Betr.: Mitgliederwerbung Nachrichten für Filmschaffende - Crew United
Betr.: Mitgliederwerbung Nachrichten für Filmschaffende - Crew United
Betr.: Mitgliederwerbung Nachrichten für Filmschaffende - Crew United
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Guerilla-Shooting<br />
<strong>für</strong> den Tierschutz.<br />
Ric<br />
O’Barry war der<br />
erste Delfin -<br />
trainer und<br />
bildete die<br />
Hauptdarsteller<br />
<strong>für</strong> die Fernsehserie<br />
Flipper aus.<br />
Der Selbstmord<br />
eines seiner<br />
Schützlinge<br />
veränderte sein<br />
Leben: Seinen<br />
Kampf um das<br />
Leben der<br />
Meeressäuger<br />
dokumentiert<br />
nun der<br />
eindrucksvolle<br />
Debütfilm von<br />
Louie Psihoyos.<br />
199 | 22. Oktober 2009 Das wahre Leben<br />
Vom Saulus zum Paulus<br />
Es gibt eine Welt jenseits der Leinwände. Bilden wir es<br />
ab! Unsere neue Kolumne »Das wahre Leben« ist dem<br />
DOKUMENTARFILM gewidmet. Christoph Brandl,<br />
selbst Filmemacher, stellt in jeder Ausgabe aktuelle Filme,<br />
Trends und Diskussionen vor.<br />
Manche Filme können nur von Amerikanern gedreht<br />
werden: Sie verfügen über die teuerste High-Tech-<br />
Ausrüstung, die <strong>für</strong> ganz andere Zwecke vom amerikanischen<br />
Militär entwickelt wurde. Sie ziehen die<br />
besten Experten zu Rate, entwerfen eine nahezu perfekte<br />
Dramaturgie und zeigen die charmantesten und<br />
gleichzeitig tragischsten Hauptdarsteller, die nach einem<br />
kathartischen Erlebnis eine tiefe Wandlung vollziehen.<br />
Wenn sie dann noch relevante Themen behandeln,<br />
liefern solche Filme die spannendste Kinounterhaltung.<br />
Die Vorgeschichte zu Louie Psihoyos’ Debütfilm<br />
Die Bucht (USA 2009) beginnt Ende der 60er Jahre,<br />
also 40 Jahre vor Drehbeginn – mit einem Selbstmord.<br />
Ric O’Barry war der erste Delfintrainer, den es gab. Er<br />
bildete die Delfine aus, die einer der weltweit bekanntesten<br />
TV-Serie ihren Namen gaben: Flipper.<br />
»Flipper« waren fünf Delfine, die er persönlich gefangen<br />
und trainiert hatte. Eine der fünf war die<br />
sensible Kathy, die O’Barry besonders ans Herz<br />
gewachsen war. Eines Tages lag Kathy in den<br />
Armen ihres Trainers, und der spürte, daß etwas<br />
mir ihr nicht stimmte. O’Barry erzählt mit<br />
wässrigen Augen, wie Kathy ihn in diesem Moment<br />
derart hoffnungslos anschaute, daß er instinktiv<br />
fühlte, daß sie unendlich traurig war.<br />
Kathy weigerte sich kurz danach, weiter zu atmen,<br />
was ihren sicheren Tod bedeutete, denn<br />
das Atmen ist bei Delfinen ein bewußter Vorgang.<br />
Tatsächlich glitt O’Barry sein Lieblingstier<br />
wenig später tot aus den Armen. Er ist heute<br />
überzeugt, daß die Gefangenschaft Kathy<br />
schlicht das Herz brach.<br />
Fotos: NFP<br />
Kathys Selbstmord änderte O’Barrys Leben. Er war<br />
als Delfintrainer reich und berühmt, fuhr Porsche,<br />
besaß Immobilien, lebte ein glamouröses Leben. Alles<br />
gab er auf, um fortan Delfinen in Gefangenschaft,<br />
die durch ihn und die Serie Flipper ja erst populär geworden<br />
waren und seitdem weltweit unter teilweise<br />
unsäglichen Bedingungen in Delfinshows auftreten,<br />
das Leben zu retten.<br />
Seit 40 Jahren ist er auf der ganzen Welt unterwegs.<br />
Ein Anruf, und O’Barry ist vor Ort, um in Nikaragua,<br />
Brasilien oder den USA oft unter Einsatz seines Lebens<br />
diesen Tieren ihren natürlichen Lebensraum zurückzugeben.<br />
»Delfine sind freilebende, intelligente<br />
und komplexe Tiere«, sagt er, »sie gehören in die Meere<br />
und nicht zu unserer Belustigung als Clowns in<br />
eine Show.«<br />
Eines Tages erfährt O’Barry vom japanischen Dörfchen<br />
Taiji, in dem Fischer Delfine fangen, um die Tiere<br />
zu Höchstpreisen an internationale Delfinarien zu<br />
verkaufen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die<br />
schreckliche, volle Wahrheit ist, daß sich in einer mit<br />
Stacheldraht und bewaffnetem Sicherheitspersonal<br />
von der Außenwelt abgeschotteten Bucht jedes Jahr<br />
ein grausames Schauspiel abspielt: Tausende von<br />
Delfine werden brutal abgeschlachtet, weil ihr Fleisch<br />
als Thunfischersatz verkauft wird. Heimlich filmte<br />
O’Barry dieses Gemetzel, und das von ihm gedrehte<br />
Material gelangte in die Hände des National-Geo gra -<br />
phic-Fotografen und Umweltaktivisten Psihoyos – die<br />
Filmidee zu Die Bucht war geboren.<br />
Psihoyos gelang es, praktisch auf jedem relevanten<br />
Spezialgebiet Experten <strong>für</strong> das Projekt zu begeistern:<br />
Die weltbesten Apnoetaucher plazieren Unterwasserkameras,<br />
Industrial Light-&-Magic-Spezialisten tarnen<br />
Vi deo kameras, indem sie sie in Steine einbauen<br />
und im Gelände um die geheime Bucht verstecken.<br />
Nachtsichtgeräte und Wärmekameras, die ausschließlich<br />
vom Militär und in den USA benutzt werden<br />
dürfen, werden unter unglaublichen Tarnungsmaßnahmen<br />
nach Japan geschafft und unter größten<br />
Sicherheitsvorkehrungen in Position gebracht. Jede<br />
Minute des Gemetzels kann so dokumentiert werden.<br />
Man erfährt in diesem Film viel über Delfine, ihre<br />
Sensibilität und ihre oft dokumentierte Eigenschaft<br />
als Menschenretter. Doch weil es ein guter Film ist,<br />
wird hier nie doziert, vielmehr werden die Informationen<br />
meist einzeln bebildert – »show, don’t tell«<br />
eben.<br />
Das Einzige, was man dem Film vorwerfen kann, ist,<br />
daß das mit großem Aufwand gedrehte Material am<br />
Ende nur relativ kurz im Film vorkommt. Gerne hätte<br />
man ausgiebig verfolgt, was nach all dieser Vorbereitung<br />
tatsächlich gefilmt wurde.<br />
Dennoch hat der Film schon jetzt seinen Zweck<br />
erfüllt: Weltweit ein Bewußtsein zu schaffen, daß endlich<br />
mit der Quälerei von Delfinen Schluß sein muß.<br />
Christoph Brandl<br />
Die Bucht startet heute deutschlandweit in den Kinos.<br />
22<br />
Christoph Brandl<br />
hat in New York<br />
Dokumentarfilm<br />
und Fernsehjournalismus<br />
studiert<br />
und lange dort<br />
<strong>für</strong>s Fernsehen<br />
gearbeitet. Zurück<br />
in Europa,<br />
drehte er Musikdokus<br />
und<br />
Musikerporträts.<br />
Zuletzt koproduzierte<br />
er den<br />
Dokumentarfilm<br />
Brothers and Sisters<br />
in Love« <strong>für</strong><br />
den britischen<br />
Privatsender ITV.<br />
Der Film, mittlerweile<br />
weltweit<br />
verkauft,<br />
beschäftigt sich<br />
mit dem kürzlich<br />
entdeckten<br />
Phänomen GSA,<br />
der genetisch<br />
bedingten<br />
Anziehung unter<br />
Verwandten.