Themenfelder - Schule ohne Rassismus
Themenfelder - Schule ohne Rassismus
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<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />
Kinder und Jugendliche stärken<br />
demokratische Netzwerke
<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />
Kinder und Jugendliche stärken<br />
demokratische Netzwerke
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Bundeskoordination<br />
<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong> mit Courage<br />
Ahornstraße 5<br />
10787 Berlin<br />
Tel.: 030/ 21 45 86 0<br />
Fax: 030/ 21 45 86 20<br />
E-Mail:<br />
schule@aktioncourage.org<br />
Internet:<br />
www.schule-<strong>ohne</strong>-<br />
rassismus.org<br />
© 2006 <strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage<br />
Redaktion: Sanem Kleff, Ingo<br />
Grastorf, Eberhard Seidel<br />
AutorInnen: Stefan Bahls,<br />
Birgit Böhme, Caroline<br />
Brass, Ingo Grastorf, Reiner<br />
Haag, Werner Hillen, Sanem<br />
Kleff, Medi Kuhlemann,<br />
Michael Luttmer, Holger<br />
Runge, Eberhard Seidel<br />
Produktion:<br />
Sarah Axner, Jörg Kohn,<br />
Petra Schreyer, Michael<br />
Uszinski<br />
Titelbild:<br />
Metin Yilmaz<br />
Druck:<br />
Wagemann Medien GmbH<br />
Redaktionsschluss:<br />
31. 8. 2006
Vorwort<br />
Viel wird dieser Tage über Kinder und Jugendliche<br />
diskutiert:<br />
Wie kann eine verantwortungsbewusste<br />
Kinderbetreuung gewährleistet werden? In<br />
welche Richtung sollen sich die Bildungseinrichtungen<br />
entwickeln, damit junge Menschen<br />
einem internationalen Vergleich standhalten<br />
können?<br />
Aber auch: Was sind die Wünsche und<br />
Ziele der heranwachsenden Generation?<br />
Parallel stellt sich die Frage: Wie kann es<br />
gelingen, demokratische Mitgestaltung in<br />
einer globalisierten Gesellschaft nachhaltig<br />
zu verankern?<br />
Beide Aspekte beschäftigen neben den<br />
Erwachsenen auch Kinder und Jugendliche.<br />
Sie möchten am Aufbau und an der Stärkung<br />
demokratischer Netzwerke mitarbeiten, Verantwortung<br />
übernehmen. Auf allen Ebenen.<br />
Sowohl in ihrem direkten Umfeld, der <strong>Schule</strong><br />
oder der Jugendeinrichtung. Aber auch im<br />
Stadtteil, in der Kommune.<br />
Junge Menschen haben oftmals sensiblere<br />
Antennen für demokratiegefährdende Tendenzen.<br />
Sie handeln im Kleinen oder Großen<br />
gegen Diskriminierungen, <strong>ohne</strong> zuvor ein<br />
Expertenkomitee zu Rate zu ziehen. Dennoch<br />
gibt es den Wunsch, sich organisiert zu engagieren.<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />
ist ein solches Beteiligungsangebot für<br />
junge Menschen. Ein Rahmen, in dem sie<br />
bereits in frühen Jahren bürgerschaftliches<br />
Engagement entwickeln und einstudieren<br />
können.<br />
Die vorliegende Broschüre berichtet von<br />
der beeindruckenden Fülle der Handlungsansätze<br />
und zeigt die Vielfalt der Aktivitäten.<br />
Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit. Dies würde den Rahmen<br />
sprengen. Im Interesse unserer LeserInnen<br />
haben wir uns auf beispielhafte Ansätze<br />
beschränkt.<br />
Das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong> mit Courage“ ist das größte Schul-<br />
netzwerk in Deutschland. Ihm gehören derzeit<br />
297 <strong>Schule</strong>n an, die von rund 250.000<br />
Kindern und Jugendlichen besucht werden.<br />
Wer sich vertiefend mit der Arbeit von<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />
beschäftigen möchte, dem empfehlen<br />
wir einen Besuch auf unserer Homepage:<br />
www.schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.org<br />
Sanem Kleff<br />
Projektleiterin<br />
Eberhard Seidel<br />
Geschäftsführer<br />
Bild links:<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Bild rechts:<br />
Foto:<br />
Lange<br />
5
6<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
I. Das Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Entstehung und Struktur s Prinzipien und Akteure<br />
II. <strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
Öffnung von <strong>Schule</strong> s Regionale Vernetzung s Kommunale Partizipation<br />
III. <strong>Themenfelder</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
Erinnerungskultur s Nationalsozialismus s Antisemitismus s Antiziganismus s<br />
Rechtsextremismus s Islam und Islamismus s Flucht und Asyl<br />
IV. Aktiv gegen jede Form von Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />
Sexuelle Orientierung s Herkunft<br />
V. Kompetenzen entwickeln und stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
Kommunikation und Medien s Konfl iktlösung<br />
VI. Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />
Veränderung des Schulprofi ls s Tipps zur Absicherung der Nachhaltigkeit<br />
VII. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />
Landeskoordinationen s Patinnen und Paten
I. Das Projekt<br />
Entstehung und Struktur s Prinzipien<br />
und Akteure<br />
Foto: IGS<br />
Bonn-Beul<br />
7
8 Das Projekt<br />
Dieter<br />
Baumann<br />
überreicht das<br />
(alte und 2001<br />
durch das<br />
neue ersetzte)<br />
SOR-Schild an<br />
das Berufsinstitut<br />
Flad<br />
in Stuttgart<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv<br />
Entstehung und Struktur<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />
(SOR-SMC) wurde in Deutschland 1995<br />
von AktionCourage e. V. initiiert. Angesichts<br />
der zunehmenden fremdenfeindlich und<br />
rechtsextremistisch motivierten Gewalt reifte<br />
die Überlegung: Es sollte in Deutschland eine<br />
Organisationsform geben, in der Kinder und<br />
Jugendliche die Möglichkeit haben, ihren Beitrag<br />
zur Verfestigung einer demokratischen<br />
Alltagskultur und zur Entwicklung von<br />
ethischen Werten und Normen zu leisten.<br />
Ausgangsüberlegung von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong>“ war und ist, dass Kinder und<br />
Jugendliche durchaus am gesellschaftspolitischen<br />
Leben partizipieren wollen, in dieser<br />
Altersgruppe aber gleichzeitig eine kritische<br />
Haltung gegenüber den Parteien und gesellschaftlichen<br />
Großgruppen wie Kirchen und<br />
Gewerkschaften besteht. Die Folge: Das<br />
öffentliche Engagement junger Menschen in<br />
diesen Institutionen hat in den letzten Jahren<br />
abgenommen.<br />
Gleichzeitig sind Kinder und Jugendliche<br />
auf der Suche nach alternativen Partizipationsmöglichkeiten,<br />
in denen Ideen sofort<br />
sichtbar sind und umgesetzt werden können,<br />
<strong>ohne</strong> eine längere zeitliche Verpfl ichtung und<br />
Bindung an eine Organisation, zum Beispiel<br />
eine Partei, einzugehen. Viele Jugendliche<br />
sehen in Sportvereinen, Umweltprojekten,<br />
oder Menschenrechtsgruppen eine solche<br />
Möglichkeit für ihr gesellschaftliches Engagement.<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ bietet Kindern<br />
und Jugendlichen einen Rahmen, in dem sie<br />
erste Schritte hin zur gesellschaftspolitischen<br />
Partizipation und Beteiligung an integrativen<br />
Prozessen selbstbestimmt einüben und aktiv<br />
an der inhaltlichen Ausgestaltung der Menschenrechtserziehung<br />
in Deutschland teilnehmen<br />
können.<br />
Eine europäische Idee<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ ist eine europäische<br />
Jugendbewegung. Nationale Koordinierungsstellen<br />
gibt es in Belgien (seit 1988), wo<br />
das Projekt entstand, den Niederlanden (seit<br />
1992), Deutschland (seit 1995), Österreich<br />
(seit 1999) und Spanien (seit 2002).<br />
Gemeinsam ist „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
in allen beteiligten Ländern folgende Grundidee:<br />
<strong>Schule</strong>n, die sich dem Netzwerk<br />
anschließen, einigen sich in einer Selbstverpfl<br />
ichtung mehrheitlich darauf, aktiv gegen<br />
<strong>Rassismus</strong> vorzugehen. Über diese Grundidee<br />
hinaus wird das Projekt in den einzelnen<br />
Ländern unterschiedlich umgesetzt, da die<br />
nationalen Besonderheiten der Schullandschaft,<br />
der politischen und föderalen Strukturen<br />
zu berücksichtigen sind. Auch erfolgt die<br />
nationale Koordination jeweils in eigener<br />
Regie und Verantwortung, da es bislang<br />
keine gemeinsame Dachorganisation gibt.<br />
Insgesamt tragen derzeit europaweit rund<br />
650 <strong>Schule</strong>n den Titel.<br />
Besonderheiten in Deutschland<br />
In den Jahren 1995 bis Ende 2000 fi rmierte<br />
das Projekt in Deutschland, analog zu den<br />
europäischen Partnerländern, unter dem<br />
Namen „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ und war<br />
zunächst, ausgehend vom Sitz von Aktion-<br />
Courage e. V. in Bonn, ein im Wesentlichen<br />
auf Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen
Entstehung und Struktur<br />
begrenztes regionales Projekt. Nachdem<br />
Sanem Kleff Anfang 2001 die Projektleitung<br />
übernahm, konnte der Sitz der Bundeskoordination<br />
von Bonn nach Berlin verlegt und das<br />
Projekt inhaltlich und organisatorisch neu<br />
konzipiert werden.<br />
In diesem Zusammenhang wurde der Projektname<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ um<br />
„<strong>Schule</strong> mit Courage“ ergänzt. Die Erweiterung<br />
des Projektnamens verdeutlicht, dass<br />
alle Formen von Diskriminierung (Diskriminierung<br />
aufgrund der Religion, der sozialen<br />
Herkunft, des Geschlechts, körperlicher<br />
Be sonderheiten, der politischen Weltanschauung,<br />
der sexuellen Orientierung) und alle<br />
totalitären und demokratiegefährdenden<br />
Ideologien in den Projektansatz einbezogen<br />
sind.<br />
Die Bundeskoordination versteht sich<br />
primär als Koordinationsstelle zwischen den<br />
<strong>Schule</strong>n, den außerschulischen Projektpartnern<br />
und den Kommunen und erst an zweiter<br />
Stelle als Entwickler von modellhaften inhaltlichen<br />
Angeboten.<br />
Eine weitere Besonderheit in Deutschland<br />
ist die sehr divergierende Landschaft von<br />
Nichtregierungsorganisationen und Initiativen<br />
in Ost- und Westdeutschland, was (abgesehen<br />
von der föderalen Struktur der <strong>Schule</strong>n)<br />
ein den spezifi schen Anforderungen entsprechendes<br />
Vorgehen in den einzelnen Bundesländern<br />
erfordert.<br />
Unter Kindern, Jugendlichen und PädagogInnen<br />
hat das Interesse an SOR-SMC kontinuierlich<br />
zugenommen, und SOR-SMC hat<br />
sich von einem regionalen Projekt zu einem<br />
bundesweit aktiven Netzwerk entwickelt. Es<br />
fi ndet bei Kindern und Jugendlichen aus den<br />
neuen Ländern als auch aus Migrantenfamilien<br />
erfreulich großen Anklang. Inzwischen<br />
gibt es in allen Bundesländern SOR-SMC-<br />
<strong>Schule</strong>n.<br />
Die Zahl der ausgezeichneten <strong>Schule</strong>n<br />
beträgt derzeit 297 (Stand 31. 7. 2006).<br />
70 <strong>Schule</strong>n davon befi nden sich in den neuen<br />
Ländern und Berlin. Damit wurde eine dem<br />
Bevölkerungsanteil entsprechend gleiche<br />
Verteilung in Ost- und Westdeutschland<br />
erreicht und die ursprüngliche, historisch<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
17 18 19<br />
14 15<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
1<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
13<br />
2<br />
52<br />
90<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
NRW<br />
7 8<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
24<br />
Sachsen-Anhalt<br />
4 7 6<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen<br />
9<br />
Bundesweites<br />
Treffen der<br />
SOR-SMC-<br />
<strong>Schule</strong>n 2004<br />
in Weimar –<br />
Graffi ti-<br />
Workshop<br />
Foto: Armin<br />
Ahlheim<br />
Schaubild 1:<br />
Verteilung der<br />
297 SOR-<br />
SMC-<strong>Schule</strong>n<br />
nach Bundesländern
10 Das Projekt<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
12<br />
8<br />
Schaubild 2:<br />
Verteilung der<br />
297 SOR-<br />
SMC-<strong>Schule</strong>n<br />
nach Schultypen<br />
Foto oben<br />
rechts:<br />
<strong>Schule</strong> am<br />
Katzenberg in<br />
Adendorf<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv<br />
Schaubild 3:<br />
Anzahl der<br />
<strong>Schule</strong>n<br />
bundesweit<br />
(ab 2007<br />
Prognose)<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
94<br />
55<br />
Schultypen<br />
104<br />
18<br />
6<br />
Grundschulen<br />
Förderschulen<br />
Haupt- und<br />
Realschulen<br />
Gesamtschulen<br />
Gymnasien<br />
Berufsbildende<br />
<strong>Schule</strong>n<br />
Sonstige<br />
bedingte Westlastigkeit des Projekts überwunden.<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />
hat sich als ein parteiübergreifendes<br />
Projekt etabliert. Vertreterinnen und Vertreter<br />
aus allen demokratischen Parteien und<br />
Repräsentanten aller wichtigen gesellschaftlichen<br />
Gruppen haben inzwischen Patenschaften<br />
für „<strong>Schule</strong>n <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong>n mit Courage“ übernommen und<br />
unterstützen damit das Anliegen der SchülerInnen.<br />
SOR-SMC hat sich zu einer demokratischen<br />
Jugendbewegung entwickelt, der in<br />
den zurückliegenden zehn Schuljahren<br />
bereits mehr als eine Million SchülerInnen<br />
angehörten. Allein im Schuljahr 2006/2007<br />
besuchen rund 250.000 Kinder und Jugendliche<br />
eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong>. SOR-SMC ist heute<br />
das größte Schulnetzwerk in Deutschland.<br />
Zum Vergleich: Dem Netzwerk der Unesco-<br />
5 20 27 34 39 47 80<br />
141 185222259<br />
320<br />
400<br />
500<br />
650<br />
800<br />
1.000<br />
1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011/<br />
2012<br />
Projektschulen sind bundesweit rund 160<br />
<strong>Schule</strong>n angeschlossen, am befristeten BLK-<br />
Programm „Demokratie leben & lernen“<br />
nehmen derzeit etwa 200 <strong>Schule</strong>n teil.<br />
Perspektiven 2011<br />
Ziel der Bundeskoordination bis zum Schuljahr<br />
2011/2012 ist es, 1.000 <strong>Schule</strong>n, die sich<br />
zu den Prinzipien von SOR-SMC bekennen,<br />
unter dem Dach des Netzwerkes zu vereinen.<br />
Da eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong> derzeit von<br />
durchschnittlich rund 800 SchülerInnen<br />
besucht wird, würden ab dem Schuljahr<br />
2011/2012 rund 800.000 Kinder und Jugendliche<br />
eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong> besuchen, die der<br />
Menschenrechtserziehung und den Partizipationsmöglichkeiten<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
einen herausgehobenen Stellenwert<br />
einräumen. Bei weniger als neun Millionen<br />
SchülerInnen, die im Schuljahr 2011/2012<br />
eine allgemein bildende <strong>Schule</strong> in Deutschland<br />
besuchen werden, würden damit knapp<br />
zehn Prozent der SchülerInnen von der Idee<br />
von SOR-SMC erfasst.<br />
Die Organisationsstruktur<br />
In den zurückliegenden Jahren hat die Bundeskoordination<br />
die notwendige Infrastruktur<br />
entwickelt, um dieses ambitionierte Vorhaben<br />
umzusetzen. Neben der Bundeskoordination<br />
in Berlin, die die nationale Koordinierung,<br />
Titelverleihungen, inhaltliche Weiterentwicklung<br />
und Evaluation sowie bundesweite Vernetzungstreffen<br />
der <strong>Schule</strong>n und der Kooperationspartner<br />
organisiert, gibt es in zwölf<br />
von 16 Bundesländern Landeskoordinationen.<br />
Diese unterstützen die Kinder und Jugendlichen<br />
kontinuierlich und standortnah,
Entstehung und Struktur<br />
können somit auch die wichtige persönliche<br />
Beziehung zu den Aktiven aufbauen und die<br />
Nachhaltigkeit des SOR-SMC-Ansatzes ge -<br />
währ leisten. Am Aufbau der Landeskoordinationen<br />
in den verbleibenden vier Bundesländern<br />
(Hessen, Badenwürttemberg, Hamburg<br />
und Rheinland-Pfalz) wird gearbeitet.<br />
Die Landeskoordinationen sind keine<br />
eigenständigen Einrichtungen, sondern angesiedelt<br />
bei bereits im Bereich der Menschenrechtserziehung<br />
tätigen staatlichen und<br />
nichtstaatlichen Einrichtungen, die in der<br />
Lage sind, auf das jeweilige Bundesland<br />
bezogenene Aufgaben des Projekts zu übernehmen.<br />
Die Arbeit der Landeskoordinationen wird<br />
ausschließlich über Landesmittel und direkt<br />
von ihnen akquirierte Drittmittel fi nanziert.<br />
Dabei geht es zum Beispiel um die Abordnung<br />
von Lehrerstellen oder um die Einbeziehung<br />
des Anliegens von SOR-SMC in die<br />
Arbeitsplatzbeschreibung des Trägers, der<br />
die Landeskoordination innehat.<br />
Neben dem Aufbau der Landeskoordinationen<br />
hat die Bundeskoordination in den letzten<br />
Jahren ein Netz von über 100 überregionalen,<br />
regionalen und kommunalen Kooperationspartnern<br />
geknüpft. Diese unterstützen<br />
auf Nachfrage die inhaltliche Arbeit der<br />
Kinder und Jugendlichen. Um die Zusammenarbeit<br />
zu manifestieren, wurde mit allen Partnern<br />
eine schriftliche Kooperationsvereinbarung<br />
abgeschlossen. Beispiele für diese Partner<br />
sind Nichtregierungsorganisationen wie<br />
das Archiv der Jugendkulturen, der Türkische<br />
Bund Berlin-Brandenburg, das Anne-Frank-<br />
Zentrum, die Medienanstalt berlin_brandenburg,<br />
das Presse- und Informationsamt der<br />
Bundesregierung, der Rundfunk Berlin Brandenburg,<br />
RAAs, Landeszentralen für politische<br />
Bildung, Sportvereine, der Hauptvorstand<br />
und die Landesverbände der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft oder das<br />
Jüdische Museum Berlin.<br />
Durch die enge und langfristige Zusammenarbeit<br />
mit den Kooperationspartnern<br />
gelingt es, den <strong>Schule</strong>n eine Vielzahl von für<br />
die <strong>Schule</strong>n kostenfreien inhaltlichen Angeboten<br />
zu unterbreiten.<br />
Dieses Netzwerk aus SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n,<br />
Landeskoordinationen und Kooperationspart-<br />
nern weiter auszubauen und zu stabilisieren<br />
ist eine zentrale Aufgabe der Bundeskoordination.<br />
Denn Kinder und Jugendliche können<br />
nur dann aktiv am gesellschaftlichen Geschehen<br />
partizipieren, wenn sie dabei von verschiedenen<br />
Seiten vielfältig und kompetent<br />
unterstützt werden. Und erst durch eine kontinuierliche<br />
Kommunikation und dauerhafte<br />
Kooperation der <strong>Schule</strong>n mit staatlichen und<br />
nichtstaatlichen Partnern entstehen nachhaltige<br />
Strukturen sowohl auf schulischer als<br />
auch auf kommunaler, regionaler und bundesweiter<br />
Ebene.<br />
Organisatorische und inhaltliche<br />
Entwicklung durch Modellprojekte<br />
Von 1995 bis Ende 2001 wurde SOR-SMC nur<br />
sporadisch und sehr begrenzt gefördert. Das<br />
Ergebnis: In den ersten sechs Jahren schlossen<br />
sich bundesweit „nur“ 80 <strong>Schule</strong>n dem<br />
Netzwerk an – überwiegend aus Nordrhein-<br />
Westfalen und Niedersachsen. Seit 2002<br />
11<br />
Schaubild 4:<br />
Organisationsstruktur<br />
von SOR-SMC
12 Das Projekt<br />
Foto oben:<br />
Der Pate Ralf<br />
Schumacher<br />
verleiht den<br />
Titel an die<br />
Realschule<br />
Kerpen.<br />
Foto:<br />
actionpress<br />
Foto unten:<br />
SOR-SMC-<br />
Party mit dem<br />
Rapper Toni L<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
erhielt die Bundeskoordination von SOR-SMC<br />
regelmäßige, zeitlich begrenzte Förderungen<br />
im Rahmen von Modellprojekten. Mit Hilfe<br />
dieser Projekte wurden die organisatorischen,<br />
institutionellen und die inhaltlichen<br />
Voraussetzungen geschaffen, die SOR-SMC<br />
bei einer Weiterförderung in die Lage versetzen,<br />
ein Netzwerk, das bis zu 1.000 <strong>Schule</strong>n<br />
umfasst, zu organisieren.<br />
Im Einzelnen handelt es sich um folgende<br />
Modellprojekte und Maßnahmen:<br />
1) SOR-SMC geht nach Ostdeutschland:<br />
Vom 1. 11. 2001 bis zum 31. 10. 2004 führte<br />
die Bundeskoordination von SOR-SMC im<br />
Rahmen des Sonderprogramms der Bundesregierung<br />
„Xenos – Leben und Arbeiten in<br />
Vielfalt“ die Maßnahme „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage geht nach Ostdeutschland<br />
und Berlin. Schwerpunkte:<br />
Chancengleichheit – Qualifi zierung – Vernetzung“<br />
durch. Damit wurden die Grundlagen<br />
für eine quantitative Ausweitung des Netzwerks<br />
der SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n geschaffen.<br />
Heute tragen in Ostdeutschland und Berlin 70<br />
<strong>Schule</strong>n den Titel.<br />
2) Erstellung von Materialien für die Arbeit<br />
an SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n: Vom 1. 7. 2002 bis<br />
zum 31. 10. 2005 führte die Bundeskoordination<br />
von SOR-SMC im Rahmen des Sonderprogramms<br />
der Bundesregierung „entimon –<br />
gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“<br />
die Maßnahme „SOR-SMC setzt<br />
neue Akzente – Materialien“ durch. Es<br />
wurden Handbücher für die Grundstufe und<br />
die Sekundarstufe erstellt, um den LehrerInnen<br />
und SchülerInnen Handreichungen für<br />
die inhaltliche Arbeit zur Verfügung zu stellen.<br />
Darüber hinaus wurden folgende Themenhefte<br />
erstellt:<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
„Medien und <strong>Rassismus</strong>: Radio“<br />
„Rechte Musik und Symbolik“<br />
„Diskriminierung aufgrund religiöser<br />
Orientierung“<br />
„Diskriminierung aufgrund sexueller<br />
Orientierung“<br />
3) „Islam und Ich“: In den Jahren 2003 bis<br />
2005 führte die Bundeskoordination in Kooperation<br />
mit der Bundeszentrale für politische<br />
Bildung, der Stadt Hannover und der<br />
Beauftragten der Bundesregierung für Migration,<br />
Flüchtlinge und Integration in sechs<br />
Städten mit mehr als 1.000 SchülerInnen acht<br />
Open Spaces zum Thema „Islam und Ich“<br />
durch. Auf diesen Veranstaltungen wurde<br />
eruiert, welche Rolle der Islam und der Islamismus<br />
im Alltagsleben von muslimischen<br />
und nichtmuslimischen SchülerInnen spielen.<br />
Es war bundesweit die erste Bestandsaufnahme<br />
zu diesem Thema. Eine Auswertung<br />
dieser Veranstaltungsreihe wurde 2005 unter<br />
dem Titel „Islam im Klassenzimmer –<br />
Impulse für die Bildungsarbeit“ in der Edition<br />
Körber-Stiftung veröffentlicht und von der<br />
Projektleiterin von SOR-SMC, Sanem Kleff,<br />
herausgegeben.<br />
4) Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>: Vom<br />
1. 10. 2004 bis zum 30. 4. 2006 führte die<br />
Bundeskoordination von SOR-SMC im<br />
Rahmen des Sonderprogramms „Projekt P –
Entstehung und Struktur<br />
Misch Dich ein“ des Bundesministeriums für<br />
Familie, Senioren, Jugend und Frauen<br />
(BMFSFJ), der Bundeszentrale für politische<br />
Bildung (bpb) und des Deutschen Bundesjugendrings<br />
(DBJR) das Projekt „Bremen <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong> – Bremen mit Courage / Chemnitz<br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – Chemnitz mit Courage“<br />
durch. In dieser Maßnahme haben Jugendliche<br />
aus Chemnitz und Bremen die Prinzipien<br />
von SOR-SMC mit einer von ihnen ausgearbeiteten<br />
Nichtdiskriminierungsagenda auf<br />
die kommunale Ebene übertragen und unter<br />
den Parlamentariern erfolgreich um eine<br />
Zweidrittelmehrheit geworben.<br />
5) SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n stärken demokratiefördernde<br />
Netzwerke: Vom 1. 3. 2005 bis<br />
zum 31. 12. 2006 führt die Bundeskoordination<br />
von SOR-SMC im Rahmen des Sonderprogramms<br />
der Bundesregierung „entimon –<br />
gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“<br />
das Projekt „SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n stärken<br />
demokratiefördernde Netzwerke“ durch.<br />
6) „Q-rage“: 2005 wurde in Kooperation mit<br />
dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung<br />
von SchülerInnen unter dem<br />
Titel „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ die erste<br />
Ausgabe der Zeitung „Q-rage“ erstellt, die<br />
bundesweit in einer Aufl age von 100.000<br />
Exemplaren vertrieben wurde. In dieser Zeitung<br />
berichten SchülerInnen über ihre Aktivitäten,<br />
die sich aus der <strong>Schule</strong> heraus in die<br />
Kommune erstrecken. Diese Kooperation<br />
wird 2006 fortgeführt.<br />
7) Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft:<br />
2005 führte die Bundeskoordination<br />
von SOR-SMC in Kooperation mit dem<br />
Beauftragten des Senats von Berlin für Integration<br />
und Migration mit Kindern und<br />
Jugendlichen sowie VertreterInnen von Migrantenorganisationen<br />
Veranstaltungen zum<br />
Thema „Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft“<br />
durch. Sie dienten der<br />
Bestandsaufnahme von Bedürfnissen und<br />
entsprechendem Handlungsbedarf in diesem<br />
bisher weitgehend unbearbeiteten Bereich der<br />
politischen Bildung.<br />
8) SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n machen Radio: Vom<br />
1. 1. bis 31. 12. 2006 führt die Bundeskoordination<br />
in Kooperation mit der Medienanstalt<br />
berlin_brandenburg das Projekt „SOR-SMC-<br />
<strong>Schule</strong>n machen Radio“ durch.<br />
Auch in Zukunft wird die Bundeskoordination<br />
neben der Regelarbeit Modellprojekte<br />
durchführen, die der qualitativen Weiterentwicklung<br />
des Netzwerks dienen.<br />
13<br />
Foto oben:<br />
Justizministerin<br />
Brigitte<br />
Zypries<br />
ernennt SOR-<br />
SMC 2004<br />
zum<br />
Botschafter<br />
der Toleranz<br />
Foto:<br />
Christian von<br />
Polentz<br />
Grenzenlos-<br />
Festival in<br />
Lübben<br />
Foto: Christian<br />
Heise
14 Das Projekt<br />
Die Patin<br />
Julia Jentsch,<br />
Hauptdarstellerin<br />
in dem<br />
Film „Sophie<br />
Scholl - Die<br />
letzten Tage“,<br />
inmitten der<br />
SchülerInnen<br />
am SZ<br />
Geschwister<br />
Scholl in<br />
Bremerhaven<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv<br />
Prinzipien und Akteure<br />
Warum wählt sich SOR-SMC für die Arbeit<br />
mit Kindern und Jugendlichen ausgerechnet<br />
die <strong>Schule</strong> als Aktionsfeld? <strong>Schule</strong> ist die einzige<br />
Institution in unserer Gesellschaft, die<br />
jede und jeder für mindestens zehn Jahre zu<br />
durchlaufen hat. Diese „Zwangsinstitution“<br />
ist somit der Ort, an dem alle Kinder und<br />
Jugendlichen angesprochen werden können.<br />
Darüber hinaus sind die Lebensjahre, in<br />
denen Kinder und Jugendliche SchülerInnen<br />
sind, die entscheidenden Jahre für die Entwicklung<br />
nicht nur von Sach- und Fachkompetenzen,<br />
sondern insbesondere von sozialer<br />
Kompetenz und ethisch-moralischen Haltungen.<br />
<strong>Schule</strong> wird dabei nicht als eine autarke<br />
Einheit gesehen, sondern stets im Kontext<br />
des sie umgebenden sozialen Umfelds<br />
betrachtet. Das bedeutet, jede <strong>Schule</strong> hat ihr<br />
eigenes soziales Profi l, aus dem ein für jede<br />
<strong>Schule</strong> spezifi sches Binnenklima entsteht.<br />
Dieses Binnenklima wird durch unterschiedliche<br />
lokale Traditionen und Interaktionsformen<br />
geprägt. Eine zentrale Möglichkeit,<br />
das Schulklima zu beeinfl ussen, bieten<br />
Selbstverpfl ichtungserklärungen, die von den<br />
Angehörigen einer <strong>Schule</strong> nicht nur entwickelt,<br />
sondern auch im alltäglichen Handeln<br />
getragen werden.<br />
Wie wird eine <strong>Schule</strong> zur SOR-SMC?<br />
Voraussetzung, um eine „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage“ zu werden, ist der<br />
Wille der SchülerInnen, ihrer <strong>Schule</strong> ein<br />
Selbstverständnis im Sinne des Projekts zu<br />
geben. Das heißt: Die Bundeskoordination<br />
von SOR-SMC verzichtet darauf, SchülerInnen<br />
offensiv zum Mitmachen zu überreden. In der<br />
Regel erfahren sie von dem Netzwerk über<br />
das Internet, aus den Medien oder durch<br />
Berichte anderer SchülerInnen. Nun liegt es<br />
an ihnen, zu entscheiden, in welcher Form sie<br />
die formale Voraussetzung erfüllen, nämlich<br />
die Unterschriften von mindestens 70 Prozent<br />
aller Menschen, die in der <strong>Schule</strong> lernen und<br />
arbeiten (SchülerInnen, LehrerInnen, SozialpädagogInnen,<br />
SekretärInnen, Hausmeister,<br />
etc.) zu sammeln. Manche „Initiativgruppe“
Prinzipien und Akteure<br />
hängt die Unterschriftenlisten während eines<br />
Schulfestes aus und sammelt die benötigten<br />
Unterschriften binnen weniger Stunden;<br />
andere nehmen sich für diesen Prozess viel<br />
Zeit, suchen jede Klasse einzeln auf, diskutieren<br />
mit den MitschülerInnen über die Zielsetzung<br />
des Projekts und haben erst nach mehreren<br />
Monaten die erforderliche Anzahl von<br />
Unterschriften.<br />
s Selbstverpfl ichtung einer SOR-SMC<br />
1) Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu<br />
einer zentralen Aufgabe meiner <strong>Schule</strong> wird,<br />
nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten<br />
und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen,<br />
insbesondere <strong>Rassismus</strong>, zu<br />
überwinden.<br />
2) Wenn an meiner <strong>Schule</strong> Gewalt, diskriminierende<br />
Äußerungen oder Handlungen ausgeübt<br />
werden, wende ich mich dagegen und<br />
setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen<br />
Auseinandersetzung mit diesem Problem<br />
gemeinsam Wege fi nden, zukünftig einander<br />
zu achten.<br />
3) Ich setze mich dafür ein, dass an meiner<br />
<strong>Schule</strong> einmal pro Jahr ein Projekt zum Thema<br />
Diskriminierungen durchgeführt wird, um<br />
langfristig gegen jegliche Form von Diskriminierung,<br />
insbesondere <strong>Rassismus</strong>, vorzugehen.<br />
Vieles geht besser mit<br />
Patinnen und Paten<br />
Neben der notwendigen Zahl der Unterschriften<br />
müssen die SchülerInnen eine Patin<br />
oder einen Paten für ihre <strong>Schule</strong>n fi nden, der/<br />
die ihr Anliegen unterstützt. Häufi g sind dies<br />
Personen aus den Bereichen Kunst, Politik,<br />
Medien oder Sport, wie zum Beispiel die<br />
Prinzen, Brothers Keepers, Mia, Konstantin<br />
Wecker, Kurt Beck, Ministerpräsident von<br />
Rheinland-Pfalz, der Europaabgeordnete Cem<br />
Özdemir, Frau Dr. Beate Merk, Staatsministerin<br />
der Justiz in Bayern, die Fußballer<br />
Michael Preetz und Marco Bode, die Schauspielerin<br />
Iris Berben oder Zeitzeugen wie<br />
Dr. h. c. Arno Lustiger. Für die SchülerInnen<br />
ist es eine große Unterstützung, wenn ihre<br />
Patinnen oder Paten nicht nur am Tag der<br />
Titelübergabe an ihrer Seite stehen, sondern<br />
sie dauerhaft in ihrem Engagement unterstützen<br />
und sich somit öffentlich für das Anliegen<br />
einsetzen. Die vollständige Liste der Patinnen<br />
und Paten von SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n fi nden Sie<br />
im Anhang.<br />
Sind die genannten Voraussetzungen<br />
erfüllt, erhält die <strong>Schule</strong> von der Bundeskoordination<br />
die Anerkennungsurkunde, die sie<br />
berechtigt, ihre <strong>Schule</strong> künftig „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ zu nennen.<br />
Der Titel ist kein Preis für bereits geleistete<br />
Arbeit. Er signalisiert, dass die <strong>Schule</strong> nun<br />
Teil des SOR-SMC-Netzwerks ist und künftig<br />
entsprechend den Prinzipien von SOR-SMC<br />
aktiv sein wird.<br />
In der Regel wird der Titel von der Bundeskoordination<br />
in einem feierlichen Festakt<br />
überreicht. Wenn am Ende des Festaktes das<br />
Schild SOR-SMC gut sichtbar an der Außenfassade<br />
der <strong>Schule</strong> angebracht ist, haben alle<br />
ihren Beitrag dazu geleistet, ihrer <strong>Schule</strong><br />
auch öffentlich ein Profi l zu geben.<br />
SOR-SMC verändert den<br />
Alltag an <strong>Schule</strong>n<br />
SOR-SMC hat die ganze <strong>Schule</strong> im Blick und<br />
möchte durch die Einladung zur Annahme<br />
einer Selbstverpfl ichtung dazu beitragen,<br />
menschenverachtende Haltungen zu minimieren.<br />
Welche konkrete Umsetzung dies dann<br />
15<br />
Titelverleihung<br />
an der<br />
Grundschule<br />
Pannesheide<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv
16<br />
Nikolaus-<br />
Otto-August-<br />
Berufskolleg<br />
in Köln<br />
Foto: NAO<br />
Das Projekt<br />
nach sich ziehen sollte, kann aufgrund der<br />
oben beschriebenen individuellen Prägung<br />
jeder <strong>Schule</strong> nicht einheitlich festgelegt<br />
werden. Denn selbstverständlich sind die<br />
Fragen, die sich SchülerInnen zum Beispiel in<br />
einer <strong>Schule</strong> mit interkultureller Zusammensetzung<br />
in Frankfurt am Main stellen, anders<br />
gelagert als jene, mit denen sich SchülerInnen<br />
einer <strong>Schule</strong> in Frankfurt (Oder)<br />
beschäftigen. Daher verzichtet SOR-SMC im<br />
Unterschied zu anderen Projekten, die ebenfalls<br />
in die <strong>Schule</strong>n hineinwirken wollen, auf<br />
ein verbindliches Curriculum oder Arbeits-<br />
programm. Vielmehr ist die Botschaft an die<br />
SchülerInnen, Themen, die sie persönlich<br />
interessieren, unter dem Aspekt der Verteidigung<br />
von Menschenrechten zu benennen und<br />
eigene Vorschläge für entsprechende Aktivitäten<br />
zu machen.<br />
Notwendige Bedingungen zum<br />
Erreichen des Projektziels<br />
s Freiwilligkeit der Teilnahme<br />
s Alle Schulmitglieder sind eingebunden<br />
s Die Selbstverpfl ichtung ist Teil des Selbstverständnisses<br />
der <strong>Schule</strong> und Teil des<br />
Schulprofi ls<br />
s Die Selbstverpfl ichtung ist durch die persönlichen<br />
Unterschriften verbindlich<br />
s Der Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong><br />
mit Courage“ verdeutlicht nach außen<br />
sichtbar die Selbstverpfl ichtung<br />
s Öffnung der <strong>Schule</strong> ist notwendig, um die<br />
Unterstützung von Partnern zu bekommen<br />
Angebote und Unterstützung<br />
durch SOR-SMC<br />
Die Bundeskoordination von SOR-SMC sowie<br />
die schulortnäher angesiedelten Landeskoordinationen<br />
sehen ihre Aufgabe darin, diesen<br />
Prozess zu fördern. Die von ihnen angebotenen<br />
Veranstaltungen auf Länder- und Bundesebene<br />
dienen dem Erfahrungsaustausch<br />
unter den SchülerInnen, der Bestätigung<br />
ihres bisherigen Einsatzes und dem persönlichen<br />
Kennenlernen.<br />
Informationsveranstaltungen, zum Beispiel<br />
zu Strukturen rechtsextremer Organisationen,<br />
der rechten Musikszene, der islamistischen<br />
Szene in Deutschland oder über die<br />
Arbeit von staatlichen und nichtstaatlichen<br />
Organisationen, die im Bereich Menschenrechtserziehung<br />
tätig sind, fördern das Sachwissen<br />
der SchülerInnen. Seminare zu<br />
Themen wie „SchülerInnen produzieren eine<br />
Zeitung“, „SchülerInnen machen Radio“ fördern<br />
spezifi sche Kompetenzen der SchülerInnen<br />
bei der Umsetzung ihrer Aktivitäten.<br />
Diese Angebote sind nicht Teil des Regelunterrichts,<br />
sondern erfolgen meist im Rahmen<br />
außerschulischer Veranstaltungen.<br />
SOR-SMC verfolgt in der Arbeit einen<br />
handlungsorientierten Ansatz. Sach- und<br />
Fachwissen wird nicht nur intellektuell ver
Prinzipien und Akteure<br />
mittelt, sondern mit sozialer und praktischer<br />
Erfahrung verknüpft. Die Kinder und Jugendlichen<br />
erlernen so nicht nur wichtige Schlüsselqualifi<br />
kationen für ihren künftigen beruflichen<br />
Werdegang, sondern vor allem ihre<br />
Rolle als mündige Bürgerinnen und Bürger.<br />
SchülerInnen kooperieren<br />
mit LehrerInnen<br />
SOR-SMC ermuntert die Kinder und Jugendlichen<br />
zu einer engen Zusammenarbeit mit<br />
den LehrerInnen, SozialpädagogInnen und<br />
weiteren MitarbeiterInnen ihrer <strong>Schule</strong>.<br />
Daher ist diese Zielgruppe Bestandteil des<br />
Konzepts von SOR-SMC. Sie sollen die Schüler<br />
unterstützen. Nicht sie bestimmen die<br />
Inhalte und Aktionsformen, sondern die<br />
SchülerInnen. Die Erwachsenen sind somit<br />
aufgefordert, eine für sie ungewohnte Rolle<br />
einzunehmen. Und dennoch sind sie unverzichtbar<br />
für das Gelingen der Pläne der SchülerInnen.<br />
Denn es geht nicht darum, die<br />
SchülerInnen sich selbst zu überlassen, sondern<br />
ihnen in geeigneter Form den Freiraum<br />
zu selbstbestimmtem Lernen und Handeln zu<br />
eröffnen. Seminare der Bundeskoordination<br />
von SOR-SMC sowohl zu Hintergrundinformationen<br />
als auch zu Fragen der didaktischen<br />
Umsetzung bieten den PädagogInnen dabei<br />
Unterstützung.<br />
Nichts geht <strong>ohne</strong><br />
Kooperationspartner<br />
Es gibt bundesweit viele Initiativen, staatliche<br />
und nichtstaatliche Einrichtungen, die in<br />
<strong>Schule</strong>n hineinwirken und SchülerInnen und<br />
PädagogInnen Angebote machen. SOR-SMC<br />
sieht diese als potenzielle PartnerInnen. Die<br />
Bundeskoordination sucht ständig nach weiteren<br />
Akteuren, die die Arbeit der <strong>Schule</strong>n im<br />
Netzwerk unterstützen können. Dabei brauchen<br />
diese keine gesonderten Aktivitäten zu<br />
entfalten, sondern bekommen durch die Partnerschaft<br />
mit SOR-SMC den direkten Zugang<br />
zu interessierten <strong>Schule</strong>n.<br />
Manche PartnerInnen agieren bundesweit,<br />
wie die Bundeszentrale für politische Bildung,<br />
der Hauptvorstand der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft oder das Bundespresseamt.<br />
Andere PartnerInnen, wie die<br />
Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerange-<br />
legenheiten, ARIC oder die Landeszentralen<br />
für politische Bildung sind auf Landesebene<br />
tätig. Von wesentlicher Bedeutung sind die<br />
Partner auf regionaler Ebene, wie zum Beispiel<br />
bezirkliche Ausländerbeauftragte,<br />
Jugendfreizeiteinrichtungen oder Selbstorganisationen<br />
von MigrantInnen. Gerade die<br />
regionalen Partner sind fl exibel in ihrem Einsatz<br />
an <strong>Schule</strong>n und kennen die lokalen Gegebenheiten<br />
am besten. Über diese Zusammenarbeit<br />
mit den lokalen Kooperationspartnern<br />
wird wesentlich zur Öffnung von <strong>Schule</strong> beigetragen.<br />
Methoden der Projektarbeit<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
Schulprofi l entwickeln<br />
Öffnung von <strong>Schule</strong> in die Kommune<br />
<strong>Schule</strong> als politischer Akteur im kommunalen<br />
Raum<br />
<strong>Schule</strong> als Teil der kommunalen und bundesweiten<br />
Netzwerke gegen menschenfeindliche<br />
Ideologien<br />
Kooperation mit regionalen und kommunalen<br />
Einrichtungen<br />
Landesweite Kooperation der <strong>Schule</strong>n<br />
Bundesweite Kooperation der <strong>Schule</strong>n<br />
Förderung der Kommunikationskompetenz<br />
aller Schulmitglieder<br />
Qualifi kation im Umgang mit Kommunikationsmitteln<br />
(Schulzeitung, Schulradio,<br />
Homepage der <strong>Schule</strong>, Theater, Musik,<br />
Video etc.)<br />
17<br />
Tag der<br />
Demokratie in<br />
Berlin 2005.<br />
Berlins Regierender<br />
Bürgermeister<br />
Klaus<br />
Wowereit mit<br />
zwei Schülerinnen<br />
aus<br />
Verden und<br />
Projektleiterin<br />
Sanem Kleff<br />
Foto: Eberhard<br />
Seidel
18 Das Projekt<br />
Von SOR-<br />
SMC-SchülerInnen<br />
erstellte<br />
Collage<br />
s<br />
s<br />
Information über die Hintergründe menschenverachtender<br />
Ideologien<br />
Erfahrungsaustausch über Aktionsformen<br />
zur Abwehr menschenverachtender Ideologien<br />
Öffentliche Resonanz<br />
In den letzten Jahren haben die Aktivitäten<br />
von SOR-SMC überwältigende öffentliche<br />
Resonanz gefunden. Denn die Arbeit der<br />
SchülerInnen wird nicht nur schulintern aufmerksam<br />
verfolgt, sondern auch durch die<br />
lokalen und überregionalen Medien. Zeitungen,<br />
Rundfunkstationen und Fernsehen<br />
berichten regelmäßig über Aktiv itäten der<br />
Bundeskoordination oder über Aktivitäten der<br />
<strong>Schule</strong>n vor Ort. Diese öffentliche Aufmerksamkeit<br />
motiviert die Kinder und Jugendlichen<br />
nicht nur zu weiteren Aktivitäten, sondern<br />
vermittelt ihnen, dass ihr Handeln nicht<br />
auf die Schulöffentlichkeit beschränkt bleibt<br />
und nicht folgenlos ist. Eine umfassende<br />
Dokumentation der Presseartikel fi nden Sie<br />
auf unserer Homepage www.schule-<strong>ohne</strong>rassismus.org.<br />
Auszeichnungen<br />
Die Arbeit der Bundeskoordination, aber auch<br />
das Engagement einzelner SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n<br />
wurde in den letzten Jahren wiederholt ausgezeichnet.<br />
So wurden bislang unter anderem<br />
sieben SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n vom Bündnis für<br />
Demokratie und Toleranz ausgezeichnet. Und<br />
die SOR-SMC-Hauptschule Lange Straße aus<br />
Duisburg erhielt 2006 den ersten Preis des<br />
Schulwettbewerbs „Mach mit! Verantwortung<br />
leben“ von buddY E.V. und Vodafone Stiftung<br />
Deutschland.<br />
Bisherige Auszeichnungen der<br />
Bundeskoordination:<br />
s 1996 – Jugendkulturpreis NRW der LandesarbeitsgemeinschaftKulturpädagogische<br />
Dienste Jugendkunstschulen NRW<br />
e. V.<br />
s 1997 – Förderpreis „Demokratie leben“<br />
des Deutschen Bundestages<br />
s 1997 – CIVIS-Preis des WDR Köln<br />
s 1997 – Aachener Friedenspreis vom gleichnamigen<br />
Verein<br />
s 1997 – Heinrich-Bußmann-Preis der SPD<br />
Lünen<br />
s 1998 – Bremer Solidaritätspreis des Senats<br />
der Hansestadt<br />
s 1998 – Jugendkulturpreis NRW der LandesarbeitsgemeinschaftKulturpädagogische<br />
Dienste Jugendkunstschulen NRW<br />
e. V.<br />
s 1999 – Förderpreis „Demokratie leben“<br />
des Deutschen Bundestages<br />
s 2001 – Buber-Rosenzweig-Medaille des<br />
deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaft<br />
für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit<br />
s 2004 – Auszeichnung als „Botschafter der<br />
Toleranz“ vom Bündnis für Demokratie<br />
und Toleranz
II. <strong>Schule</strong> als Akteur im<br />
kommunalen Raum<br />
Öffnung von <strong>Schule</strong> s Regionale<br />
Vernetzung s Kommunale Partizipation<br />
<strong>Schule</strong>n können in einer Kommune nur dann zu Knotenpunkten<br />
demokratiefördernder Netzwerke werden, wenn sie sich in den<br />
sozialen Nahraum hinein öffnen. Erst durch die kontinuierliche<br />
und dauerhafte Kooperation der <strong>Schule</strong>n mit staatlichen und<br />
nichtstaatlichen Partnern entstehen nachhaltige Strukturen<br />
sowohl auf schulischer als auch auf kommunaler, regionaler<br />
und bundesweiter Ebene. Erst durch die Zusammen arbeit an<br />
gemeinsamen Projekten entwickeln sich tragfähige Beziehungen,<br />
die in der Folge die Zivilgesellschaft stärken.<br />
19<br />
Foto:<br />
Roland Scheitz
20<br />
Sternmarsch<br />
„<strong>Schule</strong> mit<br />
Courage –<br />
<strong>Schule</strong> gegen<br />
<strong>Rassismus</strong>“ in<br />
Sehnde<br />
Foto:<br />
KGS Sehnde<br />
<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />
Öffnung von <strong>Schule</strong><br />
Sehnde ist eine Kleinstadt in Niedersachsen,<br />
vor den Toren Hannovers gelegen. Das Städtchen<br />
ist kein Zentrum rechtsextremer Aktivitäten.<br />
Trotzdem ist Wachsamkeit und Sensibilität<br />
angebracht, meint Carl Jürgen Lehrke,<br />
Bürgermeister der Stadt. Bei der letzten Bundestagswahl<br />
erreichte die NPD 1,7 Prozent<br />
der Stimmen. In der Stadt mit ihren knapp<br />
23.000 Einw<strong>ohne</strong>rn gibt es fünf Grundschulen<br />
mit rund 1.000 SchülerInnen und eine<br />
Kooperative Gesamtschule mit 1.800 SchülerInnen.<br />
Seit 2004 ist die KGS Sehnde eine<br />
Ganztagsschule, in der sich alle Schulformen<br />
(Hauptschule, Realschule, Gymnasium/SEK I<br />
und SEK II) unter einem Dach befi nden.<br />
Beispiel: KGS Sehnde<br />
Bereits 2003 hatte die KGS Sehnde sich zum<br />
Ziel gesetzt, die Auszeichnung „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ zu erwerben.<br />
Leicht hat es sich die <strong>Schule</strong> nicht<br />
gemacht. Mehr als zwei Jahre lagen zwischen<br />
dem Beschluss und der Titelverleihung im<br />
September 2005. In diesen beiden Jahren<br />
wurde das Anliegen von SOR-SMC in der<br />
<strong>Schule</strong> transparent gemacht. Zur Einstimmung<br />
der überdurchschnittlich großen Schülerschaft<br />
wurden 2004 und 2005 eine Reihe<br />
von Projekten zum Thema durchgeführt,<br />
Theaterstücke aufgeführt, Tanz- und Theatergruppen<br />
aus Südafrika an die <strong>Schule</strong> eingeladen,<br />
ein Gespräch mit dem Zeitzeugen Sally<br />
Perel („Ich war Hitlerjunge Salomon“) wurde<br />
organisiert. Darüber hinaus wurde die Ausstellung<br />
„Rechte Jugendkulturen“ in der KGS<br />
gezeigt und eine Lesung mit einer Aussteigerin<br />
aus der rechtsextremen Szene veranstaltet.<br />
Nachdem die SchülerInnen für die<br />
Themen Gewalt, Toleranz und Courage sensibilisiert<br />
waren, rief die Schülervertretung<br />
einen Wettbewerb ins Leben, um von der<br />
Schülerschaft ein Logo kreieren zu lassen,<br />
das für die geplante Projektwoche im Herbst<br />
2005 stehen sollte.<br />
Ein Großereignis wurde vorbereitet, um<br />
das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong><br />
mit Courage“ nicht nur in der KGS, sondern<br />
in der ganzen Stadt zu verankern. In der<br />
Woche vom 26. 9. bis 29. 9. 2005 war es<br />
schließlich soweit. Es waren Tage, wie sie<br />
Sehnde noch nicht erlebt hatte. Zum Auftakt<br />
der Projekttage organisierten die SchülerInnen<br />
eine Demonstration gegen <strong>Rassismus</strong><br />
und Diskriminierung. Die örtliche Zeitung<br />
„Anzeiger“ berichtete am darauf folgenden<br />
Tag auf der Titelseite: „Scharenweise strömten<br />
gestern Kinder und Jugendliche aus allen<br />
Himmelsrichtungen zum Sehnder Marktplatz.<br />
Direkt vor dem Rathaus fand eine Kundgebung<br />
mit mehr als 2.000 Teilnehmern statt –<br />
vermutlich die bisher größte Demonstration<br />
in Sehnde. Das Thema lautet: <strong>Schule</strong> mit Courage<br />
– <strong>Schule</strong> gegen <strong>Rassismus</strong>. Auch die<br />
Bundestagsabgeordneten Maria Flachsbarth<br />
(CDU) und Matthias Miersch (SPD) waren<br />
dabei. In selbst organisierten, vielfach von<br />
Unternehmen und Privatleuten unterstützten<br />
Projekten – insgesamt mehr als hundert –<br />
setzen sich die Schüler der Kooperativen<br />
Gesamtschule (KGS) in den kommenden<br />
Tagen mit den Themen Zivilcourage und Diskriminierung<br />
auseinander.“<br />
Eine Gruppe von SchülerInnen erstellte<br />
die Zeitung „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“, andere<br />
produzierten Radiobeiträge. Workshops zu<br />
Themen wie „Konfl iktlösung <strong>ohne</strong> Gewalt“,
Öffnung von <strong>Schule</strong><br />
„Konfl ikt im Klassenzimmer“ wurden durchgeführt.<br />
Manche beschäftigten sich mit<br />
Themen wie „Die Ehre – was ist das?“ „Was<br />
ist eigentlich <strong>Rassismus</strong>?“, „Russen, Alkohol,<br />
Gewalt???“, „Sehnde ist bunt – Was bietet<br />
Sehnde für Kinder mit Migrationshintergrund?“.<br />
Während der Aktionstage wurde eine<br />
Homepage eingerichtet (www.wir-schauenhin.com),<br />
auf der nicht nur die Projektwoche<br />
dokumentiert ist. Die Homepage wird laufend<br />
aktualisiert.<br />
Die beeindruckenden Aktivitäten der KGS<br />
Sehnde haben viele Mütter und Väter. Und<br />
eine Öffnung der <strong>Schule</strong> ist Voraussetzung.<br />
Zunächst ist da die Arbeitsgruppe „Wir<br />
schauen hin“, die alle Kooperationspartner,<br />
Ideen und Vorhaben koordiniert. In ihr arbeiten<br />
engagierte LehrerInnen und SchülerInnen<br />
der KGS mit ElternvertreterInnen, SozialpädagogInnen<br />
und externen BeraterInnen am<br />
gemeinsamen Ziel.<br />
Trotz dieses unermüdlichen Einsatzes der<br />
Projektgruppe und vieler Einzelpersonen<br />
wären die beeindruckenden Aktivitäten der<br />
KGS Sehnde von der <strong>Schule</strong> allein aufgrund<br />
der knappen personellen und fi nanziellen<br />
Ressourcen kaum möglich gewesen. Denn zu<br />
Beginn des Schuljahres 2005/ 2006 hat die<br />
KGS Sehnde nur noch eine Unterrichtsversorgung<br />
von 92 Prozent. Sechs volle Lehrplanstellen<br />
sind nicht besetzt, was bedeutet, dass<br />
jede Klasse wöchentlich zwei bis drei Stunden<br />
weniger Unterricht erhält, als ihr laut<br />
Lehrplan zusteht.<br />
Neben den SchülerInnen und LehrerInnen<br />
boten während der Projektwoche im September<br />
2005 eine Vielzahl von außerschulischen<br />
Einrichtungen der Stadt Projekte an: MitarbeiterInnen<br />
der Polizei, der Drogenberatung,<br />
der Entwicklungshilfe, aus Sportvereinen, der<br />
evangelischen Kirche, Frauen aus der Türkei<br />
und dem Iran, Jugendliche der freiwilligen<br />
Feuerwehr, vom Projekt „… für Demokratie<br />
Courage zeigen“ und MitarbeiterInnern des<br />
Medienbusses „Fluxus“. Darüber hinaus wird<br />
das Projekt von einer Reihe örtlicher Unternehmen<br />
gesponsert.<br />
Stefan Bahls, Lehrer an der KGS und Verantwortlicher<br />
für die Projektgruppe Courage<br />
meint: „Viele Projektpartner sollen dauerhaft<br />
an unsere <strong>Schule</strong> gebunden werden, denn<br />
letztlich geht es darum, ein Schulprogramm<br />
zu erstellen, das sich an der Auszeichnung<br />
<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage<br />
orientiert.“<br />
Die KGS verfolgt weiterhin das Konzept<br />
der Öffnung von <strong>Schule</strong>. Im Februar 2006<br />
untersuchten zum Beispiel Schülerinnen und<br />
Schüler des 10. Jahrgangs die Integration von<br />
ausländischen Kindern und Jugendlichen in<br />
der Gemeinde Sehnde – schwerpunktmäßig<br />
in den Sportvereinen. Sie gingen den Fragen<br />
nach: „Fördert der Sport das Zusammenleben<br />
von ausländischen und deutschen Kindern<br />
und Jugendlichen? Wo gibt es Konfl ikte?<br />
Welche Ursachen haben sie? Wie kann ihnen<br />
begegnet werden?“ Die Ergebnisse der Projektgruppe<br />
fanden Eingang in einer Talkshow,<br />
die Ende März 2006 in der KGS Sehnde<br />
live vom Medienbus „Fluxus“ über den<br />
Offenen Kanal ausgestrahlt wurde.<br />
Derzeit arbeiten LehrerInnen und Lehrer<br />
gemeinsam an einer Schulcharta, um das<br />
Profi l zukünftiger SOR-SMC-Arbeit an der<br />
KGS näher zu bestimmen. Bereits jetzt ist<br />
klar, dass Veranstaltungen wie die Holocaust-<br />
Gedenkstunde sowie die Courage-Projekttage<br />
dauerhaft stattfi nden werden.<br />
21<br />
Schülerinnen<br />
machen Radio<br />
Foto: KGS<br />
Sehnde
22<br />
<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />
Regionale Vernetzung<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />
ist ein altes und ein junges Projekt<br />
zugleich. Jung, weil sich über 50 Prozent der<br />
inzwischen ausgezeichneten <strong>Schule</strong>n erst in<br />
den letzten drei Jahren dem Netzwerk angeschlossen<br />
haben. „Alt“ ist das Projekt, weil<br />
die erste <strong>Schule</strong> bereits am 21. 6. 1995, also<br />
vor über elf Jahren, in Dortmund ausgezeichnet<br />
wurde. Kann es gelingen, die anfängliche<br />
Begeisterung in ein dauerhaftes Engagement<br />
zu überführen? Die Antwort lautet: Ja. Vor<br />
allem die regionale Vernetzung von SOR-<br />
SMC-<strong>Schule</strong>n hat sich bewährt – beim Erfahrungsaustausch<br />
und der Kontinuität der<br />
Arbeit.<br />
Beispiel: Dortmund/Kreis Unna<br />
Holger Runge, Jugendbildungsreferent im<br />
Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost, ist<br />
einer der Gründer von SOR-SMC in Deutschland<br />
und gehört bis heute zu den Aktiven im<br />
bundesweiten Netzwerk. Hier seine Erfahrungen<br />
der regionalen Netzwerkarbeit:<br />
Für den 30. März 1995 lud ich zum ersten<br />
Mal Schülervertretungen und LehrerInnen<br />
aus Dortmund ein, um ihnen das Projekt<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ vorzustellen, das es<br />
bereits in Belgien und in den Niederlanden<br />
gab. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt selbst<br />
nicht, dass dieses Treffen die Geburtsstunde<br />
des Arbeitskreises „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
in Dortmund und im Kreis Unna sein sollte.<br />
Aber seit dieser Zeit trifft sich der Arbeitskreis<br />
alle sechs Wochen.<br />
Im Herbst 2006 tragen acht <strong>Schule</strong>n aus<br />
Dortmund und acht <strong>Schule</strong>n aus dem Kreis<br />
Unna den Titel „SOR-SMC“. Es gibt keine Verpfl<br />
ichtung, am Arbeitskreis teilzunehmen,<br />
und natürlich hat die Besetzung häufi g<br />
gewechselt. Zunächst waren SchülerInnen<br />
die größte TeilnehmerInnengruppe. Nach<br />
über elf Jahren ist der Arbeitskreis zu einem<br />
Treffpunkt engagierter PädagogInnen geworden.<br />
SchülerInnen nehmen unregelmäßig<br />
daran teil. Sie kommen, wenn sie konkrete<br />
Fragen zu SOR-SMC haben oder Tipps bei der<br />
Entwicklung eines Projekts brauchen.<br />
In der Startphase ging es darum, zu<br />
sehen, wie das Konzept von SOR-SMC mit<br />
Leben erfüllt werden kann. Es stellten sich<br />
ganz praktische Fragen: Wie organisiert man<br />
die Unterschriftensammlung? Was macht<br />
man, wenn die Schulleitung das Projekt nicht<br />
will? Wie geht man mit Kritik aus dem<br />
rechtsextremistischen Lager um? Wie fi ndet<br />
man an der <strong>Schule</strong> und in der Stadt MitstreiterInnen<br />
in Sachen SOR-SMC? Welche Projektideen<br />
begeistern SchülerInnen? Wie<br />
fi ndet man einen Schirmmenschen?<br />
Der Erfahrungsaustausch stand im Vordergrund.<br />
Gute Praxiserfahrungen an der<br />
einen <strong>Schule</strong> konnten auch in einer anderen<br />
<strong>Schule</strong> übernommen werden. Fehler, die eine<br />
<strong>Schule</strong> gemacht hatte, musste eine andere<br />
<strong>Schule</strong> nicht wiederholen.<br />
Im Arbeitskreis herrschte eine euphorische<br />
Stimmung. Wir führten auch die<br />
ersten gemeinsamen, schulübergreifenden<br />
Projekte durch. Eine <strong>Schule</strong> organisierte<br />
1997 ein HipHop-Festival und lud dazu nicht<br />
nur die anderen Dortmunder SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n,<br />
sondern auch die ersten <strong>Schule</strong>n ein, die<br />
sich in Deutschland an dem Projekt beteiligten.<br />
Es war das erste (inoffi zielle) bundesweite<br />
SOR-SMC-Treffen.<br />
Nach dem Zauber des Anfangs rückte in<br />
der zweiten Phase die Beratungstätigkeit in<br />
den Mittelpunkt. SchülerInnen, die das Projekt<br />
mit viel Engagement begonnen hatten,<br />
beendeten ihre Schulzeit. Und so begann<br />
nach dem Aufbruch unser „langer Marsch<br />
durch die Institutionen“.<br />
Den Arbeitskreis beschäftigten zum Beispiel<br />
folgende Fragen: „Wie kann man neue<br />
Aktionsgruppen oder Arbeitsgemeinschaften<br />
gründen, um SOR-SMC weiterzuentwickeln?<br />
Wie können sich die Schülervertretungen<br />
oder ein Lehrerkollegium regelmäßig mit<br />
SOR-SMC beschäftigen? Wie kann man mit<br />
einer wenig motivierten SV oder mit einem
Regionale Vernetzung<br />
eher distanzierten Lehrerkollegium das Projekt<br />
weiter verfolgen?“<br />
Der Arbeitskreis stärkte die Beteiligten,<br />
weil man merkte, dass man kein Einzelkämpfer<br />
ist. Wir tauschten uns über passende<br />
Methoden für die Projektarbeit aus, suchten<br />
den Kontakt zu anderen Gruppen, die sich in<br />
Dortmund und im Kreis Unna mit der Überwindung<br />
von Diskriminierung beschäftigten.<br />
In jüngster Zeit übernimmt der Arbeitskreis<br />
verstärkt die Funktion eines Seismografen.<br />
Im Mittelpunkt stehen aktuelle<br />
Themen, zu denen es bislang nur wenig Literatur<br />
oder Fortbildungsangebote gibt. Zum<br />
Beispiel: Wie kann man im Rahmen von SOR-<br />
SMC die Auseinandersetzung mit dem Islam<br />
angemessen führen? Mit welchen Methoden<br />
kann die Lebenssituation von schwulen und<br />
lesbischen SchülerInnen und LehrerInnen in<br />
der <strong>Schule</strong> stärker thematisiert werden?<br />
Welche Demonstrationsformen sind passend,<br />
um rechtsextremen Gruppen das Wasser<br />
abzugraben? Wie kann man in der <strong>Schule</strong> den<br />
Konfl ikt zwischen Türken und Kurden thematisieren?<br />
Zu einer reinen Diskussionsrunde ist der<br />
Arbeitskreis allerdings nicht geworden. Wir<br />
haben zum Beispiel im Februar 2005 eine<br />
große Tagung zum 10-jährigen Jubiläum<br />
unseres Arbeitskreises durchgeführt und im<br />
Herbst 2005 einen Kettenfi lm präsentiert, an<br />
dessen Entwicklung fünf <strong>Schule</strong>n beteiligt<br />
waren. Diese Veranstaltungen hätte ein einzelnes<br />
Mitglied des Arbeitskreises nicht organisieren,<br />
fi nanzieren und durchführen<br />
können. Gemeinsam hat es viel Spaß gemacht<br />
und verdeutlicht: Wir sind in der Lage, immer<br />
wieder neue Aufbrüche zu starten.<br />
Der Aufbau eines Arbeitskreises verursacht<br />
keine hohe Kosten und lohnt sich, da er<br />
die Arbeit im Rahmen von SOR-SMC auf<br />
Dauer sicherstellen kann. Es empfi ehlt sich,<br />
dass eine Person (oder eine Gruppe) den<br />
Arbeitskreis kontinuierlich begleitet, zu Treffen<br />
einlädt, Protokolle schreibt, Informationen<br />
weitergibt und als Ansprechpartner in<br />
der Region erkennbar ist. Das ist mit einigem<br />
Arbeitsaufwand verbunden. Für mich hat sich<br />
dieser Aufwand bis heute gelohnt, weil<br />
dadurch zeitlich begrenzte und kontinuierliche<br />
Kontakte entstanden sind, die ich nicht<br />
missen möchte.<br />
23<br />
Arbeitsgruppe<br />
regionale<br />
Vernetzung<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
24<br />
Ein SPD-<br />
Abgeordneter<br />
in Chemnitz<br />
unterschreibt<br />
die Nichtdiskriminierungsagenda<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />
Kommunale Partizipation<br />
Wie wäre es, wenn sich nicht nur eine <strong>Schule</strong>,<br />
sondern eine ganze Stadt mit einer Mehrheit<br />
von über 70 Prozent dazu verpfl ichten würde,<br />
sich engagiert gegen jede Form von Diskriminierung<br />
einzusetzen? Ist das nur ein Traum?<br />
Die Bundeskoordination von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ wollte es<br />
wissen und führte von Oktober 2004 bis Mai<br />
2006 in Bremen und in Chemnitz das Modellprojekt<br />
„Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
durch. Es setzte sich zum Ziel, neue Formen<br />
der kommunalen Partizipation von Jugendlichen<br />
zu erproben.<br />
Wir entschieden uns für Bremen und<br />
Chemnitz, da in den beiden Städten bereits zu<br />
Projektbeginn ein Netz von SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n<br />
existierte. Im Oktober 2004 trugen in<br />
Bremen neun <strong>Schule</strong>n den Titel SOR-SMC, in<br />
Chemnitz drei. Darüber hinaus gab es weitere<br />
Anwärterschulen, die sich auf den Titel SOR-<br />
SMC vorbereiteten. Damit konnte davon ausgegangen<br />
werden, dass es in beiden Städten<br />
eine ausreichend große Zahl von engagierten<br />
SchülerInnen und PädagogInnen gibt, um ein<br />
ambitioniertes Projekt wie „Unsere Stadt<br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ zu beginnen.<br />
Beispiel: Unsere Stadt<br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
Das Vorhaben lautete: Schülerinnen und<br />
Schüler aus SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n in Chemnitz<br />
und in Bremen erarbeiten jeweils eine Antidiskriminierungsagenda,<br />
für die sie dann in<br />
ihren Städten um breite Unterstützung<br />
werben.<br />
Da es unrealistisch ist, in Kommunen mit<br />
mehreren hunderttausend Einw<strong>ohne</strong>rn 70<br />
Prozent aller Bürgerinnen und Bürger für<br />
eine Unterschrift zu gewinnen, mit der sie<br />
sich zu den Prinzipien von SOR-SMC bekennen,<br />
haben wir uns bei „Unsere Stadt <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong>“ für die Ebene des Parlaments entschieden,<br />
da die Abgeordneten die legitimen<br />
VertreterInnen der Bürgerinnen und Bürger<br />
sind. Allerdings sollten im Projektverlauf<br />
gesellschaftliche Gruppen wie Gewerkschaften,<br />
Unternehmer, Jugendverbände und<br />
Parteien für das Anliegen der Jugendlichen<br />
gewonnen werden, um dieses auf eine breite<br />
Basis zu stellen.<br />
Am Schluss des Projekts sollte idealerweise<br />
ein Beschluss des Parlaments stehen,<br />
bei dem sich mindestens 70 Prozent der VertreterInnen<br />
des Stadtparlaments auf die Antidiskriminierungsagenda<br />
einigen.<br />
Beispiel: Chemnitz und Bremen<br />
Das Projekt „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
wurde in fünf Phasen umgesetzt.<br />
Zunächst wurde die für die Durchführung<br />
des Projekts notwendige Infra- und Kommunikationsstruktur<br />
in den beiden beteiligten<br />
Städten sowie bei der Bundeskoordination in<br />
Berlin aufgebaut. Eine Reihe organisatorischer<br />
Fragen war zu klären. U. a.: Wie kann<br />
das Projektanliegen an die SchülerInnen und<br />
die <strong>Schule</strong>n in Chemnitz und Bremen herangetragen<br />
werden? Wie können die Landeskoordinatoren<br />
das Projekt vor Ort begleiten?<br />
Wie können mögliche lokale Kooperationspartner<br />
in Bremen und in Chemnitz gefunden<br />
und in das Projekt einbezogen werden?
Kommunale Partizipation<br />
Nach dieser Erkundungsphase verschickte<br />
die Bundeskoordination einen ersten Informationsfl<br />
yer an alle <strong>Schule</strong>n in Bremen und<br />
in Chemnitz. Schon die ersten Reaktionen auf<br />
das Projekt waren in beiden Städten sehr<br />
unterschiedlich. Während in Chemnitz das<br />
Projekt bei SchülerInnen, LehrerInnen als<br />
auch bei Gewerkschaften, Parteien,<br />
Geschäftsleuten und NGOs sofort auf reges<br />
Interesse stieß, brauchte es in Bremen eine<br />
längere Anlaufphase.<br />
Die unterschiedlichen Reaktionen führen<br />
wir auf das politische Klima in beiden Städten<br />
zurück. Im Stadtrat von Chemnitz sitzen<br />
fünf Abgeordnete der rechtsextremen „Republikaner“.<br />
Bei der sächsischen Landtagswahl<br />
vom 19. 09. 2004, nur wenige Wochen vor<br />
Beginn des Projekts „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“,<br />
votierten mehr als 9 Prozent der<br />
WählerInnen für die rechtsextreme NPD. Von<br />
den männlichen Jungwählern unter 25 Jahren<br />
gaben über 20 Prozent dieser Partei ihre<br />
Stimme – auch in Chemnitz. Die Beliebtheit<br />
der Partei vor allem unter jungen Wählern<br />
mobilisierte in Chemnitz viele SchülerInnen,<br />
die in dem Projekt „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
eine geeignete Möglichkeit sahen,<br />
etwas Wirksames gegen diese Entwicklung<br />
zu tun.<br />
Die erfolgreiche Implementierung des Projekts<br />
„Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ war in<br />
Chemnitz bereits am 21. 1. 2005 abgeschlossen.<br />
An diesem Tag nahmen an einer außerschulischen<br />
Veranstaltung über 120 SchülerInnen<br />
teil. Zahlreiche Ideen zur Umsetzung<br />
des Projekts wurden gesammelt und vier<br />
Arbeitsgruppen gegründet. Eine „AG Event“,<br />
deren selbst gestellter Arbeitsauftrag lautete:<br />
25
26<br />
Unterschriftenaktion<br />
in<br />
der Bremer<br />
Bürgerschaft<br />
Foto: Roland<br />
Scheitz<br />
<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />
Vorbereitung stadtweiter Aktionen zur Propagierung<br />
des Anliegens. Die „AG Öffentlichkeitsarbeit“<br />
und die „AG Politik“, die die<br />
Inhalte einer Nichtdiskriminierungsagenda<br />
für Chemnitz erarbeiten wollten. Die „AG<br />
Vernetzung“, die sich selbst den Namen „Sörnewöö“<br />
gab. Der Name „Sörnewöö“ leitet sich<br />
aus den Begriffen „SOR“, „Netzwerke“,<br />
„Workshops“ ab und verdeutlicht, dass es<br />
nicht nur um die Vernetzung in der Stadt,<br />
sondern auch um die Ausarbeitung inhaltlicher<br />
Workshops gehen sollte.<br />
Die Arbeitsgruppen wählten sich an<br />
diesem Nachmittag Paten, die den SchülerInnen<br />
bei ihren Aktivitäten mit Rat und Tat<br />
zur Seite stehen sollten.<br />
Ein Chemnitz vergleichbarer aktueller und<br />
verstärkter Problemdruck bestand im Herbst<br />
2004 in Bremen nicht. Bei der letzten Landtagswahl<br />
vom 25. 5. 2003 blieb die dort kandidierende<br />
rechtsextreme DVU mit 2,3 Prozent<br />
deutlich unter 5 Prozent. Ein vereinzelter<br />
Abgeordneter der DVU in der Bürgerschaft<br />
aus Bremerhaven wurde nicht als problematisch<br />
betrachtet.<br />
In einem sich über mehrere Monate hinziehenden<br />
Prozess prüften und diskutierten<br />
die Bremer SchülerInnen die Sinnhaftigkeit<br />
eines Projekts wie „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“.<br />
Im Zentrum der Diskussionen standen<br />
Fragen wie: Haben wir überhaupt aktuelle<br />
Probleme mit Rechtsextremen? Und engagieren<br />
sich unsere Stadtoberen nicht bereits<br />
genug gegen <strong>Rassismus</strong> und Intoleranz?<br />
Vor dem Hintergrund dieser Voraussetzungen<br />
machten sich die SchülerInnen in den<br />
darauf folgenden Monaten daran, zu prüfen,<br />
wie es um Rechtsextremismus und <strong>Rassismus</strong><br />
in ihrer Stadt bestellt ist. Im Verlauf<br />
ihrer Recherchen revidierten sie die zunächst<br />
optimistische Sicht. Sie erfuhren, dass<br />
Bremen eine Hochburg in Sachen rechter<br />
Musik ist und zum Beispiel die Naziband<br />
„Endstufe“ aus der Hansestadt kommt. Sie<br />
beschäftigten sich nun eingehender mit der<br />
sehr aktiven örtlichen rechten Hooligan-<br />
Szene. Auch die Neonazi-Aktivitäten im<br />
Bremer Umland rückten in ihren Fokus. Denn<br />
in Verden, vor den Toren Bremens gelegen, ist<br />
die NPD Anfang 2004 dabei, ein Schulungszentrum<br />
aufzubauen. SchülerInnen aus<br />
Verden wurden nach Bremen eingeladen, die<br />
von ihrem engagierten und anstrengenden<br />
Kampf gegen die Aktivitäten der Neonazis,<br />
die häufi g auch aus Bremen anreisen, berichteten.<br />
Kooperation, Qualifi kation<br />
und Netzwerkarbeit<br />
Um ein breites städtisches Bündnis für eine<br />
von den SchülerInnen entworfene Antidiskriminierungsagenda<br />
herzustellen, wurde<br />
zunächst der Kooperations– und Netzwerkarbeit<br />
ein zentraler Stellenwert eingeräumt.<br />
Aber auch der inhaltlichen Qualifi zierung.<br />
Denn es stellte sich während des Projektverlaufs<br />
für die SchülerInnen sehr schnell<br />
heraus, dass sie nur dann überzeugend in der<br />
Öffentlichkeit und gegenüber Kooperationspartnern<br />
auftreten können, wenn sie das zentrale<br />
Anliegen des Projektes „Unsere Stadt<br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“ inhaltlich fundiert vertreten<br />
können.<br />
Aus diesem Grund stand in Chemnitz die<br />
zweite Projektphase ganz unter dem Zeichen<br />
selbst erarbeiteter politischer Bildung, die vor<br />
allem von der Arbeitsgruppe „Vernetzung“<br />
organisiert wurde. Die AG führte Wochenendseminare<br />
durch, entwickelte einen Leitfaden<br />
für zwei- und vierstündige Workshops für<br />
die Sekundarstufe und ein so genanntes Diskriminierungsbarometer.<br />
Die AG-Mitglieder<br />
führten schulinterne Workshops durch, die<br />
die Sensibilisierung und Motivation von<br />
SchülerInnen für antirassistisches Engage-
Kommunale Partizipation<br />
ment und politische Partizipation anregen<br />
sollten.<br />
Parallel zu den Aktivitäten der AG Vernetzung<br />
beschäftigte sich die AG Politik mit dem<br />
Thema „EU-Antidiskriminierungspolitik und<br />
Kommunalpolitik“. Die SchülerInnen informierten<br />
sich darüber, was es mit diesen<br />
Richtlinien auf sich hat und was sie für eine<br />
Stadt wie Chemnitz bedeuten. Im Verlaufe der<br />
AG-Treffen erstellten die SchülerInnen zu<br />
diesem Thema ein Handout, das an alle, die<br />
sich an dem Projekt „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
beteiligten, verteilt und mit ihnen<br />
diskutiert wurde.<br />
Die AG Öffentlichkeitsarbeit richtete in<br />
einem ersten Schritt die Internetplattform<br />
www.sor-chemnitz.de ein, für die Jugendlichen<br />
in Chemnitz bis heute ein wichtiges<br />
Forum für Verabredungen und der Präsentation<br />
von Arbeitsergebnissen. Daneben bereitete<br />
die AG eine Pressekonferenz vor, um die<br />
lokalen Medien über das Projektanliegen zu<br />
informieren. Ende März 2005 gründete sich<br />
im Rahmen dieser AG eine Redaktionsgruppe,<br />
um zu Themen rund um Diskriminierungen,<br />
Rechtsextremismus und rechter<br />
Jugendkultur in Chemnitz Artikel zu verfassen.<br />
Die AG „Event“ arbeitet zunächst mit<br />
großem Elan an der Vorbereitung von Veranstaltungen<br />
und Konzerten, mit denen sie das<br />
Anliegen von „Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
einer breiten jugendlichen Stadtöffentlichkeit<br />
in Jugendzentren und auf öffentlichen Plätzen<br />
vorstellen wollte. Die Umsetzung scheiterte<br />
trotz vielfacher Bemühungen und zahlreicher<br />
Vorbereitungstreffen leider an fehlenden<br />
lokalen Sponsoren.<br />
Die Kooperation zwischen den inzwischen<br />
fünf SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n in Chemnitz verlief in<br />
dieser Projektphase bereits sehr gut, ebenso<br />
die Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen<br />
Organisationen und Initiativen. Die<br />
SchülerInnen kooperierten mit dem DGB,<br />
dem Netzwerk für Demokratie und Courage,<br />
der AG In- und Ausländer, dem kriminalpräventiven<br />
Rat, dem CVJM Chemnitz, dem<br />
Kulturz entrum VOXXX e. V., Courage Chemnitz,<br />
der Ausländerbeauftragten der Stadt<br />
Chemnitz, der soziokulturelle Einrichtung<br />
Kraftwerk e. V. , dem „tietz“, Radio T und der<br />
Freien Presse Chemnitz sowie dem Stadtmagazin<br />
0371. Diese Partner stellten Räumlichkeiten<br />
für Veranstaltungen zu Verfügung,<br />
fi nanzierten Wochenendseminare und<br />
be richteten über die Initiative der Jugendlichen.<br />
In Bremen richtete sich der Fokus der<br />
Netzwerkarbeit zunächst auf die Kooperation<br />
der zu Projektbeginn neun SOR-SMC <strong>Schule</strong>n,<br />
die bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend<br />
isoliert voneinander agierten. Nach einer<br />
Serie von Informationsveranstaltungen an<br />
den einzelnen SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n fand am<br />
16. 3. 2005 schließlich ein schulübergreifendes<br />
Projektetreffen in Bremen statt, an dem<br />
40 SchülerInnen aus mehreren SOR-SMC-<br />
<strong>Schule</strong>n teilnahmen. Analog zu dem Verfahren<br />
in Chemnitz wurden Arbeitsgruppen vereinbart.<br />
Projekttage für den Herbst 2005 wurden<br />
vorbereitet, um mit Fachreferenten zu<br />
Themen wie rechte Musik, rechte Kameradschaften<br />
in Bremen und Umland zu arbeiten.<br />
Die Nichtdiskriminierungsagenden<br />
In der dritten Phase verfassten die SchülerInnen<br />
in beiden Städten jeweils eine Antidiskriminierungsagenda.<br />
Anschließend sollte<br />
unter den Parlamentariern für eine 70-prozentige<br />
Mehrheit geworben werden.<br />
27<br />
Der<br />
Chemnitzer<br />
Oberbürgermeister<br />
Peter<br />
Seifert<br />
diskutiert mit<br />
SchülerInnen<br />
die Nichtdiskriminierungsagenda.<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
28<br />
<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />
s Chemnitzer<br />
Antidiskriminierungsagenda<br />
Chemnitzer Schülerinnen und Schüler engagieren<br />
sich in dem Projekt „Chemnitz <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong> – Chemnitz mit Courage“, um Maßnahmen<br />
gegen alle Formen der Diskriminierung<br />
in der Stadt Chemnitz zu entwickeln. Wir<br />
wollen dazu beitragen, ein gesellschaftliches<br />
Klima zu schaffen, in dem sich jede und jeder<br />
wohl fühlt und das von Gemeinschaftsgefühl,<br />
Engagement und Verständnis jeder und jedes<br />
Einzelnen füreinander geprägt ist.<br />
Trotz bestehender Antidiskriminierungsrichtlinien<br />
für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen<br />
Union sind diese bis heute in der<br />
Bundesrepublik Deutschland noch nicht auf<br />
nationaler Ebene umgesetzt. In der Bevölkerung<br />
existiert kein ausreichendes Bewusstsein<br />
bezüglich Diskriminierung und Antidiskriminierung.<br />
Rechtsextreme Kräfte nutzen<br />
dies für ihre politischen Ziele aus.<br />
Wir fordern den Chemnitzer Stadtrat deshalb<br />
auf, die Grundsätze der Antidiskriminierungsagenda<br />
durchzusetzen, welche auf den<br />
Grundüberlegungen der Antidiskriminierungsrichtlinien<br />
der Europäischen Union<br />
basiert. Es muss zu einem Anliegen der Stadt<br />
werden, ein Umdenken und eine Veränderung<br />
in Wahrnehmung und Handlungsweisen der<br />
Bevölkerung sowie auf institutioneller Ebene<br />
im Sinne der Antidiskriminierung spezifi scher<br />
gesellschaftlicher Gruppen zu gewährleisten.<br />
Wir fordern deshalb in der Stadt Chemnitz<br />
eine deutliche Positionierung gegen jegliche<br />
Form der Diskriminierung, insbesondere aufgrund<br />
der ethnischen Herkunft, der sexuellen<br />
Identität, der Religion und Weltanschauung,<br />
der Behinderung, des Geschlechts und des<br />
Alters von Menschen.<br />
Weiterhin fordern wir die Einrichtung<br />
eines Jugendparlaments in der Stadt Chemnitz,<br />
damit wir an der aktiven Umsetzung der<br />
Antidiskriminierungsrichtlinien mitwirken<br />
können und die Partizipation von Jugendlichen<br />
und Kindern in der Politik gewährleistet<br />
wird. Diesem Jugendparlament müssen vom<br />
Stadtrat konkrete Rechte zugesichert sowie<br />
Aufgabenbereiche anvertraut werden.<br />
Zur Umsetzung der Forderungen soll<br />
dieses Jugendparlament der Stadt Chemnitz<br />
vor allem unter den Jugendlichen und Kindern<br />
Aufklärungsarbeit in Form jugendgerechter<br />
Veranstaltungen leisten und Informationsmaterialien<br />
herausgeben.<br />
Wir fordern darüber hinaus die Stadt<br />
Chemnitz dazu auf, selbst zu einer aktiven<br />
Umsetzung der Antidiskriminierungsagenda<br />
beizutragen. Dabei muss eine effektivere<br />
Zusammenarbeit zwischen den Institutionen<br />
der Kommune, den Vereinen und Interessenvertretungen<br />
von Gruppen und Organisationen,<br />
die sich mit dem Thema der Antidiskriminierung<br />
auseinander setzen, entwickelt<br />
bzw. weiter ausgebaut werden. Dazu ist es<br />
notwendig, dass in Zukunft im Haushaltsplan<br />
der Stadt Chemnitz Gelder für die Antidiskriminierungsarbeit<br />
berücksichtigt werden.<br />
Außerdem fordern wir die Stadt Chemnitz<br />
als Arbeitgeber der Beschäftigten im öffentlichen<br />
Dienst dazu auf, uns bei dem Anliegen,<br />
gegen jede Form der Diskriminierung vorzugehen,<br />
zu unterstützen.<br />
Mit der Unterzeichnung dieser Antidiskriminierungsagenda<br />
verpfl ichtet sich jede und<br />
jeder Stadtratsabgeordnete, deren Grundsätze<br />
persönlich anzunehmen und aktiv<br />
durchzusetzen. Jede und jeder übernimmt so,<br />
als gewählter Vertreter der Chemnitzer Bevölkerung,<br />
seine Verantwortung für die demokratische<br />
Ausgestaltung unserer Stadt.<br />
s Bremer<br />
Antidiskrimi nierungsagenda<br />
1) Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu<br />
einer Aufgabe Bremens wird, nachhaltige und<br />
langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen<br />
zu entwickeln, um Diskriminierungen,<br />
insbesondere <strong>Rassismus</strong>, zu überwinden.<br />
2) Wenn in Bremen Gewalt, diskriminierende<br />
Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden,<br />
wende ich mich dagegen und setze mich<br />
dafür ein, dass offene Auseinandersetzungen<br />
mit diesem Problem stattfi nden, um gemeinsam<br />
Wege zu fi nden, einander zu achten.<br />
3) Ich setze mich dafür ein, dass in Bremen<br />
im nächsten Frühjahr der Jugend ein Tag in<br />
der Bürgerschaft gegeben wird. Dort soll mit<br />
Hilfe von Referenten, Workshops und vielem<br />
mehr Aufklärung über Aktivitäten im rechten<br />
Spektrum stattfi nden, um langfristig gegen<br />
jegliche Form von Diskriminierung, insbesondere<br />
<strong>Rassismus</strong>, vorzugehen.
Kommunale Partizipation<br />
Im Dezember 2005 konnten die SchülerInnen<br />
ihre Nichtdiskriminierungsagenden der<br />
Öffentlichkeit vorstellen. Um möglichst viele<br />
Menschen zu erreichen, produzierten sie die<br />
Zeitung „Q-rage“. Die Zeitung erschien bundesweit<br />
in einer Aufl age von 100.000 Exemplaren<br />
und wurde in Bremen und Chemnitz in<br />
einer Aufl age von 20.000 Exemplaren an den<br />
<strong>Schule</strong>n und Treffpunkten von Jugendlichen<br />
verteilt. Darüber hinaus wurde die Zeitung<br />
an alle SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n in Deutschland<br />
verschickt und am 3. Dezember der bundesweiten<br />
Ausgabe der „tageszeitung“ (taz) beigelegt.<br />
Werben um parlamentarische<br />
Mehrheiten<br />
Ab Januar 2006 trat das Projekt in seine entscheidende<br />
Phase. Die große Frage, die die<br />
SchülerInnen nun beschäftigte, war: Gelingt<br />
es uns, 70 Prozent der Parlamentarier für<br />
eine Unterschrift unter unsere jeweilige<br />
Nichtdiskriminierungsagenda zu gewinnen?<br />
In Bremen ging nun alles schnell über die<br />
Bühne. Vom 24. bis 26. Januar bauten die<br />
SchülerInnen in der Bürgerschaft einen Stand<br />
auf und warben bei den ein- und ausgehenden<br />
Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft<br />
um Unterschriften für ihre Agenda.<br />
Der Erfolg war durchschlagend. Ausnahmslos<br />
alle 84 Abgeordneten der Bürgerschaft<br />
unterschrieben fraktionsübergreifend<br />
die Selbstverpfl ichtung, in ihren Ressorts<br />
künftig den Bereich der Antidiskriminierungsarbeit<br />
stärker zu berücksichtigen und<br />
ab 2006 jährlich einen „Tag der Jugend“ zu<br />
diesem Thema durchzuführen. Selbst der<br />
Abgeordnete der rechtsextremen DVU<br />
drängte von sich aus zum Unterschreiben.<br />
Von den Jugendlichen deshalb zur Rede<br />
gestellt, meinte er: „Auch ich werde aufgrund<br />
meiner politischen Überzeugung diskriminiert.“<br />
Bremen ist damit bundesweit die erste<br />
Stadt, die den Titel „Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“<br />
trägt. Am 11. 5. 2006 überreichten die SchülerInnen<br />
dem Präsidenten der Bürgerschaft,<br />
Christian Weber, in einem feierlichen Akt die<br />
Plakette „Bremen gegen <strong>Rassismus</strong> – Bremen<br />
mit Courage“. Sie wird am 29. 9. 2006 verbunden<br />
mit einem Festakt in der Bürgerschaft<br />
angebracht. An diesem Tag veranstal-<br />
29<br />
Bremer<br />
SchülerInnen<br />
starten ihre<br />
Unterschriftenaktion<br />
in<br />
der Bürgerschaft<br />
Foto: Roland<br />
Scheitz
30<br />
Chemnitzer<br />
SchülerInnen<br />
leisten vor<br />
Abgeordneten<br />
Überzeugungsarbeit<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
<strong>Schule</strong> als Akteur im kommunalen Raum<br />
tet die Bürgerschaft auch erstmals den von<br />
den Jugendlichen geforderten „Tag der<br />
Jugend“, um umfassend über rechtsextreme<br />
Aktivitäten in der Hansestadt und Umgebung<br />
zu informieren.<br />
Chemnitz<br />
Eine Delegation von 15 SchülerInnen<br />
besuchte am 27. 2. 2006 auf Einladung der<br />
Fraktionsvorsitzenden der PDS, CDU, SPD,<br />
Bündnis 90/Die Grünen und der FDP das Rathaus,<br />
um bei den 54 Stadträten persönlich für<br />
die Unterzeichnung der Agenda zu werben.<br />
Dreißig Minuten Zeit räumten die Abgeordneten<br />
der SPD und des Bündnis90/Die<br />
Grünen den SchülerInnen ein, um sie von<br />
dem Anliegen zu überzeugen. Alle zehn<br />
Stadträte der SPD und die drei Stadträte der<br />
Grünen unterzeichneten die Agenda. Ganz<br />
anders ging es ein paar Räume weiter zu.<br />
Dort ließen sich die vierzehn Stadträte der<br />
CDU und fünf Stadträte der FDP gemeinsam<br />
über das Projekt unterrichten. Ohne auch nur<br />
eine Unterschrift zu bekommen, verließen die<br />
SchülerInnen die Sitzung und wurden auf<br />
unbestimmte Zeit mit einer noch ausstehenden<br />
Entscheidung über die Unterzeichnung<br />
der Agenda vertröstet. Bei den fünfzehn<br />
Stadträten der PDS, der stärksten Fraktion im<br />
Chemnitzer Stadtrat, rannten die SchülerInnen<br />
offene Türen ein. Die meisten Abgeordneten<br />
waren bereits über das Projekt<br />
informiert und deshalb schnell bereit, die<br />
Agenda zu unterzeichnen.<br />
Zum Abschluss des Projekttages werden<br />
die SchülerInnen vom damaligen Chemnitzer<br />
Oberbürgermeister Dr. Peter Seifert (SPD)<br />
zum Gespräch eingeladen. Seifert unterzeichnet<br />
die Agenda und sichert seine Unterstützung<br />
zu. In den nächsten Wochen möchte er<br />
gemeinsam mit den Jugendlichen konkrete<br />
Schritte planen, um das Projekt „Chemnitz<br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – Chemnitz mit Courage“<br />
umzusetzen.<br />
Die FDP-Fraktion entschließt sich nach<br />
einigen Tagen Bedenkzeit, die Nichtdiskriminierungsagenda<br />
zu unterschreiben. Und nach<br />
einem Besuch bei den beiden Stadträten der<br />
Kleinpartei „Perspektive“ haben insgesamt<br />
35 der 54 Delegierten die Agenda unterschrieben.<br />
Das sind 64,8 Prozent der Abgeordneten.<br />
Die Unterschriften von drei Abgeordneten<br />
fehlen, um das Quorum von 70 Prozent,<br />
eine stabile Zweidrittelmehrheit, zu<br />
erreichen.<br />
Die SchülerInnen verzichteten auf ein persönliches<br />
Gespräch mit den „Republikanern“.<br />
Sie wollen für ihre Nichtdiskriminierungsagenda<br />
nicht bei einer Partei werben, die sie<br />
mit verantwortlich für den Rechtsextremismus<br />
in der Stadt machen. Um die demokratisch<br />
gewählten Stadträte der „Republikaner“<br />
nicht völlig auszuschließen, setzten sie diese<br />
in einem Brief über ihr Projekt in Kenntnis.<br />
Die CDU-Fraktion bleibt bei ihrer harten<br />
Linie. Als Antwort auf die mehr als eineinhalbjährigen<br />
Bemühungen der Chemnitzer<br />
Jugendlichen schreibt die CDU am 7. 3. 2006<br />
einen offenen Brief an die Jugendlichen und<br />
erteilt ihnen eine endgültige Absage.<br />
Auch wenn die Chemnitzer Jugendlichen<br />
aufgrund der starren Haltung der CDU-<br />
Stadträte das Projektziel nicht vollständig<br />
erreichten, haben sie dennoch nicht verloren<br />
– im Gegenteil. Während der Projektlaufzeit<br />
sind vielfältige Aktivitäten der Jugendlichen<br />
entstanden, die nun mit Unterstützung der<br />
Stadträte von SPD, PDS, Bündnis 90/Die<br />
Grünen, FDP und der „Perspektive“ in die<br />
künftige Errichtung eines Jugendparlaments<br />
gemäß den Forderungen der Jugendlichen<br />
münden werden.
III. <strong>Themenfelder</strong><br />
Erinnerungskultur s Nationalsozialismus<br />
s Antisemitismus s Antiziganismus s<br />
Rechtsextremismus s Islam und<br />
Islamismus s Flucht und Asyl<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ beschäftigt sich<br />
keineswegs nur mit dem klassischen <strong>Rassismus</strong>, wie dies der<br />
Name des Projekts auf den ersten Blick nahe legen könnte. Im<br />
Zentrum der Aufmerksamkeit stehen in Deutschland alle<br />
Ungleichheits- und demokratiegefährdenden Ideologien.<br />
Foto: Kreisjugendring<br />
Nienburg<br />
31
32<br />
Berlin<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Erinnerungskultur<br />
Lernen aus der Vergangenheit für die Zukunft<br />
– dies macht das Thema „Erinnern und<br />
Gedenken“ zu einem wichtigen Pfeiler der<br />
Menschenrechtserziehung. Es schafft bei den<br />
Kindern und Jugendlichen Verständnis für<br />
die Notwendigkeit historischen Wissens.<br />
Darüber hinaus sensibilisiert „Erinnern und<br />
Gedenken“ für die Zusammenhänge zwischen<br />
gesellschaftlichen Entwicklungen und<br />
individuellen Reaktionsweisen, macht das<br />
Verhalten von Gruppen und Einzelpersonen<br />
verständlicher und lässt nicht zuletzt die<br />
Frage aufkommen: Wie hätte ich gehandelt?<br />
Erinnerungskultur nimmt heute in der<br />
<strong>Schule</strong> glücklicherweise einen breiten Raum<br />
ein. Soweit es sich um die Beschäftigung mit<br />
der Zeit des Nationalsozialismus handelt,<br />
können Lehrerinnen und Lehrer auf eine Vielzahl<br />
von Unterrichtsmaterialien zurückgreifen.<br />
Anders sieht es aus, wenn es um die<br />
Erinnerung an die SED-Diktatur in der DDR<br />
geht. Aus der Schulpraxis wissen wir, dass<br />
die Auseinandersetzung mit menschenverachtendem<br />
Handeln in dieser Epoche der jüngeren<br />
deutschen Vergangenheit noch in den<br />
Anfängen steckt, die Schülerinnen und Schüler<br />
häufi g unzulängliche Antworten auf ihre<br />
Fragen bekommen.<br />
Auf großes Interesse stößt inzwischen<br />
auch die Frage, wie in einer Einwanderungsgesellschaft<br />
mit der Erinnerungskultur<br />
umzugehen ist. Der Grund: Den Kindern aus<br />
Migrantenfamilien fehlen die unmittelbaren<br />
familiären Bezüge zur Zeit des Nationalsozialismus<br />
und zur Zeit der SED-Diktatur. Eine<br />
andere Frage, die sich in einer Einwanderungsgesellschaft<br />
wie Deutschland stellt,<br />
lautet: Inwieweit sollten historische Ereignisse<br />
in den Herkunftsländern im Bereich der<br />
Erinnerungskultur in Deutschland thematisiert<br />
werden? Zum Beispiel die Politik der<br />
ethnischen Säuberung im ehemaligen Jugoslawien.<br />
Oder der Genozid an den Armeniern<br />
im Osmanischen Reich. Oder die Vertreibung<br />
palästinensischer Familien im Kontext der<br />
Gründung des Staates Israel.<br />
Beispiel: Berlin<br />
Im Rahmen des Modellprojekts „Erinnern,<br />
Gedenken, Verantwortung – Gedenkkultur in<br />
der Einwanderungsgesellschaft“, das die<br />
Bundeskoordination von SOR-SMC in Zusammenarbeit<br />
mit dem Beauftragen für Integration<br />
und Migration des Berliner Senats,<br />
Günter Piening, 2005/2006 durchführte,<br />
wurde diesen Fragen nachgegangen. Mit<br />
SchülerInnen mit und <strong>ohne</strong> Migrationshintergrund,<br />
PädagogInnen und Vertretern von<br />
Migrantenorganisationen wurden vier Workshops<br />
durchgeführt, bei denen es um den<br />
Stellenwert des Erinnerns ging. Eine erste<br />
Auswertung von Ergebnissen der Workshops<br />
offenbart eine große Bandbreite von Problemen,<br />
die noch zu bewältigen sind.<br />
Einigkeit herrscht bei allen TeilnehmerInnen<br />
bezüglich der Sinnhaftigkeit, sich<br />
mit der Geschichte Deutschlands auszukennen<br />
und sich mit ihr auseinander zu setzen.<br />
Das Wissen um die konkreten historischen<br />
Begebenheiten ist jedoch sehr lückenhaft<br />
oder gerade bei SchülerInnen aus Haupt- und<br />
Realschulen kaum vorhanden. In einer siebten<br />
Klasse wusste zum Beispiel nur eine
Erinnerungskultur<br />
Schülerin Genaueres über den historischen<br />
Kontext, in dem die Berliner Mauer gebaut<br />
wurde. Alle anderen in Berlin geborenen<br />
SchülerInnen, die an den Workshops teilgenommen<br />
haben, verbanden mit der Berliner<br />
Mauer keine benennbaren Inhalte.<br />
SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />
wissen auch wenig über die Geschichte des<br />
Herkunftslandes ihrer Eltern. Typische Aussagen<br />
sind: „Bei uns war schon immer Krieg.<br />
Ich weiß nicht, warum“ (Libanon). „Atatürk<br />
ist der größte Herrscher, wer davor an der<br />
Macht war, weiß ich nicht“ (Türkei). „Wir<br />
hatten auch irgendwelche Probleme mit<br />
Hitler“ (Rumänien). Bei allen historischen<br />
Wissensdefi ziten macht zumindest die Haltung<br />
der SchülerInnen Mut. Die meisten von<br />
ihnen sind überzeugt, dass es sinnvoll ist,<br />
sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen.<br />
Als Begründung gaben die SchülerInnen an:<br />
„Man sollte über die vergangenen Kriege<br />
informiert sein, damit man neue verhindern<br />
kann.“ – „Das Wissen über frühere Erdbeben<br />
kann uns helfen, neue Sicherheitssysteme zu<br />
entwickeln.“ – „An den Nationalsozialismus<br />
sollten wir uns erinnern, damit die Ermordeten<br />
nicht vergessen werden.“<br />
Wie eine gemeinsame Erinnerungskultur<br />
im Einwanderungsland Deutschland künftig<br />
aussehen könnte, lässt sich noch nicht<br />
abschließend beschreiben. Aber so viel bleibt<br />
bereits heute festzuhalten: Beim Thema<br />
„Erinnern und Gedenken“ muss es in Zukunft<br />
verstärkt darum gehen, bei den Kindern die<br />
emotionale Fähigkeit zu entwickeln, für das<br />
Leiden anderer empfänglich zu sein, und<br />
darum, gesellschaftliche Konstellationen zu<br />
erkennen. Geschieht dies nicht, dürften auch<br />
noch so viele Fakten über Unterdrückung und<br />
Verfolgung wirkungslos bleiben. Es geht um<br />
einen von allen einnehmbaren Standpunkt,<br />
von dem aus historische Ereignisse gemeinsam<br />
betrachtet werden können, unabhängig<br />
von der persönlichen Nähe oder Ferne zu<br />
dem Ereignis. Die individuelle Beziehung zu<br />
historischen Ereignissen über biografi sche,<br />
familiäre Verbindungen muss zusätzlich als<br />
eigene Fragestellung bewusst einbezogen<br />
werden.<br />
Die Auswertung des Modellvorhabens<br />
„Erinnern, Gedenken, Verantwortung –<br />
Gedenkkultur in der Einwanderungsgesellschaft“<br />
wird Ende 2006 vorliegen.<br />
33<br />
Berlin<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Berlin<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
34<br />
Bundestagspräsident<br />
Wolfgang<br />
Thierse<br />
empfängt<br />
2004 Schüler<br />
der Edith-<br />
Stein-<strong>Schule</strong><br />
Foto: Werner<br />
Hillen<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Nationalsozialismus<br />
Kann die Beschäftigung mit dem Holocaust<br />
an den <strong>Schule</strong>n gegen Antisemitismus und<br />
<strong>Rassismus</strong> immunisieren? In den letzten<br />
Jahren ist in der Fachöffentlichkeit eine Diskussion<br />
über die Fragen entbrannt: „Wie<br />
sollte sich <strong>Schule</strong> mit dem Nationalsozialismus<br />
sechzig Jahre nach Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges auseinander setzen? Und wie<br />
kann die Beschäftigung mit dem Thema in<br />
interkulturell gemischten Klassen aussehen?<br />
Und stimmt die Klage mancher SchülerInnen,<br />
dass sie über Gebühr mit der Zeit des Nationalsozialismus,<br />
die für sie weit in der Vergangenheit<br />
liegt, belästigt werden?“<br />
Die Historikerin Viola B. Georgi zumindest<br />
meint: „Die Idee, dass es reicht, Jugendliche<br />
durch Gedenkstätten zu schleusen, hat<br />
schon bei rechtsextremen Jugendlichen nicht<br />
funktioniert. Wichtig ist eine zeitgemäße<br />
Geschichtsverarbeitung, die sich interkulturell<br />
versteht und aktuelle Bezüge nicht<br />
scheut. Der Holocaust wird so auch zu einem<br />
Lernfeld der Menschenrechtsbildung. An ihm<br />
wird sichtbar, wohin die Missachtung von<br />
Menschenrechten führen kann.“ („taz“:<br />
13. 2. 2004).<br />
Bei der Auseinandersetzung mit dem<br />
Thema Nationalsozialismus geht es weniger<br />
um die Quantität, sondern um die Frage: Wie<br />
kann man Kinder und Jugendliche persönlich<br />
ansprechen, damit sie bereit sind, sich mit<br />
Nationalsozialismus, Antisemitismus und<br />
dem Holocaust zu beschäftigen?<br />
Angesichts der Tatsache, dass sich nicht<br />
nur der biografi sche Abstand der SchülerInnen<br />
zum damaligen Geschehen vergrößert,<br />
sondern heute auch viele SchülerInnen<br />
aus nichtdeutschen Familien kommen, die<br />
keinen direkten Bezug zum Nationalsozialismus<br />
haben, stehen gegenwärtig andere<br />
Fragen im Zentrum als vor zwanzig, dreißig<br />
Jahren. Zum Beispiel: Warum hat die Mehrheit<br />
damals, als die jüdischen Nachbarn<br />
abgeholt wurden, nichts getan? Und kann<br />
das, was damals den Juden in Deutschland<br />
geschah, auch uns geschehen?<br />
Wenn auch das Ausmaß und die Radikalität<br />
des Holocaust und der NS-Zeit unver-
Nationalsozialismus<br />
gleichbar sind, so gibt es doch Elemente, die<br />
wir in vielen aktuellen Konfl ikten der Welt<br />
wiederfi nden. Dies zusammengenommen,<br />
macht es leichter, den Bogen zu spannen zu<br />
der Frage: Was machen wir denn heute? Wie<br />
wollen wir zusammenleben?<br />
Einige <strong>Schule</strong>n haben sich bei ihren Aktivitäten<br />
im Rahmen der Projektarbeit von<br />
SOR-SMC ganz dem Thema Nationalsozialismus<br />
verschrieben und setzen sich mit den<br />
Ereignissen in ihren Kommunen auseinander.<br />
Beispiel: Edith-Stein-<strong>Schule</strong> in<br />
Friedrichsthal<br />
Friedrichsthal ist eine Kleinstadt mit 10.000<br />
Einw<strong>ohne</strong>rn nahe Saarbrücken und direkt an<br />
der französischen Grenze gelegen. Am 20. 9.<br />
2002 wurde der Edith-Stein-<strong>Schule</strong> in Friedrichsthal<br />
als dritter <strong>Schule</strong> im Saarland der<br />
Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit<br />
Courage“ verliehen. In den zurückliegenden<br />
vier Jahren hat die <strong>Schule</strong> Projekte rund um<br />
das Thema „Nationalsozialismus“ durchgeführt,<br />
die bundesweit eine große Aufmerksamkeit<br />
erlangten.<br />
Zu ihrer Motivation schreiben die SchülerInnen:<br />
„Wir wollen es nicht hinnehmen, dass<br />
sich im Sulzbachtal, in dem unsere <strong>Schule</strong><br />
liegt, eine rechte Szene weiter ausbreitet.<br />
Deshalb wollen wir aufklären, wachrütteln,<br />
zum Nachdenken anregen und zur Zivilgesellschaft<br />
aufrufen. Um den rassistischen<br />
Tendenzen zu begegnen, ist eine Aufarbeitung<br />
unserer Geschichte dringend notwendig.“<br />
Dazu bot sich – unter Berücksichtigung<br />
regionaler Aspekte – das ehemalige Gestapo-<br />
Lager „Neue Bremm“ in Saarbrücken an.<br />
In knapp neun Monaten erarbeiteten die<br />
SchülerInnen die Ausstellung „Der Gewalt<br />
keine Chance! Schüler über Naziterror und<br />
Rechtsextremismus im Saarland“. Es entstanden<br />
30 Tafeln in der Größe 70 x 100 cm, die<br />
sich anhand von Fragestellungen mit dem<br />
Naziterror in der Heimatregion und den aktuellen<br />
Erscheinungsformen des Rechtsextremismus<br />
auseinander setzen.<br />
Bei der historischen Aufarbeitung stehen<br />
Fragen im Zentrum wie: Wie sah das<br />
Gestapo-Lager Neue Bremm in Saarbücken<br />
aus? Welche Häftlinge waren dort? Unter welchen<br />
Bedingungen wurden die Häftlinge<br />
interniert? Wie groß war die Zahl der Opfer?<br />
Wer waren die Täter? Wie wurden die Täter<br />
bestraft? Haben die Saarländer wirklich<br />
nichts gewusst?<br />
Bei der Auseinandersetzung mit dem aktuellen<br />
Rechtsextremismus behandelten die<br />
SchülerInnen Fragen wie: Warum schließen<br />
sich Jugendliche der rechten Szene an? Wie<br />
verführen rechtsextreme Gruppen die<br />
Jugendlichen? Was tun wir gegen rechts?<br />
Um dieses ambitionierte Projekt umzusetzen,<br />
öffnete sich die <strong>Schule</strong> und suchte sich<br />
lokale Kooperationspartner, die sie bei der<br />
Erstellung einer Ausstellung unterstützten.<br />
Partner waren unter anderem die Landeszentrale<br />
für politische Bildung, die Sparkasse<br />
Saarbrücken, die Initiative Neue Bremm, das<br />
Adolf-Bender-Zentrum und die Arbeitskammer<br />
des Saarlandes.<br />
Über die Entwicklung der Ausstellung<br />
schreiben die Jugendlichen: „Wir waren<br />
begeistert bei der Arbeit dabei, und die Arbeit<br />
im Team hat uns Spaß gemacht. Neben dem<br />
Recherchieren in Zeitschriften, Büchern und<br />
anderen Veröffentlichungen, was die meiste<br />
Zeit beanspruchte, dem Befragen von Zeitzeugen<br />
und dem mehrfachen Aufsuchen des<br />
35<br />
Tafel der<br />
Ausstellung<br />
zum Gestapo-<br />
Lager Neue<br />
Bremm
36<br />
Jean-Robert<br />
Dolméta<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Gestapo-Lagers Neue Bremm besuchten wir<br />
noch Ausstellungen, zogen Experten wie Elisabeth<br />
Thalhofer vom Historischen Institut<br />
der Universität des Saarlandes zurate, ebenso<br />
Dr. Albert, Direktor des Saarländischen<br />
Amtes für Verfassungsschutz.“<br />
Nach ihrer Fertigstellung war die Ausstellung<br />
bisher in 27 <strong>Schule</strong>n des Saarlandes, im<br />
benachbarten Rheinland-Pfalz und im Landtag<br />
des Saarlandes zu sehen. Darüber hinaus<br />
in Stuttgart, in Villingen-Schwenningen,<br />
Weimar und am „Tag für Demokratie“ 2005<br />
in Berlin.<br />
Als ein Zeichen der Anerkennung für die<br />
geleistete Arbeit wurde die gesamte Projektgruppe<br />
im Januar 2004 für vier Tage vom<br />
damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang<br />
Thierse nach Berlin eingeladen, um am 27.<br />
Januar an den offi ziellen Gedenkfeierlichkeiten<br />
für die Opfer des Nationalsozialismus<br />
im Reichstag teilzunehmen.<br />
Alle 30 Tafeln der Ausstellung können<br />
unter www.neue-bremm-online.de angesehen<br />
und heruntergeladen werden.<br />
Die späte Entschädigung<br />
Nach dieser intensiven Recherche-Arbeit über<br />
das Gestapo-Lager waren alle Unterlagen vorhanden,<br />
um für die Besucher, vor allem die<br />
Schulklassen, einen Flyer zu erstellen. Veröf-<br />
fentlicht wurde der Flyer zur Einweihung der<br />
neu gestalteten Gedenkstätte „Neue Bremm“<br />
am 08. 5. 2004. In Anwesenheit zahlreicher<br />
Zeitzeugen enthüllte die Projektgruppe an<br />
diesem Tag die 60 Meter lange Erinnerungsmauer<br />
und stellte danach ihren Flyer vor.<br />
Der ehemalige Häftling des Gestapo-<br />
Lagers Neue Bremm, Jean-Robert Dolméta<br />
aus Marseille, der ebenfalls anwesend war,<br />
wandte sich einige Tage später in einem Brief<br />
an die Projektgruppe, in dem er voll des<br />
Lobes ist über die geleistete Arbeit der SchülerInnen<br />
und um die Zusendung weiterer<br />
Exemplare des Flyers bat. Mehr als ein Jahr<br />
später, am 23. 12. 2005, erreichte die SchülerInnen<br />
erneut ein Brief von Jean-Robert Dolméta.<br />
Was sie darin lasen, erstaunte sie sehr.<br />
Der Flyer verhalf Dolméta zu einer fi nanziellen<br />
Entschädigung in Höhe von 7.700 Euro,<br />
nachdem seine Akte bereits 2001 geschlossen<br />
wurde. Er schreibt: „In Ihrem Flyer wird<br />
darauf hingewiesen, dass dieses erweiterte<br />
Polizeigefängnis nicht nur ein Durchgangslager<br />
war, sondern auch ein Disziplinierungslager<br />
für Zwangsarbeiter. Das war mein schlagkräftigster<br />
Beweis für meine nun erfüllte Entschädigungsforderung.<br />
Das Gestapo-Lager<br />
Neue Bremm ist nun von der Internationalen<br />
Organisation für Migration in Genf als<br />
Arbeitserziehungslager und Strafl ager anerkannt.“<br />
Beispiel: Steinbrink-Grundschule<br />
in Dortmund-Wickede<br />
Die Steinbrink-Grundschule in Dortmund-<br />
Wickede, bereits seit 1998 SOR-SMC, zeigt,<br />
dass die Arbeit zum Thema Antisemitismus<br />
nicht nur auf die Sekundarstufe beschränkt<br />
sein muss, sondern bereits in der Grundstufe<br />
in beeindruckender Form realisiert werden<br />
kann.<br />
Angestoßen durch eine Projektwoche mit<br />
dem Titel „Alle anders – alle gleich“ begaben<br />
sich SchülerInnen einer vierten Klasse auf die<br />
Spuren jüdischer Familien in Dortmund-<br />
Wickede während des Nationalsozialismus.<br />
Die meisten der aufgegriffenen Biografi en<br />
endeten in einem der vielen Konzentrationslager.<br />
Unter den ermordeten jüdischen Einw<strong>ohne</strong>rn<br />
Wickedes waren auch viele Kinder<br />
im gleichen Alter wie die Grundschüler
Nationalsozialismus<br />
selbst. Nahe liegend war deshalb die Frage:<br />
Wie sah das Schicksal und die Qual der<br />
Altersgenossen von damals aus? Ein Zeitzeugengespräch<br />
mit Maria Dülken, Überlebende<br />
des Holocaust, beantwortete den Kindern<br />
viele ihrer Fragen auf sehr einprägsame<br />
Weise.<br />
Für die Kinder war von nun an klar: Sie<br />
wollen sich weiter engagieren. Der jüdische<br />
Friedhof neben ihrer <strong>Schule</strong> wird zum Ort, an<br />
dem sie selbst gegen das Vergessen arbeiten<br />
können. In regelmäßigen Einsätzen befreien<br />
die Grundschulkinder den Friedhof von<br />
Unkraut und Unrat und versuchen die Grabsteine<br />
zu reinigen, so dass zumindest die<br />
Namen der Toten wieder lesbar werden. Die<br />
inhaltliche Arbeit zum Thema Judenverfolgung<br />
wird in den kommenden Jahren und<br />
damit auch mit den nachfolgenden Jahrgängen<br />
von Grundschülern fortgesetzt. Es entsteht<br />
die Idee, das Schicksal der jüdischen<br />
Familien Wickedes breiter sichtbar zu<br />
machen. 2002 kann dieses Vorhaben vollendet<br />
werden. In einem großen Festakt, an dem<br />
auch der damalige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens,<br />
Wolfgang Clement, teilnimmt,<br />
wird das „Denkmal gegen das Vergessen“<br />
eingeweiht. In seiner Rede würdigte<br />
er die Arbeit der Kinder und der ErzieherInnen,<br />
die sich mit einem wichtigen Thema<br />
beschäftigt und gegen anfängliche Widerstände<br />
in der Bevölkerung durchgesetzt<br />
hätten: „Doch diese (Bedenken) verblassen,<br />
wenn man das Ergebnis sieht“, so Clement.<br />
Zentral sei, dem Erinnern einen Ausdruck zu<br />
verleihen, denn „nur wenn Menschen einen<br />
Namen und somit ein Gesicht haben, werden<br />
sie nicht vergessen“. Hieraus gelte es Lehren<br />
für die Gegenwart und die Zukunft zu ziehen.<br />
Mit dem Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong> mit Courage“ habe sich die Steinbrink-Grundschule<br />
auf den Weg für Toleranz<br />
und Zivilcourage gemacht.<br />
37<br />
Gedenkstätte<br />
Gestapo-<br />
Lager Neu<br />
Bremm<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
38<br />
Plakat der<br />
KGS Rastede<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Antisemitismus<br />
Antisemitismus wird als Sammelbegriff zur<br />
Kennzeichnung unterschiedlich motivierter<br />
individueller und kollektiver antijüdischer<br />
Einstellungen und Handlungen verwendet.<br />
Diese Breite in der Defi nition macht den<br />
Begriff schwer fassbar. Seine Erscheinungsformen<br />
reichen von einem antiken Antijudaismus<br />
über Verfolgungen und Pogrome im Mittelalter<br />
bis hin zu einer rassistisch motivierten<br />
Judenfeindschaft ab dem 19. Jahrhun-<br />
dert. Diese fand in der industriellen Vernichtung<br />
der Juden in Deutschland und Europa<br />
während des Nationalsozialismus ihren<br />
Höhepunkt.<br />
Nach 1945 besteht der Antisemitismus<br />
fort. Es zeigen sich neben den bekannten<br />
antijüdischen Argumentationsmustern auch<br />
neue, die teilweise in der Geschichte der<br />
Juden als Opfer von Verfolgung und Mord<br />
selbst motiviert sind. Den Juden wird unterstellt,<br />
sie versuchten aus den erlittenen<br />
Qualen Profi t zu schlagen (sekundärer Antisemitismus).<br />
Weitere antisemitische Vorurteile<br />
werden aus dem Handeln des Staates<br />
Israel und aus einer angeblichen Bevorzugung<br />
in verschiedenen Bereichen abgeleitet.<br />
Gegenwärtige Erscheinungsformen des<br />
Antisemitismus werden von neonazistischen<br />
Gruppen und darüber hinaus von islamistischen<br />
Gruppen sowie von zu Verschwörungstheorien<br />
neigenden Globalisierungskritikern<br />
aus den linken und rechtsextremen Lagern<br />
propagiert. Immer wieder geistern Theorien<br />
von undurchschaubaren Netzwerken, die die<br />
globale Ökonomie kontrollieren und für soziale<br />
Verwerfungen in den einzelnen Ländern<br />
verantwortlich zeichnen, durch die Diskussionen.<br />
Drahtzieher dieser Netzwerke seien<br />
„die Juden“, gegen die man sich, so wird<br />
gefordert, zur Wehr setzen müsse. Antisemitische<br />
Äußerungen können also ganz unterschiedlich<br />
motiviert sein, und es bedarf einer<br />
genauen Analyse der Hintergründe, um adäquate<br />
Handlungsstrategien zu entwickeln.<br />
Auch im Schulkontext wird Antisemitismus<br />
in verschiedenen Formen thematisiert<br />
und ist fest im Curriculum verankert. Ein Beispiel<br />
hierfür ist das bereits ausgeführte,<br />
Engagement der Steinbrink-Grundschule in<br />
Dortmund. Dieses steht stellvertretend für<br />
viele Formen der Auseinandersetzung mit<br />
dem Thema Antisemitismus an einer großen<br />
Zahl von <strong>Schule</strong>n in der Bundesrepublik.<br />
Die Erfahrungen aus dem Schulalltag<br />
sowie die Ergebnisse vieler wissenschaftlicher<br />
Untersuchungen zeigen jedoch, dass<br />
vermehrt aktuelle Formen von Antisemitismus<br />
Einzug in die <strong>Schule</strong>n halten. Immer<br />
wieder sehen sich LehrerInnen mit antisemitischen<br />
Argumenten konfrontiert, die weniger<br />
auf einem nationalsozialistischen Antisemitismus<br />
fußen als vielmehr auf einem sekundären<br />
oder islamistisch motivierten Antisemitismus.<br />
Ein 16-jähriger Schüler wirbt zum<br />
Beispiel unter seinen Klassenkameraden für<br />
die Teilnahme am antisemitischen Aufmarsch<br />
islamistischer Gruppen zum „Al-Quds-Tag“.<br />
Ein anderer Schüler berichtet in einem Referat<br />
zum Thema Globalisierung über das
Antisemitismus<br />
jüdisch kontrollierte Finanzkapital der amerikanischen<br />
Ostküste, das verantwortlich dafür<br />
sei, dass auch unter den Eltern seiner Mitschüler<br />
immer mehr Arbeitslose zu fi nden<br />
seien. An einer dritten <strong>Schule</strong> stellt eine 17jährige<br />
Oberstufenschülerin im Politik-Prüfungskurs<br />
ihren MitschülerInnen Thesen aus<br />
Norman Finkelsteins Buch „Die Holocaust-<br />
Industrie“ vor. Sie lauten: Jüdische Organisationen<br />
und Interessenverbände sowie renommierte<br />
wissenschaftliche Institutionen und<br />
„im jüdischen Besitz befi ndliche“ Medien<br />
ziehen aus den Leiden des Holocaust unermesslichen<br />
fi nanziellen Profi t und haben in<br />
den Nachkriegsjahrzehnten ein nicht zu überschauendes<br />
Netzwerk an politischem und<br />
medialem Einfl uss aufgebaut.<br />
In den Lehrplänen taucht das Thema Antisemitismus<br />
in der Regel nur in einer Auseinandersetzung<br />
mit den Geschehnissen bis<br />
1945 auf. Für den Umgang mit aktuelleren<br />
Formen judenfeindlicher Aussagen oder<br />
Handlungen sind die LehrerInnen oftmals<br />
nicht vorbereitet. Aus diesem Grund hat die<br />
Bundeskoordination von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage“ gemeinsam mit<br />
dem „Bündnis für Demokratie und Toleranz“<br />
im Jahr 2004 parallel zur OSZE-Konferenz<br />
Open-Space-Veranstaltungen zum Thema<br />
konzipiert und durchgeführt. Unter dem<br />
bewusst provokativ gehaltenen Titel „Was<br />
ich den Juden schon immer einmal sagen<br />
wollte …“ wurde nach Assoziationen der<br />
SchülerInnen zum Thema Antisemitismus<br />
gefragt.<br />
In dieser offen angelegten Methode setzen<br />
sich die Jugendlichen eigene Themen, die sie<br />
selbstständig bearbeiten. Entgegen der<br />
„reinen Lehre“ des Open Spaces wurde den<br />
Jugendlichen bei diesen Veranstaltungen<br />
jedoch eine Stütze angeboten. Während der<br />
Diskussion in ihrer Kleingruppe konnten die<br />
Jugendlichen sich von ExpertInnen inhaltlich<br />
beraten lassen und Fachkenntnisse für die<br />
weiteren Gespräche in der Gruppe abholen.<br />
Zu komplex erschien das Themenfeld, um die<br />
sehr heterogen zusammengestellten Gruppen<br />
völlig auf sich zu stellen. Der Kreis der<br />
erwachsenen Experten setzte sich aus Personen<br />
mit muslimischem und jüdischem Hintergrund,<br />
aus Pädagogen und Islamwissen-<br />
schaftlern sowie Geschichtslehrern zusammen,<br />
sodass zu einer Vielzahl von Themen<br />
adäquat Auskunft gegeben werden konnte.<br />
Die Ergebnisse der selbstständigen Themenfi<br />
ndung: Lediglich drei von zehn Arbeitsgruppen<br />
beschäftigten sich explizit mit der<br />
Judenverfolgung im Nationalsozialismus. Die<br />
anderen sieben Gruppen setzten sich mit<br />
aktuellen Vorurteilen gegenüber Juden auseinander.<br />
Themen waren hier unter anderem:<br />
„Haben die Juden ein Recht auf ein eigenes<br />
Land?“, „Warum wird eigentlich von ,den<br />
Juden‘ gesprochen?“<br />
Insbesondere das hohe Interesse an aktuellen<br />
Fragen im Spektrum des Antisemitismus<br />
sowie das Feedback der SchülerInnen<br />
zeigte, dass viele Aspekte im Schulunterricht<br />
nicht oder nur unzureichend bearbeitet<br />
werden. Sie sind jedoch für die Auseinandersetzung<br />
mit dem Antisemitismus im 21. Jh.<br />
von zentraler Bedeutung. Den teilnehmenden<br />
SchülerInnen und LehrerInnen bietet dieser<br />
Open Space Anregungen für die weitere Diskussion<br />
eines komplexen Querschnittthemas<br />
im Schulunterricht.<br />
Für „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<strong>Schule</strong> mit<br />
Courage“ ist die Auseinandersetzung mit dem<br />
Antisemitismus nicht erst seit dieser Veranstaltung<br />
ein übergeordnetes Themenfeld.<br />
Regelmäßig werden Seminare angeboten, die<br />
sich explizit mit neueren Erscheinungsformen<br />
des Antisemitismus auseinander setzen. Darüber<br />
hinaus spielt der Antisemitismus auch<br />
als Querschnittthema bei der Konzeption und<br />
Umsetzung von Seminaren und Workshops<br />
beispielsweise zu den Bereichen Rechtsextremismus<br />
oder Islamismus immer eine zentrale<br />
Rolle.<br />
39<br />
Open Space in<br />
Köln<br />
Foto: Hacky<br />
Hagemeier
40<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Antiziganismus<br />
Zigeuner klauen, sind dreckig, wollen nicht<br />
arbeiten und ziehen in Wohnwagen durch<br />
Europa, machen aber gute Musik. So oder<br />
ähnlich lauten die Vorurteile in einer durchschnittlichen<br />
Schulklasse, wenn die Rede auf<br />
Sinti und Roma kommt. Sind in dieser Klasse<br />
SchülerInnen mit Migrationshintergrund,<br />
werden die Vorurteile noch durch Stereotype<br />
und Sprichwörter aus den Herkunftsländern<br />
ergänzt.<br />
Offener oder latenter Antiziganismus verbindet<br />
SchülerInnen unabhängig davon, ob<br />
sie beziehungsweise ihre Eltern aus dem ehemaligen<br />
Jugoslawien, der Türkei, Polen, aus<br />
arabischen Ländern oder eben Deutschland<br />
kommen. Neben der Vernichtung der Sinti<br />
und Roma während des Nationalsozialismus<br />
sind die aktuellen Haltungen Grund genug,<br />
um sich mit dem Antiziganismus zu beschäftigen.<br />
Beispiel: Kooperative<br />
Gesamtschule Rastede<br />
Rastede ist ein 20.000-Einw<strong>ohne</strong>r-Städtchen<br />
im Landkreis Ammerland und liegt acht Kilometer<br />
nördlich von Oldenburg. In der Stadt<br />
gibt es neben sechs Grundschulen die Kooperative<br />
Gesamtschule (KGS) Rastede. Die KGS<br />
trägt seit 2001 den Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage“, aber bereits seit<br />
1998 setzt sich die Arbeitsgemeinschaft „Für<br />
den Frieden“ intensiv mit dem Gedenken an<br />
die Opfer des Nationalsozialismus auseinander.<br />
Die Wahl der Paten unterstreicht das<br />
Profi l der Projektarbeit der KGS: Neben<br />
Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats<br />
Deutscher Sinti und Roma, unterstützen<br />
Sara Ruth Schumann von der Jüdischen<br />
Gemeinde Oldenburg und der Bremer Rapper<br />
Flow In Immo die SchülerInnen. Neben dem<br />
Antisemitismus legt die <strong>Schule</strong> einen Schwerpunkt<br />
auf das Thema Sinti und Roma.<br />
Die SchülerInnen begreifen dabei die Ausführungen,<br />
die Romani Rose im ehemaligen<br />
Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau<br />
machte, als Auftrag. Rose mahnte im August<br />
2004 anlässlich des 60. Jahrestages der<br />
Ermordung der letzten 2.987 Sinti und Roma<br />
in Auschwitz-Birkenau: „Zu Recht werden die<br />
Gefahren eines wachsenden Antisemitismus<br />
international immer wieder benannt. Hingegen<br />
fi ndet die Besorgnis erregende Zunahme<br />
rassistischer Gewalt gegenüber den Sinti und<br />
Roma, der größten Minderheit in Europa, in<br />
Politik und Öffentlichkeit längst nicht die notwendige<br />
Beachtung. Ich appelliere deshalb<br />
an diesem Ort an die Vertreter der Regierungen,<br />
dem <strong>Rassismus</strong> gegenüber Sinti und<br />
Roma mit der gleichen Entschiedenheit entgegenzutreten.“<br />
Bei ihrem Engagement lassen sich die<br />
SchülerInnen von folgender Handlungsmaxime<br />
leiten: „Der Antiziganismus fällt in die<br />
Verantwortlichkeit von uns Nicht-Sinti, von<br />
uns Nicht-Roma. Der Antiziganismus betrifft<br />
die Sinti und Roma, aber wir sind es, die den<br />
Sinti und Roma den Eintritt in das Menschsein<br />
nicht gestatten. Zum Nachteil der Sinti<br />
und Roma und zum Nachteil von uns allen.<br />
Denn dadurch demontieren wir die Demokratie<br />
und die Zivilgesellschaft. Deshalb sind wir<br />
es auch, die für eine Verbesserung verantwortlich<br />
sind.“<br />
Hier ein Auszug von Aktivitäten der KGS<br />
Rastede zum Thema Sinti und Roma:
Antiziganismus<br />
s 27. 1. 2000 – Tag des Gedenkens an die<br />
Opfer des Nationalsozialismus<br />
Wir zeigen die Ausstellung „Sinti und Roma –<br />
Bürger dieses Staates“ und präsentieren in<br />
der Aula eine szenische Lesung. Am Beispiel<br />
der Mulfi nger Kinder gedenken wir der Sinti<br />
und Roma, die Opfer des nationalsozialistischen<br />
Völkermordes geworden sind.<br />
s 17. 10. 2000 – Schüler und Schülerinnen<br />
gemeinsam gegen rechts<br />
2.000 SchülerInnen demonstrieren in Rastede<br />
gegen Rechtsextremismus, <strong>Rassismus</strong> und<br />
Faschismus. Hauptredner der Veranstaltung<br />
ist Silvio Peritore (Dokumentations- und Kulturzentrum<br />
Deutscher Sinti und Roma). Er<br />
prangert die aktuellen Taten der Rechtsextremisten<br />
an und stellt den Völkermord an den<br />
Sinti und Roma und die aktuelle Diskriminierung<br />
seiner Minderheit dar.<br />
s 1. 3. bis 16. 3. 2003 – Ausstellung „Der<br />
nationalsozialistische Völkermord an den<br />
Sinti und Roma“<br />
Im Forum der KGS Rastede zeigen wir die<br />
Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums<br />
Deutscher Sinti und Roma.<br />
s 5. 11. 2003 – „Schimpft uns nicht Zigeuner!“<br />
Romani Rose besucht unsere „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong><br />
<strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“. Unser Pate<br />
diskutiert zwei Stunden mit 350 SchülerInnen<br />
in der vollbesetzten Aula.<br />
s 2./3. 8. 2004 – 60. Jahrestag der Ermordung<br />
der letzten 2.987 Sinti und Roma in<br />
Auschwitz-Birkenau<br />
Auf Einladung des Zentralrats Deutscher<br />
Sinti und Roma fahren wir mit 13 SchülerInnen<br />
nach Auschwitz. Zum 60. Jahrestag<br />
der Ermordung der letzten 2.987 Sinti und<br />
Roma verlesen wir zwei Tage lang auf dem<br />
Gelände des Vernichtungslagers die Namen<br />
aller 21.000 Sinti und Roma, die dort ermordet<br />
wurden. In der Nacht halten wir im<br />
„Zigeunerlager“ B II e eine Mahnwache. Wir<br />
nehmen an der offi ziellen Gedenkveranstaltung<br />
teil und treffen mit der Delegation des<br />
Zentralrats Deutscher Sinti und Roma zusammen.<br />
s 22. 3. 2005 – Kultur-Workshop: Ein<br />
Mahnmal für die Sinti und Roma<br />
Unser Kultur-Workshop fordert den Bau des<br />
Mahnmals, das in Berlin an die vom Natio-<br />
nalsozialismus ermordeten Sinti und Roma<br />
erinnern soll. Eingeladen sind Ewald Hanstein<br />
(Bremer Sinti-Verein und Überlebender<br />
des Holocaust), Silvio Peritore und Hilka<br />
Koch (wortstatt). Der Workshop mündet in<br />
eine Unterschriftenkampagne, die wir in<br />
zahlreichen Städten Deutschlands durchführen.<br />
Auf dem Saarbrücker Bundeskongress<br />
aller „<strong>Schule</strong>n <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong>n mit<br />
Courage“ im Juni 2005 bieten wir einen<br />
Workshop an und sammeln Unterschriften.<br />
Im September senden wir ca. 2.000 Unterschriften<br />
an Bundeskanzler Schröder.<br />
s 16. 6. 2005 – „Auf Wiedersehen im<br />
Himmel“ – Autorenlesung mit Michail<br />
Krausnick<br />
Michail Krausnick liest aus seinem Jugendbuch<br />
„Auf Wiedersehen im Himmel – Die<br />
Geschichte der Angela Reinhardt“. SchülerInnen<br />
der 9. und 10. Jahrgänge diskutieren<br />
mit dem Jugendbuchautor über die Verfolgung<br />
der 12-jährigen Sintizza durch die<br />
Nationalsozialisten.<br />
41<br />
Ankündigung<br />
einer Autorenlesung<br />
an der<br />
KGS Rastede
42<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Rechtsextremismus<br />
Aktion, Rebellion und Kameradschaft – das<br />
ist, was rechtsextreme Gruppen Jugendlichen<br />
anbieten. Vor allem dort, wo es an attraktiven<br />
Angeboten der Jugendarbeit fehlt und demokratische<br />
Jugendszenen nur schwach ausgeprägt<br />
sind. In den zurückliegenden 17 Jahren<br />
hat sich in vielen Regionen Ostdeutschlands<br />
eine lebendige rechtsextreme Jugendszene<br />
etabliert. Mit Konzerten, politischer Schulung,<br />
Wochenendlagern und einem rebellischen,<br />
politisch unkorrekten Dresscode<br />
gelingt es rechtsextremen Gruppen, stets<br />
neuen Nachwuchs zu rekrutieren. Nicht nur<br />
in Ostdeutschland. Auch in Niedersachsen,<br />
Bremen, Ostbayern, Baden-Württemberg oder<br />
im Saarland machen Rechtsextreme mobil<br />
und Andersdenkenden das Leben schwer.<br />
Viele SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n setzen sich gegen<br />
rechtsextreme Aktivitäten in ihrem direkten<br />
Umfeld zur Wehr. Sie informieren, debattieren<br />
und stellen sich, wenn es sein muss, den<br />
Neonazis auch direkt in den Weg.<br />
Beispiel: Gymnasium am<br />
Wall in Verden<br />
Der 21. 4. 2004 ist ein Wendepunkt im Leben<br />
des damals 19-jährigen Schülers Fabian Lohmann.<br />
An diesem Abend besucht er eine<br />
Informationsveranstaltung der GEW zum<br />
Rechtsextremismus in der Region. Bereits<br />
kurz nach Beginn der Veranstaltung stürmen<br />
über 30 Neonazis das Gebäude. Sie sind mit<br />
Tränengas und Schlagstöcken bewaffnet.<br />
Später stellt sich heraus, dass auch Mitglieder<br />
der JN/NPD an dem Überfall beteiligt waren.<br />
Dieser Übergriff ist ein vorläufi ger Höhepunkt<br />
neonazistischer Aktivitäten in Verden<br />
und Umgebung. Seit Monaten verteilen<br />
Anhänger der JN/NPD Verden-Rotenburg<br />
Flugblätter und Zeitungen vor den <strong>Schule</strong>n im<br />
Landkreis. Zeitgleich kauft der Rechtsanwalt<br />
und bekennende Neonazi Jürgen Rieger im<br />
April 2004 in der Nähe den Heisenhof, einen<br />
ehemaligen Bundeswehr-Stützpunkt, für<br />
250.000 Euro.<br />
Der Heisenhof bietet gut 300 Personen<br />
Platz. Schulungsräume, Schießstände, unterirdische<br />
Bunker – ein perfekter Spielplatz für<br />
Nachwuchsnazis. Rieger kündigt an, auf dem<br />
Gelände Tagungen durchzuführen. Die<br />
Bew<strong>ohne</strong>r der Region sind beunruhigt.<br />
Für Fabian Lohmann ist klar: Wir müssen<br />
etwas gegen die Neonazis unternehmen. Lohmann,<br />
Schülersprecher des Gymnasiums am<br />
Wall (GaW), stößt im Frühjahr 2004 über das<br />
Internet auf das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage“ und kann seine<br />
<strong>Schule</strong> recht schnell für die Idee begeistern.<br />
Zu ihrer Motivation schreiben die Schüler in<br />
ihrer Zeitung „KONTrassT“ im Januar 2005:<br />
„Wir haben die Arbeitsgemeinschaft ,<strong>Schule</strong><br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – GaW mit Courage‘ gegründet,<br />
weil wir nicht mehr tatenlos zuschauen<br />
wollten, wie die Neonazis hier immer mehr<br />
Fuß fassen. Wir wollen aktiv werden gegen<br />
die Machenschaften der hirnlosen Rechtsextremen.<br />
Verden darf unter keinen Umständen<br />
ein erfolgreicher Stützpunkt der Nationa-
Rechtsextremismus<br />
listen werden. Wir wollen Zeichen setzen,<br />
indem wir uns öffentlich gegen Rechtsextremismus,<br />
Neofaschismus und Neonazismus<br />
aussprechen und uns für die Notwendigkeit<br />
von Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen<br />
Kulturkreisen einsetzen.“<br />
In einem ersten Schritt laden die SchülerInnen<br />
Experten ein, die über die Aktivitäten<br />
rechtsextremer Gruppen in der Region informieren.<br />
„Wie gravierend das Problem Rechtsextremismus<br />
hier bei uns ist, war uns selber<br />
lange Zeit nicht klar“, berichten die SchülerInnen.<br />
Parallel dazu werben aktive SchülerInnen<br />
für die Idee von SOR-SMC und planen<br />
die Schritte, um die Voraussetzungen einer<br />
SOR-SMC-<strong>Schule</strong> zu erfüllen. Innerhalb weniger<br />
Tage sind die notwendigen Unterschriften<br />
gesammelt, um eine SOR-SMC-<strong>Schule</strong> zu<br />
werden.<br />
Mit SOR-SMC haben die Aktiven die richtige<br />
Aktionsform für ihre <strong>Schule</strong> gefunden.<br />
Die MitschülerInnen sind begeistert von dem<br />
Projekt, und das GaW startet im Herbst 2004<br />
richtig durch. Die <strong>Schule</strong> nimmt an Demonstrationen<br />
in Verden und Achim teil und unterstützt<br />
im September 2004 das vom „Verdener<br />
Bündnis gegen Rechts“ organisierte Konzert<br />
„Aufmucken gegen Rechts“.<br />
Große Solidarität der Medien<br />
Die SchülerInnen des Gymnasiums am Wall<br />
haben Glück. Die Medien zeigen großes Interesse<br />
an ihren Aktivitäten. Neben zahlreichen<br />
Artikeln in den lokalen Tageszeitungen<br />
erscheint im Herbst 2004 in der „taz“ bundesweit<br />
eine große Reportage über die<br />
Arbeitsgemeinschaft „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– GaW mit Courage“. Eine außergewöhnliche<br />
Kooperation entsteht mit der Bremer Tageszeitungen<br />
AG. Sie übernimmt kostenlos das<br />
Layout und den Druck des Schülermagazins<br />
„KONTrassT – kontra <strong>Rassismus</strong>“. Das Magazin<br />
erscheint erstmals zur SOR-SMC-Titelverleihung<br />
am 26. 1. 2005 in einer Aufl age von<br />
8.000 Exemplaren und berichtet ausführlich<br />
über den Heisenhof und andere rechtsextreme<br />
Aktivitäten in der Region. Im<br />
Sommer 2005 erscheint die zweite Ausgabe<br />
des Schülermagazins.<br />
Aus der Schülerzeitung „KONTrassT“<br />
heraus gründet sich Anfang 2005 ein gleich-<br />
namiges Schülerbündnis, an dem sich neben<br />
den Aktiven des Gymnasiums am Wall auch<br />
SchülerInnen aus anderen <strong>Schule</strong>n Verdens<br />
und dem Umland beteiligen. Eine Internetseite<br />
wird eingerichtet, die über Termine und<br />
Aktionen informiert. Erstmals in der<br />
Geschichte Verdens entsteht ein schulübergreifendes<br />
Bündnis von Kindern und Jugendlichen,<br />
das sich in das politische Geschehen<br />
der Stadt einmischt.<br />
Die Neonazis lassen sich von der Gegenwehr<br />
der Bürger zunächst nicht beeindrucken.<br />
Immer wieder bekleben sie reihenweise<br />
Plakatwände mit ihrer Propaganda. Doch wo<br />
immer sie in den Jahren 2004 und 2005 auftauchen,<br />
bekommen sie bald Gegenwind.<br />
43<br />
Schülerdemonstration<br />
in Verden<br />
2005<br />
Foto: Mark<br />
Mühlhaus/<br />
Attenzione
44<br />
Verden –<br />
2. April 2005<br />
Foto: Mark<br />
Mühlhaus/<br />
Attenzione<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Organisiert wird er vom „Verdener Bündnis<br />
gegen Rechtsextremismus, für Demokratie<br />
und Toleranz“. Ihm gehören neben dem Wall-<br />
Gymnasium auch Gewerkschaften, Parteien,<br />
Kirchengemeinden und viele Einzelpersonen<br />
an.<br />
Einer Nazi-Demonstration am 2. 4. 2005<br />
setzt das Bündnis ein großes buntes Fest entgegen.<br />
Das Schülerbündnis KONTrassT organisierte<br />
eine friedliche Schülerdemonstration,<br />
die vor dem Gymnasium am Wall startete<br />
und an der über 1.500 Menschen teilnahmen.<br />
„Trotz Panikmache der Polizei im Vorfeld,<br />
dass die Demo von gewaltbereiten Autonomen<br />
unterlaufen werden könnte, gab es<br />
keine gewalttätigen Ausschreitungen“, schreiben<br />
die SchülerInnen in der zweiten Ausgabe<br />
von „KONTrasst“. Und weiter berichten sie:<br />
„Fernab von den Menschenmengen haben wir<br />
außerdem eine Kehraus-Aktion gemacht. Mit<br />
weißen Schutzanzügen, Warnwesten, Schutzhelmen<br />
und diversem Reinigungsgerät<br />
bewaffnet, haben wir uns zu zehnt an die<br />
Fersen der Neonazis geheftet, um den braunen<br />
Müll von der Straße zu fegen.“<br />
Die SchülerInnen haben seit 2004 bei all<br />
ihren Aktivitäten gegen die rechtsextremen<br />
Umtriebe in der Region eine Menge gelernt.<br />
Dazu gehören: der Umgang mit Medien, die<br />
Erstellung von Informationsmaterial und zwei<br />
Ausgaben des Schülermagazins „KON-<br />
TrassT“, die Planung, Organisation und<br />
inhaltliche Ausgestaltung von Projekttagen<br />
an der <strong>Schule</strong>, die Zusammenarbeit mit<br />
außerschulischen Partnern wie Parteien, Kirchengemeinden,<br />
Gewerkschaften, Geschäftsleuten<br />
und Einzelpersonen.<br />
Darüber hinaus führen die SchülerInnen<br />
intensive Diskussionen über das richtige Verhältnis<br />
von direkter politischer Aktivität und<br />
langfristigem zivilgesellschaftlichem Engagement.<br />
So schreiben sie im Anschluss an das<br />
Großereignis vom 2. 4. 2005 anlässlich der<br />
Demonstration der Neonazis: „Der 2. April<br />
war wichtig, um ein Zeichen zu setzen und<br />
um Gesicht gegen Rechtsextremismus, <strong>Rassismus</strong><br />
und Fremdenfeindlichkeit zu zeigen.<br />
Aber es ersetzt keinesfalls die thematische<br />
und alltägliche Auseinandersetzung mit<br />
diesem Problem. Der Kampf gegen Rechtsextremismus<br />
darf nicht auf solche punktuellen<br />
Aktionen beschränkt sein, er muss im<br />
Kleinen, jeden Tag im Alltag praktiziert<br />
werden. Zivilcourage heißt, an solchen Tagen<br />
präsent sein – ja, keine Frage! Zivilcourage<br />
heißt aber auch viel mehr: täglich sensibel<br />
gegenüber Diskriminierungen und Fremdenhass<br />
zu sein und darauf mit Mut zu reagieren.“
Islam und Islamismus<br />
Der Islamismus ist eine dem Rechtsextremismus<br />
durchaus vergleichbare Ideologie. Trotzdem<br />
ist die Auseinandersetzung mit diesen<br />
beiden totalitären Weltanschauungen auch an<br />
SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n sehr unterschiedlich.<br />
Während sich die Kollegen über die neuesten<br />
Symbole und Musikrichtungen der rechtsextremen<br />
Szene informieren, SchülerInnen<br />
die von der NPD vor den Schulhöfen verteilten<br />
Musik-CDs demonstrativ in große braune<br />
Mülltonnen werfen, fehlt es bei der Auseinandersetzung<br />
mit dem Islamismus an vergleichbarer<br />
Konsequenz.<br />
Mit ideologischer Blindheit hat das nur<br />
selten zu tun. Die Auseinandersetzung mit<br />
dem Islamismus in Deutschland ist relativ<br />
jung. Entsprechend fehlt es an Kompetenzen<br />
und Sicherheit in der Bewertung. Und viele<br />
fragen sich: Was genau ist der Islamismus?<br />
Geht es hier nicht eigentlich um eine Religion?<br />
Handelt es sich möglicherweise gar nur<br />
um die Erfi ndung irgendwelcher Geheimdienste,<br />
die uns weismachen wollen, es gebe<br />
eine neue bedrohliche Ideologie? Haben die<br />
Attentate des 11. 9. 2001 etwas mit dem Islam<br />
zu tun?<br />
Vor diesem Hintergrund erklärt sich die<br />
massive Nachfrage von PädagogInnen nach<br />
Informationsseminaren zum Islamismus. Um<br />
diesem Bedürfnis nachzukommen, führt die<br />
Bundeskoordination deshalb seit Jahren<br />
Seminare zu „Islam und Islamismus“ durch.<br />
Die Berichte der SeminarteilnehmerInnen<br />
verdeutlichen: Niemand von ihnen weiß, ob<br />
und in welcher Form die islamistische Ideologie<br />
bereits Eingang in die Klassenzimmer<br />
und die Köpfe der Schülerinnen und Schüler<br />
gefunden hat. Auch die Wissenschaft kann da<br />
keinen Aufschluss liefern. Anders als im<br />
Bereich des Rechtsextremismus gibt es bis<br />
heute noch keine seriösen Untersuchungen<br />
über islamistische Einstellungspotenziale bei<br />
Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit<br />
muslimischem Hintergrund. Das ist erstaunlich,<br />
denn Freundschaften, Liebesbezie-<br />
hungen, Sexualität, Freizeitaktivitäten, berufliche<br />
Vorstellungen, die Sicht auf internationale<br />
Konfl ikte werden durch Vorgaben der<br />
Religion, aber auch islamistischer Ideologien<br />
mitgeprägt. Diese Wissensdefi zite sind vor<br />
allem an <strong>Schule</strong>n ein Problem, denn sie sind<br />
der Ort, an dem Kinder und Jugendliche mit<br />
und <strong>ohne</strong> muslimischen Hintergrund am<br />
intensivsten kommunizieren und interkulturelle<br />
und interreligiöse Belange und Konfl ikte<br />
täglich auftreten. LehrerInnen wie SchülerInnen<br />
bleiben mit diesen Problemen weitgehend<br />
sich selbst überlassen.<br />
Weder in der politischen Bildung von<br />
Schülern noch in der Lehrerfortbildung gibt<br />
es intensive und den interreligiösen wie interkulturelllen<br />
Erfordernissen angemessene<br />
Formen, damit umzugehen. Viele Angebote<br />
beschränken sich auf die Darstellung des<br />
Islam als Religion. Diese Seminare haben oft<br />
wenig mit den Alltagsproblemen zu tun. Die<br />
LehrerInnen wissen danach mehr über<br />
bestimmte Koransuren oder die historische<br />
Ausbreitung des Islam, können am nächsten<br />
Tag aber immer noch nicht entscheiden, wie<br />
sie damit umgehen, wenn ein Schüler sich<br />
weigert, an der Gedenkveranstaltung zum<br />
9. November teilzunehmen.<br />
45<br />
Open Space<br />
Islam und Ich<br />
in Köln<br />
Foto: Hacky<br />
Hagemeier
46<br />
Open Space<br />
Islam und Ich<br />
am Nicolaus-<br />
Otto-Berufskolleg<br />
in Köln<br />
Foto: Hacky<br />
Hagemeier<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
Beispiel: Islam und ich<br />
Um diese Leerstelle zu füllen, konzipierte die<br />
Bundeskoordination von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong><br />
– <strong>Schule</strong> mit Courage“ eine bundesweite<br />
Open-Space-Reihe, um zu erfahren, was<br />
die Jugendlichen zu dem Thema zu sagen<br />
haben. Von 2003 bis 2005 nahmen daran<br />
mehr als 1.000 SchülerInnen, überwiegend<br />
aus SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n, teil. Die Open Spaces<br />
fanden in Berlin, Hannover, Dortmund, Neunkirchen,<br />
Köln und Bremerhaven statt.<br />
Der Verlauf der Open Spaces „Islam und<br />
Ich“ bestärkte die These: Jugendliche sind<br />
bei dem Thema Islam weniger an theologischen<br />
Fragen interessiert als vielmehr an<br />
lebensweltlich Näherem wie Sexualität,<br />
Freundschaft, Familie und Zukunftssorgen.<br />
Dabei ist das Geschlechterverhältnis das zentrale<br />
Themenfeld.<br />
In seiner Evaluation kommt der Islamwissenschaftler<br />
Michael Kiefer zu dem Schluss:<br />
„Ich musste zur Kenntnis nehmen, dass die<br />
curricularen Schwerpunktsetzungen des<br />
Islam unterrichts für die Jahrgangsstufen<br />
7–10, wie sie der Schulversuch ,Islamische<br />
Unterweisung in NRW‘ seit Mitte der Neunzi-<br />
gerjahre vorsieht, die Interessen der Schülerinnen<br />
und Schüler nicht widerspiegeln. Die<br />
Themen Liebe und Sexualität, Liebesbeziehungen<br />
zwischen Muslimen und Christen und<br />
viele Fragestellungen, die den Alltag der muslimischen<br />
Jugendlichen unmittelbar berühren,<br />
kommen in den Lehrplänen nicht vor und<br />
führen ein randständiges Dasein. (…) Darüber<br />
hinaus wird Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung<br />
viel zu häufi g akzeptiert und<br />
gelegentlich ausdrücklich gefordert.“<br />
Mangelndes Wissen um die historischen,<br />
sozioökonomischen und religiösen Wurzeln<br />
der jeweiligen Männer- und Frauenbilder fördert<br />
bei den Lehrern Verunsicherung und<br />
Vorurteilsbildung. Sie sind sehr schnell<br />
bereit, Einstellungen von Jugendlichen, die<br />
nicht der aktuellen politisch korrekten<br />
Geschlechterdebatte entsprechen, als Ausdruck<br />
eines rückständigen Islams zu betrachten.<br />
Tatsächlich herrscht vor allem in den<br />
Haupt- und Berufsschulen ein Menschenbild<br />
vor, das von der Dominanz der Männer ausgeht<br />
und scheinbar muslimisch begründet im<br />
krassen Widerspruch zum emanzipativen<br />
Rollenverständnis der überwiegend weiblichen<br />
Lehrkräfte steht. Für die Gruppe der<br />
jugendlichen männlichen Muslime sind sehr<br />
viele Themen mit einem diffusen Ehrbegriff<br />
besetzt. Ob es um Palästina geht oder um die<br />
eigene Schwester, stets werden Angelegenheiten<br />
der Ehre verhandelt.<br />
Den Islam als Religion für diese Sicht auf<br />
das Geschlechterverhältnis oder internationale<br />
Konfl ikte verantwortlich zu machen ist<br />
daher nahe liegend und auf jeden Fall<br />
bequem, zielt aber an den Realitäten vorbei.<br />
Denn in der Frauenverachtung treffen sich<br />
bei allen Unterschiedlichkeiten männliche<br />
Jugendliche deutscher und nichtdeutscher<br />
Herkunft einmütig. Die Ausprägung korreliert<br />
häufi g mit dem Grad der Bildung. Aus<br />
diesem Rollenverständnis junger Männer<br />
folgt unmittelbar eine aggressive Homophobie,<br />
die ungefragt kundgetan wird.<br />
In berufsbildenden <strong>Schule</strong>n mit hohem<br />
Migrantenanteil, aber auch in Hauptschulen<br />
und Gymnasien stießen wir zudem sowohl bei<br />
Migranten als auch bei den Jugendlichen<br />
deutscher Herkunft auf einen rabiaten Antise-
Islam und Islamismus<br />
mitismus, der sich aus unterschiedlichen<br />
Quellen speist: dem klassischen deutschen<br />
Antisemitismus, dem Antisemitismus, der<br />
sich aus aktuellen Konfl ikten im Nahen Osten<br />
begründet, und dem islamistisch motivierten<br />
Antisemitismus. Dies ist eine neue Herausforderung,<br />
der sich die politische Bildung stellen<br />
muss. Bislang stehen, wie im Kapitel Antisemitismus<br />
bereits ausgeführt, in der <strong>Schule</strong><br />
Informationen zum klassischen deutschen<br />
Antisemitismus und zu den Verbrechen der<br />
NS-Zeit im Vordergrund. Dies reicht für eine<br />
Schülerschaft mit sehr divergierenden familiären<br />
und nationalen Hintergründen nicht<br />
mehr aus.<br />
Konfl iktvermeidung ist keine Lösung<br />
Unabhängig von der ethnischen Zusammensetzung<br />
der Schülerschaft dominiert die<br />
jeweilige Majorität die Minorität. Dies führt<br />
zum Beispiel in Berufs-, Haupt- und Gesamtschulen<br />
dazu, dass sich Schüler deutscher<br />
Herkunft von Schülern mit Migrationshintergrund<br />
(russisch, arabisch und türkisch)<br />
unterdrückt fühlen. Lehrer sind gerade bei<br />
dieser Konstellation unsicher und in der Folge<br />
weniger in der Lage, für die diskriminierte<br />
Gruppe Partei zu ergreifen. Bei Schülern<br />
deutscher Herkunft in diesen <strong>Schule</strong>n<br />
herrscht das Gefühl der Ohnmacht und Wut<br />
vor, was bei einigen zu einer klaren, schon<br />
am Outfi t erkennbaren Orientierung in das<br />
rechtsextreme Lager führt.<br />
Bei all diesen Konfl iktsituationen sind<br />
LehrerInnen mindestens genau so verunsichert<br />
wie ihre SchülerInnen. Oft suchen sie<br />
vergeblich nach Beratung und Unterstützung,<br />
um die an ihrer <strong>Schule</strong> auftretenden Konfl ikte<br />
zu bearbeiten. So machten wir die Erfahrung,<br />
dass LehrerInnen an einigen <strong>Schule</strong>n mit<br />
hohem Anteil muslimischer Jugendlicher das<br />
Thema Juden nach Möglichkeit gar nicht<br />
mehr ansprechen, aus Angst, die Situation<br />
nicht in den Griff zu bekommen.<br />
Konfl iktvermeidung kann natürlich nicht<br />
die Reaktion auf brisante Stimmungen und<br />
Entwicklungen sein, besser wäre es, diese<br />
Themen künftig angemessen in der Lehrerausbildung<br />
anzubieten. Unter anderem<br />
müssen Fortbildungsangebote die Unterscheidung<br />
zwischen Islam und dem Islamismus<br />
als politischer Bewegung deutlich<br />
47<br />
Open Space<br />
Islam und Ich<br />
in Dortmund<br />
Foto:<br />
Holger Runge
48 <strong>Themenfelder</strong><br />
rechts:<br />
Open Space<br />
Islam und Ich<br />
in Berlin<br />
Foto:<br />
Detlev Schilke<br />
links:<br />
Open Space<br />
Islam und Ich<br />
in Berlin<br />
Foto: Leonhard<br />
Lehmann<br />
unten:<br />
Open Space<br />
Islam und Ich<br />
in Berlin<br />
Foto:<br />
Detlev Schilke<br />
machen und pseudoreligiöse Erklärungsansätze<br />
von muslimischen Schülern als solche<br />
erkennen helfen.<br />
Lösungen für diese Fragen und Probleme<br />
können nicht allein von den <strong>Schule</strong>n erarbeitet<br />
werden. Diskussionsrunden mit Eltern,<br />
Lehrern, Anw<strong>ohne</strong>rn, Vertretern verschiedener<br />
Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften<br />
könnten dazu beitragen, die<br />
bisherigen Islamdebatten um die nötigen<br />
lebensweltlichen Ansätze zu ergänzen. Nur<br />
so lässt sich auch in Zukunft klären, auf welcher<br />
Basis das Zusammenleben in dieser<br />
Gesellschaft erfolgen soll.<br />
Auf den Erfahrungen dieser Veranstaltungen<br />
aufbauend, entwickelte die Bundeskoordination<br />
Materialien und ein Konzept für die<br />
Lehrerfortbildung, das bislang in mehr als 20<br />
Seminaren zum Einsatz kam.
Flucht und Asyl<br />
Flucht und Asyl sind Themen, die im Unterricht<br />
oft nur kurz angerissen oder auch mal<br />
übersprungen werden. Über „die Asylanten“<br />
unterhält man sich außerhalb des Unterrichts,<br />
wenn am Abend in den Nachrichten einmal<br />
mehr Bilder von übervollen Schiffen mit dunkelhäutigen<br />
Männern vor den Küsten Europas<br />
gezeigt wurden.<br />
Die Beschäftigung mit den Themen Flucht<br />
und Asyl fi ndet an den <strong>Schule</strong>n jedoch oftmals<br />
ganz anders und sehr intensiv statt,<br />
wenn eine/einer der eigenen MitschülerInnen<br />
als Flüchtling hier lebt und deshalb nicht mit<br />
auf Klassenfahrt darf, keinen abgesicherten<br />
Aufenthaltsstatus hat oder gar demnächst<br />
abgeschoben werden soll. Plötzlich geht es<br />
nicht mehr um anonyme Flüchtlinge und<br />
dubiose Asylanten, sondern um Mirella,<br />
Hasan oder Tanja aus der Klasse. Kaum ein<br />
Thema berührt Schülerinnen und Schüler<br />
stärker als das Schicksal der KlassenkameradInnen.<br />
Häufi g eine Motivation, sich im<br />
Interesse der Flüchtlinge in die politischen<br />
Entscheidungen einzumischen.<br />
Der nachfolgende Artikel „Hier geblieben!“<br />
wurde von Schülerinnen Silvana<br />
Behlau und Elene Ruppel für die erste Ausgabe<br />
der SOR-SMC-Zeitung „Q-rage“ geschrieben.<br />
Sie besuchen die Alexander-Puschkin-<br />
Oberschule, die seit 2003 den Titel SOR-SMC<br />
trägt. Als einer ihrer Mitschüler von Abschiebung<br />
bedroht war, begannen sie sich mit dem<br />
Thema Asyl zu beschäftigen und berichteten<br />
unter anderem über eine erfolgreiche Bleiberechtskampagne<br />
der Fritz-Karsen-<strong>Schule</strong>.<br />
Hier geblieben!<br />
In Deutschland leben mehr als 200.000<br />
Flüchtlinge mit einer so genannten Duldung.<br />
Das heißt, ihr Aufenthaltsstatus ist unsicher,<br />
und sie sind mehr oder weniger von Abschiebung<br />
bedroht. Jeder Vierte von ihnen, also<br />
rund 50.000, sind Kinder und Jugendliche im<br />
schulpfl ichtigen Alter.<br />
Was bedeutet es, die <strong>Schule</strong> zu besuchen<br />
und immer damit rechnen zu müssen, eines<br />
Tages aus Deutschland abgeschoben zu<br />
werden? Karen H., 17, Schüler an der Ale-<br />
49<br />
Workshop<br />
„Hiergeblieben!<br />
–<br />
Flucht und<br />
Asyl“<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
50<br />
<strong>Themenfelder</strong><br />
xander-Puschkin-Oberschule in Berlin hat es<br />
erlebt. „Die Angst war immer da, dass ich<br />
irgendwann zurückmuss. Das Leben war<br />
nicht immer einfach. Die zehn Jahre bevor ich<br />
die deutsche Staatsbürgerschaft vor kurzem<br />
erhalten habe, waren die angsterfülltesten in<br />
meinem Leben“, berichtet er.<br />
Als Karen von Armenien nach Deutschland<br />
kam, waren er und seine Familie<br />
zunächst in einem Asylbewerberheim untergebracht.<br />
Geld war knapp, und wollten sie<br />
Lebensmittel einkaufen, mussten sie das in<br />
bestimmten Geschäften mit Gutscheinen tun,<br />
die ihnen vom Sozialamt zugewiesen wurden.<br />
„In der Grundschule durfte ich noch nicht<br />
mal mit auf Klassenfahrt fahren, weil es mir<br />
mit der Duldung nicht erlaubt war, Berlin zu<br />
verlassen“, erinnert sich Karen. In seiner<br />
Klasse wusste keiner etwas von den Problemen,<br />
die ihn und seine Familie bedrückten.<br />
Das änderte sich, als sich herumsprach, dass<br />
er in sein „Heimatland“ zurückgeschickt<br />
werden soll, ihm und seiner Familie die<br />
Abschiebung droht.<br />
Nachdem sich unter seinen Freunden die<br />
erste Empörung gelegt hatte, waren sie fest<br />
entschlossen, die Entscheidung der Behörden<br />
nicht so einfach hinzunehmen. Sie begannen<br />
Protestbriefe zu verfassen und überlegten,<br />
wie sie es erreichen könnten, dass Karen weiterhin<br />
die <strong>Schule</strong> in Berlin besuchen kann.<br />
Eine Mitschülerin sagt: ,,Ich glaube, keiner<br />
von uns hätte es ertragen, wenn Karen nach<br />
Armenien zurückgemusst hätte! Er war erst<br />
kurze Zeit bei uns in der Klasse, und jeder<br />
hatte sich schon mit ihm angefreundet. Es<br />
wäre für uns alle ein Verlust gewesen, wenn<br />
er weg gewesen wäre.“<br />
Karen war von den Aktivitäten, die seine<br />
Mitschüler ergriffen, sehr gerührt: ,,Sie<br />
hörten, dass ich in Armenien in die Armee<br />
gemusst hätte, und es war für sie selbstverständlich,<br />
das zu verhindern, um mir zu<br />
helfen.“ Karen hatte Glück. Schnell zeigte<br />
sich, dass sein Fall doch nicht ganz so problematisch<br />
war wie viele andere.<br />
Aber auch kompliziertere Fälle müssen<br />
nicht wortlos hingenommen werden und<br />
können durch das Engagement der SchülerInnen<br />
beeinfl usst werden. Dies demonstrierte<br />
vor gut einem Jahr die Fritz-Karsen-<br />
<strong>Schule</strong> in Berlin. Am 10. August tauchte die<br />
Polizei plötzlich in der Klasse 8.3 auf, holte<br />
die dreizehnjährige bosnische Schülerin<br />
Tanja R. aus dem Unterricht und brachte sie<br />
direkt in das Abschiebegefängnis. Die Empörung<br />
ihrer MitschülerInnen und ihrer Klassenlehrerin<br />
schlug schnell in Aktivität um.<br />
Sie informierten ihre Eltern, schrieben Briefe<br />
an den Bezirksstadtrat Wolfgang Schimman<br />
und fragten, ob man so mit Menschen umgehen<br />
dürfe. Am 13. August demonstrierten<br />
über 100 SchülerInnen der <strong>Schule</strong> vor dem<br />
Rathaus Berlin-Neukölln. Der Bezirksbürgermeister<br />
empfi ng sie anschließend und versprach<br />
vor laufender Kamera des Senders<br />
RBB, sich beim Innensenator für den Verbleib<br />
von Tanja einzusetzen.<br />
Die SchülerInnen arbeiteten in diesen<br />
Tagen intensiv mit verschiedenen Radiostationen<br />
und Berliner Zeitungen zusammen, die<br />
ihr Anliegen unterstützten. Innerhalb weniger<br />
Tage sprach die ganze Stadt über den<br />
Skandal. Auch an Berlins Innensenator Körting<br />
schrieben sie einen Brief und forderten:<br />
,,Tanja muss bleiben!!!“<br />
Durch die vielen Aktivitäten machten die<br />
SchülerInnen den Fall Tanja R. in Berlin so<br />
publik, dass sich sogar Politiker dazu<br />
äußerten. Zum Beispiel kritisierte der CDU-<br />
Abgeordnete Ulrich Brinsa die Vorgehensweise<br />
der Berliner Ausländerbehörde in einer<br />
Pressemitteilung als „inhuman und völlig<br />
unverhältnismäßig“.<br />
Nachdem die Fritz-Karsen-<strong>Schule</strong> sich<br />
über zwei Wochen für den Verbleib von Tanja<br />
in Berlin eingesetzt hatte, meldete die „Berliner<br />
Zeitung“ am 24. 8. „Die 13-jährige Tanja<br />
R. und ihre Mutter dürfen vorerst in Berlin<br />
bleiben.“<br />
Leider gibt es keine Garantie, dass der<br />
Einsatz der SchülerInnen immer so erfolgreich<br />
ist wie in Tanjas Fall. Deshalb wäre eine<br />
grundsätzliche politische Lösung wünschenswert.<br />
Flüchtlingsorganisationen wie Pro Asyl,<br />
die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
sowie die Kampagne „Hier geblieben“<br />
des Grips-Theaters in Berlin und andere fordern<br />
schon seit langem ein Bleiberecht für<br />
langjährig geduldete Flüchtlinge. Nur so<br />
würden Dramen wie die von Karen und Tanja<br />
der Vergangenheit angehören.
IV. Aktiv gegen jede Form<br />
von Diskriminierung<br />
Sexuelle Orientierung s Herkunft<br />
„<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ setzt sich nicht<br />
nur mit demokratiegefährdenden Ideologien wie <strong>Rassismus</strong>,<br />
Rechtsextremismus, Antisemitismus und Islamismus auseinander.<br />
Vielmehr unterstützt SOR-SMC die <strong>Schule</strong>n bei ihren Aktivitäten<br />
gegen jede Form von Diskriminierung. Analog zu den<br />
europäischen Nichtdiskriminierungsrichtlinien werden Diskriminierung<br />
aufgrund der Herkunft, der körperlichen Merkmale,<br />
der sexuellen und der religiösen Orientierung sowie des<br />
Geschlechts und des Alters als gleichrangig betrachtet.<br />
51<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
52<br />
Workshop<br />
„Schwul oder<br />
Lesbisch – Na<br />
und?!“<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Aktiv gegen jede Form von Diskriminierung<br />
Diskriminierung aufgrund der<br />
sexuellen Orientierung<br />
Vorurteile gegen Lesben und Schwule? Kaum<br />
vorstellbar. Schließlich werden Berlin und<br />
Hamburg seit Jahren von einem bekennenden<br />
schwulen Oberbürgermeister regiert. Und<br />
sind schwule und lesbische Partnerschaften<br />
nicht genauso anerkannt wie heterosexuelle<br />
Beziehungen? Nach geltendem Recht vielleicht.<br />
Trotz eines offen schwulen FDP-Generalsekretärs<br />
und den vielen sympathischen<br />
Schwulen in den TV-Vorabendserien ist<br />
Homophobie weiter verbreitet, als die Öffentlichkeit<br />
dies wahrhaben möchte.<br />
Wilhelm Heitmeyer vom Institut für Konfl<br />
ikt- und Gewaltforschung an der Universität<br />
Bielefeld stellt in den „Deutschen Zuständen<br />
2005“, einem Überblick über menschenverachtende<br />
Ideologien, fest: Homophobie nimmt<br />
in Ost- und Westdeutschland seit Jahren zu.<br />
Auf Schulhöfen gehören Beschimpfungen wie<br />
„Du schwule Sau“, „Du bist wohl schwul,<br />
oder was?“ zum normalen Kanon der Beleidigungen.<br />
„Schwul“ ist eindeutig negativ konnotiert.<br />
Körperliche Angriffe auf Homosexuelle<br />
gehören zum Alltag. In die Schlagzeilen<br />
schaffen sie es nur selten. Vor allem in den<br />
Städten sind unter den Tätern viele Jugendliche<br />
mit Migrationshintergrund. Diese Tatsache<br />
ist ein weiterer Grund, sich mit dem<br />
Thema gerade an <strong>Schule</strong>n mit einem hohen<br />
Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />
auseinander zu setzen.<br />
In den SOR-SMC-Workshops zum Thema<br />
Diskriminierungen sprechen Schülerinnen<br />
und Schülern diese Probleme immer wieder<br />
an. Dabei sind es nicht nur die homosexuell<br />
orientierten Jugendlichen, die aus der Betroffenenperspektive<br />
erzählen, sondern auch die<br />
anderen, die sich mit diskriminierenden, verletzenden<br />
Bemerkungen und Haltungen<br />
gegenüber Homosexuellen nicht abfi nden<br />
wollen.<br />
Beispiel Berlin<br />
Im Rahmen der Arbeit der Landeskoordination<br />
Berlin nimmt dieser Diskriminierungstatbestand<br />
einen immer größeren Raum ein.<br />
Ein Grund dafür sind die Aktivitäten des<br />
Schülers Alexander Freier, aus der SOR-SMC-
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung<br />
Initiativgruppe der Kurt-Schwitters-Oberschule<br />
in Berlin, die seit 2005 SOR-SMC ist.<br />
Der langjährige Landesschülersprecher lebt<br />
offen schwul und gründete 2004 die „Aktion<br />
Akzeptanz“, die sich der Situation von<br />
Schwulen an den <strong>Schule</strong>n widmet. Im<br />
Rahmen von landes- und bundesweiten Treffen<br />
der SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n bietet Alex inzwischen<br />
als Co-Referent Workshops zu sexueller<br />
Diskriminierung an.<br />
Die Ergebnisse der Workshops, die regelmäßig<br />
auf starkes Interesse stoßen, sprechen<br />
für sich. Die Jugendlichen beschreiben, dass<br />
sie die <strong>Schule</strong> keineswegs als einen Ort wahrnehmen,<br />
an dem sie mit ihren Fragen und<br />
Problemen gut aufgehoben sind. <strong>Schule</strong> bietet<br />
in der Regel keinen Raum zum Austausch von<br />
Fragen über die eigene sexuelle Orientierung,<br />
über Probleme mit den Eltern, den Freunden<br />
während des Coming-outs. Häufi g bietet die<br />
<strong>Schule</strong> auch zu wenig Schutz vor dem Mobbing<br />
der Mitschülerinnen und Mitschüler,<br />
weil sogar die Lehrerinnen und Lehrer ihre<br />
eigene Ablehnung gegenüber Homosexualität<br />
offen zeigen. Folglich wünschen sich viele<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops<br />
Räume, die SchülerInnen für das persönliche<br />
Gespräch zur Verfügung stehen.<br />
Auch die Unterstützung der Erwachsenen<br />
wird eingefordert: Lehrerinnen und Lehrer<br />
sollten sich mit den Themen befassen und<br />
sich dabei nicht nur Wissen über die verschiedenen<br />
Formen sexueller Orientierung<br />
verschaffen, sondern sich besonders mit ihrer<br />
eigenen Beziehung zur Sexualität auseinander<br />
setzen, ihre eigenen Vorurteile aufdecken<br />
und beheben.<br />
Schülerinnen und Schüler warten aber<br />
nicht, bis ihre Wünsche verwirklicht werden,<br />
sondern sind schon aktiv. Im Juni 2005 organisierten<br />
sie die Teilnahme von SOR-SMC am<br />
großen Umzug der Parade zum Christopher<br />
Street Day. In 2006 informierten SOR-SMC-<br />
SchülerInnen auf den CSD-Umzügen in<br />
Essen, Rostock, Berlin, Köln, Hamburg, München<br />
und Berlin schwule Jugendliche über<br />
die Möglichkeiten, sich im Rahmen von SOR-<br />
SMC gegen Diskriminierung aufgrund der<br />
sexuellen Orientierung zu engagieren<br />
Zum Holocaust-Gedenktag am 27. 1. 2006<br />
veranstaltete „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong> mit Courage“ am Nollendorfplatz in<br />
Berlin gemeinsam mit den Kooperationspartnern<br />
ABQueer, der GEW Berlin, dem LSVD<br />
(Lesben- und Schwulen Verband – Berlin-<br />
Brandenburg) und Maneo – Schwules Überfalltelefon<br />
und Opferhilfe c/o Mann-O-Meter<br />
e. V. eine Gedenkminute, um an die homosexuellen<br />
Opfer der nationalsozialistischen<br />
Herrschaft zu erinnern, die als Opfergruppe<br />
lange Zeit nicht thematisiert wurden.<br />
53<br />
Christopher<br />
Street Day<br />
2005 in Berlin<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
54<br />
Bundesweites<br />
SchülerInnentreffen<br />
2005<br />
in<br />
Saar brücken<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Aktiv gegen jede Form von Diskriminierung<br />
Diskriminierung aufgrund<br />
der Herkunft<br />
Das Grundgesetz und die bisherige Rechtslage<br />
in Deutschland besagt: Niemand darf<br />
aufgrund seiner Herkunft oder Abstammung<br />
diskriminiert werden. Die Richtlinie 2000/43<br />
des Rates der Europäischen Gemeinschaft<br />
zum Gleichbehandlungsgrundsatz <strong>ohne</strong><br />
Unterschied der „Rasse“ oder der ethnischen<br />
Herkunft unterstreicht dies erneut.<br />
In der Praxis sieht dies anders aus.<br />
Benachteiligungen, Beleidigungen und Ausgrenzungen<br />
sind an der Tagesordnung. Auf<br />
Schulhöfen und auch in manchen Lehrerzimmern<br />
wird über die gewalttätigen Araber, die<br />
diebischen Polen, die mafi ösen Russen oder<br />
die faulen Ossis gesprochen. Manchmal geht<br />
es auch um die friedlichen Dänen, die<br />
geschmackvollen Franzosen oder die lockeren<br />
Amerikaner. Es scheint klar, die Herkunft<br />
bestimmt die Eigenschaften der Personen.<br />
Vorurteilen und Stereotypen wie diesen<br />
setzen Schülerinnen und Schüler an vielen<br />
<strong>Schule</strong>n kreative Aufklärung und Auseinandersetzung<br />
mit Fragen der Identität des Ein-<br />
zelnen entgegen. Wer bin ich, wie ist der<br />
andere? Wie defi niere ich mich? Viele Projekte<br />
an SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n beschäftigen sich<br />
immer wieder mit der eigenen und der fremden<br />
Identität. Über eine gelungene Aktivität<br />
berichtet der Schüler Gerasimos Warmann in<br />
der ersten Ausgabe von „Q-rage“:<br />
Beispiel: Gemünden<br />
Schon ein kleines Kind fängt ganz vorsichtig<br />
mit zwei, drei Schubladen an. Je älter es wird,<br />
desto mehr kommen hinzu. Und ehe man sich<br />
versieht, verschwinden ganze Gruppen darin,<br />
<strong>ohne</strong> sich dagegen wehren zu können. Schon<br />
geistern Bilder von „den Russen“, „den<br />
Türken“ oder einfach „den Ausländern“ in<br />
den Köpfen herum.<br />
Die Initiative KRASS (Klub <strong>Rassismus</strong><br />
ablehnender Schülerschaft) am Friedrich-<br />
List-Gymnasium in Gemünden am Main will<br />
sich mit diesem „Ordnungssystem“ nicht<br />
abfi nden. SchülerInnen aus der Ober- und<br />
Mittelstufe organisieren deshalb seit dem<br />
Schuljahr 2004/ 2005 Kulturwochen unter<br />
dem Motto „Spielend Schubladen aufräumen“.<br />
Die Überlegung ist einfach: Je kleiner<br />
die Schubladen in unseren Köpfen sind, desto<br />
einfacher kann man sie aufräumen, vielleicht<br />
sogar überfl üssig machen. Deshalb sollte mit<br />
diesen Aufräumarbeiten nicht erst im Omialter<br />
angefangen werden, sondern möglichst<br />
schon beim Kindergartenkind, das noch <strong>ohne</strong><br />
verfestigte Vorurteile neugierig auf andere<br />
Menschen zugeht.<br />
KRASS setzt sein Projekt in einem Alter<br />
an, in dem es die unbelastete Neugier des<br />
Kindergartenkindes nicht mehr gibt. Elf- und<br />
Zwölfjährige orientieren sich sehr stark am<br />
Weltbild ihrer Eltern. Sie schnappen die Meinung<br />
von Mama oder Papa am Mittagstisch<br />
auf – und übernehmen sie. Besonders in ländlichen<br />
Regionen wie Gemünden hat diese Vererbung<br />
von Weltbildern Tradition. Häufi g
Diskriminierung aufgrund der Herkunft<br />
haben diese wenig mit den Ansichten eines<br />
modernen aufgeklärten Weltbürgers zu tun.<br />
Sie müssen nicht einmal direkt beleidigend<br />
sein. Die Vorurteile beginnen bei scheinbaren<br />
Komplimenten. So hat ein Südamerikaner den<br />
Rhythmus im Blut zu haben, weil er Südamerikaner<br />
ist. Und ein jüdischer Deutscher hat<br />
Bankier oder Rechtsanwalt, auf jeden Fall<br />
aber reich zu sein, weil er eben Jude ist.<br />
KRASS möchte diese Kette überlieferter<br />
Vorurteile durchbrechen. Dabei sollen die<br />
Kinder natürlich nicht gegen ihre eigenen<br />
Eltern aufgehetzt werden. Schuldzuweisungen<br />
haben bei dem Projekt nichts zu<br />
suchen. Der KRASS-Klub lädt verschiedene<br />
ReferentInnen in die <strong>Schule</strong> ein. Wichtig ist<br />
deren Vielfalt. Da ist die Schülerin aus<br />
Kasachstan, der Rentner aus Griechenland,<br />
der Langzeitarbeitslose aus Italien oder die<br />
Chefi ngenieurin. Jede und jeder hat seine<br />
eigene Geschichte zu erzählen. Auch sie<br />
freuen sich, so viele junge Menschen kennen<br />
zu lernen, mit denen sie in ein und derselben<br />
Stadt schon so lange zusammenleben – meist<br />
aneinander vorbei. Auch sie fürchten sich<br />
davor, auf den anderen zuzugehen, den ersten<br />
Schritt zu machen. Diesen Schritt kann man<br />
auch gemeinsam schaffen. Die Referentinnen<br />
und Referenten dadurch, dass sie die Kinder<br />
in der <strong>Schule</strong> besuchen, die Kinder hingegen<br />
dadurch, dass sie ihre Gäste freundlich in<br />
Empfang nehmen.<br />
Jedes Kind darf sich den Referenten aussuchen,<br />
den es am interessantesten fi ndet. So<br />
werden kleine Gruppen gebildet. Sie erzählen,<br />
singen, kochen, tanzen, beantworten die<br />
unzähligen Fragen, die aufkommen, wenn<br />
man auf jemanden trifft, „der von sooo weit<br />
weg herkommt“.<br />
KRASS sieht sich auch als Vermittler zwischen<br />
fremden Nachbarn in Gemünden. Auf<br />
Moralpredigten zum Verständnis zwischen<br />
den Kulturen oder über den guten Ausländer<br />
wird verzichtet. So etwas hat sich schon<br />
längst als erfolglos erwiesen. Kindern muss<br />
man Mut machen, selbstständig zu denken.<br />
Das ist der beste Weg, um Ideen und Werte<br />
wirklich zu verinnerlichen. Sie brauchen niemanden,<br />
der sie immer auf dem richtigen<br />
Weg hält, sie möchten wissen, wie man<br />
diesen Weg selbst fi ndet.<br />
Die Gäste sind auf Augenhöhe mit den<br />
Kindern. Sie unterrichten nicht, sie unterhalten<br />
sich. Selbst sprachliche Barrieren sind<br />
nebensächlich. Denn „es gibt so viele Wege,<br />
andere Menschen zu verstehen, auch <strong>ohne</strong><br />
Worte“, sagt Rigas Bekas, 60-jähriger Rentner<br />
aus Griechenland. Er legt einen Sirtaki<br />
auf. Nach einem Moment der Verlegenheit<br />
wiegen sich SchülerInnen im Rhythmus der<br />
Musik von Mikis Theodorakis. Die ganz<br />
Mutigen wagen sich sogar an die ersten<br />
Schrittkombinationen. Nebenan erzählt die<br />
17-jährige Schülerin Marina Weber von ihrer<br />
frühen Kindheit in Kasachstan, von ihrer<br />
Angst vor dem Umzug nach Deutschland,<br />
ihren ersten Eindrücken von der neuen, unbekannten<br />
Heimat. Die Kinder essen selbst<br />
gebackene Plätzchen. Sie erzählen von ihrer<br />
Angst vor dem Umzug in den Nachbarort.<br />
Am Schluss halten die Kinder ihre verschiedenen<br />
Eindrücke mit bunten Farben auf<br />
Bildwänden fest. Es sammeln sich die SchülerInnen<br />
einer Jahrgangsstufe und berichten<br />
sich gegenseitig von ihrem Tag. Sie verabschieden<br />
sich mit der Erkenntnis: „Hätte nie<br />
gedacht dass es bei euch so schön ist. Wir<br />
kommen euch mal besuchen!“<br />
55<br />
Aktionstag am<br />
Friedrich-List-<br />
Gymnasium in<br />
Gemünden<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv
56<br />
Publikationen von SOR-SMC: Themenhefte<br />
Bestellung<br />
Kosten pro Themenheft: 3 €<br />
Bestellungen per E-Mail:<br />
schule@aktioncourage.org<br />
per Fax: 030-21 45 86 20<br />
Radio<br />
Das Themenheft zeigt, welche Rolle Medien<br />
bei der Entstehung von Vorurteilen spielen<br />
können und welche Möglichkeiten das<br />
Medium Radio bietet, um journalistisch<br />
gegen Diskriminierungen vorzugehen. Eine<br />
Anleitung zum Radio-Machen vermittelt<br />
sowohl journalisische als auch technische<br />
Informationen, die ein Schulradio möglich<br />
machen.<br />
Rechte Musik und Symbolik<br />
Der Rechtsrock ist ein wichtiges Mittel der<br />
Nazis im Kampf um die jungen Köpfe. Das<br />
Themenheft informiert über die rechtsextreme<br />
Musikszene, aktuelle Stilrichtungen,<br />
ihre Ideologien, Akteure, Symbole und Mode<br />
für den rechten Lifestyle. Eine Unterrichtseinheit<br />
zu rechter Musik und Argumentationshilfen<br />
gegen so genannte Schulhof-CDs<br />
der Rechtsextremen ergänzen das Heft.<br />
Religion<br />
Das Themenheft zeigt, wie die fünf Weltreligionen<br />
Hinduismus, Buddhismus, Judentum,<br />
Christentum und Islam mal selbst diskriminierende<br />
Haltungen vertreten und Andersgläubige<br />
verfolgen, mal ihre eigenen Anhänger<br />
wegen ihres Glaubens verfolgt werden.<br />
Wie kann ein friedliches Miteinander von<br />
Menschen verschiedener Religionen gemeinsam<br />
mit Atheisten gestaltet werden?<br />
Sexualität<br />
Diskriminierungen aufgrund der sexuellen<br />
Orientierung scheint es nicht mehr zu geben.<br />
Lesbische und schwule oder transsexuelle<br />
Jugendliche erleben eine andere Realität und<br />
fühlen sich oft allein gelassen oder gar ausgegrenzt.<br />
Das Themenheft informiert über<br />
verschiedene sexuelle Orientierungen, will<br />
Vorurteile abbauen und Diskriminierungen<br />
entgegentreten.<br />
Die Themenhefte wurden<br />
gefördert durch:
V. Kompetenzen<br />
entwickeln und stärken<br />
Kommunikation und Medien s Konfl iktlösung<br />
Die Arbeit im Rahmen von „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong><br />
mit Courage“ stellt hohe Anforderungen an die Kinder und<br />
Jugendlichen. Um ihnen gerecht werden zu können, ist es unerlässlich,<br />
dass sie sich mit den Methoden und Instrumentarien<br />
auseinander setzen, die sie für ihre Arbeit brauchen. Die Bundeskoordination<br />
und Landeskoordinationen bieten gemeinsam<br />
mit ihren Kooperationspartnern Seminare und Workshops an,<br />
in denen die Kinder und Jugendlichen entsprechende Fähigkeiten<br />
erwerben..<br />
57<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
58<br />
„taz“-<br />
Redakteur<br />
Christian<br />
Füller<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Kompetenzen entwickeln und stärken<br />
Kommunikation und Medien<br />
Einen wichtigen Stellenwert in der Arbeit von<br />
SOR-SMC nimmt die Qualifi kation im<br />
Umgang mit und der Einsatz von geeigneten<br />
Kommunikationsmitteln ein. Denn wollen die<br />
<strong>Schule</strong>n zu Knotenpunkten demokratiefördernder<br />
Netzwerke werden, ist es unerlässlich,<br />
dass sie ihre Aktivitäten auch jenseits<br />
der <strong>Schule</strong> in eine breitere Öffentlichkeit<br />
kommunizieren, um so für ihre Anliegen zu<br />
werben.<br />
In der Regel erhält die Arbeit der SOR-<br />
SMC-<strong>Schule</strong>n eine öffentliche Aufmerksamkeit.<br />
Vor allem regionale Medien sind in ihrer<br />
Berichterstattung offen für das gesellschaftspolitische<br />
Engagement der SchülerInnen.<br />
Jährlich erscheinen über einhundertfünfzig<br />
Zeitungs-, Rundfunk- und Fernsehbeiträge,<br />
die über Projekte einzelner SOR-SMC-<strong>Schule</strong>n<br />
berichten. Diese Berichte sind der Garant,<br />
dass die Bürgerinnen und Bürger einer Stadt<br />
mehr über das Engagement ihrer Kinder und<br />
Jugendlichen erfahren und bei anderen <strong>Schule</strong>n<br />
Interesse an den Zielsetzungen und Inhalten<br />
von SOR-SMC Interesse geweckt wird.<br />
Für eine kontinuierliche und qualitative<br />
Öffentlichkeitsarbeit reicht es allerdings nicht<br />
aus, sich allein auf das Interesse und die<br />
Bereitschaft von JournalistInnen zu verlassen.<br />
Denn auch eine wohlwollende Berichterstattung<br />
der Medien unterliegt modischen<br />
Zyklen und tagesaktueller Schwerpunktsetzung.<br />
So kann es passieren, dass eine monatelang<br />
vorbereitete Aktion von SchülerInnen<br />
keine öffentliche Erwähnung erfährt, weil<br />
just an diesem Tag andere Meldungen in den<br />
Vordergrund drängen. Um die Berichterstattung<br />
nicht abhängig von Zufälligkeiten zu<br />
machen, sind viele <strong>Schule</strong>n dazu übergegangen,<br />
ihre Aktivitäten zu dokumentieren. Das<br />
kann in Form einer Schülerzeitung, eines<br />
Schulradios, einer ausführlichen Homepage<br />
oder Videodokumentationen geschehen.<br />
Sichtbarmachung des eigenen Handelns<br />
lautet das Zauberwort. Gutes tun und darüber<br />
reden ist kein Ausdruck von Eitelkeit oder gar<br />
Selbsterhöhung, sondern unabdingbare Voraussetzung,<br />
wenn <strong>Schule</strong>n mit geeigneten<br />
Handlungskonzepten zur Weiterentwicklung<br />
des demokratischen Alltagslebens und zum<br />
Ausbau der Zivilgesellschaft in ihrer <strong>Schule</strong><br />
und in ihrer Kommune beitragen wollen.<br />
Die Bundeskoordination legt aus all diesen<br />
Gründen großen Wert auf die Erhöhung der<br />
Medienkompetenz von SchülerInnen. Denn es<br />
reicht nicht, nur irgendwie über gute Dinge<br />
zu berichten. Vor allem im Bereich der Menschenrechtsarbeit<br />
kommt es darauf an, mit<br />
hoher Kompetenz, sachlich und für die Leser<br />
informativ zu berichten. In den Jahren 2002<br />
und 2003 veranstaltete die Bundeskoordination<br />
mit Unterstützung des Presse- und Informationsamtes<br />
der Bundesregierung in den<br />
neuen Bundesländern sechs Wochenendseminare<br />
zum Thema: „Recherchieren, Schreiben,<br />
Redigieren, Auswerten – journalistisches<br />
Know-how am Beispiel <strong>Rassismus</strong>, Rechtsextremismus<br />
und Zivilgesellschaft“. Über 100<br />
SchülerInnen nahmen daran teil. In Folge<br />
dieser Seminare gründeten einige SOR-SMC-<br />
<strong>Schule</strong>n eigene Schulzeitungen.
Kommunikation und Medien<br />
Seit 2005 stellt sich die Bundeskoordination<br />
einer neuen Herausforderung. Denn je<br />
mehr <strong>Schule</strong>n in ganz Deutschland sich dem<br />
Netzwerk von SOR-SMC anschließen, umso<br />
schwerer wird es, dass die einzelnen <strong>Schule</strong>n<br />
und die SchülerInnen sich nicht nur in der<br />
Theorie, sondern auch in der Praxis als Teil<br />
eines Netzwerks verstehen können, das rund<br />
300 <strong>Schule</strong>n umfasst, die von rund 250.000<br />
SchülerInnen besucht werden.<br />
Die Möglichkeiten zum direkten Erfahrungsaustausch<br />
der SchülerInnen bei einer<br />
solchen Größenordnung sind beschränkt. Die<br />
jährlichen bundesweiten Treffen können nur<br />
noch von einem Bruchteil der aktiven SchülerInnen<br />
und <strong>Schule</strong>n besucht werden.<br />
Um dennoch einen möglichst großen<br />
Erfahrungsaustausch zu gewährleisten, setzt<br />
die Bundeskoordination gegenwärtig auf drei<br />
Strategien:<br />
Homepage der Bundeskoordination<br />
Seit Oktober 2005 betreibt die Bundeskoordination<br />
unter www.schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.org<br />
eine Homepage, die täglich aktualisiert wird.<br />
Die Homepage berichtet über das Anliegen<br />
des Projekts und über Aktivitäten der einzel-<br />
nen <strong>Schule</strong>n. Sie dokumentiert die Presseartikel,<br />
die über SOR-SMC-Aktivitäten erscheinen,<br />
und stellt den SchülerInnen und LehrerInnen<br />
Material und Kontaktadressen für ihre<br />
Arbeit zur Verfügung. Die SchülerInnen und<br />
LehrerInnen haben die Möglichkeit, Berichte<br />
ihrer Aktivitäten an die Bundeskoordination<br />
zu schicken, um diese auf der Homepage für<br />
ein breites Publikum zu veröffentlichen. Nicht<br />
zuletzt aufgrund der guten Zuarbeit aus den<br />
<strong>Schule</strong>n hat sich die Homepage mit derzeit<br />
täglich rund 2.000 Zugriffen zu einer der<br />
wichtigsten Informationsplattformen im<br />
Bereich der Menschenrechtserziehung in<br />
Deutschland entwickelt.<br />
„Q-rage“ – die Zeitung von SOR-SMC<br />
Im Dezember 2005 erschien die erste Ausgabe<br />
von „Q-rage“ bundesweit in einer Auflage<br />
von 100.000 Exemplaren unter dem Titel:<br />
„Unsere Stadt <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong>“. Sie wurde<br />
von 17 SchülerInnen im Alter zwischen 14<br />
und 19 Jahren aus fünf Städten unter Anleitung<br />
professioneller Journalisten erstellt. Drei<br />
Monate dauerte der Produktionsprozess. Das<br />
Ergebnis ist eine Zeitung auf hohem journalistischem<br />
Niveau. Die Artikel machen sicht-<br />
59<br />
Produktion<br />
der ersten<br />
Ausgabe von<br />
„Q-rage“ in<br />
Bremen<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
60<br />
oben rechts:<br />
Redaktionssitzung<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Antigewalttraining<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz<br />
Kompetenzen entwickeln und stärken<br />
bar, welch wichtige Beiträge Jugendliche in<br />
Städten wie Chemnitz, Bremen, Berlin,<br />
Gemünden/Lohr und in Verden für die kommunale<br />
Politik und das gesellschaftliche Miteinander<br />
leisten können.<br />
Auch in 2006 und den folgenden Jahren<br />
wird die Bundeskoordination gemeinsam mit<br />
SchülerInnen aus ganz Deutschland neue<br />
Ausgaben von „Q-rage“ produzieren, um so<br />
weitere Impulse für die Antidiskriminierungsarbeit<br />
an den <strong>Schule</strong>n und in den Kommunen<br />
zu geben.<br />
SOR-SMC macht Radio<br />
Im Herbst 2006 wird die Bundeskoordination<br />
erstmals für SchülerInnen aus Berlin und<br />
Brandenburg und in Kooperation mit der<br />
Medienanstalt berlin_brandenburg Radioworkshops<br />
durchführen. Das Ziel: die Einrichtung<br />
eines Internetradios, damit die<br />
<strong>Schule</strong>n sich künftig bundesweit auch über<br />
dieses Medium austauschen können.
Konfl iktlösung<br />
Streit und Konfl ikte gehören zum Alltag jeder<br />
<strong>Schule</strong> – auch an denen, die den Titel „<strong>Schule</strong><br />
<strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“<br />
tragen. Denn der Titel bedeutet keineswegs,<br />
auf einer Insel der Glückseligkeit und Harmonie<br />
zu leben, sondern zunächst nicht mehr,<br />
als sich um die Vermittlung von Interessengegensätzen<br />
zu bemühen. Kommt es zu<br />
ernsthaftem Streit, gilt es nach Lösungsmöglichkeiten<br />
zu suchen, mit denen alle Konfl iktparteien<br />
zufrieden gestellt werden können. So<br />
das Selbstverständnis von SOR-SMC.<br />
Nicht immer sind LehrerInnen die geeigneten<br />
Personen, um Konfl ikte zwischen SchülerInnen<br />
zu lösen. Ihnen fehlt oftmals aufgrund<br />
des Alters- und Statusunterschieds das<br />
richtige Verständnis für die Ursachen und<br />
Hintergründe des Konfl ikts.<br />
Beispiel: Léon-Foucault-Gymnasium<br />
in Hoyerswerda<br />
Das Léon-Foucault-Gymnasium in Hoyerswerda<br />
mit seinen 1.100 SchülerInnen liegt in<br />
einem Plattenbauviertel. Die Stimmung in<br />
Hoyerswerda ist seit Jahren alles andere als<br />
gut. Wie in kaum einer anderen Stadt in<br />
Deutschland hat sich die wirtschaftliche Lage<br />
in den zurückliegenden Jahren verdüstert.<br />
Seit 1990 wurden in der Region mehr als<br />
150.000 Arbeitsplätze abgebaut. Und die Einw<strong>ohne</strong>rzahl<br />
nahm in den letzten 15 Jahren<br />
von 71.000 auf 42.000 ab. Trotz des Wegzugs<br />
vor allem junger und mobiler Menschen<br />
beträgt die Arbeitslosenquote heute knapp 25<br />
Prozent.<br />
Unter all diesen Umständen würde es niemanden<br />
verwundern, wenn das Léon-Foucault-Gymnasium<br />
als eine der Problemschulen<br />
des Landes Schlagzeilen machen würde.<br />
Tut es aber nicht. Und das aus gutem Grund.<br />
„Wir haben eine Chance in Hoyerswerda. Die<br />
heißt, eine gute <strong>Schule</strong> zu machen“, sagt Uwe<br />
Blazejczyk, Direktor der <strong>Schule</strong>. „Der DDR-<br />
Neubaukasten ist innen licht und hell: schöne<br />
Möbel, Computer, Bücher, Videos. Überall<br />
hängen und stehen Kunstwerke der Schüler.<br />
Hier ist nichts vergilbt, versifft oder zertreten.<br />
In den Kursräumen bleibt es im Unterricht<br />
so still, dass man draußen vor der Tür<br />
glaubt, da sei keiner drin. Die Turnhalle wird<br />
saniert und außen rundum für Sprayer freigegeben.<br />
Viele Schüler bleiben nach Schulschluss<br />
noch länger da, wegen Veranstaltungen,<br />
Freundschaften und erster Liebe. Und<br />
ein Raum darf nur von Schülern betreten<br />
werden, hier arbeiten die Streitschlichter –<br />
Kinder lernen, Konfl ikte friedlich mit einander<br />
zu regeln.“ (Regine Sylvester, „Berliner<br />
Zeitung“, 7. 3. 2006)<br />
Das engagierte Kollegium und die Streitschlichter<br />
haben einen großen Anteil daran,<br />
dass die <strong>Schule</strong>, die seit November 2003 den<br />
Titel SOR-SMC trägt, fast schon so etwas wie<br />
eine Vorzeigeschule ist. Bereits im Schuljahr<br />
2000/01 konzipiert ein Team von LehrerInnen<br />
einen Ausbildungskurs für angehende Streitschlichter.<br />
In einem ersten Durchgang<br />
werden 18 SchülerInnen zu StreitschlichterInnen<br />
ausgebildet.<br />
Die 12-jährige Lisa schreibt über ihre<br />
Erfahrungen während der Ausbildung:<br />
„Dieses Schuljahr hat mir sehr viel gebracht.<br />
61<br />
Streitschlichter<br />
des Léon-<br />
Foucault-<br />
Gymnasiums<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv
62 Kompetenzen entwickeln und stärken<br />
Streitschlichter<br />
des Léon-<br />
Foucault-<br />
Gymnasiums<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv<br />
Ich lernte in Seminaren viel Neues über die<br />
Schlichtung eines Streits. Unter der Betreuung<br />
unserer Lehrer haben wir auch Rollenspiele<br />
durchgeführt, um uns so in die Lage<br />
der Streitenden beziehungsweise in die Lage<br />
der Schlichter zu versetzen. Viel Wissenswertes<br />
lernte ich über das Thema Mobbing.<br />
Zum Abschluss bekam ich mein Zertifi kat.<br />
Ich bin sehr stolz darauf, weil ich nun<br />
schlichten kann.“<br />
Bereits ein Jahr später folgt die Ausbildung<br />
der zweiten Generation von Streitschlichtern.<br />
Dieser Ausbildungskurs wird zu<br />
einem Großteil von SchülerInnen des Vorjahreskurses<br />
getragen – Schüler lernen von<br />
ihren Mitschülern.<br />
Ab 2003 werden die SchülerInnen in<br />
einem erweiterten Konzept zu „Konfl iktmoderatoren“<br />
weitergebildet. In diesen Kursen<br />
lernen die TeilnehmerInnen die verschiedenen<br />
Phasen einer Streitschlichtung kennen,<br />
erfahren vieles über Kommunikationsprozesse<br />
und Störungen des Miteinander<br />
Redens. Insbesondere werden soziale Kompetenzen<br />
wie Kooperationsfähigkeit, empathisches<br />
Gesprächsverhalten, Beratung in<br />
Konfl ikt- oder Entscheidungssituationen<br />
sowie die Moderation von Gesprächen und<br />
Veranstaltungen trainiert.<br />
Am Léon-Foucault-Gymnasium haben die<br />
Streitschlichter optimale Voraussetzungen,<br />
um ihre Arbeit erfolgreich durchführen zu<br />
können. Ihnen steht ein eigener Raum zur<br />
Verfügung, den die LehreInnen nach Mög-<br />
lichkeit nicht betreten sollen. Gleichzeitig<br />
unterstützen LehrerInnen und der Schulleiter<br />
das ambitionierte Projekt und stellen es auch<br />
den Eltern vor. Die SchülerInnen des Streitschlichterprojekts<br />
bieten in den Pausen sowie<br />
nach dem Unterricht ihre Hilfe an. Sie reagieren<br />
auf Vorfälle an der <strong>Schule</strong> und beraten<br />
ihre Mitschüler.<br />
Kommt es zu Konfl ikten, werden diese in<br />
vier Phasen bearbeitet. In einer Einleitung<br />
verdeutlichen die StreitschlichterInnen den<br />
Konfl iktpartnern ihr Vorhaben und geben<br />
klare Regeln vor, die im Gespräch einzuhalten<br />
sind. Sie lauten: Beleidigende oder verletzende<br />
Worte sind tabu, und der Gesprächspartner<br />
darf in jedem Fall <strong>ohne</strong> Störung ausreden.<br />
Im zweiten Schritt gilt es, die Streitpunkte<br />
zu klären und aus der Perspektive der<br />
Beteiligten zu verstehen, was die Konfl iktursachen<br />
sind. Im dritten Schritt suchen die<br />
Streitschlichter mit den Beteiligten nach<br />
Lösungsmöglichkeiten, mit denen beide<br />
Seiten einverstanden sind, und überlegen,<br />
was jeder zur Lösung des Konfl ikts beiträgt<br />
und wie angerichteter Schaden wieder gut<br />
gemacht werden kann. Abschließend werden<br />
die getroffenen Vereinbarungen schriftlich<br />
fi xiert und von den Konfl iktparteien unterzeichnet.<br />
Auf Anfrage von KlassenlehrerInnen vermitteln<br />
die StreitschlichterInnen auch<br />
Gespräche in Klassen oder mit ganzen Gruppen<br />
von SchülerInnen. Inzwischen haben sich<br />
die Streitschlichter am Léon-Foucault-Gymnasium<br />
sowohl unter ihren MitschülerInnen<br />
als auch bei den LehrerInnen einen Ruf als<br />
zuverlässige und faire Gesprächspartner<br />
erarbeitet.<br />
Nach diesen rundum positiven Erfahrungen<br />
an der eigenen <strong>Schule</strong> werben die<br />
StreitschlichterInnen seit geraumer Zeit auch<br />
auf außerschulischen Veranstaltungen für ihr<br />
Projekt. Im Rahmen von Workshops haben sie<br />
ihre Erfahrungen inzwischen SchülerInnen<br />
und LehrerInnen in Dresden, Bautzen,<br />
Bischofswerda und Saarbrücken vorgestellt<br />
und zur Nachahmung empfohlen.
VI. Nachhaltigkeit<br />
Veränderung des Schulprofi ls s Tipps<br />
zur Absicherung der Nachhaltigkeit<br />
Das Projekt „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> – <strong>Schule</strong> mit Courage“ hat<br />
zum Zeitpunkt der Anerkennung durch die Bundeskoordination<br />
eine hohe Zustimmung an der <strong>Schule</strong>. Alle sind voller Tatendrang<br />
und fi nden es gut, sich zu engagieren. Die Schülerzentrierung<br />
des Projektansatzes erweist sich jedoch durchaus auch<br />
als ein Problem. So kann es passieren, dass eine hoch motivierte<br />
Gruppe ihre Schulzeit beendet, <strong>ohne</strong> dass Nachfolger<br />
ihre Arbeit weiterführen. Oder ein engagierter Kollege wechselt<br />
die <strong>Schule</strong>, <strong>ohne</strong> dass sich jemand fi ndet, der fortan das<br />
Projekt SOR-SMC mit vergleichbarem Elan begleitet. In diesem<br />
Kapitel geben wir Tipps, wie die Nachhaltigkeit gesichert<br />
werden kann.<br />
63<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
64 Nachhaltigkeit<br />
Von SchülerInnen<br />
der<br />
Hauptschule<br />
Lange Straße<br />
aus Duisburg<br />
erstelltes<br />
Plakat<br />
Veränderung des Schulprofi ls<br />
Hauptschule + hoher Migrantenanteil +<br />
so ziales Brennpunktgebiet = „Chaos-<strong>Schule</strong>“.<br />
Spätestens seit im Frühjahr 2006 die LehrerInnen<br />
der Rütli-<strong>Schule</strong> in Berlin-Neukölln<br />
vor ihren SchülerInnen kapitulierten, hat sich<br />
diese Formel in vielen Köpfen festgesetzt.<br />
Dem Netzwerk von SOR-SMC sind 43<br />
Haupt schulen angeschlossen. Und viele<br />
dieser <strong>Schule</strong>n wehren sich erfolgreich gegen<br />
das Stigma einer Chaos-<strong>Schule</strong>. Sie beweisen,<br />
dass es möglich ist, auch an Hauptschulen ein<br />
positives Klima zu erzeugen, wenn engagierte<br />
und kompetente Kollegen Vertrauen erzeugen,<br />
Verantwortung übernehmen und<br />
gemeinsam mit den SchülerInnen langfristig<br />
an der Veränderung des Schulprofi ls arbeiten.<br />
Beispiel: Werner-Stephan-<br />
Oberschule, Berlin<br />
Vor 20 Jahren hatte die Werner-Stephan-<br />
Oberschule einen ähnlichen Ruf wie die<br />
Rütli-<strong>Schule</strong>. Heute ist die <strong>Schule</strong>, die seit Juli<br />
2001 den Titel „<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong> mit Courage“ trägt, in vieler Hinsicht<br />
vorbildlich. Fast wöchentlich reisen Journalisten<br />
und Kamerateams an, um das „Wunder<br />
von Tempelhof“ zu bestaunen. Zwei von<br />
ihnen, Marian Blasberg und Wolfgang Uchatius,<br />
schreiben am 6. 4. 2006 in der „Zeit“:<br />
„An der Tafel klebt Butter. Von Butterbroten.<br />
Erst aufgeklappt, dann auf der Tafel<br />
verschmiert. An der Decke hängen Watteklumpen.<br />
Von Tampons. Erst mit Spucke aufgeweicht<br />
und dann an die Decke geschleudert.<br />
Auf den Stühlen sitzen junge Männer<br />
und Frauen, 16, 17 Jahre alt. Fast volljährig.<br />
Aber sie gehen noch in die 7. Klasse. Weiter<br />
sind sie nicht gekommen. Nach der <strong>Schule</strong><br />
dealen sie mit Drogen, einige gehen auf den<br />
Strich. Das ist die Wirklichkeit an einer deutschen<br />
Hauptschule – aber nicht im Frühjahr<br />
2006.<br />
Es war die Wirklichkeit des Jahres 1978<br />
an der Werner-Stephan-<strong>Schule</strong> im Bezirk<br />
Tempelhof. Damals galt sie als Berlins<br />
schlimmste <strong>Schule</strong>. (…)<br />
Heute ist es an der Werner-Stephan-<strong>Schule</strong><br />
so, dass die 14-jährige Lisa über den Hof geht<br />
und ein paar Mitschüler sie anschreien: Du<br />
Schlampe! – Du Hure! Dieselben Zoten, wie<br />
sie täglich auf dem Rütli-Pausenhof gebrüllt<br />
werden, und sie haben auch dieselbe Ursache.<br />
Lisa hat ‚Scheiße erzählt‘. Über andere.<br />
Hat keinen Respekt gezeigt. Also wird sie<br />
jetzt beschimpft. Und danach vielleicht getreten.<br />
Oder sie tritt selber zu.<br />
Aber sie tut es nicht. Weil vorher die Vertrauensschüler<br />
einschreiten. Seda zum Beispiel.<br />
Sie ist 16 und geht in die zehnte Klasse.<br />
(…) Ihr Klassenlehrer sagt, als Seda von der<br />
Grundschule zu ihnen gekommen sei, habe<br />
sie kaum einen geraden Satz sprechen<br />
können.<br />
Diese Seda also hat mehrere Wochenendseminare<br />
absolviert, in denen Lehrer der<br />
Werner-Stephan-<strong>Schule</strong> ihre Schüler zu<br />
Streitschlichtern und Vertrauensschülern<br />
ausbilden. Sie hat gelernt, wie man zwei sich
Veränderung des Schulprofi ls<br />
Prügelnde auseinander reißt, wie man sie erst<br />
anbrüllen muss: ‚Hör auf!‘ Weil man sonst gar<br />
nicht zu ihnen durchdringt. Wie es dann<br />
darum geht, sich mit den Zerstrittenen an<br />
einen Tisch zu setzen und nach den Gründen<br />
für den Streit zu suchen.<br />
Auf die Werner-Stephan-<strong>Schule</strong> gehen 300<br />
Schüler. Wer neu von der Grundschule<br />
kommt, kann sich unter den Vertrauensschülern<br />
einen aussuchen. Einen Paten. An den<br />
kann er sich wenden, wann immer er Probleme<br />
hat, mit Eltern, Mitschülern, Lehrern.<br />
Zu Beginn jedes Schuljahrs kommen die<br />
Klassensprecher zusammen und formulieren<br />
das Schulversprechen.“ Soweit der Bericht<br />
aus der „Zeit“.<br />
Seit Mitte der Achtzigerjahre hat das<br />
Kollegium der Werner-Stephan-Oberschule<br />
Veränderungen auf den Weg gebracht. Veränderungen,<br />
die dafür sorgten, dass sich<br />
sowohl Schüler als auch Lehrer wieder wohl<br />
fühlen. Mit diesem Anspruch hat das Kollegium<br />
hohe Anforderungen an sich gestellt.<br />
Nicht nur die Zusammensetzung der Schülerschaft<br />
ändert sich durch Seiteneinsteiger<br />
ständig. Beinahe mit jedem Kind tauchen<br />
neue Nationalitäten auf, auf die sich die<br />
<strong>Schule</strong> einstellen muss.<br />
Funktionieren kann eine solche <strong>Schule</strong><br />
nur mit Pädagogen, die genau wissen, weshalb<br />
sie ausgerechnet an der Werner-Stephan-<strong>Schule</strong><br />
unterrichten. Zunächst gilt es,<br />
ethnische Konfl ikte vom Unterrichtsalltag<br />
fernzuhalten, sie zu einer rationalen Einrichtung<br />
der Wissensvermittlung zu machen. Die<br />
<strong>Schule</strong> stellt bereits bei der Einschulung klar,<br />
dass keine Beleidigungen und Diskriminierungen<br />
toleriert werden und Toleranz gegenüber<br />
Andersartigkeit oberstes Gebot ist.<br />
In einem Diskussionsprozess haben die<br />
Klassensprecher gemeinsam mit dem Vertrauenslehrer<br />
zehn verbindliche Regeln<br />
erstellt, die jedes Jahr aktualisiert werden. Es<br />
sind Regeln der Höfl ichkeit, des guten Benehmens<br />
und bewährter bürgerlicher Umgangsformen.<br />
In dem Regelwerk, das jeder Schüler<br />
unterzeichnen sollte, stehen Sätze wie: „Ich<br />
respektiere meine MitschülerInnen“. Oder:<br />
„Ich werde mein Handy vor Unterrichtsbeginn<br />
ausschalten.“ Oder: „Ich bestehle meine<br />
Lehrer und MitschülerInnen nicht.“ Den<br />
Luxus einer Laisser-faire-Haltung kann sich<br />
die <strong>Schule</strong> nicht leisten.<br />
Die Atmosphäre wurde schlagartig besser,<br />
als sich die <strong>Schule</strong> bewusst auf die schwierige<br />
Schülerschaft einstellte. Mit Sondermitteln<br />
wurde sowohl eine Cafeteria als auch<br />
eine Schulstation eingerichtet. Eine Lehrerin<br />
steht Schülern zur Verfügung, die wegen<br />
Depressionen, Streitigkeiten oder anderer<br />
Probleme nicht in der Lage sind, dem Unterricht<br />
zu folgen.<br />
Als genialer Schachzug hat sich die Einführung<br />
des 40-Minuten-Modells erwiesen.<br />
Durch die fünfminütige Verkürzung wird<br />
Arbeitszeit eingespart und von den Lehrern<br />
in eine der dreißig Arbeitsgemeinschaften<br />
reinvestiert. Sie werden nach Schulschluß<br />
angeboten. Für jeden ist etwas dabei – Badminton,<br />
Basket- und Fußball, Mofakurs,<br />
PC-Kurse, Tanz, Aerobic und Stadterkundungen.<br />
So multikulturell die Zusammensetzung<br />
der Schülerschaft an der Werner-Stephan-<br />
<strong>Schule</strong> auch ist, in der Ausstattung der Klassenzimmer<br />
und Flure schlägt sich die<br />
Mischung nicht nieder. Die <strong>Schule</strong> verzichtet<br />
auf kulturspezifi sche Hinweise. Denn die<br />
Praxis zeigt: Kulturspezifi sches kann Konfl<br />
ikte erzeugen, da über gebotene Identifi kationsmuster<br />
Ethnisierungen von Gruppen konstruiert<br />
werden. Nach ethnischen Kuschel-<br />
65<br />
Von SchülerInnen<br />
der<br />
Hauptschule<br />
Lange Straße<br />
aus Duisburg<br />
erstelltes<br />
Plakat
66 Nachhaltigkeit<br />
Von SchülerInnen<br />
der<br />
Hauptschule<br />
Lange Straße<br />
aus Duisburg<br />
erstelltes<br />
Plakat<br />
eckchen sucht man deshalb in der Werner-<br />
Stephan-<strong>Schule</strong> vergeblich.<br />
Nachhaltigkeit ist das Zauberwort, das<br />
wesentlich zum Erfolg der Werner-Stephan-<br />
Oberschule beiträgt. Dazu gehört auch das<br />
„Lidice-Projekt“. Die SchülerInnen haben<br />
eine Patenschaft mit den Überlebenden des<br />
von den Nazis zerstörten Ortes geschlossen.<br />
Alljährlich fi nden Arbeitsbesuche zur Erhaltung<br />
der Gedenkstätte in Lidice und Gegenbesuche<br />
der Zeitzeugen nach Berlin statt.<br />
Inzwischen hat die <strong>Schule</strong> auch eine Schülerfi<br />
rma gegründet. Es ist ein Fair-Trade-Point,<br />
ein Verkaufsstand, an dem von SchülerInnen<br />
Produkte aus der Dritten Welt verkauft<br />
werden. Die Mitarbeit ersetzt für einige SchülerInnen<br />
die Arbeitslehrekurse der zehnten<br />
Klasse.<br />
So wichtig die bereits beschriebenen Projekte<br />
für den Schulalltag sind – <strong>ohne</strong> die<br />
besondere Förderung von SchülerInnen mit<br />
Migrationshintergrund wäre die <strong>Schule</strong> nicht<br />
so erfolgreich. Kern dieser Förderung ist das<br />
so genannte C-B-A-Modell. Alle schulpfl ichtigen<br />
Jugendlichen ab 13 Jahren, die neu nach<br />
Deutschland kommen und nicht deutsch sprechen,<br />
werden an der Werner-Stephan-Oberschule<br />
nach ihrem Sprachstand in drei verschiedenen<br />
Förderklassen unterrichtet.<br />
Das C-B-A-Modell führt von der Einstiegsgruppe<br />
C über B zu der leistungsstärksten<br />
Gruppe A mit dem Ziel des Übergangs in eine<br />
dann neu zu bildende 9. Klasse. Die Förderklassen<br />
setzen sich zusammen aus SchülerInnen<br />
unterschiedlichen Alters, verschiedener<br />
Nationalität und unterschiedlichen<br />
schulischen Voraussetzungen.<br />
Der Unterricht erfolgt binnendifferenziert<br />
nach persönlichen Förderplänen für jeden<br />
einzelnen Schüler. Die individuelle Förderung<br />
und die Organisation der C-B-A-Förderklassen<br />
ermöglichen den Aufstieg der SchülerInnen<br />
in die nächst höhere Förderklasse bis<br />
hin zu den Regelklassen 9 und 10 ausschließlich<br />
in Abhängigkeit von der Entwicklung<br />
ihrer sprachlichen Fähigkeiten. Die SchülerInnen<br />
haben so die Möglichkeit, in ihrem<br />
eigenen Lerntempo die für sie notwendigen<br />
Lernprozesse zu durchlaufen.<br />
Das kleine LehrerInnen-Team, die intensive<br />
Betreuung durch die jeweils zwei KlassenlehrerInnen<br />
im schulischen und außerschulischen<br />
Bereich und der hohe Stundenpool<br />
für Deutsch und Sachkunde begünstigen<br />
in den C-B-A-Gruppen fächerübergreifende<br />
Unterrichtsinhalte, projektartigen Unterricht<br />
und soziales Lernen und lassen in der Regel<br />
im 9. und 10. Jahrgang Klassen entstehen, die<br />
sich durch große Leistungsmotivation und<br />
positives Gruppenklima auszeichnen.<br />
Für die Werner-Stephan-Oberschule<br />
nimmt die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern<br />
außerhalb der <strong>Schule</strong> einen<br />
wichtigen Stellenwert ein. Für den Freizeitbereich<br />
ist eine enge Kooperation mit Jugend-<br />
und Kultureinrichtungen, der Stadtteilbibliothek<br />
und dem Jugendamt aufgebaut worden.<br />
Und für die Zeit nach dem Schulabschluss<br />
werden über Praktika und Beratungstage Verbindungen<br />
zu Betrieben wie Daimler-Chrysler,<br />
Alcatel und der BSR aber auch der Berufsberatung<br />
der Agentur für Arbeit geknüpft.<br />
Vielen SchülerInnen erleichtert dies den<br />
Schritt in die Berufstätigkeit.<br />
Im Mai 2006 wurde die Werner-Stephan-<br />
Oberschule als eine von bundesweit 18 <strong>Schule</strong>n<br />
für den „Deutschen Schulpreis 2006“<br />
nominiert.
Tipps zur Nachhaltigkeit<br />
Im Folgenden sind Vorschläge aufgelistet, die<br />
einen Beitrag zur Nachhaltigkeit des Projekts<br />
an einer <strong>Schule</strong> leisten können. Meistens<br />
reicht es, nur einige der Vorschläge umzusetzen,<br />
um auch Jahre nach der Titelverleihung<br />
nicht nur ein wohlmeinendes SOR-SMC-<br />
Schild an der Schultür zu haben, sondern<br />
entsprechend zu handeln.<br />
I. Zielgruppe neue Schülerinnen<br />
und Schüler<br />
s Tag der offenen Tür nutzen, um den neuen<br />
Eltern und SchülerInnen das Projekt vorzustellen<br />
s SOR-SMC in die Flyer der Selbstdarstellung<br />
der <strong>Schule</strong> aufnehmen<br />
s Das Logo von SOR-SMC in den Briefkopf<br />
der <strong>Schule</strong> aufnehmen<br />
s In den neuen Klassen grundsätzlich eine<br />
Unterrichtseinheit zu den Ideen und Zielen<br />
von SOR-SMC durchführen<br />
s Unterschriftensammlung in den neuen<br />
Klassen wiederholen<br />
s Schulabgänger als Betreuer für die Klassenaktivitäten<br />
gewinnen<br />
s Patenschaften zwischen den oberen und<br />
unteren Klassen einrichten<br />
s Workshop „Schüler für Schüler“ anbieten.<br />
Peer education!<br />
s Schülerinnen und Schüler aus den neuen<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
Klassen regelmäßig in die Ausbildungen<br />
zu Konfl iktlotsen oder MediatorInnen aufnehmen<br />
Klassenstufenübergreifende Projekte fördern<br />
SOR-SMC-T-Shirts an der <strong>Schule</strong> bekannt<br />
machen<br />
Foto der Paten mit einem kurzen Statement<br />
sichtbar in der <strong>Schule</strong> aufhängen<br />
Grundschule: eine Dokumentation der<br />
Klassenaktivitäten zusammenstellen und<br />
für die Eltern kopieren.<br />
II. Zielgruppe Lehrkräfte<br />
s An der SOR-<strong>Schule</strong> sollte es nicht nur eine<br />
Lehrkraft geben, die sich für das Projekt<br />
verantwortlich fühlt, sondern ein Team<br />
von Lehrkräften<br />
s Das Team sollte sich in jedem Schuljahr<br />
mindestens einmal im Rahmen einer<br />
„Fachkonferenz SOR“ über die gelaufenen<br />
Aktivitäten und die Planung der kommenden<br />
Projekte austauschen<br />
s LehrerInnen sind ausgebrannt. Sie müssen<br />
davon überzeugt werden, dass Menschenrechtserziehung<br />
ihre Arbeit nicht<br />
erschwert, sondern nachhaltig erleichtert<br />
s Über die Landeskoordinatoren schulinterne<br />
Seminare für Lehrkräfte anbieten<br />
s Die Angebote der Bundeskoordination für<br />
67<br />
Jahrestreffen<br />
der SOR-SMC-<br />
<strong>Schule</strong>n in<br />
Berlin 2005<br />
Foto:<br />
Metin Yilmaz
68 Nachhaltigkeit<br />
s<br />
bundesweite PädagogInnenseminare ins<br />
Bewusstsein rücken<br />
Die Handbücher bewerben. Sie können<br />
Anregungen zur eigenen Arbeit geben und<br />
Vorbereitungsstress abnehmen.<br />
III. Schulorganisatorische<br />
Maßnahmen<br />
s Auf der Schulkonferenz sollte SOR-SMC<br />
ein fester Punkt der Tagesordnung werden,<br />
der jedes Mal aufgerufen wird, auch wenn<br />
vorher keine konkreten Themen anliegen<br />
s Eine Projektgruppe SOR-SMC einrichten,<br />
in die jährlich aus allen neuen Klassen<br />
mindestens ein/e SchülerIn aufgenommen<br />
wird<br />
s Jährlich wiederkehrende Termine sind für<br />
<strong>Schule</strong>n ein guter Anlass, sie gemeinsam<br />
zu begehen. Beispiele sind der 27. Januar<br />
(Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus),<br />
der 23. Mai (Tag der Demokratie;<br />
Verkündung des Grundgesetzes), der 9.<br />
November (Reichspogromnacht; Öffnung<br />
der Mauer)<br />
s Zertifi kate für SchülerInnen, die sich kontinuierlich<br />
an der Arbeit beteiligen, Projekte<br />
initiieren und Aktivitäten umsetzen<br />
s Teilnahmebescheinigung bei schulinternen<br />
Workshops, landes- und bundesweiten<br />
SOR-Treffen oder Seminaren ausstellen.<br />
Diese können für die Bewerbung interessant<br />
sein<br />
s Im Zeugnis die aktive Mitwirkung der<br />
SchülerInnen vermerken. Nicht als Benotung,<br />
sondern um die positive Mitwirkung<br />
zu honorieren<br />
s Die SV übernimmt die Leitung und die<br />
Verantwortung für die Weiterführung der<br />
Aktivitäten. Dafür bekommt sie ein deutliches<br />
Mitwirkungsrecht bei der Gestaltung<br />
von Projekttagen etc.<br />
s Aufnahme der Ideen und Ziele von SOR-<br />
SMC in das Schulprofi l<br />
s Unterschriftensammlung für alle Schulmitglieder<br />
regelmäßig im Abstand von<br />
zwei oder drei Jahren wiederholen<br />
s Unterschriftensammlungen in einen<br />
Rahmen mit inhaltlichen Aktivitäten einbetten.<br />
Thementag, Projekttag etc.<br />
s Wandzeitung, Pinnwand nutzen, um auf<br />
laufende oder geplante Aktivitäten hinzu-<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
s<br />
weisen, Ergebnisse öffentlich machen, um<br />
MitmacherInnen für Projektideen zu<br />
gewinnen<br />
Jährlich die Aktivitäten der einzelnen<br />
Klassen dokumentieren und zum<br />
Abschlussfest aushängen<br />
Historie, Gedächtnis der eigenen Aktivitäten<br />
schaffen<br />
Aktivitäten öffentlich machen, die klassenübergreifend<br />
sind<br />
Bestehende Arbeitsgemeinschaften wie AG<br />
Frieden etc. sollten sich auch als AG SOR-<br />
SMC verstehen<br />
Die inhaltlichen Angebote der ProjektpartnerInnen<br />
bekannt machen<br />
ReferentInnen über die ProjektpartnerInnen<br />
in den Unterricht holen.<br />
IV. Öffnung von <strong>Schule</strong> –<br />
Kooperation groß schreiben<br />
s <strong>Schule</strong>n arbeiten oft vereinzelt. Stärkere<br />
Kommunikation mit anderen SOR-<strong>Schule</strong>n<br />
fördert die Anlässe, die zum aktiven Mitmachen<br />
bei den Jüngeren führen<br />
s Aufmerksamkeit der außerschulischen<br />
Öffentlichkeit auf die Aktivitäten der<br />
<strong>Schule</strong> lenken. Zusammenarbeit mit den<br />
lokalen Medien<br />
s Die Paten aktiv in die Arbeit der <strong>Schule</strong>n<br />
einbeziehen. Es bringt nicht viel, darauf zu<br />
warten, dass die Paten sich bei der <strong>Schule</strong><br />
melden. Besser ist es, konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
an sie heranzutragen<br />
s Regelmäßig die Angebote der Landeskoordination<br />
und der Bundeskoordination an<br />
alle Klassen weitergeben<br />
s Teilnahme der Schülerinnen und Schüler<br />
an landesweiten und bundesweiten Treffen<br />
fördern<br />
s Den Förderverein der <strong>Schule</strong> einbinden<br />
und für SOR-SMC-Aktivitäten einen Etat<br />
reservieren<br />
s Am Tag der offenen Tür über Stände,<br />
Kuchenverkauf etc. Spenden für schulinterne<br />
Aktivitäten sammeln<br />
s Sponsoring der konkreten Aktivitäten<br />
durch regionale Wirtschaftsunternehmen<br />
(Bäckerei, Schuhladen, Apotheke etc. )<br />
s Sponsoring zum Unterrichtsthema machen<br />
s<br />
Mögliche Sponsoren gezielt zu Ergebnispräsentationen<br />
in die <strong>Schule</strong> einladen.
VII. Anhang<br />
Landeskoordinatoren s Patinnen und Paten<br />
69<br />
Foto: SOR-<br />
SMC-Archiv
70<br />
Anhang<br />
Landeskoordinationen<br />
(Stand: 31. 8. 2006)<br />
Bayern<br />
Dr. Chong-Sook Kang<br />
Pädagogisches Institut<br />
Politische Bildung/<br />
Gesellschaftliche Schlüsselthemen<br />
Tal 31<br />
80331 München<br />
Tel.: 0 89 - 23 32 - 65 47<br />
Fax: 0 89 - 23 32 - 19 41<br />
Mail:<br />
chong-sook.kang@muenchen.de<br />
Internet: www.pifwe.muc.kobis.de<br />
Berlin<br />
Sanem Kleff, Ingo Grastorf<br />
<strong>Schule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />
<strong>Schule</strong> mit Courage<br />
Bundeskoordination<br />
Ahornstr. 5<br />
10787 Berlin<br />
Tel.: 0 30 - 21 45 86 - 15<br />
Fax: 0 30 - 21 45 86 - 20<br />
Mail: schule@aktioncourage.org<br />
Internet:<br />
www.schule-<strong>ohne</strong>-rassismus.org<br />
Brandenburg<br />
Birgit Funke<br />
RAA Brandenburg e. V.<br />
Friedrich-Engels-Str. 1<br />
14473 Potsdam<br />
Tel.: 03 31 - 7 47 80 - 0<br />
Fax: 03 31 - 7 47 80 - 20<br />
Mail: b.funke@raa-brandenburg.de<br />
Internet: www.raa-brandenburg.de<br />
Bremen<br />
Karin Schlichting<br />
Landeszentrale für<br />
politische Bildung<br />
Osterdeich 6<br />
28203 Bremen<br />
Tel.: 04 21 - 3 61 - 29 22<br />
Fax: 04 21 - 3 61 - 44 53<br />
Mail: info@lzpb-bremen.de<br />
Internet: www.lzpb.bremen.de<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Alain Raymond<br />
Hauptstr. 5a<br />
19412 Zahrensdorf<br />
Tel.: 03 85 - 48 52 - 7 11<br />
Fax: 03 85 - 48 52 - 7 24<br />
Mail: alain.raymond@arcor.de<br />
Internet: www.gew-mv.de<br />
Niedersachsen<br />
Marianne Winkler<br />
Niedersächsisches Ministerium<br />
für Inneres und Sport (MI),<br />
Büro der Ausländerbeauftragten<br />
Postfach 221<br />
30002 Hannover<br />
Tel.: 05 11 - 1 20 48 57<br />
Fax: 05 11 - 1 20 99 48 57<br />
Mail: marianne.winkler@<br />
mi.niedersachsen.de<br />
Internet: www.mi.niedersachsen.de<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Christiane Bainski<br />
Hauptstelle RAA – NRW<br />
Tiegelstr. 27<br />
45141 Essen<br />
Tel.: 02 01 - 83 28 - 3 07<br />
Fax: 02 01 - 83 28 - 3 33<br />
Mail: schule-<strong>ohne</strong>-rassismus-nrw@<br />
raa.essen.de<br />
Internet: www.raa.de<br />
Saarland<br />
Dr. Burkhard Jellonnek<br />
Landeszentrale für<br />
politische Bildung<br />
Beethovenstr. 26<br />
66125 Saarbrücken-Dudweiler<br />
Tel.: 0 68 97 - 79 08 - 1 76<br />
Fax: 0 68 97 - 79 08 - 1 77<br />
Mail: bjellonnek@lpm.uni-sb.de<br />
Internet: www.lpm.uni-sb.de/lpb<br />
Sachsen<br />
Peter Streubel<br />
Netzwerk für Demokratie und<br />
Courage, Landesnetzstelle Sachsen<br />
Schützenplatz 14<br />
01067 Dresden<br />
Tel.: 03 51 - 4 81 00 64<br />
Fax: 03 51 - 4 81 00 61<br />
Mail: sachsen@netzwerk-courage.de<br />
Internet: www.netzwerk-courage.de<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Cornelia Habisch<br />
Landeszentrale für<br />
politische Bildung, Ref. III<br />
Schleinufer 12<br />
39104 Magdeburg<br />
Tel.: 03 91 - 5 65 34 17<br />
Fax: 03 91 - 5 65 34 13<br />
Mail: cornelia.habisch@<br />
lpb.stk.lsa-nett.de<br />
Internet:<br />
www.lpb.sachsen-anhalt.de<br />
Schleswig-Holstein<br />
Medi Kuhlemann<br />
Aktion Kinder- und Jugendschutz<br />
Feldstr. 120<br />
24105 Kiel<br />
Tel.: 04 31 - 8 90 77 und -78<br />
Fax: 04 31 - 8 90 79<br />
Mail: kuhlemann@akjs-sh.de<br />
Internet: www.schleswig-holstein.<br />
jugendschutz.de<br />
Thüringen<br />
Matthias Müller<br />
MOBIT – Regionalbüro Gotha<br />
Brühl 23<br />
99867 Gotha<br />
Tel.: 0 36 21 - 22 86 96<br />
Fax: 0 36 21 - 22 86 98<br />
Mail: matthiasmueller@mobit.org<br />
Internet: www.mobit.org
Patinnen und Paten<br />
Patinnen und Paten<br />
Folgende Gruppen und Personen haben mit Stand 31. 7. 2006 die PatInnenschaft zumindest<br />
einer SOR-SMC-<strong>Schule</strong> übernommen. Mit ihrem Einsatz leisten sie einen wichtigen<br />
Beitrag, SOR-SMC als parteiunabhängiges und nachhaltig erfolgreiches Netzwerk der<br />
Menschenrechtsarbeit in ganz Deutschland zu verankern:<br />
1. FC Kaiserslautern Amateure; Fußball-Amateurmannschaft s 1. FC Union Berlin e. V.; Fußballverein sJoël<br />
Abati; Handballspieler beim SC Magdeburg s Asgar Abbaszadeh; Geschäftsführer Ramesch-Forum für interkulturelle<br />
Begegnung e. V. sTimotewus Abdissa; Apotheker sOtto Addo; Fußballspieler, derzeit beim FSV Mainz 05 s<br />
AFROB; Musiker s Doris Ahnen (SPD); Ministerin für Bildung, Frauen und Jugend in Rheinland-Pfalz s Tarik Al<br />
Wazir (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Hessischen Landtag s Fred Ape; Schriftsteller<br />
s Heike Apitzsch-Friedrich; Stiftungsmitglied der Kinder- und Jugendstiftung Johanneum s Schafi q Assad;<br />
Afghanistan-Hilfe Paderborn e. V. s Rachid Azzouzi; Fußballspieler s Bela B.; Die Ärzte, Musiker s Dirk Bach;<br />
Schauspieler, Comedian s Dietmar Bär; Schauspieler s Adé Bantu; Brothers Keepers, Musiker s Rainer Barcikowski;<br />
Mitglied der Geschäftsleitung EKO Stahl GmbH s Frank-Markus Barwasser; Comedian, „Erwin Pelzig“ s<br />
Franz Xaver Bauer (CSU); Erdinger Landrat (1987-2002) s Ingrid Baule (SPD); Landrätin im Landkreis Hildesheim<br />
s Dieter Baumann; Leichtathlet s Pina Bausch; Tänzerin, Choreografi n und Ballettdirektorin des Tanztheaters<br />
Wuppertal s Kurt Beck (SPD); Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und SPD-Parteivorsitzender s Marieluise<br />
Beck (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration<br />
(1998-2005) s Jürgen Becker; Kabarettist s Lou Bega; Musiker s Beginner; Musiker s Gabriele Behler (SPD);<br />
Ministerin für <strong>Schule</strong> und Weiterbildung sowie Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen (1995-2005) s Esther<br />
Bejarano; Zeitzeugin s Iris Berben; Schauspielerin s Thoralf Berg; Quadrathlon-Weltmeister, mehrfacher „Sportler<br />
des Jahres“ in Brandenburg s W. Michael Blumenthal; Direktor des Jüdischen Museums Berlin s Peter Blümlein<br />
(SPD); Oberbürgermeister in Filderstadt s Marco Bode; bis 2002 Fußballspieler bei Werder Bremen und Nationalspieler<br />
s Kirsten Boie; Kinder- und Jugendbuchautorin s Alexander Bonde (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); MdB s<br />
Tim Borowski; Fußballspieler bei Werder Bremen und Nationalspieler s Borussia Dortmund; Fussballverein s<br />
Ricarda Botzon; Ultra-Marathonläuferin s Bozoo Bajou; Musiker s Horst-Dieter Brähmig (PDS); Oberbürgermeister<br />
der Stadt Hoyerswerda s Berthold Brehm (CDU); Bürgermeister von Chemnitz s Bremer StadtImmigrantenOrchester;<br />
Musiker s Edna Brocke; Leiterin der Gedenkstätte Alte Synagoge Essen s Lutz Brockmann (SPD); Bürgermeister<br />
der Stadt Verden s Elmar Brok (CDU); EU-Abgeordneter s Brothers Keepers; Musiker s Lee Buddah;<br />
Musiker s Almira Büchner; gemeinsam mit Horst Wehner Deutsche Meister im Rollstuhltanzen 2006 (Combi Paare)<br />
s Bernd Busemann (CDU); Kultusminister in Niedersachsen s BV Chemnitz 99 e. V.; Basketballverein s John<br />
Cashmore; Musical „Gaudi“ s Gandhi Chantine; Musiker (Sons of Gastarbeita) s Jürgen Croy; Geschäftsführer Kultour-Z<br />
s Cuxhaven BasCats; Basketballverein s Eberhard David (CDU); Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld s<br />
December Peals; Musiker s Ann Demeester; Kuratorin MARTa Herford s Die Blindfi sche; Kinderrockgruppe s Die<br />
Prinzen; Musiker s Mike Diehl; Musiker s Jutta Ditfurth; Publizistin s Donots; Musiker s Peter Dressen (SPD);<br />
MdB s Garrelt Duin (SPD); MdB s Hans-Joachim Dumeier; Musiker (Church meets Synagogue) s DynamoFans<br />
Dresden e. V.; Fanprojekt s EHC Eisbären Berlin; Eishockeyverein s EINS Live; Radiosender s Eisbären Bremerhaven;<br />
Eishockeyverein s Ani Ekpenyong; Geschäftsführung und Lektorat Orlanda-Frauenverlag, Berlin s Timo<br />
Engel; ehemaliger Schüler des Ratsgymnasiums Rotenburg s Osman Engin; Autor s Ludger Ernsting; Pfarrer s<br />
Malik Fathi; Fußballspieler bei Hertha BSC Berlin s FC Energie Cottbus e. V.; Fußballverein s FC Erzgebirge Aue<br />
e. V.; Fußballverein s FC Rot-Weiß Erfurt e. V.; Fußballverein s Zekai Fenerci; HipHop-Ensemble s Heino Ferch;<br />
Schauspieler s Wolfgang Fiedler (CDU); Mitglied des Landtags in Thüringen s Wolfgang Finke; Musiker s Christian<br />
Fitzek; Handballtrainer s Joachim Franz; Extremsportler s Peter Freiberg; Autor, Moderator s Freiwillige<br />
Feuerwehr Schlema s Benno Fürmann; Schauspieler s Irith Gabriely; Musikerin (Church meets Synagogue) s<br />
Salvatore Gambino; Fußballspieler bei Borussia Dortmund s Dennis Gansel; Filmregisseur s Michael Gantenberg;<br />
71
72<br />
Anhang<br />
Moderator s Ferdi Gatzweiler (SPD), Bürgermeister der Stadt Stolberg s Shanta Ghosh; Leichtathletin s Marco<br />
Grensing; Bürger aus Finowfurt, Träger des Bundesverdienstkreuzes s Herbert Grönemeyer; Musiker s Ernst<br />
Grube; Zeitzeuge s Barbara Hackenschmidt (SPD); MdL in Brandenburg s Hannover ’96; Fußballverein s Hannover<br />
Scorpions Eishockey Betriebs GmbH; Eishockeymannschaft s Rainer Happeck; Rollstuhl-Basketballspieler,<br />
Rollstuhl-Sportclub (RSC) Osnabrück s Rebecca Harms (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Mitglied des Europäischen<br />
Parlaments s Uwe Harttgen; Diplompsychologe s HC Leipzig; Handballverein s Boris Henry; Speerwerfer s<br />
Berthold Herpe; Zeitzeuge s Hertha BSC; Fußballverein s Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup; Pfarrerin s Jan<br />
Hofer; Journalist und Moderator s Gert Hoffmann (CDU); Oberbürgermeister von Braunschweig s Fynn Holpert;<br />
Manager bei TBV Lemgo, ehem. Spieler s Klaus Hurrelmann; Professor für Sozial- und Gesundheitswissenschaften<br />
s IREAN; Musiker s Hannes Jaenicke; Schauspieler, Sprecher, Drehbuchautor s Hajo Jahn; 1. Vorsitzender der<br />
Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e. V. u. -Stiftung s Jann Jakobs (SPD); Oberbürgermeister der Stadt Potsdam s<br />
Christian Jaletzke; ehem. Geschäftsführer „Varusschlacht im Osnabrücker Land gGmbH“ s Walter Jansen; Musiker<br />
s Julia Jentsch; Schauspielerin s K....! (ehemals KARAT); Musiker s Eugen Kahl; Zeitzeuge s Ferhat Kaleli; Autor,<br />
Schauspieler s Carl-Jürgen Kaltenborn; Theologe s Sebastian Kehl; Fußballspieler bei Borussia Dortmund und<br />
Nationalspieler s Keimzeit; Musiker s Idrissa Keita; Autor und Komponist aus Mali s Kathy Kelly; Sängerin, Musikerin<br />
s Hans-Peter Kemper (SPD); MdB s Hedwig Keppelhoff-Wiechert (CDU); Abgeordnete des europäischen<br />
Parlaments s Riad Kheder; Musiker (Church meets Synagogue) s Ursula Kinkel; Gründerin von: Hilfe für Opfer von<br />
Ausländerfeindlichkeit e. V. s Gesine Klack; Buchhändlerin s Wolfgang Klinz (FDP); Abgeordneter des Europäischen<br />
Parlaments s Hans-Georg Kluge; ehem. Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten<br />
in Brandenburg s Bruno Knust; Musiker s Thomas Koch; Autor, Moderator s Alexander Kogan; 1. Vorsitzender<br />
der Jüdischen Gemeinde Paderborn s Hans Koschnick (SPD); Bremer Bürgermeister a. D. und ehemaliges<br />
MdB s Alexander Köberlein; Musiker s Carsten Köthe; Moderator s Andreas Kottisch (SPD); Mitglied der bremischen<br />
Bürgerschaft s Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU); Ministerin für Inneres, Familie, Frauen und Sport<br />
im Saarland s Michael Krapp (CDU); MdL in Thüringen s Jens-Uwe Krause; Moderator s Olaf Kraußlach; Verbandsvorsitzender<br />
des Innungsverbandes für das Friseurhandwerk Westfalen-Lippe s Claus Kretz (CDU); Landrat<br />
des Landkreises Karlsruhe s Sebastian Krumbiegel; Musiker s Dirk Kühn; Braunschweiger Zeitung s Renate<br />
Künast (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag und Ministerin a. D. s Stefan<br />
Kuntz; Fußballtrainer s Friedrich Küppersbusch; Journalist s Hans Peter Kurtz; Vorstandsvorsitzender der<br />
Arbeitskammer des Saarlandes s Hibeo Kuwabara; Wissenschaftler s Toni L.; Musiker s Reinhard Lakomy; Liedermacher<br />
s Christine Lambrecht (SPD); MdB s Landplage Düsseldorf; Musiker s Prof. Dr. Vytautas Landsbergis;<br />
ehemaliger Staatspräsident Litauens und Abgeordneter des Europäischen Parlaments s Jochen Langbein; Fußballspieler<br />
s Evelyn Langhans; Welthungerhilfe: AugenZeugen-Künstlerprogramm s Leonard Lansink; Schauspieler<br />
s Aino Laos; Sängerin s Sewan Latchinian; Intendant der Neuen Bühne Senftenberg s Alexander Lebenstein;<br />
Zeitzeuge s Jörg Lehwald; Liedermacher s Uta Leichsenring; Polizeipräsidentin a. D. s Vera Lengsfeld (CDU); bis<br />
2005 MdB s Joachim Leuschner; Wissenschaftler s Clemens Lindemann (SPD); Landrat des Saar-Pfalz-Kreises s<br />
Mike Litt; Moderator s Werner Lorant; Fuballtrainer s Arno Lustiger; Zeitzeuge s Helga Luther; Zeitzeugin s<br />
M.O.R. (Monsters of Rap); Musiker s Wolf-Rüdiger Marunde; Illustrator, Cartoonist, Künstler s Erik Meijer; Fußballspieler<br />
Alemannia Aachen s Michael Meister (CDU); MdB s Beate Merk (CSU); Justizministerin in Bayern s<br />
Heidi Merk (SPD); MdL in Niedersachsen und Ministerin a. D. s Per Mertesacker; Fußballspieler bei Hannover ’96<br />
und Nationalspieler s Anna Mettbach; Zeitzeugin s Florian Meyer; Fifa Fußball-Schiedsrichter s MIA; Musiker s<br />
Bascha Mika; Chefredakteurin der „taz“ s Martin Moss; Darsteller Musical „Gaudi“ (verstorben am<br />
27. 9. 2002) s Mousse T.; Musiker, Produzent s Peter Müller (CDU); Ministerpräsident des Saarlandes s Sema<br />
Mutlu; Musikerin s Özcan Mutlu (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); MdA in Berlin s Azim Navabi; Journalist s Uli<br />
Nehls; Seminarleiter s Thomas Neubert; Fußballspieler bei Dynamo Dresden s Wolfgang Niedecken; Musiker s<br />
Frank Nimsgern; Musiker, Musical-Komponist s Horst-Werner Nitt; Bürgermeister der Stadt Pinneberg s Helmut<br />
Noach; Zeitzeuge s Ulrich Nußbaum; Finanzsenator in Bremen s Heinz Öhmann (CDU); Bürgermeister der Stadt<br />
Coesfeld s Orange But Green; Rock`n`Roll Band s Cem Özdemir (Bündnis 90/ DIE GRÜNEN); Abgeordneter des<br />
Europäischen Parlaments s Emin Özel; Iman s Oli P.; Musiker s Sally Perel; Zeitzeuge, Autor von „Ich war Hitlerjunge<br />
Salomon“ s Christian Pfeiffer; Kriminologe s Volker Pispers; Kabarettist s Greg Poss; Eishockey-Trainer s<br />
Michael Preetz; Fußballspieler, ehemals Hertha BSC s Hans-Ulrich Prill; Teilnehmer Paralympics, PSV Chemnitz s<br />
Radio Bremen Hörfunk – Bremen Vier; Radiosender s Radio Fiv; Lokalradio für den Kreis Recklinghausen s Axel
Patinnen und Paten<br />
Redmer (SPD); Landrat im Landkreis Birkenfeld s Stefan Reuter; Fußballspieler s Revolverheld; Musiker s Lars<br />
Riedel; Sportler s Walter Riester (SPD); Minister a. D. s Reinhold Robbe (SPD); Wehrbeauftragter des Deutschen<br />
Bundestages s Wolfgang Rolff; Co-Trainer bei Werder Bremen s Andrea Röpke; Moderatorin s Romani Rose; Vorstandsvorsitzender<br />
des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma s Wolf Rosenzweig; VHS Buxtehude s Siegmund<br />
Rotstein; Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Chemnitz s Marcus Rudolph; Moderator s Magda Ryborsch<br />
(Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Ratsmitglied in Augustdorfs Uwe Säbel; Musiker s Axel Saipa LL.M.; Regierungspräsident<br />
a. D. der Bezirksregierung Braunschweig s Barbara Salesch; Richterin s Sasha; Musiker s Kathrin<br />
Sawatzki; Moderatorin s Claudia Scarpatetti; Schauspielerin s Thomas Schaaf; Trainer Werder Bremen s Günther<br />
Scheib (SPD); Bürgermeister der Stadt Hilden s Johannes Scherer; Moderator s Henning Scherf (SPD); bis 2005<br />
Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen s Luise Scherf; Menschenrechtsaktivistin s<br />
Horst Schild (SPD); MdB s Ulf Schindler (CDU); Landrat s Verona Schinkitz; AG In- und Ausländer, Jugendclub<br />
Pavillon in Chemnitz s Herbert Schmalstieg (SPD); Oberbürgermeister der Stadt Hannover s Ulla Schmidt (SPD);<br />
Bundesministerin für Gesundheit s Paul-Gerhard Schmitz; Bürgermeister der Stadt Gummersbach s Sybille<br />
Schnehage; 1. Vorsitzende Katachel e. V. Verein für Humanitäre Hilfe in Afghanistan s Rolf Schnellecke (CDU);<br />
Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg s Thomas Schönlebe; Leichtathlet, Olympiateilnehmer s Ulrike Schrader;<br />
Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal s Gerd Schramm; Zeitzeuge s Pete Schrobsdorff s René<br />
Schulthoff; Moderator s Andreas Schulz (SPD); Bürgermeister der Stadt Hennigsdorf s Jörg Schulz (SPD); Oberbürgermeister<br />
von Bremerhavens Ralf Schumacher; Formel 1 Rennfahrer s Bernd Schumacher; Musiker s Sara-<br />
Ruth Schumann; Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oldenburg s Sven Oliver Schütt; Sportler und Jugendarbeiter<br />
s Gesine Schwan; Präsidentin der Europauniversität Viadrina Frankfurt (Oder) s Schwarz auf Weiss; Musiker s<br />
Götz Schwarzrock; Leiter der Redaktion Gesellschaftswissenschaften beim Cornelsen Verlag s Yvonne Sehmisch;<br />
Paralympics Teilnehmerin, Rollstuhl-Sprint und -Langstrecke s „Nicole“ Seibert; Musikerin s Heide Simonis<br />
(SPD); von 1993 bis 2005 Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein s Smudo; Musiker s Soda Maker;<br />
Musiker s Dorothee Sölle; Autorin (verstorben am 27. 4. 2003) s Hans Söllner; Musiker, Liedermacher s Sondaschule;<br />
Musiker s Dieter Sonnenschein (SPD); Ratsmitglied der Gemeinde Unterlüss s Sons of Gastarbeita; Musiker<br />
s Meilin Soongswang (SPD); Ortsvereinsvorsitzende, Grafi ng s Jan Sosniok; Schauspieler s Hilmi Sözer;<br />
Schauspieler s Paul Spiegel; Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (verstorben am 30. 4 .2006) s<br />
Thomas Spilker (CDU); ehem. Ratsherr der Stadt Essen s Rolf Stahlofen; Musiker (bis 2004 Sänger bei „Die Söhne<br />
Mannheims“) s Eberhard Staiger (CDU); bis 2005 Bürgermeister der Gemeinde Unterlüss s Elke Stange (SPD);<br />
Kreistagsmitglied s Stefan Stoppok; Musiker s Hiltrud R. Strupp; Vorsitzende der Gesellschaft für christlichjüdische<br />
Zusammenarbeit e. V. s SV Post Schwerin Handball-Bundesliga GmbH; Handballverein s Telekom Baskets<br />
Bonn; Basketballverein s Teutrine; Musiker s Bernhard Theilen; Regierungspräsident Weser-Ems s Tina<br />
Theune-Meyer; Ex-Trainerin der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft s Uwe Timm; Autor s Berit Tolke; ehemalige<br />
Redakteurin bei „Der Spiesser“ s Frederik Vahle; Autor, Kinderliedermacher, Germanist s Sven van Haren;<br />
Jugendleiter Sportverein Verbindung VB Oldendorf s Arton Veliu; Breakdance Weltmeister, Choreograf s VFC<br />
Plauen e. V.; Fußballverein s VfL Osnabrück; Fußballverein s VfL Wolfsburg – Fußball GmbH; Fußballverein s<br />
Virginia Jetzt!; Musiker s Voices; Musiker s Jan Voigtmann; Pressesprecher Splash Entertainment AG / Phlatline s<br />
Angelika Volquartz (CDU); Oberbürgermeisterin der Stadt Kiel s Thilo von Westernhagen; Musiker, Komponist s<br />
Günter Wallraff; Journalist s Hans Walpert; ehemaliger Schulleiter s Konstantin Wecker; Sänger, Liedermacher s<br />
Hans-Joachim Wefers; Pfarrer in Xanten s Hedi Wegener (SPD); MdB s Horst Wehner; gemeinsam mit Almira<br />
Büchner Deutsche Meister im Rollstuhltanzen 2006 (Combi Paare) s Barbara Weiler (SPD); Mitglied des Europäischen<br />
Parlaments s Peter Weiß (CDU); MdB s Andreas Wiebe (Bündnis 90/DIE GRÜNEN); Regierungspräsident<br />
im Regierungsbezirk Detmold von 2001 bis 2005 s Wise Guys GbR; à capella Quintett; Musiker s Gabriella Wollenhaupt;<br />
Autorin s Marianne Wonnay (SPD); MdL in Baden-Württemberg s Ranga Yogeshwar; Journalist s<br />
Yohto; Musiker s Marc Zabel; Kanut, Olymapiasieger s Arnd Zeigler; Moderator sJoachim Zeller (CDU); Bezirksbürgermeister<br />
im Bezirk Mitte von Berlin s Abini Zöllner; Autorin s Dirk Zöllner; Musiker s Tillmann Zülch; Generalsekretär<br />
der Gesellschaft für bedrohte Völker<br />
73
74<br />
Publikationen von SOR-SMC: Handbücher<br />
Handbuch für die Grundstufe<br />
Inhalt:<br />
s Das Projekt<br />
s Die Projektpartner<br />
s Gewalt und Mobbing<br />
s Diskriminierungen<br />
s Antisemitismus<br />
s Rechtsextremismus<br />
s Methoden für die Antidiskriminierungsarbeit:<br />
– Theater<br />
– Musik und Tanz<br />
– Literatur<br />
– Film und Video<br />
– Fotografi e<br />
– Bildende Kunst<br />
– Spiele<br />
– Sport<br />
Handbuch für die Sekundarstufe:<br />
Inhalt:<br />
s Das Projekt<br />
s Die Projektpartner<br />
s Gewalt und Mobbing<br />
s Diskriminierung aufgrund:<br />
– körperlicher Merkmale<br />
– des Geschlechts<br />
– der sexuellen Orientierung<br />
– der religiösen Orientierung<br />
s Islam heute<br />
s Antisemitismus<br />
s Nationalsozialismus<br />
s Rechtsextremismus<br />
s Antifaschistische Aktivitäten<br />
s Öffentlichkeitsarbeit<br />
s Konzepte, Plan- und Rollenspiele<br />
Bestellung<br />
Die Kosten betragen pro Handbuch 20 € zuzüglich 7 € Verpackungs-<br />
und Versandkosten<br />
Bestellungen per E-Mail: schule@aktioncourage.org<br />
per Fax: 030-21 45 86 20<br />
Die Publikationen wurden<br />
gefördert durch:
Trägerverein<br />
Diese Publikation wurde<br />
gefördert im Rahmen des<br />
Aktionsprogramms „Jugend<br />
für Toleranz und Demokratie –<br />
gegen Rechtsextremismus,<br />
Fremdenfeindlichkeit und<br />
Antisemitismus“ und „Projekt<br />
P – misch dich ein!“