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Historie

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Auch die Hamburger Innenstadt blieb nicht verschont.<br />

Bis zum Rathaus drang das Hochwasser<br />

vor, floss in die Keller von Banken und Wirtshäusern<br />

und brach in den alten Elbtunnel ein. Über<br />

300 Menschen kamen in den Fluten ums Leben;<br />

davon waren 207 Bewohner der Elbinsel Wilhelmsburg.<br />

Viele der vom Wasser eingeschlossenen<br />

Menschen saßen bei Temperaturen um den<br />

Gefrierpunkt durchnässt auf den Dächern ihrer<br />

Häuser und Gartenlauben oder in den Baumkronen.<br />

Eine großangelegte Rettungsaktion begann. Polizeisenator<br />

Helmut Schmidt, der spätere Bundeskanzler,<br />

forderte aus dem europäischen Ausland<br />

militärische und zivile Hilfe an. Er koordinierte<br />

Hubschraubereinsätze und Hilfsaktionen zu Wasser.<br />

Rund 20.000 Hilfskräfte kämpften in einem<br />

Wettlauf gegen die Zeit um das Leben der von der<br />

Umwelt abgeschnittenen Menschen.<br />

Nach den Erfahrungen dieser verheerenden Katastrophe<br />

übertrug der Hamburger Senat der<br />

Baubehörde die Planung und den Bau neuer<br />

Hochwasserschutzanlagen. Es ergab sich die<br />

Schwierigkeit, dass es schon aus Platzgründen<br />

nicht möglich war, die sehr stark beschädigten<br />

Deichanlagen nur wieder instand zu setzen, sie<br />

nach neuen Erkenntnissen zu verstärken und zu<br />

erhöhen. Eine neue Hochwasserschutzlinie musste<br />

in kürzester Zeit gefunden werden, damit die<br />

Bauarbeiten beginnen konnten.<br />

GROSS-SIEDLUNGEN UND IMAGEPROBLEME<br />

Das ‚Entwicklungsmodell Hamburg und Umland’<br />

von 1969 ging zunächst davon aus, dass insbesondere<br />

der Wilhelmsburger Westen als Wohnstandort<br />

langfristig zugunsten gewerblicher Nutzungen<br />

aufgegeben werden sollte. Dies führte in<br />

vielen Sektoren zu einer Investitionszurückhaltung.<br />

Gleichzeitig entstand in der Mitte der Insel<br />

und im Osten verdichteter Geschosswohnungsbau,<br />

unter anderem die Großsiedlung Kirchdorf-<br />

Süd. 2242 Wohnungen in bis zu 13 Stockwerken<br />

hohen Hochhäusern. Soziale Probleme waren hier<br />

vorprogrammiert bei nahezu 6000 Bewohnern, deren<br />

wirtschaftliche Situation schlecht ist. Wie als<br />

Kontrastprogramm finden sich unweit davon noch<br />

reetgedeckte Bauernhäuser aus dem 17. bis 19.<br />

Jahrhundert und guterhaltene, stuckverzierte Altbauten<br />

wie in Eppendorf, östlich beginnt die ländliche<br />

Kulturlandschaft. 1974 wurde die<br />

Köhlbrandbrücke, die den Hafen mit der Autobahn<br />

A7 verbindet, eingeweiht.<br />

Seit Mitte der 70er Jahre treten zunehmende<br />

strukturelle Probleme auf den Elbinseln in das<br />

Bewusstsein der Öffentlichkeit. Wilhelmsburg ist<br />

durch den Strukturwandel in der Hafenwirtschaft<br />

stark betroffen. Der Stadtteil gehört in weiten Bereichen<br />

zu den wenigen industriellen Räumen der<br />

Stadt, die noch immer durch eine starke Belastung<br />

von Boden, Wasser und Luft sowie Lärmimmissionen<br />

geprägt sind. Anfang der 70er Jahre<br />

kam die Giftmülldeponie Georgswerder. Als auch<br />

noch eine Müllverbrennungsanlage für Wilhelmsburg<br />

im Gespräch war, gingen die Bürger auf die<br />

Barrikaden und konnten das Projekt verhindern.<br />

Im Gegensatz zu Hamburger Quartieren nördlich<br />

der Elbe ist es in Wilhelmsburg bisher nicht gelungen,<br />

in größerem Umfang neue, zukunftsfähige<br />

Arbeitsplätze zu schaffen. Die Stadt hofft und bemüht<br />

sich darum, dass sich der strukturelle Umbau<br />

der Arbeitswelt in Wilhelmsburg als ein<br />

Wechsel von der Hafenindustrie hin zu Dienstleistungs-<br />

und Produktionsunternehmen vollziehen<br />

wird. Die Belastungen durch die Industrialisierung,<br />

die die Flussinseln zerschneidenden Verkehrsstraßen,<br />

wachsende Arbeitslosigkeit und ein steigender<br />

Anteil ausländischer Bevölkerung führen<br />

zu zunehmender Segregation und massiven<br />

Imageproblemen gerade auch in den stark durch<br />

öffentlich geförderten Wohnungsbau geprägten<br />

Bereichen.<br />

WILHELMSBURG HEUTE<br />

Bei z.Zt. über 34 Prozent Ausländeranteil ist Integration<br />

ein wichtiges Anliegen. Gerade die Kirche<br />

engagiert sich hier stark. Man will die unterschiedlichen<br />

Religionen einander näher bringen und<br />

damit für mehr Toleranz sorgen. Mit verschiedenen<br />

Handlungskonzepten zur Erneuerung und<br />

Stärkung der Stadtteile wird seit 1981 unter intensiver<br />

Bürgerbeteiligung versucht, Potenziale und<br />

Qualitäten im Bestand weiterzuentwickeln. Trotz<br />

vieler Projekterfolge im Einzelnen konnte der insbesondere<br />

durch die Medien verbreiteten Stigmatisierung<br />

des Stadtteils insgesamt nur begrenzt<br />

entgegengewirkt werden. Es stellt sich insbesondere<br />

die Aufgabe, eine jahrzehntelang durch den<br />

Hafen geprägte und teilweise auch beeinträchtigte<br />

Siedlungsstruktur so zu rekultivieren, dass diese<br />

für zukünftige nachhaltige Entwicklungen wieder<br />

offen ist.<br />

IGS-2013 HAMBURG - Wilhelmsburg - PROGRAMM-ANHANG - HISTORIE 75

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