Ohne Scheiss: Unsere Bücher sind sage und ... - Nicolas Märki
Ohne Scheiss: Unsere Bücher sind sage und ... - Nicolas Märki
Ohne Scheiss: Unsere Bücher sind sage und ... - Nicolas Märki
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ten der AKSA <strong>sind</strong> ihre sanitären Anlagen. Würde man für<br />
jeden Toilettenbesuch im Schulhaus auch nur einen Franken<br />
verlangen, hätte dies positive Nebeneffekte in Sachen<br />
Hygiene <strong>und</strong> vor allem immense Mehreinnahmen für die<br />
Mittelschule zur Folge. Das WC ist ein eigentlicher Wachstumsmarkt.“<br />
Weiter könnte auf die Benutzung der Duschen der Sportanlage<br />
Telli ein kleines Entgelt erhoben werden, verb<strong>und</strong>en<br />
auch in diesem Falle mit einem erfreulichen Zusatzeffekt:<br />
Der Problematik der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, die<br />
ihre Leibeswäsche unnötig – <strong>und</strong> oft sogar zulasten des<br />
Sportunterrichts – in die Länge ziehen, würde auf einen<br />
Schlag der Nährboden entzogen. Friedemann: „Ich kann<br />
mir nicht vorstellen, dass sich ein Schüler in die roten Zahlen<br />
duschen, seinen Körper in den finanziellen Ruin reinigen<br />
will.“<br />
In den Nassbereich gehört auch die Idee, die sozialistischen<br />
Seifenspender, diese Speerspitzen der klassenlosen<br />
Körperpflege, die dem Missbrauch Tür <strong>und</strong> Tor öffnen,<br />
durch eine Klassenseife zu ersetzen, welche von den Abteilungschefs<br />
auf dem Sekretariat für den symbolischen<br />
Preis von fünfzehn Franken bezogen werden könnte.<br />
Das bisher Beschriebene lässt sich unter Realwirtschaft<br />
abbuchen; verlassen wir nun das sumpfige Feld des wirtschaftlichen<br />
Fussvolkes <strong>und</strong> stimmen ein utopisches Hohelied<br />
auf die Hochfinanz an, so eröffnen sich uns zahlreiche<br />
neue Möglichkeiten, erschliesst sich uns ein weites Meer<br />
von Wachstumsmärkten.<br />
Milchtoni Friedemanns Managerherz schlägt hörbar höher,<br />
als er sagt: „In meiner Vision wird die Alte Kantonsschule<br />
Aarau zu einer Börse der Bildung, zu einer Wall Street des<br />
Wissens. In der Aula des Kaspar-Villiger-Hauses handeln<br />
Lehrende <strong>und</strong> Studierende nach den Regeln von Angebot<br />
<strong>und</strong> Nachfrage mit Lehrplänen <strong>und</strong> Prüfungsfragen, Schulnoten<br />
<strong>und</strong> Absenzpunkten. Mathematiker werden zu Maklern,<br />
Abteilungen zu Anleihen. ‚Der Albert-Einstein-Index<br />
schloss bei 7959 Punkten, + 4.1 %.’“<br />
Nachdem sich Friedemann von seinem plötzlichen Marktanfall,<br />
seinem kurzzeitigen Kurssprung erholt hat, führt er<br />
Der Grosse Grüne Kasten<br />
... ganz klein <strong>und</strong> grau. Der Grosse<br />
Grüne Kasten unseres Partnermagazins<br />
<strong>sage</strong>&schreibe hat sich längst<br />
zum Renner entwickelt. In jeder<br />
Ausgabe führen uns unsere Führungsgrössen<br />
die neusten Neuerun-<br />
aus: „Lehr- <strong>und</strong> St<strong>und</strong>enpläne <strong>sind</strong> relativ träge Gebilde.<br />
Wird der Unterricht hingegen von einem Wertpapierhandelsplatz<br />
gestaltet, passt er sich den stetig wechselnden<br />
Bedürfnissen der Schülerschaft schnell <strong>und</strong> flexibel an. In<br />
einem solchen System würden die Studierenden die St<strong>und</strong>en,<br />
die sie belegen, einzeln bezahlen; den Preis dieser<br />
Unterrichtseinheiten bestimmt die jeweilige Marktlage.<br />
Ist beispielsweise kurz vor den Sommerferien, wenn viele<br />
Schüler ihren Badeaufenthalt an der Côte d’Azur planen,<br />
die Nachfrage nach Französischschnellkursen besonders<br />
hoch, kann eine Franzlehrerin ihr sonst eher unbeliebtes<br />
Vokabular zum doppelten Preis abfragen. Gleichzeitig werden<br />
ihre trockenen Lektionen über den Discours indirect<br />
dank der Selbstreinigungskräfte des Marktes früher oder<br />
später aus dem Angebot verschwinden. Die unsichtbare<br />
Hand verstaut das Grammatikbuch dorthin, wo es schon<br />
immer hingehörte: in die unterste Schublade des Schulschranks.“<br />
Der Wirtschaftsprophet hat uns aus der Seele gesprochen;<br />
begeistert pflichten wir Friedemann bei. Um dann unter<br />
dem Eindruck der Krise doch noch einmal kurz zu stutzen:<br />
Birgt ein solches System nicht auch Gefahren? Was,<br />
wenn eines schwarzen Montages die Mathematikblase<br />
platzt, Lehrende <strong>und</strong> Lernende sich gegenseitig kein Vertrauen<br />
mehr schenken <strong>und</strong> es schliesslich zum Bildungscrash<br />
kommt? Steht dann der Schulalltag an der Alten<br />
Kantonsschule Aarau still, Herr Milchtoni Friedemann? „Die<br />
Geschichte hat gezeigt, dass es immer wieder zu solchen<br />
Krisen kommen kann. What goes up must come down.<br />
Verglichen mit den vielen Vorteilen, welche diese Börse<br />
des Wissens den Gymnasiasten <strong>und</strong> Gymnasiastinnen<br />
bringt, ist dies aber ein vertretbares Risiko. Und sollte es<br />
doch einmal eine regelrechte Unterrichtsrezession geben,<br />
lautet meine Devise: Solidarisch zusammenstehen, die<br />
Fehler klaren Kopfes analysieren <strong>und</strong> warten, bis es wieder<br />
aufwärts geht. Denn wo ein Wille ist, ist auch ein Wirtschaftswachstum.“<br />
Karl Markt<br />
gen unserer Schule vor <strong>und</strong> Gassi.<br />
Mit Weiss auf Grün wie Schwarz auf<br />
Weiss wird dort jeweils hervorgehoben,<br />
was hervorhebenswert, da<br />
Sache ist. Diese halbe Seite war oft<br />
das hochstehende <strong>und</strong> hellleuchtende<br />
Highlight, weshalb unsere<br />
Redaktion natürlich auch ein solches<br />
Sahnehäubchen vorgesehen hatte.<br />
Doch wen sollten wir aufbieten, der<br />
mit den ((Pro-)rek-)toren mithalten<br />
konnte? <strong>Unsere</strong> Kandidatensuche<br />
blieb erfolglos <strong>und</strong> der Grosse Grüne<br />
Kasten ganz klein <strong>und</strong> grau.