SemesterJournal 1/08 - MBA Programme der HWR Berlin
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<strong>SemesterJournal</strong> 1/<strong>08</strong> <strong>SemesterJournal</strong> 1/<strong>08</strong> Neue Medien<br />
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Grenzenlos unterrichten – mit ice<br />
Immer neue Informationstechnologien fi nden Einzug in Hörsäle und Studierzimmer. Vorbei die Zeiten <strong>der</strong> rein konventionellen<br />
Formen des Vortrags, <strong>der</strong> Tafelbil<strong>der</strong> mit Kreide o<strong>der</strong> Boardmarker, des vertiefenden Literaturstudiums in Bibliotheken, des<br />
Übens mit – in einem Seminarraum präsenten – Lerngruppen ... Die Realität sieht heute an<strong>der</strong>s aus.<br />
Text: Burkhart Holznagel, Paul Schalow<br />
Lehrkräft e erzeugen Grafi ken, Texte<br />
und Bil<strong>der</strong> für ihre Vorlesungen und<br />
Seminare mittels Computer, präsentieren<br />
sie über Beamer und stellen sie<br />
schon vor <strong>der</strong> Unterrichtseinheit im<br />
Internet zur Verfügung. Viele Studierende<br />
bringen diese gespeichert auf<br />
ihrem Laptop o<strong>der</strong> als Ausdruck mit<br />
und ergänzen sie während <strong>der</strong> Vorlesung.<br />
Sie fotografi eren Tafelbil<strong>der</strong>,<br />
erweitern elektronische Mitschrift en<br />
o<strong>der</strong> recherchieren parallel zusätzliche<br />
Informationen im Internet. Um<br />
zu ergründen, wie Studierende und<br />
Dozenten gleichermaßen von neuen<br />
technischen Möglichkeiten profi tieren<br />
können, wurde das Projekt „Interactive<br />
Computeraided Education“ (kurz: ice)<br />
ins Leben gerufen. Seit mehr als vier<br />
Semestern entwickeln Lehrkräft e und<br />
Studierende <strong>der</strong> Fachrichtung Informatik<br />
am Fachbereich Berufsakademie<br />
Einsatz-Szenarien, erarbeiten und<br />
testen Soft warelösungen. „ice“ ist ein<br />
Projekt zur interaktiven computergestützen<br />
Ausbildung. Es verwaltet ein<br />
Unterrichts-WLAN-Netz mit netzwerkfähigen<br />
Clients für Studierende<br />
und Dozent.<br />
Grenzenlose Laptop-Klassen<br />
Computertechnik und Internet haben<br />
in den letzten Jahren in vielen Lebensbereichen<br />
einschneidende Verän<strong>der</strong>ungen<br />
hervorgerufen. Für die aktuelle<br />
Phase <strong>der</strong> Umwälzung steht das<br />
„WEB2.0“. Der Browser im eigenen<br />
PC, im Handy o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Spielkonsole<br />
wandelt sich in ein WEB-Kommunikationsinstrument<br />
mit „Desktop-Feeling“.<br />
Es lässt sich nicht mehr zwischen<br />
lokalen und im Netz liegenden Applikationen<br />
und Dokumenten unterschei-<br />
den. Man agiert in einer weltweiten<br />
Community.<br />
Immer mehr Studierende verwenden<br />
im Unterricht eigene Laptops.<br />
Gegenwärtig verfügen im Studiengang<br />
Informatik ca. zwei Drittel <strong>der</strong> Teilnehmer/innen<br />
über internetfähige Geräte,<br />
vor zwei Jahren waren es weniger als<br />
ein Drittel. Daraus entstand die Idee,<br />
Laptops in die Unterrichtsgestaltung<br />
aktiv einzubeziehen. Positiver Nebeneff<br />
ekt, das Spielen über Netzwerk wird<br />
unterdrückt. So können wissbegierige<br />
Informatikstudierende Vorlesungsprogrammbeispiele<br />
gleich während des<br />
Unterrichts selbst austesten.<br />
„ice“ stützt sich auf ein drahtloses<br />
(wireless) Rechnernetzwerk, auf das<br />
Studierende und Dozent/innen in<br />
<strong>der</strong> Vorlesung Zugriff haben. Über<br />
Standard-Browser sind verschiedene<br />
Interaktionen möglich. Bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />
wurde darauf geachtet, dass<br />
die traditionelle, bewährte Vorlesungsführung<br />
weiterhin erhalten bleibt.<br />
Zwischenfragen ohne Störung<br />
Wichtig für die Wissensvermittlung ist<br />
die Diskussion zu Vorlesungsinhalten.<br />
Unerwünschter Nebeneff ekt, Dozent/innen<br />
werden in ihrem Gedankengang<br />
unterbrochen, Zwischenfragen und<br />
Diskussionen zum Lehrstoff unter<br />
den Seminarteilnehmern lassen den<br />
Geräuschpegel steigen und die allgemeine<br />
Konzentration sinkt. „ice“<br />
schafft Abhilfe. Das Programm bietet<br />
ein integriertes Kommunikationsmodul,<br />
über welches Studierende Fragen<br />
in ein Fenster ihres Laptops eingeben.<br />
Diese Fragen sind für alle sichtbar und<br />
können durch Dozent/innen zu einem<br />
geeigneten Zeitpunkt gesammelt beantwortet<br />
werden. In <strong>der</strong> Erprobung hat<br />
sich überraschend gezeigt, dass auch<br />
Studierende dieses Modul nutzen und<br />
auf Fragen <strong>der</strong> Kommilitonen nonverbal<br />
antworten („Studierendenchat“).<br />
Die Vorteile dieser Methode liegen auf<br />
<strong>der</strong> Hand, Dozent/innen werden in<br />
ihren Ausführungen nicht durch Zwischenfragen<br />
aus dem Konzept gebracht.<br />
Und trotzdem muss nicht auf klärende<br />
Diskussionen o<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holungen<br />
schwieriger Inhalte verzichtet werden.<br />
Diskussionen werden in Lehrabschnitte<br />
zusammengefasst und besser vom Lehrenden<br />
gesteuert.<br />
Alles klar? Selbstkontrolle für<br />
Studierende und Dozent/innen<br />
Dozent/innen haben je<strong>der</strong>zeit die<br />
Möglichkeit, via Laptop Fragen zu<br />
Vorlesungsinhalten zu stellen. Diese<br />
erscheinen auf den Laptops <strong>der</strong> Kursteilnehmer/innen<br />
und müssen innerhalb<br />
eines vorgegebenen Zeitfensters<br />
beantwortet werden. Alle Antworten<br />
sind für die Dozent/innen sichtbar.<br />
Und die Auswertung erfolgt prompt<br />
und bietet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten:<br />
a) Die Ergebnisse werden wie bei einem<br />
Wahlcomputer anonym mit einem<br />
Beamer präsentiert. Studierende und<br />
Dozent/innen erhalten eine Rückmeldung,<br />
ob <strong>der</strong> soeben vermittelte<br />
Stoff verstanden wurde.<br />
b) Die Antworten werden personenbezogen<br />
in einer Datenbank gespeichert<br />
und können in die Semesterbewertung<br />
einbezogen werden.<br />
c) Die Antworten werden personenbezogen<br />
gespeichert. Dozent/innen<br />
können im Seminar bzw. während<br />
einer Übung gezielt Studierende mit<br />
Wissenslücken ansprechen.<br />
d) Die Antworten werden nicht personen<br />
bezogen gespeichert und<br />
dienen den Dozent/innen zur Vorlesungsnachbearbeitung.<br />
Im Gegenzug ermöglicht „ice“<br />
Dozent/ innen eine unmittelbare<br />
und statistische Rückmeldungen zur<br />
Vorlesung. Fragen <strong>der</strong> Studierenden<br />
und Antworten auf Dozentenfragen<br />
können zur Nachbereitung genutzt<br />
werden. So geben sie den Lehrenden<br />
unmittelbar Aufschluss über den Erfolg<br />
seines Unterrichtsstils. Möglich wäre<br />
auch eine abschließende anonyme<br />
Bewertung <strong>der</strong> Vorlesung, welche den<br />
Dozent/innen zur Vorlesungsnachbearbeitung<br />
dient.<br />
Hürden für „ice“<br />
Die meisten Chats auf Internetseiten<br />
basieren auf Flash o<strong>der</strong> Java Applets.<br />
Aber diese Plug-Ins müssen beim<br />
Client installiert und aktiviert sein. Es<br />
konnte eine Soft ware entwickelt werden,<br />
welche auf solche Clienterweiterungen<br />
verzichtet und die gewünschte<br />
Funktionalität erreicht. Das erfor<strong>der</strong>te<br />
erhebliche konzeptionelle Arbeiten,<br />
aber auch umfangreiche Tests realisierter<br />
Soft warelösungen mit unterschiedlichen<br />
Clients (Quality Management).<br />
Schließlich sollte ja je<strong>der</strong> Studierende<br />
ein netzwerkfähiges Gerät problemlos<br />
verwenden können. Deshalb wird<br />
auf Serverseite PHP zur Erstellung<br />
<strong>der</strong> Webseiten mit eingebettetem Java<br />
Script verwendet. Auch hier mussten<br />
Probleme <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
Interpretation und Darstellung von<br />
JavaScript auf verschiedenen Browsern<br />
gelöst werden.<br />
„ice“ wird weiter entwickelt<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage des entwickelten<br />
Frameworks wird die Arbeit an „ice“<br />
weitergeführt. Das System soll um<br />
Funktionen erweitert werden, die<br />
es ermöglichen, Präsentationsfolien<br />
benutzerspezifi sch und zeitlich versetzt<br />
(asynchron) weiter zu senden, genau<br />
wie Bil<strong>der</strong>, Texte, Audios o<strong>der</strong> Videos,<br />
Hausaufgaben o<strong>der</strong> auch Termine.<br />
Es wäre auch denkbar, das System<br />
für Teamarbeit zu erweitern, bei dem<br />
die Teilnehmer gleichzeitig interaktiv<br />
arbeiten, z. B. an einer Skizze. Es<br />
ist vorgesehen, dass Fragen aus einer<br />
Präsentation (über Makros) heraus einfach<br />
per Mausklick gesendet werden.<br />
Ein „ice“-Netzwerk lässt sich an das<br />
Internet anschließen. Somit könnten<br />
auch Studierende an einer Vorlesung<br />
partizipieren, die nicht im Raum<br />
sitzen. Je<strong>der</strong> PDA o<strong>der</strong> Tablett PC, fast<br />
schon jedes Handy bieten heute einen<br />
integrierten WLAN-Anschluss nebst<br />
Browser. Somit erfüllen sie die wenigen<br />
Voraussetzungen und sollen künft ig<br />
einbezogen werden. Die Soft ware „ice“<br />
konnte also ohne größere Probleme<br />
in Betrieb genommen werden. Sie ist<br />
nahezu selbsterklärend, bedarf keiner<br />
Einarbeitung und wurde in Vorlesungen<br />
getestet.<br />
Nutzt man die Möglichkeiten von „ice“<br />
bedeutet <strong>der</strong> Einsatz eine Intensivierung<br />
des Unterrichts und damit auf <strong>der</strong><br />
einen Seite eine Mehrbelastung von<br />
Dozent/innen, sowohl in <strong>der</strong> Unterrichtseinheit<br />
selbst als auch in <strong>der</strong><br />
Vor- und Nachbearbeitung. Positiv ist<br />
jedoch die aktive Einbeziehung aller<br />
Studierenden sowie <strong>der</strong> Vorteil einer<br />
besseren und unmittelbaren Rückmeldung<br />
zwischen Studierenden und<br />
Dozent/innen – in beide Richtungen.<br />
Die Soft ware ist weiter im Erprobungs-<br />
und Entwicklungsstadium, Studierende<br />
werden weiter an „ice“ arbeiten.<br />
Autoren: Prof. Dr.-Ing. Burkhart<br />
Holznagel ist Dozent im Studiengang<br />
Informatik am Fachbereich Berufsakademie.<br />
Paul Schalow studiert bei ihm im<br />
6. Semester.<br />
Weiterführende Informationen zum<br />
Projekt und detaillierte technische Ausführungen<br />
fi nden Sie im Internet auf <strong>der</strong><br />
Seite http://cs.ba-berlin.de