08.01.2013 Aufrufe

Themenfelder - Schule ohne Rassismus

Themenfelder - Schule ohne Rassismus

Themenfelder - Schule ohne Rassismus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />

Kinder und Jugendliche stärken<br />

demokratische Netzwerke


<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />

Kinder und Jugendliche stärken<br />

demokratische Netzwerke


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Bundeskoordination<br />

<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage<br />

Ahornstraße 5<br />

10787 Berlin<br />

Tel.: 030/ 21 45 86 0<br />

Fax: 030/ 21 45 86 20<br />

E-Mail:<br />

schule@aktioncourage.org<br />

Internet:<br />

www.schule-<strong>ohne</strong>-<br />

rassismus.org<br />

© 2006 <strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage<br />

Redaktion: Sanem Kleff, Ingo<br />

Grastorf, Eberhard Seidel<br />

AutorInnen: Stefan Bahls,<br />

Birgit Böhme, Caroline<br />

Brass, Ingo Grastorf, Reiner<br />

Haag, Werner Hillen, Sanem<br />

Kleff, Medi Kuhlemann,<br />

Michael Luttmer, Holger<br />

Runge, Eberhard Seidel<br />

Produktion:<br />

Sarah Axner, Jörg Kohn,<br />

Petra Schreyer, Michael<br />

Uszinski<br />

Titelbild:<br />

Metin Yilmaz<br />

Druck:<br />

Wagemann Medien GmbH<br />

Redaktionsschluss:<br />

31. 8. 2006


Vorwort<br />

Viel wird dieser Tage über Kinder und Jugendliche<br />

diskutiert:<br />

Wie kann eine verantwortungsbewusste<br />

Kinderbetreuung gewährleistet werden? In<br />

welche Richtung sollen sich die Bildungseinrichtungen<br />

entwickeln, damit junge Menschen<br />

einem internationalen Vergleich standhalten<br />

können?<br />

Aber auch: Was sind die Wünsche und<br />

Ziele der heranwachsenden Generation?<br />

Parallel stellt sich die Frage: Wie kann es<br />

gelingen, demokratische Mitgestaltung in<br />

einer globalisierten Gesellschaft nachhaltig<br />

zu verankern?<br />

Beide Aspekte beschäftigen neben den<br />

Erwachsenen auch Kinder und Jugendliche.<br />

Sie möchten am Aufbau und an der Stärkung<br />

demokratischer Netzwerke mitarbeiten, Verantwortung<br />

übernehmen. Auf allen Ebenen.<br />

Sowohl in ihrem direkten Umfeld, der <strong>Schule</strong><br />

oder der Jugendeinrichtung. Aber auch im<br />

Stadtteil, in der Kommune.<br />

Junge Menschen haben oftmals sensiblere<br />

Antennen für demokratiegefährdende Tendenzen.<br />

Sie handeln im Kleinen oder Großen<br />

gegen Diskriminierungen, <strong>ohne</strong> zuvor ein<br />

Expertenkomitee zu Rate zu ziehen. Dennoch<br />

gibt es den Wunsch, sich organisiert zu engagieren.<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

ist ein solches Beteiligungsangebot für<br />

junge Menschen. Ein Rahmen, in dem sie<br />

bereits in frühen Jahren bürgerschaftliches<br />

Engagement entwickeln und einstudieren<br />

können.<br />

Die vorliegende Broschüre berichtet von<br />

der beeindruckenden Fülle der Handlungsansätze<br />

und zeigt die Vielfalt der Aktivitäten.<br />

Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit. Dies würde den Rahmen<br />

sprengen. Im Interesse unserer LeserInnen<br />

haben wir uns auf beispielhafte Ansätze<br />

beschränkt.<br />

Das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage“ ist das größte Schul-<br />

netzwerk in Deutschland. Ihm gehören derzeit<br />

297 <strong>Schule</strong>n an, die von rund 250.000<br />

Kindern und Jugendlichen besucht werden.<br />

Wer sich vertiefend mit der Arbeit von<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

beschäftigen möchte, dem empfehlen<br />

wir einen Besuch auf unserer Homepage:<br />

www.schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.org<br />

Sanem Kleff<br />

Projektleiterin<br />

Eberhard Seidel<br />

Geschäftsführer<br />

Bild links:<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Bild rechts:<br />

Foto:<br />

Lange<br />

5


6<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

I. Das Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Entstehung und Struktur s Prinzipien und Akteure<br />

II. <strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Öffnung von <strong>Schule</strong> s Regionale Vernetzung s Kommunale Partizipation<br />

III. <strong>Themenfelder</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

Erinnerungskultur s Nationalsozialismus s Antisemitismus s Antiziganismus s<br />

Rechtsextremismus s Islam und Islamismus s Flucht und Asyl<br />

IV. Aktiv gegen jede Form von Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

Sexuelle Orientierung s Herkunft<br />

V. Kompetenzen entwickeln und stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

Kommunikation und Medien s Konfl iktlösung<br />

VI. Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

Veränderung des Schulprofi ls s Tipps zur Absicherung der Nachhaltigkeit<br />

VII. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

Landeskoordinationen s Patinnen und Paten


I. Das Projekt<br />

Entstehung und Struktur s Prinzipien<br />

und Akteure<br />

Foto: IGS<br />

Bonn-Beul<br />

7


8 Das Projekt<br />

Dieter<br />

Baumann<br />

überreicht das<br />

(alte und 2001<br />

durch das<br />

neue ersetzte)<br />

SOR-Schild an<br />

das Berufsinstitut<br />

Flad<br />

in Stuttgart<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv<br />

Entstehung und Struktur<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

(SOR-SMC) wurde in Deutschland 1995<br />

von AktionCourage e. V. initiiert. Angesichts<br />

der zunehmenden fremdenfeindlich und<br />

rechtsextremistisch motivierten Gewalt reifte<br />

die Überlegung: Es sollte in Deutschland eine<br />

Organisationsform geben, in der Kinder und<br />

Jugendliche die Möglichkeit haben, ihren Beitrag<br />

zur Verfestigung einer demokratischen<br />

Alltagskultur und zur Entwicklung von<br />

ethischen Werten und Normen zu leisten.<br />

Ausgangsüberlegung von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong>“ war und ist, dass Kinder und<br />

Jugendliche durchaus am gesellschaftspolitischen<br />

Leben partizipieren wollen, in dieser<br />

Altersgruppe aber gleichzeitig eine kritische<br />

Haltung gegenüber den Parteien und gesellschaftlichen<br />

Großgruppen wie Kirchen und<br />

Gewerkschaften besteht. Die Folge: Das<br />

öffentliche Engagement junger Menschen in<br />

diesen Institutionen hat in den letzten Jahren<br />

abgenommen.<br />

Gleichzeitig sind Kinder und Jugendliche<br />

auf der Suche nach alternativen Partizipationsmöglichkeiten,<br />

in denen Ideen sofort<br />

sichtbar sind und umgesetzt werden können,<br />

<strong>ohne</strong> eine längere zeitliche Verpfl ichtung und<br />

Bindung an eine Organisation, zum Beispiel<br />

eine Partei, einzugehen. Viele Jugendliche<br />

sehen in Sportvereinen, Umweltprojekten,<br />

oder Menschenrechtsgruppen eine solche<br />

Möglichkeit für ihr gesellschaftliches Engagement.<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ bietet Kindern<br />

und Jugendlichen einen Rahmen, in dem sie<br />

erste Schritte hin zur gesellschaftspolitischen<br />

Partizipation und Beteiligung an integrativen<br />

Prozessen selbstbestimmt einüben und aktiv<br />

an der inhaltlichen Ausgestaltung der Menschenrechtserziehung<br />

in Deutschland teilnehmen<br />

können.<br />

Eine europäische Idee<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ ist eine europäische<br />

Jugendbewegung. Nationale Koordinierungsstellen<br />

gibt es in Belgien (seit 1988), wo<br />

das Projekt entstand, den Niederlanden (seit<br />

1992), Deutschland (seit 1995), Österreich<br />

(seit 1999) und Spanien (seit 2002).<br />

Gemeinsam ist „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

in allen beteiligten Ländern folgende Grundidee:<br />

<strong>Schule</strong>n, die sich dem Netzwerk<br />

anschließen, einigen sich in einer Selbstverpfl<br />

ichtung mehrheitlich darauf, aktiv gegen<br />

<strong>Rassismus</strong> vorzugehen. Über diese Grundidee<br />

hinaus wird das Projekt in den einzelnen<br />

Ländern unterschiedlich umgesetzt, da die<br />

nationalen Besonderheiten der Schullandschaft,<br />

der politischen und föderalen Strukturen<br />

zu berücksichtigen sind. Auch erfolgt die<br />

nationale Koordination jeweils in eigener<br />

Regie und Verantwortung, da es bislang<br />

keine gemeinsame Dachorganisation gibt.<br />

Insgesamt tragen derzeit europaweit rund<br />

650 <strong>Schule</strong>n den Titel.<br />

Besonderheiten in Deutschland<br />

In den Jahren 1995 bis Ende 2000 fi rmierte<br />

das Projekt in Deutschland, analog zu den<br />

europäischen Partnerländern, unter dem<br />

Namen „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ und war<br />

zunächst, ausgehend vom Sitz von Aktion-<br />

Courage e. V. in Bonn, ein im Wesentlichen<br />

auf Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen


Entstehung und Struktur<br />

begrenztes regionales Projekt. Nachdem<br />

Sanem Kleff Anfang 2001 die Projektleitung<br />

übernahm, konnte der Sitz der Bundeskoordination<br />

von Bonn nach Berlin verlegt und das<br />

Projekt inhaltlich und organisatorisch neu<br />

konzipiert werden.<br />

In diesem Zusammenhang wurde der Projektname<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ um<br />

„<strong>Schule</strong> mit Courage“ ergänzt. Die Erweiterung<br />

des Projektnamens verdeutlicht, dass<br />

alle Formen von Diskriminierung (Diskriminierung<br />

aufgrund der Religion, der sozialen<br />

Herkunft, des Geschlechts, körperlicher<br />

Be sonderheiten, der politischen Weltanschauung,<br />

der sexuellen Orientierung) und alle<br />

totalitären und demokratiegefährdenden<br />

Ideologien in den Projektansatz einbezogen<br />

sind.<br />

Die Bundeskoordination versteht sich<br />

primär als Koordinationsstelle zwischen den<br />

<strong>Schule</strong>n, den außerschulischen Projektpartnern<br />

und den Kommunen und erst an zweiter<br />

Stelle als Entwickler von modellhaften inhaltlichen<br />

Angeboten.<br />

Eine weitere Besonderheit in Deutschland<br />

ist die sehr divergierende Landschaft von<br />

Nichtregierungsorganisationen und Initiativen<br />

in Ost- und Westdeutschland, was (abgesehen<br />

von der föderalen Struktur der <strong>Schule</strong>n)<br />

ein den spezifi schen Anforderungen entsprechendes<br />

Vorgehen in den einzelnen Bundesländern<br />

erfordert.<br />

Unter Kindern, Jugendlichen und PädagogInnen<br />

hat das Interesse an SOR-SMC kontinuierlich<br />

zugenommen, und SOR-SMC hat<br />

sich von einem regionalen Projekt zu einem<br />

bundesweit aktiven Netzwerk entwickelt. Es<br />

fi ndet bei Kindern und Jugendlichen aus den<br />

neuen Ländern als auch aus Migrantenfamilien<br />

erfreulich großen Anklang. Inzwischen<br />

gibt es in allen Bundesländern SOR-SMC-<br />

<strong>Schule</strong>n.<br />

Die Zahl der ausgezeichneten <strong>Schule</strong>n<br />

beträgt derzeit 297 (Stand 31. 7. 2006).<br />

70 <strong>Schule</strong>n davon befi nden sich in den neuen<br />

Ländern und Berlin. Damit wurde eine dem<br />

Bevölkerungsanteil entsprechend gleiche<br />

Verteilung in Ost- und Westdeutschland<br />

erreicht und die ursprüngliche, historisch<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

17 18 19<br />

14 15<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

1<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

13<br />

2<br />

52<br />

90<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

NRW<br />

7 8<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

24<br />

Sachsen-Anhalt<br />

4 7 6<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen<br />

9<br />

Bundesweites<br />

Treffen der<br />

SOR-SMC-<br />

<strong>Schule</strong>n 2004<br />

in Weimar –<br />

Graffi ti-<br />

Workshop<br />

Foto: Armin<br />

Ahlheim<br />

Schaubild 1:<br />

Verteilung der<br />

297 SOR-<br />

SMC-<strong>Schule</strong>n<br />

nach Bundesländern


10 Das Projekt<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

12<br />

8<br />

Schaubild 2:<br />

Verteilung der<br />

297 SOR-<br />

SMC-<strong>Schule</strong>n<br />

nach Schultypen<br />

Foto oben<br />

rechts:<br />

<strong>Schule</strong> am<br />

Katzenberg in<br />

Adendorf<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv<br />

Schaubild 3:<br />

Anzahl der<br />

<strong>Schule</strong>n<br />

bundesweit<br />

(ab 2007<br />

Prognose)<br />

1000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

94<br />

55<br />

Schultypen<br />

104<br />

18<br />

6<br />

Grundschulen<br />

Förderschulen<br />

Haupt- und<br />

Realschulen<br />

Gesamtschulen<br />

Gymnasien<br />

Berufsbildende<br />

<strong>Schule</strong>n<br />

Sonstige<br />

bedingte Westlastigkeit des Projekts überwunden.<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

hat sich als ein parteiübergreifendes<br />

Projekt etabliert. Vertreterinnen und Vertreter<br />

aus allen demokratischen Parteien und<br />

Repräsentanten aller wichtigen gesellschaftlichen<br />

Gruppen haben inzwischen Patenschaften<br />

für „<strong>Schule</strong>n <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong>n mit Courage“ übernommen und<br />

unterstützen damit das Anliegen der SchülerInnen.<br />

SOR-SMC hat sich zu einer demokratischen<br />

Jugendbewegung entwickelt, der in<br />

den zurückliegenden zehn Schuljahren<br />

bereits mehr als eine Million SchülerInnen<br />

angehörten. Allein im Schuljahr 2006/2007<br />

besuchen rund 250.000 Kinder und Jugendliche<br />

eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong>. SOR-SMC ist heute<br />

das größte Schulnetzwerk in Deutschland.<br />

Zum Vergleich: Dem Netzwerk der Unesco-<br />

5 20 27 34 39 47 80<br />

141 185222259<br />

320<br />

400<br />

500<br />

650<br />

800<br />

1.000<br />

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011/<br />

2012<br />

Projektschulen sind bundesweit rund 160<br />

<strong>Schule</strong>n angeschlossen, am befristeten BLK-<br />

Programm „Demokratie leben & lernen“<br />

nehmen derzeit etwa 200 <strong>Schule</strong>n teil.<br />

Perspektiven 2011<br />

Ziel der Bundeskoordination bis zum Schuljahr<br />

2011/2012 ist es, 1.000 <strong>Schule</strong>n, die sich<br />

zu den Prinzipien von SOR-SMC bekennen,<br />

unter dem Dach des Netzwerkes zu vereinen.<br />

Da eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong> derzeit von<br />

durchschnittlich rund 800 SchülerInnen<br />

besucht wird, würden ab dem Schuljahr<br />

2011/2012 rund 800.000 Kinder und Jugendliche<br />

eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong> besuchen, die der<br />

Menschenrechtserziehung und den Partizipationsmöglichkeiten<br />

von Kindern und Jugendlichen<br />

einen herausgehobenen Stellenwert<br />

einräumen. Bei weniger als neun Millionen<br />

SchülerInnen, die im Schuljahr 2011/2012<br />

eine allgemein bildende <strong>Schule</strong> in Deutschland<br />

besuchen werden, würden damit knapp<br />

zehn Prozent der SchülerInnen von der Idee<br />

von SOR-SMC erfasst.<br />

Die Organisationsstruktur<br />

In den zurückliegenden Jahren hat die Bundeskoordination<br />

die notwendige Infrastruktur<br />

entwickelt, um dieses ambitionierte Vorhaben<br />

umzusetzen. Neben der Bundeskoordination<br />

in Berlin, die die nationale Koordinierung,<br />

Titelverleihungen, inhaltliche Weiterentwicklung<br />

und Evaluation sowie bundesweite Vernetzungstreffen<br />

der <strong>Schule</strong>n und der Kooperationspartner<br />

organisiert, gibt es in zwölf<br />

von 16 Bundesländern Landeskoordinationen.<br />

Diese unterstützen die Kinder und Jugendlichen<br />

kontinuierlich und standortnah,


Entstehung und Struktur<br />

können somit auch die wichtige persönliche<br />

Beziehung zu den Aktiven aufbauen und die<br />

Nachhaltigkeit des SOR-SMC-Ansatzes ge -<br />

währ leisten. Am Aufbau der Landeskoordinationen<br />

in den verbleibenden vier Bundesländern<br />

(Hessen, Badenwürttemberg, Hamburg<br />

und Rheinland-Pfalz) wird gearbeitet.<br />

Die Landeskoordinationen sind keine<br />

eigenständigen Einrichtungen, sondern angesiedelt<br />

bei bereits im Bereich der Menschenrechtserziehung<br />

tätigen staatlichen und<br />

nichtstaatlichen Einrichtungen, die in der<br />

Lage sind, auf das jeweilige Bundesland<br />

bezogenene Aufgaben des Projekts zu übernehmen.<br />

Die Arbeit der Landeskoordinationen wird<br />

ausschließlich über Landesmittel und direkt<br />

von ihnen akquirierte Drittmittel fi nanziert.<br />

Dabei geht es zum Beispiel um die Abordnung<br />

von Lehrerstellen oder um die Einbeziehung<br />

des Anliegens von SOR-SMC in die<br />

Arbeitsplatzbeschreibung des Trägers, der<br />

die Landeskoordination innehat.<br />

Neben dem Aufbau der Landeskoordinationen<br />

hat die Bundeskoordination in den letzten<br />

Jahren ein Netz von über 100 überregionalen,<br />

regionalen und kommunalen Kooperationspartnern<br />

geknüpft. Diese unterstützen<br />

auf Nachfrage die inhaltliche Arbeit der<br />

Kinder und Jugendlichen. Um die Zusammenarbeit<br />

zu manifestieren, wurde mit allen Partnern<br />

eine schriftliche Kooperationsvereinbarung<br />

abgeschlossen. Beispiele für diese Partner<br />

sind Nichtregierungsorganisationen wie<br />

das Archiv der Jugendkulturen, der Türkische<br />

Bund Berlin-Brandenburg, das Anne-Frank-<br />

Zentrum, die Medienanstalt berlin_brandenburg,<br />

das Presse- und Informationsamt der<br />

Bundesregierung, der Rundfunk Berlin Brandenburg,<br />

RAAs, Landeszentralen für politische<br />

Bildung, Sportvereine, der Hauptvorstand<br />

und die Landesverbände der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft oder das<br />

Jüdische Museum Berlin.<br />

Durch die enge und langfristige Zusammenarbeit<br />

mit den Kooperationspartnern<br />

gelingt es, den <strong>Schule</strong>n eine Vielzahl von für<br />

die <strong>Schule</strong>n kostenfreien inhaltlichen Angeboten<br />

zu unterbreiten.<br />

Dieses Netzwerk aus SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n,<br />

Landeskoordinationen und Kooperationspart-<br />

nern weiter auszubauen und zu stabilisieren<br />

ist eine zentrale Aufgabe der Bundeskoordination.<br />

Denn Kinder und Jugendliche können<br />

nur dann aktiv am gesellschaftlichen Geschehen<br />

partizipieren, wenn sie dabei von verschiedenen<br />

Seiten vielfältig und kompetent<br />

unterstützt werden. Und erst durch eine kontinuierliche<br />

Kommunikation und dauerhafte<br />

Kooperation der <strong>Schule</strong>n mit staatlichen und<br />

nichtstaatlichen Partnern entstehen nachhaltige<br />

Strukturen sowohl auf schulischer als<br />

auch auf kommunaler, regionaler und bundesweiter<br />

Ebene.<br />

Organisatorische und inhaltliche<br />

Entwicklung durch Modellprojekte<br />

Von 1995 bis Ende 2001 wurde SOR-SMC nur<br />

sporadisch und sehr begrenzt gefördert. Das<br />

Ergebnis: In den ersten sechs Jahren schlossen<br />

sich bundesweit „nur“ 80 <strong>Schule</strong>n dem<br />

Netzwerk an – überwiegend aus Nordrhein-<br />

Westfalen und Niedersachsen. Seit 2002<br />

11<br />

Schaubild 4:<br />

Organisationsstruktur<br />

von SOR-SMC


12 Das Projekt<br />

Foto oben:<br />

Der Pate Ralf<br />

Schumacher<br />

verleiht den<br />

Titel an die<br />

Realschule<br />

Kerpen.<br />

Foto:<br />

actionpress<br />

Foto unten:<br />

SOR-SMC-<br />

Party mit dem<br />

Rapper Toni L<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

erhielt die Bundeskoordination von SOR-SMC<br />

regelmäßige, zeitlich begrenzte Förderungen<br />

im Rahmen von Modellprojekten. Mit Hilfe<br />

dieser Projekte wurden die organisatorischen,<br />

institutionellen und die inhaltlichen<br />

Voraussetzungen geschaffen, die SOR-SMC<br />

bei einer Weiterförderung in die Lage versetzen,<br />

ein Netzwerk, das bis zu 1.000 <strong>Schule</strong>n<br />

umfasst, zu organisieren.<br />

Im Einzelnen handelt es sich um folgende<br />

Modellprojekte und Maßnahmen:<br />

1) SOR-SMC geht nach Ostdeutschland:<br />

Vom 1. 11. 2001 bis zum 31. 10. 2004 führte<br />

die Bundeskoordination von SOR-SMC im<br />

Rahmen des Sonderprogramms der Bundesregierung<br />

„Xenos – Leben und Arbeiten in<br />

Vielfalt“ die Maßnahme „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage geht nach Ostdeutschland<br />

und Berlin. Schwerpunkte:<br />

Chancengleichheit – Qualifi zierung – Vernetzung“<br />

durch. Damit wurden die Grundlagen<br />

für eine quantitative Ausweitung des Netzwerks<br />

der SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n geschaffen.<br />

Heute tragen in Ostdeutschland und Berlin 70<br />

<strong>Schule</strong>n den Titel.<br />

2) Erstellung von Materialien für die Arbeit<br />

an SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n: Vom 1. 7. 2002 bis<br />

zum 31. 10. 2005 führte die Bundeskoordination<br />

von SOR-SMC im Rahmen des Sonderprogramms<br />

der Bundesregierung „entimon –<br />

gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“<br />

die Maßnahme „SOR-SMC setzt<br />

neue Akzente – Materialien“ durch. Es<br />

wurden Handbücher für die Grundstufe und<br />

die Sekundarstufe erstellt, um den LehrerInnen<br />

und SchülerInnen Handreichungen für<br />

die inhaltliche Arbeit zur Verfügung zu stellen.<br />

Darüber hinaus wurden folgende Themenhefte<br />

erstellt:<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

„Medien und <strong>Rassismus</strong>: Radio“<br />

„Rechte Musik und Symbolik“<br />

„Diskriminierung aufgrund religiöser<br />

Orientierung“<br />

„Diskriminierung aufgrund sexueller<br />

Orientierung“<br />

3) „Islam und Ich“: In den Jahren 2003 bis<br />

2005 führte die Bundeskoordination in Kooperation<br />

mit der Bundeszentrale für politische<br />

Bildung, der Stadt Hannover und der<br />

Beauftragten der Bundesregierung für Migration,<br />

Flüchtlinge und Integration in sechs<br />

Städten mit mehr als 1.000 SchülerInnen acht<br />

Open Spaces zum Thema „Islam und Ich“<br />

durch. Auf diesen Veranstaltungen wurde<br />

eruiert, welche Rolle der Islam und der Islamismus<br />

im Alltagsleben von muslimischen<br />

und nichtmuslimischen SchülerInnen spielen.<br />

Es war bundesweit die erste Bestandsaufnahme<br />

zu diesem Thema. Eine Auswertung<br />

dieser Veranstaltungsreihe wurde 2005 unter<br />

dem Titel „Islam im Klassenzimmer –<br />

Impulse für die Bildungsarbeit“ in der Edition<br />

Körber-Stiftung veröffentlicht und von der<br />

Projektleiterin von SOR-SMC, Sanem Kleff,<br />

herausgegeben.<br />

4) Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>: Vom<br />

1. 10. 2004 bis zum 30. 4. 2006 führte die<br />

Bundeskoordination von SOR-SMC im<br />

Rahmen des Sonderprogramms „Projekt P –


Entstehung und Struktur<br />

Misch Dich ein“ des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Jugend und Frauen<br />

(BMFSFJ), der Bundeszentrale für politische<br />

Bildung (bpb) und des Deutschen Bundesjugendrings<br />

(DBJR) das Projekt „Bremen <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – Bremen mit Courage / Chemnitz<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – Chemnitz mit Courage“<br />

durch. In dieser Maßnahme haben Jugendliche<br />

aus Chemnitz und Bremen die Prinzipien<br />

von SOR-SMC mit einer von ihnen ausgearbeiteten<br />

Nichtdiskriminierungsagenda auf<br />

die kommunale Ebene übertragen und unter<br />

den Parlamentariern erfolgreich um eine<br />

Zweidrittelmehrheit geworben.<br />

5) SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n stärken demokratiefördernde<br />

Netzwerke: Vom 1. 3. 2005 bis<br />

zum 31. 12. 2006 führt die Bundeskoordination<br />

von SOR-SMC im Rahmen des Sonderprogramms<br />

der Bundesregierung „entimon –<br />

gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“<br />

das Projekt „SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n stärken<br />

demokratiefördernde Netzwerke“ durch.<br />

6) „Q-rage“: 2005 wurde in Kooperation mit<br />

dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung<br />

von SchülerInnen unter dem<br />

Titel „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ die erste<br />

Ausgabe der Zeitung „Q-rage“ erstellt, die<br />

bundesweit in einer Aufl age von 100.000<br />

Exemplaren vertrieben wurde. In dieser Zeitung<br />

berichten SchülerInnen über ihre Aktivitäten,<br />

die sich aus der <strong>Schule</strong> heraus in die<br />

Kommune erstrecken. Diese Kooperation<br />

wird 2006 fortgeführt.<br />

7) Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft:<br />

2005 führte die Bundeskoordination<br />

von SOR-SMC in Kooperation mit dem<br />

Beauftragten des Senats von Berlin für Integration<br />

und Migration mit Kindern und<br />

Jugendlichen sowie VertreterInnen von Migrantenorganisationen<br />

Veranstaltungen zum<br />

Thema „Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft“<br />

durch. Sie dienten der<br />

Bestandsaufnahme von Bedürfnissen und<br />

entsprechendem Handlungsbedarf in diesem<br />

bisher weitgehend unbearbeiteten Bereich der<br />

politischen Bildung.<br />

8) SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n machen Radio: Vom<br />

1. 1. bis 31. 12. 2006 führt die Bundeskoordination<br />

in Kooperation mit der Medienanstalt<br />

berlin_brandenburg das Projekt „SOR-SMC-<br />

<strong>Schule</strong>n machen Radio“ durch.<br />

Auch in Zukunft wird die Bundeskoordination<br />

neben der Regelarbeit Modellprojekte<br />

durchführen, die der qualitativen Weiterentwicklung<br />

des Netzwerks dienen.<br />

13<br />

Foto oben:<br />

Justizministerin<br />

Brigitte<br />

Zypries<br />

ernennt SOR-<br />

SMC 2004<br />

zum<br />

Botschafter<br />

der Toleranz<br />

Foto:<br />

Christian von<br />

Polentz<br />

Grenzenlos-<br />

Festival in<br />

Lübben<br />

Foto: Christian<br />

Heise


14 Das Projekt<br />

Die Patin<br />

Julia Jentsch,<br />

Hauptdarstellerin<br />

in dem<br />

Film „Sophie<br />

Scholl - Die<br />

letzten Tage“,<br />

inmitten der<br />

SchülerInnen<br />

am SZ<br />

Geschwister<br />

Scholl in<br />

Bremerhaven<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv<br />

Prinzipien und Akteure<br />

Warum wählt sich SOR-SMC für die Arbeit<br />

mit Kindern und Jugendlichen ausgerechnet<br />

die <strong>Schule</strong> als Aktionsfeld? <strong>Schule</strong> ist die einzige<br />

Institution in unserer Gesellschaft, die<br />

jede und jeder für mindestens zehn Jahre zu<br />

durchlaufen hat. Diese „Zwangsinstitution“<br />

ist somit der Ort, an dem alle Kinder und<br />

Jugendlichen angesprochen werden können.<br />

Darüber hinaus sind die Lebensjahre, in<br />

denen Kinder und Jugendliche SchülerInnen<br />

sind, die entscheidenden Jahre für die Entwicklung<br />

nicht nur von Sach- und Fachkompetenzen,<br />

sondern insbesondere von sozialer<br />

Kompetenz und ethisch-moralischen Haltungen.<br />

<strong>Schule</strong> wird dabei nicht als eine autarke<br />

Einheit gesehen, sondern stets im Kontext<br />

des sie umgebenden sozialen Umfelds<br />

betrachtet. Das bedeutet, jede <strong>Schule</strong> hat ihr<br />

eigenes soziales Profi l, aus dem ein für jede<br />

<strong>Schule</strong> spezifi sches Binnenklima entsteht.<br />

Dieses Binnenklima wird durch unterschiedliche<br />

lokale Traditionen und Interaktionsformen<br />

geprägt. Eine zentrale Möglichkeit,<br />

das Schulklima zu beeinfl ussen, bieten<br />

Selbstverpfl ichtungserklärungen, die von den<br />

Angehörigen einer <strong>Schule</strong> nicht nur entwickelt,<br />

sondern auch im alltäglichen Handeln<br />

getragen werden.<br />

Wie wird eine <strong>Schule</strong> zur SOR-SMC?<br />

Voraussetzung, um eine „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage“ zu werden, ist der<br />

Wille der SchülerInnen, ihrer <strong>Schule</strong> ein<br />

Selbstverständnis im Sinne des Projekts zu<br />

geben. Das heißt: Die Bundeskoordination<br />

von SOR-SMC verzichtet darauf, SchülerInnen<br />

offensiv zum Mitmachen zu überreden. In der<br />

Regel erfahren sie von dem Netzwerk über<br />

das Internet, aus den Medien oder durch<br />

Berichte anderer SchülerInnen. Nun liegt es<br />

an ihnen, zu entscheiden, in welcher Form sie<br />

die formale Voraussetzung erfüllen, nämlich<br />

die Unterschriften von mindestens 70 Prozent<br />

aller Menschen, die in der <strong>Schule</strong> lernen und<br />

arbeiten (SchülerInnen, LehrerInnen, SozialpädagogInnen,<br />

SekretärInnen, Hausmeister,<br />

etc.) zu sammeln. Manche „Initiativgruppe“


Prinzipien und Akteure<br />

hängt die Unterschriftenlisten während eines<br />

Schulfestes aus und sammelt die benötigten<br />

Unterschriften binnen weniger Stunden;<br />

andere nehmen sich für diesen Prozess viel<br />

Zeit, suchen jede Klasse einzeln auf, diskutieren<br />

mit den MitschülerInnen über die Zielsetzung<br />

des Projekts und haben erst nach mehreren<br />

Monaten die erforderliche Anzahl von<br />

Unterschriften.<br />

s Selbstverpfl ichtung einer SOR-SMC<br />

1) Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu<br />

einer zentralen Aufgabe meiner <strong>Schule</strong> wird,<br />

nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten<br />

und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen,<br />

insbesondere <strong>Rassismus</strong>, zu<br />

überwinden.<br />

2) Wenn an meiner <strong>Schule</strong> Gewalt, diskriminierende<br />

Äußerungen oder Handlungen ausgeübt<br />

werden, wende ich mich dagegen und<br />

setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen<br />

Auseinandersetzung mit diesem Problem<br />

gemeinsam Wege fi nden, zukünftig einander<br />

zu achten.<br />

3) Ich setze mich dafür ein, dass an meiner<br />

<strong>Schule</strong> einmal pro Jahr ein Projekt zum Thema<br />

Diskriminierungen durchgeführt wird, um<br />

langfristig gegen jegliche Form von Diskriminierung,<br />

insbesondere <strong>Rassismus</strong>, vorzugehen.<br />

Vieles geht besser mit<br />

Patinnen und Paten<br />

Neben der notwendigen Zahl der Unterschriften<br />

müssen die SchülerInnen eine Patin<br />

oder einen Paten für ihre <strong>Schule</strong>n fi nden, der/<br />

die ihr Anliegen unterstützt. Häufi g sind dies<br />

Personen aus den Bereichen Kunst, Politik,<br />

Medien oder Sport, wie zum Beispiel die<br />

Prinzen, Brothers Keepers, Mia, Konstantin<br />

Wecker, Kurt Beck, Ministerpräsident von<br />

Rheinland-Pfalz, der Europaabgeordnete Cem<br />

Özdemir, Frau Dr. Beate Merk, Staatsministerin<br />

der Justiz in Bayern, die Fußballer<br />

Michael Preetz und Marco Bode, die Schauspielerin<br />

Iris Berben oder Zeitzeugen wie<br />

Dr. h. c. Arno Lustiger. Für die SchülerInnen<br />

ist es eine große Unterstützung, wenn ihre<br />

Patinnen oder Paten nicht nur am Tag der<br />

Titelübergabe an ihrer Seite stehen, sondern<br />

sie dauerhaft in ihrem Engagement unterstützen<br />

und sich somit öffentlich für das Anliegen<br />

einsetzen. Die vollständige Liste der Patinnen<br />

und Paten von SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n fi nden Sie<br />

im Anhang.<br />

Sind die genannten Voraussetzungen<br />

erfüllt, erhält die <strong>Schule</strong> von der Bundeskoordination<br />

die Anerkennungsurkunde, die sie<br />

berechtigt, ihre <strong>Schule</strong> künftig „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ zu nennen.<br />

Der Titel ist kein Preis für bereits geleistete<br />

Arbeit. Er signalisiert, dass die <strong>Schule</strong> nun<br />

Teil des SOR-SMC-Netzwerks ist und künftig<br />

entsprechend den Prinzipien von SOR-SMC<br />

aktiv sein wird.<br />

In der Regel wird der Titel von der Bundeskoordination<br />

in einem feierlichen Festakt<br />

überreicht. Wenn am Ende des Festaktes das<br />

Schild SOR-SMC gut sichtbar an der Außenfassade<br />

der <strong>Schule</strong> angebracht ist, haben alle<br />

ihren Beitrag dazu geleistet, ihrer <strong>Schule</strong><br />

auch öffentlich ein Profi l zu geben.<br />

SOR-SMC verändert den<br />

Alltag an <strong>Schule</strong>n<br />

SOR-SMC hat die ganze <strong>Schule</strong> im Blick und<br />

möchte durch die Einladung zur Annahme<br />

einer Selbstverpfl ichtung dazu beitragen,<br />

menschenverachtende Haltungen zu minimieren.<br />

Welche konkrete Umsetzung dies dann<br />

15<br />

Titelverleihung<br />

an der<br />

Grundschule<br />

Pannesheide<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv


16<br />

Nikolaus-<br />

Otto-August-<br />

Berufskolleg<br />

in Köln<br />

Foto: NAO<br />

Das Projekt<br />

nach sich ziehen sollte, kann aufgrund der<br />

oben beschriebenen individuellen Prägung<br />

jeder <strong>Schule</strong> nicht einheitlich festgelegt<br />

werden. Denn selbstverständlich sind die<br />

Fragen, die sich SchülerInnen zum Beispiel in<br />

einer <strong>Schule</strong> mit interkultureller Zusammensetzung<br />

in Frankfurt am Main stellen, anders<br />

gelagert als jene, mit denen sich SchülerInnen<br />

einer <strong>Schule</strong> in Frankfurt (Oder)<br />

beschäftigen. Daher verzichtet SOR-SMC im<br />

Unterschied zu anderen Projekten, die ebenfalls<br />

in die <strong>Schule</strong>n hineinwirken wollen, auf<br />

ein verbindliches Curriculum oder Arbeits-<br />

programm. Vielmehr ist die Botschaft an die<br />

SchülerInnen, Themen, die sie persönlich<br />

interessieren, unter dem Aspekt der Verteidigung<br />

von Menschenrechten zu benennen und<br />

eigene Vorschläge für entsprechende Aktivitäten<br />

zu machen.<br />

Notwendige Bedingungen zum<br />

Erreichen des Projektziels<br />

s Freiwilligkeit der Teilnahme<br />

s Alle Schulmitglieder sind eingebunden<br />

s Die Selbstverpfl ichtung ist Teil des Selbstverständnisses<br />

der <strong>Schule</strong> und Teil des<br />

Schulprofi ls<br />

s Die Selbstverpfl ichtung ist durch die persönlichen<br />

Unterschriften verbindlich<br />

s Der Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong><br />

mit Courage“ verdeutlicht nach außen<br />

sichtbar die Selbstverpfl ichtung<br />

s Öffnung der <strong>Schule</strong> ist notwendig, um die<br />

Unterstützung von Partnern zu bekommen<br />

Angebote und Unterstützung<br />

durch SOR-SMC<br />

Die Bundeskoordination von SOR-SMC sowie<br />

die schulortnäher angesiedelten Landeskoordinationen<br />

sehen ihre Aufgabe darin, diesen<br />

Prozess zu fördern. Die von ihnen angebotenen<br />

Veranstaltungen auf Länder- und Bundesebene<br />

dienen dem Erfahrungsaustausch<br />

unter den SchülerInnen, der Bestätigung<br />

ihres bisherigen Einsatzes und dem persönlichen<br />

Kennenlernen.<br />

Informationsveranstaltungen, zum Beispiel<br />

zu Strukturen rechtsextremer Organisationen,<br />

der rechten Musikszene, der islamistischen<br />

Szene in Deutschland oder über die<br />

Arbeit von staatlichen und nichtstaatlichen<br />

Organisationen, die im Bereich Menschenrechtserziehung<br />

tätig sind, fördern das Sachwissen<br />

der SchülerInnen. Seminare zu<br />

Themen wie „SchülerInnen produzieren eine<br />

Zeitung“, „SchülerInnen machen Radio“ fördern<br />

spezifi sche Kompetenzen der SchülerInnen<br />

bei der Umsetzung ihrer Aktivitäten.<br />

Diese Angebote sind nicht Teil des Regelunterrichts,<br />

sondern erfolgen meist im Rahmen<br />

außerschulischer Veranstaltungen.<br />

SOR-SMC verfolgt in der Arbeit einen<br />

handlungsorientierten Ansatz. Sach- und<br />

Fachwissen wird nicht nur intellektuell ver


Prinzipien und Akteure<br />

mittelt, sondern mit sozialer und praktischer<br />

Erfahrung verknüpft. Die Kinder und Jugendlichen<br />

erlernen so nicht nur wichtige Schlüsselqualifi<br />

kationen für ihren künftigen beruflichen<br />

Werdegang, sondern vor allem ihre<br />

Rolle als mündige Bürgerinnen und Bürger.<br />

SchülerInnen kooperieren<br />

mit LehrerInnen<br />

SOR-SMC ermuntert die Kinder und Jugendlichen<br />

zu einer engen Zusammenarbeit mit<br />

den LehrerInnen, SozialpädagogInnen und<br />

weiteren MitarbeiterInnen ihrer <strong>Schule</strong>.<br />

Daher ist diese Zielgruppe Bestandteil des<br />

Konzepts von SOR-SMC. Sie sollen die Schüler<br />

unterstützen. Nicht sie bestimmen die<br />

Inhalte und Aktionsformen, sondern die<br />

SchülerInnen. Die Erwachsenen sind somit<br />

aufgefordert, eine für sie ungewohnte Rolle<br />

einzunehmen. Und dennoch sind sie unverzichtbar<br />

für das Gelingen der Pläne der SchülerInnen.<br />

Denn es geht nicht darum, die<br />

SchülerInnen sich selbst zu überlassen, sondern<br />

ihnen in geeigneter Form den Freiraum<br />

zu selbstbestimmtem Lernen und Handeln zu<br />

eröffnen. Seminare der Bundeskoordination<br />

von SOR-SMC sowohl zu Hintergrundinformationen<br />

als auch zu Fragen der didaktischen<br />

Umsetzung bieten den PädagogInnen dabei<br />

Unterstützung.<br />

Nichts geht <strong>ohne</strong><br />

Kooperationspartner<br />

Es gibt bundesweit viele Initiativen, staatliche<br />

und nichtstaatliche Einrichtungen, die in<br />

<strong>Schule</strong>n hineinwirken und SchülerInnen und<br />

PädagogInnen Angebote machen. SOR-SMC<br />

sieht diese als potenzielle PartnerInnen. Die<br />

Bundeskoordination sucht ständig nach weiteren<br />

Akteuren, die die Arbeit der <strong>Schule</strong>n im<br />

Netzwerk unterstützen können. Dabei brauchen<br />

diese keine gesonderten Aktivitäten zu<br />

entfalten, sondern bekommen durch die Partnerschaft<br />

mit SOR-SMC den direkten Zugang<br />

zu interessierten <strong>Schule</strong>n.<br />

Manche PartnerInnen agieren bundesweit,<br />

wie die Bundeszentrale für politische Bildung,<br />

der Hauptvorstand der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft oder das Bundespresseamt.<br />

Andere PartnerInnen, wie die<br />

Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerange-<br />

legenheiten, ARIC oder die Landeszentralen<br />

für politische Bildung sind auf Landesebene<br />

tätig. Von wesentlicher Bedeutung sind die<br />

Partner auf regionaler Ebene, wie zum Beispiel<br />

bezirkliche Ausländerbeauftragte,<br />

Jugendfreizeiteinrichtungen oder Selbstorganisationen<br />

von MigrantInnen. Gerade die<br />

regionalen Partner sind fl exibel in ihrem Einsatz<br />

an <strong>Schule</strong>n und kennen die lokalen Gegebenheiten<br />

am besten. Über diese Zusammenarbeit<br />

mit den lokalen Kooperationspartnern<br />

wird wesentlich zur Öffnung von <strong>Schule</strong> beigetragen.<br />

Methoden der Projektarbeit<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

Schulprofi l entwickeln<br />

Öffnung von <strong>Schule</strong> in die Kommune<br />

<strong>Schule</strong> als politischer Akteur im kommunalen<br />

Raum<br />

<strong>Schule</strong> als Teil der kommunalen und bundesweiten<br />

Netzwerke gegen menschenfeindliche<br />

Ideologien<br />

Kooperation mit regionalen und kommunalen<br />

Einrichtungen<br />

Landesweite Kooperation der <strong>Schule</strong>n<br />

Bundesweite Kooperation der <strong>Schule</strong>n<br />

Förderung der Kommunikationskompetenz<br />

aller Schulmitglieder<br />

Qualifi kation im Umgang mit Kommunikationsmitteln<br />

(Schulzeitung, Schulradio,<br />

Homepage der <strong>Schule</strong>, Theater, Musik,<br />

Video etc.)<br />

17<br />

Tag der<br />

Demokratie in<br />

Berlin 2005.<br />

Berlins Regierender<br />

Bürgermeister<br />

Klaus<br />

Wowereit mit<br />

zwei Schülerinnen<br />

aus<br />

Verden und<br />

Projektleiterin<br />

Sanem Kleff<br />

Foto: Eberhard<br />

Seidel


18 Das Projekt<br />

Von SOR-<br />

SMC-SchülerInnen<br />

erstellte<br />

Collage<br />

s<br />

s<br />

Information über die Hintergründe menschenverachtender<br />

Ideologien<br />

Erfahrungsaustausch über Aktionsformen<br />

zur Abwehr menschenverachtender Ideologien<br />

Öffentliche Resonanz<br />

In den letzten Jahren haben die Aktivitäten<br />

von SOR-SMC überwältigende öffentliche<br />

Resonanz gefunden. Denn die Arbeit der<br />

SchülerInnen wird nicht nur schulintern aufmerksam<br />

verfolgt, sondern auch durch die<br />

lokalen und überregionalen Medien. Zeitungen,<br />

Rundfunkstationen und Fernsehen<br />

berichten regelmäßig über Aktiv itäten der<br />

Bundeskoordination oder über Aktivitäten der<br />

<strong>Schule</strong>n vor Ort. Diese öffentliche Aufmerksamkeit<br />

motiviert die Kinder und Jugendlichen<br />

nicht nur zu weiteren Aktivitäten, sondern<br />

vermittelt ihnen, dass ihr Handeln nicht<br />

auf die Schulöffentlichkeit beschränkt bleibt<br />

und nicht folgenlos ist. Eine umfassende<br />

Dokumentation der Presseartikel fi nden Sie<br />

auf unserer Homepage www.schule-<strong>ohne</strong>rassismus.org.<br />

Auszeichnungen<br />

Die Arbeit der Bundeskoordination, aber auch<br />

das Engagement einzelner SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n<br />

wurde in den letzten Jahren wiederholt ausgezeichnet.<br />

So wurden bislang unter anderem<br />

sieben SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n vom Bündnis für<br />

Demokratie und Toleranz ausgezeichnet. Und<br />

die SOR-SMC-Hauptschule Lange Straße aus<br />

Duisburg erhielt 2006 den ersten Preis des<br />

Schulwettbewerbs „Mach mit! Verantwortung<br />

leben“ von buddY E.V. und Vodafone Stiftung<br />

Deutschland.<br />

Bisherige Auszeichnungen der<br />

Bundeskoordination:<br />

s 1996 – Jugendkulturpreis NRW der LandesarbeitsgemeinschaftKulturpädagogische<br />

Dienste Jugendkunstschulen NRW<br />

e. V.<br />

s 1997 – Förderpreis „Demokratie leben“<br />

des Deutschen Bundestages<br />

s 1997 – CIVIS-Preis des WDR Köln<br />

s 1997 – Aachener Friedenspreis vom gleichnamigen<br />

Verein<br />

s 1997 – Heinrich-Bußmann-Preis der SPD<br />

Lünen<br />

s 1998 – Bremer Solidaritätspreis des Senats<br />

der Hansestadt<br />

s 1998 – Jugendkulturpreis NRW der LandesarbeitsgemeinschaftKulturpädagogische<br />

Dienste Jugendkunstschulen NRW<br />

e. V.<br />

s 1999 – Förderpreis „Demokratie leben“<br />

des Deutschen Bundestages<br />

s 2001 – Buber-Rosenzweig-Medaille des<br />

deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaft<br />

für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit<br />

s 2004 – Auszeichnung als „Botschafter der<br />

Toleranz“ vom Bündnis für Demokratie<br />

und Toleranz


II. <strong>Schule</strong> als Akteur im<br />

kommunalen Raum<br />

Öffnung von <strong>Schule</strong> s Regionale<br />

Vernetzung s Kommunale Partizipation<br />

<strong>Schule</strong>n können in einer Kommune nur dann zu Knotenpunkten<br />

demokratiefördernder Netzwerke werden, wenn sie sich in den<br />

sozialen Nahraum hinein öffnen. Erst durch die kontinuierliche<br />

und dauerhafte Kooperation der <strong>Schule</strong>n mit staatlichen und<br />

nichtstaatlichen Partnern entstehen nachhaltige Strukturen<br />

sowohl auf schulischer als auch auf kommunaler, regionaler<br />

und bundesweiter Ebene. Erst durch die Zusammen arbeit an<br />

gemeinsamen Projekten entwickeln sich tragfähige Beziehungen,<br />

die in der Folge die Zivilgesellschaft stärken.<br />

19<br />

Foto:<br />

Roland Scheitz


20<br />

Sternmarsch<br />

„<strong>Schule</strong> mit<br />

Courage –<br />

<strong>Schule</strong> gegen<br />

<strong>Rassismus</strong>“ in<br />

Sehnde<br />

Foto:<br />

KGS Sehnde<br />

<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />

Öffnung von <strong>Schule</strong><br />

Sehnde ist eine Kleinstadt in Niedersachsen,<br />

vor den Toren Hannovers gelegen. Das Städtchen<br />

ist kein Zentrum rechtsextremer Aktivitäten.<br />

Trotzdem ist Wachsamkeit und Sensibilität<br />

angebracht, meint Carl Jürgen Lehrke,<br />

Bürgermeister der Stadt. Bei der letzten Bundestagswahl<br />

erreichte die NPD 1,7 Prozent<br />

der Stimmen. In der Stadt mit ihren knapp<br />

23.000 Einw<strong>ohne</strong>rn gibt es fünf Grundschulen<br />

mit rund 1.000 SchülerInnen und eine<br />

Kooperative Gesamtschule mit 1.800 SchülerInnen.<br />

Seit 2004 ist die KGS Sehnde eine<br />

Ganztagsschule, in der sich alle Schulformen<br />

(Hauptschule, Realschule, Gymnasium/SEK I<br />

und SEK II) unter einem Dach befi nden.<br />

Beispiel: KGS Sehnde<br />

Bereits 2003 hatte die KGS Sehnde sich zum<br />

Ziel gesetzt, die Auszeichnung „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ zu erwerben.<br />

Leicht hat es sich die <strong>Schule</strong> nicht<br />

gemacht. Mehr als zwei Jahre lagen zwischen<br />

dem Beschluss und der Titelverleihung im<br />

September 2005. In diesen beiden Jahren<br />

wurde das Anliegen von SOR-SMC in der<br />

<strong>Schule</strong> transparent gemacht. Zur Einstimmung<br />

der überdurchschnittlich großen Schülerschaft<br />

wurden 2004 und 2005 eine Reihe<br />

von Projekten zum Thema durchgeführt,<br />

Theaterstücke aufgeführt, Tanz- und Theatergruppen<br />

aus Südafrika an die <strong>Schule</strong> eingeladen,<br />

ein Gespräch mit dem Zeitzeugen Sally<br />

Perel („Ich war Hitlerjunge Salomon“) wurde<br />

organisiert. Darüber hinaus wurde die Ausstellung<br />

„Rechte Jugendkulturen“ in der KGS<br />

gezeigt und eine Lesung mit einer Aussteigerin<br />

aus der rechtsextremen Szene veranstaltet.<br />

Nachdem die SchülerInnen für die<br />

Themen Gewalt, Toleranz und Courage sensibilisiert<br />

waren, rief die Schülervertretung<br />

einen Wettbewerb ins Leben, um von der<br />

Schülerschaft ein Logo kreieren zu lassen,<br />

das für die geplante Projektwoche im Herbst<br />

2005 stehen sollte.<br />

Ein Großereignis wurde vorbereitet, um<br />

das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong><br />

mit Courage“ nicht nur in der KGS, sondern<br />

in der ganzen Stadt zu verankern. In der<br />

Woche vom 26. 9. bis 29. 9. 2005 war es<br />

schließlich soweit. Es waren Tage, wie sie<br />

Sehnde noch nicht erlebt hatte. Zum Auftakt<br />

der Projekttage organisierten die SchülerInnen<br />

eine Demonstration gegen <strong>Rassismus</strong><br />

und Diskriminierung. Die örtliche Zeitung<br />

„Anzeiger“ berichtete am darauf folgenden<br />

Tag auf der Titelseite: „Scharenweise strömten<br />

gestern Kinder und Jugendliche aus allen<br />

Himmelsrichtungen zum Sehnder Marktplatz.<br />

Direkt vor dem Rathaus fand eine Kundgebung<br />

mit mehr als 2.000 Teilnehmern statt –<br />

vermutlich die bisher größte Demonstration<br />

in Sehnde. Das Thema lautet: <strong>Schule</strong> mit Courage<br />

– <strong>Schule</strong> gegen <strong>Rassismus</strong>. Auch die<br />

Bundestagsabgeordneten Maria Flachsbarth<br />

(CDU) und Matthias Miersch (SPD) waren<br />

dabei. In selbst organisierten, vielfach von<br />

Unternehmen und Privatleuten unterstützten<br />

Projekten – insgesamt mehr als hundert –<br />

setzen sich die Schüler der Kooperativen<br />

Gesamtschule (KGS) in den kommenden<br />

Tagen mit den Themen Zivilcourage und Diskriminierung<br />

auseinander.“<br />

Eine Gruppe von SchülerInnen erstellte<br />

die Zeitung „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“, andere<br />

produzierten Radiobeiträge. Workshops zu<br />

Themen wie „Konfl iktlösung <strong>ohne</strong> Gewalt“,


Öffnung von <strong>Schule</strong><br />

„Konfl ikt im Klassenzimmer“ wurden durchgeführt.<br />

Manche beschäftigten sich mit<br />

Themen wie „Die Ehre – was ist das?“ „Was<br />

ist eigentlich <strong>Rassismus</strong>?“, „Russen, Alkohol,<br />

Gewalt???“, „Sehnde ist bunt – Was bietet<br />

Sehnde für Kinder mit Migrationshintergrund?“.<br />

Während der Aktionstage wurde eine<br />

Homepage eingerichtet (www.wir-schauenhin.com),<br />

auf der nicht nur die Projektwoche<br />

dokumentiert ist. Die Homepage wird laufend<br />

aktualisiert.<br />

Die beeindruckenden Aktivitäten der KGS<br />

Sehnde haben viele Mütter und Väter. Und<br />

eine Öffnung der <strong>Schule</strong> ist Voraussetzung.<br />

Zunächst ist da die Arbeitsgruppe „Wir<br />

schauen hin“, die alle Kooperationspartner,<br />

Ideen und Vorhaben koordiniert. In ihr arbeiten<br />

engagierte LehrerInnen und SchülerInnen<br />

der KGS mit ElternvertreterInnen, SozialpädagogInnen<br />

und externen BeraterInnen am<br />

gemeinsamen Ziel.<br />

Trotz dieses unermüdlichen Einsatzes der<br />

Projektgruppe und vieler Einzelpersonen<br />

wären die beeindruckenden Aktivitäten der<br />

KGS Sehnde von der <strong>Schule</strong> allein aufgrund<br />

der knappen personellen und fi nanziellen<br />

Ressourcen kaum möglich gewesen. Denn zu<br />

Beginn des Schuljahres 2005/ 2006 hat die<br />

KGS Sehnde nur noch eine Unterrichtsversorgung<br />

von 92 Prozent. Sechs volle Lehrplanstellen<br />

sind nicht besetzt, was bedeutet, dass<br />

jede Klasse wöchentlich zwei bis drei Stunden<br />

weniger Unterricht erhält, als ihr laut<br />

Lehrplan zusteht.<br />

Neben den SchülerInnen und LehrerInnen<br />

boten während der Projektwoche im September<br />

2005 eine Vielzahl von außerschulischen<br />

Einrichtungen der Stadt Projekte an: MitarbeiterInnen<br />

der Polizei, der Drogenberatung,<br />

der Entwicklungshilfe, aus Sportvereinen, der<br />

evangelischen Kirche, Frauen aus der Türkei<br />

und dem Iran, Jugendliche der freiwilligen<br />

Feuerwehr, vom Projekt „… für Demokratie<br />

Courage zeigen“ und MitarbeiterInnern des<br />

Medienbusses „Fluxus“. Darüber hinaus wird<br />

das Projekt von einer Reihe örtlicher Unternehmen<br />

gesponsert.<br />

Stefan Bahls, Lehrer an der KGS und Verantwortlicher<br />

für die Projektgruppe Courage<br />

meint: „Viele Projektpartner sollen dauerhaft<br />

an unsere <strong>Schule</strong> gebunden werden, denn<br />

letztlich geht es darum, ein Schulprogramm<br />

zu erstellen, das sich an der Auszeichnung<br />

<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />

orientiert.“<br />

Die KGS verfolgt weiterhin das Konzept<br />

der Öffnung von <strong>Schule</strong>. Im Februar 2006<br />

untersuchten zum Beispiel Schülerinnen und<br />

Schüler des 10. Jahrgangs die Integration von<br />

ausländischen Kindern und Jugendlichen in<br />

der Gemeinde Sehnde – schwerpunktmäßig<br />

in den Sportvereinen. Sie gingen den Fragen<br />

nach: „Fördert der Sport das Zusammenleben<br />

von ausländischen und deutschen Kindern<br />

und Jugendlichen? Wo gibt es Konfl ikte?<br />

Welche Ursachen haben sie? Wie kann ihnen<br />

begegnet werden?“ Die Ergebnisse der Projektgruppe<br />

fanden Eingang in einer Talkshow,<br />

die Ende März 2006 in der KGS Sehnde<br />

live vom Medienbus „Fluxus“ über den<br />

Offenen Kanal ausgestrahlt wurde.<br />

Derzeit arbeiten LehrerInnen und Lehrer<br />

gemeinsam an einer Schulcharta, um das<br />

Profi l zukünftiger SOR-SMC-Arbeit an der<br />

KGS näher zu bestimmen. Bereits jetzt ist<br />

klar, dass Veranstaltungen wie die Holocaust-<br />

Gedenkstunde sowie die Courage-Projekttage<br />

dauerhaft stattfi nden werden.<br />

21<br />

Schülerinnen<br />

machen Radio<br />

Foto: KGS<br />

Sehnde


22<br />

<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />

Regionale Vernetzung<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

ist ein altes und ein junges Projekt<br />

zugleich. Jung, weil sich über 50 Prozent der<br />

inzwischen ausgezeichneten <strong>Schule</strong>n erst in<br />

den letzten drei Jahren dem Netzwerk angeschlossen<br />

haben. „Alt“ ist das Projekt, weil<br />

die erste <strong>Schule</strong> bereits am 21. 6. 1995, also<br />

vor über elf Jahren, in Dortmund ausgezeichnet<br />

wurde. Kann es gelingen, die anfängliche<br />

Begeisterung in ein dauerhaftes Engagement<br />

zu überführen? Die Antwort lautet: Ja. Vor<br />

allem die regionale Vernetzung von SOR-<br />

SMC-<strong>Schule</strong>n hat sich bewährt – beim Erfahrungsaustausch<br />

und der Kontinuität der<br />

Arbeit.<br />

Beispiel: Dortmund/Kreis Unna<br />

Holger Runge, Jugendbildungsreferent im<br />

Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost, ist<br />

einer der Gründer von SOR-SMC in Deutschland<br />

und gehört bis heute zu den Aktiven im<br />

bundesweiten Netzwerk. Hier seine Erfahrungen<br />

der regionalen Netzwerkarbeit:<br />

Für den 30. März 1995 lud ich zum ersten<br />

Mal Schülervertretungen und LehrerInnen<br />

aus Dortmund ein, um ihnen das Projekt<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ vorzustellen, das es<br />

bereits in Belgien und in den Niederlanden<br />

gab. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt selbst<br />

nicht, dass dieses Treffen die Geburtsstunde<br />

des Arbeitskreises „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

in Dortmund und im Kreis Unna sein sollte.<br />

Aber seit dieser Zeit trifft sich der Arbeitskreis<br />

alle sechs Wochen.<br />

Im Herbst 2006 tragen acht <strong>Schule</strong>n aus<br />

Dortmund und acht <strong>Schule</strong>n aus dem Kreis<br />

Unna den Titel „SOR-SMC“. Es gibt keine Verpfl<br />

ichtung, am Arbeitskreis teilzunehmen,<br />

und natürlich hat die Besetzung häufi g<br />

gewechselt. Zunächst waren SchülerInnen<br />

die größte TeilnehmerInnengruppe. Nach<br />

über elf Jahren ist der Arbeitskreis zu einem<br />

Treffpunkt engagierter PädagogInnen geworden.<br />

SchülerInnen nehmen unregelmäßig<br />

daran teil. Sie kommen, wenn sie konkrete<br />

Fragen zu SOR-SMC haben oder Tipps bei der<br />

Entwicklung eines Projekts brauchen.<br />

In der Startphase ging es darum, zu<br />

sehen, wie das Konzept von SOR-SMC mit<br />

Leben erfüllt werden kann. Es stellten sich<br />

ganz praktische Fragen: Wie organisiert man<br />

die Unterschriftensammlung? Was macht<br />

man, wenn die Schulleitung das Projekt nicht<br />

will? Wie geht man mit Kritik aus dem<br />

rechtsextremistischen Lager um? Wie fi ndet<br />

man an der <strong>Schule</strong> und in der Stadt MitstreiterInnen<br />

in Sachen SOR-SMC? Welche Projektideen<br />

begeistern SchülerInnen? Wie<br />

fi ndet man einen Schirmmenschen?<br />

Der Erfahrungsaustausch stand im Vordergrund.<br />

Gute Praxiserfahrungen an der<br />

einen <strong>Schule</strong> konnten auch in einer anderen<br />

<strong>Schule</strong> übernommen werden. Fehler, die eine<br />

<strong>Schule</strong> gemacht hatte, musste eine andere<br />

<strong>Schule</strong> nicht wiederholen.<br />

Im Arbeitskreis herrschte eine euphorische<br />

Stimmung. Wir führten auch die<br />

ersten gemeinsamen, schulübergreifenden<br />

Projekte durch. Eine <strong>Schule</strong> organisierte<br />

1997 ein HipHop-Festival und lud dazu nicht<br />

nur die anderen Dortmunder SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n,<br />

sondern auch die ersten <strong>Schule</strong>n ein, die<br />

sich in Deutschland an dem Projekt beteiligten.<br />

Es war das erste (inoffi zielle) bundesweite<br />

SOR-SMC-Treffen.<br />

Nach dem Zauber des Anfangs rückte in<br />

der zweiten Phase die Beratungstätigkeit in<br />

den Mittelpunkt. SchülerInnen, die das Projekt<br />

mit viel Engagement begonnen hatten,<br />

beendeten ihre Schulzeit. Und so begann<br />

nach dem Aufbruch unser „langer Marsch<br />

durch die Institutionen“.<br />

Den Arbeitskreis beschäftigten zum Beispiel<br />

folgende Fragen: „Wie kann man neue<br />

Aktionsgruppen oder Arbeitsgemeinschaften<br />

gründen, um SOR-SMC weiterzuentwickeln?<br />

Wie können sich die Schülervertretungen<br />

oder ein Lehrerkollegium regelmäßig mit<br />

SOR-SMC beschäftigen? Wie kann man mit<br />

einer wenig motivierten SV oder mit einem


Regionale Vernetzung<br />

eher distanzierten Lehrerkollegium das Projekt<br />

weiter verfolgen?“<br />

Der Arbeitskreis stärkte die Beteiligten,<br />

weil man merkte, dass man kein Einzelkämpfer<br />

ist. Wir tauschten uns über passende<br />

Methoden für die Projektarbeit aus, suchten<br />

den Kontakt zu anderen Gruppen, die sich in<br />

Dortmund und im Kreis Unna mit der Überwindung<br />

von Diskriminierung beschäftigten.<br />

In jüngster Zeit übernimmt der Arbeitskreis<br />

verstärkt die Funktion eines Seismografen.<br />

Im Mittelpunkt stehen aktuelle<br />

Themen, zu denen es bislang nur wenig Literatur<br />

oder Fortbildungsangebote gibt. Zum<br />

Beispiel: Wie kann man im Rahmen von SOR-<br />

SMC die Auseinandersetzung mit dem Islam<br />

angemessen führen? Mit welchen Methoden<br />

kann die Lebenssituation von schwulen und<br />

lesbischen SchülerInnen und LehrerInnen in<br />

der <strong>Schule</strong> stärker thematisiert werden?<br />

Welche Demonstrationsformen sind passend,<br />

um rechtsextremen Gruppen das Wasser<br />

abzugraben? Wie kann man in der <strong>Schule</strong> den<br />

Konfl ikt zwischen Türken und Kurden thematisieren?<br />

Zu einer reinen Diskussionsrunde ist der<br />

Arbeitskreis allerdings nicht geworden. Wir<br />

haben zum Beispiel im Februar 2005 eine<br />

große Tagung zum 10-jährigen Jubiläum<br />

unseres Arbeitskreises durchgeführt und im<br />

Herbst 2005 einen Kettenfi lm präsentiert, an<br />

dessen Entwicklung fünf <strong>Schule</strong>n beteiligt<br />

waren. Diese Veranstaltungen hätte ein einzelnes<br />

Mitglied des Arbeitskreises nicht organisieren,<br />

fi nanzieren und durchführen<br />

können. Gemeinsam hat es viel Spaß gemacht<br />

und verdeutlicht: Wir sind in der Lage, immer<br />

wieder neue Aufbrüche zu starten.<br />

Der Aufbau eines Arbeitskreises verursacht<br />

keine hohe Kosten und lohnt sich, da er<br />

die Arbeit im Rahmen von SOR-SMC auf<br />

Dauer sicherstellen kann. Es empfi ehlt sich,<br />

dass eine Person (oder eine Gruppe) den<br />

Arbeitskreis kontinuierlich begleitet, zu Treffen<br />

einlädt, Protokolle schreibt, Informationen<br />

weitergibt und als Ansprechpartner in<br />

der Region erkennbar ist. Das ist mit einigem<br />

Arbeitsaufwand verbunden. Für mich hat sich<br />

dieser Aufwand bis heute gelohnt, weil<br />

dadurch zeitlich begrenzte und kontinuierliche<br />

Kontakte entstanden sind, die ich nicht<br />

missen möchte.<br />

23<br />

Arbeitsgruppe<br />

regionale<br />

Vernetzung<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


24<br />

Ein SPD-<br />

Abgeordneter<br />

in Chemnitz<br />

unterschreibt<br />

die Nichtdiskriminierungsagenda<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />

Kommunale Partizipation<br />

Wie wäre es, wenn sich nicht nur eine <strong>Schule</strong>,<br />

sondern eine ganze Stadt mit einer Mehrheit<br />

von über 70 Prozent dazu verpfl ichten würde,<br />

sich engagiert gegen jede Form von Diskriminierung<br />

einzusetzen? Ist das nur ein Traum?<br />

Die Bundeskoordination von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ wollte es<br />

wissen und führte von Oktober 2004 bis Mai<br />

2006 in Bremen und in Chemnitz das Modellprojekt<br />

„Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

durch. Es setzte sich zum Ziel, neue Formen<br />

der kommunalen Partizipation von Jugendlichen<br />

zu erproben.<br />

Wir entschieden uns für Bremen und<br />

Chemnitz, da in den beiden Städten bereits zu<br />

Projektbeginn ein Netz von SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n<br />

existierte. Im Oktober 2004 trugen in<br />

Bremen neun <strong>Schule</strong>n den Titel SOR-SMC, in<br />

Chemnitz drei. Darüber hinaus gab es weitere<br />

Anwärterschulen, die sich auf den Titel SOR-<br />

SMC vorbereiteten. Damit konnte davon ausgegangen<br />

werden, dass es in beiden Städten<br />

eine ausreichend große Zahl von engagierten<br />

SchülerInnen und PädagogInnen gibt, um ein<br />

ambitioniertes Projekt wie „Unsere Stadt<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ zu beginnen.<br />

Beispiel: Unsere Stadt<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

Das Vorhaben lautete: Schülerinnen und<br />

Schüler aus SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n in Chemnitz<br />

und in Bremen erarbeiten jeweils eine Antidiskriminierungsagenda,<br />

für die sie dann in<br />

ihren Städten um breite Unterstützung<br />

werben.<br />

Da es unrealistisch ist, in Kommunen mit<br />

mehreren hunderttausend Einw<strong>ohne</strong>rn 70<br />

Prozent aller Bürgerinnen und Bürger für<br />

eine Unterschrift zu gewinnen, mit der sie<br />

sich zu den Prinzipien von SOR-SMC bekennen,<br />

haben wir uns bei „Unsere Stadt <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong>“ für die Ebene des Parlaments entschieden,<br />

da die Abgeordneten die legitimen<br />

VertreterInnen der Bürgerinnen und Bürger<br />

sind. Allerdings sollten im Projektverlauf<br />

gesellschaftliche Gruppen wie Gewerkschaften,<br />

Unternehmer, Jugendverbände und<br />

Parteien für das Anliegen der Jugendlichen<br />

gewonnen werden, um dieses auf eine breite<br />

Basis zu stellen.<br />

Am Schluss des Projekts sollte idealerweise<br />

ein Beschluss des Parlaments stehen,<br />

bei dem sich mindestens 70 Prozent der VertreterInnen<br />

des Stadtparlaments auf die Antidiskriminierungsagenda<br />

einigen.<br />

Beispiel: Chemnitz und Bremen<br />

Das Projekt „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

wurde in fünf Phasen umgesetzt.<br />

Zunächst wurde die für die Durchführung<br />

des Projekts notwendige Infra- und Kommunikationsstruktur<br />

in den beiden beteiligten<br />

Städten sowie bei der Bundeskoordination in<br />

Berlin aufgebaut. Eine Reihe organisatorischer<br />

Fragen war zu klären. U. a.: Wie kann<br />

das Projektanliegen an die SchülerInnen und<br />

die <strong>Schule</strong>n in Chemnitz und Bremen herangetragen<br />

werden? Wie können die Landeskoordinatoren<br />

das Projekt vor Ort begleiten?<br />

Wie können mögliche lokale Kooperationspartner<br />

in Bremen und in Chemnitz gefunden<br />

und in das Projekt einbezogen werden?


Kommunale Partizipation<br />

Nach dieser Erkundungsphase verschickte<br />

die Bundeskoordination einen ersten Informationsfl<br />

yer an alle <strong>Schule</strong>n in Bremen und<br />

in Chemnitz. Schon die ersten Reaktionen auf<br />

das Projekt waren in beiden Städten sehr<br />

unterschiedlich. Während in Chemnitz das<br />

Projekt bei SchülerInnen, LehrerInnen als<br />

auch bei Gewerkschaften, Parteien,<br />

Geschäftsleuten und NGOs sofort auf reges<br />

Interesse stieß, brauchte es in Bremen eine<br />

längere Anlaufphase.<br />

Die unterschiedlichen Reaktionen führen<br />

wir auf das politische Klima in beiden Städten<br />

zurück. Im Stadtrat von Chemnitz sitzen<br />

fünf Abgeordnete der rechtsextremen „Republikaner“.<br />

Bei der sächsischen Landtagswahl<br />

vom 19. 09. 2004, nur wenige Wochen vor<br />

Beginn des Projekts „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“,<br />

votierten mehr als 9 Prozent der<br />

WählerInnen für die rechtsextreme NPD. Von<br />

den männlichen Jungwählern unter 25 Jahren<br />

gaben über 20 Prozent dieser Partei ihre<br />

Stimme – auch in Chemnitz. Die Beliebtheit<br />

der Partei vor allem unter jungen Wählern<br />

mobilisierte in Chemnitz viele SchülerInnen,<br />

die in dem Projekt „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

eine geeignete Möglichkeit sahen,<br />

etwas Wirksames gegen diese Entwicklung<br />

zu tun.<br />

Die erfolgreiche Implementierung des Projekts<br />

„Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ war in<br />

Chemnitz bereits am 21. 1. 2005 abgeschlossen.<br />

An diesem Tag nahmen an einer außerschulischen<br />

Veranstaltung über 120 SchülerInnen<br />

teil. Zahlreiche Ideen zur Umsetzung<br />

des Projekts wurden gesammelt und vier<br />

Arbeitsgruppen gegründet. Eine „AG Event“,<br />

deren selbst gestellter Arbeitsauftrag lautete:<br />

25


26<br />

Unterschriftenaktion<br />

in<br />

der Bremer<br />

Bürgerschaft<br />

Foto: Roland<br />

Scheitz<br />

<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />

Vorbereitung stadtweiter Aktionen zur Propagierung<br />

des Anliegens. Die „AG Öffentlichkeitsarbeit“<br />

und die „AG Politik“, die die<br />

Inhalte einer Nichtdiskriminierungsagenda<br />

für Chemnitz erarbeiten wollten. Die „AG<br />

Vernetzung“, die sich selbst den Namen „Sörnewöö“<br />

gab. Der Name „Sörnewöö“ leitet sich<br />

aus den Begriffen „SOR“, „Netzwerke“,<br />

„Workshops“ ab und verdeutlicht, dass es<br />

nicht nur um die Vernetzung in der Stadt,<br />

sondern auch um die Ausarbeitung inhaltlicher<br />

Workshops gehen sollte.<br />

Die Arbeitsgruppen wählten sich an<br />

diesem Nachmittag Paten, die den SchülerInnen<br />

bei ihren Aktivitäten mit Rat und Tat<br />

zur Seite stehen sollten.<br />

Ein Chemnitz vergleichbarer aktueller und<br />

verstärkter Problemdruck bestand im Herbst<br />

2004 in Bremen nicht. Bei der letzten Landtagswahl<br />

vom 25. 5. 2003 blieb die dort kandidierende<br />

rechtsextreme DVU mit 2,3 Prozent<br />

deutlich unter 5 Prozent. Ein vereinzelter<br />

Abgeordneter der DVU in der Bürgerschaft<br />

aus Bremerhaven wurde nicht als problematisch<br />

betrachtet.<br />

In einem sich über mehrere Monate hinziehenden<br />

Prozess prüften und diskutierten<br />

die Bremer SchülerInnen die Sinnhaftigkeit<br />

eines Projekts wie „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“.<br />

Im Zentrum der Diskussionen standen<br />

Fragen wie: Haben wir überhaupt aktuelle<br />

Probleme mit Rechtsextremen? Und engagieren<br />

sich unsere Stadtoberen nicht bereits<br />

genug gegen <strong>Rassismus</strong> und Intoleranz?<br />

Vor dem Hintergrund dieser Voraussetzungen<br />

machten sich die SchülerInnen in den<br />

darauf folgenden Monaten daran, zu prüfen,<br />

wie es um Rechtsextremismus und <strong>Rassismus</strong><br />

in ihrer Stadt bestellt ist. Im Verlauf<br />

ihrer Recherchen revidierten sie die zunächst<br />

optimistische Sicht. Sie erfuhren, dass<br />

Bremen eine Hochburg in Sachen rechter<br />

Musik ist und zum Beispiel die Naziband<br />

„Endstufe“ aus der Hansestadt kommt. Sie<br />

beschäftigten sich nun eingehender mit der<br />

sehr aktiven örtlichen rechten Hooligan-<br />

Szene. Auch die Neonazi-Aktivitäten im<br />

Bremer Umland rückten in ihren Fokus. Denn<br />

in Verden, vor den Toren Bremens gelegen, ist<br />

die NPD Anfang 2004 dabei, ein Schulungszentrum<br />

aufzubauen. SchülerInnen aus<br />

Verden wurden nach Bremen eingeladen, die<br />

von ihrem engagierten und anstrengenden<br />

Kampf gegen die Aktivitäten der Neonazis,<br />

die häufi g auch aus Bremen anreisen, berichteten.<br />

Kooperation, Qualifi kation<br />

und Netzwerkarbeit<br />

Um ein breites städtisches Bündnis für eine<br />

von den SchülerInnen entworfene Antidiskriminierungsagenda<br />

herzustellen, wurde<br />

zunächst der Kooperations– und Netzwerkarbeit<br />

ein zentraler Stellenwert eingeräumt.<br />

Aber auch der inhaltlichen Qualifi zierung.<br />

Denn es stellte sich während des Projektverlaufs<br />

für die SchülerInnen sehr schnell<br />

heraus, dass sie nur dann überzeugend in der<br />

Öffentlichkeit und gegenüber Kooperationspartnern<br />

auftreten können, wenn sie das zentrale<br />

Anliegen des Projektes „Unsere Stadt<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ inhaltlich fundiert vertreten<br />

können.<br />

Aus diesem Grund stand in Chemnitz die<br />

zweite Projektphase ganz unter dem Zeichen<br />

selbst erarbeiteter politischer Bildung, die vor<br />

allem von der Arbeitsgruppe „Vernetzung“<br />

organisiert wurde. Die AG führte Wochenendseminare<br />

durch, entwickelte einen Leitfaden<br />

für zwei- und vierstündige Workshops für<br />

die Sekundarstufe und ein so genanntes Diskriminierungsbarometer.<br />

Die AG-Mitglieder<br />

führten schulinterne Workshops durch, die<br />

die Sensibilisierung und Motivation von<br />

SchülerInnen für antirassistisches Engage-


Kommunale Partizipation<br />

ment und politische Partizipation anregen<br />

sollten.<br />

Parallel zu den Aktivitäten der AG Vernetzung<br />

beschäftigte sich die AG Politik mit dem<br />

Thema „EU-Antidiskriminierungspolitik und<br />

Kommunalpolitik“. Die SchülerInnen informierten<br />

sich darüber, was es mit diesen<br />

Richtlinien auf sich hat und was sie für eine<br />

Stadt wie Chemnitz bedeuten. Im Verlaufe der<br />

AG-Treffen erstellten die SchülerInnen zu<br />

diesem Thema ein Handout, das an alle, die<br />

sich an dem Projekt „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

beteiligten, verteilt und mit ihnen<br />

diskutiert wurde.<br />

Die AG Öffentlichkeitsarbeit richtete in<br />

einem ersten Schritt die Internetplattform<br />

www.sor-chemnitz.de ein, für die Jugendlichen<br />

in Chemnitz bis heute ein wichtiges<br />

Forum für Verabredungen und der Präsentation<br />

von Arbeitsergebnissen. Daneben bereitete<br />

die AG eine Pressekonferenz vor, um die<br />

lokalen Medien über das Projektanliegen zu<br />

informieren. Ende März 2005 gründete sich<br />

im Rahmen dieser AG eine Redaktionsgruppe,<br />

um zu Themen rund um Diskriminierungen,<br />

Rechtsextremismus und rechter<br />

Jugendkultur in Chemnitz Artikel zu verfassen.<br />

Die AG „Event“ arbeitet zunächst mit<br />

großem Elan an der Vorbereitung von Veranstaltungen<br />

und Konzerten, mit denen sie das<br />

Anliegen von „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

einer breiten jugendlichen Stadtöffentlichkeit<br />

in Jugendzentren und auf öffentlichen Plätzen<br />

vorstellen wollte. Die Umsetzung scheiterte<br />

trotz vielfacher Bemühungen und zahlreicher<br />

Vorbereitungstreffen leider an fehlenden<br />

lokalen Sponsoren.<br />

Die Kooperation zwischen den inzwischen<br />

fünf SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n in Chemnitz verlief in<br />

dieser Projektphase bereits sehr gut, ebenso<br />

die Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen<br />

Organisationen und Initiativen. Die<br />

SchülerInnen kooperierten mit dem DGB,<br />

dem Netzwerk für Demokratie und Courage,<br />

der AG In- und Ausländer, dem kriminalpräventiven<br />

Rat, dem CVJM Chemnitz, dem<br />

Kulturz entrum VOXXX e. V., Courage Chemnitz,<br />

der Ausländerbeauftragten der Stadt<br />

Chemnitz, der soziokulturelle Einrichtung<br />

Kraftwerk e. V. , dem „tietz“, Radio T und der<br />

Freien Presse Chemnitz sowie dem Stadtmagazin<br />

0371. Diese Partner stellten Räumlichkeiten<br />

für Veranstaltungen zu Verfügung,<br />

fi nanzierten Wochenendseminare und<br />

be richteten über die Initiative der Jugendlichen.<br />

In Bremen richtete sich der Fokus der<br />

Netzwerkarbeit zunächst auf die Kooperation<br />

der zu Projektbeginn neun SOR-SMC <strong>Schule</strong>n,<br />

die bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend<br />

isoliert voneinander agierten. Nach einer<br />

Serie von Informationsveranstaltungen an<br />

den einzelnen SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n fand am<br />

16. 3. 2005 schließlich ein schulübergreifendes<br />

Projektetreffen in Bremen statt, an dem<br />

40 SchülerInnen aus mehreren SOR-SMC-<br />

<strong>Schule</strong>n teilnahmen. Analog zu dem Verfahren<br />

in Chemnitz wurden Arbeitsgruppen vereinbart.<br />

Projekttage für den Herbst 2005 wurden<br />

vorbereitet, um mit Fachreferenten zu<br />

Themen wie rechte Musik, rechte Kameradschaften<br />

in Bremen und Umland zu arbeiten.<br />

Die Nichtdiskriminierungsagenden<br />

In der dritten Phase verfassten die SchülerInnen<br />

in beiden Städten jeweils eine Antidiskriminierungsagenda.<br />

Anschließend sollte<br />

unter den Parlamentariern für eine 70-prozentige<br />

Mehrheit geworben werden.<br />

27<br />

Der<br />

Chemnitzer<br />

Oberbürgermeister<br />

Peter<br />

Seifert<br />

diskutiert mit<br />

SchülerInnen<br />

die Nichtdiskriminierungsagenda.<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


28<br />

<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />

s Chemnitzer<br />

Antidiskriminierungsagenda<br />

Chemnitzer Schülerinnen und Schüler engagieren<br />

sich in dem Projekt „Chemnitz <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – Chemnitz mit Courage“, um Maßnahmen<br />

gegen alle Formen der Diskriminierung<br />

in der Stadt Chemnitz zu entwickeln. Wir<br />

wollen dazu beitragen, ein gesellschaftliches<br />

Klima zu schaffen, in dem sich jede und jeder<br />

wohl fühlt und das von Gemeinschaftsgefühl,<br />

Engagement und Verständnis jeder und jedes<br />

Einzelnen füreinander geprägt ist.<br />

Trotz bestehender Antidiskriminierungsrichtlinien<br />

für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen<br />

Union sind diese bis heute in der<br />

Bundesrepublik Deutschland noch nicht auf<br />

nationaler Ebene umgesetzt. In der Bevölkerung<br />

existiert kein ausreichendes Bewusstsein<br />

bezüglich Diskriminierung und Antidiskriminierung.<br />

Rechtsextreme Kräfte nutzen<br />

dies für ihre politischen Ziele aus.<br />

Wir fordern den Chemnitzer Stadtrat deshalb<br />

auf, die Grundsätze der Antidiskriminierungsagenda<br />

durchzusetzen, welche auf den<br />

Grundüberlegungen der Antidiskriminierungsrichtlinien<br />

der Europäischen Union<br />

basiert. Es muss zu einem Anliegen der Stadt<br />

werden, ein Umdenken und eine Veränderung<br />

in Wahrnehmung und Handlungsweisen der<br />

Bevölkerung sowie auf institutioneller Ebene<br />

im Sinne der Antidiskriminierung spezifi scher<br />

gesellschaftlicher Gruppen zu gewährleisten.<br />

Wir fordern deshalb in der Stadt Chemnitz<br />

eine deutliche Positionierung gegen jegliche<br />

Form der Diskriminierung, insbesondere aufgrund<br />

der ethnischen Herkunft, der sexuellen<br />

Identität, der Religion und Weltanschauung,<br />

der Behinderung, des Geschlechts und des<br />

Alters von Menschen.<br />

Weiterhin fordern wir die Einrichtung<br />

eines Jugendparlaments in der Stadt Chemnitz,<br />

damit wir an der aktiven Umsetzung der<br />

Antidiskriminierungsrichtlinien mitwirken<br />

können und die Partizipation von Jugendlichen<br />

und Kindern in der Politik gewährleistet<br />

wird. Diesem Jugendparlament müssen vom<br />

Stadtrat konkrete Rechte zugesichert sowie<br />

Aufgabenbereiche anvertraut werden.<br />

Zur Umsetzung der Forderungen soll<br />

dieses Jugendparlament der Stadt Chemnitz<br />

vor allem unter den Jugendlichen und Kindern<br />

Aufklärungsarbeit in Form jugendgerechter<br />

Veranstaltungen leisten und Informationsmaterialien<br />

herausgeben.<br />

Wir fordern darüber hinaus die Stadt<br />

Chemnitz dazu auf, selbst zu einer aktiven<br />

Umsetzung der Antidiskriminierungsagenda<br />

beizutragen. Dabei muss eine effektivere<br />

Zusammenarbeit zwischen den Institutionen<br />

der Kommune, den Vereinen und Interessenvertretungen<br />

von Gruppen und Organisationen,<br />

die sich mit dem Thema der Antidiskriminierung<br />

auseinander setzen, entwickelt<br />

bzw. weiter ausgebaut werden. Dazu ist es<br />

notwendig, dass in Zukunft im Haushaltsplan<br />

der Stadt Chemnitz Gelder für die Antidiskriminierungsarbeit<br />

berücksichtigt werden.<br />

Außerdem fordern wir die Stadt Chemnitz<br />

als Arbeitgeber der Beschäftigten im öffentlichen<br />

Dienst dazu auf, uns bei dem Anliegen,<br />

gegen jede Form der Diskriminierung vorzugehen,<br />

zu unterstützen.<br />

Mit der Unterzeichnung dieser Antidiskriminierungsagenda<br />

verpfl ichtet sich jede und<br />

jeder Stadtratsabgeordnete, deren Grundsätze<br />

persönlich anzunehmen und aktiv<br />

durchzusetzen. Jede und jeder übernimmt so,<br />

als gewählter Vertreter der Chemnitzer Bevölkerung,<br />

seine Verantwortung für die demokratische<br />

Ausgestaltung unserer Stadt.<br />

s Bremer<br />

Antidiskrimi nierungsagenda<br />

1) Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu<br />

einer Aufgabe Bremens wird, nachhaltige und<br />

langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen<br />

zu entwickeln, um Diskriminierungen,<br />

insbesondere <strong>Rassismus</strong>, zu überwinden.<br />

2) Wenn in Bremen Gewalt, diskriminierende<br />

Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden,<br />

wende ich mich dagegen und setze mich<br />

dafür ein, dass offene Auseinandersetzungen<br />

mit diesem Problem stattfi nden, um gemeinsam<br />

Wege zu fi nden, einander zu achten.<br />

3) Ich setze mich dafür ein, dass in Bremen<br />

im nächsten Frühjahr der Jugend ein Tag in<br />

der Bürgerschaft gegeben wird. Dort soll mit<br />

Hilfe von Referenten, Workshops und vielem<br />

mehr Aufklärung über Aktivitäten im rechten<br />

Spektrum stattfi nden, um langfristig gegen<br />

jegliche Form von Diskriminierung, insbesondere<br />

<strong>Rassismus</strong>, vorzugehen.


Kommunale Partizipation<br />

Im Dezember 2005 konnten die SchülerInnen<br />

ihre Nichtdiskriminierungsagenden der<br />

Öffentlichkeit vorstellen. Um möglichst viele<br />

Menschen zu erreichen, produzierten sie die<br />

Zeitung „Q-rage“. Die Zeitung erschien bundesweit<br />

in einer Aufl age von 100.000 Exemplaren<br />

und wurde in Bremen und Chemnitz in<br />

einer Aufl age von 20.000 Exemplaren an den<br />

<strong>Schule</strong>n und Treffpunkten von Jugendlichen<br />

verteilt. Darüber hinaus wurde die Zeitung<br />

an alle SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n in Deutschland<br />

verschickt und am 3. Dezember der bundesweiten<br />

Ausgabe der „tageszeitung“ (taz) beigelegt.<br />

Werben um parlamentarische<br />

Mehrheiten<br />

Ab Januar 2006 trat das Projekt in seine entscheidende<br />

Phase. Die große Frage, die die<br />

SchülerInnen nun beschäftigte, war: Gelingt<br />

es uns, 70 Prozent der Parlamentarier für<br />

eine Unterschrift unter unsere jeweilige<br />

Nichtdiskriminierungsagenda zu gewinnen?<br />

In Bremen ging nun alles schnell über die<br />

Bühne. Vom 24. bis 26. Januar bauten die<br />

SchülerInnen in der Bürgerschaft einen Stand<br />

auf und warben bei den ein- und ausgehenden<br />

Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft<br />

um Unterschriften für ihre Agenda.<br />

Der Erfolg war durchschlagend. Ausnahmslos<br />

alle 84 Abgeordneten der Bürgerschaft<br />

unterschrieben fraktionsübergreifend<br />

die Selbstverpfl ichtung, in ihren Ressorts<br />

künftig den Bereich der Antidiskriminierungsarbeit<br />

stärker zu berücksichtigen und<br />

ab 2006 jährlich einen „Tag der Jugend“ zu<br />

diesem Thema durchzuführen. Selbst der<br />

Abgeordnete der rechtsextremen DVU<br />

drängte von sich aus zum Unterschreiben.<br />

Von den Jugendlichen deshalb zur Rede<br />

gestellt, meinte er: „Auch ich werde aufgrund<br />

meiner politischen Überzeugung diskriminiert.“<br />

Bremen ist damit bundesweit die erste<br />

Stadt, die den Titel „Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />

trägt. Am 11. 5. 2006 überreichten die SchülerInnen<br />

dem Präsidenten der Bürgerschaft,<br />

Christian Weber, in einem feierlichen Akt die<br />

Plakette „Bremen gegen <strong>Rassismus</strong> – Bremen<br />

mit Courage“. Sie wird am 29. 9. 2006 verbunden<br />

mit einem Festakt in der Bürgerschaft<br />

angebracht. An diesem Tag veranstal-<br />

29<br />

Bremer<br />

SchülerInnen<br />

starten ihre<br />

Unterschriftenaktion<br />

in<br />

der Bürgerschaft<br />

Foto: Roland<br />

Scheitz


30<br />

Chemnitzer<br />

SchülerInnen<br />

leisten vor<br />

Abgeordneten<br />

Überzeugungsarbeit<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />

tet die Bürgerschaft auch erstmals den von<br />

den Jugendlichen geforderten „Tag der<br />

Jugend“, um umfassend über rechtsextreme<br />

Aktivitäten in der Hansestadt und Umgebung<br />

zu informieren.<br />

Chemnitz<br />

Eine Delegation von 15 SchülerInnen<br />

besuchte am 27. 2. 2006 auf Einladung der<br />

Fraktionsvorsitzenden der PDS, CDU, SPD,<br />

Bündnis 90/Die Grünen und der FDP das Rathaus,<br />

um bei den 54 Stadträten persönlich für<br />

die Unterzeichnung der Agenda zu werben.<br />

Dreißig Minuten Zeit räumten die Abgeordneten<br />

der SPD und des Bündnis90/Die<br />

Grünen den SchülerInnen ein, um sie von<br />

dem Anliegen zu überzeugen. Alle zehn<br />

Stadträte der SPD und die drei Stadträte der<br />

Grünen unterzeichneten die Agenda. Ganz<br />

anders ging es ein paar Räume weiter zu.<br />

Dort ließen sich die vierzehn Stadträte der<br />

CDU und fünf Stadträte der FDP gemeinsam<br />

über das Projekt unterrichten. Ohne auch nur<br />

eine Unterschrift zu bekommen, verließen die<br />

SchülerInnen die Sitzung und wurden auf<br />

unbestimmte Zeit mit einer noch ausstehenden<br />

Entscheidung über die Unterzeichnung<br />

der Agenda vertröstet. Bei den fünfzehn<br />

Stadträten der PDS, der stärksten Fraktion im<br />

Chemnitzer Stadtrat, rannten die SchülerInnen<br />

offene Türen ein. Die meisten Abgeordneten<br />

waren bereits über das Projekt<br />

informiert und deshalb schnell bereit, die<br />

Agenda zu unterzeichnen.<br />

Zum Abschluss des Projekttages werden<br />

die SchülerInnen vom damaligen Chemnitzer<br />

Oberbürgermeister Dr. Peter Seifert (SPD)<br />

zum Gespräch eingeladen. Seifert unterzeichnet<br />

die Agenda und sichert seine Unterstützung<br />

zu. In den nächsten Wochen möchte er<br />

gemeinsam mit den Jugendlichen konkrete<br />

Schritte planen, um das Projekt „Chemnitz<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – Chemnitz mit Courage“<br />

umzusetzen.<br />

Die FDP-Fraktion entschließt sich nach<br />

einigen Tagen Bedenkzeit, die Nichtdiskriminierungsagenda<br />

zu unterschreiben. Und nach<br />

einem Besuch bei den beiden Stadträten der<br />

Kleinpartei „Perspektive“ haben insgesamt<br />

35 der 54 Delegierten die Agenda unterschrieben.<br />

Das sind 64,8 Prozent der Abgeordneten.<br />

Die Unterschriften von drei Abgeordneten<br />

fehlen, um das Quorum von 70 Prozent,<br />

eine stabile Zweidrittelmehrheit, zu<br />

erreichen.<br />

Die SchülerInnen verzichteten auf ein persönliches<br />

Gespräch mit den „Republikanern“.<br />

Sie wollen für ihre Nichtdiskriminierungsagenda<br />

nicht bei einer Partei werben, die sie<br />

mit verantwortlich für den Rechtsextremismus<br />

in der Stadt machen. Um die demokratisch<br />

gewählten Stadträte der „Republikaner“<br />

nicht völlig auszuschließen, setzten sie diese<br />

in einem Brief über ihr Projekt in Kenntnis.<br />

Die CDU-Fraktion bleibt bei ihrer harten<br />

Linie. Als Antwort auf die mehr als eineinhalbjährigen<br />

Bemühungen der Chemnitzer<br />

Jugendlichen schreibt die CDU am 7. 3. 2006<br />

einen offenen Brief an die Jugendlichen und<br />

erteilt ihnen eine endgültige Absage.<br />

Auch wenn die Chemnitzer Jugendlichen<br />

aufgrund der starren Haltung der CDU-<br />

Stadträte das Projektziel nicht vollständig<br />

erreichten, haben sie dennoch nicht verloren<br />

– im Gegenteil. Während der Projektlaufzeit<br />

sind vielfältige Aktivitäten der Jugendlichen<br />

entstanden, die nun mit Unterstützung der<br />

Stadträte von SPD, PDS, Bündnis 90/Die<br />

Grünen, FDP und der „Perspektive“ in die<br />

künftige Errichtung eines Jugendparlaments<br />

gemäß den Forderungen der Jugendlichen<br />

münden werden.


III. <strong>Themenfelder</strong><br />

Erinnerungskultur s Nationalsozialismus<br />

s Antisemitismus s Antiziganismus s<br />

Rechtsextremismus s Islam und<br />

Islamismus s Flucht und Asyl<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ beschäftigt sich<br />

keineswegs nur mit dem klassischen <strong>Rassismus</strong>, wie dies der<br />

Name des Projekts auf den ersten Blick nahe legen könnte. Im<br />

Zentrum der Aufmerksamkeit stehen in Deutschland alle<br />

Ungleichheits- und demokratiegefährdenden Ideologien.<br />

Foto: Kreisjugendring<br />

Nienburg<br />

31


32<br />

Berlin<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Erinnerungskultur<br />

Lernen aus der Vergangenheit für die Zukunft<br />

– dies macht das Thema „Erinnern und<br />

Gedenken“ zu einem wichtigen Pfeiler der<br />

Menschenrechtserziehung. Es schafft bei den<br />

Kindern und Jugendlichen Verständnis für<br />

die Notwendigkeit historischen Wissens.<br />

Darüber hinaus sensibilisiert „Erinnern und<br />

Gedenken“ für die Zusammenhänge zwischen<br />

gesellschaftlichen Entwicklungen und<br />

individuellen Reaktionsweisen, macht das<br />

Verhalten von Gruppen und Einzelpersonen<br />

verständlicher und lässt nicht zuletzt die<br />

Frage aufkommen: Wie hätte ich gehandelt?<br />

Erinnerungskultur nimmt heute in der<br />

<strong>Schule</strong> glücklicherweise einen breiten Raum<br />

ein. Soweit es sich um die Beschäftigung mit<br />

der Zeit des Nationalsozialismus handelt,<br />

können Lehrerinnen und Lehrer auf eine Vielzahl<br />

von Unterrichtsmaterialien zurückgreifen.<br />

Anders sieht es aus, wenn es um die<br />

Erinnerung an die SED-Diktatur in der DDR<br />

geht. Aus der Schulpraxis wissen wir, dass<br />

die Auseinandersetzung mit menschenverachtendem<br />

Handeln in dieser Epoche der jüngeren<br />

deutschen Vergangenheit noch in den<br />

Anfängen steckt, die Schülerinnen und Schüler<br />

häufi g unzulängliche Antworten auf ihre<br />

Fragen bekommen.<br />

Auf großes Interesse stößt inzwischen<br />

auch die Frage, wie in einer Einwanderungsgesellschaft<br />

mit der Erinnerungskultur<br />

umzugehen ist. Der Grund: Den Kindern aus<br />

Migrantenfamilien fehlen die unmittelbaren<br />

familiären Bezüge zur Zeit des Nationalsozialismus<br />

und zur Zeit der SED-Diktatur. Eine<br />

andere Frage, die sich in einer Einwanderungsgesellschaft<br />

wie Deutschland stellt,<br />

lautet: Inwieweit sollten historische Ereignisse<br />

in den Herkunftsländern im Bereich der<br />

Erinnerungskultur in Deutschland thematisiert<br />

werden? Zum Beispiel die Politik der<br />

ethnischen Säuberung im ehemaligen Jugoslawien.<br />

Oder der Genozid an den Armeniern<br />

im Osmanischen Reich. Oder die Vertreibung<br />

palästinensischer Familien im Kontext der<br />

Gründung des Staates Israel.<br />

Beispiel: Berlin<br />

Im Rahmen des Modellprojekts „Erinnern,<br />

Gedenken, Verantwortung – Gedenkkultur in<br />

der Einwanderungsgesellschaft“, das die<br />

Bundeskoordination von SOR-SMC in Zusammenarbeit<br />

mit dem Beauftragen für Integration<br />

und Migration des Berliner Senats,<br />

Günter Piening, 2005/2006 durchführte,<br />

wurde diesen Fragen nachgegangen. Mit<br />

SchülerInnen mit und <strong>ohne</strong> Migrationshintergrund,<br />

PädagogInnen und Vertretern von<br />

Migrantenorganisationen wurden vier Workshops<br />

durchgeführt, bei denen es um den<br />

Stellenwert des Erinnerns ging. Eine erste<br />

Auswertung von Ergebnissen der Workshops<br />

offenbart eine große Bandbreite von Problemen,<br />

die noch zu bewältigen sind.<br />

Einigkeit herrscht bei allen TeilnehmerInnen<br />

bezüglich der Sinnhaftigkeit, sich<br />

mit der Geschichte Deutschlands auszukennen<br />

und sich mit ihr auseinander zu setzen.<br />

Das Wissen um die konkreten historischen<br />

Begebenheiten ist jedoch sehr lückenhaft<br />

oder gerade bei SchülerInnen aus Haupt- und<br />

Realschulen kaum vorhanden. In einer siebten<br />

Klasse wusste zum Beispiel nur eine


Erinnerungskultur<br />

Schülerin Genaueres über den historischen<br />

Kontext, in dem die Berliner Mauer gebaut<br />

wurde. Alle anderen in Berlin geborenen<br />

SchülerInnen, die an den Workshops teilgenommen<br />

haben, verbanden mit der Berliner<br />

Mauer keine benennbaren Inhalte.<br />

SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />

wissen auch wenig über die Geschichte des<br />

Herkunftslandes ihrer Eltern. Typische Aussagen<br />

sind: „Bei uns war schon immer Krieg.<br />

Ich weiß nicht, warum“ (Libanon). „Atatürk<br />

ist der größte Herrscher, wer davor an der<br />

Macht war, weiß ich nicht“ (Türkei). „Wir<br />

hatten auch irgendwelche Probleme mit<br />

Hitler“ (Rumänien). Bei allen historischen<br />

Wissensdefi ziten macht zumindest die Haltung<br />

der SchülerInnen Mut. Die meisten von<br />

ihnen sind überzeugt, dass es sinnvoll ist,<br />

sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen.<br />

Als Begründung gaben die SchülerInnen an:<br />

„Man sollte über die vergangenen Kriege<br />

informiert sein, damit man neue verhindern<br />

kann.“ – „Das Wissen über frühere Erdbeben<br />

kann uns helfen, neue Sicherheitssysteme zu<br />

entwickeln.“ – „An den Nationalsozialismus<br />

sollten wir uns erinnern, damit die Ermordeten<br />

nicht vergessen werden.“<br />

Wie eine gemeinsame Erinnerungskultur<br />

im Einwanderungsland Deutschland künftig<br />

aussehen könnte, lässt sich noch nicht<br />

abschließend beschreiben. Aber so viel bleibt<br />

bereits heute festzuhalten: Beim Thema<br />

„Erinnern und Gedenken“ muss es in Zukunft<br />

verstärkt darum gehen, bei den Kindern die<br />

emotionale Fähigkeit zu entwickeln, für das<br />

Leiden anderer empfänglich zu sein, und<br />

darum, gesellschaftliche Konstellationen zu<br />

erkennen. Geschieht dies nicht, dürften auch<br />

noch so viele Fakten über Unterdrückung und<br />

Verfolgung wirkungslos bleiben. Es geht um<br />

einen von allen einnehmbaren Standpunkt,<br />

von dem aus historische Ereignisse gemeinsam<br />

betrachtet werden können, unabhängig<br />

von der persönlichen Nähe oder Ferne zu<br />

dem Ereignis. Die individuelle Beziehung zu<br />

historischen Ereignissen über biografi sche,<br />

familiäre Verbindungen muss zusätzlich als<br />

eigene Fragestellung bewusst einbezogen<br />

werden.<br />

Die Auswertung des Modellvorhabens<br />

„Erinnern, Gedenken, Verantwortung –<br />

Gedenkkultur in der Einwanderungsgesellschaft“<br />

wird Ende 2006 vorliegen.<br />

33<br />

Berlin<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Berlin<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


34<br />

Bundestagspräsident<br />

Wolfgang<br />

Thierse<br />

empfängt<br />

2004 Schüler<br />

der Edith-<br />

Stein-<strong>Schule</strong><br />

Foto: Werner<br />

Hillen<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Nationalsozialismus<br />

Kann die Beschäftigung mit dem Holocaust<br />

an den <strong>Schule</strong>n gegen Antisemitismus und<br />

<strong>Rassismus</strong> immunisieren? In den letzten<br />

Jahren ist in der Fachöffentlichkeit eine Diskussion<br />

über die Fragen entbrannt: „Wie<br />

sollte sich <strong>Schule</strong> mit dem Nationalsozialismus<br />

sechzig Jahre nach Ende des Zweiten<br />

Weltkrieges auseinander setzen? Und wie<br />

kann die Beschäftigung mit dem Thema in<br />

interkulturell gemischten Klassen aussehen?<br />

Und stimmt die Klage mancher SchülerInnen,<br />

dass sie über Gebühr mit der Zeit des Nationalsozialismus,<br />

die für sie weit in der Vergangenheit<br />

liegt, belästigt werden?“<br />

Die Historikerin Viola B. Georgi zumindest<br />

meint: „Die Idee, dass es reicht, Jugendliche<br />

durch Gedenkstätten zu schleusen, hat<br />

schon bei rechtsextremen Jugendlichen nicht<br />

funktioniert. Wichtig ist eine zeitgemäße<br />

Geschichtsverarbeitung, die sich interkulturell<br />

versteht und aktuelle Bezüge nicht<br />

scheut. Der Holocaust wird so auch zu einem<br />

Lernfeld der Menschenrechtsbildung. An ihm<br />

wird sichtbar, wohin die Missachtung von<br />

Menschenrechten führen kann.“ („taz“:<br />

13. 2. 2004).<br />

Bei der Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema Nationalsozialismus geht es weniger<br />

um die Quantität, sondern um die Frage: Wie<br />

kann man Kinder und Jugendliche persönlich<br />

ansprechen, damit sie bereit sind, sich mit<br />

Nationalsozialismus, Antisemitismus und<br />

dem Holocaust zu beschäftigen?<br />

Angesichts der Tatsache, dass sich nicht<br />

nur der biografi sche Abstand der SchülerInnen<br />

zum damaligen Geschehen vergrößert,<br />

sondern heute auch viele SchülerInnen<br />

aus nichtdeutschen Familien kommen, die<br />

keinen direkten Bezug zum Nationalsozialismus<br />

haben, stehen gegenwärtig andere<br />

Fragen im Zentrum als vor zwanzig, dreißig<br />

Jahren. Zum Beispiel: Warum hat die Mehrheit<br />

damals, als die jüdischen Nachbarn<br />

abgeholt wurden, nichts getan? Und kann<br />

das, was damals den Juden in Deutschland<br />

geschah, auch uns geschehen?<br />

Wenn auch das Ausmaß und die Radikalität<br />

des Holocaust und der NS-Zeit unver-


Nationalsozialismus<br />

gleichbar sind, so gibt es doch Elemente, die<br />

wir in vielen aktuellen Konfl ikten der Welt<br />

wiederfi nden. Dies zusammengenommen,<br />

macht es leichter, den Bogen zu spannen zu<br />

der Frage: Was machen wir denn heute? Wie<br />

wollen wir zusammenleben?<br />

Einige <strong>Schule</strong>n haben sich bei ihren Aktivitäten<br />

im Rahmen der Projektarbeit von<br />

SOR-SMC ganz dem Thema Nationalsozialismus<br />

verschrieben und setzen sich mit den<br />

Ereignissen in ihren Kommunen auseinander.<br />

Beispiel: Edith-Stein-<strong>Schule</strong> in<br />

Friedrichsthal<br />

Friedrichsthal ist eine Kleinstadt mit 10.000<br />

Einw<strong>ohne</strong>rn nahe Saarbrücken und direkt an<br />

der französischen Grenze gelegen. Am 20. 9.<br />

2002 wurde der Edith-Stein-<strong>Schule</strong> in Friedrichsthal<br />

als dritter <strong>Schule</strong> im Saarland der<br />

Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit<br />

Courage“ verliehen. In den zurückliegenden<br />

vier Jahren hat die <strong>Schule</strong> Projekte rund um<br />

das Thema „Nationalsozialismus“ durchgeführt,<br />

die bundesweit eine große Aufmerksamkeit<br />

erlangten.<br />

Zu ihrer Motivation schreiben die SchülerInnen:<br />

„Wir wollen es nicht hinnehmen, dass<br />

sich im Sulzbachtal, in dem unsere <strong>Schule</strong><br />

liegt, eine rechte Szene weiter ausbreitet.<br />

Deshalb wollen wir aufklären, wachrütteln,<br />

zum Nachdenken anregen und zur Zivilgesellschaft<br />

aufrufen. Um den rassistischen<br />

Tendenzen zu begegnen, ist eine Aufarbeitung<br />

unserer Geschichte dringend notwendig.“<br />

Dazu bot sich – unter Berücksichtigung<br />

regionaler Aspekte – das ehemalige Gestapo-<br />

Lager „Neue Bremm“ in Saarbrücken an.<br />

In knapp neun Monaten erarbeiteten die<br />

SchülerInnen die Ausstellung „Der Gewalt<br />

keine Chance! Schüler über Naziterror und<br />

Rechtsextremismus im Saarland“. Es entstanden<br />

30 Tafeln in der Größe 70 x 100 cm, die<br />

sich anhand von Fragestellungen mit dem<br />

Naziterror in der Heimatregion und den aktuellen<br />

Erscheinungsformen des Rechtsextremismus<br />

auseinander setzen.<br />

Bei der historischen Aufarbeitung stehen<br />

Fragen im Zentrum wie: Wie sah das<br />

Gestapo-Lager Neue Bremm in Saarbücken<br />

aus? Welche Häftlinge waren dort? Unter welchen<br />

Bedingungen wurden die Häftlinge<br />

interniert? Wie groß war die Zahl der Opfer?<br />

Wer waren die Täter? Wie wurden die Täter<br />

bestraft? Haben die Saarländer wirklich<br />

nichts gewusst?<br />

Bei der Auseinandersetzung mit dem aktuellen<br />

Rechtsextremismus behandelten die<br />

SchülerInnen Fragen wie: Warum schließen<br />

sich Jugendliche der rechten Szene an? Wie<br />

verführen rechtsextreme Gruppen die<br />

Jugendlichen? Was tun wir gegen rechts?<br />

Um dieses ambitionierte Projekt umzusetzen,<br />

öffnete sich die <strong>Schule</strong> und suchte sich<br />

lokale Kooperationspartner, die sie bei der<br />

Erstellung einer Ausstellung unterstützten.<br />

Partner waren unter anderem die Landeszentrale<br />

für politische Bildung, die Sparkasse<br />

Saarbrücken, die Initiative Neue Bremm, das<br />

Adolf-Bender-Zentrum und die Arbeitskammer<br />

des Saarlandes.<br />

Über die Entwicklung der Ausstellung<br />

schreiben die Jugendlichen: „Wir waren<br />

begeistert bei der Arbeit dabei, und die Arbeit<br />

im Team hat uns Spaß gemacht. Neben dem<br />

Recherchieren in Zeitschriften, Büchern und<br />

anderen Veröffentlichungen, was die meiste<br />

Zeit beanspruchte, dem Befragen von Zeitzeugen<br />

und dem mehrfachen Aufsuchen des<br />

35<br />

Tafel der<br />

Ausstellung<br />

zum Gestapo-<br />

Lager Neue<br />

Bremm


36<br />

Jean-Robert<br />

Dolméta<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Gestapo-Lagers Neue Bremm besuchten wir<br />

noch Ausstellungen, zogen Experten wie Elisabeth<br />

Thalhofer vom Historischen Institut<br />

der Universität des Saarlandes zurate, ebenso<br />

Dr. Albert, Direktor des Saarländischen<br />

Amtes für Verfassungsschutz.“<br />

Nach ihrer Fertigstellung war die Ausstellung<br />

bisher in 27 <strong>Schule</strong>n des Saarlandes, im<br />

benachbarten Rheinland-Pfalz und im Landtag<br />

des Saarlandes zu sehen. Darüber hinaus<br />

in Stuttgart, in Villingen-Schwenningen,<br />

Weimar und am „Tag für Demokratie“ 2005<br />

in Berlin.<br />

Als ein Zeichen der Anerkennung für die<br />

geleistete Arbeit wurde die gesamte Projektgruppe<br />

im Januar 2004 für vier Tage vom<br />

damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang<br />

Thierse nach Berlin eingeladen, um am 27.<br />

Januar an den offi ziellen Gedenkfeierlichkeiten<br />

für die Opfer des Nationalsozialismus<br />

im Reichstag teilzunehmen.<br />

Alle 30 Tafeln der Ausstellung können<br />

unter www.neue-bremm-online.de angesehen<br />

und heruntergeladen werden.<br />

Die späte Entschädigung<br />

Nach dieser intensiven Recherche-Arbeit über<br />

das Gestapo-Lager waren alle Unterlagen vorhanden,<br />

um für die Besucher, vor allem die<br />

Schulklassen, einen Flyer zu erstellen. Veröf-<br />

fentlicht wurde der Flyer zur Einweihung der<br />

neu gestalteten Gedenkstätte „Neue Bremm“<br />

am 08. 5. 2004. In Anwesenheit zahlreicher<br />

Zeitzeugen enthüllte die Projektgruppe an<br />

diesem Tag die 60 Meter lange Erinnerungsmauer<br />

und stellte danach ihren Flyer vor.<br />

Der ehemalige Häftling des Gestapo-<br />

Lagers Neue Bremm, Jean-Robert Dolméta<br />

aus Marseille, der ebenfalls anwesend war,<br />

wandte sich einige Tage später in einem Brief<br />

an die Projektgruppe, in dem er voll des<br />

Lobes ist über die geleistete Arbeit der SchülerInnen<br />

und um die Zusendung weiterer<br />

Exemplare des Flyers bat. Mehr als ein Jahr<br />

später, am 23. 12. 2005, erreichte die SchülerInnen<br />

erneut ein Brief von Jean-Robert Dolméta.<br />

Was sie darin lasen, erstaunte sie sehr.<br />

Der Flyer verhalf Dolméta zu einer fi nanziellen<br />

Entschädigung in Höhe von 7.700 Euro,<br />

nachdem seine Akte bereits 2001 geschlossen<br />

wurde. Er schreibt: „In Ihrem Flyer wird<br />

darauf hingewiesen, dass dieses erweiterte<br />

Polizeigefängnis nicht nur ein Durchgangslager<br />

war, sondern auch ein Disziplinierungslager<br />

für Zwangsarbeiter. Das war mein schlagkräftigster<br />

Beweis für meine nun erfüllte Entschädigungsforderung.<br />

Das Gestapo-Lager<br />

Neue Bremm ist nun von der Internationalen<br />

Organisation für Migration in Genf als<br />

Arbeitserziehungslager und Strafl ager anerkannt.“<br />

Beispiel: Steinbrink-Grundschule<br />

in Dortmund-Wickede<br />

Die Steinbrink-Grundschule in Dortmund-<br />

Wickede, bereits seit 1998 SOR-SMC, zeigt,<br />

dass die Arbeit zum Thema Antisemitismus<br />

nicht nur auf die Sekundarstufe beschränkt<br />

sein muss, sondern bereits in der Grundstufe<br />

in beeindruckender Form realisiert werden<br />

kann.<br />

Angestoßen durch eine Projektwoche mit<br />

dem Titel „Alle anders – alle gleich“ begaben<br />

sich SchülerInnen einer vierten Klasse auf die<br />

Spuren jüdischer Familien in Dortmund-<br />

Wickede während des Nationalsozialismus.<br />

Die meisten der aufgegriffenen Biografi en<br />

endeten in einem der vielen Konzentrationslager.<br />

Unter den ermordeten jüdischen Einw<strong>ohne</strong>rn<br />

Wickedes waren auch viele Kinder<br />

im gleichen Alter wie die Grundschüler


Nationalsozialismus<br />

selbst. Nahe liegend war deshalb die Frage:<br />

Wie sah das Schicksal und die Qual der<br />

Altersgenossen von damals aus? Ein Zeitzeugengespräch<br />

mit Maria Dülken, Überlebende<br />

des Holocaust, beantwortete den Kindern<br />

viele ihrer Fragen auf sehr einprägsame<br />

Weise.<br />

Für die Kinder war von nun an klar: Sie<br />

wollen sich weiter engagieren. Der jüdische<br />

Friedhof neben ihrer <strong>Schule</strong> wird zum Ort, an<br />

dem sie selbst gegen das Vergessen arbeiten<br />

können. In regelmäßigen Einsätzen befreien<br />

die Grundschulkinder den Friedhof von<br />

Unkraut und Unrat und versuchen die Grabsteine<br />

zu reinigen, so dass zumindest die<br />

Namen der Toten wieder lesbar werden. Die<br />

inhaltliche Arbeit zum Thema Judenverfolgung<br />

wird in den kommenden Jahren und<br />

damit auch mit den nachfolgenden Jahrgängen<br />

von Grundschülern fortgesetzt. Es entsteht<br />

die Idee, das Schicksal der jüdischen<br />

Familien Wickedes breiter sichtbar zu<br />

machen. 2002 kann dieses Vorhaben vollendet<br />

werden. In einem großen Festakt, an dem<br />

auch der damalige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens,<br />

Wolfgang Clement, teilnimmt,<br />

wird das „Denkmal gegen das Vergessen“<br />

eingeweiht. In seiner Rede würdigte<br />

er die Arbeit der Kinder und der ErzieherInnen,<br />

die sich mit einem wichtigen Thema<br />

beschäftigt und gegen anfängliche Widerstände<br />

in der Bevölkerung durchgesetzt<br />

hätten: „Doch diese (Bedenken) verblassen,<br />

wenn man das Ergebnis sieht“, so Clement.<br />

Zentral sei, dem Erinnern einen Ausdruck zu<br />

verleihen, denn „nur wenn Menschen einen<br />

Namen und somit ein Gesicht haben, werden<br />

sie nicht vergessen“. Hieraus gelte es Lehren<br />

für die Gegenwart und die Zukunft zu ziehen.<br />

Mit dem Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage“ habe sich die Steinbrink-Grundschule<br />

auf den Weg für Toleranz<br />

und Zivilcourage gemacht.<br />

37<br />

Gedenkstätte<br />

Gestapo-<br />

Lager Neu<br />

Bremm<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


38<br />

Plakat der<br />

KGS Rastede<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Antisemitismus<br />

Antisemitismus wird als Sammelbegriff zur<br />

Kennzeichnung unterschiedlich motivierter<br />

individueller und kollektiver antijüdischer<br />

Einstellungen und Handlungen verwendet.<br />

Diese Breite in der Defi nition macht den<br />

Begriff schwer fassbar. Seine Erscheinungsformen<br />

reichen von einem antiken Antijudaismus<br />

über Verfolgungen und Pogrome im Mittelalter<br />

bis hin zu einer rassistisch motivierten<br />

Judenfeindschaft ab dem 19. Jahrhun-<br />

dert. Diese fand in der industriellen Vernichtung<br />

der Juden in Deutschland und Europa<br />

während des Nationalsozialismus ihren<br />

Höhepunkt.<br />

Nach 1945 besteht der Antisemitismus<br />

fort. Es zeigen sich neben den bekannten<br />

antijüdischen Argumentationsmustern auch<br />

neue, die teilweise in der Geschichte der<br />

Juden als Opfer von Verfolgung und Mord<br />

selbst motiviert sind. Den Juden wird unterstellt,<br />

sie versuchten aus den erlittenen<br />

Qualen Profi t zu schlagen (sekundärer Antisemitismus).<br />

Weitere antisemitische Vorurteile<br />

werden aus dem Handeln des Staates<br />

Israel und aus einer angeblichen Bevorzugung<br />

in verschiedenen Bereichen abgeleitet.<br />

Gegenwärtige Erscheinungsformen des<br />

Antisemitismus werden von neonazistischen<br />

Gruppen und darüber hinaus von islamistischen<br />

Gruppen sowie von zu Verschwörungstheorien<br />

neigenden Globalisierungskritikern<br />

aus den linken und rechtsextremen Lagern<br />

propagiert. Immer wieder geistern Theorien<br />

von undurchschaubaren Netzwerken, die die<br />

globale Ökonomie kontrollieren und für soziale<br />

Verwerfungen in den einzelnen Ländern<br />

verantwortlich zeichnen, durch die Diskussionen.<br />

Drahtzieher dieser Netzwerke seien<br />

„die Juden“, gegen die man sich, so wird<br />

gefordert, zur Wehr setzen müsse. Antisemitische<br />

Äußerungen können also ganz unterschiedlich<br />

motiviert sein, und es bedarf einer<br />

genauen Analyse der Hintergründe, um adäquate<br />

Handlungsstrategien zu entwickeln.<br />

Auch im Schulkontext wird Antisemitismus<br />

in verschiedenen Formen thematisiert<br />

und ist fest im Curriculum verankert. Ein Beispiel<br />

hierfür ist das bereits ausgeführte,<br />

Engagement der Steinbrink-Grundschule in<br />

Dortmund. Dieses steht stellvertretend für<br />

viele Formen der Auseinandersetzung mit<br />

dem Thema Antisemitismus an einer großen<br />

Zahl von <strong>Schule</strong>n in der Bundesrepublik.<br />

Die Erfahrungen aus dem Schulalltag<br />

sowie die Ergebnisse vieler wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen zeigen jedoch, dass<br />

vermehrt aktuelle Formen von Antisemitismus<br />

Einzug in die <strong>Schule</strong>n halten. Immer<br />

wieder sehen sich LehrerInnen mit antisemitischen<br />

Argumenten konfrontiert, die weniger<br />

auf einem nationalsozialistischen Antisemitismus<br />

fußen als vielmehr auf einem sekundären<br />

oder islamistisch motivierten Antisemitismus.<br />

Ein 16-jähriger Schüler wirbt zum<br />

Beispiel unter seinen Klassenkameraden für<br />

die Teilnahme am antisemitischen Aufmarsch<br />

islamistischer Gruppen zum „Al-Quds-Tag“.<br />

Ein anderer Schüler berichtet in einem Referat<br />

zum Thema Globalisierung über das


Antisemitismus<br />

jüdisch kontrollierte Finanzkapital der amerikanischen<br />

Ostküste, das verantwortlich dafür<br />

sei, dass auch unter den Eltern seiner Mitschüler<br />

immer mehr Arbeitslose zu fi nden<br />

seien. An einer dritten <strong>Schule</strong> stellt eine 17jährige<br />

Oberstufenschülerin im Politik-Prüfungskurs<br />

ihren MitschülerInnen Thesen aus<br />

Norman Finkelsteins Buch „Die Holocaust-<br />

Industrie“ vor. Sie lauten: Jüdische Organisationen<br />

und Interessenverbände sowie renommierte<br />

wissenschaftliche Institutionen und<br />

„im jüdischen Besitz befi ndliche“ Medien<br />

ziehen aus den Leiden des Holocaust unermesslichen<br />

fi nanziellen Profi t und haben in<br />

den Nachkriegsjahrzehnten ein nicht zu überschauendes<br />

Netzwerk an politischem und<br />

medialem Einfl uss aufgebaut.<br />

In den Lehrplänen taucht das Thema Antisemitismus<br />

in der Regel nur in einer Auseinandersetzung<br />

mit den Geschehnissen bis<br />

1945 auf. Für den Umgang mit aktuelleren<br />

Formen judenfeindlicher Aussagen oder<br />

Handlungen sind die LehrerInnen oftmals<br />

nicht vorbereitet. Aus diesem Grund hat die<br />

Bundeskoordination von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage“ gemeinsam mit<br />

dem „Bündnis für Demokratie und Toleranz“<br />

im Jahr 2004 parallel zur OSZE-Konferenz<br />

Open-Space-Veranstaltungen zum Thema<br />

konzipiert und durchgeführt. Unter dem<br />

bewusst provokativ gehaltenen Titel „Was<br />

ich den Juden schon immer einmal sagen<br />

wollte …“ wurde nach Assoziationen der<br />

SchülerInnen zum Thema Antisemitismus<br />

gefragt.<br />

In dieser offen angelegten Methode setzen<br />

sich die Jugendlichen eigene Themen, die sie<br />

selbstständig bearbeiten. Entgegen der<br />

„reinen Lehre“ des Open Spaces wurde den<br />

Jugendlichen bei diesen Veranstaltungen<br />

jedoch eine Stütze angeboten. Während der<br />

Diskussion in ihrer Kleingruppe konnten die<br />

Jugendlichen sich von ExpertInnen inhaltlich<br />

beraten lassen und Fachkenntnisse für die<br />

weiteren Gespräche in der Gruppe abholen.<br />

Zu komplex erschien das Themenfeld, um die<br />

sehr heterogen zusammengestellten Gruppen<br />

völlig auf sich zu stellen. Der Kreis der<br />

erwachsenen Experten setzte sich aus Personen<br />

mit muslimischem und jüdischem Hintergrund,<br />

aus Pädagogen und Islamwissen-<br />

schaftlern sowie Geschichtslehrern zusammen,<br />

sodass zu einer Vielzahl von Themen<br />

adäquat Auskunft gegeben werden konnte.<br />

Die Ergebnisse der selbstständigen Themenfi<br />

ndung: Lediglich drei von zehn Arbeitsgruppen<br />

beschäftigten sich explizit mit der<br />

Judenverfolgung im Nationalsozialismus. Die<br />

anderen sieben Gruppen setzten sich mit<br />

aktuellen Vorurteilen gegenüber Juden auseinander.<br />

Themen waren hier unter anderem:<br />

„Haben die Juden ein Recht auf ein eigenes<br />

Land?“, „Warum wird eigentlich von ,den<br />

Juden‘ gesprochen?“<br />

Insbesondere das hohe Interesse an aktuellen<br />

Fragen im Spektrum des Antisemitismus<br />

sowie das Feedback der SchülerInnen<br />

zeigte, dass viele Aspekte im Schulunterricht<br />

nicht oder nur unzureichend bearbeitet<br />

werden. Sie sind jedoch für die Auseinandersetzung<br />

mit dem Antisemitismus im 21. Jh.<br />

von zentraler Bedeutung. Den teilnehmenden<br />

SchülerInnen und LehrerInnen bietet dieser<br />

Open Space Anregungen für die weitere Diskussion<br />

eines komplexen Querschnittthemas<br />

im Schulunterricht.<br />

Für „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<strong>Schule</strong> mit<br />

Courage“ ist die Auseinandersetzung mit dem<br />

Antisemitismus nicht erst seit dieser Veranstaltung<br />

ein übergeordnetes Themenfeld.<br />

Regelmäßig werden Seminare angeboten, die<br />

sich explizit mit neueren Erscheinungsformen<br />

des Antisemitismus auseinander setzen. Darüber<br />

hinaus spielt der Antisemitismus auch<br />

als Querschnittthema bei der Konzeption und<br />

Umsetzung von Seminaren und Workshops<br />

beispielsweise zu den Bereichen Rechtsextremismus<br />

oder Islamismus immer eine zentrale<br />

Rolle.<br />

39<br />

Open Space in<br />

Köln<br />

Foto: Hacky<br />

Hagemeier


40<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Antiziganismus<br />

Zigeuner klauen, sind dreckig, wollen nicht<br />

arbeiten und ziehen in Wohnwagen durch<br />

Europa, machen aber gute Musik. So oder<br />

ähnlich lauten die Vorurteile in einer durchschnittlichen<br />

Schulklasse, wenn die Rede auf<br />

Sinti und Roma kommt. Sind in dieser Klasse<br />

SchülerInnen mit Migrationshintergrund,<br />

werden die Vorurteile noch durch Stereotype<br />

und Sprichwörter aus den Herkunftsländern<br />

ergänzt.<br />

Offener oder latenter Antiziganismus verbindet<br />

SchülerInnen unabhängig davon, ob<br />

sie beziehungsweise ihre Eltern aus dem ehemaligen<br />

Jugoslawien, der Türkei, Polen, aus<br />

arabischen Ländern oder eben Deutschland<br />

kommen. Neben der Vernichtung der Sinti<br />

und Roma während des Nationalsozialismus<br />

sind die aktuellen Haltungen Grund genug,<br />

um sich mit dem Antiziganismus zu beschäftigen.<br />

Beispiel: Kooperative<br />

Gesamtschule Rastede<br />

Rastede ist ein 20.000-Einw<strong>ohne</strong>r-Städtchen<br />

im Landkreis Ammerland und liegt acht Kilometer<br />

nördlich von Oldenburg. In der Stadt<br />

gibt es neben sechs Grundschulen die Kooperative<br />

Gesamtschule (KGS) Rastede. Die KGS<br />

trägt seit 2001 den Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage“, aber bereits seit<br />

1998 setzt sich die Arbeitsgemeinschaft „Für<br />

den Frieden“ intensiv mit dem Gedenken an<br />

die Opfer des Nationalsozialismus auseinander.<br />

Die Wahl der Paten unterstreicht das<br />

Profi l der Projektarbeit der KGS: Neben<br />

Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats<br />

Deutscher Sinti und Roma, unterstützen<br />

Sara Ruth Schumann von der Jüdischen<br />

Gemeinde Oldenburg und der Bremer Rapper<br />

Flow In Immo die SchülerInnen. Neben dem<br />

Antisemitismus legt die <strong>Schule</strong> einen Schwerpunkt<br />

auf das Thema Sinti und Roma.<br />

Die SchülerInnen begreifen dabei die Ausführungen,<br />

die Romani Rose im ehemaligen<br />

Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau<br />

machte, als Auftrag. Rose mahnte im August<br />

2004 anlässlich des 60. Jahrestages der<br />

Ermordung der letzten 2.987 Sinti und Roma<br />

in Auschwitz-Birkenau: „Zu Recht werden die<br />

Gefahren eines wachsenden Antisemitismus<br />

international immer wieder benannt. Hingegen<br />

fi ndet die Besorgnis erregende Zunahme<br />

rassistischer Gewalt gegenüber den Sinti und<br />

Roma, der größten Minderheit in Europa, in<br />

Politik und Öffentlichkeit längst nicht die notwendige<br />

Beachtung. Ich appelliere deshalb<br />

an diesem Ort an die Vertreter der Regierungen,<br />

dem <strong>Rassismus</strong> gegenüber Sinti und<br />

Roma mit der gleichen Entschiedenheit entgegenzutreten.“<br />

Bei ihrem Engagement lassen sich die<br />

SchülerInnen von folgender Handlungsmaxime<br />

leiten: „Der Antiziganismus fällt in die<br />

Verantwortlichkeit von uns Nicht-Sinti, von<br />

uns Nicht-Roma. Der Antiziganismus betrifft<br />

die Sinti und Roma, aber wir sind es, die den<br />

Sinti und Roma den Eintritt in das Menschsein<br />

nicht gestatten. Zum Nachteil der Sinti<br />

und Roma und zum Nachteil von uns allen.<br />

Denn dadurch demontieren wir die Demokratie<br />

und die Zivilgesellschaft. Deshalb sind wir<br />

es auch, die für eine Verbesserung verantwortlich<br />

sind.“<br />

Hier ein Auszug von Aktivitäten der KGS<br />

Rastede zum Thema Sinti und Roma:


Antiziganismus<br />

s 27. 1. 2000 – Tag des Gedenkens an die<br />

Opfer des Nationalsozialismus<br />

Wir zeigen die Ausstellung „Sinti und Roma –<br />

Bürger dieses Staates“ und präsentieren in<br />

der Aula eine szenische Lesung. Am Beispiel<br />

der Mulfi nger Kinder gedenken wir der Sinti<br />

und Roma, die Opfer des nationalsozialistischen<br />

Völkermordes geworden sind.<br />

s 17. 10. 2000 – Schüler und Schülerinnen<br />

gemeinsam gegen rechts<br />

2.000 SchülerInnen demonstrieren in Rastede<br />

gegen Rechtsextremismus, <strong>Rassismus</strong> und<br />

Faschismus. Hauptredner der Veranstaltung<br />

ist Silvio Peritore (Dokumentations- und Kulturzentrum<br />

Deutscher Sinti und Roma). Er<br />

prangert die aktuellen Taten der Rechtsextremisten<br />

an und stellt den Völkermord an den<br />

Sinti und Roma und die aktuelle Diskriminierung<br />

seiner Minderheit dar.<br />

s 1. 3. bis 16. 3. 2003 – Ausstellung „Der<br />

nationalsozialistische Völkermord an den<br />

Sinti und Roma“<br />

Im Forum der KGS Rastede zeigen wir die<br />

Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums<br />

Deutscher Sinti und Roma.<br />

s 5. 11. 2003 – „Schimpft uns nicht Zigeuner!“<br />

Romani Rose besucht unsere „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“. Unser Pate<br />

diskutiert zwei Stunden mit 350 SchülerInnen<br />

in der vollbesetzten Aula.<br />

s 2./3. 8. 2004 – 60. Jahrestag der Ermordung<br />

der letzten 2.987 Sinti und Roma in<br />

Auschwitz-Birkenau<br />

Auf Einladung des Zentralrats Deutscher<br />

Sinti und Roma fahren wir mit 13 SchülerInnen<br />

nach Auschwitz. Zum 60. Jahrestag<br />

der Ermordung der letzten 2.987 Sinti und<br />

Roma verlesen wir zwei Tage lang auf dem<br />

Gelände des Vernichtungslagers die Namen<br />

aller 21.000 Sinti und Roma, die dort ermordet<br />

wurden. In der Nacht halten wir im<br />

„Zigeunerlager“ B II e eine Mahnwache. Wir<br />

nehmen an der offi ziellen Gedenkveranstaltung<br />

teil und treffen mit der Delegation des<br />

Zentralrats Deutscher Sinti und Roma zusammen.<br />

s 22. 3. 2005 – Kultur-Workshop: Ein<br />

Mahnmal für die Sinti und Roma<br />

Unser Kultur-Workshop fordert den Bau des<br />

Mahnmals, das in Berlin an die vom Natio-<br />

nalsozialismus ermordeten Sinti und Roma<br />

erinnern soll. Eingeladen sind Ewald Hanstein<br />

(Bremer Sinti-Verein und Überlebender<br />

des Holocaust), Silvio Peritore und Hilka<br />

Koch (wortstatt). Der Workshop mündet in<br />

eine Unterschriftenkampagne, die wir in<br />

zahlreichen Städten Deutschlands durchführen.<br />

Auf dem Saarbrücker Bundeskongress<br />

aller „<strong>Schule</strong>n <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong>n mit<br />

Courage“ im Juni 2005 bieten wir einen<br />

Workshop an und sammeln Unterschriften.<br />

Im September senden wir ca. 2.000 Unterschriften<br />

an Bundeskanzler Schröder.<br />

s 16. 6. 2005 – „Auf Wiedersehen im<br />

Himmel“ – Autorenlesung mit Michail<br />

Krausnick<br />

Michail Krausnick liest aus seinem Jugendbuch<br />

„Auf Wiedersehen im Himmel – Die<br />

Geschichte der Angela Reinhardt“. SchülerInnen<br />

der 9. und 10. Jahrgänge diskutieren<br />

mit dem Jugendbuchautor über die Verfolgung<br />

der 12-jährigen Sintizza durch die<br />

Nationalsozialisten.<br />

41<br />

Ankündigung<br />

einer Autorenlesung<br />

an der<br />

KGS Rastede


42<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Rechtsextremismus<br />

Aktion, Rebellion und Kameradschaft – das<br />

ist, was rechtsextreme Gruppen Jugendlichen<br />

anbieten. Vor allem dort, wo es an attraktiven<br />

Angeboten der Jugendarbeit fehlt und demokratische<br />

Jugendszenen nur schwach ausgeprägt<br />

sind. In den zurückliegenden 17 Jahren<br />

hat sich in vielen Regionen Ostdeutschlands<br />

eine lebendige rechtsextreme Jugendszene<br />

etabliert. Mit Konzerten, politischer Schulung,<br />

Wochenendlagern und einem rebellischen,<br />

politisch unkorrekten Dresscode<br />

gelingt es rechtsextremen Gruppen, stets<br />

neuen Nachwuchs zu rekrutieren. Nicht nur<br />

in Ostdeutschland. Auch in Niedersachsen,<br />

Bremen, Ostbayern, Baden-Württemberg oder<br />

im Saarland machen Rechtsextreme mobil<br />

und Andersdenkenden das Leben schwer.<br />

Viele SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n setzen sich gegen<br />

rechtsextreme Aktivitäten in ihrem direkten<br />

Umfeld zur Wehr. Sie informieren, debattieren<br />

und stellen sich, wenn es sein muss, den<br />

Neonazis auch direkt in den Weg.<br />

Beispiel: Gymnasium am<br />

Wall in Verden<br />

Der 21. 4. 2004 ist ein Wendepunkt im Leben<br />

des damals 19-jährigen Schülers Fabian Lohmann.<br />

An diesem Abend besucht er eine<br />

Informationsveranstaltung der GEW zum<br />

Rechtsextremismus in der Region. Bereits<br />

kurz nach Beginn der Veranstaltung stürmen<br />

über 30 Neonazis das Gebäude. Sie sind mit<br />

Tränengas und Schlagstöcken bewaffnet.<br />

Später stellt sich heraus, dass auch Mitglieder<br />

der JN/NPD an dem Überfall beteiligt waren.<br />

Dieser Übergriff ist ein vorläufi ger Höhepunkt<br />

neonazistischer Aktivitäten in Verden<br />

und Umgebung. Seit Monaten verteilen<br />

Anhänger der JN/NPD Verden-Rotenburg<br />

Flugblätter und Zeitungen vor den <strong>Schule</strong>n im<br />

Landkreis. Zeitgleich kauft der Rechtsanwalt<br />

und bekennende Neonazi Jürgen Rieger im<br />

April 2004 in der Nähe den Heisenhof, einen<br />

ehemaligen Bundeswehr-Stützpunkt, für<br />

250.000 Euro.<br />

Der Heisenhof bietet gut 300 Personen<br />

Platz. Schulungsräume, Schießstände, unterirdische<br />

Bunker – ein perfekter Spielplatz für<br />

Nachwuchsnazis. Rieger kündigt an, auf dem<br />

Gelände Tagungen durchzuführen. Die<br />

Bew<strong>ohne</strong>r der Region sind beunruhigt.<br />

Für Fabian Lohmann ist klar: Wir müssen<br />

etwas gegen die Neonazis unternehmen. Lohmann,<br />

Schülersprecher des Gymnasiums am<br />

Wall (GaW), stößt im Frühjahr 2004 über das<br />

Internet auf das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage“ und kann seine<br />

<strong>Schule</strong> recht schnell für die Idee begeistern.<br />

Zu ihrer Motivation schreiben die Schüler in<br />

ihrer Zeitung „KONTrassT“ im Januar 2005:<br />

„Wir haben die Arbeitsgemeinschaft ,<strong>Schule</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – GaW mit Courage‘ gegründet,<br />

weil wir nicht mehr tatenlos zuschauen<br />

wollten, wie die Neonazis hier immer mehr<br />

Fuß fassen. Wir wollen aktiv werden gegen<br />

die Machenschaften der hirnlosen Rechtsextremen.<br />

Verden darf unter keinen Umständen<br />

ein erfolgreicher Stützpunkt der Nationa-


Rechtsextremismus<br />

listen werden. Wir wollen Zeichen setzen,<br />

indem wir uns öffentlich gegen Rechtsextremismus,<br />

Neofaschismus und Neonazismus<br />

aussprechen und uns für die Notwendigkeit<br />

von Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen<br />

Kulturkreisen einsetzen.“<br />

In einem ersten Schritt laden die SchülerInnen<br />

Experten ein, die über die Aktivitäten<br />

rechtsextremer Gruppen in der Region informieren.<br />

„Wie gravierend das Problem Rechtsextremismus<br />

hier bei uns ist, war uns selber<br />

lange Zeit nicht klar“, berichten die SchülerInnen.<br />

Parallel dazu werben aktive SchülerInnen<br />

für die Idee von SOR-SMC und planen<br />

die Schritte, um die Voraussetzungen einer<br />

SOR-SMC-<strong>Schule</strong> zu erfüllen. Innerhalb weniger<br />

Tage sind die notwendigen Unterschriften<br />

gesammelt, um eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong> zu<br />

werden.<br />

Mit SOR-SMC haben die Aktiven die richtige<br />

Aktionsform für ihre <strong>Schule</strong> gefunden.<br />

Die MitschülerInnen sind begeistert von dem<br />

Projekt, und das GaW startet im Herbst 2004<br />

richtig durch. Die <strong>Schule</strong> nimmt an Demonstrationen<br />

in Verden und Achim teil und unterstützt<br />

im September 2004 das vom „Verdener<br />

Bündnis gegen Rechts“ organisierte Konzert<br />

„Aufmucken gegen Rechts“.<br />

Große Solidarität der Medien<br />

Die SchülerInnen des Gymnasiums am Wall<br />

haben Glück. Die Medien zeigen großes Interesse<br />

an ihren Aktivitäten. Neben zahlreichen<br />

Artikeln in den lokalen Tageszeitungen<br />

erscheint im Herbst 2004 in der „taz“ bundesweit<br />

eine große Reportage über die<br />

Arbeitsgemeinschaft „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– GaW mit Courage“. Eine außergewöhnliche<br />

Kooperation entsteht mit der Bremer Tageszeitungen<br />

AG. Sie übernimmt kostenlos das<br />

Layout und den Druck des Schülermagazins<br />

„KONTrassT – kontra <strong>Rassismus</strong>“. Das Magazin<br />

erscheint erstmals zur SOR-SMC-Titelverleihung<br />

am 26. 1. 2005 in einer Aufl age von<br />

8.000 Exemplaren und berichtet ausführlich<br />

über den Heisenhof und andere rechtsextreme<br />

Aktivitäten in der Region. Im<br />

Sommer 2005 erscheint die zweite Ausgabe<br />

des Schülermagazins.<br />

Aus der Schülerzeitung „KONTrassT“<br />

heraus gründet sich Anfang 2005 ein gleich-<br />

namiges Schülerbündnis, an dem sich neben<br />

den Aktiven des Gymnasiums am Wall auch<br />

SchülerInnen aus anderen <strong>Schule</strong>n Verdens<br />

und dem Umland beteiligen. Eine Internetseite<br />

wird eingerichtet, die über Termine und<br />

Aktionen informiert. Erstmals in der<br />

Geschichte Verdens entsteht ein schulübergreifendes<br />

Bündnis von Kindern und Jugendlichen,<br />

das sich in das politische Geschehen<br />

der Stadt einmischt.<br />

Die Neonazis lassen sich von der Gegenwehr<br />

der Bürger zunächst nicht beeindrucken.<br />

Immer wieder bekleben sie reihenweise<br />

Plakatwände mit ihrer Propaganda. Doch wo<br />

immer sie in den Jahren 2004 und 2005 auftauchen,<br />

bekommen sie bald Gegenwind.<br />

43<br />

Schülerdemonstration<br />

in Verden<br />

2005<br />

Foto: Mark<br />

Mühlhaus/<br />

Attenzione


44<br />

Verden –<br />

2. April 2005<br />

Foto: Mark<br />

Mühlhaus/<br />

Attenzione<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Organisiert wird er vom „Verdener Bündnis<br />

gegen Rechtsextremismus, für Demokratie<br />

und Toleranz“. Ihm gehören neben dem Wall-<br />

Gymnasium auch Gewerkschaften, Parteien,<br />

Kirchengemeinden und viele Einzelpersonen<br />

an.<br />

Einer Nazi-Demonstration am 2. 4. 2005<br />

setzt das Bündnis ein großes buntes Fest entgegen.<br />

Das Schülerbündnis KONTrassT organisierte<br />

eine friedliche Schülerdemonstration,<br />

die vor dem Gymnasium am Wall startete<br />

und an der über 1.500 Menschen teilnahmen.<br />

„Trotz Panikmache der Polizei im Vorfeld,<br />

dass die Demo von gewaltbereiten Autonomen<br />

unterlaufen werden könnte, gab es<br />

keine gewalttätigen Ausschreitungen“, schreiben<br />

die SchülerInnen in der zweiten Ausgabe<br />

von „KONTrasst“. Und weiter berichten sie:<br />

„Fernab von den Menschenmengen haben wir<br />

außerdem eine Kehraus-Aktion gemacht. Mit<br />

weißen Schutzanzügen, Warnwesten, Schutzhelmen<br />

und diversem Reinigungsgerät<br />

bewaffnet, haben wir uns zu zehnt an die<br />

Fersen der Neonazis geheftet, um den braunen<br />

Müll von der Straße zu fegen.“<br />

Die SchülerInnen haben seit 2004 bei all<br />

ihren Aktivitäten gegen die rechtsextremen<br />

Umtriebe in der Region eine Menge gelernt.<br />

Dazu gehören: der Umgang mit Medien, die<br />

Erstellung von Informationsmaterial und zwei<br />

Ausgaben des Schülermagazins „KON-<br />

TrassT“, die Planung, Organisation und<br />

inhaltliche Ausgestaltung von Projekttagen<br />

an der <strong>Schule</strong>, die Zusammenarbeit mit<br />

außerschulischen Partnern wie Parteien, Kirchengemeinden,<br />

Gewerkschaften, Geschäftsleuten<br />

und Einzelpersonen.<br />

Darüber hinaus führen die SchülerInnen<br />

intensive Diskussionen über das richtige Verhältnis<br />

von direkter politischer Aktivität und<br />

langfristigem zivilgesellschaftlichem Engagement.<br />

So schreiben sie im Anschluss an das<br />

Großereignis vom 2. 4. 2005 anlässlich der<br />

Demonstration der Neonazis: „Der 2. April<br />

war wichtig, um ein Zeichen zu setzen und<br />

um Gesicht gegen Rechtsextremismus, <strong>Rassismus</strong><br />

und Fremdenfeindlichkeit zu zeigen.<br />

Aber es ersetzt keinesfalls die thematische<br />

und alltägliche Auseinandersetzung mit<br />

diesem Problem. Der Kampf gegen Rechtsextremismus<br />

darf nicht auf solche punktuellen<br />

Aktionen beschränkt sein, er muss im<br />

Kleinen, jeden Tag im Alltag praktiziert<br />

werden. Zivilcourage heißt, an solchen Tagen<br />

präsent sein – ja, keine Frage! Zivilcourage<br />

heißt aber auch viel mehr: täglich sensibel<br />

gegenüber Diskriminierungen und Fremdenhass<br />

zu sein und darauf mit Mut zu reagieren.“


Islam und Islamismus<br />

Der Islamismus ist eine dem Rechtsextremismus<br />

durchaus vergleichbare Ideologie. Trotzdem<br />

ist die Auseinandersetzung mit diesen<br />

beiden totalitären Weltanschauungen auch an<br />

SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n sehr unterschiedlich.<br />

Während sich die Kollegen über die neuesten<br />

Symbole und Musikrichtungen der rechtsextremen<br />

Szene informieren, SchülerInnen<br />

die von der NPD vor den Schulhöfen verteilten<br />

Musik-CDs demonstrativ in große braune<br />

Mülltonnen werfen, fehlt es bei der Auseinandersetzung<br />

mit dem Islamismus an vergleichbarer<br />

Konsequenz.<br />

Mit ideologischer Blindheit hat das nur<br />

selten zu tun. Die Auseinandersetzung mit<br />

dem Islamismus in Deutschland ist relativ<br />

jung. Entsprechend fehlt es an Kompetenzen<br />

und Sicherheit in der Bewertung. Und viele<br />

fragen sich: Was genau ist der Islamismus?<br />

Geht es hier nicht eigentlich um eine Religion?<br />

Handelt es sich möglicherweise gar nur<br />

um die Erfi ndung irgendwelcher Geheimdienste,<br />

die uns weismachen wollen, es gebe<br />

eine neue bedrohliche Ideologie? Haben die<br />

Attentate des 11. 9. 2001 etwas mit dem Islam<br />

zu tun?<br />

Vor diesem Hintergrund erklärt sich die<br />

massive Nachfrage von PädagogInnen nach<br />

Informationsseminaren zum Islamismus. Um<br />

diesem Bedürfnis nachzukommen, führt die<br />

Bundeskoordination deshalb seit Jahren<br />

Seminare zu „Islam und Islamismus“ durch.<br />

Die Berichte der SeminarteilnehmerInnen<br />

verdeutlichen: Niemand von ihnen weiß, ob<br />

und in welcher Form die islamistische Ideologie<br />

bereits Eingang in die Klassenzimmer<br />

und die Köpfe der Schülerinnen und Schüler<br />

gefunden hat. Auch die Wissenschaft kann da<br />

keinen Aufschluss liefern. Anders als im<br />

Bereich des Rechtsextremismus gibt es bis<br />

heute noch keine seriösen Untersuchungen<br />

über islamistische Einstellungspotenziale bei<br />

Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit<br />

muslimischem Hintergrund. Das ist erstaunlich,<br />

denn Freundschaften, Liebesbezie-<br />

hungen, Sexualität, Freizeitaktivitäten, berufliche<br />

Vorstellungen, die Sicht auf internationale<br />

Konfl ikte werden durch Vorgaben der<br />

Religion, aber auch islamistischer Ideologien<br />

mitgeprägt. Diese Wissensdefi zite sind vor<br />

allem an <strong>Schule</strong>n ein Problem, denn sie sind<br />

der Ort, an dem Kinder und Jugendliche mit<br />

und <strong>ohne</strong> muslimischen Hintergrund am<br />

intensivsten kommunizieren und interkulturelle<br />

und interreligiöse Belange und Konfl ikte<br />

täglich auftreten. LehrerInnen wie SchülerInnen<br />

bleiben mit diesen Problemen weitgehend<br />

sich selbst überlassen.<br />

Weder in der politischen Bildung von<br />

Schülern noch in der Lehrerfortbildung gibt<br />

es intensive und den interreligiösen wie interkulturelllen<br />

Erfordernissen angemessene<br />

Formen, damit umzugehen. Viele Angebote<br />

beschränken sich auf die Darstellung des<br />

Islam als Religion. Diese Seminare haben oft<br />

wenig mit den Alltagsproblemen zu tun. Die<br />

LehrerInnen wissen danach mehr über<br />

bestimmte Koransuren oder die historische<br />

Ausbreitung des Islam, können am nächsten<br />

Tag aber immer noch nicht entscheiden, wie<br />

sie damit umgehen, wenn ein Schüler sich<br />

weigert, an der Gedenkveranstaltung zum<br />

9. November teilzunehmen.<br />

45<br />

Open Space<br />

Islam und Ich<br />

in Köln<br />

Foto: Hacky<br />

Hagemeier


46<br />

Open Space<br />

Islam und Ich<br />

am Nicolaus-<br />

Otto-Berufskolleg<br />

in Köln<br />

Foto: Hacky<br />

Hagemeier<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

Beispiel: Islam und ich<br />

Um diese Leerstelle zu füllen, konzipierte die<br />

Bundeskoordination von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

– <strong>Schule</strong> mit Courage“ eine bundesweite<br />

Open-Space-Reihe, um zu erfahren, was<br />

die Jugendlichen zu dem Thema zu sagen<br />

haben. Von 2003 bis 2005 nahmen daran<br />

mehr als 1.000 SchülerInnen, überwiegend<br />

aus SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n, teil. Die Open Spaces<br />

fanden in Berlin, Hannover, Dortmund, Neunkirchen,<br />

Köln und Bremerhaven statt.<br />

Der Verlauf der Open Spaces „Islam und<br />

Ich“ bestärkte die These: Jugendliche sind<br />

bei dem Thema Islam weniger an theologischen<br />

Fragen interessiert als vielmehr an<br />

lebensweltlich Näherem wie Sexualität,<br />

Freundschaft, Familie und Zukunftssorgen.<br />

Dabei ist das Geschlechterverhältnis das zentrale<br />

Themenfeld.<br />

In seiner Evaluation kommt der Islamwissenschaftler<br />

Michael Kiefer zu dem Schluss:<br />

„Ich musste zur Kenntnis nehmen, dass die<br />

curricularen Schwerpunktsetzungen des<br />

Islam unterrichts für die Jahrgangsstufen<br />

7–10, wie sie der Schulversuch ,Islamische<br />

Unterweisung in NRW‘ seit Mitte der Neunzi-<br />

gerjahre vorsieht, die Interessen der Schülerinnen<br />

und Schüler nicht widerspiegeln. Die<br />

Themen Liebe und Sexualität, Liebesbeziehungen<br />

zwischen Muslimen und Christen und<br />

viele Fragestellungen, die den Alltag der muslimischen<br />

Jugendlichen unmittelbar berühren,<br />

kommen in den Lehrplänen nicht vor und<br />

führen ein randständiges Dasein. (…) Darüber<br />

hinaus wird Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung<br />

viel zu häufi g akzeptiert und<br />

gelegentlich ausdrücklich gefordert.“<br />

Mangelndes Wissen um die historischen,<br />

sozioökonomischen und religiösen Wurzeln<br />

der jeweiligen Männer- und Frauenbilder fördert<br />

bei den Lehrern Verunsicherung und<br />

Vorurteilsbildung. Sie sind sehr schnell<br />

bereit, Einstellungen von Jugendlichen, die<br />

nicht der aktuellen politisch korrekten<br />

Geschlechterdebatte entsprechen, als Ausdruck<br />

eines rückständigen Islams zu betrachten.<br />

Tatsächlich herrscht vor allem in den<br />

Haupt- und Berufsschulen ein Menschenbild<br />

vor, das von der Dominanz der Männer ausgeht<br />

und scheinbar muslimisch begründet im<br />

krassen Widerspruch zum emanzipativen<br />

Rollenverständnis der überwiegend weiblichen<br />

Lehrkräfte steht. Für die Gruppe der<br />

jugendlichen männlichen Muslime sind sehr<br />

viele Themen mit einem diffusen Ehrbegriff<br />

besetzt. Ob es um Palästina geht oder um die<br />

eigene Schwester, stets werden Angelegenheiten<br />

der Ehre verhandelt.<br />

Den Islam als Religion für diese Sicht auf<br />

das Geschlechterverhältnis oder internationale<br />

Konfl ikte verantwortlich zu machen ist<br />

daher nahe liegend und auf jeden Fall<br />

bequem, zielt aber an den Realitäten vorbei.<br />

Denn in der Frauenverachtung treffen sich<br />

bei allen Unterschiedlichkeiten männliche<br />

Jugendliche deutscher und nichtdeutscher<br />

Herkunft einmütig. Die Ausprägung korreliert<br />

häufi g mit dem Grad der Bildung. Aus<br />

diesem Rollenverständnis junger Männer<br />

folgt unmittelbar eine aggressive Homophobie,<br />

die ungefragt kundgetan wird.<br />

In berufsbildenden <strong>Schule</strong>n mit hohem<br />

Migrantenanteil, aber auch in Hauptschulen<br />

und Gymnasien stießen wir zudem sowohl bei<br />

Migranten als auch bei den Jugendlichen<br />

deutscher Herkunft auf einen rabiaten Antise-


Islam und Islamismus<br />

mitismus, der sich aus unterschiedlichen<br />

Quellen speist: dem klassischen deutschen<br />

Antisemitismus, dem Antisemitismus, der<br />

sich aus aktuellen Konfl ikten im Nahen Osten<br />

begründet, und dem islamistisch motivierten<br />

Antisemitismus. Dies ist eine neue Herausforderung,<br />

der sich die politische Bildung stellen<br />

muss. Bislang stehen, wie im Kapitel Antisemitismus<br />

bereits ausgeführt, in der <strong>Schule</strong><br />

Informationen zum klassischen deutschen<br />

Antisemitismus und zu den Verbrechen der<br />

NS-Zeit im Vordergrund. Dies reicht für eine<br />

Schülerschaft mit sehr divergierenden familiären<br />

und nationalen Hintergründen nicht<br />

mehr aus.<br />

Konfl iktvermeidung ist keine Lösung<br />

Unabhängig von der ethnischen Zusammensetzung<br />

der Schülerschaft dominiert die<br />

jeweilige Majorität die Minorität. Dies führt<br />

zum Beispiel in Berufs-, Haupt- und Gesamtschulen<br />

dazu, dass sich Schüler deutscher<br />

Herkunft von Schülern mit Migrationshintergrund<br />

(russisch, arabisch und türkisch)<br />

unterdrückt fühlen. Lehrer sind gerade bei<br />

dieser Konstellation unsicher und in der Folge<br />

weniger in der Lage, für die diskriminierte<br />

Gruppe Partei zu ergreifen. Bei Schülern<br />

deutscher Herkunft in diesen <strong>Schule</strong>n<br />

herrscht das Gefühl der Ohnmacht und Wut<br />

vor, was bei einigen zu einer klaren, schon<br />

am Outfi t erkennbaren Orientierung in das<br />

rechtsextreme Lager führt.<br />

Bei all diesen Konfl iktsituationen sind<br />

LehrerInnen mindestens genau so verunsichert<br />

wie ihre SchülerInnen. Oft suchen sie<br />

vergeblich nach Beratung und Unterstützung,<br />

um die an ihrer <strong>Schule</strong> auftretenden Konfl ikte<br />

zu bearbeiten. So machten wir die Erfahrung,<br />

dass LehrerInnen an einigen <strong>Schule</strong>n mit<br />

hohem Anteil muslimischer Jugendlicher das<br />

Thema Juden nach Möglichkeit gar nicht<br />

mehr ansprechen, aus Angst, die Situation<br />

nicht in den Griff zu bekommen.<br />

Konfl iktvermeidung kann natürlich nicht<br />

die Reaktion auf brisante Stimmungen und<br />

Entwicklungen sein, besser wäre es, diese<br />

Themen künftig angemessen in der Lehrerausbildung<br />

anzubieten. Unter anderem<br />

müssen Fortbildungsangebote die Unterscheidung<br />

zwischen Islam und dem Islamismus<br />

als politischer Bewegung deutlich<br />

47<br />

Open Space<br />

Islam und Ich<br />

in Dortmund<br />

Foto:<br />

Holger Runge


48 <strong>Themenfelder</strong><br />

rechts:<br />

Open Space<br />

Islam und Ich<br />

in Berlin<br />

Foto:<br />

Detlev Schilke<br />

links:<br />

Open Space<br />

Islam und Ich<br />

in Berlin<br />

Foto: Leonhard<br />

Lehmann<br />

unten:<br />

Open Space<br />

Islam und Ich<br />

in Berlin<br />

Foto:<br />

Detlev Schilke<br />

machen und pseudoreligiöse Erklärungsansätze<br />

von muslimischen Schülern als solche<br />

erkennen helfen.<br />

Lösungen für diese Fragen und Probleme<br />

können nicht allein von den <strong>Schule</strong>n erarbeitet<br />

werden. Diskussionsrunden mit Eltern,<br />

Lehrern, Anw<strong>ohne</strong>rn, Vertretern verschiedener<br />

Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften<br />

könnten dazu beitragen, die<br />

bisherigen Islamdebatten um die nötigen<br />

lebensweltlichen Ansätze zu ergänzen. Nur<br />

so lässt sich auch in Zukunft klären, auf welcher<br />

Basis das Zusammenleben in dieser<br />

Gesellschaft erfolgen soll.<br />

Auf den Erfahrungen dieser Veranstaltungen<br />

aufbauend, entwickelte die Bundeskoordination<br />

Materialien und ein Konzept für die<br />

Lehrerfortbildung, das bislang in mehr als 20<br />

Seminaren zum Einsatz kam.


Flucht und Asyl<br />

Flucht und Asyl sind Themen, die im Unterricht<br />

oft nur kurz angerissen oder auch mal<br />

übersprungen werden. Über „die Asylanten“<br />

unterhält man sich außerhalb des Unterrichts,<br />

wenn am Abend in den Nachrichten einmal<br />

mehr Bilder von übervollen Schiffen mit dunkelhäutigen<br />

Männern vor den Küsten Europas<br />

gezeigt wurden.<br />

Die Beschäftigung mit den Themen Flucht<br />

und Asyl fi ndet an den <strong>Schule</strong>n jedoch oftmals<br />

ganz anders und sehr intensiv statt,<br />

wenn eine/einer der eigenen MitschülerInnen<br />

als Flüchtling hier lebt und deshalb nicht mit<br />

auf Klassenfahrt darf, keinen abgesicherten<br />

Aufenthaltsstatus hat oder gar demnächst<br />

abgeschoben werden soll. Plötzlich geht es<br />

nicht mehr um anonyme Flüchtlinge und<br />

dubiose Asylanten, sondern um Mirella,<br />

Hasan oder Tanja aus der Klasse. Kaum ein<br />

Thema berührt Schülerinnen und Schüler<br />

stärker als das Schicksal der KlassenkameradInnen.<br />

Häufi g eine Motivation, sich im<br />

Interesse der Flüchtlinge in die politischen<br />

Entscheidungen einzumischen.<br />

Der nachfolgende Artikel „Hier geblieben!“<br />

wurde von Schülerinnen Silvana<br />

Behlau und Elene Ruppel für die erste Ausgabe<br />

der SOR-SMC-Zeitung „Q-rage“ geschrieben.<br />

Sie besuchen die Alexander-Puschkin-<br />

Oberschule, die seit 2003 den Titel SOR-SMC<br />

trägt. Als einer ihrer Mitschüler von Abschiebung<br />

bedroht war, begannen sie sich mit dem<br />

Thema Asyl zu beschäftigen und berichteten<br />

unter anderem über eine erfolgreiche Bleiberechtskampagne<br />

der Fritz-Karsen-<strong>Schule</strong>.<br />

Hier geblieben!<br />

In Deutschland leben mehr als 200.000<br />

Flüchtlinge mit einer so genannten Duldung.<br />

Das heißt, ihr Aufenthaltsstatus ist unsicher,<br />

und sie sind mehr oder weniger von Abschiebung<br />

bedroht. Jeder Vierte von ihnen, also<br />

rund 50.000, sind Kinder und Jugendliche im<br />

schulpfl ichtigen Alter.<br />

Was bedeutet es, die <strong>Schule</strong> zu besuchen<br />

und immer damit rechnen zu müssen, eines<br />

Tages aus Deutschland abgeschoben zu<br />

werden? Karen H., 17, Schüler an der Ale-<br />

49<br />

Workshop<br />

„Hiergeblieben!<br />

–<br />

Flucht und<br />

Asyl“<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


50<br />

<strong>Themenfelder</strong><br />

xander-Puschkin-Oberschule in Berlin hat es<br />

erlebt. „Die Angst war immer da, dass ich<br />

irgendwann zurückmuss. Das Leben war<br />

nicht immer einfach. Die zehn Jahre bevor ich<br />

die deutsche Staatsbürgerschaft vor kurzem<br />

erhalten habe, waren die angsterfülltesten in<br />

meinem Leben“, berichtet er.<br />

Als Karen von Armenien nach Deutschland<br />

kam, waren er und seine Familie<br />

zunächst in einem Asylbewerberheim untergebracht.<br />

Geld war knapp, und wollten sie<br />

Lebensmittel einkaufen, mussten sie das in<br />

bestimmten Geschäften mit Gutscheinen tun,<br />

die ihnen vom Sozialamt zugewiesen wurden.<br />

„In der Grundschule durfte ich noch nicht<br />

mal mit auf Klassenfahrt fahren, weil es mir<br />

mit der Duldung nicht erlaubt war, Berlin zu<br />

verlassen“, erinnert sich Karen. In seiner<br />

Klasse wusste keiner etwas von den Problemen,<br />

die ihn und seine Familie bedrückten.<br />

Das änderte sich, als sich herumsprach, dass<br />

er in sein „Heimatland“ zurückgeschickt<br />

werden soll, ihm und seiner Familie die<br />

Abschiebung droht.<br />

Nachdem sich unter seinen Freunden die<br />

erste Empörung gelegt hatte, waren sie fest<br />

entschlossen, die Entscheidung der Behörden<br />

nicht so einfach hinzunehmen. Sie begannen<br />

Protestbriefe zu verfassen und überlegten,<br />

wie sie es erreichen könnten, dass Karen weiterhin<br />

die <strong>Schule</strong> in Berlin besuchen kann.<br />

Eine Mitschülerin sagt: ,,Ich glaube, keiner<br />

von uns hätte es ertragen, wenn Karen nach<br />

Armenien zurückgemusst hätte! Er war erst<br />

kurze Zeit bei uns in der Klasse, und jeder<br />

hatte sich schon mit ihm angefreundet. Es<br />

wäre für uns alle ein Verlust gewesen, wenn<br />

er weg gewesen wäre.“<br />

Karen war von den Aktivitäten, die seine<br />

Mitschüler ergriffen, sehr gerührt: ,,Sie<br />

hörten, dass ich in Armenien in die Armee<br />

gemusst hätte, und es war für sie selbstverständlich,<br />

das zu verhindern, um mir zu<br />

helfen.“ Karen hatte Glück. Schnell zeigte<br />

sich, dass sein Fall doch nicht ganz so problematisch<br />

war wie viele andere.<br />

Aber auch kompliziertere Fälle müssen<br />

nicht wortlos hingenommen werden und<br />

können durch das Engagement der SchülerInnen<br />

beeinfl usst werden. Dies demonstrierte<br />

vor gut einem Jahr die Fritz-Karsen-<br />

<strong>Schule</strong> in Berlin. Am 10. August tauchte die<br />

Polizei plötzlich in der Klasse 8.3 auf, holte<br />

die dreizehnjährige bosnische Schülerin<br />

Tanja R. aus dem Unterricht und brachte sie<br />

direkt in das Abschiebegefängnis. Die Empörung<br />

ihrer MitschülerInnen und ihrer Klassenlehrerin<br />

schlug schnell in Aktivität um.<br />

Sie informierten ihre Eltern, schrieben Briefe<br />

an den Bezirksstadtrat Wolfgang Schimman<br />

und fragten, ob man so mit Menschen umgehen<br />

dürfe. Am 13. August demonstrierten<br />

über 100 SchülerInnen der <strong>Schule</strong> vor dem<br />

Rathaus Berlin-Neukölln. Der Bezirksbürgermeister<br />

empfi ng sie anschließend und versprach<br />

vor laufender Kamera des Senders<br />

RBB, sich beim Innensenator für den Verbleib<br />

von Tanja einzusetzen.<br />

Die SchülerInnen arbeiteten in diesen<br />

Tagen intensiv mit verschiedenen Radiostationen<br />

und Berliner Zeitungen zusammen, die<br />

ihr Anliegen unterstützten. Innerhalb weniger<br />

Tage sprach die ganze Stadt über den<br />

Skandal. Auch an Berlins Innensenator Körting<br />

schrieben sie einen Brief und forderten:<br />

,,Tanja muss bleiben!!!“<br />

Durch die vielen Aktivitäten machten die<br />

SchülerInnen den Fall Tanja R. in Berlin so<br />

publik, dass sich sogar Politiker dazu<br />

äußerten. Zum Beispiel kritisierte der CDU-<br />

Abgeordnete Ulrich Brinsa die Vorgehensweise<br />

der Berliner Ausländerbehörde in einer<br />

Pressemitteilung als „inhuman und völlig<br />

unverhältnismäßig“.<br />

Nachdem die Fritz-Karsen-<strong>Schule</strong> sich<br />

über zwei Wochen für den Verbleib von Tanja<br />

in Berlin eingesetzt hatte, meldete die „Berliner<br />

Zeitung“ am 24. 8. „Die 13-jährige Tanja<br />

R. und ihre Mutter dürfen vorerst in Berlin<br />

bleiben.“<br />

Leider gibt es keine Garantie, dass der<br />

Einsatz der SchülerInnen immer so erfolgreich<br />

ist wie in Tanjas Fall. Deshalb wäre eine<br />

grundsätzliche politische Lösung wünschenswert.<br />

Flüchtlingsorganisationen wie Pro Asyl,<br />

die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

sowie die Kampagne „Hier geblieben“<br />

des Grips-Theaters in Berlin und andere fordern<br />

schon seit langem ein Bleiberecht für<br />

langjährig geduldete Flüchtlinge. Nur so<br />

würden Dramen wie die von Karen und Tanja<br />

der Vergangenheit angehören.


IV. Aktiv gegen jede Form<br />

von Diskriminierung<br />

Sexuelle Orientierung s Herkunft<br />

„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ setzt sich nicht<br />

nur mit demokratiegefährdenden Ideologien wie <strong>Rassismus</strong>,<br />

Rechtsextremismus, Antisemitismus und Islamismus auseinander.<br />

Vielmehr unterstützt SOR-SMC die <strong>Schule</strong>n bei ihren Aktivitäten<br />

gegen jede Form von Diskriminierung. Analog zu den<br />

europäischen Nichtdiskriminierungsrichtlinien werden Diskriminierung<br />

aufgrund der Herkunft, der körperlichen Merkmale,<br />

der sexuellen und der religiösen Orientierung sowie des<br />

Geschlechts und des Alters als gleichrangig betrachtet.<br />

51<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


52<br />

Workshop<br />

„Schwul oder<br />

Lesbisch – Na<br />

und?!“<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Aktiv gegen jede Form von Diskriminierung<br />

Diskriminierung aufgrund der<br />

sexuellen Orientierung<br />

Vorurteile gegen Lesben und Schwule? Kaum<br />

vorstellbar. Schließlich werden Berlin und<br />

Hamburg seit Jahren von einem bekennenden<br />

schwulen Oberbürgermeister regiert. Und<br />

sind schwule und lesbische Partnerschaften<br />

nicht genauso anerkannt wie heterosexuelle<br />

Beziehungen? Nach geltendem Recht vielleicht.<br />

Trotz eines offen schwulen FDP-Generalsekretärs<br />

und den vielen sympathischen<br />

Schwulen in den TV-Vorabendserien ist<br />

Homophobie weiter verbreitet, als die Öffentlichkeit<br />

dies wahrhaben möchte.<br />

Wilhelm Heitmeyer vom Institut für Konfl<br />

ikt- und Gewaltforschung an der Universität<br />

Bielefeld stellt in den „Deutschen Zuständen<br />

2005“, einem Überblick über menschenverachtende<br />

Ideologien, fest: Homophobie nimmt<br />

in Ost- und Westdeutschland seit Jahren zu.<br />

Auf Schulhöfen gehören Beschimpfungen wie<br />

„Du schwule Sau“, „Du bist wohl schwul,<br />

oder was?“ zum normalen Kanon der Beleidigungen.<br />

„Schwul“ ist eindeutig negativ konnotiert.<br />

Körperliche Angriffe auf Homosexuelle<br />

gehören zum Alltag. In die Schlagzeilen<br />

schaffen sie es nur selten. Vor allem in den<br />

Städten sind unter den Tätern viele Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund. Diese Tatsache<br />

ist ein weiterer Grund, sich mit dem<br />

Thema gerade an <strong>Schule</strong>n mit einem hohen<br />

Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />

auseinander zu setzen.<br />

In den SOR-SMC-Workshops zum Thema<br />

Diskriminierungen sprechen Schülerinnen<br />

und Schülern diese Probleme immer wieder<br />

an. Dabei sind es nicht nur die homosexuell<br />

orientierten Jugendlichen, die aus der Betroffenenperspektive<br />

erzählen, sondern auch die<br />

anderen, die sich mit diskriminierenden, verletzenden<br />

Bemerkungen und Haltungen<br />

gegenüber Homosexuellen nicht abfi nden<br />

wollen.<br />

Beispiel Berlin<br />

Im Rahmen der Arbeit der Landeskoordination<br />

Berlin nimmt dieser Diskriminierungstatbestand<br />

einen immer größeren Raum ein.<br />

Ein Grund dafür sind die Aktivitäten des<br />

Schülers Alexander Freier, aus der SOR-SMC-


Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung<br />

Initiativgruppe der Kurt-Schwitters-Oberschule<br />

in Berlin, die seit 2005 SOR-SMC ist.<br />

Der langjährige Landesschülersprecher lebt<br />

offen schwul und gründete 2004 die „Aktion<br />

Akzeptanz“, die sich der Situation von<br />

Schwulen an den <strong>Schule</strong>n widmet. Im<br />

Rahmen von landes- und bundesweiten Treffen<br />

der SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n bietet Alex inzwischen<br />

als Co-Referent Workshops zu sexueller<br />

Diskriminierung an.<br />

Die Ergebnisse der Workshops, die regelmäßig<br />

auf starkes Interesse stoßen, sprechen<br />

für sich. Die Jugendlichen beschreiben, dass<br />

sie die <strong>Schule</strong> keineswegs als einen Ort wahrnehmen,<br />

an dem sie mit ihren Fragen und<br />

Problemen gut aufgehoben sind. <strong>Schule</strong> bietet<br />

in der Regel keinen Raum zum Austausch von<br />

Fragen über die eigene sexuelle Orientierung,<br />

über Probleme mit den Eltern, den Freunden<br />

während des Coming-outs. Häufi g bietet die<br />

<strong>Schule</strong> auch zu wenig Schutz vor dem Mobbing<br />

der Mitschülerinnen und Mitschüler,<br />

weil sogar die Lehrerinnen und Lehrer ihre<br />

eigene Ablehnung gegenüber Homosexualität<br />

offen zeigen. Folglich wünschen sich viele<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops<br />

Räume, die SchülerInnen für das persönliche<br />

Gespräch zur Verfügung stehen.<br />

Auch die Unterstützung der Erwachsenen<br />

wird eingefordert: Lehrerinnen und Lehrer<br />

sollten sich mit den Themen befassen und<br />

sich dabei nicht nur Wissen über die verschiedenen<br />

Formen sexueller Orientierung<br />

verschaffen, sondern sich besonders mit ihrer<br />

eigenen Beziehung zur Sexualität auseinander<br />

setzen, ihre eigenen Vorurteile aufdecken<br />

und beheben.<br />

Schülerinnen und Schüler warten aber<br />

nicht, bis ihre Wünsche verwirklicht werden,<br />

sondern sind schon aktiv. Im Juni 2005 organisierten<br />

sie die Teilnahme von SOR-SMC am<br />

großen Umzug der Parade zum Christopher<br />

Street Day. In 2006 informierten SOR-SMC-<br />

SchülerInnen auf den CSD-Umzügen in<br />

Essen, Rostock, Berlin, Köln, Hamburg, München<br />

und Berlin schwule Jugendliche über<br />

die Möglichkeiten, sich im Rahmen von SOR-<br />

SMC gegen Diskriminierung aufgrund der<br />

sexuellen Orientierung zu engagieren<br />

Zum Holocaust-Gedenktag am 27. 1. 2006<br />

veranstaltete „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage“ am Nollendorfplatz in<br />

Berlin gemeinsam mit den Kooperationspartnern<br />

ABQueer, der GEW Berlin, dem LSVD<br />

(Lesben- und Schwulen Verband – Berlin-<br />

Brandenburg) und Maneo – Schwules Überfalltelefon<br />

und Opferhilfe c/o Mann-O-Meter<br />

e. V. eine Gedenkminute, um an die homosexuellen<br />

Opfer der nationalsozialistischen<br />

Herrschaft zu erinnern, die als Opfergruppe<br />

lange Zeit nicht thematisiert wurden.<br />

53<br />

Christopher<br />

Street Day<br />

2005 in Berlin<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


54<br />

Bundesweites<br />

SchülerInnentreffen<br />

2005<br />

in<br />

Saar brücken<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Aktiv gegen jede Form von Diskriminierung<br />

Diskriminierung aufgrund<br />

der Herkunft<br />

Das Grundgesetz und die bisherige Rechtslage<br />

in Deutschland besagt: Niemand darf<br />

aufgrund seiner Herkunft oder Abstammung<br />

diskriminiert werden. Die Richtlinie 2000/43<br />

des Rates der Europäischen Gemeinschaft<br />

zum Gleichbehandlungsgrundsatz <strong>ohne</strong><br />

Unterschied der „Rasse“ oder der ethnischen<br />

Herkunft unterstreicht dies erneut.<br />

In der Praxis sieht dies anders aus.<br />

Benachteiligungen, Beleidigungen und Ausgrenzungen<br />

sind an der Tagesordnung. Auf<br />

Schulhöfen und auch in manchen Lehrerzimmern<br />

wird über die gewalttätigen Araber, die<br />

diebischen Polen, die mafi ösen Russen oder<br />

die faulen Ossis gesprochen. Manchmal geht<br />

es auch um die friedlichen Dänen, die<br />

geschmackvollen Franzosen oder die lockeren<br />

Amerikaner. Es scheint klar, die Herkunft<br />

bestimmt die Eigenschaften der Personen.<br />

Vorurteilen und Stereotypen wie diesen<br />

setzen Schülerinnen und Schüler an vielen<br />

<strong>Schule</strong>n kreative Aufklärung und Auseinandersetzung<br />

mit Fragen der Identität des Ein-<br />

zelnen entgegen. Wer bin ich, wie ist der<br />

andere? Wie defi niere ich mich? Viele Projekte<br />

an SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n beschäftigen sich<br />

immer wieder mit der eigenen und der fremden<br />

Identität. Über eine gelungene Aktivität<br />

berichtet der Schüler Gerasimos Warmann in<br />

der ersten Ausgabe von „Q-rage“:<br />

Beispiel: Gemünden<br />

Schon ein kleines Kind fängt ganz vorsichtig<br />

mit zwei, drei Schubladen an. Je älter es wird,<br />

desto mehr kommen hinzu. Und ehe man sich<br />

versieht, verschwinden ganze Gruppen darin,<br />

<strong>ohne</strong> sich dagegen wehren zu können. Schon<br />

geistern Bilder von „den Russen“, „den<br />

Türken“ oder einfach „den Ausländern“ in<br />

den Köpfen herum.<br />

Die Initiative KRASS (Klub <strong>Rassismus</strong><br />

ablehnender Schülerschaft) am Friedrich-<br />

List-Gymnasium in Gemünden am Main will<br />

sich mit diesem „Ordnungssystem“ nicht<br />

abfi nden. SchülerInnen aus der Ober- und<br />

Mittelstufe organisieren deshalb seit dem<br />

Schuljahr 2004/ 2005 Kulturwochen unter<br />

dem Motto „Spielend Schubladen aufräumen“.<br />

Die Überlegung ist einfach: Je kleiner<br />

die Schubladen in unseren Köpfen sind, desto<br />

einfacher kann man sie aufräumen, vielleicht<br />

sogar überfl üssig machen. Deshalb sollte mit<br />

diesen Aufräumarbeiten nicht erst im Omialter<br />

angefangen werden, sondern möglichst<br />

schon beim Kindergartenkind, das noch <strong>ohne</strong><br />

verfestigte Vorurteile neugierig auf andere<br />

Menschen zugeht.<br />

KRASS setzt sein Projekt in einem Alter<br />

an, in dem es die unbelastete Neugier des<br />

Kindergartenkindes nicht mehr gibt. Elf- und<br />

Zwölfjährige orientieren sich sehr stark am<br />

Weltbild ihrer Eltern. Sie schnappen die Meinung<br />

von Mama oder Papa am Mittagstisch<br />

auf – und übernehmen sie. Besonders in ländlichen<br />

Regionen wie Gemünden hat diese Vererbung<br />

von Weltbildern Tradition. Häufi g


Diskriminierung aufgrund der Herkunft<br />

haben diese wenig mit den Ansichten eines<br />

modernen aufgeklärten Weltbürgers zu tun.<br />

Sie müssen nicht einmal direkt beleidigend<br />

sein. Die Vorurteile beginnen bei scheinbaren<br />

Komplimenten. So hat ein Südamerikaner den<br />

Rhythmus im Blut zu haben, weil er Südamerikaner<br />

ist. Und ein jüdischer Deutscher hat<br />

Bankier oder Rechtsanwalt, auf jeden Fall<br />

aber reich zu sein, weil er eben Jude ist.<br />

KRASS möchte diese Kette überlieferter<br />

Vorurteile durchbrechen. Dabei sollen die<br />

Kinder natürlich nicht gegen ihre eigenen<br />

Eltern aufgehetzt werden. Schuldzuweisungen<br />

haben bei dem Projekt nichts zu<br />

suchen. Der KRASS-Klub lädt verschiedene<br />

ReferentInnen in die <strong>Schule</strong> ein. Wichtig ist<br />

deren Vielfalt. Da ist die Schülerin aus<br />

Kasachstan, der Rentner aus Griechenland,<br />

der Langzeitarbeitslose aus Italien oder die<br />

Chefi ngenieurin. Jede und jeder hat seine<br />

eigene Geschichte zu erzählen. Auch sie<br />

freuen sich, so viele junge Menschen kennen<br />

zu lernen, mit denen sie in ein und derselben<br />

Stadt schon so lange zusammenleben – meist<br />

aneinander vorbei. Auch sie fürchten sich<br />

davor, auf den anderen zuzugehen, den ersten<br />

Schritt zu machen. Diesen Schritt kann man<br />

auch gemeinsam schaffen. Die Referentinnen<br />

und Referenten dadurch, dass sie die Kinder<br />

in der <strong>Schule</strong> besuchen, die Kinder hingegen<br />

dadurch, dass sie ihre Gäste freundlich in<br />

Empfang nehmen.<br />

Jedes Kind darf sich den Referenten aussuchen,<br />

den es am interessantesten fi ndet. So<br />

werden kleine Gruppen gebildet. Sie erzählen,<br />

singen, kochen, tanzen, beantworten die<br />

unzähligen Fragen, die aufkommen, wenn<br />

man auf jemanden trifft, „der von sooo weit<br />

weg herkommt“.<br />

KRASS sieht sich auch als Vermittler zwischen<br />

fremden Nachbarn in Gemünden. Auf<br />

Moralpredigten zum Verständnis zwischen<br />

den Kulturen oder über den guten Ausländer<br />

wird verzichtet. So etwas hat sich schon<br />

längst als erfolglos erwiesen. Kindern muss<br />

man Mut machen, selbstständig zu denken.<br />

Das ist der beste Weg, um Ideen und Werte<br />

wirklich zu verinnerlichen. Sie brauchen niemanden,<br />

der sie immer auf dem richtigen<br />

Weg hält, sie möchten wissen, wie man<br />

diesen Weg selbst fi ndet.<br />

Die Gäste sind auf Augenhöhe mit den<br />

Kindern. Sie unterrichten nicht, sie unterhalten<br />

sich. Selbst sprachliche Barrieren sind<br />

nebensächlich. Denn „es gibt so viele Wege,<br />

andere Menschen zu verstehen, auch <strong>ohne</strong><br />

Worte“, sagt Rigas Bekas, 60-jähriger Rentner<br />

aus Griechenland. Er legt einen Sirtaki<br />

auf. Nach einem Moment der Verlegenheit<br />

wiegen sich SchülerInnen im Rhythmus der<br />

Musik von Mikis Theodorakis. Die ganz<br />

Mutigen wagen sich sogar an die ersten<br />

Schrittkombinationen. Nebenan erzählt die<br />

17-jährige Schülerin Marina Weber von ihrer<br />

frühen Kindheit in Kasachstan, von ihrer<br />

Angst vor dem Umzug nach Deutschland,<br />

ihren ersten Eindrücken von der neuen, unbekannten<br />

Heimat. Die Kinder essen selbst<br />

gebackene Plätzchen. Sie erzählen von ihrer<br />

Angst vor dem Umzug in den Nachbarort.<br />

Am Schluss halten die Kinder ihre verschiedenen<br />

Eindrücke mit bunten Farben auf<br />

Bildwänden fest. Es sammeln sich die SchülerInnen<br />

einer Jahrgangsstufe und berichten<br />

sich gegenseitig von ihrem Tag. Sie verabschieden<br />

sich mit der Erkenntnis: „Hätte nie<br />

gedacht dass es bei euch so schön ist. Wir<br />

kommen euch mal besuchen!“<br />

55<br />

Aktionstag am<br />

Friedrich-List-<br />

Gymnasium in<br />

Gemünden<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv


56<br />

Publikationen von SOR-SMC: Themenhefte<br />

Bestellung<br />

Kosten pro Themenheft: 3 €<br />

Bestellungen per E-Mail:<br />

schule@aktioncourage.org<br />

per Fax: 030-21 45 86 20<br />

Radio<br />

Das Themenheft zeigt, welche Rolle Medien<br />

bei der Entstehung von Vorurteilen spielen<br />

können und welche Möglichkeiten das<br />

Medium Radio bietet, um journalistisch<br />

gegen Diskriminierungen vorzugehen. Eine<br />

Anleitung zum Radio-Machen vermittelt<br />

sowohl journalisische als auch technische<br />

Informationen, die ein Schulradio möglich<br />

machen.<br />

Rechte Musik und Symbolik<br />

Der Rechtsrock ist ein wichtiges Mittel der<br />

Nazis im Kampf um die jungen Köpfe. Das<br />

Themenheft informiert über die rechtsextreme<br />

Musikszene, aktuelle Stilrichtungen,<br />

ihre Ideologien, Akteure, Symbole und Mode<br />

für den rechten Lifestyle. Eine Unterrichtseinheit<br />

zu rechter Musik und Argumentationshilfen<br />

gegen so genannte Schulhof-CDs<br />

der Rechtsextremen ergänzen das Heft.<br />

Religion<br />

Das Themenheft zeigt, wie die fünf Weltreligionen<br />

Hinduismus, Buddhismus, Judentum,<br />

Christentum und Islam mal selbst diskriminierende<br />

Haltungen vertreten und Andersgläubige<br />

verfolgen, mal ihre eigenen Anhänger<br />

wegen ihres Glaubens verfolgt werden.<br />

Wie kann ein friedliches Miteinander von<br />

Menschen verschiedener Religionen gemeinsam<br />

mit Atheisten gestaltet werden?<br />

Sexualität<br />

Diskriminierungen aufgrund der sexuellen<br />

Orientierung scheint es nicht mehr zu geben.<br />

Lesbische und schwule oder transsexuelle<br />

Jugendliche erleben eine andere Realität und<br />

fühlen sich oft allein gelassen oder gar ausgegrenzt.<br />

Das Themenheft informiert über<br />

verschiedene sexuelle Orientierungen, will<br />

Vorurteile abbauen und Diskriminierungen<br />

entgegentreten.<br />

Die Themenhefte wurden<br />

gefördert durch:


V. Kompetenzen<br />

entwickeln und stärken<br />

Kommunikation und Medien s Konfl iktlösung<br />

Die Arbeit im Rahmen von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong><br />

mit Courage“ stellt hohe Anforderungen an die Kinder und<br />

Jugendlichen. Um ihnen gerecht werden zu können, ist es unerlässlich,<br />

dass sie sich mit den Methoden und Instrumentarien<br />

auseinander setzen, die sie für ihre Arbeit brauchen. Die Bundeskoordination<br />

und Landeskoordinationen bieten gemeinsam<br />

mit ihren Kooperationspartnern Seminare und Workshops an,<br />

in denen die Kinder und Jugendlichen entsprechende Fähigkeiten<br />

erwerben..<br />

57<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


58<br />

„taz“-<br />

Redakteur<br />

Christian<br />

Füller<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Kompetenzen entwickeln und stärken<br />

Kommunikation und Medien<br />

Einen wichtigen Stellenwert in der Arbeit von<br />

SOR-SMC nimmt die Qualifi kation im<br />

Umgang mit und der Einsatz von geeigneten<br />

Kommunikationsmitteln ein. Denn wollen die<br />

<strong>Schule</strong>n zu Knotenpunkten demokratiefördernder<br />

Netzwerke werden, ist es unerlässlich,<br />

dass sie ihre Aktivitäten auch jenseits<br />

der <strong>Schule</strong> in eine breitere Öffentlichkeit<br />

kommunizieren, um so für ihre Anliegen zu<br />

werben.<br />

In der Regel erhält die Arbeit der SOR-<br />

SMC-<strong>Schule</strong>n eine öffentliche Aufmerksamkeit.<br />

Vor allem regionale Medien sind in ihrer<br />

Berichterstattung offen für das gesellschaftspolitische<br />

Engagement der SchülerInnen.<br />

Jährlich erscheinen über einhundertfünfzig<br />

Zeitungs-, Rundfunk- und Fernsehbeiträge,<br />

die über Projekte einzelner SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n<br />

berichten. Diese Berichte sind der Garant,<br />

dass die Bürgerinnen und Bürger einer Stadt<br />

mehr über das Engagement ihrer Kinder und<br />

Jugendlichen erfahren und bei anderen <strong>Schule</strong>n<br />

Interesse an den Zielsetzungen und Inhalten<br />

von SOR-SMC Interesse geweckt wird.<br />

Für eine kontinuierliche und qualitative<br />

Öffentlichkeitsarbeit reicht es allerdings nicht<br />

aus, sich allein auf das Interesse und die<br />

Bereitschaft von JournalistInnen zu verlassen.<br />

Denn auch eine wohlwollende Berichterstattung<br />

der Medien unterliegt modischen<br />

Zyklen und tagesaktueller Schwerpunktsetzung.<br />

So kann es passieren, dass eine monatelang<br />

vorbereitete Aktion von SchülerInnen<br />

keine öffentliche Erwähnung erfährt, weil<br />

just an diesem Tag andere Meldungen in den<br />

Vordergrund drängen. Um die Berichterstattung<br />

nicht abhängig von Zufälligkeiten zu<br />

machen, sind viele <strong>Schule</strong>n dazu übergegangen,<br />

ihre Aktivitäten zu dokumentieren. Das<br />

kann in Form einer Schülerzeitung, eines<br />

Schulradios, einer ausführlichen Homepage<br />

oder Videodokumentationen geschehen.<br />

Sichtbarmachung des eigenen Handelns<br />

lautet das Zauberwort. Gutes tun und darüber<br />

reden ist kein Ausdruck von Eitelkeit oder gar<br />

Selbsterhöhung, sondern unabdingbare Voraussetzung,<br />

wenn <strong>Schule</strong>n mit geeigneten<br />

Handlungskonzepten zur Weiterentwicklung<br />

des demokratischen Alltagslebens und zum<br />

Ausbau der Zivilgesellschaft in ihrer <strong>Schule</strong><br />

und in ihrer Kommune beitragen wollen.<br />

Die Bundeskoordination legt aus all diesen<br />

Gründen großen Wert auf die Erhöhung der<br />

Medienkompetenz von SchülerInnen. Denn es<br />

reicht nicht, nur irgendwie über gute Dinge<br />

zu berichten. Vor allem im Bereich der Menschenrechtsarbeit<br />

kommt es darauf an, mit<br />

hoher Kompetenz, sachlich und für die Leser<br />

informativ zu berichten. In den Jahren 2002<br />

und 2003 veranstaltete die Bundeskoordination<br />

mit Unterstützung des Presse- und Informationsamtes<br />

der Bundesregierung in den<br />

neuen Bundesländern sechs Wochenendseminare<br />

zum Thema: „Recherchieren, Schreiben,<br />

Redigieren, Auswerten – journalistisches<br />

Know-how am Beispiel <strong>Rassismus</strong>, Rechtsextremismus<br />

und Zivilgesellschaft“. Über 100<br />

SchülerInnen nahmen daran teil. In Folge<br />

dieser Seminare gründeten einige SOR-SMC-<br />

<strong>Schule</strong>n eigene Schulzeitungen.


Kommunikation und Medien<br />

Seit 2005 stellt sich die Bundeskoordination<br />

einer neuen Herausforderung. Denn je<br />

mehr <strong>Schule</strong>n in ganz Deutschland sich dem<br />

Netzwerk von SOR-SMC anschließen, umso<br />

schwerer wird es, dass die einzelnen <strong>Schule</strong>n<br />

und die SchülerInnen sich nicht nur in der<br />

Theorie, sondern auch in der Praxis als Teil<br />

eines Netzwerks verstehen können, das rund<br />

300 <strong>Schule</strong>n umfasst, die von rund 250.000<br />

SchülerInnen besucht werden.<br />

Die Möglichkeiten zum direkten Erfahrungsaustausch<br />

der SchülerInnen bei einer<br />

solchen Größenordnung sind beschränkt. Die<br />

jährlichen bundesweiten Treffen können nur<br />

noch von einem Bruchteil der aktiven SchülerInnen<br />

und <strong>Schule</strong>n besucht werden.<br />

Um dennoch einen möglichst großen<br />

Erfahrungsaustausch zu gewährleisten, setzt<br />

die Bundeskoordination gegenwärtig auf drei<br />

Strategien:<br />

Homepage der Bundeskoordination<br />

Seit Oktober 2005 betreibt die Bundeskoordination<br />

unter www.schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.org<br />

eine Homepage, die täglich aktualisiert wird.<br />

Die Homepage berichtet über das Anliegen<br />

des Projekts und über Aktivitäten der einzel-<br />

nen <strong>Schule</strong>n. Sie dokumentiert die Presseartikel,<br />

die über SOR-SMC-Aktivitäten erscheinen,<br />

und stellt den SchülerInnen und LehrerInnen<br />

Material und Kontaktadressen für ihre<br />

Arbeit zur Verfügung. Die SchülerInnen und<br />

LehrerInnen haben die Möglichkeit, Berichte<br />

ihrer Aktivitäten an die Bundeskoordination<br />

zu schicken, um diese auf der Homepage für<br />

ein breites Publikum zu veröffentlichen. Nicht<br />

zuletzt aufgrund der guten Zuarbeit aus den<br />

<strong>Schule</strong>n hat sich die Homepage mit derzeit<br />

täglich rund 2.000 Zugriffen zu einer der<br />

wichtigsten Informationsplattformen im<br />

Bereich der Menschenrechtserziehung in<br />

Deutschland entwickelt.<br />

„Q-rage“ – die Zeitung von SOR-SMC<br />

Im Dezember 2005 erschien die erste Ausgabe<br />

von „Q-rage“ bundesweit in einer Auflage<br />

von 100.000 Exemplaren unter dem Titel:<br />

„Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“. Sie wurde<br />

von 17 SchülerInnen im Alter zwischen 14<br />

und 19 Jahren aus fünf Städten unter Anleitung<br />

professioneller Journalisten erstellt. Drei<br />

Monate dauerte der Produktionsprozess. Das<br />

Ergebnis ist eine Zeitung auf hohem journalistischem<br />

Niveau. Die Artikel machen sicht-<br />

59<br />

Produktion<br />

der ersten<br />

Ausgabe von<br />

„Q-rage“ in<br />

Bremen<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


60<br />

oben rechts:<br />

Redaktionssitzung<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Antigewalttraining<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz<br />

Kompetenzen entwickeln und stärken<br />

bar, welch wichtige Beiträge Jugendliche in<br />

Städten wie Chemnitz, Bremen, Berlin,<br />

Gemünden/Lohr und in Verden für die kommunale<br />

Politik und das gesellschaftliche Miteinander<br />

leisten können.<br />

Auch in 2006 und den folgenden Jahren<br />

wird die Bundeskoordination gemeinsam mit<br />

SchülerInnen aus ganz Deutschland neue<br />

Ausgaben von „Q-rage“ produzieren, um so<br />

weitere Impulse für die Antidiskriminierungsarbeit<br />

an den <strong>Schule</strong>n und in den Kommunen<br />

zu geben.<br />

SOR-SMC macht Radio<br />

Im Herbst 2006 wird die Bundeskoordination<br />

erstmals für SchülerInnen aus Berlin und<br />

Brandenburg und in Kooperation mit der<br />

Medienanstalt berlin_brandenburg Radioworkshops<br />

durchführen. Das Ziel: die Einrichtung<br />

eines Internetradios, damit die<br />

<strong>Schule</strong>n sich künftig bundesweit auch über<br />

dieses Medium austauschen können.


Konfl iktlösung<br />

Streit und Konfl ikte gehören zum Alltag jeder<br />

<strong>Schule</strong> – auch an denen, die den Titel „<strong>Schule</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />

tragen. Denn der Titel bedeutet keineswegs,<br />

auf einer Insel der Glückseligkeit und Harmonie<br />

zu leben, sondern zunächst nicht mehr,<br />

als sich um die Vermittlung von Interessengegensätzen<br />

zu bemühen. Kommt es zu<br />

ernsthaftem Streit, gilt es nach Lösungsmöglichkeiten<br />

zu suchen, mit denen alle Konfl iktparteien<br />

zufrieden gestellt werden können. So<br />

das Selbstverständnis von SOR-SMC.<br />

Nicht immer sind LehrerInnen die geeigneten<br />

Personen, um Konfl ikte zwischen SchülerInnen<br />

zu lösen. Ihnen fehlt oftmals aufgrund<br />

des Alters- und Statusunterschieds das<br />

richtige Verständnis für die Ursachen und<br />

Hintergründe des Konfl ikts.<br />

Beispiel: Léon-Foucault-Gymnasium<br />

in Hoyerswerda<br />

Das Léon-Foucault-Gymnasium in Hoyerswerda<br />

mit seinen 1.100 SchülerInnen liegt in<br />

einem Plattenbauviertel. Die Stimmung in<br />

Hoyerswerda ist seit Jahren alles andere als<br />

gut. Wie in kaum einer anderen Stadt in<br />

Deutschland hat sich die wirtschaftliche Lage<br />

in den zurückliegenden Jahren verdüstert.<br />

Seit 1990 wurden in der Region mehr als<br />

150.000 Arbeitsplätze abgebaut. Und die Einw<strong>ohne</strong>rzahl<br />

nahm in den letzten 15 Jahren<br />

von 71.000 auf 42.000 ab. Trotz des Wegzugs<br />

vor allem junger und mobiler Menschen<br />

beträgt die Arbeitslosenquote heute knapp 25<br />

Prozent.<br />

Unter all diesen Umständen würde es niemanden<br />

verwundern, wenn das Léon-Foucault-Gymnasium<br />

als eine der Problemschulen<br />

des Landes Schlagzeilen machen würde.<br />

Tut es aber nicht. Und das aus gutem Grund.<br />

„Wir haben eine Chance in Hoyerswerda. Die<br />

heißt, eine gute <strong>Schule</strong> zu machen“, sagt Uwe<br />

Blazejczyk, Direktor der <strong>Schule</strong>. „Der DDR-<br />

Neubaukasten ist innen licht und hell: schöne<br />

Möbel, Computer, Bücher, Videos. Überall<br />

hängen und stehen Kunstwerke der Schüler.<br />

Hier ist nichts vergilbt, versifft oder zertreten.<br />

In den Kursräumen bleibt es im Unterricht<br />

so still, dass man draußen vor der Tür<br />

glaubt, da sei keiner drin. Die Turnhalle wird<br />

saniert und außen rundum für Sprayer freigegeben.<br />

Viele Schüler bleiben nach Schulschluss<br />

noch länger da, wegen Veranstaltungen,<br />

Freundschaften und erster Liebe. Und<br />

ein Raum darf nur von Schülern betreten<br />

werden, hier arbeiten die Streitschlichter –<br />

Kinder lernen, Konfl ikte friedlich mit einander<br />

zu regeln.“ (Regine Sylvester, „Berliner<br />

Zeitung“, 7. 3. 2006)<br />

Das engagierte Kollegium und die Streitschlichter<br />

haben einen großen Anteil daran,<br />

dass die <strong>Schule</strong>, die seit November 2003 den<br />

Titel SOR-SMC trägt, fast schon so etwas wie<br />

eine Vorzeigeschule ist. Bereits im Schuljahr<br />

2000/01 konzipiert ein Team von LehrerInnen<br />

einen Ausbildungskurs für angehende Streitschlichter.<br />

In einem ersten Durchgang<br />

werden 18 SchülerInnen zu StreitschlichterInnen<br />

ausgebildet.<br />

Die 12-jährige Lisa schreibt über ihre<br />

Erfahrungen während der Ausbildung:<br />

„Dieses Schuljahr hat mir sehr viel gebracht.<br />

61<br />

Streitschlichter<br />

des Léon-<br />

Foucault-<br />

Gymnasiums<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv


62 Kompetenzen entwickeln und stärken<br />

Streitschlichter<br />

des Léon-<br />

Foucault-<br />

Gymnasiums<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv<br />

Ich lernte in Seminaren viel Neues über die<br />

Schlichtung eines Streits. Unter der Betreuung<br />

unserer Lehrer haben wir auch Rollenspiele<br />

durchgeführt, um uns so in die Lage<br />

der Streitenden beziehungsweise in die Lage<br />

der Schlichter zu versetzen. Viel Wissenswertes<br />

lernte ich über das Thema Mobbing.<br />

Zum Abschluss bekam ich mein Zertifi kat.<br />

Ich bin sehr stolz darauf, weil ich nun<br />

schlichten kann.“<br />

Bereits ein Jahr später folgt die Ausbildung<br />

der zweiten Generation von Streitschlichtern.<br />

Dieser Ausbildungskurs wird zu<br />

einem Großteil von SchülerInnen des Vorjahreskurses<br />

getragen – Schüler lernen von<br />

ihren Mitschülern.<br />

Ab 2003 werden die SchülerInnen in<br />

einem erweiterten Konzept zu „Konfl iktmoderatoren“<br />

weitergebildet. In diesen Kursen<br />

lernen die TeilnehmerInnen die verschiedenen<br />

Phasen einer Streitschlichtung kennen,<br />

erfahren vieles über Kommunikationsprozesse<br />

und Störungen des Miteinander<br />

Redens. Insbesondere werden soziale Kompetenzen<br />

wie Kooperationsfähigkeit, empathisches<br />

Gesprächsverhalten, Beratung in<br />

Konfl ikt- oder Entscheidungssituationen<br />

sowie die Moderation von Gesprächen und<br />

Veranstaltungen trainiert.<br />

Am Léon-Foucault-Gymnasium haben die<br />

Streitschlichter optimale Voraussetzungen,<br />

um ihre Arbeit erfolgreich durchführen zu<br />

können. Ihnen steht ein eigener Raum zur<br />

Verfügung, den die LehreInnen nach Mög-<br />

lichkeit nicht betreten sollen. Gleichzeitig<br />

unterstützen LehrerInnen und der Schulleiter<br />

das ambitionierte Projekt und stellen es auch<br />

den Eltern vor. Die SchülerInnen des Streitschlichterprojekts<br />

bieten in den Pausen sowie<br />

nach dem Unterricht ihre Hilfe an. Sie reagieren<br />

auf Vorfälle an der <strong>Schule</strong> und beraten<br />

ihre Mitschüler.<br />

Kommt es zu Konfl ikten, werden diese in<br />

vier Phasen bearbeitet. In einer Einleitung<br />

verdeutlichen die StreitschlichterInnen den<br />

Konfl iktpartnern ihr Vorhaben und geben<br />

klare Regeln vor, die im Gespräch einzuhalten<br />

sind. Sie lauten: Beleidigende oder verletzende<br />

Worte sind tabu, und der Gesprächspartner<br />

darf in jedem Fall <strong>ohne</strong> Störung ausreden.<br />

Im zweiten Schritt gilt es, die Streitpunkte<br />

zu klären und aus der Perspektive der<br />

Beteiligten zu verstehen, was die Konfl iktursachen<br />

sind. Im dritten Schritt suchen die<br />

Streitschlichter mit den Beteiligten nach<br />

Lösungsmöglichkeiten, mit denen beide<br />

Seiten einverstanden sind, und überlegen,<br />

was jeder zur Lösung des Konfl ikts beiträgt<br />

und wie angerichteter Schaden wieder gut<br />

gemacht werden kann. Abschließend werden<br />

die getroffenen Vereinbarungen schriftlich<br />

fi xiert und von den Konfl iktparteien unterzeichnet.<br />

Auf Anfrage von KlassenlehrerInnen vermitteln<br />

die StreitschlichterInnen auch<br />

Gespräche in Klassen oder mit ganzen Gruppen<br />

von SchülerInnen. Inzwischen haben sich<br />

die Streitschlichter am Léon-Foucault-Gymnasium<br />

sowohl unter ihren MitschülerInnen<br />

als auch bei den LehrerInnen einen Ruf als<br />

zuverlässige und faire Gesprächspartner<br />

erarbeitet.<br />

Nach diesen rundum positiven Erfahrungen<br />

an der eigenen <strong>Schule</strong> werben die<br />

StreitschlichterInnen seit geraumer Zeit auch<br />

auf außerschulischen Veranstaltungen für ihr<br />

Projekt. Im Rahmen von Workshops haben sie<br />

ihre Erfahrungen inzwischen SchülerInnen<br />

und LehrerInnen in Dresden, Bautzen,<br />

Bischofswerda und Saarbrücken vorgestellt<br />

und zur Nachahmung empfohlen.


VI. Nachhaltigkeit<br />

Veränderung des Schulprofi ls s Tipps<br />

zur Absicherung der Nachhaltigkeit<br />

Das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ hat<br />

zum Zeitpunkt der Anerkennung durch die Bundeskoordination<br />

eine hohe Zustimmung an der <strong>Schule</strong>. Alle sind voller Tatendrang<br />

und fi nden es gut, sich zu engagieren. Die Schülerzentrierung<br />

des Projektansatzes erweist sich jedoch durchaus auch<br />

als ein Problem. So kann es passieren, dass eine hoch motivierte<br />

Gruppe ihre Schulzeit beendet, <strong>ohne</strong> dass Nachfolger<br />

ihre Arbeit weiterführen. Oder ein engagierter Kollege wechselt<br />

die <strong>Schule</strong>, <strong>ohne</strong> dass sich jemand fi ndet, der fortan das<br />

Projekt SOR-SMC mit vergleichbarem Elan begleitet. In diesem<br />

Kapitel geben wir Tipps, wie die Nachhaltigkeit gesichert<br />

werden kann.<br />

63<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


64 Nachhaltigkeit<br />

Von SchülerInnen<br />

der<br />

Hauptschule<br />

Lange Straße<br />

aus Duisburg<br />

erstelltes<br />

Plakat<br />

Veränderung des Schulprofi ls<br />

Hauptschule + hoher Migrantenanteil +<br />

so ziales Brennpunktgebiet = „Chaos-<strong>Schule</strong>“.<br />

Spätestens seit im Frühjahr 2006 die LehrerInnen<br />

der Rütli-<strong>Schule</strong> in Berlin-Neukölln<br />

vor ihren SchülerInnen kapitulierten, hat sich<br />

diese Formel in vielen Köpfen festgesetzt.<br />

Dem Netzwerk von SOR-SMC sind 43<br />

Haupt schulen angeschlossen. Und viele<br />

dieser <strong>Schule</strong>n wehren sich erfolgreich gegen<br />

das Stigma einer Chaos-<strong>Schule</strong>. Sie beweisen,<br />

dass es möglich ist, auch an Hauptschulen ein<br />

positives Klima zu erzeugen, wenn engagierte<br />

und kompetente Kollegen Vertrauen erzeugen,<br />

Verantwortung übernehmen und<br />

gemeinsam mit den SchülerInnen langfristig<br />

an der Veränderung des Schulprofi ls arbeiten.<br />

Beispiel: Werner-Stephan-<br />

Oberschule, Berlin<br />

Vor 20 Jahren hatte die Werner-Stephan-<br />

Oberschule einen ähnlichen Ruf wie die<br />

Rütli-<strong>Schule</strong>. Heute ist die <strong>Schule</strong>, die seit Juli<br />

2001 den Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage“ trägt, in vieler Hinsicht<br />

vorbildlich. Fast wöchentlich reisen Journalisten<br />

und Kamerateams an, um das „Wunder<br />

von Tempelhof“ zu bestaunen. Zwei von<br />

ihnen, Marian Blasberg und Wolfgang Uchatius,<br />

schreiben am 6. 4. 2006 in der „Zeit“:<br />

„An der Tafel klebt Butter. Von Butterbroten.<br />

Erst aufgeklappt, dann auf der Tafel<br />

verschmiert. An der Decke hängen Watteklumpen.<br />

Von Tampons. Erst mit Spucke aufgeweicht<br />

und dann an die Decke geschleudert.<br />

Auf den Stühlen sitzen junge Männer<br />

und Frauen, 16, 17 Jahre alt. Fast volljährig.<br />

Aber sie gehen noch in die 7. Klasse. Weiter<br />

sind sie nicht gekommen. Nach der <strong>Schule</strong><br />

dealen sie mit Drogen, einige gehen auf den<br />

Strich. Das ist die Wirklichkeit an einer deutschen<br />

Hauptschule – aber nicht im Frühjahr<br />

2006.<br />

Es war die Wirklichkeit des Jahres 1978<br />

an der Werner-Stephan-<strong>Schule</strong> im Bezirk<br />

Tempelhof. Damals galt sie als Berlins<br />

schlimmste <strong>Schule</strong>. (…)<br />

Heute ist es an der Werner-Stephan-<strong>Schule</strong><br />

so, dass die 14-jährige Lisa über den Hof geht<br />

und ein paar Mitschüler sie anschreien: Du<br />

Schlampe! – Du Hure! Dieselben Zoten, wie<br />

sie täglich auf dem Rütli-Pausenhof gebrüllt<br />

werden, und sie haben auch dieselbe Ursache.<br />

Lisa hat ‚Scheiße erzählt‘. Über andere.<br />

Hat keinen Respekt gezeigt. Also wird sie<br />

jetzt beschimpft. Und danach vielleicht getreten.<br />

Oder sie tritt selber zu.<br />

Aber sie tut es nicht. Weil vorher die Vertrauensschüler<br />

einschreiten. Seda zum Beispiel.<br />

Sie ist 16 und geht in die zehnte Klasse.<br />

(…) Ihr Klassenlehrer sagt, als Seda von der<br />

Grundschule zu ihnen gekommen sei, habe<br />

sie kaum einen geraden Satz sprechen<br />

können.<br />

Diese Seda also hat mehrere Wochenendseminare<br />

absolviert, in denen Lehrer der<br />

Werner-Stephan-<strong>Schule</strong> ihre Schüler zu<br />

Streitschlichtern und Vertrauensschülern<br />

ausbilden. Sie hat gelernt, wie man zwei sich


Veränderung des Schulprofi ls<br />

Prügelnde auseinander reißt, wie man sie erst<br />

anbrüllen muss: ‚Hör auf!‘ Weil man sonst gar<br />

nicht zu ihnen durchdringt. Wie es dann<br />

darum geht, sich mit den Zerstrittenen an<br />

einen Tisch zu setzen und nach den Gründen<br />

für den Streit zu suchen.<br />

Auf die Werner-Stephan-<strong>Schule</strong> gehen 300<br />

Schüler. Wer neu von der Grundschule<br />

kommt, kann sich unter den Vertrauensschülern<br />

einen aussuchen. Einen Paten. An den<br />

kann er sich wenden, wann immer er Probleme<br />

hat, mit Eltern, Mitschülern, Lehrern.<br />

Zu Beginn jedes Schuljahrs kommen die<br />

Klassensprecher zusammen und formulieren<br />

das Schulversprechen.“ Soweit der Bericht<br />

aus der „Zeit“.<br />

Seit Mitte der Achtzigerjahre hat das<br />

Kollegium der Werner-Stephan-Oberschule<br />

Veränderungen auf den Weg gebracht. Veränderungen,<br />

die dafür sorgten, dass sich<br />

sowohl Schüler als auch Lehrer wieder wohl<br />

fühlen. Mit diesem Anspruch hat das Kollegium<br />

hohe Anforderungen an sich gestellt.<br />

Nicht nur die Zusammensetzung der Schülerschaft<br />

ändert sich durch Seiteneinsteiger<br />

ständig. Beinahe mit jedem Kind tauchen<br />

neue Nationalitäten auf, auf die sich die<br />

<strong>Schule</strong> einstellen muss.<br />

Funktionieren kann eine solche <strong>Schule</strong><br />

nur mit Pädagogen, die genau wissen, weshalb<br />

sie ausgerechnet an der Werner-Stephan-<strong>Schule</strong><br />

unterrichten. Zunächst gilt es,<br />

ethnische Konfl ikte vom Unterrichtsalltag<br />

fernzuhalten, sie zu einer rationalen Einrichtung<br />

der Wissensvermittlung zu machen. Die<br />

<strong>Schule</strong> stellt bereits bei der Einschulung klar,<br />

dass keine Beleidigungen und Diskriminierungen<br />

toleriert werden und Toleranz gegenüber<br />

Andersartigkeit oberstes Gebot ist.<br />

In einem Diskussionsprozess haben die<br />

Klassensprecher gemeinsam mit dem Vertrauenslehrer<br />

zehn verbindliche Regeln<br />

erstellt, die jedes Jahr aktualisiert werden. Es<br />

sind Regeln der Höfl ichkeit, des guten Benehmens<br />

und bewährter bürgerlicher Umgangsformen.<br />

In dem Regelwerk, das jeder Schüler<br />

unterzeichnen sollte, stehen Sätze wie: „Ich<br />

respektiere meine MitschülerInnen“. Oder:<br />

„Ich werde mein Handy vor Unterrichtsbeginn<br />

ausschalten.“ Oder: „Ich bestehle meine<br />

Lehrer und MitschülerInnen nicht.“ Den<br />

Luxus einer Laisser-faire-Haltung kann sich<br />

die <strong>Schule</strong> nicht leisten.<br />

Die Atmosphäre wurde schlagartig besser,<br />

als sich die <strong>Schule</strong> bewusst auf die schwierige<br />

Schülerschaft einstellte. Mit Sondermitteln<br />

wurde sowohl eine Cafeteria als auch<br />

eine Schulstation eingerichtet. Eine Lehrerin<br />

steht Schülern zur Verfügung, die wegen<br />

Depressionen, Streitigkeiten oder anderer<br />

Probleme nicht in der Lage sind, dem Unterricht<br />

zu folgen.<br />

Als genialer Schachzug hat sich die Einführung<br />

des 40-Minuten-Modells erwiesen.<br />

Durch die fünfminütige Verkürzung wird<br />

Arbeitszeit eingespart und von den Lehrern<br />

in eine der dreißig Arbeitsgemeinschaften<br />

reinvestiert. Sie werden nach Schulschluß<br />

angeboten. Für jeden ist etwas dabei – Badminton,<br />

Basket- und Fußball, Mofakurs,<br />

PC-Kurse, Tanz, Aerobic und Stadterkundungen.<br />

So multikulturell die Zusammensetzung<br />

der Schülerschaft an der Werner-Stephan-<br />

<strong>Schule</strong> auch ist, in der Ausstattung der Klassenzimmer<br />

und Flure schlägt sich die<br />

Mischung nicht nieder. Die <strong>Schule</strong> verzichtet<br />

auf kulturspezifi sche Hinweise. Denn die<br />

Praxis zeigt: Kulturspezifi sches kann Konfl<br />

ikte erzeugen, da über gebotene Identifi kationsmuster<br />

Ethnisierungen von Gruppen konstruiert<br />

werden. Nach ethnischen Kuschel-<br />

65<br />

Von SchülerInnen<br />

der<br />

Hauptschule<br />

Lange Straße<br />

aus Duisburg<br />

erstelltes<br />

Plakat


66 Nachhaltigkeit<br />

Von SchülerInnen<br />

der<br />

Hauptschule<br />

Lange Straße<br />

aus Duisburg<br />

erstelltes<br />

Plakat<br />

eckchen sucht man deshalb in der Werner-<br />

Stephan-<strong>Schule</strong> vergeblich.<br />

Nachhaltigkeit ist das Zauberwort, das<br />

wesentlich zum Erfolg der Werner-Stephan-<br />

Oberschule beiträgt. Dazu gehört auch das<br />

„Lidice-Projekt“. Die SchülerInnen haben<br />

eine Patenschaft mit den Überlebenden des<br />

von den Nazis zerstörten Ortes geschlossen.<br />

Alljährlich fi nden Arbeitsbesuche zur Erhaltung<br />

der Gedenkstätte in Lidice und Gegenbesuche<br />

der Zeitzeugen nach Berlin statt.<br />

Inzwischen hat die <strong>Schule</strong> auch eine Schülerfi<br />

rma gegründet. Es ist ein Fair-Trade-Point,<br />

ein Verkaufsstand, an dem von SchülerInnen<br />

Produkte aus der Dritten Welt verkauft<br />

werden. Die Mitarbeit ersetzt für einige SchülerInnen<br />

die Arbeitslehrekurse der zehnten<br />

Klasse.<br />

So wichtig die bereits beschriebenen Projekte<br />

für den Schulalltag sind – <strong>ohne</strong> die<br />

besondere Förderung von SchülerInnen mit<br />

Migrationshintergrund wäre die <strong>Schule</strong> nicht<br />

so erfolgreich. Kern dieser Förderung ist das<br />

so genannte C-B-A-Modell. Alle schulpfl ichtigen<br />

Jugendlichen ab 13 Jahren, die neu nach<br />

Deutschland kommen und nicht deutsch sprechen,<br />

werden an der Werner-Stephan-Oberschule<br />

nach ihrem Sprachstand in drei verschiedenen<br />

Förderklassen unterrichtet.<br />

Das C-B-A-Modell führt von der Einstiegsgruppe<br />

C über B zu der leistungsstärksten<br />

Gruppe A mit dem Ziel des Übergangs in eine<br />

dann neu zu bildende 9. Klasse. Die Förderklassen<br />

setzen sich zusammen aus SchülerInnen<br />

unterschiedlichen Alters, verschiedener<br />

Nationalität und unterschiedlichen<br />

schulischen Voraussetzungen.<br />

Der Unterricht erfolgt binnendifferenziert<br />

nach persönlichen Förderplänen für jeden<br />

einzelnen Schüler. Die individuelle Förderung<br />

und die Organisation der C-B-A-Förderklassen<br />

ermöglichen den Aufstieg der SchülerInnen<br />

in die nächst höhere Förderklasse bis<br />

hin zu den Regelklassen 9 und 10 ausschließlich<br />

in Abhängigkeit von der Entwicklung<br />

ihrer sprachlichen Fähigkeiten. Die SchülerInnen<br />

haben so die Möglichkeit, in ihrem<br />

eigenen Lerntempo die für sie notwendigen<br />

Lernprozesse zu durchlaufen.<br />

Das kleine LehrerInnen-Team, die intensive<br />

Betreuung durch die jeweils zwei KlassenlehrerInnen<br />

im schulischen und außerschulischen<br />

Bereich und der hohe Stundenpool<br />

für Deutsch und Sachkunde begünstigen<br />

in den C-B-A-Gruppen fächerübergreifende<br />

Unterrichtsinhalte, projektartigen Unterricht<br />

und soziales Lernen und lassen in der Regel<br />

im 9. und 10. Jahrgang Klassen entstehen, die<br />

sich durch große Leistungsmotivation und<br />

positives Gruppenklima auszeichnen.<br />

Für die Werner-Stephan-Oberschule<br />

nimmt die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern<br />

außerhalb der <strong>Schule</strong> einen<br />

wichtigen Stellenwert ein. Für den Freizeitbereich<br />

ist eine enge Kooperation mit Jugend-<br />

und Kultureinrichtungen, der Stadtteilbibliothek<br />

und dem Jugendamt aufgebaut worden.<br />

Und für die Zeit nach dem Schulabschluss<br />

werden über Praktika und Beratungstage Verbindungen<br />

zu Betrieben wie Daimler-Chrysler,<br />

Alcatel und der BSR aber auch der Berufsberatung<br />

der Agentur für Arbeit geknüpft.<br />

Vielen SchülerInnen erleichtert dies den<br />

Schritt in die Berufstätigkeit.<br />

Im Mai 2006 wurde die Werner-Stephan-<br />

Oberschule als eine von bundesweit 18 <strong>Schule</strong>n<br />

für den „Deutschen Schulpreis 2006“<br />

nominiert.


Tipps zur Nachhaltigkeit<br />

Im Folgenden sind Vorschläge aufgelistet, die<br />

einen Beitrag zur Nachhaltigkeit des Projekts<br />

an einer <strong>Schule</strong> leisten können. Meistens<br />

reicht es, nur einige der Vorschläge umzusetzen,<br />

um auch Jahre nach der Titelverleihung<br />

nicht nur ein wohlmeinendes SOR-SMC-<br />

Schild an der Schultür zu haben, sondern<br />

entsprechend zu handeln.<br />

I. Zielgruppe neue Schülerinnen<br />

und Schüler<br />

s Tag der offenen Tür nutzen, um den neuen<br />

Eltern und SchülerInnen das Projekt vorzustellen<br />

s SOR-SMC in die Flyer der Selbstdarstellung<br />

der <strong>Schule</strong> aufnehmen<br />

s Das Logo von SOR-SMC in den Briefkopf<br />

der <strong>Schule</strong> aufnehmen<br />

s In den neuen Klassen grundsätzlich eine<br />

Unterrichtseinheit zu den Ideen und Zielen<br />

von SOR-SMC durchführen<br />

s Unterschriftensammlung in den neuen<br />

Klassen wiederholen<br />

s Schulabgänger als Betreuer für die Klassenaktivitäten<br />

gewinnen<br />

s Patenschaften zwischen den oberen und<br />

unteren Klassen einrichten<br />

s Workshop „Schüler für Schüler“ anbieten.<br />

Peer education!<br />

s Schülerinnen und Schüler aus den neuen<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

Klassen regelmäßig in die Ausbildungen<br />

zu Konfl iktlotsen oder MediatorInnen aufnehmen<br />

Klassenstufenübergreifende Projekte fördern<br />

SOR-SMC-T-Shirts an der <strong>Schule</strong> bekannt<br />

machen<br />

Foto der Paten mit einem kurzen Statement<br />

sichtbar in der <strong>Schule</strong> aufhängen<br />

Grundschule: eine Dokumentation der<br />

Klassenaktivitäten zusammenstellen und<br />

für die Eltern kopieren.<br />

II. Zielgruppe Lehrkräfte<br />

s An der SOR-<strong>Schule</strong> sollte es nicht nur eine<br />

Lehrkraft geben, die sich für das Projekt<br />

verantwortlich fühlt, sondern ein Team<br />

von Lehrkräften<br />

s Das Team sollte sich in jedem Schuljahr<br />

mindestens einmal im Rahmen einer<br />

„Fachkonferenz SOR“ über die gelaufenen<br />

Aktivitäten und die Planung der kommenden<br />

Projekte austauschen<br />

s LehrerInnen sind ausgebrannt. Sie müssen<br />

davon überzeugt werden, dass Menschenrechtserziehung<br />

ihre Arbeit nicht<br />

erschwert, sondern nachhaltig erleichtert<br />

s Über die Landeskoordinatoren schulinterne<br />

Seminare für Lehrkräfte anbieten<br />

s Die Angebote der Bundeskoordination für<br />

67<br />

Jahrestreffen<br />

der SOR-SMC-<br />

<strong>Schule</strong>n in<br />

Berlin 2005<br />

Foto:<br />

Metin Yilmaz


68 Nachhaltigkeit<br />

s<br />

bundesweite PädagogInnenseminare ins<br />

Bewusstsein rücken<br />

Die Handbücher bewerben. Sie können<br />

Anregungen zur eigenen Arbeit geben und<br />

Vorbereitungsstress abnehmen.<br />

III. Schulorganisatorische<br />

Maßnahmen<br />

s Auf der Schulkonferenz sollte SOR-SMC<br />

ein fester Punkt der Tagesordnung werden,<br />

der jedes Mal aufgerufen wird, auch wenn<br />

vorher keine konkreten Themen anliegen<br />

s Eine Projektgruppe SOR-SMC einrichten,<br />

in die jährlich aus allen neuen Klassen<br />

mindestens ein/e SchülerIn aufgenommen<br />

wird<br />

s Jährlich wiederkehrende Termine sind für<br />

<strong>Schule</strong>n ein guter Anlass, sie gemeinsam<br />

zu begehen. Beispiele sind der 27. Januar<br />

(Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus),<br />

der 23. Mai (Tag der Demokratie;<br />

Verkündung des Grundgesetzes), der 9.<br />

November (Reichspogromnacht; Öffnung<br />

der Mauer)<br />

s Zertifi kate für SchülerInnen, die sich kontinuierlich<br />

an der Arbeit beteiligen, Projekte<br />

initiieren und Aktivitäten umsetzen<br />

s Teilnahmebescheinigung bei schulinternen<br />

Workshops, landes- und bundesweiten<br />

SOR-Treffen oder Seminaren ausstellen.<br />

Diese können für die Bewerbung interessant<br />

sein<br />

s Im Zeugnis die aktive Mitwirkung der<br />

SchülerInnen vermerken. Nicht als Benotung,<br />

sondern um die positive Mitwirkung<br />

zu honorieren<br />

s Die SV übernimmt die Leitung und die<br />

Verantwortung für die Weiterführung der<br />

Aktivitäten. Dafür bekommt sie ein deutliches<br />

Mitwirkungsrecht bei der Gestaltung<br />

von Projekttagen etc.<br />

s Aufnahme der Ideen und Ziele von SOR-<br />

SMC in das Schulprofi l<br />

s Unterschriftensammlung für alle Schulmitglieder<br />

regelmäßig im Abstand von<br />

zwei oder drei Jahren wiederholen<br />

s Unterschriftensammlungen in einen<br />

Rahmen mit inhaltlichen Aktivitäten einbetten.<br />

Thementag, Projekttag etc.<br />

s Wandzeitung, Pinnwand nutzen, um auf<br />

laufende oder geplante Aktivitäten hinzu-<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

weisen, Ergebnisse öffentlich machen, um<br />

MitmacherInnen für Projektideen zu<br />

gewinnen<br />

Jährlich die Aktivitäten der einzelnen<br />

Klassen dokumentieren und zum<br />

Abschlussfest aushängen<br />

Historie, Gedächtnis der eigenen Aktivitäten<br />

schaffen<br />

Aktivitäten öffentlich machen, die klassenübergreifend<br />

sind<br />

Bestehende Arbeitsgemeinschaften wie AG<br />

Frieden etc. sollten sich auch als AG SOR-<br />

SMC verstehen<br />

Die inhaltlichen Angebote der ProjektpartnerInnen<br />

bekannt machen<br />

ReferentInnen über die ProjektpartnerInnen<br />

in den Unterricht holen.<br />

IV. Öffnung von <strong>Schule</strong> –<br />

Kooperation groß schreiben<br />

s <strong>Schule</strong>n arbeiten oft vereinzelt. Stärkere<br />

Kommunikation mit anderen SOR-<strong>Schule</strong>n<br />

fördert die Anlässe, die zum aktiven Mitmachen<br />

bei den Jüngeren führen<br />

s Aufmerksamkeit der außerschulischen<br />

Öffentlichkeit auf die Aktivitäten der<br />

<strong>Schule</strong> lenken. Zusammenarbeit mit den<br />

lokalen Medien<br />

s Die Paten aktiv in die Arbeit der <strong>Schule</strong>n<br />

einbeziehen. Es bringt nicht viel, darauf zu<br />

warten, dass die Paten sich bei der <strong>Schule</strong><br />

melden. Besser ist es, konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

an sie heranzutragen<br />

s Regelmäßig die Angebote der Landeskoordination<br />

und der Bundeskoordination an<br />

alle Klassen weitergeben<br />

s Teilnahme der Schülerinnen und Schüler<br />

an landesweiten und bundesweiten Treffen<br />

fördern<br />

s Den Förderverein der <strong>Schule</strong> einbinden<br />

und für SOR-SMC-Aktivitäten einen Etat<br />

reservieren<br />

s Am Tag der offenen Tür über Stände,<br />

Kuchenverkauf etc. Spenden für schulinterne<br />

Aktivitäten sammeln<br />

s Sponsoring der konkreten Aktivitäten<br />

durch regionale Wirtschaftsunternehmen<br />

(Bäckerei, Schuhladen, Apotheke etc. )<br />

s Sponsoring zum Unterrichtsthema machen<br />

s<br />

Mögliche Sponsoren gezielt zu Ergebnispräsentationen<br />

in die <strong>Schule</strong> einladen.


VII. Anhang<br />

Landeskoordinatoren s Patinnen und Paten<br />

69<br />

Foto: SOR-<br />

SMC-Archiv


70<br />

Anhang<br />

Landeskoordinationen<br />

(Stand: 31. 8. 2006)<br />

Bayern<br />

Dr. Chong-Sook Kang<br />

Pädagogisches Institut<br />

Politische Bildung/<br />

Gesellschaftliche Schlüsselthemen<br />

Tal 31<br />

80331 München<br />

Tel.: 0 89 - 23 32 - 65 47<br />

Fax: 0 89 - 23 32 - 19 41<br />

Mail:<br />

chong-sook.kang@muenchen.de<br />

Internet: www.pifwe.muc.kobis.de<br />

Berlin<br />

Sanem Kleff, Ingo Grastorf<br />

<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

<strong>Schule</strong> mit Courage<br />

Bundeskoordination<br />

Ahornstr. 5<br />

10787 Berlin<br />

Tel.: 0 30 - 21 45 86 - 15<br />

Fax: 0 30 - 21 45 86 - 20<br />

Mail: schule@aktioncourage.org<br />

Internet:<br />

www.schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.org<br />

Brandenburg<br />

Birgit Funke<br />

RAA Brandenburg e. V.<br />

Friedrich-Engels-Str. 1<br />

14473 Potsdam<br />

Tel.: 03 31 - 7 47 80 - 0<br />

Fax: 03 31 - 7 47 80 - 20<br />

Mail: b.funke@raa-brandenburg.de<br />

Internet: www.raa-brandenburg.de<br />

Bremen<br />

Karin Schlichting<br />

Landeszentrale für<br />

politische Bildung<br />

Osterdeich 6<br />

28203 Bremen<br />

Tel.: 04 21 - 3 61 - 29 22<br />

Fax: 04 21 - 3 61 - 44 53<br />

Mail: info@lzpb-bremen.de<br />

Internet: www.lzpb.bremen.de<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Alain Raymond<br />

Hauptstr. 5a<br />

19412 Zahrensdorf<br />

Tel.: 03 85 - 48 52 - 7 11<br />

Fax: 03 85 - 48 52 - 7 24<br />

Mail: alain.raymond@arcor.de<br />

Internet: www.gew-mv.de<br />

Niedersachsen<br />

Marianne Winkler<br />

Niedersächsisches Ministerium<br />

für Inneres und Sport (MI),<br />

Büro der Ausländerbeauftragten<br />

Postfach 221<br />

30002 Hannover<br />

Tel.: 05 11 - 1 20 48 57<br />

Fax: 05 11 - 1 20 99 48 57<br />

Mail: marianne.winkler@<br />

mi.niedersachsen.de<br />

Internet: www.mi.niedersachsen.de<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Christiane Bainski<br />

Hauptstelle RAA – NRW<br />

Tiegelstr. 27<br />

45141 Essen<br />

Tel.: 02 01 - 83 28 - 3 07<br />

Fax: 02 01 - 83 28 - 3 33<br />

Mail: schule-<strong>ohne</strong>-rassismus-nrw@<br />

raa.essen.de<br />

Internet: www.raa.de<br />

Saarland<br />

Dr. Burkhard Jellonnek<br />

Landeszentrale für<br />

politische Bildung<br />

Beethovenstr. 26<br />

66125 Saarbrücken-Dudweiler<br />

Tel.: 0 68 97 - 79 08 - 1 76<br />

Fax: 0 68 97 - 79 08 - 1 77<br />

Mail: bjellonnek@lpm.uni-sb.de<br />

Internet: www.lpm.uni-sb.de/lpb<br />

Sachsen<br />

Peter Streubel<br />

Netzwerk für Demokratie und<br />

Courage, Landesnetzstelle Sachsen<br />

Schützenplatz 14<br />

01067 Dresden<br />

Tel.: 03 51 - 4 81 00 64<br />

Fax: 03 51 - 4 81 00 61<br />

Mail: sachsen@netzwerk-courage.de<br />

Internet: www.netzwerk-courage.de<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Cornelia Habisch<br />

Landeszentrale für<br />

politische Bildung, Ref. III<br />

Schleinufer 12<br />

39104 Magdeburg<br />

Tel.: 03 91 - 5 65 34 17<br />

Fax: 03 91 - 5 65 34 13<br />

Mail: cornelia.habisch@<br />

lpb.stk.lsa-nett.de<br />

Internet:<br />

www.lpb.sachsen-anhalt.de<br />

Schleswig-Holstein<br />

Medi Kuhlemann<br />

Aktion Kinder- und Jugendschutz<br />

Feldstr. 120<br />

24105 Kiel<br />

Tel.: 04 31 - 8 90 77 und -78<br />

Fax: 04 31 - 8 90 79<br />

Mail: kuhlemann@akjs-sh.de<br />

Internet: www.schleswig-holstein.<br />

jugendschutz.de<br />

Thüringen<br />

Matthias Müller<br />

MOBIT – Regionalbüro Gotha<br />

Brühl 23<br />

99867 Gotha<br />

Tel.: 0 36 21 - 22 86 96<br />

Fax: 0 36 21 - 22 86 98<br />

Mail: matthiasmueller@mobit.org<br />

Internet: www.mobit.org


Patinnen und Paten<br />

Patinnen und Paten<br />

Folgende Gruppen und Personen haben mit Stand 31. 7. 2006 die PatInnenschaft zumindest<br />

einer SOR-SMC-<strong>Schule</strong> übernommen. Mit ihrem Einsatz leisten sie einen wichtigen<br />

Beitrag, SOR-SMC als parteiunabhängiges und nachhaltig erfolgreiches Netzwerk der<br />

Menschenrechtsarbeit in ganz Deutschland zu verankern:<br />

1. FC Kaiserslautern Amateure; Fußball-Amateurmannschaft s 1. FC Union Berlin e. V.; Fußballverein sJoël<br />

Abati; Handballspieler beim SC Magdeburg s Asgar Abbaszadeh; Geschäftsführer Ramesch-Forum für interkulturelle<br />

Begegnung e. V. sTimotewus Abdissa; Apotheker sOtto Addo; Fußballspieler, derzeit beim FSV Mainz 05 s<br />

AFROB; Musiker s Doris Ahnen (SPD); Ministerin für Bildung, Frauen und Jugend in Rheinland-Pfalz s Tarik Al<br />

Wazir (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Hessischen Landtag s Fred Ape; Schriftsteller<br />

s Heike Apitzsch-Friedrich; Stiftungsmitglied der Kinder- und Jugendstiftung Johanneum s Schafi q Assad;<br />

Afghanistan-Hilfe Paderborn e. V. s Rachid Azzouzi; Fußballspieler s Bela B.; Die Ärzte, Musiker s Dirk Bach;<br />

Schauspieler, Comedian s Dietmar Bär; Schauspieler s Adé Bantu; Brothers Keepers, Musiker s Rainer Barcikowski;<br />

Mitglied der Geschäftsleitung EKO Stahl GmbH s Frank-Markus Barwasser; Comedian, „Erwin Pelzig“ s<br />

Franz Xaver Bauer (CSU); Erdinger Landrat (1987-2002) s Ingrid Baule (SPD); Landrätin im Landkreis Hildesheim<br />

s Dieter Baumann; Leichtathlet s Pina Bausch; Tänzerin, Choreografi n und Ballettdirektorin des Tanztheaters<br />

Wuppertal s Kurt Beck (SPD); Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und SPD-Parteivorsitzender s Marieluise<br />

Beck (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration<br />

(1998-2005) s Jürgen Becker; Kabarettist s Lou Bega; Musiker s Beginner; Musiker s Gabriele Behler (SPD);<br />

Ministerin für <strong>Schule</strong> und Weiterbildung sowie Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen (1995-2005) s Esther<br />

Bejarano; Zeitzeugin s Iris Berben; Schauspielerin s Thoralf Berg; Quadrathlon-Weltmeister, mehrfacher „Sportler<br />

des Jahres“ in Brandenburg s W. Michael Blumenthal; Direktor des Jüdischen Museums Berlin s Peter Blümlein<br />

(SPD); Oberbürgermeister in Filderstadt s Marco Bode; bis 2002 Fußballspieler bei Werder Bremen und Nationalspieler<br />

s Kirsten Boie; Kinder- und Jugendbuchautorin s Alexander Bonde (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); MdB s<br />

Tim Borowski; Fußballspieler bei Werder Bremen und Nationalspieler s Borussia Dortmund; Fussballverein s<br />

Ricarda Botzon; Ultra-Marathonläuferin s Bozoo Bajou; Musiker s Horst-Dieter Brähmig (PDS); Oberbürgermeister<br />

der Stadt Hoyerswerda s Berthold Brehm (CDU); Bürgermeister von Chemnitz s Bremer StadtImmigrantenOrchester;<br />

Musiker s Edna Brocke; Leiterin der Gedenkstätte Alte Synagoge Essen s Lutz Brockmann (SPD); Bürgermeister<br />

der Stadt Verden s Elmar Brok (CDU); EU-Abgeordneter s Brothers Keepers; Musiker s Lee Buddah;<br />

Musiker s Almira Büchner; gemeinsam mit Horst Wehner Deutsche Meister im Rollstuhltanzen 2006 (Combi Paare)<br />

s Bernd Busemann (CDU); Kultusminister in Niedersachsen s BV Chemnitz 99 e. V.; Basketballverein s John<br />

Cashmore; Musical „Gaudi“ s Gandhi Chantine; Musiker (Sons of Gastarbeita) s Jürgen Croy; Geschäftsführer Kultour-Z<br />

s Cuxhaven BasCats; Basketballverein s Eberhard David (CDU); Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld s<br />

December Peals; Musiker s Ann Demeester; Kuratorin MARTa Herford s Die Blindfi sche; Kinderrockgruppe s Die<br />

Prinzen; Musiker s Mike Diehl; Musiker s Jutta Ditfurth; Publizistin s Donots; Musiker s Peter Dressen (SPD);<br />

MdB s Garrelt Duin (SPD); MdB s Hans-Joachim Dumeier; Musiker (Church meets Synagogue) s DynamoFans<br />

Dresden e. V.; Fanprojekt s EHC Eisbären Berlin; Eishockeyverein s EINS Live; Radiosender s Eisbären Bremerhaven;<br />

Eishockeyverein s Ani Ekpenyong; Geschäftsführung und Lektorat Orlanda-Frauenverlag, Berlin s Timo<br />

Engel; ehemaliger Schüler des Ratsgymnasiums Rotenburg s Osman Engin; Autor s Ludger Ernsting; Pfarrer s<br />

Malik Fathi; Fußballspieler bei Hertha BSC Berlin s FC Energie Cottbus e. V.; Fußballverein s FC Erzgebirge Aue<br />

e. V.; Fußballverein s FC Rot-Weiß Erfurt e. V.; Fußballverein s Zekai Fenerci; HipHop-Ensemble s Heino Ferch;<br />

Schauspieler s Wolfgang Fiedler (CDU); Mitglied des Landtags in Thüringen s Wolfgang Finke; Musiker s Christian<br />

Fitzek; Handballtrainer s Joachim Franz; Extremsportler s Peter Freiberg; Autor, Moderator s Freiwillige<br />

Feuerwehr Schlema s Benno Fürmann; Schauspieler s Irith Gabriely; Musikerin (Church meets Synagogue) s<br />

Salvatore Gambino; Fußballspieler bei Borussia Dortmund s Dennis Gansel; Filmregisseur s Michael Gantenberg;<br />

71


72<br />

Anhang<br />

Moderator s Ferdi Gatzweiler (SPD), Bürgermeister der Stadt Stolberg s Shanta Ghosh; Leichtathletin s Marco<br />

Grensing; Bürger aus Finowfurt, Träger des Bundesverdienstkreuzes s Herbert Grönemeyer; Musiker s Ernst<br />

Grube; Zeitzeuge s Barbara Hackenschmidt (SPD); MdL in Brandenburg s Hannover ’96; Fußballverein s Hannover<br />

Scorpions Eishockey Betriebs GmbH; Eishockeymannschaft s Rainer Happeck; Rollstuhl-Basketballspieler,<br />

Rollstuhl-Sportclub (RSC) Osnabrück s Rebecca Harms (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Mitglied des Europäischen<br />

Parlaments s Uwe Harttgen; Diplompsychologe s HC Leipzig; Handballverein s Boris Henry; Speerwerfer s<br />

Berthold Herpe; Zeitzeuge s Hertha BSC; Fußballverein s Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup; Pfarrerin s Jan<br />

Hofer; Journalist und Moderator s Gert Hoffmann (CDU); Oberbürgermeister von Braunschweig s Fynn Holpert;<br />

Manager bei TBV Lemgo, ehem. Spieler s Klaus Hurrelmann; Professor für Sozial- und Gesundheitswissenschaften<br />

s IREAN; Musiker s Hannes Jaenicke; Schauspieler, Sprecher, Drehbuchautor s Hajo Jahn; 1. Vorsitzender der<br />

Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e. V. u. -Stiftung s Jann Jakobs (SPD); Oberbürgermeister der Stadt Potsdam s<br />

Christian Jaletzke; ehem. Geschäftsführer „Varusschlacht im Osnabrücker Land gGmbH“ s Walter Jansen; Musiker<br />

s Julia Jentsch; Schauspielerin s K....! (ehemals KARAT); Musiker s Eugen Kahl; Zeitzeuge s Ferhat Kaleli; Autor,<br />

Schauspieler s Carl-Jürgen Kaltenborn; Theologe s Sebastian Kehl; Fußballspieler bei Borussia Dortmund und<br />

Nationalspieler s Keimzeit; Musiker s Idrissa Keita; Autor und Komponist aus Mali s Kathy Kelly; Sängerin, Musikerin<br />

s Hans-Peter Kemper (SPD); MdB s Hedwig Keppelhoff-Wiechert (CDU); Abgeordnete des europäischen<br />

Parlaments s Riad Kheder; Musiker (Church meets Synagogue) s Ursula Kinkel; Gründerin von: Hilfe für Opfer von<br />

Ausländerfeindlichkeit e. V. s Gesine Klack; Buchhändlerin s Wolfgang Klinz (FDP); Abgeordneter des Europäischen<br />

Parlaments s Hans-Georg Kluge; ehem. Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten<br />

in Brandenburg s Bruno Knust; Musiker s Thomas Koch; Autor, Moderator s Alexander Kogan; 1. Vorsitzender<br />

der Jüdischen Gemeinde Paderborn s Hans Koschnick (SPD); Bremer Bürgermeister a. D. und ehemaliges<br />

MdB s Alexander Köberlein; Musiker s Carsten Köthe; Moderator s Andreas Kottisch (SPD); Mitglied der bremischen<br />

Bürgerschaft s Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU); Ministerin für Inneres, Familie, Frauen und Sport<br />

im Saarland s Michael Krapp (CDU); MdL in Thüringen s Jens-Uwe Krause; Moderator s Olaf Kraußlach; Verbandsvorsitzender<br />

des Innungsverbandes für das Friseurhandwerk Westfalen-Lippe s Claus Kretz (CDU); Landrat<br />

des Landkreises Karlsruhe s Sebastian Krumbiegel; Musiker s Dirk Kühn; Braunschweiger Zeitung s Renate<br />

Künast (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag und Ministerin a. D. s Stefan<br />

Kuntz; Fußballtrainer s Friedrich Küppersbusch; Journalist s Hans Peter Kurtz; Vorstandsvorsitzender der<br />

Arbeitskammer des Saarlandes s Hibeo Kuwabara; Wissenschaftler s Toni L.; Musiker s Reinhard Lakomy; Liedermacher<br />

s Christine Lambrecht (SPD); MdB s Landplage Düsseldorf; Musiker s Prof. Dr. Vytautas Landsbergis;<br />

ehemaliger Staatspräsident Litauens und Abgeordneter des Europäischen Parlaments s Jochen Langbein; Fußballspieler<br />

s Evelyn Langhans; Welthungerhilfe: AugenZeugen-Künstlerprogramm s Leonard Lansink; Schauspieler<br />

s Aino Laos; Sängerin s Sewan Latchinian; Intendant der Neuen Bühne Senftenberg s Alexander Lebenstein;<br />

Zeitzeuge s Jörg Lehwald; Liedermacher s Uta Leichsenring; Polizeipräsidentin a. D. s Vera Lengsfeld (CDU); bis<br />

2005 MdB s Joachim Leuschner; Wissenschaftler s Clemens Lindemann (SPD); Landrat des Saar-Pfalz-Kreises s<br />

Mike Litt; Moderator s Werner Lorant; Fuballtrainer s Arno Lustiger; Zeitzeuge s Helga Luther; Zeitzeugin s<br />

M.O.R. (Monsters of Rap); Musiker s Wolf-Rüdiger Marunde; Illustrator, Cartoonist, Künstler s Erik Meijer; Fußballspieler<br />

Alemannia Aachen s Michael Meister (CDU); MdB s Beate Merk (CSU); Justizministerin in Bayern s<br />

Heidi Merk (SPD); MdL in Niedersachsen und Ministerin a. D. s Per Mertesacker; Fußballspieler bei Hannover ’96<br />

und Nationalspieler s Anna Mettbach; Zeitzeugin s Florian Meyer; Fifa Fußball-Schiedsrichter s MIA; Musiker s<br />

Bascha Mika; Chefredakteurin der „taz“ s Martin Moss; Darsteller Musical „Gaudi“ (verstorben am<br />

27. 9. 2002) s Mousse T.; Musiker, Produzent s Peter Müller (CDU); Ministerpräsident des Saarlandes s Sema<br />

Mutlu; Musikerin s Özcan Mutlu (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); MdA in Berlin s Azim Navabi; Journalist s Uli<br />

Nehls; Seminarleiter s Thomas Neubert; Fußballspieler bei Dynamo Dresden s Wolfgang Niedecken; Musiker s<br />

Frank Nimsgern; Musiker, Musical-Komponist s Horst-Werner Nitt; Bürgermeister der Stadt Pinneberg s Helmut<br />

Noach; Zeitzeuge s Ulrich Nußbaum; Finanzsenator in Bremen s Heinz Öhmann (CDU); Bürgermeister der Stadt<br />

Coesfeld s Orange But Green; Rock`n`Roll Band s Cem Özdemir (Bündnis 90/ DIE GRÜNEN); Abgeordneter des<br />

Europäischen Parlaments s Emin Özel; Iman s Oli P.; Musiker s Sally Perel; Zeitzeuge, Autor von „Ich war Hitlerjunge<br />

Salomon“ s Christian Pfeiffer; Kriminologe s Volker Pispers; Kabarettist s Greg Poss; Eishockey-Trainer s<br />

Michael Preetz; Fußballspieler, ehemals Hertha BSC s Hans-Ulrich Prill; Teilnehmer Paralympics, PSV Chemnitz s<br />

Radio Bremen Hörfunk – Bremen Vier; Radiosender s Radio Fiv; Lokalradio für den Kreis Recklinghausen s Axel


Patinnen und Paten<br />

Redmer (SPD); Landrat im Landkreis Birkenfeld s Stefan Reuter; Fußballspieler s Revolverheld; Musiker s Lars<br />

Riedel; Sportler s Walter Riester (SPD); Minister a. D. s Reinhold Robbe (SPD); Wehrbeauftragter des Deutschen<br />

Bundestages s Wolfgang Rolff; Co-Trainer bei Werder Bremen s Andrea Röpke; Moderatorin s Romani Rose; Vorstandsvorsitzender<br />

des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma s Wolf Rosenzweig; VHS Buxtehude s Siegmund<br />

Rotstein; Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Chemnitz s Marcus Rudolph; Moderator s Magda Ryborsch<br />

(Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Ratsmitglied in Augustdorfs Uwe Säbel; Musiker s Axel Saipa LL.M.; Regierungspräsident<br />

a. D. der Bezirksregierung Braunschweig s Barbara Salesch; Richterin s Sasha; Musiker s Kathrin<br />

Sawatzki; Moderatorin s Claudia Scarpatetti; Schauspielerin s Thomas Schaaf; Trainer Werder Bremen s Günther<br />

Scheib (SPD); Bürgermeister der Stadt Hilden s Johannes Scherer; Moderator s Henning Scherf (SPD); bis 2005<br />

Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen s Luise Scherf; Menschenrechtsaktivistin s<br />

Horst Schild (SPD); MdB s Ulf Schindler (CDU); Landrat s Verona Schinkitz; AG In- und Ausländer, Jugendclub<br />

Pavillon in Chemnitz s Herbert Schmalstieg (SPD); Oberbürgermeister der Stadt Hannover s Ulla Schmidt (SPD);<br />

Bundesministerin für Gesundheit s Paul-Gerhard Schmitz; Bürgermeister der Stadt Gummersbach s Sybille<br />

Schnehage; 1. Vorsitzende Katachel e. V. Verein für Humanitäre Hilfe in Afghanistan s Rolf Schnellecke (CDU);<br />

Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg s Thomas Schönlebe; Leichtathlet, Olympiateilnehmer s Ulrike Schrader;<br />

Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal s Gerd Schramm; Zeitzeuge s Pete Schrobsdorff s René<br />

Schulthoff; Moderator s Andreas Schulz (SPD); Bürgermeister der Stadt Hennigsdorf s Jörg Schulz (SPD); Oberbürgermeister<br />

von Bremerhavens Ralf Schumacher; Formel 1 Rennfahrer s Bernd Schumacher; Musiker s Sara-<br />

Ruth Schumann; Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oldenburg s Sven Oliver Schütt; Sportler und Jugendarbeiter<br />

s Gesine Schwan; Präsidentin der Europauniversität Viadrina Frankfurt (Oder) s Schwarz auf Weiss; Musiker s<br />

Götz Schwarzrock; Leiter der Redaktion Gesellschaftswissenschaften beim Cornelsen Verlag s Yvonne Sehmisch;<br />

Paralympics Teilnehmerin, Rollstuhl-Sprint und -Langstrecke s „Nicole“ Seibert; Musikerin s Heide Simonis<br />

(SPD); von 1993 bis 2005 Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein s Smudo; Musiker s Soda Maker;<br />

Musiker s Dorothee Sölle; Autorin (verstorben am 27. 4. 2003) s Hans Söllner; Musiker, Liedermacher s Sondaschule;<br />

Musiker s Dieter Sonnenschein (SPD); Ratsmitglied der Gemeinde Unterlüss s Sons of Gastarbeita; Musiker<br />

s Meilin Soongswang (SPD); Ortsvereinsvorsitzende, Grafi ng s Jan Sosniok; Schauspieler s Hilmi Sözer;<br />

Schauspieler s Paul Spiegel; Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (verstorben am 30. 4 .2006) s<br />

Thomas Spilker (CDU); ehem. Ratsherr der Stadt Essen s Rolf Stahlofen; Musiker (bis 2004 Sänger bei „Die Söhne<br />

Mannheims“) s Eberhard Staiger (CDU); bis 2005 Bürgermeister der Gemeinde Unterlüss s Elke Stange (SPD);<br />

Kreistagsmitglied s Stefan Stoppok; Musiker s Hiltrud R. Strupp; Vorsitzende der Gesellschaft für christlichjüdische<br />

Zusammenarbeit e. V. s SV Post Schwerin Handball-Bundesliga GmbH; Handballverein s Telekom Baskets<br />

Bonn; Basketballverein s Teutrine; Musiker s Bernhard Theilen; Regierungspräsident Weser-Ems s Tina<br />

Theune-Meyer; Ex-Trainerin der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft s Uwe Timm; Autor s Berit Tolke; ehemalige<br />

Redakteurin bei „Der Spiesser“ s Frederik Vahle; Autor, Kinderliedermacher, Germanist s Sven van Haren;<br />

Jugendleiter Sportverein Verbindung VB Oldendorf s Arton Veliu; Breakdance Weltmeister, Choreograf s VFC<br />

Plauen e. V.; Fußballverein s VfL Osnabrück; Fußballverein s VfL Wolfsburg – Fußball GmbH; Fußballverein s<br />

Virginia Jetzt!; Musiker s Voices; Musiker s Jan Voigtmann; Pressesprecher Splash Entertainment AG / Phlatline s<br />

Angelika Volquartz (CDU); Oberbürgermeisterin der Stadt Kiel s Thilo von Westernhagen; Musiker, Komponist s<br />

Günter Wallraff; Journalist s Hans Walpert; ehemaliger Schulleiter s Konstantin Wecker; Sänger, Liedermacher s<br />

Hans-Joachim Wefers; Pfarrer in Xanten s Hedi Wegener (SPD); MdB s Horst Wehner; gemeinsam mit Almira<br />

Büchner Deutsche Meister im Rollstuhltanzen 2006 (Combi Paare) s Barbara Weiler (SPD); Mitglied des Europäischen<br />

Parlaments s Peter Weiß (CDU); MdB s Andreas Wiebe (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Regierungspräsident<br />

im Regierungsbezirk Detmold von 2001 bis 2005 s Wise Guys GbR; à capella Quintett; Musiker s Gabriella Wollenhaupt;<br />

Autorin s Marianne Wonnay (SPD); MdL in Baden-Württemberg s Ranga Yogeshwar; Journalist s<br />

Yohto; Musiker s Marc Zabel; Kanut, Olymapiasieger s Arnd Zeigler; Moderator sJoachim Zeller (CDU); Bezirksbürgermeister<br />

im Bezirk Mitte von Berlin s Abini Zöllner; Autorin s Dirk Zöllner; Musiker s Tillmann Zülch; Generalsekretär<br />

der Gesellschaft für bedrohte Völker<br />

73


74<br />

Publikationen von SOR-SMC: Handbücher<br />

Handbuch für die Grundstufe<br />

Inhalt:<br />

s Das Projekt<br />

s Die Projektpartner<br />

s Gewalt und Mobbing<br />

s Diskriminierungen<br />

s Antisemitismus<br />

s Rechtsextremismus<br />

s Methoden für die Antidiskriminierungsarbeit:<br />

– Theater<br />

– Musik und Tanz<br />

– Literatur<br />

– Film und Video<br />

– Fotografi e<br />

– Bildende Kunst<br />

– Spiele<br />

– Sport<br />

Handbuch für die Sekundarstufe:<br />

Inhalt:<br />

s Das Projekt<br />

s Die Projektpartner<br />

s Gewalt und Mobbing<br />

s Diskriminierung aufgrund:<br />

– körperlicher Merkmale<br />

– des Geschlechts<br />

– der sexuellen Orientierung<br />

– der religiösen Orientierung<br />

s Islam heute<br />

s Antisemitismus<br />

s Nationalsozialismus<br />

s Rechtsextremismus<br />

s Antifaschistische Aktivitäten<br />

s Öffentlichkeitsarbeit<br />

s Konzepte, Plan- und Rollenspiele<br />

Bestellung<br />

Die Kosten betragen pro Handbuch 20 € zuzüglich 7 € Verpackungs-<br />

und Versandkosten<br />

Bestellungen per E-Mail: schule@aktioncourage.org<br />

per Fax: 030-21 45 86 20<br />

Die Publikationen wurden<br />

gefördert durch:


Trägerverein<br />

Diese Publikation wurde<br />

gefördert im Rahmen des<br />

Aktionsprogramms „Jugend<br />

für Toleranz und Demokratie –<br />

gegen Rechtsextremismus,<br />

Fremdenfeindlichkeit und<br />

Antisemitismus“ und „Projekt<br />

P – misch dich ein!“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!