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Ohne Scheiss: Unsere Bücher sind sage und ... - Nicolas Märki

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ten der AKSA <strong>sind</strong> ihre sanitären Anlagen. Würde man für<br />

jeden Toilettenbesuch im Schulhaus auch nur einen Franken<br />

verlangen, hätte dies positive Nebeneffekte in Sachen<br />

Hygiene <strong>und</strong> vor allem immense Mehreinnahmen für die<br />

Mittelschule zur Folge. Das WC ist ein eigentlicher Wachstumsmarkt.“<br />

Weiter könnte auf die Benutzung der Duschen der Sportanlage<br />

Telli ein kleines Entgelt erhoben werden, verb<strong>und</strong>en<br />

auch in diesem Falle mit einem erfreulichen Zusatzeffekt:<br />

Der Problematik der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, die<br />

ihre Leibeswäsche unnötig – <strong>und</strong> oft sogar zulasten des<br />

Sportunterrichts – in die Länge ziehen, würde auf einen<br />

Schlag der Nährboden entzogen. Friedemann: „Ich kann<br />

mir nicht vorstellen, dass sich ein Schüler in die roten Zahlen<br />

duschen, seinen Körper in den finanziellen Ruin reinigen<br />

will.“<br />

In den Nassbereich gehört auch die Idee, die sozialistischen<br />

Seifenspender, diese Speerspitzen der klassenlosen<br />

Körperpflege, die dem Missbrauch Tür <strong>und</strong> Tor öffnen,<br />

durch eine Klassenseife zu ersetzen, welche von den Abteilungschefs<br />

auf dem Sekretariat für den symbolischen<br />

Preis von fünfzehn Franken bezogen werden könnte.<br />

Das bisher Beschriebene lässt sich unter Realwirtschaft<br />

abbuchen; verlassen wir nun das sumpfige Feld des wirtschaftlichen<br />

Fussvolkes <strong>und</strong> stimmen ein utopisches Hohelied<br />

auf die Hochfinanz an, so eröffnen sich uns zahlreiche<br />

neue Möglichkeiten, erschliesst sich uns ein weites Meer<br />

von Wachstumsmärkten.<br />

Milchtoni Friedemanns Managerherz schlägt hörbar höher,<br />

als er sagt: „In meiner Vision wird die Alte Kantonsschule<br />

Aarau zu einer Börse der Bildung, zu einer Wall Street des<br />

Wissens. In der Aula des Kaspar-Villiger-Hauses handeln<br />

Lehrende <strong>und</strong> Studierende nach den Regeln von Angebot<br />

<strong>und</strong> Nachfrage mit Lehrplänen <strong>und</strong> Prüfungsfragen, Schulnoten<br />

<strong>und</strong> Absenzpunkten. Mathematiker werden zu Maklern,<br />

Abteilungen zu Anleihen. ‚Der Albert-Einstein-Index<br />

schloss bei 7959 Punkten, + 4.1 %.’“<br />

Nachdem sich Friedemann von seinem plötzlichen Marktanfall,<br />

seinem kurzzeitigen Kurssprung erholt hat, führt er<br />

Der Grosse Grüne Kasten<br />

... ganz klein <strong>und</strong> grau. Der Grosse<br />

Grüne Kasten unseres Partnermagazins<br />

<strong>sage</strong>&schreibe hat sich längst<br />

zum Renner entwickelt. In jeder<br />

Ausgabe führen uns unsere Führungsgrössen<br />

die neusten Neuerun-<br />

aus: „Lehr- <strong>und</strong> St<strong>und</strong>enpläne <strong>sind</strong> relativ träge Gebilde.<br />

Wird der Unterricht hingegen von einem Wertpapierhandelsplatz<br />

gestaltet, passt er sich den stetig wechselnden<br />

Bedürfnissen der Schülerschaft schnell <strong>und</strong> flexibel an. In<br />

einem solchen System würden die Studierenden die St<strong>und</strong>en,<br />

die sie belegen, einzeln bezahlen; den Preis dieser<br />

Unterrichtseinheiten bestimmt die jeweilige Marktlage.<br />

Ist beispielsweise kurz vor den Sommerferien, wenn viele<br />

Schüler ihren Badeaufenthalt an der Côte d’Azur planen,<br />

die Nachfrage nach Französischschnellkursen besonders<br />

hoch, kann eine Franzlehrerin ihr sonst eher unbeliebtes<br />

Vokabular zum doppelten Preis abfragen. Gleichzeitig werden<br />

ihre trockenen Lektionen über den Discours indirect<br />

dank der Selbstreinigungskräfte des Marktes früher oder<br />

später aus dem Angebot verschwinden. Die unsichtbare<br />

Hand verstaut das Grammatikbuch dorthin, wo es schon<br />

immer hingehörte: in die unterste Schublade des Schulschranks.“<br />

Der Wirtschaftsprophet hat uns aus der Seele gesprochen;<br />

begeistert pflichten wir Friedemann bei. Um dann unter<br />

dem Eindruck der Krise doch noch einmal kurz zu stutzen:<br />

Birgt ein solches System nicht auch Gefahren? Was,<br />

wenn eines schwarzen Montages die Mathematikblase<br />

platzt, Lehrende <strong>und</strong> Lernende sich gegenseitig kein Vertrauen<br />

mehr schenken <strong>und</strong> es schliesslich zum Bildungscrash<br />

kommt? Steht dann der Schulalltag an der Alten<br />

Kantonsschule Aarau still, Herr Milchtoni Friedemann? „Die<br />

Geschichte hat gezeigt, dass es immer wieder zu solchen<br />

Krisen kommen kann. What goes up must come down.<br />

Verglichen mit den vielen Vorteilen, welche diese Börse<br />

des Wissens den Gymnasiasten <strong>und</strong> Gymnasiastinnen<br />

bringt, ist dies aber ein vertretbares Risiko. Und sollte es<br />

doch einmal eine regelrechte Unterrichtsrezession geben,<br />

lautet meine Devise: Solidarisch zusammenstehen, die<br />

Fehler klaren Kopfes analysieren <strong>und</strong> warten, bis es wieder<br />

aufwärts geht. Denn wo ein Wille ist, ist auch ein Wirtschaftswachstum.“<br />

Karl Markt<br />

gen unserer Schule vor <strong>und</strong> Gassi.<br />

Mit Weiss auf Grün wie Schwarz auf<br />

Weiss wird dort jeweils hervorgehoben,<br />

was hervorhebenswert, da<br />

Sache ist. Diese halbe Seite war oft<br />

das hochstehende <strong>und</strong> hellleuchtende<br />

Highlight, weshalb unsere<br />

Redaktion natürlich auch ein solches<br />

Sahnehäubchen vorgesehen hatte.<br />

Doch wen sollten wir aufbieten, der<br />

mit den ((Pro-)rek-)toren mithalten<br />

konnte? <strong>Unsere</strong> Kandidatensuche<br />

blieb erfolglos <strong>und</strong> der Grosse Grüne<br />

Kasten ganz klein <strong>und</strong> grau.

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