecker 1977 im DDR-Fernsehen die Existenzberechtigung von Hunderten Intershops, in denen man nicht mit Mark der DDR, sondern nur mit „konvertierbarer Währung“ einkaufen konnte. Seit 1974 durften auch DDR-Bürger West-Geld besitzen, das sie zum Beispiel von ihrer Verwandtschaft geschenkt bekommen hatten. Um im Intershop einzukaufen, mussten sie dieses Geld allerdings in „Forumschecks“ umtauschen. Für West-Berliner waren Intershops verlockend, da Zigaretten, Alkohol und Kosmetika hier wesentlich billiger angeboten wurden. Berliner Zugführer aus und machte einem Ost-Berliner Kollegen Platz, der dann das letzte Stück über die Spree und, auf einem rechts und links von Drahtzäunen eingefass ten Bahndamm, zum Bahnhof Friedrichstraße fuhr. Dort endete der Zug in der Nordhalle des Bahn hofs, die durch hohe Wände von der Haupthalle getrennt war, und fuhr wieder zurück. Lichtdurchflutet: Fernbahnsteig am Bahnhof Friedrichstraße heute Hinter Sichtschutz: Einreise in die DDR über den Fernbahnsteig 1982 Spurensuche-13.11:Layout 1 15.11.2012 12:16 Uhr Seite 36 36 Haus der Ministerien I Bundesministerium für Finanzen, Wilhelmstraße 97 Ein Haus mit Tradition: Gebaut 1934–36 für das neugegründete Luftfahrtministerium, diente es zu DDR-Zeiten der Ministerialverwaltung und ab 1990 der Treuhandgesellschaft; heute ist es das Bundesministe rium der Finanzen. 1946 bezog die Sowjetische Militäradministration das kaum zerstörte Gebäude, 1947 nahm hier die Deutsche Wirtschaftskommission ihre Arbeit auf, die zentrale deutsche Verwaltungs behörde der Sowjetischen Be satzungszone. Im neugestalte ten Festsaal verabschiedete der Deut sche Volksrat am 7. Oktober 1949, „einen Monat nach Ausrufung des westdeutschen Separatstaats“, die Verfassung der DDR – damit war die Deutsche Demokra - tische Republik gegründet. Anschließend wählte man Wilhelm Pieck zum Staatspräsidenten und beauftragte Otto Gro tewohl Dienststelle vieler Herren: mit der Bildung einer Re - Das Detlev-Rohwedder-Haus gierung. Ab 1951 bildeten das ehemalige Luftfahrtministerium und Teile des preußischen Herrenhauses (heute Bundesrat) und des preußischen Landtags (heute Abgeordnetenhaus von Berlin) gemeinsam das Haus der Ministerien. In den frühen 1950er Jahren war dies das Regierungszentrum der DDR, und bis 1990 waren hier die Staatliche Plankommission und die für verschiedene Wirtschaftszweige zuständige Ministerien angesiedelt, zum Beispiel das Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebens mittelindustrie, das Ministerium für Glas- und Keramikindustrie oder das Ministerium für Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau. 51 verlust gegenüber dem Westen Dass man zu vermeiden, die alten NS-Bauten wurde allerdings so problemlos das weiternutzte, hatte auch Prestigeprojekt Stalinallee damit bis 1960 zu tun, im herkömmlichen dass die DDR sich Stil nicht weitergeführt. als Nachfolger des Dritten Reiches Der ab 1959 entstandene Bauabschnitt zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz zeigte dann „Aufbau aber der ein Republik“: völlig anderes Wandbild Bild. Max Mit Lingners den bis von zu1952/53 zehngeschossigen Zeilenwohnbauten inmitten großer Grünflächen reihte sich die DDR wieder ein in die Entwicklung der internationalen Moderne. Charakteristisch für das Viertel sind die keramikverleideten Fassaden und die Konzentration der Geschäfte und Gaststätten in Pavillonbauten an der Straße: Hier gab es das Blumenhaus Interflor und den Modesalon Madeleine, den Kosmetiksalon Babette und das Schuhhaus Zentrum, die „Mokka-, Milch- und Eisbar“ neben dem Kino und „Kunst im Heim“. In der Mitte dieses „weiträumig gegliederten“ Bauabschnitts liegen zwei der besten modernen Bauten Ost-Berlins: das „Restaurant Moskau“, das in Spezialitätenrestaurant, Wein-, Tee- und Mokkastube, Nachtbar und Tanzcafé 600 Gäste bewirten konnte, und das Kino International, in dem zahlreiche DEFA-Filme ihre feierliche Premiere erlebten. Für Ehrengäste wurde die achte Reihe mit mehr Beinfreiheit versehen. Einer der bekanntesten DDR-Filme, „Coming Out“ von Heiner Carow, Vorzeigearchitektur: Die Karl-Marx-Allee feierte hier am Abend des Geisteswandel: Luther am Leninplatz 1984 9. November 1989 seine (unten) Premiere. Ein zweites Kino in gelungener moderner Architektur befindet sich in der Karl-Marx-Straße 131a, das Kosmos. Haus der Ministerien I Leninplatz Platz der Vereinten Nationen, Friedrichshain „Goodbye Lenin“ ist einer der erfolgreichsten deutschen Filme überhaupt, und sein Titel wird auf immer die Erinnerung an den 19 Meter hohen granitenen Lenin wachhalten, der im Dezember 1990 per Kran von seinem Sockel geholt und ins Depot verfrachtet wurde. Zum 100. Geburts - 23 Bahnhof Friedrichstraße Leninplatz „Berlin, Hauptstadt der DDR“: Spannende Stadtspaziergänge auf den Spuren der Geschichte Auferstanden aus Ruinen: Verfassungsgebung im NS-Bau am 7. Oktober 1949 Der 17. Juni 1953 Am ehemaligen Haus der Ministerien I, an der Ecke Wilhelmstraße/Leipziger Straße, beschwören Wandbilder von 1952 die glückliche sozialistische Gesellschaft. Die Realität sah ein Jahr später anders aus: Trotz Problemen bei der Lebensmittelversorgung und einem Abbau sozialer Leistungen beschlossen Partei und Minister rat eine zehnprozentige Normenerhöhung zum 30. Juni 1953, dem 60. Geburts tag Walter Ulbrichts. Als auch die Gewerkschaftsleitung dieser Quasi-Lohnsenkung freudig zustimmte, kochte die Wut hoch. Am Dienstag, dem 16. Juni 1953 legten Bauarbeiter in Friedrichshain ihre Arbeit nieder und zogen ins Stadtzentrum vor den Sitz von Plankommission und Regierung. Weder Ulbricht noch Grotewohl trauten sich, mit den Arbeitern zu sprechen. Der Ministerpräsident sagte ihnen aber wenig später übers Radio zu, die Normenerhöhung werde zurückgenommen. Da aber hatten sich die Demonstrationen schon zu einem allgemeinen Protest gegen die Verhältnisse ausgeweitet. Für den folgenden Tag wurde ein Generalstreik vereinbart, und nun befand sich die ganze DDR in Aufruhr. Das Zentrum Berlins war voller streikender Arbeiter; am Potsdamer Platz wurde eine Polizeiwache in Brand gesetzt, auf dem Brandenburger Tor holten Demonstranten die rote Fahne herunter und hissten eine schwarz-rot-goldene. Um 13 Uhr verhängte der sowjetische Stadtkommandant schließlich den Ausnahmezustand und ließ die Straßen durch Panzer räumen. Bis zum Abend gab es allein in Berlin 16 Tote und mehr als 100 Verletzte. Über 1500 „Provokateuren“ wurde in den folgenden Monaten der Prozess gemacht, zwei wurden zum Tode verurteilt. Ministerpräsident Grotewohl nannte den Volksaufstand einen „faschistischen Putschversuch“ – an der Politik der SED änderte sich grundlegend nichts. Das Gefühl, zwischen den Demons - tranten vorn und dem Klassenfeind hinten eingekeilt zu sein, führte jedoch dazu, dass man die zentralen Regierungsstellen bald von der Wilhelmstraße weg verlegte. Ein in den Boden eingelassenes Glasbild an der Ecke Leipziger Straße/Wilhelmstraße erinnert seit 2000 an die Opfer des Volksaufstands. 37 9 Haus der Ministerien I
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