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ennpunkt<br />

2/<strong>2012</strong> 4,00 Euro 28. Jahrgang<br />

Magazin für Fotografie<br />

April bis Juni <strong>2012</strong><br />

Galerien • Buchbesprechungen • Portfolio Monika Minder<br />

Spezial: The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong>


2 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

FÜR ORIGINALE<br />

„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />

Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />

zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />

mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />

mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />

P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .


Impressum:<br />

<strong>brennpunkt</strong><br />

Magazin für Fotografie<br />

Erscheint vierteljährlich,<br />

erhältlich in Fotogalerien,<br />

Geschäften, Buchhandlungen<br />

und über Abonnement.<br />

Jahresabo 13,50 Euro<br />

Einzelpreis 4,00 Euro<br />

Konten:<br />

Postbank Berlin<br />

Konto-Nr. 3751 06-104<br />

BLZ 100 100 10<br />

Redaktionsschluss:<br />

jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />

Herausgeber:<br />

edition buehrer<br />

c/o Dietmar Bührer<br />

Odenwaldstraße 26<br />

12161 Berlin<br />

Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />

e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de<br />

Internet: www.edition-<strong>dibue</strong>.de<br />

Copyright bei <strong>Edition</strong><br />

Druck:<br />

schöne drucksachen<br />

Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />

ISSN 0932-7231<br />

Redaktion:<br />

Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />

Michael Gebur<br />

Klaus Rabien<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Hinweis:<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotografien<br />

wird keine Haftung übernommen.<br />

© stefan moses, »Willy Brandt«,<br />

Siebengebirge, 1983<br />

Galerien<br />

� Sonja Reich »Neue Nationalgalerie« ..................................................... 5<br />

� Bruce Davidson »Subway« .................................................................... 6<br />

� CHRISTER STRÖMHOLM »PLACE BLANCHE ...................................... 7<br />

� Boris Mikhailov »Time is out of joint« .................................................... 8<br />

� Torsten Schumann »Schmuck« ...................................................................... 9<br />

� Max Thielmann »Casino Boogie« ................................................................. 9<br />

� Robert Polidori ................................................................................................ 10<br />

� Beatrice Minda »Teatime in Tehran« ...................................................... 12<br />

� Pacific Standard Time – Kunst in Los Angeles ........................................ 13<br />

� Baumeister der Revolution ..................................................................... 16<br />

� Yvonne v. Schweinitz »Gesichter Afghanistans« .................................... 18<br />

� Hans Madej »Bilder aus dem Osten« ...................................................... 19<br />

� Anton Corbijn »Inwards and Onwards« .................................................. 20<br />

� Fritz Kempe »Gesichter hinter der Kamera« ............................................ 21<br />

� Frank Horvat »A Trip Through A Mind (The iPad Exhibition« .................. 22<br />

� Weber, Silleras, Gnaudschun, Tübbecke ................................................. 23<br />

� stefan moses »Emigranten« ..................................................................... 24<br />

� Michael Ruetz »THE FAMILY OF DOG« ................................................. 26<br />

� Jonnek Jonneksson »Reporttagefotografie« ............................................. 27<br />

� Punctum ................................................................................................ 28<br />

� Benita Suchodrev »Woman In Heat« ...................................................... 30<br />

� Annette Rausch »Schatzsuche« .............................................................. 31<br />

� Mathias Richter »TREIBHOLZ« .............................................................. 32<br />

� Die Metamorphose Japans nach dem Krieg ........................................... 38<br />

� Helmut Schilke »Menschen in Indien« .................................................. 38<br />

� Nina von Kozierowski »Kutterfischer« ................................................... 39<br />

� Biczysko, Hirscher, Holighaus, Lauer, Levetzow, Meisel ........................ 40<br />

� Fotoclub Tele Freisen ............................................................................ 42<br />

� Batey, Hartmann, Galinsky »Holga Visionen« ........................................ 44<br />

� WILLIAM EGGLESTON »Troubled Waters« ............................................ 45<br />

� Miriam Tamayo »Glaube und Heilung« .................................................. 46<br />

Galeriebesprechungen<br />

� Stadtbilder. (Klaus Rabien) ..................................................................... 48<br />

Ausstellungen in Berlin ............................................................................... 47<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

� Ausstellungen und Informationen ........................................................... 51<br />

Portfolio<br />

� Monika Minder ...................................................................................... 156<br />

Fotoszene<br />

� Aktgalerie .............................................................................................. 50<br />

� Der Weg zum Subjektiv (Manfred Kriegelstein) ...................................... 164<br />

Buchbesprechungen<br />

� Das eigene Fotobuch ...................................................................................... 165<br />

� Power Workshops: Freistellen in Photoshop .......................................... 165<br />

� Das Posing-Buch für Fotografen .................................................................... 165<br />

Vorschau 3-<strong>2012</strong> ......................................................................................... 166<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

3


Sonja Reich<br />

»Neue<br />

Nationalgalerie«<br />

Ein Fotograf – ein Ort in Berlin. So<br />

lautet das Motto des Berliner Salons<br />

für Fotokunst. Die Galerie zeigt jetzt<br />

unter dem Titel »Neue Nationalgalerie«<br />

Fotografien von Sonja Reich, die<br />

zwischen August 2011 und Januar <strong>2012</strong><br />

entstanden sind.<br />

Die Neue Nationalgalerie ist einer der<br />

spektakulärsten Bauten von Ludwig Mies<br />

van der Rohe. Seit seiner Fertigstellung<br />

1968 begeistert der »lichte Tempel aus<br />

Glas« Architekten wie Fotografen. Die<br />

Arbeiten der Architektin und Fotografin<br />

Sonja Reich nehmen Reflexionen als<br />

prüfende Auseinandersetzung mit<br />

den spiegelnden und transparenten<br />

Oberflächen des Gebäudes auf. Die<br />

unterschiedlichen Erscheinungen von<br />

Licht und Reflexion werden dabei<br />

nie collagenhaft. Im Wechsel von<br />

Hervorheben und Ausblenden breiten<br />

sich die Bilder ineinander aus. Mitunter<br />

bleibt unklar, was Spiegel und was<br />

Spiegelung ist.<br />

Sonja Reich hat Architektur in Potsdam<br />

und Berlin studiert und arbeitet<br />

hauptberuflich als Architektin in Berlin.<br />

Seit 10 Jahren ist sie auch fotografisch<br />

tätig. Ihre Arbeiten wurden u.a. für eine<br />

Präsentation des Römermuseums in<br />

Wien ausgewählt.<br />

Sonja Reich<br />

Internet:<br />

salonfuerfotokunst.blogspot.com<br />

und www.sonjareich.de<br />

E-Mail: sonja@sonjareich.de<br />

© Sonja Reich, »Neue Nationalgalerie«, (Original in Farbe)<br />

© Sonja Reich, »Neue Nationalgalerie«,<br />

(Original in Farbe)<br />

© Sonja Reich, »Neue Nationalgalerie«,<br />

(Original in Farbe)<br />

bis 4. Mai <strong>2012</strong><br />

Berliner Salon für Fotokunst<br />

Kulturhaus Schöneberg<br />

Volker Wartmann<br />

Kyffhäuserstraße 23<br />

10781 Berlin-Schöneberg<br />

Mo. Mi. Fr 18 – 20 Uhr<br />

Sa 12 – 15 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

5


Galerien<br />

Bruce Davidson<br />

»Subway«<br />

»When you are in the Subway, what is<br />

beautiful appears bestial, and what is<br />

bestial appears beautiful.«<br />

Bruce Davidson<br />

New York, Anfang der 1980er Jahre.<br />

Düsterer Großstadtmoloch zwischen<br />

Hedonismus und Abgrund. Die<br />

Subway in ihrem marodem Zustand ist<br />

ein gefährliches Pflaster. Tunnelfeuer,<br />

Überfälle, Mord und Drogenhandel<br />

sind an der Tagesordnung; überfüllte<br />

Waggons, häufige Verspätungen, Graffiti<br />

und Schmutz überall. Die Fahrt mit<br />

den öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein<br />

Höllentrip. Der Fotograf Bruce Davidson<br />

steigt ein, begibt sich mitten in das<br />

rasende, ratternde Treiben der Stadt und<br />

porträtiert die Fahrgäste zwischen Uniformität<br />

und Vielfalt, Anonymität und<br />

Intimität, Depression und Inspiration.<br />

Ob Liebespaare, Musiker, Obdachlose,<br />

Touristen oder Geschäftsleute – in der<br />

Subway und ihren Passagieren findet er<br />

die perfekte Metapher für das Leben in<br />

der Metropole mit ihrer Aggression und<br />

Hässlichkeit, mit ihrer Hoffnung und<br />

Menschlichkeit.<br />

Demokratisch und radikal öffentlich<br />

– die Subway bietet Bruce Davidson<br />

das ideale Setting für seine langjährige,<br />

urbane Reportage. In diesem rollenden<br />

Gefängnis ist jeder für jeden sichtbar.<br />

Auf diese exponierte Situation reagieren<br />

die Fahrgäste höchst unterschiedlich.<br />

Während sich einige ängstlich in<br />

der Masse verstecken und wegducken,<br />

posieren andere ungeniert und nutzen<br />

Waggons und Bahnsteige als Bühne<br />

für ihre Selbstdarstellung. Auch wenn<br />

Bruce Davidson nicht aus dem Verborgenen<br />

heraus fotografiert und meist<br />

respektvoll um Erlaubnis bittet, ist nichts<br />

in seinen Bildern gestellt, jede Situation<br />

ist authentisch. Der Fotograf ist dabei<br />

immer Fahrgast, Beobachter der Szenerie<br />

– und Jäger nach dem »entscheidenden<br />

Moment«. Dadurch entsteht eine<br />

einzigartige Spannung in seinen Bildern<br />

– die Porträtierten erscheinen selbst in<br />

dieser inhumanen, grauen Welt voll<br />

menschlicher Würde.<br />

6 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Bruce Davidson, (O.i.F.)<br />

Bruce Davidson beginnt sein Subway-<br />

Projekt in Schwarz/Weiß, wechselt<br />

jedoch schnell zur Farbfotografie, um<br />

die Mischung aus dunklen Schatten,<br />

glänzender Haut und sterilem Neonlicht<br />

optimal einzufangen. Meisterhaft<br />

fängt er die harten Kontraste ein und<br />

spielt gekonnt mit Hell-Dunkel-Effekten.<br />

Die saturierten Farben in seinen<br />

Bildern sind das Ergebnis vom Einsatz<br />

des Blitzes. Mit dem Aufblitzen seiner<br />

Kamera lockt Bruce Davidson die Menschen<br />

bewusst aus der Reserve und tritt<br />

so mit ihnen in einen kurzen Dialog.<br />

Mit seiner speziellen Art der Straßenfotografie<br />

transformiert Bruce Davidson<br />

die dunkle und unpersönliche Realität<br />

in eine farbige Welt voller Emotion und<br />

Energie.<br />

Bruce Davidson, 1933 in Oak Park in<br />

den USA geboren, begann schon als<br />

Jugendlicher zu fotografieren und studierte<br />

Kunst am Rochester Institute of<br />

Technology und an der Yale University<br />

– unter anderem bei Josef Albers.<br />

Während seines Militärdienstes in der<br />

Nähe von Paris lernte er 1957 Henri<br />

Cartier-Bresson, einen der Gründer<br />

der renommierten Agentur MAGNUM<br />

Photos, kennen. Im Anschluss arbeitete<br />

er als Fotograf für das LIFE Magazin,<br />

das seine ersten Serien publizierte.<br />

1958 wurde Bruce Davidson Mitglied<br />

bei MAGNUM Photos. In zahlreichen<br />

fotografischen Projekten dokumentiert<br />

er vor allem Menschen in ihrem urbanen<br />

Kontext – 1959 Mitglieder einer Gang<br />

in Brooklyn, von 1961 bis 1965 Bürgerrechtler,<br />

von 1966 bis 1968 Bewohner<br />

eines der heruntergekommenen Wohnblocks<br />

in East Harlem, 1980 Passagiere<br />

der New Yorker Subway und von 1992<br />

bis 1995 den Central Park und seine<br />

Nutzer. Bruce Davidsons Werk wurde<br />

weltweit in zahlreichen Institutionen<br />

und Museen ausgestellt, unter anderem<br />

im Museum of Modern Art in New York,<br />

Smithsonian Museum of American Art<br />

in Washington, International Center of<br />

Photography in New York, Maison Européenne<br />

de la Photographie in Paris und<br />

in der Tate Modern in London. Er hat<br />

zwei Stipendien der Stiftung »National<br />

Endowment for the Arts« und ein<br />

Guggenheim-Stipendium erhalten und<br />

wurde 2004 mit dem Lucie Award für<br />

»Outstanding Achievement in Documentary<br />

Photography« sowie 2007<br />

einem »Gold Medal Lifetime Achievement<br />

Award« des National Arts Club<br />

ausgezeichnet. Bruce Davidson lebt<br />

und arbeitet in New York City.<br />

bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />

C/O Berlin<br />

im Postfuhramt<br />

Oranienburger Straße 35/36<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

täglich 10 – 20 Uhr


CHRISTER<br />

STRÖMHOLM<br />

»PLACE BLANCHE«<br />

Christer Strömholm (1918-2002), der<br />

Altmeister und zweifellos die führende<br />

Persönlichkeit der modernen schwedischen<br />

Fotografie, hat mit seinem Werk<br />

Generationen beeinflusst. International<br />

nimmt er eine zentrale Position in der<br />

Fotogeschichte ein, und sein Werk hat<br />

nicht zuletzt dazu beigetragen, dass sich<br />

die Fotografie als eigenständige Kunstform<br />

etablieren konnte. Strömholm verstand<br />

es, den Charakter eines Menschen<br />

in seiner offenen, oft nur für einen Augenblick<br />

gültigen Erscheinungsform einzufangen.<br />

Am eindrucksvollsten ist ihm<br />

das vielleicht in seinen Arbeiten von der<br />

Place Blanche im Pariser Vergnügungsviertel<br />

Pigalle gelungen, wo er Mitte der<br />

fünfziger Jahre Transvestiten und Transsexuelle<br />

zu fotografieren begann. Sechs<br />

Jahre lang kehrte er immer wieder dorthin<br />

zurück und machte Aufnahmen, die<br />

von großem Respekt, Nähe und wachsender<br />

Vertrautheit sprechen – kein voyeuristischer<br />

Blick, sondern ein Eingehen<br />

auf das Gegenüber, dessen Rollenspiel<br />

Strömholm auch als Hinterfragen seiner<br />

eigenen Betrachtungsweise begriff.<br />

Strömholm fühlte sich hingezogen zu<br />

jenen, die von der Gesellschaft ausgestoßen<br />

wurden oder sich bewusst für ein<br />

Leben außerhalb der Norm entschieden.<br />

»Sie setzen sich mit ihrer eigenen Identität<br />

auseinander und das war auch der<br />

Ausgangspunkt meiner Arbeit.« (Christer<br />

Strömholm)<br />

Das Werk Strömholms ist stilistisch<br />

nicht eindeutig zuzuordnen. Er entwickelte<br />

seine Vision von der Welt, in die<br />

die thematische Vielfalt seines Werks -<br />

er selbst sprach von mehreren Kategorien<br />

- eingebettet ist. Er betrachtete sein<br />

Umfeld mit den Augen eines Künstlers,<br />

der gleichzeitig die Konfrontation mit<br />

der Wirklichkeit sucht und die Nähe<br />

zu seinem Gegenüber herstellt - als ein<br />

Grundprinzip seiner Fotografie. Nicht<br />

das heimlich Beobachtete ist es, was<br />

seinen Bildern Leben einhaucht, sondern<br />

das Geheimnis, das sich seinem<br />

Blick bewusst offenbart.<br />

© Christer Strömholm/Stromholm Estate, »Place Blanche, 1956-1962, Suzanne und Sylvia«<br />

© Christer Strömholm/Stromholm Estate,<br />

»Place Blanche, 1956-1962, Soraya«<br />

Swedish Photography stellt nun einen<br />

Teil der Arbeiten der Serie Place Blanche<br />

aus. Die Aufnahmen sind in den sechziger<br />

Jahren auf Hartfaserplatten aufgezogen<br />

worden und in dieser Form erstmals,<br />

1965 in Stockholm, gezeigt worden.<br />

Eine Ausstellung, die selbst in seiner<br />

liberalen Heimat Schweden damals für<br />

Aufsehen erregte.<br />

Strömholm (geb. 1918 in Stockholm)<br />

hatte 1937 an der Dresdner Akademie<br />

ein Studium als Maler begonnen,<br />

war aber bald aus politischen Gründen<br />

nach Frankreich gewechselt und fand<br />

in Paris seine zweite Heimat. 1951-53<br />

war Strömholm Mitglied der Gruppe<br />

fotoform unter der Leitung von Otto<br />

Steinert und nimmt unter dem Pseudonym<br />

Christer Christian an verschiedenen<br />

Ausstellungen teil. Anfang der<br />

sechziger Jahre übernahm Strömholm<br />

die Kurse in Bildgestaltung von dem in<br />

Schweden lebenden Schriftsteller Peter<br />

bis 26. Mai <strong>2012</strong><br />

SWEDISH PHOTOGRAPHY<br />

Karl-Marx-Allee 62<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Mi –Sa 12 – 18 Uhr<br />

www.swedishphotography.org<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Weiss und entwickelte daraus die legendäre<br />

Fotoschule, »Fotoskolan«. Sie entwickelte<br />

sich zu einem internationalen<br />

Anziehungspunkt und wurde zur Ausbildungsstätte<br />

der besten Fotografen<br />

Skandinaviens. Anders Petersen, Dawid,<br />

Christer Landergren, Kenneth Gustavsson,<br />

Gunnar Smoliansky sowie der dänische<br />

Filmregisseur Bille August haben<br />

an der Fotoskolan studiert.<br />

Strömholms Bilder sind in vielen<br />

Büchern veröffentlicht und in zahlreichen<br />

in Ausstellung weltweit gezeigt<br />

worden. Zudem ist er in vielen internationalen<br />

Sammlungen vertreten. 1993<br />

wurde er durch das schwedische Kultusministerium<br />

zum Professor ernannt. Er<br />

hat mehrere Auszeichnungen erhalten<br />

u.a. den »Hasselblad Award 1997«.<br />

Christer Strömholm stirbt am 11. Januar<br />

2002 in Stockholm.<br />

7


Galerien<br />

Boris Mikhailov<br />

»Time is out of joint«<br />

Fotografien 1966 – 2011<br />

»Meine Aufmerksamkeit zielt auf das<br />

Gewöhnliche und Alltägliche. Ich suche<br />

nach formalen Lösungen, dieses Alltägliche<br />

in der Fotografie abzubilden«.<br />

Boris Mikhailov<br />

Mit den Arbeiten des 1938 in der Ukraine<br />

geborenen Boris Mikhailov zeigt die<br />

Berlinische Galerie eine der wichtigsten<br />

Positionen der Gegenwartsfotografie.<br />

Mikhailov verbindet auf vielfältige<br />

Weise den Aspekt der Dokumentation<br />

mit jenem der konzeptuellen Kunst und<br />

leistet damit auch medientheoretisch<br />

einen wichtigen Beitrag zur Betrachtung<br />

der Fotografie und ihrer Rezeptionsgeschichte.<br />

Das »Alltägliche« war für ihn<br />

in den 1990er Jahren vor allem das Existentielle,<br />

das Bedrohliche. Nach dem<br />

Zusammenbruch der Sowjetunion wendete<br />

er sich den Verlierern dieses sozialen<br />

Wandels zu, porträtierte sie, zeigte<br />

sie in ihrer Not und Verzweiflung und<br />

damit als Resultat des erbarmungslosen,<br />

repressiven politischen Systems<br />

der Sowjetunion.<br />

Für die Fotografische Sammlung der<br />

Berlinischen Galerie konnte deren<br />

Leiter Ulrich Domröse im Jahr 2002<br />

acht Arbeiten aus der Serie »Case History«<br />

ankaufen.<br />

Wenig später folgten vier Arbeiten aus<br />

der in Berlin entstandenen Serie »In<br />

the Street«. Mikhailov, der im Rahmen<br />

des DAAD-Künstlerprogramms im Jahr<br />

1996 in Berlin lebte, kehrte im Jahr 2000<br />

in die Stadt zurück und pendelt seither<br />

zwischen Berlin und seiner Heimatstadt<br />

Charkow in der Ukraine. Anknüpfend<br />

an die Sammlungsbestände der<br />

Berlinischen Galerie wurde eine Ausstellung<br />

entwickelt, die nicht nur die<br />

Sammlungsaktivitäten im Bereich der<br />

Gegenwartskunst repräsentiert, sondern<br />

gleichzeitig den Bezug zur Stadt<br />

Berlin als künstlerischem Erfahrungshintergrund<br />

dokumentiert und anhand<br />

ausgewählter Werkgruppen das Schaffen<br />

Mikhailovs vorstellt.<br />

8 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Boris Mikhailov: Black Archive, 1968-1979, Copyright the artist,<br />

Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin<br />

Boris Mikhailov: Rote Serie , 1968 - 75,<br />

Copyright the artist, Courtesy Galerie Barbara<br />

Weiss, Berlin, (O.i.F.)<br />

Seit seinen fotografischen Anfängen<br />

Mitte der 1960er Jahre hat der Künstler<br />

ein breites und beeindruckend vielschichtiges<br />

Werk geschaffen. Virtuos<br />

hat Mikhailov verschiedenste Möglichkeiten<br />

des Mediums ausgeschöpft und<br />

ein ebenso schonungsloses wie humorvoll-ironisches<br />

Bild seiner unmittelbaren<br />

Umgebung gezeichnet. Seine immer<br />

neue Auseinandersetzung mit fotogra-<br />

fischen Techniken sowie die Arbeit mit<br />

unterschiedlichen Stilen, aber auch<br />

das Changieren zwischen konzeptuellen<br />

Arbeiten und dokumentarischen<br />

Herangehensweisen machen ihn zu<br />

einem der interessantesten Künstler der<br />

Gegenwart.<br />

Die Ausstellung ist als Werkschau konzipiert<br />

und vereint eine Auswahl von<br />

Arbeiten, die ebenso die experimentellen<br />

Bilder früherer Jahre wie die zuletzt<br />

in Berlin entstandenen Werke umfasst.<br />

Es ist die bisher erste umfassende Ausstellung<br />

des Künstlers in Deutschland.<br />

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im<br />

Distanz Verlag.<br />

(ca. 170 S., Preis: 24,80 Euro)<br />

bis 28. Mai <strong>2012</strong><br />

Berlinische Galerie<br />

Landesmuseum für Moderne Kunst -<br />

Fotografie und Architektur<br />

Alte Jakobstraße 124-128<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 18 Uhr


Torsten Schumann<br />

»Schmuck«<br />

Die Peripherie von Berlin schmückt sich<br />

nicht mehr. Sie hat dazu keine Zeit, kein<br />

Geld. Und wozu eigentlich auffallen?<br />

Der versprochene Bräutigam ist nicht<br />

zur Hochzeit gekommen. Vielleicht<br />

hat er auch nur den falschen U-Bahn-<br />

Ausgang genommen? Trotzdem stand<br />

der Weihnachtsbaum noch so lange<br />

Zeit im Zimmer, bis ihm alle Nadeln<br />

ausgefallen waren.<br />

Aber die glänzenden roten Kugeln mit<br />

dem falschen Schnee obendrauf hingen<br />

alle noch an ihm.<br />

Torsten Schumann zeigt in einer Auswahl<br />

seiner Farbfotografien aus dem suburbanen<br />

Raum skurrile Fundstücke und<br />

eigenartige Stilleben.<br />

Max Thielmann<br />

»Casino Boogie«<br />

Eine gute Bar bietet: Unmengen an<br />

Alkohol, Zigarettenrauch, Liebesdramen,<br />

gescheiterte Existenzen sowie<br />

Existenzialisten und Barkeeper die nicht<br />

den Überblick verlieren und „cool sein“<br />

nicht mit Unfreundlichkeit verwechseln.<br />

Einsame oder Liebespaare vor oder nach<br />

einer heftigen Liebesnacht. Es ist heiß,<br />

die Kleidung der Damen ist dünn oder<br />

knapp und die Herren lassen Muskeln<br />

spielen. Tiefe Lungenzüge - Rock´n´Roll<br />

eben - Casino Boogie.<br />

© Torsten Schumann (O.i.F.)<br />

bis 17. April <strong>2012</strong><br />

FENSTER61<br />

Fenster für Fotoprojekte<br />

Torstraße 61<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

Max Thielmanns Schwarz-Weiss-Fotos<br />

entstanden innerhalb der letzten 20 © Max Thielmann<br />

Jahre in Berliner Bars. 18. April bis 15. Mai <strong>2012</strong><br />

FENSTER61<br />

Fenster für Fotoprojekte<br />

Torstraße 61<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

9


Galerien<br />

Robert Polidori<br />

Die umfassende Ausstellung gibt Einblick<br />

in das imposante Gesamtwerk von<br />

Robert Polidori.<br />

Beeindruckende Photographien des<br />

Schlosses Versailles, aus dem Kreml<br />

und aus der kubanischen Hauptstadt<br />

Havanna werden ebenso präsentiert wie<br />

ausgewählte Arbeiten aus den Serien<br />

»Sperrzonen: Pripyat and Chernobyl«<br />

sowie »After the Flood« mit Photographien<br />

aus New Orleans nach dem Hurrikan<br />

»Katrina«. Ergänzend zu diesen<br />

Serien werden ausgewählte Architekturphotographien<br />

von Robert Polidori<br />

aus New York, Los Angeles und Berlin<br />

gezeigt.<br />

Feudaler Prunk und farbenfrohe<br />

Patina - Robert Polidoris Spurensuche<br />

im Schloss Versailles, im Kreml und in<br />

Havanna<br />

Der Fokus der Ausstellung liegt auf Polidoris<br />

umfangreicher Dokumentation<br />

der Umbau-und Restaurationsarbeiten<br />

im Schloss Versailles, die er seit nunmehr<br />

über 25 Jahren photographisch<br />

begleitet.<br />

Die prunkvollen Räume, die aufwendigen<br />

Restaurierungsarbeiten am Schloss<br />

in den 80er Jahren und die goldgerahmten<br />

Porträts von Adligen, die Polidori zu<br />

seinen Subjekten auserkoren hat, geben<br />

dem Betrachter einen Einblick in die<br />

Vergangenheit dieses geschichtsträchtigen<br />

Ortes, die so behutsam konserviert<br />

wird. Gleichzeitig verbindet sich<br />

die Historie mit der Gegenwart und lässt<br />

die glanzvolle Ästhetik dieser sorgsam<br />

geschmückten, verzierten und doch<br />

längst vergangenen feudalen Welt neu<br />

erleben.<br />

Eine für das Auge kaum fassbare Überfülle<br />

an Goldverzierungen, polierten<br />

Intarsien und glitzernden Kronleuchtern<br />

zeigen hingegen Polidoris Photographien<br />

aus dem Kreml in Moskau,<br />

dem ehemaligen Sitz der Zaren und<br />

Fürsten, der heute wieder Regierungssitz<br />

ist. In den komplexen, stillen Bildern<br />

schließt sich der Kreis zwischen<br />

gestern und heute.Die Spuren der Zeit<br />

sind auch in Polidoris Aufnahmen aus<br />

10 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© ROBERT POLIDORI, GALLERY OF BATTLES, CHATEAU DE VERSAILLES, 1985<br />

Havanna zu finden. Sie zeigen bröckelnde,<br />

abblätternde, aufbrechende<br />

Strukturen, gleichzeitig ziehen sie den<br />

Betrachter durch die brillanten, vollen<br />

Farben und Kontraste in ihren Bann.<br />

Die Spuren der Zeit in Robert Polidoris<br />

Architekturphotographie<br />

Den Photographien Polidoris wohnen<br />

eine anmutige Stille, eine präzise komponierte<br />

Ästhetik, eine farbenfrohe<br />

Komplexität und Kraft inne. Die Detailgenauigkeit<br />

der großformatigen Bilder<br />

ermöglicht es dem Betrachter, die Oberflächenstrukturen<br />

und Formen mit dem<br />

Auge regelrecht abzutasten: eine komplexe<br />

Bildfläche, die uns die Räume auf<br />

ganz neue Weise erfahren lässt.<br />

Der Berührungspunkt zwischen Alt und<br />

Neu ist ein wiederkehrendes Motiv in<br />

Polidoris Arbeiten. Die von ihm photographierten<br />

Räume, obwohl vollkommen<br />

menschenleer, erzählen mit ihrer<br />

einzigartigen Patina oder ihrem höfischen<br />

Glanz mannigfache Geschichten.<br />

So photographierte er 2009 auch<br />

das Neue Museum in Berlin, das vom<br />

englischen Architekten David Chipperfield<br />

aufwendig wiederhergestellt<br />

wurde, wobei alte Strukturen von neuen<br />

ergänzt und die sichtbaren Spuren der<br />

Zeit bewusst erhalten wurden.<br />

© ROBERT POLIDORI, “LA GUARIDA”<br />

RESTAURANT ENTRANCE<br />

418 CONCORDIA, VEDADO, HAVANA, 1997<br />

Polidoris Zeugnisse der Zerstörung aus<br />

der atomaren Sperrzone und nach der<br />

Naturkatastrophe<br />

Robert Polidori dokumentiert in seinen<br />

Werken auch die oftmals verheerenden<br />

Auswirkungen des menschlichen<br />

Eingriffs in seine Umwelt, wie z.B. in<br />

seiner eindringlichen Serie zur Reaktorkatastrophe<br />

in Tschernobyl. Er hat<br />

zudem die Auswirkungen des verheerenden<br />

Hurrikans »Katrina« im Jahr<br />

2005 in New Orleans photographiert.<br />

Aus beiden Serien werden ausgewählte<br />

Werke in der Ausstellung präsentiert.<br />

Die Architekturphotographie nutzt Polidori<br />

so als Mittel, dem Betrachter nicht<br />

nur die Paläste der Welt, sondern auch<br />

Orte der Zerstörung und der Tragödie zu<br />

zeigen, so dass sich der Rezipient mit


© ROBERT POLIDORI, NEW YORK PUBLIC LIBRARY READING ROOM, NEW YORK CITY, 1988<br />

© ROBERT POLIDORI, SALA ALEJO<br />

CARPENTIER GRAN TEATRO DE LA HABANA,<br />

HAVANA, 2000<br />

dem Motiv neu auseinandersetzt. Ähnlich<br />

verhält es sich auch mit seinen Photographien<br />

aus dem Hotel Ambassador<br />

in Los Angeles, von denen ebenfalls ein<br />

ausgewähltes Werk in der Ausstellung<br />

zu sehen sein wird. Das Hotel erlangte<br />

1968 als Stätte des tödlichen Attentates<br />

auf Robert Kennedy traurige Berühmtheit<br />

und wurde 2005 abgerissen.<br />

Über Robert Polidori<br />

Der 1951 im kanadischen Montreal<br />

geborene Robert Polidori lebt in New<br />

York und Paris. Umfangreiche Photoreportagen<br />

in Zeitschriften wie The New<br />

Yorker – deren Redaktionsphotograph er<br />

neben Martin Schoeller ist – Architectural<br />

Digest, Geo oder Vanity Fair begrün-<br />

© ROBERT POLIDORI, UNIT 4 CONTROL<br />

ROOM, CHERNOBYL, 2001<br />

deten Polidoris internationalen Erfolg,<br />

der durch Preise wie den Deutschen<br />

Fotobuchpreis oder den Alfred-Eisenstaedt-Award<br />

offiziell gewürdigt wurde.<br />

Robert Polidoris Arbeiten wurden nicht<br />

nur in zahlreichen Galerien, sondern<br />

auch in internationalen Museen wie<br />

dem Metropolitan Museum of Art in<br />

New York, dem Musée d’Art Contemporain<br />

de Montréal und dem Martin-<br />

Gropius-Bau in Berlin gezeigt. Zudem<br />

sind zum umfangreichen Werk Polidoris<br />

zahlreiche Publikationen erschienen,<br />

unter anderem der mit dem Liliane<br />

Bettencourt Prix de la Photographie<br />

ausgezeichnete, dreibändige Bildband<br />

»Parcours Muséologique Revisité« mit<br />

der monumentalen photographischen<br />

Dokumentation des Schloss Versailles.<br />

CWC GALLERY<br />

bis 21. April <strong>2012</strong><br />

CWC GALLERY<br />

Auguststraße 11-13<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – Sa 12 – 20 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Vier Räume, 500m2 Ausstellungsfläche,<br />

eine Galerie: Am 10. Februar<br />

<strong>2012</strong> eröffnete mit der CWC GAL-<br />

LERY eine Dependance von CAMERA<br />

WORK in einem der geschichtsträchtigsten<br />

Gebäude Berlins – der Ehemaligen<br />

Jüdischen Mädchenschule Berlin.<br />

Verbindet der 1928 fertiggestellte Bau<br />

vom Architekten Alexander Beer äußerlich<br />

spätexpressionistische Elemente mit<br />

der Baukunst der Neuen Sachlichkeit,<br />

zeigt die CWC GALLERY getreu ihres<br />

Namens CAMERA WORK CONTEM-<br />

PORARY zeitgenössische Positionen<br />

aus Photographie, Malerei und Skulptur<br />

in umfangreichen Retrospektiven,<br />

konzeptuellen Gruppenausstellungen<br />

oder Kooperationsausstellungen mit Privatsammlungen<br />

oder Institutionen. Die<br />

äußere Eleganz und Puristik des Gebäudes<br />

spiegeln sich auch im ersten Stockwerk<br />

in den vier großzügigen und lichtdurchfluteten<br />

Räumen sowie großflächigen<br />

Fluren der CWC GALLERY wider.<br />

Ein reduziertes, stilvolles Design sowie<br />

eine hochwertige Gestaltung und klare<br />

Formensprache erzeugen eine besondere<br />

Atmosphäre, in der dem Betrachter<br />

dank des freien Wirkungsraumes der<br />

ausgestellten Werke eine außergewöhnliche<br />

Erfahrung in der Rezeption ermöglicht<br />

wird.<br />

Mit der Galerie CAMERA WORK in<br />

Berlin-Charlottenburg und der CWC<br />

GALLERY im international in Kunstkreisen<br />

bekannten Galerienviertel in Berlin-<br />

Mitte bieten sich CAMERA WORK nun<br />

außerordentliche Möglichkeiten, die<br />

Ikonen der Photographiegeschichte,<br />

Masterworks sowie zeitgenössische<br />

Photographie und Kunst in jeweils<br />

exklusiven Räumlichkeiten präsentieren<br />

zu können.<br />

11


Galerien<br />

Beatrice Minda<br />

»Teatime in Tehran«<br />

Während ihrer fotografischen Erkundungsreisen<br />

durch Privathäuser in der<br />

islamischen Republik Iran in den Jahren<br />

2010 und 2011 hat Beatrice Minda im<br />

Herzen des alten Teheran, inmitten des<br />

stickigen und hektischen Autohändlerquartiers<br />

eine alte Patriziervilla hinter<br />

hohen Mauern entdeckt. Der Legende<br />

nach einst dem österreichischen Konsul<br />

gehörend, ist dieses Anwesen stilistisch<br />

eine einzigartige Mischung aus westlichen<br />

und orientalischen Elementen.<br />

Mehrere Generationen einer großen<br />

persischen Familie haben hier ihre<br />

Spuren hinterlassen. Nun liegen Haus<br />

und Garten gleichsam im Dornröschenschlaf,<br />

nur noch von einem Diener<br />

bewohnt. Die Zeit scheint darin stehen<br />

geblieben. Bis vor kurzem haben sich<br />

hier wöchentlich ältere Damen zum<br />

Tee in Louis XVI-Fauteuils niedergelassen<br />

und vom feinen Teheraner Zuckergebäck<br />

genascht, während draußen die<br />

islamische Revolution die Lebensverhältnisse<br />

veränderte.<br />

Seit ihrer Arbeit Innenwelt – Fotografien<br />

aus Rumänien und aus dem Exil<br />

beschäftigt sich Beatrice Minda immer<br />

wieder mit dem Verhältnis von privatem<br />

Raum, Erinnerung und Geschichte.<br />

Dabei erkundet sie die Beziehung der<br />

Menschen zu den sie umgebenden<br />

Räumen und stellt diese in ihrem gesellschaftspolitischen<br />

Zusammenhang dar.<br />

Ihre fotografischen Arbeiten vermögen<br />

es dabei, die atmosphärische Dichte<br />

eines Ortes einzufangen.<br />

»Teatime in Tehran« ist eine Serie<br />

kleinformatiger Ansichten des<br />

geschichts- und geschichtenträchtigen<br />

Teheraner Hauses.<br />

Beatrice Minda,<br />

1968 in München geboren.<br />

Lebt und arbeitet in Berlin.<br />

12 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Beatrice Minda, (Original in Farbe)<br />

© Beatrice Minda, (Original in Farbe) © Beatrice Minda, (Original in Farbe)<br />

Zum Gallery weekend Berlin<br />

am 28. April und 29. April <strong>2012</strong> ist die<br />

Galerie jeweils von 14–17 Uhr geöffnet.<br />

bis 29. April <strong>2012</strong><br />

18m Galerie für Zahlenwerte<br />

Akazienstraße 30 linker Eingang 2. OG<br />

10823 Berlin-Schöneberg<br />

Öffnungszeiten nach Vereinbarung:<br />

030 88 70 29 04 / 0163 88 70 29 0<br />

www.18m-galerie.de


Pacific Standard Time<br />

Kunst in Los Angeles<br />

1950 -1980<br />

Das Ausstellungsprojekt »Pacific Standard<br />

Time. Kunst in Los Angeles 1950-<br />

1980« zeigt Entwicklungsprozesse der<br />

Kunstszene im Los Angeles der Nachkriegszeit.<br />

Die Stadt am Pazifik zeigt<br />

eine beeindruckend vielfältige und<br />

äußerst agile West-Coast-Kunstszene.<br />

Sie belegt damit, dass sie mehr ist als<br />

Hollywood und eine große Stadt im<br />

Land der Sonne und der Palmen. »Pacific<br />

Standard Time« lenkt den Blick auf<br />

international vielbeachtete Künstler<br />

wie John Baldessari, David Hockney,<br />

Edward Kienholz oder Ed Ruscha als<br />

auch auf weniger bekannte Protagonisten<br />

wie die abstrakten Maler Helen<br />

Lundeberg und Karl Benjamin, Keramiker<br />

wie Ken Price oder John Mason und<br />

Bildhauer wie DeWain Valentine.<br />

Die Megaschau – in Los Angeles<br />

waren über 60 Institutionen und Galerien<br />

beteiligt – kommt mit den beiden<br />

wichtigsten Kernausstellungen des<br />

Getty Museum und Getty Research Institute<br />

nach Europa. Einzige europäische<br />

Station ist der Martin-Gropius-Bau in<br />

Berlin. »Pacific Standard Time« ist die<br />

erste Ausstellung zur modernen Kunst<br />

des Getty Museum.<br />

Jener Ausstellungsteil, der in Los Angeles<br />

im Getty-Museum unter dem Titel<br />

»Crosscurrents in L.A. - Painting and<br />

Sculpture 1950-1970« zu sehen war,<br />

präsentiert Malerei und Skulptur. Im<br />

zweiten Teil, in Los Angeles zu sehen<br />

unter dem Titel »Greetings from L.A. –<br />

Artists and Publics 1950-1980«, werden<br />

Poster, Künstlerkataloge, Postkarten,<br />

Einladungskarten und andere Memorabilia<br />

gezeigt, die einen tieferen Einblick<br />

in die Netzwerke der Kunstszene<br />

jener Zeit in Los Angeles erlauben. Für<br />

Berlin wird die Schau um Fotografien<br />

von Julius Shulman ergänzt. Seine Architekturaufnahmen<br />

prägten in den 1950er<br />

Jahren entscheidend das Bild des kalifornischen<br />

Lebensstils. Seine Sensibilität,<br />

sein intuitiver und unvergleichlicher<br />

Sinn für Komposition und den ‚entscheidenden<br />

Augenblick‘ brachten ihm<br />

den Ruf eines Meisters seines Fachs zu<br />

sein.<br />

Julius Shulman, Case Study House # 22, 1960, Silbergelatine-Abzug<br />

Getty Research Institute, Los Angeles, CA. © J. Paul Getty Trust<br />

Erster Teil: Gegenströmungen<br />

Der erste Teil der Berliner Schau vereint<br />

mehr als 70 Werke von über 40 Künstlern.<br />

Er zeichnet den Aufstieg der südkalifornischen<br />

Kunstszene zwischen 1950<br />

und 1980 nach. Die Namensliste liest<br />

sich wie das Who-is-who der heute international<br />

vielbeachteten Künstler. Künstler<br />

wie John Baldessari, David Hockney,<br />

Edward Kienholz, Bruce Nauman oder<br />

Ed Ruscha begannen dort ihre Karriere.<br />

Das Entree in die pazifische Zeitzone<br />

beginnt mit der Ikone »A Bigger Splash«<br />

des Briten David Hockney aus dem Jahr<br />

1967. Es ist eines der Schlüsselbilder der<br />

Ausstellung und steht für ein hedonistisches<br />

Leben unter Palmen bei ewigem<br />

Sonnenschein und Parties.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Die Ausstellung ist sowohl chronologisch<br />

als auch thematisch aufgebaut<br />

und umfasst sechs Abteilungen, die das<br />

gesamte Spektrum der in Los Angeles<br />

simultan vorkommenden Kunstrichtungen<br />

widerspiegeln. Abstrakte Arbeiten –<br />

Keramik-Skulpturen und nüchtern-klare<br />

Gemälde – sind in der ersten Abteilung<br />

zu sehen. Überraschende Gegenwelten<br />

zeigt der anschließende Werkblock<br />

aus den 1960er und 1970er Jahren. Auf<br />

Abstraktion und keramische Urformen<br />

folgt nun eine Welt der Assemblagen<br />

und Collagen. In ihnen wird Los Angeles<br />

als Ort vieler Kulturen und explodierender<br />

sozialer Unterschiede anschaulich.<br />

Arbeiten von Künstlern wie George<br />

Herms, Wallace Berman und Ed Bereal<br />

haben diesem künstlerischen Ansatz in<br />

13


Galerien<br />

den 1950er Jahren den Weg bereitet,<br />

und viele Nachfolger auch unter afroamerikanischen<br />

Künstlern gefunden.<br />

Eine dominierende Figur mit Kultstatus<br />

war Wallace Berman, der durch seine<br />

Montagen auf die Doppelmoral der<br />

amerikanischen Gesellschaft hinwies.<br />

Die dritte Abteilung belegt den Aufstieg<br />

von Los Angeles zu einem wichtigen<br />

Kunstzentrum, die vierte zeigt Gemälde<br />

von heute weltweit anerkannten Künstlern<br />

aus Los Angeles, wie Richard Diebenkorn,<br />

David Hockney und Ed<br />

Ruscha. Hier wird deutlich, dass Südkalifornien<br />

schon in den 1960er Jahren<br />

eines der führenden Zentren für großformatige<br />

Popkunst und abstrakte Malerei<br />

war. Der fünfte Bereich untersucht,<br />

wie Künstler in einer Zeit, da Malerei<br />

an der Atlantikküste der USA zunehmend<br />

an Bedeutung gewann, begannen,<br />

ihre Vorstellungen von traditioneller<br />

Malerei und Plastik zu erweitern.<br />

Wahrnehmungsphänomene und materielle<br />

Prozesse künstlerischer Produktion<br />

rücken in den Vordergrund. Hier<br />

finden sich auch Werke, die aus dem<br />

Aufeinandertreffen von Kunst und Technik<br />

entstanden. So etwa eine Plastik von<br />

DeWain Valentine, der Industriematerial<br />

wie Polyestergussharz verwendet<br />

oder eine Leinwand von Mary Corse,<br />

in die kleinste, hochgradig reflektierende<br />

Glaskugeln eingearbeitet sind.<br />

Vorgestellt wird auch eine Gruppe von<br />

Künstlern, deren Arbeiten Spuren ihrer<br />

Entstehung zeigen, wie von Joe Goode,<br />

Allan McCollum und Ed Moses, eine<br />

Gussharzarbeit von Peter Alexander<br />

oder eine Glasfaserskulptur von Bruce<br />

Nauman.<br />

Als Berliner Erweiterung der Getty Ausstellung<br />

wird der frühen internationalen<br />

Wahrnehmung der Kunst in Los Angeles<br />

ein eigener Raum gewidmet. Gezeigt<br />

werden die Arbeiten »Berlin Red« von<br />

Sam Francis, ein 6 x 12 Meter großes<br />

von der Neuen Nationalgalerie 1969 in<br />

Auftrag gegebenes Werk, und »Volksempfänger«<br />

von Edward Kienholz. Als<br />

DAAD Stipendiat lebte Edward Kienholz<br />

von 1973 an oft in Berlin.<br />

Zweiter Teil: Grüße aus Los Angeles<br />

Im zweiten Teil der Ausstellung, erarbeitet<br />

vom Getty Research Institute,<br />

14 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Julius Shulman, Malin Residence, »Chemosphere«, 1960, Silbergelatine-Abzug<br />

Getty Research Institute, Los Angeles, CA. © J. Paul Getty Trust<br />

zeigt der Martin-Gropius-Bau über 200<br />

Objekte – Fotografien, Künstlerkataloge,<br />

Bücher, Poster, Postkarten, Einladungen,<br />

Briefe, Kunstwerke, von denen<br />

viele zum ersten Mal öffentlich zu sehen<br />

sind. Veranschaulicht wird wie kalifornische<br />

Künstler durch Einbeziehung eines<br />

breiten Publikums Kunst und öffentliches<br />

Leben aufeinander bezogen. Auch<br />

wird aufgezeigt, mit welcher Intensität<br />

die internationalen Netzwerke der<br />

Künstlergruppen funktionierten.<br />

»Greetings from L.A.« beginnt mit<br />

»Making the Scene« und beschreibt die<br />

Galerienszene in Los Angeles von den<br />

1950er Jahren bis in die 1970er. Kunsthändler<br />

und Sammler werden vorgestellt,<br />

wie sie sich zum Beispiel am Le<br />

Cienega Boulevard zusammengefunden<br />

haben – Rolf Nelson, Riko Mizuno und<br />

Betty Asher. Auf diesem Boulevard, der<br />

den von Ed Ruscha verewigten Sunset<br />

Boulevard kreuzt, wurde der Ruf von Los<br />

Angeles als Stadt der modernen und zeitgenössischen<br />

Kunst mit begründet.<br />

»Public Disturbances« (Politische Störungen),<br />

die zweite Abteilung der Schau,<br />

ist drei wichtigen Ausstellungen gewidmet,<br />

die zu heftiger Kritik und sogar zu<br />

Verhaftungen führten. Die Ausstellung<br />

von Wallace Berman in der Ferus Gallery<br />

von 1957 wurde von der Polizei<br />

geschlossen. Heftige Kontroversen gab<br />

es über die Ausstellung »War Babies«<br />

(1961) in der Huysman Gallery. Intensiv<br />

waren die Auseinandersetzungen zwischen<br />

dem Los Angeles County Museum<br />

of Art (LACMA) und dem Los Angeles<br />

County Board of Supervisors über die<br />

Einbeziehung von Kienholz’ Installation<br />

»Back Seat Dodge ´38« (1964) in seine<br />

große Retrospektive 1966.<br />

Der Ausstellungsteil »Private Assembly«<br />

(Private Ansammlungen), konzentriert<br />

sich auf die von Wallace Berman,<br />

George Herms, Charles Brittin und<br />

ihrem Zirkel in den 1950er und 1960er<br />

Jahren geschaffenen Werke. Die Intimität<br />

dieser Objekte erklärt sich nicht<br />

nur aus den unverwechselbaren Spuren<br />

der künstlerischen Handschrift, die sie<br />

tragen, sondern auch daraus, dass sie<br />

nur einem ausgewählten, nicht-öffentlichen<br />

Publikum zugänglich waren.<br />

Vorrangig außerhalb des kommerziellen<br />

Galeriebetriebs tätig, konzentrierte<br />

diese Gruppe von Assemblage-Künstlern<br />

ihre Energie auf private Kunstwerke,<br />

die sie als Zeichen der Freundschaft<br />

persönlich überreichten oder per<br />

Post zusandten.<br />

Die vierte Abteilung »Mass Media« stellt<br />

Künstler vor, die als Modell für ihre<br />

eigene künstlerische Praxis eher Mas-


senmedien wählten. Ed Ruscha, Allen<br />

Ruppersberg und Chris Burden beschäftigten<br />

sich mit der Populärkultur und der<br />

Massenproduktion als alternative Produktions-<br />

und Distributionsmittel. Sie<br />

verwendeten unpersönliche Formen,<br />

wie z.B. kommerziell produzierte und<br />

als Konsumgüter verkaufte Objekte oder<br />

Werbemittel. Unter Umgehung konventioneller<br />

Ausstellungsräume erreichten<br />

diese Künstler ein neues Publikum. Sie<br />

traten häufig anonym auf, wodurch die<br />

Identität von Künstler und Werk sekundär<br />

wurde.<br />

»Art School as Audience« (Kunstschule<br />

als Publikum), der fünfte Abschnitt der<br />

Ausstellung, beleuchtet die wichtige<br />

Rolle der Kunstschulen in der Entwicklung<br />

zeitgenössischer Kunstformen. Sie<br />

dienten als ruhende Pole. Dort waren<br />

Künstler das Publikum anderer Künstlerkollegen.<br />

CalArts und deren Vorgänger,<br />

das Chouinard Art Institute, waren<br />

zentrale Orte wichtiger Künstlergruppen,<br />

wie es an den Arbeiten von Studenten<br />

wie Ed Ruscha und Joe Goode<br />

und von Lehrern wie John Baldessari,<br />

Miriam Schapiro und Judy Chicago<br />

erkennbar ist. Andere wichtige Foren<br />

waren neue Fakultäten für Kunst, die<br />

an Hochschulen und Universitäten im<br />

County Los Angeles entstanden. Besonders<br />

auf dem Campus von Irvine oder<br />

San Diego fand sich ein stimulierendes<br />

Publikum für die Experimente von<br />

Künstlern wie Martha Rosler, Barbara<br />

Smith und Eleanor Antin.<br />

Die letzte Abteilung, »The Art of Protest«<br />

(Die Kunst des Protests), untersucht, wie<br />

gesellschaftliche und politische Entwicklungen<br />

die Künstler mobilisierten,<br />

ihre Arbeiten auf der Straße zu zeigen.<br />

In den 1960er Jahren wurde Los Angeles<br />

Schauplatz der ersten von Künstlern<br />

angeführten Proteste gegen den Vietnamkrieg.<br />

Daraus entstand 1966, noch<br />

vor der Entstehung der Galerienstraße<br />

am La Cienega Boulevard, ein Peace<br />

Tower (Turm des Friedens). Im folgenden<br />

Jahrzehnt war es der Feminismus,<br />

der viele Künstler zu gesellschaftlichen<br />

Interventionen veranlasste, wie man an<br />

der Arbeit von Suzanne Lacy und Leslie<br />

Labowitz-Starus „In Mourning and in<br />

Rage“ von 1977 sieht, einer vielbeachteten,<br />

auf den Stufen des Rathauses aufgeführten<br />

Protestperformance.<br />

Wallace Berman, Semina Cover with Wife<br />

(Photograph of Shirley Berman),1959,<br />

Halbton Reproduktion auf Karton. Getty<br />

Research Institute, Los Angeles, CA. © Wallace<br />

Berman, (Original in Farbe)<br />

»Greetings from L.A.« bietet einen<br />

neuen Blick auf die Kunst in Südkalifornien,<br />

indem sie zeigt, wie Künstler<br />

dieser Region die konventionellen<br />

Beziehungen zwischen Kunst und Publikum<br />

änderten und Alternativen für eine<br />

öffentliche Rolle der Kunst und ihren<br />

Platz in der Gesellschaft entwickelten.<br />

Die Ausstellung gibt Einblicke in einige<br />

erst kürzlich erworbenen Archive wie<br />

die von Betty Asher, Hal Glicksman,<br />

George Herms, Wolfgang Stoerchle,<br />

des Magazins »High Performance«, der<br />

Galerien von Rolf Nelson, Mizuno und<br />

Jan Baum sowie in die Papiere von Charles<br />

Brittin und Edmund Teske. Ergänzt<br />

werden diese durch Material aus Archiven,<br />

die nicht immer mit Südkalifornien<br />

in Verbindung gebracht werden, wie die<br />

Papiere der Kunstkritiker Irving Sandler,<br />

Barbara Rose und Lawrence Alloway<br />

aus New York, der Gründerin und Kuratorin<br />

des New Museum Marcia Tucker<br />

sowie der Kasmin Gallery in London.<br />

Dritter Teil: Julius Shulman<br />

Der letzte Teil der Berliner Ausstellung<br />

zeigt über 50 Fotografien von Julius<br />

Shulman, dem bedeutendsten Architekturfotografen<br />

der amerikanischen<br />

Nachkriegsfotografie. Mehr als dreißig<br />

Jahre fotografierte er Häuser der<br />

Moderne von Richard Neutra, Frank<br />

bis 10. Juni <strong>2012</strong><br />

Martin-Gropius-Bau<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 19 Uhr<br />

Dienstags geschlossen<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Lloyd Wright, Frank O’Gehry – viele<br />

machte er dadurch zu Ikonen der Architektur.<br />

Die Ausstellung zeigt Schlüsselwerke<br />

seines Schaffens.<br />

Liste der beteiligten Künstler<br />

Peter Alexander, John Altoon, John<br />

Baldessari, Larry Bell, Billy Al Bengston,<br />

Karl Benjamin, Ed Bereal, Wallace<br />

Berman, Cameron, Vija Celmins, Judy<br />

Chicago, Mary Corse, Ronald Davis,<br />

Richard Diebenkorn, Melvin Edwards,<br />

Frederick Eversley, Lorser Feitelson, Llyn<br />

Foulkes, Sam Francis, Joe Goode, Robert<br />

Graham, Frederick Hammersley, George<br />

Herms, David Hockney, Stephan von<br />

Huene, Craig Kauffman, Edward Kienholz,<br />

Helen Lundeberg, John Mason,<br />

Allan McCollum, John McCracken,<br />

John McLaughlin, Ron Miyashiro, Ed<br />

Moses, Lee Mullican, Bruce Nauman,<br />

Helen Pashgian, Ken Price, Noah Purifoy,<br />

Ed Ruscha, Betye Saar, Henry Takemoto,<br />

DeWain Valentine, Peter Voulkos,<br />

Gordon Wagner, Norman Zammitt.<br />

Katalog:<br />

Deutsche Museumsausgabe: 38 Euro<br />

(Softcover, ohne ISBN-Nr.)<br />

Deutsche Buchhandelsausgabe: ca.<br />

49,80 Euro, (Hardcover, ISBN 978-3-<br />

7757-3304-5)<br />

Englische Buchhandelsausgabe:<br />

38 Euro (Hardcover, ISBN 978-1-60606-<br />

072-8)<br />

15


Galerien<br />

Baumeister der<br />

Revolution<br />

Sowjetische Kunst und<br />

Architektur<br />

1915-1935<br />

Mit Fotografien von<br />

Richard Pare<br />

Die Ausstellung »Baumeister der Revolution«<br />

lenkt den Blick auf einen<br />

Bereich der sowjetischen Avantgarde,<br />

der in Europa und darüber hinaus relativ<br />

unbekannt geblieben ist: die Architektur.<br />

Auch in Russland und den anderen<br />

Nachfolgestaaten der Sowjetunion<br />

sind die Namen der meisten Architekten<br />

weitestgehend vergessen. Ihre Bauten<br />

sind nicht in dem Maße Teil des kulturellen<br />

Gedächtnisses geworden, wie es<br />

das »Neue Bauen« im Westen ist.<br />

Die Ausstellung stellt dieses beeindruckende<br />

Kapitel der Avantgarde auf<br />

ungewöhnliche Weise vor, indem sie<br />

drei inhaltliche Ebenen miteinander<br />

verschränkt. Ausgewählte Werke der<br />

frühen Avantgarde, u.a. von El Lissitzky,<br />

Gustav Kluzis, Ljubow Popowa, Alexander<br />

Rodtschenko oder Wladimir Tatlin<br />

zeigen die intensive Beschäftigung der<br />

Künstler seit 1915 mit Fragen von Form,<br />

Raum und Materialität.<br />

Nach der Revolution engagierten sie<br />

sich in verschiedenen Gremien für die<br />

Umsetzung dieser Ideale wie 1919-20<br />

in der Kommission für die Synthese<br />

von Malerei, Bildhauerei und Architektur.<br />

Die Architekten Nikolai Ladowski,<br />

Wladimir Krinski, aber auch der Maler<br />

Rodtschenko schufen dort erste Entwürfe<br />

für die Stadtplanung und für Kommune-Häuser.<br />

Tatlin projektierte 1919 das berühmte<br />

»Denkmal der III. Internationale« – eine<br />

komplizierte Ingenieurskonstruktion mit<br />

beweglichen Räumen. Obwohl nicht<br />

gebaut, hat es mit seinem visionärem<br />

Potential und seiner dynamischen Formensprache<br />

die spätere Architektur des<br />

Konstruktivismus beeinflusst. Während<br />

die beeindruckenden Bilder und Zeich-<br />

16 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Richard Pare, Wohnsiedlung der Tscheka: Treppenhaus, 1999, Fotografie, 60,5 x 40,2 cm, (O.i.F.)<br />

Architekten: Iwan Antonow, Wenjamin Sokolow, Arseni Tumbsow, 1929-1936<br />

© courtesy Richard Pare und Kicken Berlin<br />

nungen aus der Sammlung Costakis aus<br />

Thessaloniki deutlich machen, welche<br />

Rolle das Architektonische bereits in den<br />

frühen künstlerischen Entwürfen spielte,<br />

geben Vintageprints aus dem Staatlichen<br />

Wissenschaftlichen Forschungsmuseum<br />

für Architektur A.W. Schtschussew in<br />

Moskau einen Eindruck vom architektonischen<br />

Aufbruch einige Jahre später.<br />

Die historischen Fotografien zeigen,<br />

dass die neuen Bauten nicht nur typologisch,<br />

sondern auch in ihren Dimensionen<br />

eine neue Zeit verkörperten: Sie<br />

überragten die alten urbanen Strukturen<br />

und waren ein Fanal der kommenden<br />

Industrialisierung und Umwälzung<br />

des Landes. Die Fotografien des renommierten<br />

britischen Architekturfotografen<br />

Richard Pare wiederum führen den<br />

Betrachter in die Gegenwart. Pare hatte


Richard Pare, Narkomfin-Gemeinschaftswohnanlage: Innenansicht, 1995,<br />

Fotografie, 121,9 x 154,2 cm, (O.i.F.)<br />

Architekten: Iwan Antonow, Wenjamin Sokolow, Arseni Tumbsow, 1929-1936<br />

© courtesy Richard Pare und Kicken Berlin<br />

1993 begonnen, diese »verlorene Avantgarde«<br />

wiederzuentdecken. Auf mehreren<br />

Reisen nach Moskau und nach St.<br />

Petersburg sowie durch die ehemaligen<br />

Sowjetrepubliken dokumentierte<br />

er, was von den Gebäuden noch erhalten<br />

ist. Seine Aufnahmen spüren deren<br />

Schönheit und den Erfindungsreichtum<br />

ihrer Erbauer auf und zeigen zugleich<br />

die Spuren des Verfalls. Damit zeichnen<br />

sie auch ein Bild der postsowjetischen<br />

Gesellschaft, die sich ihres außergewöhnlichen<br />

Erbes nicht bewusst ist.<br />

Neu waren bei dieser Architektur nicht<br />

nur die Formensprache, sondern auch<br />

die Bauaufgaben: So entstanden mit dem<br />

Aufbau der neuen Gesellschaft Arbeiterclubs,<br />

Gewerkschaftshäuser, kollektive<br />

Wohnanlagen, Sanatorien für die<br />

Werktätigen, staatliche Großkaufhäuser,<br />

Partei-und Verwaltungsbauten, aber<br />

auch Kraftwerke und Industrieanlagen,<br />

um das Land zu modernisieren.<br />

Der erste wichtige Bau nach der Revolution<br />

war der Schabolowka-Radioturm<br />

von Wladimir Schuchow. Er wurde von<br />

1919-22 aus sechs übereinander montierten<br />

Hyperboloiden errichtet und war<br />

mit 150 Metern zu jener Zeit der höchste<br />

Turm in dieser Bauweise. Seine ele-<br />

gante, filigrane Struktur wurde Symbol<br />

der Überwindung des Alten und Schweren.<br />

Rodtschenkos bekannte Fotos des<br />

Radioturmes - heute Ikonen der Avantgardefotografie<br />

- betonen die Dynamik<br />

von unten nach oben. Pares Aufnahmen<br />

des Turmes zielen stärker auf die Details<br />

und rücken damit die Bauweise jener<br />

Zeit ins Blickfeld.<br />

Die Leistungen russischer Ingenieure<br />

wie Schuchow beeinflussten mit ihren<br />

neuartigen technischen Konstruktionen<br />

die Entwicklung der Architektur, die den<br />

Funktionen entsprechend klare, geometrische<br />

Formen verwendete. Im Verlaufe<br />

der 1920er Jahre zeichneten sich dann<br />

zwei entscheidende architektonische<br />

Strömungen ab: der Rationalismus und<br />

der Konstruktivismus.<br />

Die Vertreter der ersten Strömung gründeten<br />

1923 die Assoziation neuer Architekten<br />

(ASNOVA), ihr Hauptvertreter<br />

war Ladowski. Bei den Konstruktivisten<br />

spielte neben Alexander Wesnin Moisei<br />

Ginsburg eine große Rolle. 1925 vereinigten<br />

sich die konstruktivistischen<br />

Moskauer Architekten in der Gesellschaft<br />

moderner Architekten (OSA).<br />

Daneben gab es auch andere Strömungen<br />

und herausragende Einzelgänger<br />

bis 9. Juli <strong>2012</strong><br />

Martin-Gropius-Bau<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 19 Uhr<br />

Dienstags geschlossen<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

wie Konstantin Melnikow. Trotz polemischer<br />

Auseinandersetzungen zwischen<br />

den Strömungen hatte sich bis Ende der<br />

1920er Jahre ein modernes Bauen konsolidiert.<br />

Im Zuge der Industrialisierung des<br />

Landes im Rahmen des ersten Fünfjahrplanes<br />

1928-32 wurde die Entstehung<br />

neuer Städte vorangetrieben. Damit<br />

waren Fragen des Konzepts der Großstadt<br />

verbunden, für die unterschiedliche<br />

Lösungen vorgeschlagen wurden<br />

wie die »horizontalen Wolkenkratzer«<br />

für Moskau von El Lissitzky oder die<br />

»Parabel« als Grundschema der Stadtentwicklung<br />

von Ladowski. Etliche<br />

der von Pare fotografierten Gebäude<br />

wurden für kollektives Wohnen entwickelt.<br />

Der von Ginsburg und Ignati Milinis<br />

1930 in Moskau errichtete Narkomfin-Wohnblock<br />

war eins der experimentellsten<br />

Projekte jener Ära. Er enthielt<br />

neben Wohnungen auf zwei Etagen<br />

auch eine gemeinschaftlich betriebene<br />

Kantine, eine Kindertagesstätte, eine<br />

Sporthalle und eine Waschküche. Weitere<br />

Bautypen zur Durchsetzung der<br />

kollektivistischen Lebensweise waren<br />

Großküchen, von denen drei im damaligen<br />

Leningrad von einer Gruppe um<br />

Josif Meerzon, Vertretern des Rationalismus,<br />

erbaut wurden. Arbeiterklubs<br />

und Kulturpaläste dienten vielfältigen<br />

Bildungsangeboten und symbolisierten<br />

im Stadtraum mit ihren dynamischen<br />

Formen die Rolle der neuen Klasse.<br />

Als sich Mitte der 1930er Jahre das politische<br />

Klima in der Sowjetunion gravierend<br />

änderte und damit eine monumentale,<br />

sich am Klassizismus orientierende<br />

Bauweise protegiert wurde,<br />

endete dieses spannende Kapitel der<br />

Avantgarde und geriet in Vergessenheit.<br />

Di nach Ostern (10. April) und Di<br />

nach Pfingsten (29. Mai) geöffnet.<br />

17


Galerien<br />

Yvonne v. Schweinitz<br />

»Gesichter<br />

Afghanistans«<br />

Erfahrung einer alten Welt.<br />

Fotografien von 1953.<br />

In Zürich 1953 mit dem Auto gestartet,<br />

führt die journalistische Reise die<br />

Fotografin Yvonne v. Schweinitz sieben<br />

Monate durch die Türkei, Syrien, Jordanien,<br />

Israel, Irak, Iran nach Afghanistan<br />

und Pakistan. Während ihres dreimonatigen<br />

Aufenthalts im Vielvölkerstaat<br />

Afghanistan besucht sie u.a. das<br />

Bamiyan-Tal mit den berühmten Buddha-Statuen<br />

und überquert auf unbefestigten<br />

Wegen den Khyber-Pass nach<br />

Peshawar/Pakistan in das damals noch<br />

autonome Swat-Tal.<br />

Ausgerüstet mit einer Rolleiflex, einer<br />

Leica M3 sowie einer Polaroid-Kamera<br />

sind auf diesen Fahrten zahlreiche<br />

Schwarz-Weiß- und Farbfotografien<br />

entstanden. Rund 120 dieser Bilder<br />

haben die Kuratoren Claus Friede und<br />

Mathias v. Marcard ausgewählt, die im<br />

Willy-Brandt-Haus präsentiert werden.<br />

Die Fotografien gelten ethnologisch als<br />

Raritäten und zeigen selten wahrgenommene<br />

Seiten des Landes am Hindukusch.<br />

Auf eindrucksvolle Weise<br />

dokumentiert Yvonne v. Schweinitz<br />

das Leben, die Kulturen, die Menschen,<br />

Clans und Stämme in Afghanistan zu<br />

einer Zeit, als es in diesem Land friedlich<br />

war.<br />

Yvonne v. Schweinitz, geboren in Danzig<br />

1921 als Gräfin v. Kanitz, entstammt<br />

einer alten ostpreußischen Familie.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem<br />

Studium arbeitet sie freiberuflich mit<br />

dem renommierten Pressefotografen<br />

Willy Pragher zusammen, in dessen<br />

Archiv auch die späteren Fotoarbeiten<br />

aufgenommen wurden.<br />

Eine Ausstellung von Claus<br />

Friede*Contemporary Art und Marcard<br />

Pro Arte, Hamburg. Mit freundlicher<br />

Unterstützung der Markert Gruppe,<br />

Hamburg/Neumünster<br />

18 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Fotos: Afghanistan 1953, © Yvonne v. Schweinitz<br />

Fotos: Afghanistan 1953, © Yvonne v. Schweinitz Fotos: Afghanistan 1953, © Yvonne v. Schweinitz<br />

bis 27. Mai <strong>2012</strong><br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Eintritt frei, Ausweis erforderlich


Hans Madej<br />

»Bilder aus dem Osten«.<br />

Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

zeigt die Ausstellung Hans Madej – Bilder<br />

aus dem Osten, ein kaleidoskopisches<br />

Porträt Osteuropas im Zerfall und<br />

im Aufbruch.<br />

1989 ereignete sich kein nationales<br />

Ereignis, sondern ein weltweit historischer,<br />

bis heute nicht abgeschlossener<br />

Prozess, der den gesamten Osten<br />

Europas erfasste. Die unmittelbaren<br />

Folgen waren von großer Tragweite:<br />

die deutsche Wiedervereinigung, der<br />

Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion,<br />

die weitgehend friedlichen<br />

Revolutionen in den Ostblockstaaten<br />

und im Gegensatz zum friedvollen<br />

Systemwechsel in Osteuropa der von<br />

Gewalt, Krieg und Zwangsemigration<br />

gezeichnete Umbruch im ehemaligen<br />

Jugoslawien.<br />

Junge mit rotem Stern auf der Mütze,<br />

Weißrußland, Gden, Oktober 1990,<br />

© Hans Madej, (O.i.F.)<br />

Der Fotograf Hans Madej verfolgte<br />

den politischen Machtwechsel<br />

und die Wende im Osten von<br />

1987 bis 1995 auf zwei Schauplätzen:<br />

des Schauplatzes der großen<br />

Politik sowie des Schauplatzes der<br />

irdischen Existenz. Die politische<br />

Szene rotierte dabei unvergleichbar<br />

schneller als die Szenen des täglichen<br />

Lebens. Die Systeme wechselten, die<br />

herrschenden Parteien und ihre Führer<br />

wechselten, Kriege und Revolutionen<br />

kamen und gingen, doch der<br />

Mensch lebte, wie er immer gelebt hat.<br />

Isoliert durch die totalitäre Herrschaft<br />

von den Entwicklungen im Westen,<br />

unberührt vom technischen Fort-<br />

Rußarbeiter mit Zigarette, Rumänien, Copsa Mica, Juli 1991, © Hans Madej, (O.i.F.)<br />

Zigeunerkinder auf der Müllkippe, Rumänien, Medias, Juli 1991, © Hans Madej, (O.i.F.)<br />

schritt und von den Wertvorstellungen<br />

der Konsumgesellschaft haben archaische<br />

Lebensformen überlebt. Das Mittelalter<br />

beginnt am Ende der Straße.<br />

Mit seiner Kamera nahm Madej<br />

teil an den großen Festen der<br />

Roma, am Alltag der Rußarbeiter in<br />

Rumänien. Er fotografierte die Straßenkinder<br />

in Bukarest und die<br />

Opfer von Tschernobyl. Er zeigt<br />

Gesichter, die noch von einer Zeit<br />

erzählen, von der sich die Aufmerksamkeit<br />

der Medien längst<br />

abgewandt hat.<br />

19. April bis 17. Mai <strong>2012</strong><br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Eintritt frei, Ausweis erforderlich<br />

19


Galerien<br />

Anton Corbijn<br />

»Inwards and<br />

Onwards«<br />

Die Ausstellung »Inwards and Onwards«<br />

zeigt in großformatigen Porträts das<br />

bedeutende künstlerische Schaffenswerk<br />

von Anton Corbijn. Neben eindringlichen<br />

Photographien bekannter<br />

Musiklegenden wie Bruce Springsteen,<br />

Patti Smith oder Tom Waits, die<br />

ihn seit jeher faszinieren, fokussiert sich<br />

Corbijn in seinen neuesten Photographien<br />

auch auf die modernen Inbilder<br />

künstlerischer Inspiration wie Gilbert &<br />

George, Damien Hirst oder Jeff Koons.<br />

Ausschließlich in Schwarz-Weiß photographierend,<br />

reduziert Anton Corbijn<br />

seine Photoshoots mit seiner Hasselblad-Kamera,<br />

einem Setting in gewohnter<br />

Umgebung des Porträtierten sowie<br />

natürlichem Licht auf das Wesentliche<br />

– Assistenten oder künstlich erzeugtes<br />

Licht sind für ihn tabu. Auch wenn sich<br />

einige Porträts wie jene von Damien<br />

Hirst oder Jeff Koons durch eine Verspieltheit<br />

auszeichnen, so versteht<br />

Anton Corbijn die Kamera als Mittel<br />

zum Zweck, die Persönlichkeit des Porträtierten<br />

zum Ausdruck zu bringenund<br />

die ehrliche Tiefe des Charakters jenseits<br />

jeglicher äußerlicher Inszenierung darstellen<br />

zu können.<br />

Diese besondere visuelle Erfahrung ist<br />

auch beim unkonventionellen Porträt<br />

von Gerhard Richter zu erkennen, der<br />

sich nicht nur berufsbedingt der Möglichkeiten<br />

der Selbstinszenierung im<br />

Medium der Photographie bewusst ist.<br />

Anton Corbijn zeigt den Künstler in einer<br />

Rückenansicht, gewährt ihm damit sein<br />

Verlangen nach persönlicher Intimität,<br />

um zugleich sein künstlerisches Schaffen<br />

zu reflektieren – kehren doch oftmals<br />

auch in Richters Werken die Personen<br />

dem Betrachter den Rücken zu<br />

oder verschwimmen bis zur Unkenntlichkeit.<br />

Auch der 2011 verstorbene<br />

Maler Lucien Freud ließ Anton Corbijn<br />

nicht nur in seine räumliche Privatsphäre<br />

eindringen, sondern öffnete<br />

für ihn sein Wesen. Die bildprägende<br />

Gestik und charakterliche Zeichnung<br />

sowie die greifbare Stimmung in der<br />

Photographie sind das Ergebnis eines<br />

20 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

besonderen Zugangs von Anton Corbijn<br />

zu seinen Porträtierten. Dieser Zugang<br />

erlaubt es Corbijn, hinter Inszenierungsfassaden<br />

Ebenen von Personen abbilden<br />

zu können, die nur der Kunst vorbehalten<br />

sind.<br />

Neben faszinierenden Einblicken in die<br />

einzelnen Persönlichkeiten – wie auch<br />

beim Porträt von Kate Moss, deren Maskierung<br />

einerseits paradoxerweise die<br />

mediale Fassade des Models zerstört,<br />

um den Blick auf die Person und nicht<br />

auf das Konstrukt zu lenken, und andererseits<br />

als Symbol für das Wechselspiel<br />

zwischen der Aufgabe der Privatsphäre<br />

in der Öffentlichkeit und dem Schutz<br />

derselben angesehen werden kann –<br />

spielen andere Bilder aus der Ausstellung,<br />

wie das Porträt von Anthony Kiedis,<br />

mit dem Reiz des seriösen Surrealen.<br />

Anton Corbijns Photographien zeugen<br />

von einem sichtbar gemachten Auseinandersetzen<br />

der Porträtierten mit sich<br />

selbst und sind darüber hinaus von<br />

einer reizvollen Bildsprache sowie oftmals<br />

von scheinbar abstrakten Szenarien<br />

geprägt, in denen sich die Persönlichkeiten<br />

in einem intimen Moment<br />

zeigen: »Inwards and Onwards«.<br />

Anton Corbijn<br />

Geboren am 20. Mai 1955 im niederländischen<br />

Dorf Strijen, entwickelte<br />

sich bei Anton Corbijn in den siebziger<br />

Jahren die Leidenschaft heraus, Musikbands<br />

zu porträtieren und mit der Photokamera<br />

zu begleiten. Als »stilles Mitglied«<br />

der Musikgruppen schärfte er als<br />

Photograph und fortan auch zeitweise<br />

als Art Director und Bühnenbildner das<br />

Image von Bands wie Depeche Mode,<br />

Joy Division, New Order und U2. Seine<br />

enge Verbundenheit mit dem Musikgeschäft<br />

in Kombination mit seinem künstlerischen<br />

Verständnis konnte Anton Corbijn<br />

auch jenseits der Photographie kreativ<br />

ausleben. So führte er seit den achtziger<br />

Jahren bei zahlreichen Musikvideos<br />

der erfolgreichsten Musiker und<br />

Bands der Geschichte Regie, darunter<br />

neben Depeche Mode und U2 auch von<br />

Johnny Cash, Nick Cave, Coldplay, Herbert<br />

Grönemeyer, Metallica und Nirvana.<br />

Zuletzt auch aufgrund der preisgekrönten<br />

Filme »Control« und »The<br />

American«, bei denen Anton Corbijn<br />

Regie geführt hat, zählt er heute nicht<br />

nur zu den einflussreichsten zeitgenös-<br />

© Anton Corbijn, »Kate Moss«, New York, 1996<br />

sischen Photographen, sondern auch zu<br />

den bedeutendsten Regisseuren weltweit.<br />

Ihm wurde daher die Ehre zuteil,<br />

in die Jury der 62. Internationalen Filmfestspiele<br />

Berlin berufen zu werden.<br />

Seit 1997 verfolgt Anton Corbijn jenseits<br />

der Regiearbeit und Auftragsphotographie<br />

auch eigene photographische Projekte,<br />

die Bestandteil von Ausstellungen<br />

in internationalen Museen und Galerien<br />

waren.<br />

Neben zahlreichen Auszeichnungen<br />

für sein künstlerisches Schaffen, wurde<br />

Anton Corbijn im vergangenen Jahr in<br />

seiner Heimat der renommierte Niederländische<br />

Kulturpreis verliehen.<br />

Ab dem 19. April ist der Dokumentationsfilm<br />

»anton corbijn inside out« in<br />

den deutschen Kinos zu sehen, der eindrucksvolle<br />

Einblicke in das Leben und<br />

Wirken des Photographen und Regisseurs<br />

Anton Corbijn zeigt.<br />

Zu Anton Corbijns Photoserie »Inwards<br />

and Onwards« ist 2011 ein gleichnamiger<br />

Photoband im Schirmer/Mosel<br />

Verlag erschienen.<br />

www.camerawork.de<br />

www.facebook.com/cameraworkberlin<br />

21. April bis 2. Juni <strong>2012</strong><br />

Galerie Camera Work<br />

Kantstraße 149<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Sa 11 – 18 Uhr


Fritz Kempe<br />

»Gesichter hinter der<br />

Kamera«<br />

Fotografen - Porträts<br />

Fritz Kempe wurde 1909 in Greifswald<br />

als Fotografensohn geboren.<br />

Seine Schulausbildung schloss er am<br />

humanistischen Gymnasium in Stralsund<br />

ab. 1938 bestand er mit Auszeichnung<br />

die Meisterprüfung für das Fotografenhandwerk.<br />

In Berlin gründete er<br />

ein Atelier für Industrie- und Werbefotografie,<br />

das im Krieg zerstört wurde. Von<br />

1949 bis 1974 präsentierte er als Direktor<br />

der Landesbildstelle in Hamburg<br />

jeden Monat Fotografien meist junger<br />

Fotografen im einzigen ständigen Fotosalon<br />

der Bundesrepublik.<br />

Neben seinem eigenen fotografischen<br />

Werk übten auch seine publizistischen<br />

Arbeiten zu fotohistorischen Themen<br />

einen großen Einfluss auf die Fotografie<br />

in Deutschland aus. (Buchpublikationen<br />

u. a.:»Film-Technik, Gestaltung,<br />

Wirkung«, 1958, »Hamburger«,<br />

1963, »Fetisch des Jahrhunderts«, 1964,<br />

»Das Bild und die Wirklichkeit«, 1974,<br />

»Dokumente der Photographie«, 1980.<br />

Er war Ehrenmitglied der GDL und<br />

erhielt viele Auszeichnungen für sein<br />

fotografisches Schaffen, u. a. die David<br />

– Octavius –Hill – Medaille (1974). Fritz<br />

Kempe starb 1988 in Hamburg.<br />

In der Ausstellung werden 40 Fotografen<br />

- Porträts von Fritz Kempe aus den<br />

Jahren 1956-1980 gezeigt.<br />

Vernissage:<br />

am Freitag, dem 4. Mai <strong>2012</strong><br />

ab 19 Uhr<br />

© Fritz Kempe, »Ute Eskildsen«, 1980 © Fritz Kempe, »Lucia Moholy«, 1980<br />

© Fritz Kempe, »Robert Lebeck«, 1979 © Fritz Kempe, »Will McBride«, 1981<br />

5. Mai bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Do – Sa 14 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

21


Galerien<br />

Frank Horvat<br />

»A Trip Through<br />

A Mind (The iPad<br />

Exhibition)«<br />

Frank Horvat (* 1928, Italien) zählt<br />

zu den wenigen noch lebenden<br />

Legenden der Fotografie. Sein Œuvre<br />

umfasst sämtliche Genres – von der<br />

Modefotografie, über die klassische<br />

und exotische Reisedokumentation bis<br />

hin zur Aktfotografie.<br />

Nach nunmehr 60 Jahren hat sich<br />

Frank Horvat dazu entschlossen, sein<br />

Gesamtwerk in einer iPad Applikation<br />

der Öffentlichkeit zugänglich zu<br />

machen.<br />

Unter dem Namen ‚Horvatland‘ lädt<br />

der Fotograf zu einer Reise durch<br />

seine Gedanken- und Bilderwelt, samt<br />

gesprochenen Beiträgen, ein.<br />

»A Trip Through A Mind«.<br />

Frank Horvat, Sophie, 1983<br />

© Frank Horvat, c/o galerie hiltawsky, (O.i.F.)<br />

bis 29. April <strong>2012</strong><br />

galerie hiltawsky<br />

Tucholskystraße 41<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa 14 – 18 Uhr<br />

22 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Frank Horvat, First Fashion Photograph, Florenz, 1951, © Frank Horvat, c/o galerie hiltawsky<br />

Frank Horvat, Shoe and Tour Eiffel A, for Stern, 1974, © Frank Horvat, c/o galerie hiltawsky


Gerhard Weber,<br />

»Privatleben«<br />

Laura Silleras,<br />

»Chimuelos«<br />

Göran Gnaudschun,<br />

»Portraits«<br />

und Irina Tübbecke,<br />

»in between dialogues<br />

(filmset portraits)«<br />

Die Portraits von Gerhard Weber beeindrucken<br />

durch ihre scheinbare Normalität.<br />

Sie zeigen das Leben der Menschen<br />

die dort mit Ruhe und Selbstbewusstsein<br />

der Kamera begegnen, die doch<br />

gerade ein besonders scharfes Bild ihrer<br />

Intimität festhält. Es ist eine besondere<br />

Gabe des Fotografen Menschen dieses<br />

Vertrauen zu vermitteln und das Ergebnis<br />

bewundernswert.<br />

© Laura Silleras<br />

Laura Silleras lebt und arbeitet in<br />

Mexico, Berlin und Spanien. Seit sie<br />

ihre Hasselblad hat, also seit 2001, hat<br />

sie nicht mehr aufgehört zu fotografieren.<br />

Und das freut uns sehr.<br />

Göran Gnaudschun, entwickelt eine<br />

besondere Beziehung zu den Menschen<br />

die er portraitiert. Für ihn endet<br />

die Verantwortung nicht damit wie die<br />

© Göran Gnaudschun, (O.i.F.)<br />

Portraitierten dargestellt sind, er kümmert<br />

sich auch darum das seine Portraits<br />

in der angemessenen Umgebung<br />

gezeigt werden. Den Respekt den er für<br />

diese Menschen empfindet vermittelt er<br />

auch dadurch.<br />

Irina Tübbecke, hat die Fotografie bei<br />

ihrer Arbeit als Maskenbildnerin für sich<br />

entdeckt. Was ein Hilfsmittel zur Dokumentation<br />

war, änderte ihren Blick auf<br />

die Personen. Gerade ihre Arbeit an<br />

Filmsets eröffneten ihr eine neue Perspektive<br />

auf die Schauspieler als Privatpersonen<br />

und Filmfigur. Irina Tübbecke<br />

lebt und arbeitet in Berlin.<br />

Göran Gnaudschun<br />

»Neue Portraits«<br />

Wenn ich Menschen portraitiere, entsteht<br />

oft ein sehr fragiler Zustand, bei<br />

dem es scheint, als würde sich etwas<br />

in meinem Gegenüber verändern. Für<br />

einen kurzen Moment gibt es die Möglichkeit<br />

der Einheit von Innerem und<br />

Äußerem. Dieser Moment findet sich<br />

zwischen Spannung und Loslassen, zwischen<br />

Kontrolle und Selbstaufgabe; er ist<br />

flüchtig und die Fotografie die einzige<br />

Erinnerung daran.<br />

Wahrscheinlich ist dieser Moment aber<br />

weniger in der Person, als in dem Bild<br />

von ihr begründet. Es gibt etwas, das nur<br />

© Gerhard Weber<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

im Portraitprozess entstehen kann.<br />

Ich glaube an Bilder, weil ich von ihnen<br />

weiß, dass sie lügen, dass sie etwas<br />

anderes erzählen, als das, was vorhanden<br />

war. Augenzeugenschaft als Mittel<br />

zur Fiktionalisierung, zur Neugestaltung,<br />

zur Transformation. Material, das<br />

aus der Wirklichkeit stammt, mit ihr<br />

aber nichts als den Ursprung, das Dagewesensein<br />

gemein hat. Alles andere ist<br />

Interpretation.<br />

Es gibt ein Außen und ein Innen, an der<br />

Grenze dazwischen ist das Auge, ist der<br />

Blick, ist das Augenlicht, das die Außenwelt<br />

formt und interpretiert. Ich kann<br />

nicht in das Innere der Menschen sehen,<br />

es ist zu vielschichtig, um es abzubilden;<br />

aber ich kann mit Hilfe des Blickes,<br />

des Gesichtsausdruckes, der Haltung<br />

und des Lichtes eine Intensität<br />

im Bild erzeugen. Eine Intensität, die<br />

in Momenten des Übergangs entsteht:<br />

wenn der Blick weder den Fotografen,<br />

noch den Betrachter meint und wenn er<br />

sich aber noch nicht nach innen zurückzieht.<br />

Momente, die in unterschiedlichen<br />

Abstufungen mehr über das Selbstbewusstwerden<br />

als über die Selbstdarstellung<br />

erzählen.<br />

bis 15. April <strong>2012</strong><br />

PHOTOPLATZ<br />

im Hotel Bogota<br />

Schlüterstraße 45<br />

10707 Berlin-Charlottenburg<br />

www.bogota.de<br />

23


Galerien<br />

stefan moses<br />

»Emigranten«<br />

Das umfangreiche und einflussreiche<br />

Werk von Stefan Moses in einem kurzen<br />

Text bewerten zu wollen, muss zwangsläufig<br />

scheitern; der Rezensent kann nur<br />

einige Aspekte aufblitzen lassen.<br />

Im Fokus stehen bei Moses seine Mitmenschen,<br />

bekannte wie unbekannte<br />

Zeitgenossen, meist in Deutschland. In<br />

der Ausstellung bei Johanna Breede in<br />

Berlin sehen wir auf den Bildern aus den<br />

1940er bis 1990er Jahren kreative Menschen,<br />

die zurückgekehrt sind in ihre<br />

Heimat, an die Orte, die sie geprägt<br />

haben und aus denen sie zuvor vertrieben<br />

worden waren: In den späten<br />

1930er Jahren hatten die Nationalsozialisten<br />

sie gezwungen, ihre Geburts- oder<br />

Wohnorte in Deutschland oder in den<br />

besetzten Gebieten zu verlassen. Viele<br />

andere, so wissen wir heute schmerzlich,<br />

haben es damals nicht vermocht<br />

zu fliehen. Neben den Emigranten gilt<br />

auch ihnen dieses photographische Vermächtnis<br />

eines der großen Zeitzeugen<br />

des 20. Jahrhunderts: Stefan Moses. Er<br />

selbst wurde 1928 in Liegnitz geboren,<br />

verlor früh den Vater, zog mit der Mutter<br />

nach Breslau und musste als Jugendlicher<br />

einige Jahre in einem Arbeitslager<br />

verbringen. Doch er überlebte in<br />

innerer Emigration, und »Deutschland<br />

und die Deutschen« wurde zu seinem<br />

Lebensthema. Nur ein paar Jahre nach<br />

Kriegsende entstand eines der wegweisenden<br />

Porträts, das er mit Anfang<br />

Zwanzig noch sehr zurückhaltend, beinahe<br />

schüchtern aufnahm: Es war das<br />

des Literaturnobelpreisträgers Thomas<br />

Mann, der, seit 1943 amerikanischer<br />

Staatsbürger, 1949 gemeinsam mit seiner<br />

Frau Katia anlässlich des 200. Geburtstags<br />

von Goethe Weimar besuchte,<br />

diesen geschichtsträchtigen deutschen<br />

Ort – mit dem Deutschen Nationaltheater<br />

und dem Goethe-Schiller-Denkmal<br />

einerseits und dem (nur einige Kilometer<br />

entfernten) gerade aufgelösten Konzentrationslager<br />

Buchenwald andererseits.<br />

Solche Spannungen, auch diejenigen<br />

zwischen den Besatzungszonen,<br />

haben die Menschen im Nachkriegsdeutschland<br />

nicht nur emotional zer-<br />

24 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

rissen. Stefan Moses war mit seinem<br />

sensiblen und gleichzeitig ungeschönten<br />

Blick auf die deutsche Gesellschaft<br />

in West wie Ost seit dieser Zeit für ein<br />

halbes Jahrhundert ein bildmächtiger<br />

Seismograph.<br />

Nicht jedes einzelne Porträt seiner großangelegten<br />

Serien, im Facettenreichtum<br />

und der Typologie dem „Deutschenspiegel“<br />

von August Sander durchaus vergleichbar,<br />

ist von ähnlich formaler Qualität;<br />

doch dies ist auch kaum zu erwarten.<br />

Denn inszenierte stehen gleichberechtigt<br />

neben spontan entstandenen,<br />

gleichsam gefundenen Bildern. Gleichwohl<br />

befinden sich darunter einige photographische<br />

Ikonen, etwa das Selbstporträt<br />

des Philosophen Theodor W.<br />

Adorno aus dem Jahr 1963, Bestandteil<br />

einer seiner berühmten Bildnisserien:<br />

Moses hatte in den 1960er Jahren<br />

ausgewählte Intellektuelle vor einen<br />

Schneiderspiegel gesetzt und ihnen die<br />

Bildentstehung im wahren Wortsinn<br />

(per Kamerafernauslöser) in die Hand<br />

gelegt. Er selbst blieb wie ein Regisseur<br />

im Hintergrund, allerdings nicht ohne<br />

gleichzeitig wiederum die ungewöhnlichen<br />

Aufnahmesituationen photographisch<br />

zu begleiten.<br />

© stefan moses, »Ellen Auerbach«, 1995<br />

Die Photographie, insbesondere analoger<br />

Provenienz, fängt gemeinhin nur<br />

einen einzigen Aspekt unserer Außenwelt<br />

ein oder einen einzigen Moment<br />

im Leben des Dargestellten, es sei<br />

denn, sie ist anschließenden Ergänzun-<br />

© stefan moses, »Willy Brandt«,<br />

Siebengebirge 1983<br />

gen oder Manipulationen ausgesetzt.<br />

Stefan Moses arbeitete stets analog<br />

und authentisch innerhalb der Grenzen<br />

des Darstellbaren, mit Ausnahme einer<br />

kurzen Phase des Collagierens, die einer<br />

Art Revision des eigenen Werkes gleichkam.<br />

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

gelang es ihm wie kaum einem<br />

anderen Kollegen, mit den Porträts vieler<br />

deutscher Geistesgrößen die Zeitlichkeit<br />

deutscher Geschichte zu verdichten<br />

und zugleich ins Zeitlose zu dehnen.<br />

Das Lebensalter der Dargestellten und<br />

insofern das Aufnahmedatum der nach<br />

West- oder Ost-Deutschland zurückgekehrten<br />

Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler<br />

bleiben hier beinahe irrelevant<br />

– Moses bewahrt vielmehr das<br />

Andenken an eine verlorene Generation,<br />

an eine nie gelebte, inzwischen<br />

vergangene Gegenwart.<br />

In Moses’ Werk existieren mehrere<br />

konzeptionelle Bildserien, die zusammengenommen<br />

in der Porträtphotographie<br />

des 20. Jahrhunderts ihresgleichen<br />

suchen, darunter die Menschen vor dem<br />

Spiegel oder einem großen hellen Tuch,<br />

die Maskenbilder, die großen Alten im<br />

Wald oder die zärtliche Annäherung an<br />

seinen Sohn Manuel. Häufig entstanden<br />

dazu legendäre Bücher, die inzwischen<br />

im Kanon der Photobuchsammler ihren<br />

festen Platz haben. Die meisten der Porträtierten<br />

gingen auf die ungewöhnlichen<br />

Bildideen von Stefan Moses frei-


© stefan moses, »Walter Gropius«, Ulm 1954<br />

mütig ein. Für manche Serien hat sich<br />

Moses zudem kleine überfallartige<br />

und witzige Tricks einfallen lassen, mit<br />

denen er sein Gegenüber überraschen<br />

konnte; das geschah meist sehr liebevoll,<br />

nicht desavouierend. In den Porträtsitzungen<br />

herrschte häufig ein intellektuelles<br />

und kommunikatives Spiel<br />

zweier Gleichberechtigter, ein Geben<br />

und Nehmen, ein Zeigen und Verbergen<br />

– ein Ziel war sicherlich auch, hinter<br />

die Maske des Einzelnen zu schauen,<br />

um sein Innerstes zu fassen. Nur Herbert<br />

Wehner saß völlig unbeeindruckt,<br />

so der Photograph, auf einem Baumstamm<br />

und ließ sich bei der Porträtsitzung<br />

nicht aus der Reserve locken. Viele<br />

der Bilder erschienen damals im Stern<br />

oder in anderen Magazinen, später, als<br />

er die Reportagephotographie und Auftragsarbeit<br />

an den Nagel hing, vorzugsweise<br />

in den eigenen Büchern.<br />

Stefan Moses hat seine Modelle nicht<br />

ins Studio gebeten, sein Studio war vielmehr<br />

die Wohnung der anderen oder<br />

der mythenbeladene deutsche Wald,<br />

in dem, freilich an unterschiedlichen<br />

Orten, auch vieler der hier versammelten<br />

Emigrantenporträts entstanden sind,<br />

als wäre gerade dort ein zeitloses Vergessen<br />

möglich, eine zarte Bande zu<br />

einem Früher ohne die kollektive, belastende<br />

Schuld des Deutschseins. In sein<br />

Freiluftatelier, auf diese allegorische<br />

Bühne führte Moses Ellen Auerbach<br />

und Felix H. Man, Tilla Durieux und<br />

Curt Bois, Sebastian Haffner oder Heinz<br />

© stefan moses, »Herbert Wehner«,<br />

Hamburg 1985<br />

Berggruen. Jüngst wurden einige dieser<br />

Porträts in der ansonsten sonderbar<br />

zusammengestellten Wald-Ausstellung<br />

im Deutschen Historischen Museum<br />

gezeigt, darunter das unvergleichliche<br />

Willy-Brandt-Porträt, das vor einigen<br />

Jahren als Plakatmotiv für seine Berliner<br />

Retrospektive (im Willy Brandt Haus)<br />

gewählt wurde. Mit dem Deutschen<br />

Historischen Museum, insbesondere<br />

unter der Leitung von Christoph Stölzl,<br />

verbindet Stefan Moses aber auch eine<br />

andere Geschichte: Nach dem Fall der<br />

Mauer konnte er endlich die Serie der<br />

Deutschen (vor dem mitgeführten hellgrauen<br />

Tuch) in Ostdeutschland weiterführen,<br />

initiiert und finanziert vom<br />

DHM. Am Ende der vielen Reisen zwischen<br />

der mecklenburgischen Ostseeküste<br />

und den Thüringer Bergen standen<br />

die Ausstellung »Abschied und Anfang«,<br />

mit dem das Museum in Berlins historischer<br />

Mitte eröffnet wurde, sowie eine<br />

umfangreiche Begleitpublikation.<br />

Damals waren es bekannte und unbekannte<br />

Zeitgenossen, ausgewählt nach<br />

Berufsgruppen, die es heute teilweise<br />

gar nicht mehr gibt. In der aktuellen Berliner<br />

Ausstellung, zwanzig Jahre später,<br />

variiert der Photograph den Fokus; wir<br />

begegnen nun vielen Protagonisten der<br />

kulturellen Elite, deren Emigration in<br />

Deutschland so schmerzliche Lücken<br />

hinterlassen hat; viele konnten überdies<br />

nach ihrer Rückkehr in ein auch moralisch<br />

am Boden liegendes Land nicht<br />

bis 19. Mai <strong>2012</strong><br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />

Sa 11 – 16 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

mehr an die früheren Erfolge anknüpfen,<br />

und nur wenige fanden einen adäquaten<br />

Platz in der deutschen Nachkriegsgesellschaft.<br />

Heute, wiederum<br />

eine Generation später, müssen wir gar<br />

um ihr Vergessen fürchten. So unterschiedlich<br />

die Protagonisten vermutlich<br />

charakterlich sind, so unterschiedlich<br />

gerät die Inszenierung – auch die<br />

Selbstinszenierung der eigenen Person<br />

vor der Kamera. Alle hier versammelten<br />

Emigranten eint die tiefe humanistische<br />

Idee von Freiheit und Gerechtigkeit.<br />

So stecken in Moses’ Einzelporträts<br />

verdichtete deutsche Kulturgeschichte;<br />

sie erzählen mehr über die Dargestellten,<br />

als dies üblicherweise in der Bildnisphotographie<br />

der Fall ist.<br />

© stefan moses, »Meret Oppenheim in ihrem<br />

Berner Studio«, 1982<br />

Die Aufnahmen berichten von Verlust<br />

und Sehnsucht, starken Emotionen,<br />

denen der Photograph wiederum mit<br />

subtilem Humor und Einfühlungsvermögen<br />

begegnet. Stefan Moses gehört<br />

mit seinem photographischen Werk zu<br />

den genauen Beobachtern und großen<br />

Geschichtenerzählern in unserem Lande<br />

und steht inzwischen gleichberechtigt<br />

neben den bedeutenden großen Alten,<br />

denen er nicht nur im deutschen Wald<br />

ein beeindruckendes visuelles Denkmal<br />

geschaffen hat.<br />

Matthias Harder<br />

25


Galerien<br />

Michael Ruetz<br />

»THE FAMILY OF DOG«<br />

Der programmatische Titel »THE FAMILY<br />

OF DOG« - ist eine Art von Inhaltsangabe.<br />

Er ist neben seinem Charakter als<br />

Anspielung auch ein Programm. Als<br />

solches könnte der Titel in der Tat THE<br />

FAMILY OF MAN lauten. Denn in keinem der<br />

Bilder ist der Mensch nicht auch präsent,<br />

sei er auch selber nicht zu sehen. Aus<br />

dem Gefüge keines dieser Bilder kann<br />

man ihn extrapolieren. Der Hund als<br />

solcher und an-und-für-sich: er existiert<br />

nicht. Der Hund ist Teil der menschlichen<br />

Gesellschaft. Edward Steichen<br />

konnte den Titel seiner Ausstellung von<br />

1955 nicht changieren lassen wie ich<br />

meinen Ausstellungstitel. Doch es gibt<br />

Gemeinsamkeiten: beide Zyklen und<br />

Ausstellungen zeigen die verschiedenen<br />

Möglichkeiten der Existenz, in Steichens<br />

Ausstellung der menschlichen, in<br />

meinem Buch der hündischen Existenz.<br />

Steichen hatte so etwas wie die Comédie<br />

Humaine im Sinne - nicht à la française,<br />

sondern aus der Sicht des siegreichen<br />

und aktiv an der Kriegführung<br />

beteiligten Amerikaners. Innerhin war<br />

Steichen imPazifik-Krieg Colonel gewesen,<br />

Oberst der Marine.<br />

Wie auch immer: dass der Hund nicht<br />

ohne einen und am besten seinen Menschen<br />

auskommen kann und will: das<br />

scheint festzustehen und beinahe sein<br />

Wesen zu auszumachen. Dass der<br />

Mensch gut ohne Hund auskommen<br />

kann, scheint ebenso zu gelten. Mit<br />

der Ausnahme, dass, wer einmal Hunde<br />

hatte, sich im oft allzu hohem Maß an<br />

sie gewöhnt und auf die einlässt, sie<br />

weiter gerne um sich haben will.<br />

Michael Ruetz<br />

26 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Michael Ruetz, »12. Februar 1973, Santiago de Chile«<br />

© Michael Ruetz, »Wahrscheinlich guckt<br />

wieder kein Schwein«, ca. 1998<br />

Eröffnung<br />

30. Mai <strong>2012</strong>, 19 – 21 Uhr<br />

31. Mai bis 18. August <strong>2012</strong><br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />

Sa 11 – 16 Uhr


Jonnek Jonneksson<br />

»Reportagefotografie«<br />

Jonneksson ist ein griechischer Fotograf<br />

(geb. 1972), der seine berufliche Laufbahn<br />

auf diesem Gebiet 2005 begann.<br />

Er arbeitet u.a. in der griechischen<br />

Hauptstadt Athen als Fotoreporter für<br />

die bekannte Zeitschrift »Epsilon«, die<br />

sich sozialen und politischen Themen<br />

widmet.<br />

Soziale Themen, verbunden mit den<br />

menschlichen Lebensbedingungen,<br />

gehören zu Jonnekssons zentralen<br />

Interessen. Auch sucht er zu enthüllen,<br />

was hinter dem Schleier des alltäglichen<br />

Lebens und seiner Bedingungen<br />

existiert und dass diese verantwortlich<br />

sind für die signifikanten Veränderungen<br />

und den Fortschritt der globalen<br />

Gesellschaft. Also richtet er sein Augenmerk<br />

auf die Menschen und ihre Abhängigkeiten<br />

von ihrer Umwelt. Ebenso<br />

weist er auf die Probleme hin, dass der<br />

Zustand von Mensch und Umwelt ein<br />

Resultat des gegenwärtigen inhumanen<br />

Mechanismus ist, den die verschiedenen<br />

Regierungen und Staaten entwickeln<br />

und anwenden.<br />

Seine Arbeiten wurden in zahlreichen<br />

Zeitschriften, Zeitungen und Spezialeditionen<br />

in Europa veröffentlicht. Er<br />

beteiligte sich an verschiedenen Gruppenausstellungen<br />

in Griechenland und<br />

Deutschland, und ein Teil seines Werks<br />

wird von der You-and-Art gallery in<br />

Zürich vertreten.<br />

2008 wurde seine Arbeit über AIDS/HIV<br />

in Südafrika für den Preis der »UNICEF-<br />

Fotografie des Jahres« (UNICEF Photo of<br />

the Year Award) nominiert.<br />

2009 nutzte die Band »Modern-e-Quartet«<br />

seine Fotos für Cover und Booklet<br />

ihrer neuen LP mit dem Titel »Voluntary<br />

Electrocution« und die Griechische<br />

Nationaloper veröffentlichte eine<br />

Bildungsausgabe, die mit den Fotografien<br />

seiner Serie »Hinter den Kulissen«<br />

illustriert wurde.<br />

2010 verwendete die britische Rockband<br />

»Renegade« sein Foto für ihr<br />

Album »Griechenland« auf dem Cover<br />

© Jonnek Jonneksson<br />

ihrer neuen LP mit dem Titel »Watch<br />

this Fire Spread«.<br />

2010 war er auch einer von acht Finalisten<br />

für den Preis des Cedefop Photomuseum<br />

mit seiner Arbeit über die Hafen-<br />

Werft von Cape Town (Kapstadt).<br />

2011 war er mit zwei anderen Fotografen<br />

an der Schaffung des zukunftweisenden<br />

Buches für die Google-Gesellschaft<br />

»Think Quarterly« beteiligt.<br />

Jonnek Jonneksson lebt meist in Berlin<br />

und ist freiberuflich tätig.<br />

Ausstellungen:<br />

2007 – Einzelausstellung im Zentraltheater<br />

der Griechischen Nationaloper<br />

mit seiner Serie »Hinter den Kulissen«<br />

über verschiedene Ballette, Opern und<br />

Experimentalbühnen in Athen, Griechenland<br />

2010 – Gruppenausstellung »Wer<br />

wir sind« in der Lichtraum Galerie<br />

(Lightroom Gallery), Athen, Griechenland<br />

2010 – Einzelausstellung »Kantinen<br />

von Griechenland« zum Photo Festival<br />

Athen, Griechenland<br />

2010 – Einzelausstellung www.berlin.<br />

com zum Photo Festival Thessaloniki,<br />

Griechenland<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

2010 – Einzelausstellung »Griechenland<br />

Stadt & Land«, Bohnsdorfer Kulturküche,<br />

Berlin, Deutschland<br />

2010 - Einzelausstellung www.berlin.<br />

com in der Galeria Fotografii B&B,<br />

Krakow, Polen<br />

2011 – Gruppenausstellung »Contemporary<br />

Myths« für die Photobiennale in<br />

Sofia, Bulgarien<br />

Vernissage:<br />

12. April <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />

13. April bis 18. Mai <strong>2012</strong><br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di, Mi, Fr, Sa 13 – 18 Uhr<br />

Do 10 – 18 Uhr<br />

27


Galerien<br />

Punctum<br />

Abschlussausstellung<br />

Ostkreuzschule<br />

für Fotografie und<br />

Gestaltung<br />

Seminar Linn Schröder<br />

Jan Bechberger, Evelyn<br />

Groschopfer, Johanna Henning,<br />

Judith Horn, Diana Juneck,<br />

Irina Kholodna, Constanze<br />

Kratzsch, Birgit Nix, Daniela<br />

Schorn, Elisabeth Wirth<br />

punctum –<br />

genauso ambitioniert ist der Ausstellungstitel<br />

der Seminargruppe von Linn<br />

Schröder. Ein Jahr lang haben sich die<br />

10 Jungfotografen monatlich in den<br />

Räumen der Ostkreuzschule getroffen,<br />

Neues gezeigt und diskutiert, Altes verworfen<br />

und Fotografien zusammengestellt.<br />

punctum –<br />

ein anspringendes Detail. Es durchkreuzt<br />

das Studium, das beflissene,<br />

interessierte Betrachten. Es sticht, irritiert,<br />

bewegt. Fotos, mit einer Qualität,<br />

wie Roland Barthes sie in seiner ‚hellen<br />

Kammer’ beschreibt, werden zum künstlerischen<br />

Anspruch erhoben.<br />

punctum –<br />

die Zutat, die der Betrachter dem Foto<br />

hinzufügt und die dennoch schon da<br />

ist. Im Laufe dieses Jahres hat jeder sein<br />

fotografisches Projekt entwickelt und<br />

erarbeitet. Abstraktes trifft auf Figuratives<br />

- thematisch bleibt die Linse mal nah<br />

am Objekt, mal sucht sie ihren Referenzpunkt<br />

weiter weg.<br />

28 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Birgit Nix<br />

© Constanze Kratzsch © Elisabeth Wirth<br />

© Daniela Schorn<br />

punctum –<br />

es erzeugt innere Unruhe und ist doch<br />

kaum benennbar. Man kommt ihm nur<br />

mit einer gewissen Latenz auf die Spur.<br />

punctum und Studium sind Begriffe<br />

aus der Fototheorie von Roland Barthes,<br />

nachzulesen in »Die helle Kammer«.<br />

Elisabeth Wirth<br />

© Evelyn Groschopfer


© Johanna Henning<br />

© Diana Juneck<br />

© Judith Horn<br />

© Jan Bechberger<br />

© Irina Kholodna<br />

Eröffnung:<br />

21. April <strong>2012</strong>, 20 Uhr<br />

21. April bis 18. Mai <strong>2012</strong><br />

ORi<br />

Friedelstraße 8<br />

12047 Berlin-Neukölln<br />

Mi – So ab 20 Uhr<br />

www.ori-berlin.de<br />

030 817 048 05<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

29


Galerien<br />

Benita Suchodrev<br />

»Woman In Heat«<br />

Über reife Frauen existieren in der westlichen<br />

Gesellschaft nach wie vor stereotype<br />

Bilder. Deren Spektrum ist<br />

zweifellos in den letzten Jahrzehnten<br />

breiter geworden und beschränkt sich<br />

nicht mehr nur auf die Rollenvorstellung<br />

von Mutter, Haus- und Ehefrau. Frauen<br />

über 40 sind selbstbewusst und attraktiv<br />

geworden, rücken zunehmend in Führungspositionen,<br />

besetzen Felder, die<br />

bislang als typisch ‚männlich‘ galten.<br />

Doch nach wie vor müssen sich besonders<br />

Frauen mit den Fragen des ‚Reifens‘<br />

und Alterns auseinandersetzen.<br />

Sie werden am intensivsten mit Bildern<br />

konfrontiert, die die weibliche Identität<br />

in der privaten und öffentlichen Wahrnehmung<br />

verzerren und die reife, alleinstehende,<br />

kinderlose und »glanzlose«<br />

Frau am äußersten Rand der Gesellschaft<br />

platzieren.<br />

Wie sieht das Selbstbild einer reifen<br />

Frau über 40 heute aus? Dieser Frage<br />

stellt sich die amerikanische Fotografin<br />

Benita Suchodrev in den gezeigten<br />

Schwarzweiß- und Farbfotografien. In<br />

Russland geboren, emigrierte sie mit<br />

15 Jahren in die USA. Dort studierte sie<br />

Freie Kunst und schloß das Studium mit<br />

Auszeichnung ab. Seit 2008 lebt Benita<br />

Suchodrev in Berlin und verfolgt seit<br />

circa 2 Jahren das Fotoprojekt »Woman<br />

in Heat«.<br />

In ihren eindrucksvollen Porträts lässt<br />

Benita Suchodrev Frauen selbst zu »Wort<br />

kommen«. Sie fotografiert die Frau so,<br />

wie sie sich sieht oder wie sie gesehen<br />

werden möchte: mit Kleidung, Make-<br />

Up, Accessoires und Attributen, die die<br />

Frau selbst bestimmt. Auf Körpersprache<br />

und Stimmungen nimmt die Fotografin<br />

nur wenig Einfluss. Ergänzt werden die<br />

Porträts durch persönliche Statements;<br />

knappe Äußerungen, die viel über die<br />

mentale und emotionale Lebenswelt der<br />

Frau zu erkennen geben.<br />

»Altern gilt in unserer jugenddominierten<br />

Gesellschaft als Krankheit, die in den<br />

Praxen der plastischen Chirurgie unter<br />

den Teppich gekehrt oder andernorts in<br />

die psychiatrische Schublade gesteckt<br />

wird«, erklärt Benita Suchodrev. »In<br />

meinen Fotografien möchte ich die Frau<br />

30 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Benita Suchodrev, »Sonja«, 2011<br />

(Original in Farbe)<br />

nicht als Objekt sondern als Subjekt<br />

auch ihrer Sexualität zeigen. Woman<br />

in Heat unternimmt eine ästhetisch<br />

anspruchsvolle und zugleich wirklichkeitsgetreue<br />

Herangehensweise an ein<br />

Thema, das von der Mainstream Kultur<br />

weitgehend vernachlässigt wird«.<br />

www.benitasuchodrev.com<br />

mail@benitasuchodrev.com<br />

www.womaninheat.com<br />

© Benita Suchodrev, »Ilona«, 2011<br />

© Benita Suchodrev, »Rachel«, 2011 © Benita Suchodrev, »Mandie«, 2011<br />

bis 29. April <strong>2012</strong><br />

carpentier galerie<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Öffnungszeiten nach Vereinbarung<br />

www. carpentier-galerie.de<br />

030 54 84 44 94


Annette Rausch<br />

»Schatzsuche«<br />

rot - eckig - Kinderaugenhöhe -10 Cent<br />

- Drehen - Klappe auf - ...<br />

Kaugummiautomaten - existieren für<br />

viele nur noch in Kindheitserinnerungen.<br />

Im Berliner Alltag werden sie von<br />

uns Erwachsenen in der Regel einfach<br />

übersehen, obwohl sie zu hunderten an<br />

Hauswänden hängen. Fotos von begeisterten<br />

Kindern zeigen, dass Kaugummiautomaten<br />

nicht nur in der Erinnerung,<br />

sondern auch ganz aktuell einen großen<br />

Reiz ausüben. Ein Auszug aus der systematisches<br />

Sammlung von Berliner Kaugummiautomaten<br />

zeigt sowohl deren<br />

vielfältiges Umfeld als auch dessen stetigen<br />

Wandel. Silvester mit seinen für<br />

Kaugummiautomaten gefährlichen Böllern<br />

sorgt dafür, dass für wenige Wochen<br />

statt voller leere Automaten das Stadtbild<br />

zieren. Neben Aufnahmen in der<br />

Totalen werden Automaten fotografisch<br />

in ihre Einzelteile zerlegt und bieten<br />

dabei neue und unerwartete Ansichten.<br />

Makroaufnahmen von Flummis, Klitschis<br />

oder Kaugummis entwickeln ein<br />

optisches und farbliches Eigenleben.<br />

Zu sehen sind neun aus je sechs Fotos<br />

bestehende Zusammenstellungen<br />

sowie eine Sammlung zum vermutlich<br />

meist fotografierten Kaugummiautomaten<br />

Berlins mit fremden und eigenen<br />

Abbildungen.<br />

bis 5. Mai <strong>2012</strong><br />

Begine – Kultur für Frauen<br />

Potsdamer Straße 139<br />

10783 Berlin-Schöneberg<br />

für Frauen: Mo – Fr ab 17 Uhr<br />

Sa ab 19 Uhr<br />

private Sonderöffnung auch für<br />

Männer: 22. April, 14 – 17 Uhr<br />

© Annette Rausch<br />

© Annette Rausch<br />

© Annette Rausch © Annette Rausch<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

31


Galerien<br />

Mathias Richter<br />

»TREIBHOLZ«<br />

Auf meinen Reisen fasziniert mich<br />

immer wieder der Anblick weißen,<br />

glatten, gestrandeten Holzes. Das aus<br />

fernen grünen Wäldern stammende,<br />

nach einer langen Reise durch die Weite<br />

des Ozeans an Land geworfene, vom<br />

Salzwasser gebleichte, von der Brandung<br />

geschliffene hölzerne Strandgut<br />

bezeichnen die Isländer wegen seiner<br />

Widerstandfähigkeit auch als »Weißes<br />

Gold«. Bereits in der nordischen Schöpfungsgeschichte<br />

soll Odin die ersten<br />

Menschen aus Treibholz geschnitzt<br />

haben.<br />

Ihm wohnt ein erreichtes Ende inne,<br />

wie auch die Möglichkeit eines neuen<br />

Anfangs. Es symbolisiert das reglose Verweilen<br />

vor dem Übergang.<br />

Die Fotografien meiner Ausstellung<br />

haben Vieles gemeinsam mit diesem<br />

entlaubten, kernigen Holz. Auch sie<br />

sind ein Innehalten nach Gewalt und<br />

Zerstörung, nach dem Rauschen von<br />

Zeit und Raum, nach Duft und Klang<br />

und geschmeidiger Zartheit.<br />

Zerfallende Blüten ergeben sich heiter<br />

und offenbaren eine tiefere Schönheit.<br />

Bäume verwandeln sich in Fabelwesen.<br />

Findlinge - Treibgut der Eiszeit - leuchten<br />

in geisterhaftem Licht. In weiten<br />

Landschaften fällt der Himmel auf die<br />

Erde.<br />

Am Schnittpunkt von Kommen und<br />

Gehen wecken die Fotografien Erlebtes<br />

in uns und deuten hinter die Dinge.<br />

Die ständige Bewegung und Veränderung<br />

hat in der Sprache der Bilder einen<br />

Ort der Ruhe gefunden. Hier trifft sich<br />

das Entstandene und Noch-Nicht-Vorhandene.<br />

Alle Fotografien sind mit analogen<br />

Kameras aufgenommen und im Labor<br />

von mir vergrößert.<br />

32 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Mathias Richter<br />

© Mathias Richter<br />

Mathias Richter<br />

1956 geboren in Potsdam - Babelsberg<br />

Ausbildung an der Palucca Schule Dresden<br />

zum Bühnentänzer<br />

Engagements in Neustrelitz, Weimar<br />

und Berlin<br />

Erste Veröffentlichungen Bühnen- und<br />

Theaterfotografie<br />

Reisen durch Europa, Asien, Lateinamerika<br />

und Afrika<br />

Seit 1996 regelmäßige Reisen durch<br />

Island<br />

1990 - 97 Tätigkeit als Kulturpädagoge<br />

/ Bereichsleiter Fotografie<br />

Assistenz bei Digne M. Markowicz<br />

1997 Gründung der Galerie imago fotokunst<br />

Tätigkeit als Fotograf und Galerist<br />

Leitung von Fotokursen und Seminaren<br />

lebt in Berlin und Brandenburg<br />

Mathias Richter wird im nächsten<br />

Halbjahr verschiedene Workshops bei<br />

imago leiten (u.a. Labor, Aufnahmetechnik,<br />

Porträt, Blitz-Lichtkurs).<br />

www.imago-fotokunst.de<br />

© Mathias Richter<br />

bis 26. Mai <strong>2012</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di – Fr 12 – 19 Uhr<br />

Sa 14 – 18 Uhr


© Mathias Richter<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

33


Galerien<br />

© Mathias Richter<br />

34 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


© Mathias Richter<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

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Galerien<br />

© Mathias Richter<br />

© Mathias Richter<br />

36 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


© Mathias Richter<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

37


Galerien<br />

Die Metamorphose<br />

Japans nach dem<br />

Krieg.<br />

Fotografie 1945-1964<br />

Fotografie spielte in den Jahren nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg in Japan eine<br />

wichtige Rolle bei der Herausbildung<br />

einer neuen nationalen Identität. Vom<br />

Schock des Atombombenabwurfs bis<br />

hin zur Neupräsentation des Landes<br />

bei den Olympischen Spielen in Tokio<br />

im Jahr 1964 wurde die Geburt der<br />

neuen japanischen Nation von bedeutenden<br />

Fotografen begleitet. Mit 123<br />

Fotografien sowie Büchern, Zeitschriften<br />

und Ausstellungskatalogen werden die<br />

Arbeiten von elf führenden Vertretern<br />

einer damals jungen Fotografen-<br />

Generation vorgestellt.<br />

Da Ausstellungen zur japanischen<br />

Fotografie in Europa selten sind, eröffnet<br />

diese Schau einen Blick in eine bislang<br />

wenig bekannte Fotografiekultur, die erst<br />

in ihrer zeitgenössischen Ausprägung<br />

breiter rezipiert wurde. Die Ausstellung<br />

bildet zudem den Auftakt für weitere<br />

Projekte im Museum für Fotografie: 2014<br />

Helmut Schilke<br />

»Menschen in Indien«<br />

Helmut Schilke, Indienreisender aus<br />

Passion, zeigt Porträts, die die bunte,<br />

heitere Gelassenheit indischer Gesichter<br />

ausstrahlen - das Ergebnis vom glücklichen<br />

Zusammentreffen von Menschen<br />

zweier verschiedener Welten und Kulturen.<br />

Er hat über drei Jahre seines Lebens in<br />

Indien verbracht und dabei die Liebe zur<br />

Fotografie entdeckt. Sein »Markenzeichen«<br />

ist die große Nähe zu den Menschen,<br />

die er im Bild festhält und uns<br />

näher bringt.<br />

38 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Ken Domon Children looking at a picture-card<br />

show / Kinder sehen sich ein Papiertheater<br />

an Tokyo 1953 © Ken Domon Museum of<br />

Photography<br />

ist eine Präsentation der japanischen<br />

Fotografie des 19. Jahrhunderts aus den<br />

Beständen der Staatlichen Museen zu<br />

Berlin geplant.<br />

Eine Ausstellung der Japan Foundation<br />

in Kooperation mit der Kunstbibliothek<br />

- Staatliche Museen zu Berlin.<br />

© Helmut Schilke<br />

Takeyoshi Tanuma Dancers resting on the<br />

rooftop of the SKD Theatre / Tänzerinnen auf<br />

dem Dach des SKD-Theaters. Asakusa, Tokyo<br />

1949 © Takeyoshi Tanuma<br />

bis 17. Juni <strong>2012</strong><br />

Museum für Fotografie<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – So 10 – 18 Uhr<br />

Do 10 – 22 Uhr<br />

bis 21. April <strong>2012</strong><br />

Helene-Nathan-Bibliothek<br />

in den Neukölln Arcaden<br />

Karl-Marx-Straße 66<br />

12043 Berlin-Neukölln<br />

Mo – Fr 12 – 20 Uhr<br />

Sa 10 – 13 Uhr


Nina von Kozierowski<br />

»Kutterfischer«<br />

Fasziniert von dem Meer und den Menschen,<br />

deren Leben mit dem Meer verbunden<br />

ist, geht die junge Fotografin<br />

Nina von Kozierowski im Sommer 2011<br />

an Bord eines Krabbenkutters, um die<br />

Fischer bei ihrer Arbeit auf der unendlich<br />

weiten See zu fotografieren.<br />

Situativ fotografiert sie die harte Arbeit<br />

der Männer und fängt zudem Augenblicke<br />

ein, die deutlich machen, warum<br />

diese die Anstrengungen auf dem Meer<br />

auf sich nehmen.<br />

Die Fotografin zeigt mit ihren Bildern<br />

auf stimmungsvolle Weise die abenteuerlich<br />

und schweißtreibende Arbeit<br />

auf dem Meer aber auch Momente der<br />

Ruhe und Verbundenheit.<br />

Ihre scheinbar zeitlosen Schwarzweiß-<br />

Fotografien erzählen von Menschen,<br />

gegerbt von Wind, Wetter und Seeluft<br />

sowie von unergründlicher Liebe zum<br />

Meer.<br />

© Nina von Kozierowski<br />

© Nina von Kozierowski<br />

© Nina von Kozierowski<br />

Vernissage:<br />

20. April <strong>2012</strong> um 19 Uhr<br />

21. April bis 2. Juni <strong>2012</strong><br />

Luxad<br />

Mommsenstraße 42<br />

10629 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo – Fr 10 – 19 Uhr<br />

Sa 12 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

39


Galerien<br />

Roland Biczysko<br />

Jacqueline Hirscher<br />

Kathrin Holighaus<br />

Benedikt Lauer<br />

Claudia Levetzow<br />

Paula Janka Meisel<br />

»RandBemerkungen«<br />

Seminar der Ostkreuzschule<br />

für Fotografie bei Katharina<br />

Mouratidi<br />

Es sind Geschichten über Menschen.<br />

Individuelle Lebenswege, persönliche<br />

Einstellungen, menschliche Schicksale.<br />

Und es sind Geschichten von Landstrichen,<br />

die von Menschenhand geprägt<br />

werden. Sie alle stehen unter dem speziellen<br />

Blickwinkel des einzelnen Fotografen.<br />

Einblicke, die Ausschnitte gesellschaftlichen<br />

Lebens zeigen. Einblicke,<br />

die nicht nur einen Blick, sondern mehrere<br />

Blicke zulassen und fordern.<br />

Ein Jahr lang arbeiten sechs Fotografinnen<br />

und Fotografen an ihren freien Projektideen,<br />

die sich alle im übergeordneten<br />

sozialen, politischen oder gesellschaftlichen<br />

Themengebiet vereinen.<br />

Sie diskutieren ihre Entwürfe, verwerfen,<br />

verändern, erneuern und bearbeiten<br />

sie. Im Seminar der Ostkreuzschule<br />

für Fotografie entwickeln sie unter der<br />

Leitung von Katharina Mouratidi ein<br />

eigenes Konzept, setzten es fotografisch<br />

um und präsentieren ihre Ergebnisse<br />

unter dem Titel »RandBemerkungen«<br />

vom 13. April – 6. Mai <strong>2012</strong> in<br />

der aff-Galerie.<br />

Roland Biczysko zeigt ausdruckstarke<br />

Portraits von Menschen, die eine<br />

Entscheidung getroffen haben, ihr Leben<br />

radikal zu ändern. Mit »X Days Clean -<br />

Wir haben überlebt« stellt er ehemalige<br />

Drogenabhängige vor, die 20 Jahre nach<br />

der Auflösung von Europas größter<br />

offenen Drogenszene im Frankfurter<br />

Bankenviertel zurück an die alten Plätze<br />

40 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Benedikt Lauer<br />

ihrer Sucht gehen. Dabei entstehen<br />

Momentaufnahmen einer Konfrontation<br />

mit den Dämonen der Vergangenheit<br />

und zeigen die Porträtierten auf dem<br />

Weg in die Normalität und zu sich<br />

selbst. Kontrastiert werden die Portraits<br />

mit Originalaufnahmen der Frankfurter<br />

Drogenszene (Entstehung 1991/1992,<br />

Polizeiarchiv Ffm).<br />

Benjamin ist 11 Jahre alt als der Krebs<br />

diagnostiziert wird. Acht Wochen später<br />

ist sein Unterschenkel amputiert. Er sei<br />

nicht mehr krank, sagt er heute.<br />

Rückblick. Eines Abends im Schullandheim<br />

steht Duschen auf dem Programm.<br />

Die Mädchen warten plappernd vor der<br />

Tür bis die Jungs rauskommen. Mitten<br />

drin ist Benjamin. Er geht an Krücken und<br />

hat einzig die Sorge, dass sein Handtuch<br />

verrutschen könnte. Sein Freund Christopher<br />

folgt ihm, denkt nicht an seine<br />

Blöße sondern stolziert mit geschwellter<br />

Brust, seine Trophäe im Arm, wie einen<br />

Schatz haltend. Er weiß um die bewundernden<br />

Blicke der Mädchen, denn<br />

nicht jeder darf Bennies neues Bein<br />

tragen. Jacqueline Hirscher begleitet<br />

ihn seit drei Jahren auf seinem Weg und<br />

zeigt in »es ist was es ist« Ausschnitte<br />

aus seinem Leben, das trotz Behinderung<br />

nicht normaler sein könnte.<br />

In ihrer Serie »Zwischenland« dokumentiert<br />

Kathrin Holighaus die Umwandlung<br />

ostdeutscher Tagebaugebiete zu touris-<br />

© Kathrin Holighaus<br />

tisch attraktiven künstlichen Gewässerlandschaften.<br />

In der größten Landschaftsbaustelle<br />

Europas untersucht sie<br />

die Diskrepanz zwischen Vision und<br />

Wirklichkeit und zeigt teils befremdliche<br />

Ausschnitte einer Welt, die es nur<br />

vorübergehend gibt.<br />

»Meu lugar. Hier ist mein Ort.« Mit<br />

diesen Worten wird Benedikt Lauer<br />

von zehn Brasilianern, fünf Frauen<br />

und fünf Männern fünf verschiedener<br />

Altersstufen an Orte geführt, an denen


© Claudia Levetzow<br />

© Jacqueline Hirscher<br />

sie sich besonders wohl fühlen. Zehn<br />

Menschen, die nicht stellvertretend und<br />

doch beispielhaft von guten Momenten<br />

im Leben von Bewohnern einer Favela<br />

São Paulos erzählen. Mit drei Bildern je<br />

Person wird die Serie durch passende<br />

Kurztexte ergänzt, die den Betrachter<br />

in eine völlig andere Welt eintauchen<br />

lässt.<br />

»Occupy« ist zu einer globalen Bewegung<br />

geworden, bei der überall auf der<br />

Welt Menschen auf die Straßen gehen,<br />

um auf soziale, wirtschaftliche und<br />

politische Missstände aufmerksam zu<br />

machen. Claudia Levetzow begleitet<br />

diese Bewegung seit dem 15.10.2011 in<br />

Berlin und dokumentiert ihre Entwicklung.<br />

Zuvor finden sich durch den Arabischen<br />

Frühling inspirierte Menschen in<br />

verschiedenen Ländern auf öffentlichen<br />

Plätzen zusammen, wie z.B. die »Indignados«<br />

(Empörte) in Spanien seit dem<br />

15. Mai 2011. Als dann am 17. September<br />

2011 etwa eintausend Demonstranten<br />

die Wall Street in New York besetzen<br />

und im Zuccotti Park Zelte aufstellen,<br />

um in der Stadt mit einem lang anhaltenden<br />

und sichtbaren Protest gegen das<br />

bestehende Bankensystem zu demonstrieren,<br />

erhält die Bewegung weltweite<br />

Aufmerksamkeit in den Medien. Die<br />

Anliegen der Aktivisten sind so vielfältig<br />

und unterschiedlich wie sie selbst. Was<br />

jedoch alle eint, ist vor allem eines: Der<br />

Traum von einer gerechteren und besseren<br />

Welt.<br />

»Zwischen jetzt und vorhin« - die Reportage<br />

von Paula Janka Meisel entführt<br />

mit poetischen Bildern in eine fremde<br />

Welt. Ihre Hauptfiguren, die eigenen<br />

Großeltern, leben keine 20 Kilometer<br />

von Budapest entfernt, einer Metropole,<br />

deren Zeitgeist mit der westlichen<br />

Welt einhergeht. Seit dem Eintritt in die<br />

EU 2004 werden die Unterschiede kleiner,<br />

verschwinden. Tatsächlich sind sie<br />

selten dort, eigentlich so gut wie nie.<br />

© Paula Janka Meisel<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Der gefühlte Abstand von Biatorbágy<br />

zur Hauptstadt ist so groß, dass er unüberbrückbar<br />

scheint. Die Bühne ihres<br />

Lebens ist der Hof, ein Haus, das sie mit<br />

eigener Hand vor über 55 Jahren gebaut<br />

haben, einem Hühner- und Hasenstall<br />

und einem Garten drei Grundstücke<br />

groß. Bis vor kurzem hatten sie noch<br />

Schweine, für deren Versorgung und<br />

Schlachtung ihre Kraft nicht mehr ausreicht.<br />

Seitdem kaufen sie freitags bei<br />

einem deutschen Discounter im Ort,<br />

dessen Fleischangebot günstiger ist als<br />

die eigene Tierhaltung. Die Arbeit und<br />

den Hof ruhen zu lassen könnten sie<br />

sich aber nicht leisten. Finanziell nicht.<br />

Prinzipiell nicht. Und deswegen geht es<br />

weiter - so wie ein Tag auf den anderen<br />

folgt.<br />

Vernissage: 13. April <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />

14. April bis 6. Mai <strong>2012</strong><br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 Berlin-Friedrichshain<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-berlin.com<br />

41


Galerien<br />

Fotoclub Tele Freisen<br />

Der »Fotoclub Tele Freisen« präsentiert<br />

im Jahr seines 40jährigen Vereinsjubiläums<br />

vom 27. Juni bis 13. Juli <strong>2012</strong><br />

in der »Saarländischen Vertretung beim<br />

Bund« in Berlin in einer repräsentativen,<br />

themenfreien Fotoausstellung 65<br />

Werke von 40 Autoren. Zusätzlich<br />

werden auch im Cafe Behring, in der<br />

Behringstraße 6, in Berlin-Baumschulenweg,<br />

15 Fotos ausgestellt mit dem<br />

Thema »Bewegungen«.<br />

Portrait-, Akt-, Makro-, Architektur-,<br />

Natur- und Landschaftsfotos prägen<br />

ebenso das Motivspektrum der Ausstellung,<br />

wie Street- und Szenefotos oder<br />

künstlerische Experimente. Der geneigte<br />

Betrachter findet so eine Bandbreite des<br />

Schaffens der Fotografen des »Fotoclubs<br />

Tele Freisen«, des aktuell amtierenden<br />

Deutschen Fotomeisters in der Clubwertung.<br />

Die deutsche Vizemeisterschaft in<br />

der Einzelwertung rundet dieses erfolgreiche<br />

Gesamtbild ab.<br />

Der »Fotoclub Tele Freisen« e.V. wurde<br />

1972 von den drei Hobbyfotografen<br />

Franz Rudolf Klos, Franz Josef Bonenberger<br />

und Michael Werle gegründet<br />

und hat heute über 200 Mitglieder.<br />

Auch führt der Fotoclub erfolgreich eine<br />

Jugendgruppe. Mit zahlreichen Erfolgen<br />

hat sie sich in der Wettbewerbsszene<br />

einen guten Namen verschafft hat.<br />

© Wilfried Houy, »Vor dem Monsum«<br />

Die Mitglieder des Clubs nehmen schon<br />

seit vielen Jahren regelmäßig mit großem<br />

Erfolg an internen, regionalen, überregionalen,<br />

nationalen und internationalen<br />

Fotowettbewerben teil.<br />

Ganz besonders stolz ist der Fotoclub<br />

auf die Veröffentlichung eines Fotobuches<br />

in Zusammenarbeit mit der Kreissparkasse<br />

St. Wendel zum 150jährigen<br />

Jubiläum der Sparkasse in 2009. Der<br />

42 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Wolfgang Ballof, »Versteinert«<br />

© Detlef Rimkus, »Das Glas ist ja leer«<br />

Bildband - »Anders sehen«, künstlerische<br />

Fotografie im St. Wendeler Land<br />

- zeigt Ansichten, ungewöhnliche Per-<br />

spektiven, ruhige Landschaftsaufnahmen<br />

und künstlerische Impressionen<br />

aus dem Landkreis St. Wendel.<br />

Der Fotoclub pflegt schon seit vielen<br />

Jahren rege Kontakte auch zu ausländischen<br />

Fotoclubs. So feierten die Fotofreunde<br />

im Jahre 2007 das 25jährige<br />

Partnerjubiläum mit dem Photoclub<br />

de Mutzig, Frankreich. Jährlich finden<br />

gegenseitige Treffen, Ausstellungen und<br />

eine gemeinsame Clubfahrt statt.<br />

Seit Jahren bestehen auch sehr gute Verbindungen<br />

zu dem Fotoclub aus Fingal<br />

County, Nähe Dublin in Irland. Gegenseitige<br />

Ausstellungen in Irland und in


© Franz Rudolf Klos<br />

St. Wendel fundamentieren die guten<br />

Beziehungen. Herauszuheben ist die<br />

große Fotoausstellung 2006 »Menschen<br />

der Kreisstadt St. Wendel« im Schloß<br />

Ardgillan, Nähe Dublin mit aufgezogenen<br />

Großformatfotos. Der deutsche<br />

Botschafter in Dublin und die Landrätin<br />

der Region eröffneten diese Ausstellung<br />

vor großem Publikum in den beeindruckenden<br />

Räumlichkeiten dieses Schlosses<br />

aus dem 18. Jahrhundert.<br />

Mittlerweile ist das Spektrum der jährlichen<br />

Aktivitäten und Aktionen des<br />

© Peter Jung, »jeunne femme«<br />

Clubs gewaltig angewachsen. Diese<br />

Aktivitäten gilt es immer wieder in das<br />

© Christina Andres, »Spuren«<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

© Franz Rudolf Klos, »Spiel mit dem Licht«<br />

© Erich Klein, »Cesntre Pompidou«<br />

Jahresprogramm mit allen gesellschaftlichen,<br />

kulturellen und vereinsinternen<br />

Verpflichtungen einzubinden, ohne die<br />

Mitglieder zu überfordern.<br />

27. Juni bis 13. Juli <strong>2012</strong><br />

Die Vertretung des Saarlandes<br />

beim Bund<br />

In den Ministergärten 4<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

43


Galerien<br />

Guy Batey<br />

Jochen Hartmann<br />

Marie Galinsky<br />

»Holga Visionen«<br />

Im Mai <strong>2012</strong> eröffnet die aff Galerie in<br />

Fortführung ihrer Tradition eine neue<br />

Holga Gruppenausstellung. Die »Holga<br />

Visionen« Reihe ist ein fester Bestandteil<br />

des Programms der Galerie. In der<br />

neuen Ausstellung der in Berlin lebenden<br />

Künstler kommen die unterschiedlichen<br />

Ausdrucksmöglichkeiten der<br />

Kamera besonders gut zur Geltung.<br />

Die Holga Kamera wurde in den achtziger<br />

Jahren als »Volkskamera« in China<br />

entwickelt. Sie besteht fast ausschließlich<br />

aus Kunststoff, besitzt nahezu keine<br />

Einstellungsmöglichkeiten und verwendet<br />

das zu dieser Zeit in China weit verbreitete<br />

Mittelformat. Damals wegen<br />

ihrer Einfachheit belächelt, wird sie<br />

nun - gut zwanzig Jahre später - mehr<br />

und mehr von künstlerisch arbeitenden<br />

Fotografen entdeckt.<br />

© Guy Batey<br />

Als Guy Batey aus London nach Berlin<br />

kam, sah er die Stadt zuerst durch das<br />

Auge der Holga. So begann er Bilder zu<br />

entdecken, die ihn zurück in die Zeit<br />

der magischen Geschichten und Figuren<br />

seiner Kindheit versetzten. »Ein Märchen<br />

über Berlin« zeigt eine Serie von<br />

Archetypen und Symbolen. Sie sind<br />

Urbilder von Vorstellungswelten, die<br />

der Künstler zum ersten Mal als Kind<br />

bewohnte und die er in Büchern ken-<br />

44 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

nenlernte. Jetzt sind sie immer noch für<br />

ihn sichtbar – durch das Objektiv der<br />

Holga. In dieser Ausstellung hängen<br />

die neun Fotografien der Serie in drei<br />

Dreiergruppen. Das macht die Beziehungen<br />

zwischen den einzelnen Bildern<br />

und die möglichen Erzählstränge,<br />

die in den Motiven liegen, im höchsten<br />

Maß deutlich. Wie Illustrationen<br />

für eine ungeschriebene Geschichte<br />

ermutigen Guy Bateys Fotografien die<br />

Betrachter, für sich ganz eigene Märchen<br />

zu schaffen.<br />

© Jochen Hartmann<br />

Die Bilder von Jochen Hartmann sind<br />

weder marktschreierisch farbig, noch<br />

bestechen sie durch fotografische Präzision.<br />

Doch vielleicht gerade deswegen<br />

sprechen sie eine weit deutlichere<br />

Sprache, als es der oft zu bildüberladene<br />

»moderne & zeitgeistorientierte<br />

Foto-Pomp« unserer Tage. Menschenleere<br />

Alleen und Baumhaine, irrende,<br />

nur konturenhaft vorm grauen Himmel<br />

sich abzeichnende Vögel; ein Gefühl<br />

tiefer Einsamkeit und des Verlassenseins<br />

geht von Hartmanns Bildern aus. Aber<br />

kann diese gezeichnete Stimmung nicht<br />

auch Zeichen des inneren Aufbruchs<br />

sein - einem Aufbruch zu Besinnung<br />

und Wesentlichkeit?<br />

Schon lange hatte der Charme der<br />

Dörfer und Felder jenseits der Oder<br />

Marie Galinsky in ihren Bann gezogen.<br />

Für POLONIA wagte sie sich immer<br />

weiter nach Osten vor und ließ sich<br />

durch das ländliche Polen treiben – vom<br />

Zufall, vom Schicksal und ihrer Intuition.<br />

Unvoreingenommen ging sie auf<br />

vollkommen fremde Menschen zu, hielt<br />

Ihnen einen Zettel mit der höflich auf<br />

© Marie Galinsky<br />

polnisch formulierten Frage, sich fotografieren<br />

zu lassen, entgegen und wartete<br />

gespannt auf eine Reaktion. Manche<br />

Menschen äußersten sofort Ablehnung,<br />

einige wurden sogar wütend. Aber<br />

immer wieder begegnete Marie Menschen,<br />

die sich auf den Versuch einließen<br />

und der Kamera einen spontanen<br />

Blick in Ihren Alltag gewährten. Dass<br />

darunter vor allem Ältere waren, liegt<br />

an der Bevölkerungsstruktur auf dem<br />

Land. Doch die Begegnungen waren<br />

auch erstaunlich vielfältig: Unternehmer,<br />

Bauern, Landstreicher. Rentner, die<br />

nur wenige Sekunden ihrer Zeit opfern<br />

wollten, reife Frauen, die sie in lange<br />

Gespräche verwickelten. POLONIA<br />

hält diese Begegnungen fest – Begegnungen,<br />

die neben der Zeit zu liegen<br />

scheinen.<br />

Vernissage: 18. Mai <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />

19. Mai bis 10. Juni <strong>2012</strong><br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 Berlin-Friedrichshain<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-berlin.com


WILLIAM<br />

EGGLESTON<br />

»Troubled Waters«<br />

William Eggleston (*1939 in Memphis,<br />

Tennessee) gilt als einer der wichtigsten<br />

US-amerikanischen Fotografen. Er<br />

ist vor allem für seinen revolutionären<br />

Einsatz der Farbe, aber auch für seine<br />

ungewöhnlichen Bildkompositionen<br />

bekannt. Seine erste Einzelausstellung -<br />

es war die erste mit Farbfotografien in der<br />

Museumsgeschichte - richtete ihm 1976<br />

das Museum of Modern Art, New York,<br />

aus. Der bedeutende Kunsthistoriker und<br />

damaliger Direktor der Fotoabteilung<br />

des MoMA John Szarkowski erkannte die<br />

bahnbrechende Bedeutung des Werkes,<br />

handelte sich jedoch mit der Ausstellung<br />

nicht wenige Feindseligkeiten ein - von<br />

Presse und Publikum scharf kritisiert,<br />

wählte sie der New-York-Times-Kritiker<br />

Gene Thornton in einer Revue gar zur<br />

»most hated show of the year«.<br />

William Eggleston polarisierte - noch zu<br />

Anfang der 70er Jahre galt der Einsatz der<br />

Farbe in der künstlerischen Fotografie<br />

als vulgär (vgl. Interview mit Walker<br />

Evans, Image Magazine, Vol. 17., No.4,<br />

1974). Doch nicht allein die Farbigkeit<br />

bot Anstoß, erschwerend hinzu kam<br />

Egglestons befremdliche Inszenierung<br />

des Alltäglichen: Die ungewöhnlichen<br />

Bildkompositionen wurden als<br />

Schnappschüsse gänzlich unwürdiger<br />

Bildmotive missverstanden - »perfectly<br />

banal«, konstatierte der Journalist<br />

Hilton Kramer. Statt sich an einer frontalen<br />

und linearen Komposition zu orientieren<br />

(Walker Evans), interessierte<br />

sich Eggleston, wie viele seiner New<br />

Yorker Kollegen derzeit (Diane Arbus,<br />

Garry Winogrand, Lee Friedländer u.<br />

a.), stärker für den asymmetrischen<br />

Bildaufbau. Eggleston hierarchisiert<br />

die Farbe somit nicht, er dissoziiert<br />

sie. Die Beunruhigung, die von seinen<br />

Bildern ausgeht, ist der Auflösung einer<br />

Bildordnung geschuldet und birgt etwas<br />

Anarchisches in sich: »I am at war with<br />

the obvious« (William Eggleston im<br />

Interview mit Mark Holborn, Nachwort<br />

William Eggleston, »Troubled Waters«, 1972-1973, 15 Dye-transfer-print,<br />

Courtesy Hengesbach Gallery, (Original in Farbe)<br />

William Eggleston, »Troubled Waters«,<br />

1972-1973, 15 Dye-transfer-print,<br />

Courtesy Hengesbach Gallery,<br />

(Original in Farbe)<br />

»The Democratic Forest«). Die psychologisierende<br />

Behandlung der Farbe wurde<br />

wegweisend für das Werk zahlreicher<br />

Künstler, allen voran David Lynch und<br />

Juergen Teller.<br />

Hengesbach Gallery zeigt seine Serie<br />

»Troubled Waters«, die Anfang der 70er<br />

Jahre entstand und exemplarisch für<br />

Eröffnung:<br />

27.April <strong>2012</strong>, 18 – 21 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Egglestons Auseinandersetzung mit dem<br />

Süden der USA steht. Schon der Titel der<br />

Werkserie rekurriert auf die kulturellen<br />

Wurzeln des Mississippi - die Songtexte<br />

der Blueslegende Muddy Waters wie »I<br />

be´s trouble« oder »Trouble no more«<br />

bringen die Südstaaten-Melancholie<br />

programmatisch zum Ausdruck: Die<br />

Arbeiten der Serie »Troubled Waters«<br />

oder ‚schwere Fahrwasser‘ symbolisieren<br />

ein nicht greifbares und dennoch<br />

virulentes amerikanisches Trauma.<br />

28. April bis 19. Juli <strong>2012</strong><br />

Hengesbach Gallery<br />

Charlottenstraße 1<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Sa 11 – 18 Uhr<br />

45


Galerien<br />

Miriam Tamayo<br />

»Glaube und Heilung.<br />

Heiler und Schamanen<br />

in Berlin«<br />

In der Portraitreihe geht es um die<br />

Arbeit von Heilern und Heilerinnen,<br />

die ihre traditionelle Heilkunde aus<br />

unterschiedlichen Ländern und Kulturen<br />

nach Berlin gebracht haben und hier<br />

im Laufe der Zeit weiterentwickelt und<br />

angepasst haben.<br />

Die Ausstellung findet im Rahmen der<br />

Veranstaltungsreihe »Sibyllenwurz und<br />

Speisedampf - Alternative Heilmethoden<br />

mit Migrationshintergrund« im<br />

Schillerpalais statt.<br />

Es handelt sich um eine Initiative der<br />

Werkstatt Ethnologie Berlin e.V. in<br />

Zusammenarbeit mit der Freien Universität<br />

Berlin.<br />

Miriam Tamayo, Ethnologin und Fotografin,<br />

interessiert sich in ihrer fotografischen<br />

Arbeit vor allem für Themen mit<br />

interkulturellem Ansatz. Die Portraits<br />

entstanden in fotografischer Begleitung<br />

eines Dokumentarfilmprojekts des Ethnologischen<br />

Instituts der FU Berlin.<br />

© Miriam Tamayo, Khloud Zaher-Iraqi aus dem<br />

Libanon, Heilpraktikerin, Energietherapeutin<br />

und NES Anwenderin<br />

© Miriam Tamayo, Eine Zeremonie mit Viviana<br />

Ponce de León<br />

46 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Miriam Tamayo, Murah Soares aus Brasilien, Tänzer und Candomblé-Priester<br />

© Miriam Tamayo, Alexsej Zasuhin aus Sibirien,<br />

Heilpraktiker für Tibetische Medizin und Physiotherapeut<br />

© Miriam Tamayo, Viviana Ponce de León<br />

aus Kolumbien, Künstlerin, Schamanin und<br />

Weltenheilerin<br />

22. April bis 11. Mai <strong>2012</strong><br />

Schillerpalais Berlin e.V.<br />

Kunst- und Aktionsraum<br />

Schillerpromenade 4<br />

12049 Berlin<br />

Montag bis Freitag 10 – 18 Uhr


Helmut Newton<br />

Stiftung<br />

bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />

Helmut Newton<br />

»Polaroids«<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–So 10–18 Uhr<br />

Do 10–22 Uhr<br />

Café Aroma<br />

Photogalerie<br />

bis 3. Juni <strong>2012</strong><br />

Beta Siebel<br />

»Flüchtige Begegnung«<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 Berlin-Schöneberg<br />

Mo–Fr 18–24 Uhr<br />

Sa + So 14–24 Uhr<br />

Galerie argus<br />

fotokunst<br />

bis 28. April <strong>2012</strong><br />

RUTGER TEN BROEKE<br />

»KörperLandschaften«<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Do–Sa 14–18 Uhr<br />

Alfred Ehrhadt<br />

Stiftung<br />

bis 29. April <strong>2012</strong><br />

Emanuel Raab<br />

»Winterwald«<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di–So 11–18 Uhr<br />

Do 11–21 Uhr<br />

Rathaus Köpenick<br />

bis 27. April <strong>2012</strong><br />

FOTO KLUB FORUM BERLIN <strong>2012</strong><br />

Alt-Köpenick 21<br />

12555 Berlin-Köpenick<br />

Mo–Fr 8–20 Uhr<br />

Sa + So 9–18 Uhr<br />

Galerie Focontor<br />

11. Mai bis 12. Juli <strong>2012</strong><br />

Ulrich Burchert<br />

»Sorben/Ausschnitt aus einem<br />

Bildessay«<br />

Boxhagener Straße 43<br />

10245 Berlin-Friedrichshain<br />

Mo–Fr 10–19 Uhr<br />

Sa 10–16 Uhr<br />

C/O Berlin<br />

bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />

Arnold Newman<br />

»Masterclass»<br />

Oranienburger Straße 35/36<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

täglich 11–20 Uhr<br />

Treffpunkt Freizeit<br />

bis 4. Mai <strong>2012</strong><br />

Wilfried Müller<br />

»Wintersport«<br />

Am Neuen Garten 54<br />

14469 Potsdam<br />

Mo–Fr 10–21 Uhr<br />

Rathaus Köpenick<br />

bis 27. April <strong>2012</strong><br />

FOTO KLUB FORUM BERLIN <strong>2012</strong><br />

Alt-Köpenick 21<br />

12555 Berlin<br />

Mo–Fr 09–18 Uhr<br />

Sa, So 10–16 Uhr<br />

BrotfabrikGalerie<br />

bis 22. April <strong>2012</strong><br />

Proof9<br />

»Bodenlos«<br />

Caligariplatz 1<br />

13086 Berlin-Weissensee<br />

Di – So 16–21 Uhr<br />

Helmut Newton<br />

Stiftung<br />

ab 2. Juni <strong>2012</strong><br />

Helmut Newton<br />

»White Woman/Sleepless Night/<br />

Big Nudes«<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–So 10–18 Uhr<br />

Do 10–22 Uhr<br />

hiltawsky galerie<br />

4. Mai bis 9. Juni <strong>2012</strong><br />

Serge Marcel Martinot<br />

»Un-deux-trois«<br />

15. Juni bis 28. Juli <strong>2012</strong><br />

Michael Zibold<br />

»Passagen«<br />

Tucholskystraße 41<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi–Sa 14–18 Uhr<br />

Galerie Ardes<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

15. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Jörg Rüger<br />

»minimal! Abstraktionen von Architektur<br />

und Umwelt«<br />

Willmanndamm 16<br />

10827 Berlin-Schöneberg<br />

Mo–So 14–20 Uhr<br />

47


Galeriebericht<br />

Stadtbilder.<br />

Wenn wir durch ein uns vertrautes<br />

Stadtviertel gehen, nehmen wir unsere<br />

Umgebung kaum noch wahr. Sie ist von<br />

Gewohnheit verdeckt. Nur die Veränderung<br />

weckt unser Interesse.<br />

Das ist anders, wenn man als neugieriger<br />

Chronist mit der Kamera unterwegs<br />

ist.<br />

2004: Hinter dem Leipziger Platz.<br />

Foto: André Kirchner<br />

1990: Blick aus der Mauerstraße.<br />

Die Fotografien dieser Bilderserie sind<br />

entnommen aus André Kirchners neuem<br />

Bildband »Schauplatz Berlin. Der Aufbau der<br />

neuen Mitte. Fotografien von 1987 bis 2011«,<br />

erschienen im Nicolai Verlag, 128 Seiten, 33 Euro.<br />

André Kirchner (*1958) hat auf seinen<br />

Berliner Streifzügen seit 1980 die Erfahrung<br />

gemacht, dass »die Wirklichkeit die<br />

Realien nicht weniger absurd und poetisch<br />

montiert als es Dada und Surrealismus<br />

vermochten«. Unter dem Titel »30<br />

Jahre Stadtfotografie« zeigte die Galerie<br />

im Rathaus Tempelhof seine überraschenden,<br />

oft aberwitzigen Entdeckungen,<br />

mit der Großformatkamera perfekt<br />

ins Bild gesetzt und brillant schwarzweiß<br />

vergrößert. Das Know-how hat<br />

sich der Autor 1984/85 in der Kreuzberger<br />

Werkstatt für Fotografie erworben.<br />

Klar, dass er sich seit 1989 auch<br />

48 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

auf den Wandel in Berlins Mitte konzentriert.<br />

Hier gelingen ihm echte Perlen.<br />

Ihre lichte Transparenz veredelt sogar<br />

architektonische Sünden, zumal wenn<br />

die geniale Komposition der Fotos die<br />

der Gebäude weit übertrifft. Oft sind es<br />

Orte, denen die Spuren der Vergangenheit<br />

anhaften. Der Nicolai-Verlag hat<br />

ein Buch daraus gemacht: »Schauplatz<br />

Berlin. Der Aufbau der Neuen Mitte«.<br />

André Kirchner gibt in seinem Schöneberger<br />

Atelier Kurse, auch über den<br />

Umgang mit der Großbildkamera (www.<br />

kirchner-phot.de).<br />

Hans Martin Sewcz (*1955),<br />

Oranienburgerstraße, Berlin 1979,<br />

Gelatin silver print, printed 1979<br />

12,7 x 29,4 (23,4 x 30,5) cm,<br />

Copyright Hans Martin Sewcz<br />

Hans Martin Sewcz, 1955 in Halle<br />

geboren, ausgebildet an der HGB Leipzig,<br />

hat mit der russischen Panoramakamera<br />

Horizont schon 1979 die Spandauer<br />

Vorstadt rund um den Hackeschen<br />

Markt abgelichtet. Der Sammler<br />

Marc Barbey zeigt die kleinen, sehr<br />

grauen Originale von damals in seiner<br />

Collection Regard bis 24. April. Technisch<br />

können sie mit Kirchner nicht<br />

mithalten. Ihren Wert haben sie eher<br />

durch ihre »nicht erwünschte Authentizität«<br />

und als Dokumente des ungebremsten<br />

Verfalls des Scheunenviertels.<br />

Menschen kommen in den Panoramen<br />

höchstens zufällig vor. Dafür in einer<br />

Porträtserie von Leipziger Studenten aus<br />

dem Jahr 76. Da kann man den jungen<br />

Schauspieler Ulrich Mühe entdecken.<br />

Die Galerie en passant hat zwei sehr<br />

unterschiedliche Städte und Fotografen<br />

parallel präsentiert. Alexandra Schraeplers<br />

»Raumtransformationen« sind sehr<br />

große analoge Verfremdungen durch<br />

bizarre Spiegelung und grelle Farbgebung,<br />

die die Schauplätze in Berlin und<br />

Shanghai fast unkenntlich machen. Die<br />

Meisterschülerin an der UdK will damit<br />

unsere Sehgewohnheiten provokativ<br />

hinterfragen. Das gelingt ihrem Kollegen<br />

Matthias Hagemann in sparsamem<br />

Schwarzweiß wesentlich überzeugender.<br />

Er hat die schnell wachsenden Wolkenkratzer<br />

der chinesischen Metropole<br />

mit der mal mehr mal weniger gekippten<br />

Lochkamera aufgenommen und den<br />

Kleinbildfilm mal mehr mal weniger<br />

weitergezogen. Dann hat er den positiven<br />

Filmstreifen stilvoll auf Reispapierrollen<br />

vergrößert. Im Schatten des brutalen<br />

Baubooms hat er die Bewohner<br />

der zwangsenteigneten Bewohner der<br />

Abrisshäuser beobachtet, die ihre Habe<br />

in Sicherheit bringen. Hagemann lebt<br />

in Shanghai und setzt der rasanten Progression<br />

seine »langsame Fotografie«<br />

entgegen, auch mit der von ihm entwickelten<br />

»camerickshaw«, einer auf einer<br />

Fahrradrikscha montierten camera obscura.<br />

Das erinnert an den Berliner Fotokünstler<br />

Thomas Graichen, der schon<br />

mal mit einer gelochten Streichholzschachtel<br />

und angeklebter Kleinbildpatrone<br />

unsere Stadt ablichtet. Wir haben<br />

ihn im <strong>brennpunkt</strong> 1/2009 vorgestellt.<br />

Kürzlich war er mit seinem aktuellen<br />

Buchprojekt »Die stille Stadt« eindrucksvoll<br />

vertreten in der aff-Galerie<br />

in Friedrichshain.<br />

Thomas Graichen, (aus br. 1-2009)<br />

Einer derartigen technischen Beschränkung<br />

unterwirft sich der Engländer DS<br />

Allen nicht, obwohl auch er der analogen<br />

Schwarzweiß-Fotografie treu bleibt.<br />

Manfred Carpentier präsentierte ihn in<br />

seinem »Raum für Kunst« in der Meinekestraße,<br />

zusammen mit einem schönen<br />

Katalog. Titel: »Berlin: hoch hinaus«. DS<br />

Allen ist mit kurzer Brennweite durch<br />

Prenzelberg gezogen, hat den Blick<br />

nach oben gerichtet und damit das Alltagsleben<br />

im Bezirk weitgehend ausgespart.<br />

Er liebt die spitzen Winkel und


© DS Allen, »Veteranenstraße«, 2008 Boris Mikhailov, © <strong>dibue</strong><br />

kühnen Diagonalen, lässt den Himmel<br />

über Berlin mitspielen und spürt symbolische<br />

Details auf, die etwas erzählen<br />

aus der Geschichte der Stadt. Allen,<br />

Jahrgang 61, hat in London studiert und<br />

schon mit 14 an der Fotoschule seines<br />

Vaters unterrichtet. 2009 waren seine<br />

Bilder aus London und Berlin zu sehen<br />

in der »Galerie im Hochhaus« des Kulturamts<br />

Lichtenberg.<br />

Bei Anna Thiele hingegen kommen die<br />

Menschen nicht zu kurz. Sie hat sich<br />

für ihre Ausstellung im »Berliner Salon<br />

für Fotokunst« auf das Regierungsviertel<br />

konzentriert und folgt damit der<br />

Intention des Galeristen Volker Wartmann,<br />

im 2-Monats-Rhythmus einen<br />

Fotografen und einen Ort der Stadt vorzustellen.<br />

Eine Beschränkung, die sich<br />

schon im ersten Jahr als Erfolgsmodell<br />

erweist. Anna Thiele war Meisterschülerin<br />

bei Arno Fischer bis zu seinem Tod<br />

im September 2011. Er hat die gezeigten<br />

Arbeiten zum Teil noch begleitet. Deshalb<br />

hat die Fotografin ihm diese Ausstellung<br />

gewidmet.<br />

Es gelingt ihr, die Forderung von Henri<br />

Cartier-Bresson nach dem rechten<br />

Augenblick in idealer Weise zu verschmelzen<br />

mit einem traumhaft sicheren<br />

Bildaufbau und perfekter Technik.<br />

Die monumentale Architektur verliert<br />

durch die Integration des Menschen<br />

alles Bedrückende. Sie ist hier sichtlich<br />

von den Bürgern angenommen, mal mit<br />

einer gewissen Scheu, öfter ohne Hemmungen,<br />

wie ein neues Spielzeug vom<br />

Kind. Das ist die positive Botschaft, die<br />

diese Bilder ausstrahlen. Wir wollen<br />

sie im Herbst unseren Lesern in einem<br />

Portfolio vorstellen, parallel zu einer<br />

neuen Ausstellung von Anna Thiele in<br />

der Galerie Carpentier.<br />

© Anna Thiele<br />

Wie gut es die meisten von uns derzeit in<br />

Deutschland haben, lehren uns die grausigen<br />

Reportagen von anderswo oder<br />

aus anderer Zeit. So Gundula Schulze<br />

El Dowys packende und schonungslose<br />

Serie »Berlin in einer Hundenacht« aus<br />

den achtziger Jahren. Die streitbare<br />

Künstlerin hat nie ein Feigenblatt vor<br />

ihrer Optik gehabt, sie hat draufgehalten,<br />

wo immer Trostlosigkeit und Verzweiflung<br />

sichtbar wurden. Den nackten<br />

Lothar, zwischen Kachelofen und<br />

Fernseher, vor einer Batterie Schnapsflaschen,<br />

vergisst man nicht so schnell. Die<br />

Fotografin sagt dazu: » Gegen jede Art<br />

von Tragik bin ich damals immun gewesen.<br />

Was mich antrieb war Neugierde,<br />

es war auch Schönheitssinn, der mich<br />

das Entsetzen lehrte«. Bei c/o Berlin<br />

war ihre frühe Entwicklung zu verfolgen,<br />

mit dem zwiespältigen Gefühl, wie<br />

weit es die Künstlerin ernst gemeint hat,<br />

wie weit sie Trends gefolgt ist oder vom<br />

Kunstmarkt verführt wurde. Wer ihre<br />

Arbeiten nicht kennt, sollte mal eingeben:<br />

www.berlin-ineinerhundenacht.de.<br />

Das ist ein Erlebnis für Auge und Ohr.<br />

Ein ähnlich brutaler Chronist mit künstlerischen<br />

Ambitionen ist Boris Mik-<br />

© Gundula Schulze El Dowys<br />

Galeriebericht<br />

hailov, der das Elend nach der Auflösung<br />

der Sowjetunion am Beispiel seiner<br />

Heimatstadt Charkow dokumentiert hat.<br />

Dabei ist er vor keinem ekligen Detail<br />

zurückgeschreckt.<br />

Er hat mit der westlichen Öffentlichkeit<br />

von Anfang an kokettiert und seine<br />

Motive sind nicht immer lauter. Dafür<br />

sind sie um so lauter ins Bild gesetzt. Er<br />

geht zur Sache. Wenn seine Provokationen<br />

in der feinen Berlinischen Galerie in<br />

1 mal 2 Meter präsentiert werden, sind<br />

sie’s im doppelten Sinn. Sie schreien uns<br />

förmlich an, werfen mit Dreck nach uns.<br />

Das ist schwer zu ertragen. Aber weil<br />

wir alle noch immer mit der Schuld des<br />

zweiten Weltkriegs beladen sind, nachgeboren<br />

oder nicht, müssen wir das aushalten.<br />

Wir müssen uns schämen, auch<br />

da, wo in den Bildern nur Schamlosigkeit<br />

herrscht. Mikhailov zeigt uns aber<br />

nicht nur das nackte Elend, er setzt durch<br />

Überblendungen noch eins drauf. So<br />

lässt er aus einem fetten Hintern Pfauenfedern<br />

sprießen. Damit behauptet er<br />

seinen künstlerischen Anspruch, entwertet<br />

aber die soziale Anklage. Dennoch:<br />

Er ist ein mutiger Chronist heilloser<br />

Zustände, und vielleicht muss er so<br />

übertreiben, wenn er uns in der reizüberfluteten<br />

Medienwelt mit seiner Botschaft<br />

erreichen will. Vor gut einem Jahr<br />

hat Barbara Weiss ihn nahe der Kottbusser<br />

Brücke ausgestellt, mitten im »Berliner<br />

Istanbul«, in bescheidenen Formaten.<br />

Das war stimmiger und bewegender.<br />

Aber es hat viel weniger Resonanz<br />

gefunden als dieses spektakuläre<br />

Event in der Nobelgalerie. Es ist noch<br />

bis 28. Mai zu erleben. Dem Künstler<br />

sei’s gegönnt.<br />

Klaus Rabien<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

49


Fotoszene<br />

Wir stellen Ihre<br />

künstlerischen<br />

AKTFOTOS aus<br />

Mai, Juni, Juli <strong>2012</strong> sind noch frei<br />

Sie sind in einem Fotoverein und haben<br />

viele Aktfotos gemacht? Sie zeigen Sie<br />

im Internet, aber nun möchten Sie die<br />

Bilder einmal persönlich in einer Galerie<br />

vorstellen?<br />

Wir geben Ihnen die Möglichkeit, in<br />

der Aktgalerie Ihre Kunstwerke 1 Monat<br />

lang gegen einen Unkostenbeitrag auszustellen.<br />

Ohne Zensur, ohne das die<br />

Galerie an den Bildern verdient. Wir<br />

übernehmen die Presseinformationen<br />

und die Aufsichten an 3 Nachmittagen<br />

je Woche für Sie.<br />

Wir sind eine Gemeinschaft von Fotografen,<br />

die die Galerie unterhalten. Wir<br />

50 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

haben in den letzten 11 Jahren bereits<br />

viele Bilder unserer Mitglieder in Einzelausstellungen<br />

oder in Gruppenausstellungen<br />

gezeigt, auch viele Nichtmitglieder<br />

haben ihre Bilder bei uns ausgestellt.<br />

Wir streben danach, möglichst<br />

viele unterschiedliche Sichtweisen des<br />

Themas Akt in unserer Galerie zu präsentieren.<br />

Wenn Sie Interesse haben, melden Sie<br />

sich bei uns, am besten bald, damit wir<br />

Sie rechtzeitig in unsere Ausstellungsplanung<br />

einbeziehen können.<br />

Im Jahr <strong>2012</strong> können Sie Ihre Werke<br />

im Mai, Juni oder Juli ausstellen oder<br />

sich für einen späteren Termin vormerken<br />

lassen.<br />

Manfred Fuchs<br />

Die Aktgalerie Telefon: 030 6263249<br />

oder 29003936<br />

www.die-aktgalerie.de<br />

Krossener Straße 34<br />

10245 Berlin - Friedrichshain<br />

© Udo Rzadkowski, »Petula«


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Mit erweitertem Konzept geht »The Browse Fotofestival Berlin« nach dem Auftakt<br />

© Boryana Katsarova<br />

im Jahr 2011 in die 2. Runde: Werkschau Berliner Fotografen/innen,<br />

internationale Fotoreportagen von Weltklasse-Format und Professional Week. Die Fach-<br />

und Publikumsveranstaltung stärkt Berlins Bedeutung als Fotografie- und Medienstadt.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

51


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Auf ein Wort<br />

Local <strong>Edition</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

50 Fotoausstellungen an<br />

50 verschiedenen Orten im<br />

Kreuzberger Bergmann-Kiez<br />

Die Festivalschiene der »Local <strong>Edition</strong>«<br />

erlaubt Besucher/innen auch in diesem<br />

Jahr, einen ganzen Stadtteil nach visuellen<br />

Erlebnissen zu durchstöbern und<br />

sich von Begegnungen mit einer Vielzahl<br />

und Vielfalt fotografischer Blicke,<br />

Handschriften und Genres und dem<br />

Charme der unterschiedlichen Locations<br />

und ihrer Gäste überraschen zu<br />

lassen.<br />

International<br />

18. bis 23. Juni <strong>2012</strong><br />

Mehr als 30 Ausstellungen von Top-<br />

Fotografen und Fotojournalisten weltweit,<br />

auf dem Festivalgelände nähe<br />

Checkpoint Charlie, Enkestraße/Besselpark<br />

Ausstellungen und Bildvorträge lassen<br />

uns geballt die Welt im Spiegel visuell<br />

verdichteter Bilder von einigen der<br />

besten und mutigsten Fotojournalisten<br />

unserer Zeit entdecken. Sie zeigen die<br />

wachsende Bedeutung des Fotojournalismus<br />

heute: mit der Macht von Bildern,<br />

die in Herz und Hirn haften, gemeinsam<br />

mit anderen Verbündeten global Verantwortung<br />

zu übernehmen - in einer existenziellen<br />

Krisensituation nicht locker<br />

zu lassen, in dem Bemühen uns aufzurütteln,<br />

von der bequemen Position distanzierter<br />

Betrachter auf die Seite der<br />

Handelnden zu wechseln. Neun Mitglieder<br />

des internationalen Fotojournalist/innen-Kollektivs<br />

NOOR lassen mit<br />

ihrem spektakulären Reportage-Projekt<br />

zum globalen Klimawandel wegweisend<br />

sichtbar werden, worum es in<br />

der Zukunft heute schon geht: Consequences<br />

und Solutions<br />

Profiwoche mit Bildungs- und Business-<br />

Charakter (18. bis 22. Juni <strong>2012</strong>)<br />

Fotografen/innen und andere Mitglieder<br />

der Foto-Community sowie Akteure<br />

angrenzender Branchen der Kultur- und<br />

52 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Kreativwirtschaft und der lokalen Ökonomie<br />

nutzen die Meet & Greet Plattform<br />

während der Profiwoche als Info-<br />

und Austauschbörse.<br />

In Paneldiskussionen, Workshops, Multimedia-Vorträgen<br />

kommen aktuelle<br />

Kompetenzanforderungen und Workflows,<br />

neue Technologien und Mixed-<br />

und Multimedia-Formate für journalistische<br />

Reportagen und visuelles Story<br />

Telling zur Sprache. Es geht um aktuelle<br />

Entwicklungen im Internet, Qualitätsstrategien<br />

gegen den ruinösen Preisverfall<br />

durch Micro Stocking, Knowhow<br />

im Umgang mit modernen Output-<br />

Medien, Apps und hochwertige Spezialpapiere,<br />

ebenso wie um neue Vernetzungs-<br />

und Finanzierungsmodelle über<br />

Crowd Funding und Social Media.<br />

Wir stellen diese neue Festival- Plattform<br />

bereit, Sie füllen sie mit Ihren Interessen,<br />

Teilhabe und Gestaltung mit Leben. Wir<br />

freuen uns auf SIE!<br />

Das Team<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Programm (im Aufbau)<br />

Meet & Greet – Information, Knowhow-<br />

& Business-Austausch<br />

Bildagentur- und Medienvertreter/innen,<br />

NGO, Bildungsanbieter, Verlage, Internet-Technik-undDienstleistungsunternehmen<br />

verschiedener Kreativbranchen<br />

sind mit Infoständen in der »Meet<br />

& Greet« Zone vertreten. Fotografinnen<br />

und Fotografen sprechen mit ihnen über<br />

ihre Portfolios und interessante Stories,<br />

Dienstleistungsbedarf, Workflows und<br />

Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

etc.. Digitale Informations- und Produktpräsentationen<br />

als kleinere Einzelveranstaltungen<br />

sind möglich.<br />

Termine: 18.-22.6.<strong>2012</strong>, täglich ab<br />

10:00 Uhr außer 18.6.<strong>2012</strong>, ab 15 Uhr,<br />

Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark<br />

(Veranstaltungszelt & Außengelände,<br />

inkl. Sonnenschutz, erfrischenden<br />

Getränken und kleinen Snacks im<br />

Festival-Café auf dem Gelände)<br />

Portfolio – Viewings<br />

Fotografen/innen präsentieren ihre<br />

Arbeiten/Stories erfahrenen Fotografen/<br />

innen und Bildredakteuren/innen von<br />

Zeitungen, Magazinen, Foto- und Nachrichtenagenturen<br />

u.a. mit:<br />

Bernd von Jutrczenka, Bildchef dpa,<br />

Kai Uwe Heinrich, Bildchef Tagesspiegel,<br />

Robert King, Fotograf,), Dietmar<br />

Bührer, Hrsg. <strong>brennpunkt</strong> Magazin, Paul<br />

Kern, Senior Art Director, Atlantic Times,<br />

(Hrsg. Theo Sommer), Günter Zint, Fotojournalist,<br />

Bruno Decock, International<br />

Photo Editor u. Fotograf, Ärzte ohne<br />

Grenzen, Belgien, Barbara Sigge, Bildredaktion,<br />

Ärzte ohne Grenzen, Berlin<br />

– weitere Reviewer folgen.<br />

Termine: 20-minütige Viewings finden<br />

über alle Tage der Profiwoche verteilt<br />

statt, Einzel-Termine werden noch<br />

bekannt gegeben, Anmeldung nötig.<br />

Workshops<br />

»Shooting pictures and video in the<br />

lines of fire« mit Kriegsfotograf Robert<br />

King und Regisseur Richard Parry, »The<br />

Shooting of Robert King«.<br />

Inhalt: »How to get the picture or video<br />

you want and return home physically<br />

and emotionally intact and go on to take<br />

the next one«.<br />

Termin: 20.6.<strong>2012</strong>, 10 bis13 Uhr<br />

NOOR-Fotografen Workshops<br />

2 je eintägige Workshops mit preisgekrönten<br />

NOOR-Fotografen, die ihre<br />

Erfahrung und Know-how teilen in den<br />

Bereichen in der Dokumentar- und<br />

Reportagefotografie heute – Arbeitsbedingungen,<br />

Visual Story Telling und Einsatz<br />

von Social und Multimedia in fotografischen<br />

Dokumentarprojekten.<br />

Mehr Workshop-Infos und Anmeldung<br />

auf unserer Website:<br />

www.browse-fotofestival.de


Publikumsveranstaltungen<br />

The Browse Local <strong>Edition</strong><br />

Festivalgebiet Bergmannkiez<br />

Samstag 2. Juni <strong>2012</strong>, 15 Uhr<br />

Zentrale Eröffnungsveranstaltung<br />

Location: The Browse Gallery, Empore<br />

der Marheineke Markthalle<br />

Marheinekeplatz 15, 10961 Berlin<br />

Sonntag 3. Juni <strong>2012</strong><br />

Dezentrale Eröffnungen im Stadtteil<br />

Locations: die diversen Ausstellungsorten<br />

rund um die Marheineke Markthalle/<br />

Bergmann-Kiez.<br />

The Browse International<br />

Festivalgelände Enkestr. / Besselpark<br />

Montag 18. Juni <strong>2012</strong>, 17:30 Uhr<br />

Ausstellungseröffnung:<br />

Frederic Lemalet, »Himalaya«<br />

Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />

Forum Factory, Besselstr. 13-14<br />

10969 Berlin.<br />

Montag 18. Juni <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />

Empfang und zentrale Eröffnung<br />

Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />

zentrales Veranstaltungszelt<br />

Freitag 22. Juni <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />

Wettbewerbsprämierung und Party<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Award, The Browse Teddy Foto Award,<br />

The Browse <strong>brennpunkt</strong> Award<br />

Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />

zentrales Veranstaltungszelt<br />

Visual Storytelling<br />

Bildvorträge von Fotograf/innen<br />

19. Juni bis 22. Juni <strong>2012</strong> - Festivalgelände<br />

Enkestr./Besselpark, zentrales Veranstaltungszelt<br />

Dienstag 19.6.<strong>2012</strong>, 14 Uhr<br />

Günter Zint, Lesung aus dem Fotobuch<br />

»Zintstoff – 50 Jahre deutsche<br />

Geschichte«<br />

Dienstag 19. 6. <strong>2012</strong>, 15:30 Uhr.<br />

Daniele Tamagni, präsentiert seine<br />

Story »FLYING CHOLITAS - Goddesses<br />

of the Ring«, für die er 2011 mit dem<br />

World Press Photo Award ausgezeichnet<br />

wurde<br />

Mittwoch 20. 6. <strong>2012</strong>, 10 Uhr<br />

Ernesto Bazan, präsentiert seine gefeierten<br />

Fotobücher Bazan Cuba und Al<br />

Campo, herausgegeben im Selbstverlag<br />

mit der Hilfe von 50 seiner Studenten/innen<br />

Mittwoch 20. 6. <strong>2012</strong>, 16:30 Uhr<br />

Timo Vogt, »Syrien, Im Land der lebenden<br />

Toten«, Bildvortrag zur aktuellen<br />

Situation in der Provinz Idlib im Nordwesten<br />

Syriens<br />

Freitag 22. 6. <strong>2012</strong>, 10 Uhr<br />

Ann-Christine-Woehrl, Multimediavortrag<br />

zu ihrer Ausstellung »African<br />

Voodoo« und ihrem Buch »Voodoo –<br />

Leben mit Göttern und Heilern in Belin«<br />

(Autorin: Laura Salm-Reifferscheidt,<br />

Terra Magica Verlag)<br />

Paneldiskussionen und Gespräche<br />

Dienstag 19. 6. <strong>2012</strong>,<br />

11:00 bis 13:00 Uhr<br />

Image, Impact, Action? – Dokumentarfotografen<br />

in der Zusammenarbeit mit<br />

internationalen NGO u.a. mit: Bruno<br />

Decock, International Photo Editor,<br />

Ärzte ohne Grenzen, Brüssel, Claudia<br />

Hinterseer, NOOR, General Manager,<br />

N.N., Amnesty International, N.N.<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Dienstag 19. Juni <strong>2012</strong>, 18 Uhr<br />

Echtzeit- Reporting im digitalen Zeitalter:<br />

Fotografen auf der Überholspur im<br />

aktuellen Nachrichtengeschäft<br />

Arbeitsbedingungen, aktuelle Kompetenz-Anforderungen<br />

und Work-Flows<br />

des Berufsfeldes mit: Bernd Jutrczenka,<br />

Bildchef dpa, Andreas Trampe, Fotochef<br />

Stern, Michael Leckel, Fotochef Reuters<br />

Deutschland, Hannah Hess, Chefredakteurin<br />

epa European Pressphoto Agency<br />

(angefragt), Michael Dilger, Fotochef<br />

Welt-Gruppe, Moderation: Justus<br />

Demmer, Unternehmenssprecher des<br />

RBB (angefragt).<br />

Mittwoch 20. Juni <strong>2012</strong>, 11 bis 13 Uhr<br />

Between Peace and Bloodshed: What<br />

will the Future of the Middle East be?<br />

Fotografen und Journalisten berichten<br />

von ihren Eindrücken aus der aktuellen<br />

Konfliktregion in der Türkei, im Irak und<br />

Syrien u.a. mit: Benjamin Hiller (Fotograf),<br />

Timo Vogt (Fotograf), AL Jazeera,<br />

Berlin (angefragt), N.N.<br />

Freitag 22. Juni <strong>2012</strong>, 12 -13:30 Uhr<br />

Black. Light Project - Mixed Media –<br />

neue Formate für den Fotojournalismus?<br />

Peter von Becker, Schriftsteller und Journalist<br />

( Tagesspiegel ) im Gespräch mit<br />

Fotograf Wolf Böwig, Initiator des Black.<br />

Light Project, ein internationales Buch-<br />

und Ausstellungsprojekt, das Fotografie,<br />

Text und Zeichnungen junger Animations-<br />

und Comic-Stars kombiniert.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

53


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Andere Angebote<br />

Mittwoch 20. Juni <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />

Deutschlandpremiere: Filmvorführung<br />

»Shooting Robert King« mit anschließender<br />

Diskussion mit dem Regisseur<br />

Richard Parry und dem Fotografen<br />

Robert King<br />

Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />

zentrales Veranstaltungszelt<br />

Donnerstag 21. Juni <strong>2012</strong>, ab 16 Uhr<br />

Fete de la Musique – Konzerte vor und<br />

im Factory Forum<br />

Weitere geplant Veranstaltungen und<br />

Aktivitäten u.a. zu folgenden Themen:<br />

Fair Share - Fotografie, Internet und<br />

Social Media<br />

aktuelle Bild- und Urheberrechtsdiskussionen,<br />

Erfolgsbedingungen, Auftrags-<br />

und Absatzmöglichkeiten für Fotografen,<br />

Crowd Funding - Wie funktionierts,<br />

Beispiele, plus live Festival Crowd Funding.<br />

Panel-Diskussion: Berlin-Bilder und<br />

Stadtbildung vor Ort<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

macht das Kreativquartier südliche<br />

Friedrichstadt sinnlich vorstellbar – alles<br />

Einbildung oder was?<br />

Mit Vertreter/innen des Bezirks, des<br />

Netzwerks »Kulturwirtschaft, Medien,<br />

Bildung Südliche Friedrichstadt« und<br />

anderen stadtpolitischen Berliner Akteuren.<br />

Auszeichnungen<br />

Prämierung am 22.6.<strong>2012</strong> 19 Uhr<br />

TEDDY PHOTO AWARD<br />

Der TEDDY AWARD ist eine gesellschaftlich<br />

engagierte politische Auszeichnung,<br />

die Filmen und Personen<br />

zu Gute kommt, die queere Themen auf<br />

einer breiten gesellschaftlichen Ebene<br />

kommunizieren und somit einen Beitrag<br />

für mehr Toleranz, Akzeptanz, Solidarität<br />

und Gleichstellung in der Gesellschaft<br />

leisten. Seit 25 Jahren wird der<br />

TEDDY AWARD im Rahmen der Internationalen<br />

Filmfestspiele vergeben. Der<br />

54 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Preis gilt weltweit als der bedeutendste<br />

queere Filmpreis u. wurde bisher u.a.<br />

an Pedro Almodóvar, Gus Van Sant,<br />

Derek Jarman, Helmut Berger, Joe Dallesandro,<br />

John Hurt und Tilda Swinton<br />

vergeben.<br />

In diesem Jahr lobt die TEDDY Foundation<br />

erstmals den TEDDY PHOTO<br />

AWARD aus, der im Rahmen von The<br />

Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong> am 22.<br />

Juni <strong>2012</strong> in Berlin verliehen wird.<br />

Das Thema des diesjährigen TEDDY<br />

Fotowettbewerbs lautet »TRANSRES-<br />

PECT versus TRANSPHOBIE«.<br />

Gefragt sind fotografische Erkundungen<br />

entlang der Grenzbereiche der<br />

Geschlechter - von der individuellen<br />

Lebenssituation von Trans*Menschen<br />

über die Auseinandersetzung mit der<br />

rechtlichen und sozialen Situation,<br />

Menschenrechtsverletzungen an Trans-<br />

Menschen bis hin zu »Gute Praxis«-<br />

Beispielen, die verdeutlichen, wie die<br />

Situation von Trans*Menschen verbessert<br />

werden kann.<br />

Einsendeschluss TEDDY PHOTO<br />

AWARD: 31.5.<strong>2012</strong>.<br />

Es können ausschließlich digitale<br />

Schwarzweiß- oder Farbfotografien eingereicht<br />

werden.<br />

Das Bewerbungsformular sowie weitere<br />

Informationen finden Sie im Internet<br />

unter www.teddyaward.tv.<br />

THE BROWSE FOTOFESTIVAL BERLIN<br />

<strong>2012</strong> AWARD<br />

The Browse Foto Award <strong>2012</strong><br />

Eines der Ziele für das von uns<br />

initiierte Fotofestival ist die Anregung<br />

der Erkundung neuer Vernetzungs-,<br />

Kooperations- und Finanzierungsm<br />

öglichkeiten für Fotografinnen und<br />

Fotografen. Das Internet und v.a. aktuelle<br />

Social Media Anwendungen bieten hier<br />

produktive Ansatzpunkte, die während<br />

des Festivals vorgestellt und diskutiert<br />

werden sollen. Eine interessante<br />

Möglichkeit ist das Crowd Funding,<br />

das Fotografen/innen erlaubt, für ein<br />

bestimmtes Reportage-, Buch- oder<br />

Ausstellungsprojekt u.a. im Internet eine<br />

Vielzahl kleinerer Geldbeträge in einer<br />

thematisch interessierten Community<br />

einzuwerben.<br />

Das Finanzierungsmodell zur Ergänzung<br />

immer härter umkämpfter Geldtöpfe<br />

von Medien und Verlagen einerseits und<br />

begrenzten Fördermitteln durch Institutionen<br />

und Stiftungen andererseits ist<br />

hierzulande noch in der Entwicklung:<br />

Wir glauben es hat v.a. auch für den<br />

Bereich gesellschaftlich bedeutsamer<br />

Foto-Reportagen ein sehr gutes Potential<br />

und möchten es i.R. des Festivals<br />

erproben. Wir werden im Vorfeld und<br />

während des Festivals über Crowd Funding<br />

informieren, das Modell promoten<br />

und die Festival-Plattform samt Kommunikationsinfrastruktur,Festival-Community<br />

und Öffentlichkeit nutzen, um fotografische<br />

Projekte dabei zu unterstützen,<br />

i.R. der nächsten 2 Monate bis zum Festivalbeginn<br />

ein fotografisches Crowd<br />

Funding Projekt zu realisieren.<br />

Die Projekte, die über eine 2-monatige<br />

Laufzeit (Mitte April - Mitte Juni) ein fotografisches<br />

Projekt erfolgreich abschließen<br />

konnten, werden am 22.6.<strong>2012</strong> auf<br />

der Prämierungsveranstaltung des Festivals<br />

mit dem Browse Foto Award <strong>2012</strong><br />

ausgezeichnet und werden auf der Festivalseite<br />

ausführlich präsentiert. Mehr<br />

dazu auf unserer Website:<br />

www.browse-fotofestival.de.<br />

<strong>brennpunkt</strong> Award<br />

Der <strong>brennpunkt</strong>, renomiertes Fotomagazin<br />

seit 27 Jahren, verleiht eine Auszeichnung<br />

für die beste per Mail eingesandte<br />

SW-Serie. Der Preis ist ein Portfolio-Abdruck<br />

im Magazin <strong>brennpunkt</strong><br />

2013. Alle Bilder müssen akzeptabel,<br />

sein, mit einigen guten Bildern erreicht<br />

der Autor sein Klassenziel nicht. Es zählt<br />

die Gesamtleistung jedes Fotografen.<br />

Ein Glückstreffer »Sonntagsbild« führt<br />

nicht zum Erfolg. Mailen Sie ihre Bilder<br />

an: buehrer-berlin@t-online.de<br />

Die Auszeichnung wird auf der Prämierungsveranstaltung<br />

am 22.6.<strong>2012</strong> verliehen.


Festival-Logistik<br />

Festivaldauer:2.6.-30.6.<strong>2012</strong><br />

Local <strong>Edition</strong>: 3.6.-30.6.<strong>2012</strong><br />

Internationale Ausstellungen<br />

18.6.-23.6.<strong>2012</strong><br />

Profiwoche 18.6.-22.6.<strong>2012</strong><br />

Festivalbüro: The Browse Gallery,<br />

Empore der Marheineke Markthalle,<br />

Marheinekeplatz 15, 10961 Berlin<br />

Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-18 Uhr<br />

Festivalgebiet Local <strong>Edition</strong><br />

Ausstellungen: dezentrale Orte rund um<br />

die Marheineke Markthalle und Bergmann-Kiez<br />

u.a.<br />

Zentralausstellung Local <strong>Edition</strong>:<br />

The Browse Gallery, Empore der Marheineke<br />

Markthalle<br />

Festivalstandort Internationale<br />

Ausstellungen & Professional Week<br />

Festivalgelände Nähe Checkpoint Charlie<br />

und jüdischem Museum/ehem. Blumengroßmarkt,<br />

Enkestr./ Besselpark,<br />

Veranstaltungszelte & Außengelände<br />

und Forum Factory, Besselstr. 13-14,<br />

10969 Berlin<br />

Info für Fotografen/innen<br />

Für <strong>2012</strong> haben wir keine Kapazitäten<br />

mehr, weitere Ausstellungen ins Programm<br />

zu nehmen, wir bitten um Verständnis!<br />

Ihre Bilder oder eine neue<br />

Projektidee einbringen, können Sie i.R.<br />

von The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

noch über eine Beteiligung an unseren<br />

Wettbewerben. Bitte checken Sie unsere<br />

Website hierzu.<br />

Info für Aussteller/innen<br />

In der Meet & Greet Zone<br />

(18.6-22.6.<strong>2012</strong>) können Agenturen,<br />

Medien, Verlage, Unternehmen, Institutionen,<br />

und NGO, einen Stand während<br />

der Profiwoche aufstellen.<br />

Location: Festivalgelände Enkestr./ Besselpark,<br />

Veranstaltungszelt & Außengelände,<br />

inkl. Sonnenschutz, erfrischenden<br />

Getränken und kleinen Snacks im<br />

Festival-Café auf dem Gelände<br />

Infos unter: aussteller@browse-fotofestival.de<br />

Eintritt<br />

The Browse Local <strong>Edition</strong>,<br />

Bergmann-Kiez, alle Ausstellungen und<br />

Veranstaltungen Eintritt frei<br />

The Browse International<br />

Ausstellungen und Profiwoche<br />

Festivalgelände Enkestr./Besselpark<br />

Tageskarte 10 Euro, erm. 8 Euro<br />

(Tageskasse), 5-Tagesticket 40 Euro,<br />

erm. 32 Euro (online buchen)<br />

Hierin enthalten ist der Eintritt für<br />

alle Veranstaltungen, die nicht anders<br />

gekennzeichnet sind, z.B. Workshops.<br />

Medienvertreter/innen, ausstellende<br />

Fotograf/innen u.a. aktive Festivalbeteiligte<br />

haben freien Eintritt, außer zu den<br />

Workshops u.a. gekennzeichneten Veranstaltungen,<br />

Akkreditierung vorausgesetzt.<br />

Anmeldung und Akkreditierung<br />

Anmeldung zu Portfolio-Viewings, kostenpflichtigen<br />

Workshops und Ticket-<br />

Buchungen siehe unsere Website.<br />

Infos und Anmeldung zur Akkreditierung<br />

für ausstellende Fotografen/<br />

innen, Medienvertreter/innen, Aussteller/innen<br />

u.a. Projektbeteiligten unter<br />

www.browse-fotofestival.de<br />

Presseinformation und Kontakt:<br />

presse@browse-fotofestival.de<br />

Updates und weitere<br />

Informationen<br />

zu den Festivalstandorten, zu Ausstellungen,<br />

Fotografen/innen, Infobörse, Workshop-Inhalten<br />

und –Preisen u.a. Profiwochen-Veranstaltungen,<br />

Programm-<br />

Erweiterungen etc. laufende Aktualisierung<br />

online auf der Festival Website<br />

www.browse-fotofestival.de bereitgestellt.<br />

Partizipation und Kommunikation<br />

Sie sind herzlich eingeladen, an der<br />

Realisierung und Gestaltung des Festivals<br />

mitzuwirken und die Plattform für<br />

ihre Zwecke zu nutzen.<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Kooperation, Sponsoring<br />

Unterstützung<br />

Für die Realisierung des Festivals haben<br />

wir ein breites Netzwerk von Unternehmen,<br />

Institutionen und Einzelpersonen<br />

geknüpft, wir möchten dieses weiter<br />

ausbauen und laden Sie ein, sich mit<br />

zu beteiligen - als Kooperationspartner/<br />

in, Sponsor/in, mit Spenden oder als<br />

freiwilliger Helfer/in während des Festivals.<br />

Kontakt:<br />

cooperation@browse-fotofestival.de<br />

Unsere öffentliche Vernetzungs- und<br />

Kommunikationsplattform für Festival-<br />

Beteiligte, Fans und Interessierte finden<br />

Sie auf unserer Facebook-Seite:<br />

www.facebook.com/browsefotofestival<br />

Hintergrundinfo<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

ist ein Projekt von Community Impulse<br />

Initiative e.V.<br />

Künstlerische Leitung: John Colton<br />

Kuration/Koordination:<br />

Sabine Drwenzki<br />

Medien-Kommunikation:<br />

Duscha Rosen<br />

browsefotofestival@googlemail.com<br />

Der Tagesspiegel ist Medienpartner von<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong>.<br />

Dank<br />

Unser besonderer Dank für die Zusammenstellung<br />

dieser Festival-Preview gilt:<br />

an erster Stelle:<br />

Dietmar Bührer, Herausgeber und verantwortlicher<br />

Redakteur und Gestalter<br />

des <strong>brennpunkt</strong>-Magazins, der dem Festival<br />

in seiner Publikation großen Raum<br />

gegeben und dieses täglich gewachsene<br />

Kompendium in mühevoller nächtelanger<br />

Arbeit über die letzten Wochen ins<br />

Reine gesetzt hat. Hannes Kirchhoff<br />

und Renate Oetter für Mitarbeit an der<br />

Übersetzung, sowie allen teilnehmenden<br />

Fotografinnen und Fotografen, Ausstellungsorten<br />

und anderen am Festival<br />

beteiligten Akteur/innen und Unterstützer/innen<br />

für ihr Vertrauen und bereitwillige<br />

Kooperation. Ohne all Dieses<br />

wäre The Browse Fotofestival Berlin<br />

<strong>2012</strong> nur eine schöne Idee geblieben.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

55


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

© Margrit Radszun<br />

Local <strong>Edition</strong><br />

»Between the Lines«<br />

Festivalgebiet Bergmann-Kiez<br />

50 dezentrale Fotoausstellungen an 50 diversen Orten<br />

rund um die Marheineke Markthalle<br />

Locations: Bars, Läden, Kneipen, Hotels, kleinere Galerien etc.<br />

Zentralausstellung, begehbarer Ausstellungskatalog mit einem Bild pro Fotografin/en und<br />

Festival-Office: The Browse Gallery<br />

Location: Empore Marheineke Markthalle, Marheinekeplatz 15, 10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Sa 2.6.<strong>2012</strong>, 15:00 Uhr - Zentrale Festival-Eröffnung<br />

u.a. mit Dr. Franz Schulz, Bezirksbürgermeister Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Peter von Becker, Schriftsteller und Kulturjournalist (Der Tagesspiegel)<br />

Location: The Browse Gallery, Empore der Marheineke Markthalle<br />

So 3.6. <strong>2012</strong> - Dezentrale Eröffnungen im Stadtteil<br />

Locations: die diversen Ausstellungsorten rund um die Marheineke Markthalle/Bergmann-Kiez<br />

Für einzelne Vernissage-Termine der Fotografen/innen – check<br />

unsere Web- und Facebook-Seiten: www.facebook.com/browsefotofestival<br />

56 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


© Laura Wilhelm<br />

© Imago 1:1<br />

© Studio Klam<br />

© Andrés Felipe Carulla<br />

© Stefan Schall<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Ausstellungen (lokal)<br />

� Michael Gebur »Moved Landscapes« ................................................... 58<br />

� Dietmar Bührer »Berliner Tage« ............................................................ 58<br />

� Udo Rzadkowski »Feminine Formen« ................................................... 59<br />

� Michael Schröder »HDR-Fotografie« ..................................................... 59<br />

� Johannes Barthelmes »VIDO COTIDIANA« ................................................. 60<br />

� Margrit Radszun »irr.real« ............................................................................... 60<br />

� Hulusi Halit »Inselhüpfer«............................................................................... 60<br />

� Anne Lorquet-Leithäuser »Spuren der Zeit« ........................................... 61<br />

� Stefan Schall »vorübergehend« ............................................................. 61<br />

� Marco Saß ............................................................................................. 61<br />

� James Clancy »Border Country« ............................................................ 62<br />

� Barbara Günther-Burghardt »Augenweide« ............................................. 62<br />

� Studio Klam »Attitüte« ............................................................................ 62<br />

� Ingo Kniest »Berge versetzen« ................................................................ 63<br />

� Helmut Heidrich »Seascapes« – »Soulscapes« ........................................ 63<br />

� Edith Siepmann »Häuser, die sprechen –Häuser, die hören« ................... 64<br />

� Laura Wilhelm »Die Wiesn: Von Annerl bis Zenzi« ............................... 64<br />

� Alexa Catalin »Street« ........................................................................... 65<br />

� IMAGO 1:1........................................................................................................ 65<br />

� Jacinta Lawani »BlüMEN«................................................................................ 65<br />

� Sebastian Greuner »Hiddensee« ................................................................... 66<br />

� Finkbeiner & Salm »Nature Morgana« ................................................... 66<br />

� Stefan Melchior »THF – Bilder eines Flughafens« ................................... 66<br />

� Joao Pagline »Step into the Light« .......................................................... 67<br />

� Hinrich Schultze »Unpolitische Fotos« .................................................. 67<br />

� Voller Ernst ............................................................................................ 68<br />

� Andrés Felipe Carulla »Karneval von Orura« ......................................... 69<br />

� Miriam Tamayo »Perfomance und Tanz« ................................................ 69<br />

� Marion Schwan »Feet and Street« ......................................................... 69<br />

� Willy Inselmann ................................................................................... 70<br />

� Quique del Bianco »carneval is the downtown« ................................... 70<br />

� Oscar Lebeck »Concoction« ................................................................. 70<br />

� Jorinde Gersina ...................................................................................... 71<br />

� Uwe Gero »Frauenpower« .................................................................... 71<br />

� Gerhard Goihl »Fußball nur ein Spiel« .................................................. 71<br />

� Wolfgang Krolow .................................................................................. 71<br />

� Holger Groß »Deutscher Karneval« ...................................................... 72<br />

� Dieter Behrendt »Berlin im Licht« .......................................................... 72<br />

� Mehmet Dedeoglu ................................................................................ 73<br />

� Lisa Sprengel, »Neuseeland - Glück gehabt!« ....................................... 73<br />

� Jan-Peter Boening »Kennen Sie Guimares oder Maribor?« ...................... 73<br />

� Gruppe 97 »Zwischen den Bäumen« .................................................... 74<br />

� Sönke Tollkühn »wann ist das schwein ein schwein« ............................. 75<br />

� C.A. Schulz »Don´t touch my radio – L´ altra Venezia« .......................... 75<br />

� Zoe Lar Mar »Where to« ....................................................................... 75<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

57


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Michael Gebur<br />

»Moved Landscapes«<br />

Die Ausstellung »Moved Landscapes«<br />

zeigt Landschaftsfotografien aus Asien<br />

und Europa, die durch Bewegungsunschärfe<br />

weich gezeichnet wurden. Fotos,<br />

die durch die Verwendung von mattem<br />

Papier wie Aquarelle wirken strahlen<br />

eine Ruhe aus, die sich auf den Betrachter<br />

überträgt und die Fantasie anregt.<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Restaurant Kaiserstein<br />

Mehringdamm 80<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

täglich 09 – 01 Uhr<br />

www.kaiserstein.de<br />

Dietmar Bührer<br />

»Berliner Tage«<br />

Das sind Zufallsbekanntschaften, die<br />

der Fotograf Dietmar Bührer aus dem<br />

Augenblick heraus schießt – die spielenden<br />

Kinder an einer Hauptverkehrstraße,<br />

entrückt in ihre Kinderwelt, konzentrieren<br />

sich auf ihr Spiel und vergessen die<br />

Gefahren der Straße.<br />

Das alles weist auf das vielleicht wesentlichste<br />

Charakteristikum der Fotografien<br />

von Bührer hin, seine Fähigkeit zu typisieren;<br />

in Bruchteilen von Sekunden<br />

erfasst dieser sanfte Empiriker nicht<br />

»nur« Menschen, sondern Antlitze der<br />

Zeit.<br />

Auf diese Weise sind Bilder von großer<br />

Intensität entstanden, wie sie nur<br />

einem aufmerksamen Flaneur gelingen,<br />

der sich weder vom Lärm noch vom<br />

Bewegungssog Berlins irritieren lässt<br />

und ein sicheres Gespür für die Situation<br />

behält.<br />

58 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Michael Gebur, »Insel im Meer«, (Original in Farbe)<br />

© Dietmar Bührer, »Langenscheidtstraße«, 1974<br />

»Berliner Tage 1972–2007«<br />

192 Seiten, Verlag epubli GmbH, Berlin<br />

ISBN 978-3-86931-366-5<br />

© Dietmar Bührer, »Chamissoplatz«, 1984<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

East London Restaurant e.K.<br />

Mehringdamm 33<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – So 10 – 23 Uhr<br />

www.eastlondon.de


Udo Rzadkowski<br />

»Feminine Formen«<br />

Interpretationen in der Dunkelkammer<br />

sind das Gestaltungsmerkmal des analog<br />

arbeitenden Fotografen. Sozialfotografie,<br />

Portrait, Jazz und Aktfotografie sind<br />

seine Schwerpunkte. Die Spannung<br />

des Geben und Nehmen zwischen<br />

»Modell« und Fotograf begeistert ihn<br />

immer wieder bei seiner fotografischen<br />

Tätigkeit.<br />

Udo-Rzadkowski@arcor.de<br />

www.udorzadkowski.de<br />

Michael Schröder<br />

»HDR-Fotografie«<br />

Michael Schröder hat die Fotografie<br />

Anfang 2007 wiederentdeckt. Als Autodidakt<br />

eignete er sich verschiedenste<br />

Techniken der digitalen Aufnahmetechnik<br />

und Bildbearbeitung an und baut<br />

diese Kenntnisse ständig weiter aus.<br />

Seine Bilder sind in erster Linie von Strukturen<br />

und Kontrasten geprägt. Daher<br />

arbeitet er seine Motive gern in HDR-<br />

Technik aus. Der Schwerpunkt seiner<br />

Fotos liegt derzeit auf den Gebieten<br />

Architektur, Makro, Still- und Objektfotografie<br />

sowie fotografische Experimente.<br />

m@leo-fotoart.de<br />

© Udo Rzadkowski<br />

© Michael Schröder, (Original in Farbe)<br />

© Michael Schröder, (Original in Farbe)<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

© Udo Rzadkowski<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Joséphine Restaurant<br />

Bergmannstraße 97<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 10 – 23 Uhr<br />

Sa + So 10 – 24 Uhr<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Gesoplan gGmbH<br />

Arndtstraße 32<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Do 11 – 13 Uhr<br />

15 – 18 Uhr<br />

Fr 15 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

59


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Johannes Barthelmes<br />

»VIDA COTIDIANA«<br />

In den Straßen von Alt-Havanna<br />

1998 entschließt sich der renommierte<br />

Jazzmusiker Johannes Barthelmes nach<br />

einer ausgedehnten SüdOstAsien-Tournee,<br />

angeregt vor allem von den intensiven<br />

Eindrücken, die Vietnam bei ihm<br />

hinterlassen hat, nun der Fotografie<br />

einen besonderen Stellenwert in seinem<br />

Leben beizumessen. »Es war mir von<br />

Beginn an klar, dass ich Menschen fotografieren<br />

will.<br />

Margrit Radszun<br />

»irr.real«<br />

Als freie Fotografin ist Margrit Radszun<br />

1979 nach Kreuzberg gezogen. Im<br />

Browse-Festival 2011 hat sie ihre Fotoreihe<br />

»Chaostage« aus der Punkszene<br />

vorgestellt. Ein Jahr nach den schwarzweiß<br />

Fotos von 1981 stellt sie jetzt ihr<br />

buntes Berlin von <strong>2012</strong> vor. In der aktuellen<br />

Produktion spiegelt sich die Realität<br />

ins Phantastische hinein und erfindet<br />

sich darin neu.<br />

Hulusi Halit<br />

»Inselhüpfer«<br />

1954 in Koloni / Paphos auf Zypern geboren.<br />

Beginn der Malerei im Alter von<br />

sechs Jahren. Auswahl von Eliteschülern<br />

türkischer Gymnasien in Paphos. Sechsjährige<br />

Begabtenförderung. 1969 erster<br />

Preis eines Jugendwettbewerbs aller türkischen<br />

Gymnasien Zyperns mit dem<br />

Bild »Junges Paar«.<br />

1974 Wechsel nach Berlin.<br />

1980-1986 Studium der Werbung und<br />

Kommunikation an der Hochschule der<br />

60 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Johannes Barthelmes<br />

Als Musiker kam ich in der Welt umher<br />

und es faszinierte mich, dass mir alle<br />

Menschen, denen ich ins Gesicht<br />

blickte, bekannt, ja vertraut waren. Es<br />

ist beeindruckend, wir scheinen uns<br />

alle zu kennen... Als Fotograf erlebe<br />

ich diese wunderbare Geschichte heute<br />

© Margrit Radszun (O.i.F.)<br />

Kontakt:<br />

margrit@online.de<br />

© Hulusi Halit, »Abgemagert auf der Insel Tinos«<br />

Künste, Berlin. 1989-92 berufsbegleitende<br />

Erzieherausbildung.<br />

Tätig als Erzieher von 1979 bis 2005<br />

in der Heilig-Kreuz-Kirche (Kreuzberg)<br />

und im Deutsch-Türkischen Kinderclub<br />

noch intensiver, voller Respekt und trotz<br />

meiner bewusst »nahen« Bilder in einer<br />

liebevollen Distanz zu den Menschen.<br />

Johannes Barthelmes hat gerade erfolgreich<br />

eine große Ausstellung in Havanna<br />

beendet.<br />

www.johannes-barthelmes.net<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Felix Austria<br />

Bergmannstraße 26<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Sa 09 – 24 Uhr<br />

So + Feiertage 10 – 24 Uhr<br />

www.felixaustria.de<br />

030 616 754 51<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Meli Melo – Cafe & Bar<br />

Solmsstraße 29<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Fr 10.30 – 20 Uhr<br />

Sa 11 –19 Uhr<br />

So 13 –19 Uhr<br />

e.V. (ab 1994 in leitender Funktion).<br />

Seit 2005 tätig als Erzieher mit kunstpädagogischem<br />

Schwerpunkt.<br />

Seit 1998 freischaffender Künstler mit<br />

diversen Ausstellungen.<br />

Seit 2010 Salon Halit Art Produktionsgalerie.<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Salon Halit – Art<br />

Solmsstraße 35<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 17 – 20 Uhr<br />

www.halit-art.de


Anne Lorquet-<br />

Leithäuser<br />

»Spuren der Zeit«<br />

Wenn das photographische Auge die<br />

ephemere Schönheit eines zufälligen<br />

Zusammentreffens empfindlich registriert<br />

und sie festhält.<br />

Spuren der Zeit, Schattenprojektionen,<br />

Festhalten eines Augenblicks: in der<br />

äußeren Realität finde ich Bilder der<br />

zerbrechlichen Schönheit, die meiner<br />

inneren Welt entsprechen.<br />

Anne Lorquet-Leithäuser<br />

Stefan Schall<br />

»vorübergehend«<br />

jahrgang 1959<br />

abitur 1979<br />

fahnenflucht nach Berlin 1979<br />

fotografie ab 16. lebensjahr<br />

auslöser blow up von antonioni<br />

Grundlagen erworben im Leistungskurs<br />

bildende kunst<br />

autodidakt<br />

arbeiten analog und digital<br />

ausstellungen 2<br />

sonderpreis kunstverein lingenfeld<br />

Marco Saß<br />

Marco Saß, geboren 1965 in Hamburg.<br />

1980 mit der Fotografie von Rock-,<br />

Jazz-, und Blueskünstlern auf den Berliner<br />

Bühnen begonnen.Veröffentlichungen<br />

in Tageszeitungen, Stadtmagazinen<br />

und Büchern. Ab 1987 Studium »Theater-<br />

und Veranstaltungstechnik«. Ab<br />

1992 Tätigkeit als Planungsingenieur,<br />

freiberuflicher Dozent und Betriebsingenieur<br />

am Theater.<br />

© Anne Lorquet-Leithäuser, »Le chat«<br />

© Stefan Schall<br />

sass.marco@web.de © Marco Saß, »Hooker«<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Myriam Mundt – Friseur<br />

Fidicinstraße 7a<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Fr 15 – 18 Uhr<br />

Sa 10 – 12 Uhr<br />

030 617 713 27<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Heidelberger Krug<br />

Arndtstraße15<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

So – Fr 16 – 03 Uhr<br />

Sa ab 11 Uhr<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Swera<br />

Indisches Restaurant<br />

Bergmannstraße 103<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – So 11 – 01 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

61


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

James Clancy<br />

»BORDER COUNTRY«<br />

(GRENZLAND)<br />

Obwohl es sich bei Border Country vielmehr<br />

um einen Herzens- und Seelenzustand<br />

als um einen Ort handelt, verbringe<br />

ich viel Zeit damit, einen Platz<br />

zu finden, der meinem Gemütszustand<br />

entspricht, wohl wissend, daß, wenn ich<br />

ihn finde – und ihn in Bildern festhalte<br />

– ein versteckter, unerforschter Winkel<br />

meines Selbst offenbart wird.<br />

James Clancy<br />

Barbara Günther-<br />

Burghardt<br />

»Augenweide«<br />

Lichtbildnerin,<br />

psychologische Psychotherapeutin<br />

Between the lines<br />

Zwischen Innern und Außen: mein<br />

Raum.<br />

Innensicht und Blick hinaus<br />

aus Augen im Kopf und im Herzen.<br />

Sehen und gesehen werden<br />

- mit Leib und Seele. (<strong>2012</strong>)<br />

Studio Klam<br />

»Attitüde«<br />

Im Studio Klam werden seit mehr als 25<br />

Jahren Menschen photographiert. Normalbürger,<br />

Politiker und Künstler, nackte<br />

und verkleidete Menschen. Die Ausstellung<br />

»Attitüde« gibt einen Einblick<br />

in das Werk von Jörg F. Klam, der sich<br />

auf Vorbilder wie László Moholy-Nagy,<br />

Man Ray und Andy Warhol bezieht.<br />

62 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© James Clancy<br />

www.jamesclancy.org<br />

© Barbara Günther-Burghardt (O.i.F.)<br />

www. fotokunst-guenther-burghardt.de<br />

© Studio Klam, »aus der Serie TYPO« (links),<br />

»Alterego« (rechts)<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

t berlin<br />

Fidicinstraße 38<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Sa 10 – 02 Uhr<br />

So 10 – 18 Uhr<br />

www.tberlin.com<br />

facebook.com/tberlinkreuzberg<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Salon Halit – Art<br />

Solmsstraße 35<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 17 – 20 Uhr<br />

Sa 13 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.halit-art.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Photostudio Klam<br />

Hagelberger Straße 12<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

www.studio-klam.de<br />

Telefon 030 722 975 75


Ingo Kniest<br />

»Berge versetzen«<br />

In seiner Serie »Berge versetzen«<br />

beobachtet der Berliner Fotograf<br />

Ingo Kniest religiöse Rituale – von<br />

orthodoxen Christen bis hin zu<br />

tamilischen Hindus. Er interessiert sich<br />

für die identitätsprägende Bedeutung<br />

traditioneller Glaubenspraxis von<br />

Minderheiten und Menschen in der<br />

Diaspora.<br />

www.kniestphotography.net<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Joe Peña´s<br />

Marheinekeplatz 3<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo–Fr 12 – Open End<br />

Sa + So 9 – Open End<br />

Telefon 030 693 60 44<br />

Helmut Heidrich<br />

»Seascapes«<br />

»Soulscapes«<br />

Helmut Heidrich ist Fotograf und<br />

Maler, diese beiden Leidenschaften<br />

verbindet er in seinen Arbeiten. Die<br />

Ergebnisse präsentiert er in dieser<br />

Doppelausstellung.<br />

»Seascapes«<br />

Emotionsgeladene Landschaften vom<br />

Meer – Erinnerungen an Werke von William<br />

Turner werden wach. Die Ostsee,<br />

wie viele sie nicht kennen, wild und<br />

ungestüm, aber auch melancholisch.<br />

»Soulscapes«<br />

Helmut Heidrich lotet Grenzen aus, versucht,<br />

seine Art zu malen mit den Mitteln<br />

der digitalen Fotografie zu erweitern,<br />

ergänzen und zu verbinden. Fotografien<br />

wird ihre Identität genommen,<br />

sie werden zerstört und in einen neuen<br />

© Ingo Kniest<br />

© Helmut Heidrich, »Seascapes«, (O.i.F.)<br />

© Helmut Heidrich, »Soulcapes«, (O.i.F.)<br />

Kontext gebracht, abstrakte Bilder entstehen<br />

– Seelenlandschaften, mal besinnlich,<br />

traurig oder düster, dann wieder<br />

bunt und fröhlich.<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

© Helmut Heidrich, »Seascapes«, (O.i.F.)<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Room & Garden<br />

Möbel für Innen und Aussen<br />

Am Tempelhofer Berg 8<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 11 – 19 Uhr<br />

Sa 11 – 17 Uhr<br />

www.room-garden.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

63


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Edith Siepmann<br />

»Häuser, die sprechen<br />

- Häuser, die hören«<br />

Häuser, die was zu sagen haben. Wände,<br />

die nicht den Mund halten können.<br />

Ohren auf Balkons und Dächern, die<br />

nach Sätzen und Lauten aus der Ferne<br />

lauschen.<br />

Architektonische Short Cuts aus der<br />

Berliner Innenstadt - fotografiert in<br />

einer Zeit der sozialen und kulturellen<br />

Mischung, in der Autonome und Beamte,<br />

Eingeborene und Migranten, Reiche<br />

und Arme noch Haus an Haus und Tür<br />

an Tür wohnen im zur Spekulation frei<br />

gegebenen City-Bereich.<br />

Laura Wilhelm<br />

»Die Wiesn: Von Annerl<br />

bis Zenzi«<br />

Laura Wilhelm arbeitet als freie Fotografin<br />

und Artdirektorin in Berlin und<br />

München. Die Fotoserie »Von Annerl<br />

bis Zenzi« ist auf dem Münchner Oktoberfest<br />

entstanden und wurde als Dirndl-<br />

Quartett-Spiel herausgegeben.<br />

www.dirndlquartett.de<br />

lwilhelm@gmx.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Wilhelm & Medné<br />

Bio Bistro – Cateringservice<br />

Hedemannstraße 14<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

030 25 35 99 77 / 0172 95 65 160<br />

64 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Edith Siepmann © Edith Siepmann<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

freckles<br />

Nostitzstraße 33<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Fr 12 – 20 Uhr<br />

Sa + So 11 – 20 Uhr<br />

www.frecklesheaven.com<br />

© Laura Wilhelm, »Die Rosi« © Laura Wilhelm, »Die Burgi«


Jacinta Lawani<br />

»BlüMEN«<br />

IMAGO 1:1 – ein<br />

interaktives Kunstwerk<br />

auf dem »The Browse<br />

Fotofestival«<br />

Die Kamera IMAGO 1:1 ist die größte<br />

begehbare Kamera der Welt und existiert<br />

weltweit nur ein Mal. Die Kamera<br />

ist mit einem Spezialobjektiv ausgestattet,<br />

welches die Anfertigung von lebensgroßen<br />

Porträtaufnahmen direkt ohne<br />

Negativ möglich macht – jedes ein lichtmalerisches<br />

Unikat.<br />

Die Kamera bietet die einzigartige Möglichkeit<br />

sich in einem Raum innerhalb<br />

ihres Corpus mithilfe eines seitenrichtigen<br />

Spiegels und eines Selbstauslösers<br />

in der Rolle des Fotografen wieder<br />

zu finden und selbst kreativ tätig zu<br />

werden. Gleichfalls in der Kamera wird<br />

das reflektierte Licht auf das Fotopapier<br />

projiziert. 10 Minuten später ist das 1:1<br />

Bildnis fertig.<br />

Alexa Catalin<br />

»Street«<br />

Street.<br />

This is what I like to shoot the most.<br />

Just go there and watch.<br />

The people, the background,<br />

the way the composition changes.<br />

© Jacinta Lawani<br />

© Annegret Kohlmayer<br />

© Alexa Catalin<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

POP<br />

Platten begleiten dich<br />

Riemannstraße 5<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Fr 12 – 18.30 Uhr<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Kunstraum<br />

Imago 1:1<br />

am Moritzplatz<br />

Prinzenstraße 85<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Sa 11 – 19 Uhr<br />

www.imago1to1.com<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Coffee Cult<br />

Bergmannstraße 89<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 07 – 23 Uhr<br />

Sa + So 08 – 23 Uhr<br />

030 691 62 52<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

65


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Sebastian Greuner<br />

»Hiddensee«<br />

Sebastian Greuner lebt als freier Fotograf<br />

in Berlin und beschäftigtsich<br />

hauptsächlich mit den Themen Architektur,<br />

Interieur und urbaneRäume.<br />

»Wir wissen natürlich immer, dass das,<br />

was uns das Foto zeigt,nicht wirklich im<br />

hier und jetzt ist«.<br />

Christian Metz<br />

Finkbeiner & Salm<br />

»Nature Morgana«<br />

Frieder Salm und Carl Finkbeiner arbeiten<br />

als Fotografen und Kameramänner<br />

und starteten 2009 die gemeinsame<br />

künstlerische Arbeit mit dem Foto-<br />

Zyklus »Nature Morgana«.<br />

Grundlage ihrer Bilder sind Fotografien<br />

von außergewöhnlichen Orten rund um<br />

den Globus, die dann in einem mehrstufigen<br />

Bearbeitungsprozess verändert<br />

und gestaltet werden.<br />

www.finkbeiner-salm.de/about.html<br />

Stefan Melchior<br />

»THF – Bilder eines<br />

Flughafens«<br />

Stefan Melchior, ausgebildeter Kameramann<br />

und Fotograf mit dem Schwerpunkt<br />

Architektur und Werbung - mehrfacher<br />

Preisträger beim Europäischen-<br />

Architekturfotografie-Preis.<br />

www.stefan-melchior.de<br />

66 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

www.greuner-photographie.de<br />

© Finkbeiner & Salm, (Original in Farbe)<br />

© Stefan Melchior, (Original in Farbe)<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

BRENNOE<br />

Damen und Kindermoden<br />

Bergmannstraße 10<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Fr 11 – 19 Uhr<br />

Sa 11 – 18 Uhr<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Restaurant Noiquattro<br />

Südstern 14<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 17 – 24 Uhr<br />

Sa 18 – 24 Uhr<br />

www.noiquattro.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Molinari & Ko<br />

Riemannstraße 13<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Fr 08 – 01 Uhr<br />

Sa 09 – 01 Uhr<br />

Telefon 030 691 39 03


Joao Paglione<br />

»Step into the Light«<br />

Gute Fotografie ist oft Zufall. Die besten<br />

Fotos entstehen spontan und sind nicht<br />

vorhersehbar.<br />

Bei meiner Arbeit als Fotograf muß<br />

ich muss ich »kommerziell« denken,<br />

mich nach den Wünschen der Kunden<br />

richten.<br />

An einem Tag in Paris bei wunderschönen<br />

Licht versuchte ich meinen Kopf von<br />

dieser Vorstellung zu befreien.<br />

Hinrich Schultze<br />

Unpolitische Fotos von Hinrich<br />

Schultze<br />

»Wenn man das Leben so ernst<br />

nehmen würde wie es wirklich ist-<br />

das wäre ja gar nicht auszuhalten!«<br />

www.dokumentarfoto.de<br />

© Joao Paglione<br />

© Hinrich Schultze<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

G wie Gulasch<br />

Chamissoplatz 1<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Sa 17 – 22 Uhr<br />

www.g-wie-gulsch.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Café Primel<br />

Fidicinstraße 9<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 12 – 19 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

67


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

68 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


Andrés Felipe Carulla<br />

»Karneval von Oruro<br />

- Im Rausch der<br />

Farben«<br />

Die fotografische Reihe »Karneval<br />

von Oruro - Im Rausch der Farben«<br />

(Bolivien, 2008) dokumentiert eine der<br />

grössten kulturelle Manifestation der<br />

Andenregion. Es zeigt die Menschen<br />

und die ausgelassene Farbenpracht der<br />

Masken und Verkleidungen, die auf<br />

den karnevalesken Umzügen zu sehen<br />

sind.<br />

Miriam Tamayo<br />

»Performance und<br />

Tanz«<br />

»Die Schönheit des Tanzes entfaltet<br />

sich in der Bewegung. Kann man diese<br />

Schönheit in einem Bild einfangen? In<br />

meinen Fotografien bin ich stets auf der<br />

Suche nach diesem Moment.«<br />

Miriam Tamayo, freie Fotografin lebt<br />

und arbeitet in Berlin.<br />

Marion Schwan<br />

»Feet and Street«<br />

© Andrés Felipe Carulla<br />

Andrés Felipe Carulla, geboren in<br />

Kolumbien, lebt und arbeitet seit 2010<br />

in Berlin.<br />

www.andresfelipecarulla.com<br />

© Miriam Tamayo<br />

www.miriamtamayo.com<br />

Marion Schwan lebt in Berlin. In ihren<br />

aktuellen Arbeiten hat sie sich dem<br />

Thema »Feet and Street« hingegeben…<br />

welches sie spannungsreich und mit<br />

einem Augenzwinkern darstellt! Jedes<br />

ihrer spontan entstandenen Fotos erzählt<br />

eine kleine Geschichte und lässt Platz<br />

für eigene Interpretationen. ©Marion Schwan, »Die Spaziergängerin«<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Zaher´s Lounge / Café – Bar<br />

Nostitzstraße 38<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

täglich 13 Uhr – open end<br />

www.zahers.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Zaher´s Lounge / Café – Bar<br />

Nostitzstraße 38<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

täglich 13 Uhr – open end<br />

www.zahers.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Turandot<br />

Bergmannstraße 93<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

täglich ab 12 Uhr<br />

030 69 25 186<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

69


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Willy Inselmann<br />

Lebt in Neukölln. Seine letzten Arbeitenbeschäftigen<br />

sich mit dem Blick nach<br />

Unten auf der Suche nach dem Alltäglichen<br />

und dem Versuch dieses in einem<br />

anderen Kontext wahrzunehmen und<br />

zu reproduzieren. Da kann es schon<br />

mal geschehen, dass die Welt kurzzeitig<br />

auf dem Kopf steht.<br />

Quique del Bianco<br />

»carnaval is the<br />

downtown«<br />

This photo belongs to the exhibition<br />

»carnaval is the downtown« taking<br />

and mixing other identities as their<br />

own, creating a new which reflects,<br />

and communicates what you feel and<br />

nonconformities with the government.<br />

Oscar Lebeck<br />

»Concoction«<br />

»Concoction« ist in vieler Hinsicht ein<br />

Ausdruck von Vielseitigkeit. Eine Mixtur,<br />

etwas Vielgestaltiges, eine Aufzählung<br />

und Vermischung von Stücken. Von Barcelona<br />

bis Südfrankreich, von Krakau<br />

bis Österreich entstand eine, meist<br />

im dämmrigen Licht aufgenommende,<br />

Serie. Das Korn ist dabei das ausströmende<br />

Element. Das Schwarz-Weiss<br />

lässt das Enigmatis<br />

70 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Willy Inselmann, »after the rain«<br />

© Quique del Bianco<br />

© Oscar Lebeck<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Turandor<br />

Bergmannstraße 93<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

täglich ab 12 Uhr<br />

030 69 25 186<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Colibri<br />

Genußbar für mediterane<br />

Kleinigkeiten<br />

Chamissoplatz 1<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Sa 18 – 01 Uhr<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Atlantic<br />

Bergmannstraße 100<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

täglich ab 09 Uhr<br />

Küche bis 24 Uhr<br />

030 691 92 92


Jorinde Gersina<br />

Jorinde Gersina inzeniert als gefragte<br />

Porträtfotografin Stars und Persönlichkeiten<br />

aus der Kultur, Mode und Entertainmentwelt.<br />

Sie versucht mit viel Feingefühl, die Menschen<br />

nicht nur abzubilden,sondern<br />

ihre wahre Persönlichkeit zu erfassen.<br />

www.jorindegersina.com<br />

Uwe Gero<br />

»Frauenpower«<br />

Anlässlich des Browse Fotofestivals<br />

widmen sich der Fotojournalist Gerhard<br />

Goihl und ich auch in diesem<br />

Jahr in einer gemeinsamen Ausstellung<br />

dem Thema Fußball. Egal ob Profi<br />

oder Amateur, das runde Leder verbindet<br />

immer wieder Menschen auf der<br />

ganzen Welt.<br />

Mein Foto »Frauenpower« zeigt eine<br />

Frau aus dem Team von Kamerun. Sie<br />

bereitet sich während des Amateurfuß-<br />

Gerhard Goihl<br />

»Fußball nur ein Spiel«<br />

Wolfgang Krolow<br />

Der Mann ist ein Poet und er ist ein<br />

Mann des Blues. Der Publizist Rolf Hosfeld<br />

hat einmal über ihn gesagt: »Es ist,<br />

als ob Wolfgang Krolow auch am helllichten<br />

Tag mit einem Nachtsichtgerät<br />

ausgestattet hinter den Fassaden sofort<br />

Dimensionen entdecken kann, die das<br />

bloße Auge nicht wahrnimmt«.<br />

www.krolowphot.de<br />

© Jorinde Gersina, »Karina«,(O.i.F.)<br />

© Uwe Gero, (O.i.F.)<br />

ballturniers Discover Football frohgemut<br />

und mit viel Leidenschaft auf das<br />

Eröffnungsspiel gegen die Frauenmannschaft<br />

aus Brasilien vor.<br />

Hohes afghanisches Militär besuchte<br />

das afghanische Frauen-Nationalteams<br />

beim DISCOVER FOOTBALL TOUNIER<br />

im Juli 2010 in Berlin-Kreuzberg.<br />

© Wolfgang Krolow<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Maselli Ristorante<br />

Nostitzstraße 49<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – So 16 – 24 Uhr<br />

0176 648 77 925<br />

© Gerhard Goihl<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Bago<br />

Blücherstraße 23<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr 10 – 15 Uhr<br />

www.bago-berlin.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Da Enzo<br />

Willibald-Alexis-Straße 25<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – So 18 – 24 Uhr<br />

www.daenzo-berlin.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

71


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Mehmet Dedeoglu<br />

»Musik ist mein Leben. Sie geht mir<br />

direkt ins Herz. Mit der Kamera fange<br />

ich diese Stimmungen ein - so versetzen<br />

sie mich in Raum und Zeit.<br />

Musik ist für mich eine universelle Sprache,<br />

die von allen überall und jederzeit<br />

gelebt werden kann. Sie verbindet<br />

mich mit allen anderen, über alle Grenzen<br />

hinweg.<br />

Besonders bei den Jazz Improvisationen<br />

meines Clubs »A -Trane« treffen Menschen<br />

aus der ganzen Welt aufeinander<br />

und inspirieren sich gegenseitig.<br />

Meine Bilder spiegeln diese Stimmung<br />

ein wenig wieder. Deshalb ist auch<br />

die Fotografie mein Leben.« Mehmet<br />

Dedeoglu ist seit 1996 Hausfotograf im<br />

Holger Groß<br />

»Deutscher Karneval«<br />

In seiner Bilderserie »Karneval« nähert<br />

sich Holger Groß einem deutschen<br />

Karneval, der wenig mit dem zu tun<br />

hat, was die deutschen Fernsehsender<br />

Jahr ein Jahr aus zur Karnevalshochzeit<br />

in die deutschen Haushalte ausstrahlen<br />

lassen.<br />

Holger Groß ist nicht interessiert an<br />

der zur Schau gestellten Lustigkeit der<br />

FernsehKarnevalisten.<br />

Stattdessen taucht er in die Welt<br />

der kleinen Vereine abseits der<br />

Karnevalshochburgen ein. Im bewusst<br />

Dieter Behrendt<br />

»Berlin im Licht«<br />

»Berlin bei Nacht in seiner prachtvollen<br />

Farbigkeit zu fotografieren, ist für mich<br />

um ein Vielfaches reizvoller als in<br />

seiner grauen Silhouette bei Tag.« Als<br />

langjähriger Amateurfotograf habe<br />

ich versucht, dieses Thema stilvoll<br />

umzusetzen.<br />

72 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Mehmet Dedeoglu, »Dellas Miles«<br />

Jazz Club »A-Trane«. »Auch für die Jazz<br />

Werkstatt Berlin- Brandenburg« war ein<br />

in verschiedenen Berliner Jazz Clubs<br />

oder in der Philharmonie tätig.<br />

mehmet@berlinturk.de<br />

www.berlinturk.de<br />

© Holger Groß<br />

gewählt Unspektakulären sucht Holger<br />

Groß Antworten auf die Frage, warum<br />

der deutsche Karneval so wenig von<br />

der Ausgelassenheit einlöst, welches<br />

wir in ewiger Wiederkehr im Fernsehen<br />

bewundern dürfen.<br />

© Dieter Behrendt, (O.i.F.)<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Knofi<br />

Bergmannstraße 11<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – So 07 – 24 Uhr<br />

www.knofi.de<br />

030 695 643 59<br />

www.holgergross.com<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

NOR<br />

not only riesling<br />

Weinhandel – Bar<br />

Schleichermacherstraße 25<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

www.not-only-riesling.de<br />

030 695 388 66<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Restaurant Split<br />

Blücherplatz 2<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Täglich 11.30 – 22.30 Uhr<br />

www.restaurant-split-berlin.de<br />

030 251 27 15


Lisa Sprengel<br />

»Neuseeland - Glück<br />

gehabt!«<br />

Zufriedenheit und Glück bedeutet für<br />

jeden etwas anderes. Während meiner<br />

Reise durch Neuseeland fragte ich<br />

Menschen danach. Das entstandene<br />

Mosaik soll eine Liebeserklärung an<br />

ein wunderschönes Land und seine<br />

entspannten Bewohner sein - Nicht<br />

mehr und nicht weniger.<br />

Jan-Peter Boening<br />

»Kennen Sie<br />

Guimarães oder<br />

Maribor«?<br />

Maribor in Slowenien und Guimarães<br />

in Portugal sind die Europaeischen<br />

Kulturhauptstaedte <strong>2012</strong>.<br />

Die zweitgroesste slowenische Stadt<br />

Maribor liegt am Fuße des Pohorjegebirges<br />

in der Untersteiermark. Der nächste<br />

größere Nachbar in 60 km Entfernung<br />

ist Graz.<br />

Guimarães mit 52 000 Einwohnern liegt<br />

50 km nordöstlich von Porto in Portugal.<br />

Die Altstadt von Guimarães gehört zum<br />

UNESCO Weltkulturerbe, Maribor<br />

www.boening.eu<br />

© Lisa Sprengel,(O.i.F.)<br />

© Jan-Peter Boening<br />

© Jan-Peter Boening<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Brezel Bar<br />

Friesenstraße 2<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Sa 10 – 20 Uhr<br />

www.brezelbar.de<br />

0179 975 00 29<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Paasburg´s Weinhandlung<br />

Fidicinstraße 3<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

www.paasburg.de<br />

030 611 018 38<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

73


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

© Frank-Rüdiger Berger<br />

Gruppe 97<br />

Frank-Rüdiger Berger<br />

Susanne Czichowski<br />

Sylvia Forsten<br />

Ursula Kelm<br />

Angela Kröll<br />

Barbara Oehler<br />

74 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Ursula Kelm<br />

© Susanne Czichowski © Sylvia Forsten © Angela Kröll<br />

Eröffnung: 3. Juni <strong>2012</strong><br />

15 Uhr: Galerie Marheineke-Markthalle<br />

16 Uhr: The Browse – Galerie Gang Art<br />

Zwischen den Bäumen<br />

Zwischen den Bäumen … liegt der<br />

Wald: geheimnisvoll-faszinierender Ort<br />

aus alten Märchentagen und gleichzeitig<br />

gefährdete Lunge der Natur. Ob einzelner<br />

Baum, lichter Hain oder dunkles<br />

Gehölz – der Wald bewegt uns und<br />

zieht uns an, er erfreut uns oder schreckt<br />

uns ab … der Wald … zwischen den<br />

Bäumen …<br />

© Barbara Oehler<br />

www.gruppe97berlin.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

The Browse – Galerie Gang Art<br />

Gesundheitszentrum<br />

Bergmannstraße 5<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Sa 14 – 20 Uhr


Sönke Tollkühn<br />

»wann ist das schwein<br />

ein schwein«<br />

sönke tollkühn - 1959 in hamburg geboren.<br />

zwei jahre hamburger fotoschule.<br />

lebe seit 1985 in berlin. arbeite seit 1987<br />

regelmäßig für tageszeitungen. schon<br />

diverse ausstellungen in berlin. titel der<br />

ausstellung im juni <strong>2012</strong> »wann ist das<br />

schwein ein schwein«. gezeigt werden<br />

collagen mit schweinen- in der restaurantgalerie<br />

Z in der friesenstraße. im vergangenen<br />

jahr turnten affen an berliner<br />

C.A. Schulz<br />

»Don’t touch my radio<br />

– L’altra Venezia«<br />

San Marco, Canal Grande, Carnevale<br />

– das Bild keiner Stadt ist so sehr<br />

geprägt von »Postkartenansichten« wie<br />

das Bild Venedigs. »L’altra Venezia«<br />

versucht einen anderen Blick auf<br />

eine Stadt zu vermitteln, eine andere<br />

Ästhetik zu finden, die dennoch typisch<br />

venezianisch ist.<br />

Zoe La Mar<br />

»where to«<br />

Ein kleines Mädchen in einem Zug, auf<br />

einer Bahnstation.<br />

Der Blick schweift in die Ferne und wir<br />

wissen nicht, ob vor oder zurück.<br />

Was erwartet das Kind? Ein neues Glück,<br />

eine traurige Episode?<br />

Was blieb zurück- für immer oder nur<br />

für ein paar Tage? Ein vergessener Teddy,<br />

ein Freund, ein Zuhause? Egal, was war<br />

oder was kommen mag, es gibt nur ein<br />

Weiter. Auch für ein Kind. Geprägt hat<br />

alles und das kommt immer mit.<br />

© Sönke Tollkühn<br />

hausfassaden. <strong>2012</strong> sind schweine in<br />

der stadt. wissenschaftler haben herausgefunden,<br />

dass schweine ein bewusstsein<br />

haben, können sich sogar im spiegel<br />

erkennen.........<br />

© C.A. Schulz, »Don’t touch my radio«<br />

© Zoe La Mar<br />

Ein Kind auf einem Weg. Das lädt ein<br />

zum Träumen und Hoffen. Und man will<br />

erst einmal vergessen, dass jeder Weg<br />

auch seine Grenzen hat.<br />

Otana Thiede, Autorin<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Restaurant Z<br />

Friesenstraße 12<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Sa 12 – 24 Uhr<br />

www.restaurant-z.de<br />

030 692 27 16<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Kollo<br />

Chamissoplatz 4<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Sa ab 18 Uhr<br />

So ab 19 Uhr<br />

www.kollo-berlin.de<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Bar Vereinszimmer<br />

Kreuzbergstraße 15<br />

10965 Berlin-Kreuzberg<br />

Täglich 08 –20 Uhr<br />

www.bar-vereinszimmer.de<br />

030 818 287 50<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

75


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

© Boryana Katsarova<br />

International<br />

Ausstellungen Dokumentar- und Reportage-Fotografie weltweit (18.-23.6.<strong>2012</strong>)<br />

Professional Week (18.-22.6.<strong>2012</strong>)<br />

Meet & Greet – Infostände, Veranstaltungen, Portfolio Viewings<br />

Fotografen/innen-Bildvorträge, Workshops, Diskussionspanels, Interview-Gespräche u.a.<br />

Locations: Festivalgelände: Nähe Checkpoint Charlie und Jüdischem Museum/<br />

ehem. Blumengroßmarkt, Enkestraße/ Besselpark, Veranstaltungszelte & Außengelände,<br />

sowie Forum Factory, Besselstr. 13-14, 10969 Berlin<br />

Eröffnungsveranstaltung: Mo 18.6.<strong>2012</strong>, 19:00 Uhr<br />

Location: zentrales Veranstaltungszelt Festivalgelände<br />

Vorab um 17:30 Uhr: Ausstellungseröffnung: »Himalaya« Frederic Lemalet<br />

Location: Factory Forum, Besselstraße 13-14, 10969 Berlin<br />

Award-Verleihung und Party: Fr 22.6.<strong>2012</strong>, 19:00 Uhr<br />

Location: zentrales Veranstaltungszelt Festivalgelände<br />

76 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


Valerio Bispuri<br />

Yuri Kozyrev, © Sergei Art<br />

Boryana Katsarova<br />

Kadir van Lohuizen, (Selfportrait)<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Internationale Ausstellungen<br />

� World Press Photo 12 ............................................................................. 78<br />

NOOR Climate Change Project<br />

� Blackfields: Poland´s Coal Industry by Pep Bonet .................................... 82<br />

� Shadows of Change by Stanley Greene ................................................... 84<br />

� War and Climate Refugees by Jan Grarup ............................................... 86<br />

� Yamal Peninsula by Yuri Kozyrev ............................................................ 88<br />

� The Maldives by Francesco Zizola ......................................................... 90<br />

� Greening the Ghetto by Nina Berman .................................................... 92<br />

� Tupande Miti! Sustainable Forestry by Alixandra Fazzina ........................ 94<br />

� Wind Energy in China by Kadir van Lohuizen ......................................... 96<br />

� The Cuban Solution by Jon Lowenstein ................................................... 98<br />

Dokumentar- und Reportagefotografie<br />

� Ann-Christine Woehrl »African Voodoo«...................................................... 100<br />

� Arthur Bondar »The Holy War« .............................................................. 102<br />

� Boryana Katsarova »The Touch« ............................................................. 104<br />

� Frederic Lemalet »Himalaya« ......................................................................... 106<br />

� Sergey Kozmin »Girl Soldiers« ................................................................ 108<br />

� Daniele Tamagni »The Flying Cholitas« ................................................... 110<br />

� Günter Zint, »ZINTSTOFF« – Werkschau des Dokumentarfotografen ...... 112<br />

� Nikos Pilos »An Underground - Political Culture« ................................... 114<br />

� Benjamin Hiller ...................................................................................... 116<br />

� Stefano Renna »Le voci di dentro« .......................................................... 118<br />

� Androniki Christodoulou »UNDERWORLD« .......................................... 120<br />

� Nadav Neuhaus »Drug wars in Mexico« ...................................................... 122<br />

� Bruno Decock »Mit dem iPhon unterwegs« ............................................ 124<br />

� Robert King »War photographer« ............................................................ 126<br />

� Gordon Welters »Geh, meine Schöne« ................................................... 128<br />

� Erik-Jan Ouwerkerk »Einsame Kommunkation« ....................................... 129<br />

� Valerio Bispuri, Encerrrados »Travel to Sout America jail« ....................... 130<br />

� Timo Vogt »Syria - Land of the Living Dead«........................................... 132<br />

� Hana Jakrlova »Big Sisters« .................................................................... 134<br />

� Tserendorj, Byambasuren, Lkhagvasuren,»FOR ALL WHO HAVE A HEART<br />

� FOR MONGOLS« ................................................................................. 136<br />

� Tian Taiquan »Amarcord« ....................................................................... 138<br />

� Jiri Rezac »Alberta Tar Sands« ................................................................ 140<br />

� Fotowettbewerb »dpa-Bilder des Jahres« ................................................ 142<br />

� Black. Light Project ......................................................................................... 144<br />

Focus-Ausstellungen »4 Berliner Fotografen«<br />

� Michael Hughes »Souvenirs« ......................................................................... 148<br />

� Gerhard Kassner »Professional-Privat«, Bilder von Menschen .................. 150<br />

� Daniel Wetzel »Kriegerinnen« ................................................................ 152<br />

� Roland Horn »Streitfragen« ..................................................................... 154<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

77


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

World Press Photo 12<br />

Der spanische Fotograf Samuel Aranda<br />

ist für sein Bild einer verschleierten<br />

Jemenitin, die einen verletzten Verwandten<br />

im Arm hält, mit dem Preis für<br />

das beste Pressefoto des Jahres ausgezeichnet<br />

worden.<br />

Das Siegerfoto entstand in Sanaa,<br />

Jemen. Am 15. Oktober des vergangenen<br />

Jahres forderten 100.000 Menschen<br />

den Rücktritt des Präsidenten Ali Abdullah<br />

Saleh. Zwölf Menschen wurden von<br />

Sicherheitskräften und Verbündeten des<br />

Regimes erschossen, Dutzende Menschen<br />

wurden verletzt.<br />

Zur Begründung der Jury sagte der Vorsitzende,<br />

Aidan Sullivan: »Vielleicht<br />

werden wir nie erfahren, wer diese Frau<br />

ist, die einen verletzten Verwandten in<br />

ihren Armen wiegt. Aber die beiden<br />

sind ein lebendiges Bild vom Mut einfacher<br />

Menschen. Sie halfen, ein wichtiges<br />

Kapitel in der Geschichte des Mittleren<br />

Ostens zu schreiben.«<br />

Der 1979 geborene Preisträger, Samuel<br />

Aranda, arbeitet seit 2004 für die Agentur<br />

Agence France Presse und dokumentiert<br />

Konflikte und soziale Spannungen<br />

in Spanien, Nordafrika, dem Nahen und<br />

Mittleren Osten.<br />

Die Stiftung World Press Photo vergibt<br />

jedes Jahr in 18 Kategorien Preise für die<br />

besten Pressefotos.<br />

Eine international besetzte Jury aus<br />

19 Fotografen wählte das World Press<br />

Photo aus mehr als 100.000 Fotografien<br />

aus. Insgesamt wurden 57 Fotografen<br />

aus 24 Nationen ausgezeichnet.<br />

Teilge-nommen hatten 5247 Fotografen<br />

aus 124 Ländern.<br />

8. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Eintritt frei, Ausweis erforderlich<br />

78 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

»World Press Photo of the Year 2011«<br />

© Samuel Aranda, Spain, for The New York Times<br />

A woman holds her wounded son in her arms during protests against president Saleh, Sanaa Yemen,<br />

15. October, (O.i.F.)<br />

»2nd prize Sports Stories«<br />

© Adam Pretty, Australia, Getty Images<br />

Divers practice during the 14th FINA World Aquatics Championships at the Oriental Sports Center<br />

in Shanghai, China, 17. July


»2nd prize General News Stories«<br />

© Paolo Pellegrin, Italy, Magnum Photos for Zeit Magazin<br />

Tsunami aftermath, Japan, 14. April<br />

»2nd prize People in the News Singles«<br />

© Tomasz Lazar, Poland<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Arrest of protesters in Harlem, New York City, during a demonstration against police tactics an income inequality. New York, USA, 25. October, (O.i.F.)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

79


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

© Pep Bonet, NOOR/Laif<br />

80 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


NOOR<br />

ist ein Fotografen-Kollektiv und eine<br />

Stiftung mit Sitz in Amsterdam. NOOR<br />

bringt die Talente und Perspektiven von<br />

elf Fotografen aus sieben verschiedenen<br />

Ländern zusammen. Seine preisgekrönten<br />

Mitglieder zählen zu den anerkanntesten<br />

und erfahrensten Fotojournalisten<br />

unserer Zeit.<br />

NOOR<br />

will zu einem wachsenden Verständnis<br />

der Welt beitragen - mit unabhängigen<br />

visuellen Hintergrund-Reportagen, die<br />

den Blick der Öffentlichkeit für Fragen<br />

der Menschenrechte und anderer globaler<br />

Probleme schärfen und einen positiven<br />

sozialen Wandel stimulieren. Langzeit-Projekte<br />

sind ein Markenzeichen<br />

von NOOR.<br />

Neben individuellen Projekten der einzelnen<br />

Mitglieder, stehen Gruppenprojekte<br />

klar im Vordergrund der Arbeit von<br />

NOOR.<br />

NOOR<br />

is a photographic collective and foundation<br />

based in Amsterdam, the Netherlands,<br />

combining the talents and perspectives<br />

of eleven photographers hailing<br />

from seven different countries. Its<br />

members are some of the most highly<br />

recognized and experienced photojournalists<br />

working today.<br />

NOOR<br />

seeks to contribute to a growing understanding<br />

of the world by producing<br />

independent in depth visual reports that<br />

stimulate positive social change, impact<br />

views on human rights and other issues<br />

of global concern. Long-term projects<br />

are a trade mark of NOOR.<br />

Besides individual photographic<br />

projects, long-term collective projects<br />

are at the core of NOOR.<br />

Das Klimawandel Projekt<br />

Im Sommer 2009 entschieden sich die<br />

Fotografen dazu, sich für ein Langzeitprojekt<br />

zusammenzutun, das die humanitären<br />

Auswirkungen des Klimawandels<br />

zeigt – Consequences – und analysiert,<br />

was getan werden kann um den<br />

Klimawandel zu verlangsamen oder<br />

umzukehren – Solutions..<br />

Consequences wurde 2009 erstmals auf<br />

dem UN Weltklimagipfel in Kopenhagen<br />

gezeigt. Im Dezember 2010 folgte<br />

die Reportage-Reihe Solutions. Beide<br />

Serien touren als Wanderausstellungen<br />

durch die Welt und das Projekt erregt<br />

große internationale Aufmerksamkeit.<br />

Das NOOR Projekt Klima-Wandel bei<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Insgesamt besteht das zweiteilige Projekt<br />

Climate Change aus 21 Reportagen<br />

mit 600 Bildern. The Browse Fotofestival<br />

Berlin <strong>2012</strong> präsentiert 17<br />

Geschichten von 9 Fotograf/innen mit<br />

107 Fotos. Erstmals werden Reportagen<br />

aus beiden Projekt-Serien - Consequences<br />

und Solutions -zusammen an<br />

einem Ort ausgestellt.<br />

Textquelle: Auszüge mit geringen Modifikationen<br />

aus NOOR Selbstdarstellungen. Alle weite-<br />

ren Texte zu den Reportagen und Fotografen ©<br />

NOOR.<br />

The Climate Change Project<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

NOOR<br />

In the summer of 2009, the photographers<br />

decided to unite their efforts to<br />

create a group project that shows the<br />

humanitarian effects of climate change –<br />

Consequences – and analyses what can<br />

be done to slow done or turn around climate<br />

change – Solutions.<br />

Consequences was first shown at the<br />

UN climate summit in Copenhagen,<br />

December 2009. In December 2010<br />

Solutions followed.<br />

The Climate Change Special at The<br />

Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Climate Change by NOOR has received<br />

huge international attention and both<br />

project exhibitions have been touring<br />

internationally extensively.<br />

The Climate Change project consists of<br />

21 stories with 600 images. The Browse<br />

Fotofestival Berlin <strong>2012</strong> presents 17 stories<br />

by 9 photographers with 107 images<br />

of NOOR’S Consequences and Solutions<br />

– the first time ever that images of<br />

both projects have been publicly exhibited<br />

at the same time in a single exhibition.<br />

Kontakt<br />

Claudia Hinterseer, Managing Director<br />

www.noorimages.com<br />

office@noorimages.com<br />

tel. +31 20 616 4040<br />

P.O. Box 15666<br />

1001 ND Amsterdam, the Netherlands<br />

81


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Consequences<br />

Blackfields: Poland’s<br />

Coal Industry<br />

by Pep Bonet<br />

Coal Mines, Poland | Sep 2009<br />

Polen ist der zweitgrößte Kohleproduzent<br />

und Verbraucher in Europa und infolgedessen<br />

auch eines der meist verschmutzten<br />

und die Umwelt verschmutzenden<br />

Länder Europas. Von allen fossilen<br />

Brennstoffen hat der Einsatz von<br />

Poland is the second largest coal<br />

producer and consumer in all of Europe<br />

and consequently one of the most<br />

polluted and polluting countries. From<br />

all fossil fuels brown coal is the one<br />

Poland, Belcahtow. September 2009. © Pep Bonet, NOOR/laif<br />

82 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Braunkohle die stärkste Auswirkung auf<br />

den Klimawandel. Er produziert 1/3 des<br />

weltweiten CO2 Ausstoßes.<br />

Pep Bonet besuchte das Gebiet<br />

Oberschlesien – eine der am stärksten<br />

industrialisierten und verschmutz-<br />

that has the biggest impact on climate<br />

change, producing 1/3 of the worlds<br />

CO2 emissions.<br />

Pep Bonet visited the region of Upper<br />

Silesia - one of the most heavily<br />

ten Regionen des Kontinents – um die<br />

Auswirkungen der Kohleindustrie auf die<br />

Umwelt und die Menschen zu dokumentieren.<br />

industrialized and polluted areas in<br />

the continent - to document the environmental<br />

and humanitarian impact of<br />

coal mining.


NOOR Climate Change Project<br />

September 2009. Sosnica - Makoszowy Coal Mine. Portrait of a miner working at 850 m under earth. © Pep Bonet, NOOR/laif<br />

Pep Bonet (Spain, 1974)<br />

Pep’s work focuses on African issues and<br />

long-term projects. His work on social<br />

issues has led to several photography<br />

books and many exhibitions worldwide.<br />

Pep is a recipient of the Eugene Smith<br />

Humanistic Grant in Photography and<br />

several World Press Photo Awards. Pep<br />

Lives in Mallorca.<br />

Pep Bonet (Spain, 1974)<br />

Pep’s Hauptaugenmerk liegt auf den<br />

Problemen Afrikas und Langzeitprojekten.<br />

Aus seiner Arbeit zu sozialen Problemen<br />

entstanden diverse Fotografiebücher<br />

und zahlreiche Ausstellungen<br />

weltweit. Pep erhielt den Eugene Smith<br />

Humanistic Grant für Fotografie und<br />

einige World Press Photo Preise. Pep<br />

lebt in Mallorca.<br />

Pep Bonet, © Joana Pinar<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

83


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Consequences<br />

Shadows of Change<br />

by Stanley Greene<br />

Greenland | Oct 2009<br />

»Dieses Wetter gehört hier nicht her. Es<br />

gehört jemand anderem. Wenn wir kein<br />

Eis haben, werden wir sterben.« Mit dieser<br />

Weissagung fasst ein Inuit-Jäger die<br />

fatale Situation für die Einheimischen<br />

»This weather does not belong to us. It<br />

belongs to someone else. If we don’t<br />

have ice, we are going to die.« With<br />

this prediction, an Inuit hunter sums<br />

up the dire situation for the indigenous<br />

Shadows of change, Uummannatsiaq, Greenland -10/21/09, © Stanley Greene, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />

84 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Nord- und Ostgrönlands zusammen.<br />

Vermutlich ist nirgendwo auf der Erde der<br />

Beweis für den Klimawandel offensichtlicher.<br />

Mancherorts ist das Eis bereits zu<br />

dünn für die Inuit, um ihre Reise zu ihren<br />

peoples who live in northern and eastern<br />

Greenland. Nowhere on Earth, perhaps,<br />

is the evidence of climate change more<br />

apparent. In some places, the ice shelf<br />

is already too thin to permit the Inuit<br />

traditionellen Jagdgründen zu machen.<br />

Die Inuit, die Jahrhunderte überlebten, in<br />

dem sie Robben und Wale jagten, müssen<br />

nun mit ihren eigenen Augen beobachten,<br />

wie ihre Lebensart zerstört wird.<br />

to travel to traditional hunting grounds.<br />

The Inuit, who survived for centuries by<br />

hunting seals and whales, are watching<br />

their way of life disappear before their<br />

very eyes.


Shadows of change, Uummannaq, Greenland -10/21/09, © Stanley Greene, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />

Stanley Greene (USA, 1949)<br />

Stanley Greene has worked extensively<br />

all over the world. His most well known<br />

body of work is his coverage of the war<br />

in Chechnya, from which he released<br />

»Open Wound« in 2003. His most recent<br />

book »Black Passport« was published in<br />

Autumn 2009. He is a recipient of the<br />

Eugene Smith Humanistic Grant and the<br />

2011 Getty Award for Editorial Images.<br />

Stanley is based in Paris.<br />

Stanley Greene (USA, 1949)<br />

Stanely Greene hat überall auf der<br />

ganzen Welt gearbeitet. Die bekannteste<br />

Arbeit des Fotografen ist seine<br />

Berichterstattung über den Tschetschenienkrieg.<br />

Ergebnisse dieser Arbeit<br />

hat er in »Open Wound« 2003 veröffentlicht.<br />

Sein neuestes Buch »Black<br />

Passport« kam im Herbst 2009 heraus.<br />

Er erhielt den Eugene Smith Humanistic<br />

Grant und den Getty Award for Editorial<br />

Images 2011. Stanley lebt in Paris.<br />

NOOR Climate Change Project<br />

Stanley Greene, © Sarah Shatz<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

85


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Consequences<br />

War and Climate<br />

Refugees<br />

by Jan Grarup<br />

Horn of Africa | Nov 2009<br />

Das größte Flüchtlingslager der Welt,<br />

Dadaab in Kenya, platzt mit seinen<br />

300,000 Insassen aus allen Nähten, und<br />

täglich kommen mehr. Viele von ihnen<br />

sind sogenannte »Klimaflüchtlinge«,<br />

Menschen, die wegen monatelanger<br />

Dürre ihre Heimat gezwungenermaßen<br />

The world’s largest refugee camp in<br />

Dadaab, Kenya is bursting at the seams<br />

with more than 300,000 occupants, and<br />

more coming everyday. Many of them<br />

are so called »climate refugees«, people<br />

forced to leave their homes following<br />

Dadaab refugeecamp - 90 kilometers from the somali border. the world biggest refugeecamp with apx. 300.000 people living there.<br />

© Jan Grarup, NOOR/laif<br />

86 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

verlassen müssen. Die prekäre Situation<br />

verschlimmerte sich jüngst noch durch<br />

starken Regenfall. Da das wasserarme<br />

Land zu trocken ist, um Regen aufzunehmen,<br />

entstehen Hochwasser und<br />

Überschwemmungen, die die Häuser<br />

der Einwohner zerstören und sani-<br />

several months of severe drought. The<br />

precarious situation recently worsened<br />

due to heavy rains. With the arid land<br />

too dry to absorb rainfall, floodwaters<br />

are rising, destroying shelters and contaminating<br />

sanitation facilities. As a result,<br />

täre Anlagen verseuchen. Dadurch verbreiten<br />

sich Seuchen wie Malaria, die<br />

schnell tausende Menschen infizieren.<br />

Die UN schätzt, dass es bis <strong>2012</strong> über<br />

50 Millionen Klimaflüchtlinge alleine in<br />

Afrika geben wird.<br />

waterborne diseases such as malaria are<br />

thriving and rapidly infecting thousands.<br />

The UN estimated that by <strong>2012</strong> there<br />

will be over 50 million climate refugees<br />

in Africa alone.


Liboi - border town between Somalia and Kenya. the place where refugees cross over illigally. © Jan Grarup, NOOR/laif<br />

Jan Grarup (Denmark, 1968)<br />

Over the last 20 years, he has documented<br />

many of the defining moments<br />

of history. Jan has documented daily life<br />

on both sides of the intifada with his stories<br />

»The boys from Ramallah« and »The<br />

boys from Hebron«. Jan is a recipient<br />

of numerous awards including the 2011<br />

Leica Oscar Barnack Award for his coverage<br />

of the Haiti earthquake in January<br />

2010. Jan resides in Copenhagen.<br />

Jan Grarup (Denmark, 1968)<br />

In den letzten 20 Jahren dokumentierte<br />

Jan viele historische Momente,<br />

unter anderem das alltägliche Leben<br />

auf beiden Seiten der Intifada mit den<br />

Reportagen: »The boys from Ramallah«<br />

und »The boys from Hebron.« Jan erhielt<br />

zahlreiche Preise, darunter den 2011<br />

Leica Oscar Barnack Preis für seinen<br />

Bericht über das Erdbeben von Haiti im<br />

Januar 2010. Jan lebt in Kophenhagen.<br />

NOOR Climate Change Project<br />

Jan Grarup, © Peter Hove<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

87


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Consequences<br />

Yamal Peninsula<br />

by Yuri Kozyrev<br />

Yamal, Russia | Oct 2009<br />

In der Sprache der einheimischen<br />

Nenets beuted Jamal: »Das Ende der<br />

Welt.« Die 700 km lange Halbinsel in<br />

Sibiren beherbergt nicht nur die 42,000<br />

Nenets, sondern auch die größten<br />

natürlichen Gasvorkommen der Welt.<br />

Über 1,000 Jahre haben die Nenets<br />

In the language of the indigenous Nenets,<br />

Yamal »means world’s end.« This 435mile<br />

long peninsula in Siberia is home<br />

to both 42,000 Nenets and the largest<br />

natural gas reserve in the world. For a<br />

1,000 years, the Nenets have herded<br />

88 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

ihre domestizierten Rentiere zu den<br />

Sommerweiden oberhalb des nördlichen<br />

Polarkreises geführt. Heute ist die<br />

traditionelle Lebensweise der Nenets<br />

durch die steigenden Temperaturen, die<br />

die Tundra in einen morastigen Sumpf<br />

verwandeln und durch den habgieri-<br />

their domesticated reindeer to summer<br />

pastures above the Arctic Circle. But<br />

now, the Nenets’ traditional way of life<br />

is threatened by warming temperatures<br />

that turn the tundra into a boggy swamp<br />

and by the world’s rapacious appetite<br />

Vasilyi Ivanovich, the elder of the tribe. © Yuri Kozyrev, NOOR 2009/laif, (Original is a colour image)<br />

gen Appetit auf Erdgas bedroht. Der Ob<br />

Strom, den die Nenets überqueren, um<br />

zu ihren südlichen Weiden zurückzukehren,<br />

friert immer später zu, was die<br />

Rentiere zwingt, länger auf den abgegrasten<br />

Winterweiden nach Futter zu<br />

suchen.<br />

for natural gas. The Ob River, which the<br />

Nenets cross to return to their southern<br />

pastures, freezes later than ever before,<br />

forcing reindeer to forage longer in<br />

depleted winter pastures.


NOOR Climate Change Project<br />

Yamal peninsula, north-west Siberia, Russia: Aerial view of Ymal peninsula. It is one of the world’s last great wildernesses, a 435-mile long peninsula of<br />

lakes and squelching tundra stretching deep into the Arctic Ocean. © Yuri Kozyrev, NOOR 2009/laif, (Original is a colour image)<br />

Yuri Kozyrev (Russia, 1963)<br />

A native of Russia, Yuri has covered<br />

every major conflict in the former<br />

Soviet Union. He lived in Baghdad, Iraq<br />

between 2003 and 2009, as a contract<br />

photographer for TIME Magazine. Yuri<br />

has received numerous honors, including<br />

the OPC Oliver Rebbot Award, ICP’s<br />

Infinity Award for photojournalism, several<br />

World Press Photo awards, World<br />

Press Photo Award <strong>2012</strong> for Spot News,<br />

1 st prize singles, and the prestigious<br />

Visa d’Or News Award in 2011 for his<br />

work on the Arab Spring. Yuri is based<br />

in Moscow.<br />

Yuri Kozyrev (Russia, 1963)<br />

In Russland geboren, hat Yuri zu allen<br />

bedeutenden Konflikten der ehemaligen<br />

Sowjetunion gearbeitet. Er lebte<br />

zwischen 2003 und 2009 in Bagdad,<br />

im Irak und arbeitete dort unter Vertrag<br />

als Fotograf für das TIME Magazine.<br />

Yuri erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter<br />

den OPC Oliver Rebbot Preis, ICP’s<br />

Infinity Preis für Fotojournalismus, für<br />

seine Arbeit zum Arabischen Frühling<br />

den renommierten Visa d’Or News Preis<br />

2011, sowie mehrere World Press Photo<br />

Preise – zuletzt im Jahr <strong>2012</strong> den 1. Preis<br />

in der Kategorie »Spot News«, Einzelbilder<br />

für das Foto »On the Revolution<br />

Road«, das kämpfende Rebellen in<br />

Libyen zeigt. Yuri lebt in Moskau.<br />

Yuri Kozyrev, © Sergei Art<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

89


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Consequences<br />

A Paradise in Peril:<br />

The Maldives<br />

by Francesco Zizola<br />

Maldives | Oct 2009<br />

Der maledivische Inselstaat im Indischen<br />

Ozean ist das tiefliegendste Land der<br />

Erde. Der Wasserspiegel der Ozeane<br />

steigt durch die schmelzenden Gletscher<br />

immer weiter an. Das tropische Paradies<br />

wird der erste Staat sein, der von den steigenden<br />

Wellen verschluckt werden wird.<br />

The Indian Ocean island nation of<br />

Maldives is the lowest lying country in<br />

the world. As the oceans fill with water<br />

from melting glaciers, this tropical paradise<br />

will be the first country on the pla-<br />

90 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Experten sagen, dass innerhalb der nächsten<br />

15 Jahre der steigende Wasserspiegel<br />

alle 396,000 Inselbewohner zum<br />

Auswandern zwingen wird. Andere<br />

Inseln und Küstenregionen weltweit<br />

stehen der gleichen Bedrohung gegenüber.<br />

Migrationsdruck aufgrund des<br />

net to slip below the waves. Experts predict<br />

that within the next 15 years, rising<br />

sea levels will force the island’s 396,000<br />

residents to migrate elsewhere. Other<br />

islands and coastal regions around the<br />

Hulhumalé, Maldives. October 2009, © Francesco Zizola, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />

steigenden Wasserspiegels wird unverhältnismäßig<br />

stark ärmere Staaten in<br />

der sog. »Dritten Welt« betreffen, wenn<br />

Klimaflüchtlinge in benachbarte Länder<br />

drängen.<br />

world face similar threats. Migrations<br />

forced by rising sea levels will disproportionately<br />

affect poor nations and the<br />

developing word as climate refugees<br />

overwhelm neighboring countries.


Malé, Maldives. October 2009, © Francesco Zizola, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />

Francesco Zizola (Italy, 1962)<br />

Francesco has photographed the world’s<br />

major conflicts and its hidden crises.<br />

Francesco has received numerous international<br />

awards and prizes, eight World<br />

Press Photo awards and four Pictures<br />

of the Year Awards. Francesco lives in<br />

Rome.<br />

Francesco Zizola (Italy, 1962)<br />

Francesco fotografierte die großen<br />

Konflikte der Welt und ihre verstecken<br />

Krisen. Er erhielt zahlreiche internationale<br />

Auszeichungen und Preise. Mit seinen<br />

Arbeiten holte er u.a. acht World<br />

Press Photo Preise und gewann viermal<br />

die Auszeichnung Picture of the Year.<br />

NOOR Climate Change Project<br />

Francesco Zizola, © Leo Carbotta<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

91


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Solutions<br />

Greening the Ghetto<br />

by Nina Berman<br />

The Bronx, USA | Jul - Oct 2010<br />

Was einst Amerikas bekanntester Slum<br />

war, ist nun an der Spitze einer landesweiten<br />

Bewegung, die dem Klimawandel<br />

mit praktischen Maßnahmen für mehr<br />

Umweltgerechtigkeit entgegentritt, eine<br />

Straße nach der anderen. Was gut für<br />

den Planeten ist, ist auch gut für die<br />

What was once America’s most famous<br />

slum is now at the forefront of a national<br />

movement tackling climate change<br />

with environmental justice, one street<br />

at a time. What’s good for the planet is<br />

also good for the ’hood. The South Bronx,<br />

92 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Nachbarschaft. Die südliche Bronx, im<br />

Film verewigt als breiter Landstrich voll<br />

abgefackelter Wohnhäuser, mit Schutt<br />

beladener Grundstücke, Gangbangers<br />

und der Hip-Hop Jugend, hat sich im<br />

Vergleich zu der Zeit, als President<br />

Jimmy Carter durch diese urbane<br />

immortalized in films with its vast swath<br />

of torched tenements, rubble-strewn lots,<br />

gangbangers and hip-hop kids, looks<br />

quite different now than it did in 1977,<br />

when President Jimmy Carter walked<br />

through its urban ruin. Over the years,<br />

Ruine spazierte, stark verändert. Über<br />

die Jahre haben engagierte Anwohner<br />

da, wo andere nur Zerstörung sahen,<br />

Möglichkeiten zur Veränderung gesehen,<br />

haben verlassene Grundstücke aufgeräumt,<br />

Nutzgärten und Grünflächen<br />

geschaffen.<br />

motivated residents who saw possibility<br />

where others found wreckage cleaned<br />

out abandoned lots and created green<br />

spaces.<br />

Beekeepers Zan Asha and Dwaine Lee check their hives located on the rooftop of Zan’s building in the Hunt’s Point section of the Bronx.<br />

© Nina Berman, NOOR/laif, (Original is a colour image)


NOOR Climate Change Project<br />

76-year-old Abu Talib helped turn a vacant lot filled with old cars, tires, and garbage, into this half block long urban paradise with watermelons,<br />

peaches, apples, squash, cucumbers, tomatoes, peppers and chickens. © Nina Berman, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />

Nina Berman (USA, 1960)<br />

Nina Berman’s long-term projects have<br />

focused primarily on the American<br />

political and social landscape. She is<br />

the recipient of numerous grants and<br />

awards including World Press Photo,<br />

the Open Society Institute and the New<br />

York Foundation for the Arts. Nina was<br />

selected for the 2010 Whitney Museum<br />

of American Art Biennial. Nina lives in<br />

New York.<br />

Nina Berman (USA, 1960)<br />

Nina Berman’s Langzeitprojekte konzentrierten<br />

sich hauptsächlich auf<br />

Amerikas politische und soziale Lage.<br />

Sie erhielt zahlreiche Stipendien und<br />

Auszeichnungen u.a. von World Press<br />

Photo, Open Society Institute und<br />

die der New York Foundation for the<br />

Arts. Nina wurde für die Biennale des<br />

Whitney Museum of American Art 2010<br />

ausgewählt. Nina lebt in New York.<br />

Nina Berman<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

93


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Solutions<br />

Tupande Miti!<br />

Sustainable Forestry<br />

by Alixandra Fazzina<br />

Democratic Republic of Congo<br />

Nov 2010<br />

Abholzung produziert rund ein Fünftel<br />

des globalen Treibhauseffektes. Den<br />

restlichen Regenwald zu schützen ist<br />

ein Schlüssel, um dem Klimawandel<br />

entgegenzuwirken.<br />

Deforestation produces about one fifth<br />

of global greenhouse gas emissions.<br />

Protecting the world’s remaining tropical<br />

forests is a key part of the solution to<br />

tackling the climate crisis.<br />

94 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Im Osten Kongos können die Einwohner<br />

bereits den Effekt der Abholzung bezeugen,<br />

denn sich ändernde Wetterbedingungen<br />

trocknen die Flüsse aus. Hier ist der<br />

Klimawandel keine abstrakte Vorstellung;<br />

In Eastern Congo, the people are already<br />

witnessing the effects of deforestation<br />

as weather patterns change and rivers<br />

begin to dry up. Climate change in this<br />

region is not something abstract; when<br />

MITI, DEMOCRATIC REPUBLIC OF CONGO - NOVEMBER 2010, © Alixandra Fazzina, Noor/laif, (Original is a colour image)<br />

wenn Bäume gefällt werden bleibt der<br />

Regen aus, was den Erntezyklus ändert<br />

und die Wasservorkommen dezimiert. In<br />

den letzten Jahren wurde ein Ruf immer<br />

lauter: »Tupande Miti!« Pflanzt Bäume!<br />

trees are cut, the rains no longer come,<br />

altering crop cycles and depleting<br />

supplies of water. Over the past decade<br />

there has been a cry, »Tupande Miti!«<br />

Plant trees!


NOOR Climate Change Project<br />

RUMANGABO, DEMOCRATIC REPUBLIC OF CONGO - NOVEMBER 2010, © Alixandra Fazzina, Noor/laif, (Original is a colour image)<br />

Alixandra Fazzina (UK, 1974)<br />

Alixandra Fazzina’s photography<br />

focuses on under-reported conflicts<br />

and the often forgotten humanitarian<br />

consequences of war. Studying Fine Art,<br />

she began her career as a war artist in<br />

Bosnia. Since then, she has worked independently<br />

as a photojournalist throughout<br />

Eastern Europe, Africa, the Middle<br />

East and Asia. She is the recipient of the<br />

2010 Nansen Refugee Award from the<br />

UNHCR. Alixandra is based in Pakistan.<br />

Alixandra Fazzina (UK, 1974)<br />

Alixandra Fazzina’s Fotografie konzentriert<br />

sich auf medial wenig beachtete<br />

Konflikte und auf die oft vergessenen<br />

humanitären Folgen des Krieges. Schon<br />

während des Kunststudiums startete sie<br />

ihre Karriere als Künstlerin im Bosnienkrieg.<br />

Seit dem arbeitet sie eigenständig<br />

als Fotojournalistin in Ost-Europa,<br />

Afrika, dem Mittleren Osten und Asien.<br />

Sie erhielt die 2010 Nansen Refugee<br />

Auszeichnung des UNHCR. Alixandra<br />

lebt in Pakistan.<br />

Alixandra Fazzina, © Eduardo Diaz<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

95


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Solutions<br />

Wind Energy in China<br />

by Kadir van Lohuizen<br />

China | Nov 2010<br />

Seit dem sich China zu einem CO -<br />

armen Entwicklungsweg verpflichtet hat,<br />

ist es nun der zweitgrößte Produzent von<br />

Windenergie nach den USA, mit einer<br />

Kapazität von 25.8 Gigawatt. Mit einer<br />

Since China has committed to a lowcarbon<br />

development path and is now the<br />

second biggest producer of wind energy<br />

after the US. With wind power capac-<br />

96 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

rapide wachsenden Kapazität wird das<br />

Land bis 2011 die Nummer eins sein.<br />

Große Windanlagen mit tausenden<br />

Windrädern werden in Provinzen wie<br />

der Inneren Mongolei, Xinjiang und<br />

ity 25.8 giga Watt. With capacity on a<br />

sharp increase they will be number one<br />

in 2011. Big wind farms with thousands<br />

of windmills are being constructed in<br />

The blades of a new windmill at the windfarm of Chayouzhongqi are being mounted. © Kadir van Lohuizen, NOOR/laif<br />

Gansu u.a. gebaut. Zur Zeit würde die<br />

Kapazität ausreichen, um 55 Millionen<br />

chinesische Haushalte zu versorgen.<br />

provinces like Inner Mongolia, Xinjiang,<br />

Gansu among others. The current<br />

capacity would be enough to serve 55<br />

million Chinese households.


The Goldwind wind turbine factory in Baotou. © Kadir van Lohuizen, NOOR/laif<br />

Kadir van Lohuizen<br />

(The Netherlands, 1963)<br />

Kadir has covered conflicts in Africa and<br />

elsewhere, but is probably best known<br />

for his projects on the seven rivers of<br />

the world and the diamond industry. He<br />

has received numerous prizes, including<br />

two World Press Photo awards. He is<br />

on the supervisory board of World Press<br />

Photo and has published four photo<br />

books. In 2011, he started Via Panam,<br />

a 10-months journey along the Americas<br />

investigating contemporary migration.<br />

Kadir is based in Amsterdam.<br />

Kadir van Lohuizen<br />

(The Netherlands, 1963)<br />

Kadir berichtete über Konflikte in Afrika<br />

und anderswo, aber am bekanntesten<br />

ist er wahrscheinlich durch seine Projekte<br />

über die sieben Flüsse der Welt<br />

und über die Diamantenindustrie. Er<br />

erhielt mehrere Preise, darunter zwei<br />

World Press Photo Auszeichnungen.<br />

Kadir ist Mitglied im Aufsichtsgremium<br />

von World Press Photo und veröffentlichte<br />

vier Fotobücher. In 2011 begann<br />

er das Projekt Via Panam, eine zehnmonatige<br />

Reise entlang des Amerikanischen<br />

Kontinents, um aktuelle Migrationsbewegungen<br />

zu untersuchen. Kadir<br />

lebt in Amsterdam.<br />

NOOR Climate Change Project<br />

Kadir van Lohuizen, (Selfportrait)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

97


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

The Cuban Solution<br />

by Jon Lowenstein<br />

Cuba | Oct 2010<br />

1991 zog sich die ehemalige Sowjetunion<br />

aus Kuba zurück und überließ das<br />

Land sich selbst. Die kontinuierliche<br />

Versorgung mit Petroleum stoppte und<br />

ließ die Wirtschaft austrocknen. Die<br />

In 1991 the Soviet Union pulled out of<br />

country and Cuba was left to fend for<br />

itself. The ample and continuous supply<br />

of petroleum that the economy ran on<br />

ground to a halt. Cuba’s oil imports<br />

98 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Ölimporte sanken auf 10% des Niveaus<br />

von vor 1990. Die daraus folgenden negativen<br />

Effekte für die Wirtschaft führten zu<br />

einer grundlegenden Änderung in Kuba:<br />

Nahrungsmittel wurden knapp, alte<br />

dropped to 10% of pre-1990 amounts.<br />

This had many adverse effects on the<br />

economy and caused a sea change<br />

in Cuban behavior: the food supply<br />

became limited, the cars already old<br />

Autos aus den Fünfzigern wurden ewig<br />

weiterverwendet und die Bevölkerung<br />

fand unzählige innovative Wege, um<br />

diesen Wandel zu überleben.<br />

and decrepit versions of the 1950’s were<br />

now used as taxis, people car pooled<br />

and in a myriad of ways individual<br />

Cubans developed innovative ways to<br />

survive this change.<br />

Guillermon Cordoba Morejon still uses oxen to till the land his fatehr once worked. © Jon Lowenstein, NOOR/laif, (Original is a colour image)


NOOR Climate Change Project<br />

A typical Soviet era building where people live close to an Organoponico. © Jon Lowenstein, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />

Jon Lowenstein (USA, 1970)<br />

Over the last 10 years, Jon has specialized<br />

in long-term, in-depth documentary<br />

photographic projects that question<br />

the status quo.<br />

Jon garnered the 2007 Getty Award for<br />

Editorial Images, was named Alicia Patterson<br />

Fellow in 2008, a Guggenheim<br />

Fellow and a TED fellow in 2011. Jon<br />

resides in Chicago.<br />

Jon Lowenstein (USA, 1970)<br />

Über die letzten zehn Jahre hat sich Jon<br />

auf ausführliche, langfristige Fotodokumentation<br />

spezialisiert, die den Status<br />

Quo hinterfragen.<br />

Jon erhielt den 2007 Getty Award für<br />

Editorial Bilder. Desweiteren wurde er<br />

zum Alicia Patterson Mitglied in 2008,<br />

zu einem Guggenheim Mitglied und zu<br />

einem TED Mitglied in 2011 ernannt.<br />

Jon lebt in Chicago.<br />

Jon Lowenstein (Selfportrait)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

99


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Ann-Christine Woehrl<br />

»African Voodoo«<br />

Voodoo-Puppen und Zombies - damit<br />

hat die afrikanische Religion Voodoo<br />

wenig zu tun.<br />

Mit der fotografischen Serie »African<br />

Voodoo« taucht Ann-Christine Woehrl<br />

in die mystische Welt des Voodoo ein<br />

und geht zu ihren Ursprüngen nach<br />

Benin. Im Jahre 2010 und 2011 haben<br />

sich die Fotografin und die Autorin Laura<br />

Salm-Reifferscheidt in das kleine Land<br />

in Westafrika begeben, wo der Voodoo-<br />

Glaube seine Wurzeln hat und sich von<br />

dort durch den Sklavenhandel in der<br />

ganzen Welt verbreitete.<br />

Daraus ist der Bildband »Voodoo –<br />

Leben mit Göttern und Heilern in Benin«<br />

(Terra Magica Verlag) entstanden.<br />

Voodoo wird bei uns gemeinhin mit<br />

Horrorfilmen, Zombies und durchbohrten<br />

Puppen in Verbindung gebracht.<br />

Dabei sind »Vodún« in der Fon-Sprache<br />

Benins vorerst nichts anderes als Götter,<br />

und Voodoo ist die Religion, in der es<br />

darum geht, durch Anbetung, Zeremonien,<br />

Opferungen, Musik und Tanz diese<br />

höheren Wesen günstig zu stimmen,<br />

durch Orakel und Trance ihren Willen<br />

zu ergründen und sich durch Talismane<br />

und Rituale zu schützen. Viele Elemente<br />

dieser Glaubensform finden sich nicht<br />

nur in ganz Afrika, sondern, infolge<br />

von Sklaverei und Migration, auch in<br />

Haiti, Kuba, Brasilien oder Miami, wo<br />

sie mit dem Christentum vielfältige<br />

Verbindungen eingegangen sind. Man<br />

könnte Voodoo durchaus als Weltreligion<br />

bezeichnen. Voodoo ist eine farbige,<br />

sinnliche und manchmal geradezu<br />

surrealistische Religion und damit ideal<br />

für einen Fotoband (im Bild ein Priester,<br />

der mithilfe eines Kaolin-bestäubten<br />

Holzbretts und eines Huhns wahrsagt).<br />

Den Gläubigen geht es nicht so<br />

sehr um höhere Erkenntnis, Metaphysik<br />

oder abstrakte Verhaltensregeln, sondern<br />

um Gemeinschaft, Vitalität, Heilung<br />

und eine Intensivierung des Hier<br />

und Jetzt.<br />

Konkretes Leben und Spiritualität sind<br />

nicht getrennt.<br />

100 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Ann-Christine Woehrl, (Original in Farbe)<br />

So nehmen auch Humor, Theatralisches,<br />

Aggressives, Finanzielles und Sexuelles<br />

einen wichtigen Platz in den Ritualen<br />

ein, was für Monotheisten eher<br />

befremdlich anmutet.<br />

David Signer


© Ann-Christine Woehrl, (Original in Farbe)<br />

www.ann-christine-woehrl.com<br />

Ann-Christine Woehrl<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Mit ihrer Kamera versucht die Fotografin<br />

das Geheimnis zu ergründen. »Ich<br />

bin eine ewig Suchende, mit Neugier<br />

bepackt möchte ich andere Welten entdecken,<br />

neue Menschen kennen lernen<br />

und ihren Alltag abbilden«, sagte sie in<br />

einem Interview mit der Süddeutschen<br />

Zeitung.<br />

Ann-Christine Woehrl hat sich gegen<br />

eine schaurige Darstellung des Voodoo<br />

entschieden und wollte vor allem die<br />

Alltäglichkeit der Religion hervorheben.<br />

»African Voodoo« durchstreift die verschiedenen<br />

Aspekte von Kult und Religion,<br />

zeigt wie Voodoo im ganz normalen<br />

Alltag gelebt wird. Zeremonien und<br />

Opferrituale, Tanz und Trance, Magie<br />

und Hexerei und das Orakel hat sie<br />

in farbenkräftigen Momentaufnahmen<br />

festgehalten.<br />

Ihre Projekte haben sich bislang auf<br />

Lateinamerika, Afrika und Asien konzentriert.<br />

Religion und Frauen sind<br />

zwei Themen, die die Arbeit der Fotografin<br />

in den letzten Jahren stark geprägt<br />

haben. So fotografierte sie unter anderem<br />

das Leben in einem Frauengefängnis<br />

in Bogotá, den Alltag von Frauen in<br />

Havanna, das Leben einer buddhistischen<br />

Nonne in Indien und Frauen, die<br />

zu Brandopfer wurden in Bangladesch.<br />

Ann-Christine Woehrl wurde 1975 in<br />

Deutschland geboren und ist zwischen<br />

Deutschland und Frankreich aufgewachsen.<br />

Sie studierte von 1994-1996<br />

Fotografie in Paris und tauchte parallel<br />

in die Welt der Dokumentarfotografie<br />

durch verschiedene Praktika ein und<br />

sammelte Arbeitserfahrung als Assistentin<br />

von David C. Turnley, als Laborantin<br />

von Reza und als Praktikantin bei<br />

der Fotoagentur Magnum in Paris. Im<br />

Anschluss nahm sie am Missouri Photoworkshop<br />

und Eddie Adams Workshop<br />

in den USA teil. Seit 1997 lebt und<br />

arbeitet sie als freischaffende Fotografin<br />

in München.<br />

Einige Ihrer Projekte wurden als Bücher<br />

veröffentlicht, in Ausstellungen in<br />

Europa und Südamerika gezeigt und<br />

auf Wettbewerben ausgezeichnet.<br />

Ann-Christine Woehrl<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 101


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Arthur Bondar<br />

»The Holy War«<br />

»Wenn du ein Offizier bist, achte auf<br />

deine Soldaten und lass niemals Grobheiten<br />

zu. Du solltest immer daran denken,<br />

dass ein Soldat das Herz voll Angst und<br />

Trauer hat, er muss an Front gehen und<br />

weiß nicht, was morgen mit ihm passieren<br />

wird«. (Aus dem Buch des Rebbe<br />

Maarosh, chassidischer geistiger Führer).<br />

Das Grab von Rabbi Nachman aus Breslov<br />

in Uman, in der Ukraine, ist einer<br />

der größten heiligen Orte und chassidischen<br />

Pilgerstätten der Welt. Das Grab<br />

von Rebbe Nachman befindet sich in<br />

der wiederaufgebauten Synagoge auf<br />

dem ehemaligen Gelände des jüdischen<br />

Friedhofs der 1944 während des<br />

2. Weltkrieg zerstört worden war. Rebbe<br />

Nachman aus Breslov war ein Begründer<br />

des chassidischen Judentums. Jedes<br />

Jahr zu Rosh Hashana (das jüdische<br />

102 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Neujahrsfest) pilgern fast 20 000 Chassidim<br />

aus der ganzen Welt hierher, um<br />

zu beten. Die Pilgerer gehen an den See,<br />

beten, lesen Psalme und werfen Steine<br />

ins Wasser. Das hat symbolische Bedeutung.<br />

Sie werfen alle ihre Sünden aus<br />

dem vergangenen Jahr von sich.<br />

Die Wallfahrt bietet den Einwohnern<br />

der Gemeinde eine gute Gelegenheit,<br />

Geld zu verdienen. Die Bürger<br />

können ihre Wohnungen an die Chassidim<br />

vermieten und können an diesen<br />

Tagen ihre Sachen verkaufen. Andererseits<br />

kamen in den letzten Jahren Konflikte<br />

mit den Einwohnern auf, weil<br />

jeder, der herkommt, diesen Ort als<br />

seine Heimat betrachtet. Deshalb wird<br />

das Gebiet jetzt von Polizisten bewacht.<br />

Aber das Interessanteste für mich, etwas,<br />

das mich wirklich beeindruckte, war<br />

Die Menschen beten und machen am See eine Pause, während die Kinder mit Kunststoff-Waffen spielen. © Arthur Bondar<br />

diese riesige Anzahl von Kunststoff-<br />

Gewehren, Schrotflinten, Pistolen und<br />

Gewehren in die Händen der Kinder.<br />

Jeder Junge hat eine Spielzeugpistole in<br />

der Hand. All diese Waffen sind perfekte<br />

Kopien echter Waffen. Sie beschießen<br />

sich gegenseitig mit Kunststoff-Kugeln<br />

und spielen Krieg auf den Straßen. Es ist<br />

wirklich schwer für mich zu verstehen,<br />

wie Menschen Frieden schaffen wollen<br />

im israelisch-palästinensischen Konflikt,<br />

wenn sie ihren Kindern von Beginn<br />

an solche Waffen in die Hände geben,<br />

auch wenn es nur Spielzeug ist.


Überall spielen Jungen mit Kunststoff-Gewehre, auch nachts, © Arthur Bondar<br />

www.arthurbondar.com<br />

Arthur Bondar<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Dokumentar -und Reportagefotograf,<br />

lebt in Kiew, Ukraine. Ich wurde 1983<br />

in Krivoy Rog, in der Ukraine geboren.<br />

2004 machte ich meinen Bachelor in<br />

Englischer Philologie, verließ die Universität<br />

und begann zu fotografieren.<br />

Ich arbeitete in Zeitungen, Zeitschriften<br />

und für eine Foto-Agentur. Aktuell bin<br />

ich selbständig und fotografiere meine<br />

eigenen sozialen Projekte. Meine Fotos<br />

wurden in vielen internationalen, russischen<br />

und ukrainischen Zeitschriften<br />

und Zeitungen veröffentlicht, z.B. der<br />

Times, der Londoner Times, dem Wall<br />

Street Journal, Kommersant, Ogonek,<br />

Focus und Tizhden Magazin.<br />

Auswahl und Teilnahme an der Werkstatt<br />

Eddie Adams (2011) und der<br />

Noor Masterclass, Bukarest (2011),<br />

Stipendium der Magnum-Stiftung für<br />

Menschenrechte, New York (<strong>2012</strong>)<br />

Arthur Bondar<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 103


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Boryana Katsarova<br />

»The Touch«<br />

Wasser ist die treibende Kraft der<br />

gesamten Natur.<br />

Leonardo da Vinci<br />

Dieses Projekt ist dem Wasser gewidmet<br />

und ist eine persönliche Reise<br />

durch die Welt der heißen Mineralquellen<br />

und zeigt die Verbindung der Menschen<br />

mit dem heilsamen Wasser. Bei<br />

»The Touch«, © Boryana Katsarova<br />

104 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

der Dokumentation der intimen und<br />

mystischen Momente suchte ich nach<br />

Schönheit, Harmonie und Romantik in<br />

der Beziehung von Mensch und Wasser.<br />

Ich habe versucht, die Kraft des Wassers<br />

zu fühlen, zu verstehen und darin The<br />

Touch zu erkennen.<br />

In den Worten von Leonardo da Vinci<br />

fand ich meine Inspiration und teilweise<br />

eine Erklärung dafür, was dieses Element<br />

sein kann.Jetzt möchte ich alle »Gesichter«<br />

des Wassers finden und dokumentieren.<br />

»Wasser ist manchmal scharf und manchmal<br />

stark, manchmal sauer und manchmal<br />

bitter, manchmal süß und manchmal<br />

dick oder dünn, manchmal bringt<br />

es Schmerz oder Seuchen, manchmal<br />

ist es gesund, manchmal giftig.Es erleidet<br />

so viele Arten der Veränderung, wie<br />

es verschiedene Orte gibt, durch die es<br />

fließt.«<br />

Es belebt mich, über Wasser nachzudenken.<br />

Boryana Katsarova,<br />

boryanakatsarova.photoshelter.com


Frau, »The Touch«, © Boryana Katsarova<br />

Boryana Katsarovo<br />

Boryana Katsarova ist eine freie bulgarische<br />

Fotografin, spezialisiert auf Dokumentar-,<br />

Presse- und Portraitfotografie.<br />

Sie wird von der in Paris ansässigen Agentur<br />

COSMOS Photo Agency vertreten.<br />

Boryana begann ihre Karriere 2003 als<br />

freiberufliche Fotojournalistin im Alter<br />

von 22 Jahren. Ihre Arbeiten wurden in<br />

bulgarischen Zeitungen und Magazinen<br />

wie GEO, GRAZIA, INTRO etc. veröffentlicht<br />

2007 im Alter von 26 wurde<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

sie Fotografin für Agence France-Presse,<br />

arbeitete im Tagesgeschäft und deckte<br />

die interessantesten lokalen und internationalen<br />

Nachrichten sowie Politik<br />

und Features auf dem Gebiet Bulgariens<br />

ab. Während der drei Jahre<br />

Arbeit für AFP 2007-2010 erschienen<br />

ihre Bilder in den größten Zeitungen,<br />

Zeitschriften und Online-Publikationen<br />

der Welt. Seit 2010 arbeitet<br />

Boryana freiberuflich. Ihr erstes langfristiges<br />

Projekt ist »Lonely Bulgarien«.<br />

Boryana Katsarova<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 105


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Frederic Lemalet<br />

»Himalaya«<br />

Wie andere junge Männer hat auch<br />

Fréderic Lemalet die Welt bereist, auf<br />

der Suche nach Antworten auf seine<br />

Fragen (»Wer sind wir?« »Warum sind<br />

wir hier?« und so weiter...).Durch<br />

diese Reisen verbrachte er lange<br />

Zeiten an unterschiedlichen Orten<br />

dieser Erde, wie z.B. Alaska, Indonesien,<br />

Papua Neu Guinea, Russland,<br />

Mongolei, Kasachstan, China, Nepal,...<br />

Seine verschiedenen Reisen führten<br />

ihn auch nach Tibet, einen Ort, an dem<br />

Frederic Lemalet, (Original Image in colour)<br />

106 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

er schließlich nicht nurdie Antworten<br />

auf seine Fragen findet, sondern auch<br />

ein Volk, das ihm durch seine Lebensweise<br />

alslebendes Vorbild dient. »Wenn<br />

der Regenwald des Amazonas eine der<br />

letzten Lungen dieses Planeten darstellt,<br />

sind die Tibeter für mich die spirituellsten<br />

Menschen, die kennenzulernen ich<br />

eine Chance hatte... Sie sind ein wirkliches<br />

Beispiel für Humanität vor dem<br />

Hintergrund eines einfachen und glücklichen<br />

Lebens.« Damals entschied er,<br />

so viel Zeit wie möglich zu investieren,<br />

um Tibet verstehen zu lernen, und<br />

gleichzeitig zur Bewahrung dieser rasch<br />

untergehenden Kultur beizutragen.<br />

Zwischen 2003 und <strong>2012</strong> verbrachte er<br />

fast drei Jahre in Tibet. Dabei durchquerte<br />

er ein Land, das siebenmal so groß ist<br />

wie Frankreich, in allen vier Jahreszeiten.<br />

Einige der magischen Momente dieser<br />

Reisen werden in dieser Ausstellung<br />

wiedergegeben.


Frederic Lemalet, (Original Image in colour)<br />

FORUM Factory<br />

Besselstraße 13-14<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

030 259 008 70<br />

www.forum-factory.de<br />

Frederic Lemalet<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Während er seine Zeit zwischen den<br />

französischen Alpen und Tibet aufteilte,<br />

leistete er Beiträge zu Artikeln über Tibet<br />

in folgenden Zeitschriften: Le Monde<br />

Magazin; Le Figaro Magazine; National<br />

Geographic, GEO, VSD, Royal Geographic.<br />

Zur Zeit arbeitet er an einigen<br />

Büchern und an der Präsentation<br />

einer Ausstellung in ganz Frankreich.<br />

Während der Ausstellung können Fotos<br />

käuflich erworben werden. Der Erlös<br />

geht an verschiedene Projekte zur Erhaltung<br />

der Kultur in Tibet.<br />

Frederic Lemalet<br />

www.fredericlemalet.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 107


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Sergey Kozmin<br />

»Girl Soldiers«<br />

Das Moskauer Kadetten-Internat für<br />

Mädchen ist eine der neuen Elite-Militärakademien<br />

in Russland. Die meisten<br />

Kinder hassen wohl die Schule wegen<br />

so langweiliger Fächer wie Mathe oder<br />

Geschichte. In diesem Internat geht es<br />

anders zu. Hier steht das Auseinanderbauen<br />

einer Kalaschnikow AK-47 auf<br />

dem Plan. Die Mädchen bewältigen das<br />

in der gleichen Zeit, die andere Kinder<br />

brauchen, um eine SMS zu schreiben.<br />

Bei einem Stundenplan der Exerzieren,<br />

The Moscow Girls Cadet Boarding School. Every year a magnificent affiliation ceremony for the new cadets of the boarding school No. 9 for girls is<br />

held at the War History museum in Moscow. © Sergey Kozim, (Original Image in colour)<br />

108 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Waffenkunde, Erste Hilfe und Bundesgesetzgebung<br />

beinhaltet, könnte man<br />

denken, dass die Mädchen zu kleinen<br />

Amazonen werden. Doch auch Weiblichkeit<br />

wird hier hoch geschätzt; den<br />

Abenden sind deshalb Aktivitäten wie<br />

Nähen, Ballett und vorgeschriebenen<br />

Chorproben vorbehalten. Es gibt keine<br />

Miniröcke oder Schimpfwörter, keine<br />

Zigaretten, keinen Alkohol und kein<br />

unbeaufsichtigtes Rumhängen. Bis auf<br />

die Möglichkeit, einmal am Tag mit den<br />

Eltern zu telefonieren, ist der Gebrauch<br />

von Mobiltelefonen ebenfalls verboten.<br />

Ein traditioneller russischer Winterball<br />

bietet den Mädchen eine seltene Gelegenheit,<br />

das andere Geschlecht zu treffen.<br />

In diesem Fall Jungen aus dem nahegelegenen<br />

Jungeninternat »Moskauer<br />

Kosaken Kadetten Korps«, einer anderen<br />

Militär-Schule, die während der<br />

Putin Ära gegründet wurde


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

The Moscow Girls Cadet Boarding School. At a lesson of the Basics of Military Service the cadets study all types of guns.<br />

© Sergey Kozmin, (Original Image in colour)<br />

Sergey Kozmin<br />

1979 wurde ich in Moskau geboren.<br />

Ursprünglich studierte ich an der russischen<br />

Filmhochschule Kinematografie,<br />

aber wechselte dann aus Interesse<br />

zum Fotojournalismus. Ich fing an, für<br />

das Epsilon Magazin zu arbeiten, eine<br />

wöchentliche Beilage der griechischen<br />

Zeitung Eleftherotypia. Ich machte einige<br />

Reportagen in Russland und in ehemaligen<br />

Republiken der Sowjetunion. So<br />

reiste ich in abgelegene Gegenden Sibiriens,<br />

nach Kalmykia und Usbekistan. In<br />

Moskau beschäftigte ich mich hauptsächlich<br />

mit den linken und rechten<br />

Jugend-Szenen, die politisch und sozial<br />

immer aktiver werden. In der Sowjetunion<br />

gab es viele Jugendorganisationen.<br />

So waren zum Beispiel alle Kinder Mitglied<br />

der Jungen Pioniere (vergleichbar<br />

mit den Pfadfindern, aber kräftig unter-<br />

füttert mit kommunistischer Ideologie).<br />

Die russischen Machthabef sorgen sich<br />

dieser Tage wegen des schwindenden<br />

Patriotismus und das Kadetteninternat<br />

für Mädchen, das Gegenstand meiner<br />

Reportage hier ist, wurde gegründet, um<br />

den Patriotismus in der Jugend wiederzubeleben.<br />

Heute arbeite ich als freiberuflicher<br />

Fotograf und Mitarbeiter der<br />

deutschen Agentur Focus Pictures.<br />

www.sergeykozmin.com<br />

Sergey Kozmin<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 109


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Daniele Tamagni<br />

»The Flying Cholitas«<br />

La Paz 2010<br />

Eine der beliebtesten Sportarten in Bolivien<br />

ist Lucha Libre, das bolivianische<br />

Ringen, das wie eine Zirkus-Show mit<br />

einer Mischung aus Tragik und komischer<br />

Choreographie, aber viel realer ist,<br />

als nur eine Show.<br />

Vor zehn Jahren gab es diesen Sport<br />

ausschließlich für Männer, aber seit<br />

kurzem findet man immer mehr kämpfende<br />

Frauen im Ring,die Cholitas.<br />

Viele von ihnen sind Frauen und Töchtervon<br />

Ringern. Dank der Beteiligung<br />

von Frauen, »con Pollera«, der traditionelle<br />

bunte Rock, ist die Öffentlichkeit<br />

mehr und mehr an diesem Spektakel<br />

beteiligt.<br />

»The Flying Cholitas«, Die fliegenden Cholitas, die Göttinnen des Ringes, (Originalbild in Farbe), © Daniele Tamagni<br />

110 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Ein Grund mag sein, daß diejenigen, die<br />

zu den Kämpfen kommen, sich mit den<br />

Frauen identifizieren oder verbünden,<br />

sei es wenn sie gegen andere Frauen<br />

kämpfen oder gegen ihre Ehemänner.<br />

Heute haben diese Frauen internationale<br />

Anerkennung und die Art wie sie<br />

sich kleiden hilft ihnen dabei.<br />

Sie tragen haben Melonen und Zöpfe,<br />

die ihnen bis zur Taille gehen..<br />

Während der Woche kümmern sie sich<br />

um ihre Familie, gehen ihren Geschäften<br />

nach oder machen verschieden<br />

andere Jobs.<br />

Carmen Rosa, die Gewinnerin arbeitet<br />

in der Regel in einer Snack-Bar. Julia<br />

hilft ihrem Mann in einem Büro. Dann<br />

gibt es noch Yolanda, die Liebevolle<br />

(Amorosa) und Benita, die Unantastbare<br />

(Intocabile). Alle von ihnen sind Frauen<br />

mit Kindern, aber ein-oder zweimal in<br />

der Woche trainieren sie hart, um gute<br />

Wrestlerinnen zu werden.<br />

Sie kämpfen jeden Sonntag mit den<br />

Männern, in einer Gruppe namens<br />

Las diosas del Ring, dieGöttinnen des<br />

Rings. Während des Wettkampfsvergessen<br />

sie Liebe und Freundschaft und<br />

kämpfen ohne Pause. Die Leute bewundern<br />

sieund geben ihnen starke Unterstützung.<br />

Die Cholitas Kämpferinnen<br />

sind in der Lage Anmut und Eleganz mit<br />

brutaler Gewalt zu kombinieren .Aus<br />

diesen Gründen sind sie so einzigartig<br />

und überaus geschätzt.


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

»The Flying Cholitas«, Die fliegenden Cholitas, die Göttinnen des Ringes, (Originalbild in Farbe), © Daniele Tamagni<br />

Daniele Tamagni<br />

Daniele Tamagni lebt als Fotograf in<br />

Italien. Sein fotografisches Werk wurde<br />

weltweit veröffentlicht z.B. in The<br />

Guardian Weekend, The Daily Telegraph,<br />

The Sunday Times, Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung, El Pais, La Repubblica<br />

Velvet und v.a.<br />

Seine Arbeit »The Flying Cholitas«<br />

gewann den World Press Photo Award<br />

2011 (Kategorie Stories Arts & Entertainment).<br />

DanieleTamagnis Buch »Gentlemen des<br />

Bacongo« fängt die faszinierende Subkultur<br />

des Kongo ein, wo die Sapeurs,<br />

wie sie genannt werden, rosa Designer-Anzüge<br />

und Dolce- und Gabbana-Gürtel<br />

tragen, während sie in<br />

den Slums dieser afrikanischen Küstenregion<br />

leben.<br />

Im März 2010 erhielt Tamagni den ICP<br />

Infinity Award in New York 2010.<br />

Daniele nahm an diversen Ausstellungen<br />

teil, wie zum Beispiel »der Aufstieg<br />

Peckhams« 2007, organisiert von<br />

Paul Goodwin, dem Kurator für transkulturelle<br />

Kunst bei Tate Britain; die<br />

Michel Hoppen Galerie vertritt Tamagni<br />

im Bereich Privataufträge und Bild-<br />

Ankauf.<br />

Seine letzte Ausstellung »Africolors« ist<br />

in der New Yorker Galerie »Danzigerprojects«<br />

zu sehen.<br />

Im letzten Jahr ging er nach Rajasthan,<br />

Indien, wo er im Auftrag von One Sight<br />

Luxotta die Bedeutung des Sehvermögens<br />

für Menschen, die in armen Dörfern<br />

leben, dokumentierte.<br />

Daniele Tamagni, (O.i.F.)<br />

www.photodantam.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 111


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Günter Zint<br />

»ZINTSTOFF«<br />

Werkschau<br />

des Dokumentarfotografen<br />

Seit über fünfzig Jahren fotografiert<br />

Günter Zint. Seine erste Veröffentlichung<br />

hatte er 1953 in der Fuldaer Zeitung.<br />

Ab 1959 machte er eine Ausbildung<br />

zum Fotoredakteur bei der Deutschen<br />

Presseagentur (dpa).<br />

In den Sechziger Jahren arbeitete er für<br />

die Zeitschriften Twen, Quick und den<br />

SPIEGEL. Außerdem gründete er die<br />

Fotoagentur PANFOTO, deren Hauptthema<br />

damals die Musikfotografie war.<br />

So entstanden viele Fotos von Künstlern<br />

wie den Beatles, Jimi Hendrix, den<br />

Doors und vielen Anderen. Kurz gesagt:<br />

»Von ABBA bis ZAPPA«.<br />

Im Mai 1962 lockte ihn der gerade eröffnete<br />

STAR-CLUB nach St.Pauli. Zuerst<br />

war er, aus dem konservativen Fulda<br />

kommend, vom »Kiez« erschreckt.<br />

Nachdem er aber einige der Kiezarbeiter<br />

und Arbeiterinnen aus dem Milieu<br />

näher kennenlernte, ließ ihn der Stadtteil<br />

nicht mehr los. Dies schlug sich<br />

in inzwischen einem halben Dutzend<br />

Bildbänden über Hamburgs berühmtesten<br />

Stadtteil St.Pauli nieder.<br />

Ende der 60er Jahre war Günter Zint als<br />

Fotojournalist bei den 68er-Demonstrationen<br />

dabei, gründete die legendären<br />

»St. Pauli-Nachrichten«, und lebte in der<br />

APO-Press-Kommune.<br />

In den 70ern und 80ern, hat er der die<br />

Polizeieinsätze bei den Demonstrationen<br />

und Großkundgebungen der »Anti-<br />

Atomkraft-Bewegung«, dokumentiert.<br />

Auch bei der Errichtung des Atommüll-<br />

Zwischenlagers in Gorleben und der vorausgegangenen<br />

Errichtung der »Republik<br />

Freies Wendland« war Günter Zint<br />

als Dokumentarfotograf aktiv dabei.<br />

Insgesamt sind von Günter Zint bisher<br />

59 Bildbände zu verschiedenen Themen<br />

erschienen, Band 60 ist derzeit in<br />

Arbeit.<br />

Zint hat immer aus der Gegenperspektive<br />

fotografiert. Die Hochkultur und die<br />

offiziellen »Machthaber« waren für ihn<br />

als Pressefotograf oft Pflichtprogramm,<br />

die Kür aber war für ihn immer die Sub-<br />

112 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Günter Zint<br />

kultur, die gegen den Strom Schwimmenden<br />

und die Menschen, die den etablierten<br />

Medien höchstens als »Bürgerschreck«<br />

dienten. Zint bezeichnet sich<br />

gerne als »Gebrauchsfotograf«, der seine<br />

Bilder am Wegesrand und am Rand der<br />

Gesellschaft »klaut«.<br />

Seit 1962 arbeitet er auch mit Günter<br />

Wallraff zusammen und hat fast alle<br />

seine Bücher illustriert.<br />

Seit 2011 lebt er in einem 150-Seelen-<br />

Dorf in der Nähe von Stade.<br />

In Berlin wird er im Sommer <strong>2012</strong> einen<br />

Ein- bzw. Überblick über seine unzähligen<br />

Bilder aus über 50 Jahren als Fotograf<br />

in der Ausstellung »ZINTSTOFF«<br />

geben.<br />

www.panfoto.de


© Günter Zint<br />

© Günter Zint<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Günter Zint<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 113


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Nikos Pilos<br />

»An Underground<br />

Political Culture«<br />

Dies sind die Söhne und Töchter unseres<br />

Landes, aufgezogen von einer stets<br />

unterdrückten Mittelschicht, Kinder<br />

von hart arbeitenden Eltern, die kämpfen<br />

müssen, um durchzukommen. Dies<br />

sind die Studenten unseres Landes, die<br />

in Schulen studieren, die nicht ausreichend<br />

mit Personal besetzt und ausgestattet<br />

sind, Zeugen dieser Auswirkung<br />

auf ihr verfassungsmäßiges Recht auf<br />

kostenlose Bildung, die es ihnen ermöglichen<br />

soll, einen anständigen Job zu<br />

finden.<br />

Dies ist die Jugend unseres Landes, die<br />

aufwächst in einer Gesellschaft der niedrigen<br />

Löhne, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit<br />

über die Zukunft, Korruption und<br />

Gefälligkeiten auf Ministerebene. Dies<br />

© Nikos Pilos<br />

114 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

ist unsere neuen - oder bald – Erwachsenen,<br />

entweder in politischen Formationen<br />

in ihren Schulen organisiert oder<br />

spontan einer Protestbewegung beigetreten,<br />

die ihren Abscheu gegenüber der<br />

aktuellen Situation demonstriert, um<br />

jeden daran zu erinnern, dass sie die<br />

nachfolgende Generation ist und ein<br />

besseres Leben verlangt.<br />

Im Spätherbst bis hinein in den kommenden<br />

Dezember wird die Atmosphäre<br />

auf den Straßen von Athen sowie<br />

in allen großen Städten in Griechenland<br />

erwartungsgemäß sehr angespannt sein.<br />

Der Staat und die konservativen Bürger<br />

befürchten eine zweite Welle des Aufstands<br />

der Jugend (des Landes), nicht nur<br />

bei den traditionellen Demonstrationen<br />

zum Jahrestag des »Athener Polytechnikum<br />

Aufstands« gegen die Militärjunta,<br />

sondern auch wegen eines tragischen<br />

Ereignisses, das noch mehr junge Menschen<br />

im vergangenen Jahr auf die Straßen<br />

gebracht hat. Am 6. Dezember 2008<br />

wurde der 15-jährige Schüler Alexandros<br />

Grigoropoulos von einem Polizis-<br />

ten in der Region Exarchia erschossen.<br />

Sein Tod vergrößerte den Abstand zwischen<br />

der repressiven Macht des Staates<br />

und der demonstrierenden Jugend, und<br />

löste einen allgemeinen und massiven<br />

Aufstand der Studenten gemeinsam mit<br />

Bürgern der Arbeiterklasse in den meisten<br />

großen Städten Griechenlands aus.<br />

Seit damals hat sich viel zum Schlechteren<br />

entwickelt. Die Entscheidung der<br />

Regierung, Hilfe und Unterstützung<br />

bei der EU und dem IMF zu suchen,<br />

bedeutete unvorhergesehene Sparmaßnahmen<br />

und eine riesige Erhöhung der<br />

bereits steigenden Arbeitslosigkeit. Das<br />

die Gesetzgeber, als Teil der Maßnahmen,<br />

den Arbeitgebern ermöglichen,<br />

Arbeitskräfte unter sehr flexibeln Bedingungen<br />

einzustellen, sich dadurch Vorteile<br />

zu verschaffen und die jungen<br />

Arbeitskräfte zu schwächen, löste noch<br />

mehr Wut und Protest aus.<br />

Mit inoffiziellen Arbeitslosenquoten<br />

von 20% und Teilzeitstellen als die<br />

Norm, geben immer mehr Menschen<br />

der gegenwärtigen politischen Proteste-


© Nikos Pilos<br />

wegung ihre Stimme. Sie sprechen sich<br />

gegen die unfairen Maßnahmen aus, die<br />

die Belastungen durch die Umstrukturierung<br />

des Landes denjenigen auferlegt,<br />

die bereits genug gelitten haben. So<br />

finden dann auch gewalttätige Attacken<br />

gegen die Politiker selbst statt und spitzen<br />

die bereits angespannte Situation<br />

weiter zu. Es scheint, als ob in Griechenland<br />

heutzutage jeder jeden fürchtet.<br />

Nikos Pilos, Herbst 2011<br />

Nikos Pilos<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Preisgekrönter Fotojournalist aus Athen,<br />

Griechenland. Nikos Pilos ist einer von<br />

Europas bekanntesten Reportagefotografen.<br />

Er dokumentiert Krieg, Naturkatastrophen,<br />

Armut, sozio-ökonomischen<br />

Kampf und sozio-kulturelle Themen.<br />

Seine Fotos wurden u.a. veröffentlicht<br />

in: DIE ZEIT, Newsweek, Stern, Der<br />

Spiegel, The New York Times, The International<br />

Herald Tribune, The Sunday<br />

Times, The Washington Post, The Independent,<br />

El Semanal und Gente.<br />

nikospilos.com<br />

Nikos Pilos<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 115


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Benjamin Hiller<br />

Benjamin Hiller ist ein international<br />

tätiger Fotojournalist und beschäftigt<br />

sich seit 2008 primär mit dem<br />

kurdischen Konflikt in dem Vier-Länder<br />

Eck Türkei, Irak, Iran und Syrien. Neben<br />

der geopolitischen Bedeutung dieses<br />

Konfliktes in einem Erdölreichen und<br />

strategisch zentral gelegenem Gebiet<br />

des Mittleren-/Nahen Ostens setzt er<br />

sich insbesondere mit den sozialen<br />

und gesellschaftlichen Problemen der<br />

kurdischen Bevölkerung auseinander,<br />

welche seit 30 Jahren in einem<br />

Dauerkrisenzustand leben.<br />

Die kurdische Bevölkerung ist mit<br />

30 Millionen Personen dabei die<br />

größte »Ethnie« der Welt ohne<br />

eigenen Staatsraum. Gefangen<br />

© Benjamin Hiller<br />

116 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

zwischen den Konfliktfeldern Islam<br />

und »Demokratische Autonomie«,<br />

dem Kampf der Guerillaeinheiten<br />

PKK (Türkei) und PJAK (Iran) und den<br />

Gegenschlägen der involvierten Staaten<br />

und eingebettet in einer internationalen<br />

Interessensspähre der EU, NATO<br />

und den USA scheint eine friedliche<br />

Lösung des Konflikts, trotz »Arabischen<br />

Frühling« und der Aufhebung der<br />

Notstandsgesetze in der Osttürkei, nicht<br />

greifbar.<br />

In vielfältigen Reisen in die Ost-Türkei,<br />

aber auch in den Nord-Irak, hat<br />

Benjamin Hiller die verschiedenen<br />

Protagonisten des Konfliktes portraitiert,<br />

betroffene Familien besucht und die<br />

Auswirkungen auf die Gesellschaft an<br />

sich fotografisch festgehalten. Dabei<br />

bewegt er sich im Spannungsfeld von<br />

einer »distanzierten, ethnologischen«<br />

Betrachtungsweise und der Empathie für<br />

die Betroffenen, welche in solch einem<br />

Konflikt unweigerlich entsteht.<br />

Seine Fotografien wurden in Deutschland<br />

und der Türkei ausgestellt und in<br />

nationalen wie auch internationalen<br />

Zeitungen und Magazinen abgedruckt.<br />

Zur Zeit arbeitet er an einem Buch zu<br />

dem Thema.<br />

www.benjamin-hiller.com


© Benjamin Hiller<br />

Benjamin Hiller<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

lebt als freier Fotograf und Journalist in<br />

Berlin. Seit 2011 ist er bei der Agentur<br />

Corbis unter Vertrag.<br />

Er studierte mehrere Semester Ethnologie<br />

an der Universität Heidelberg und<br />

zog später nach Nürnberg, um an der<br />

Berufsschule für Fotografie eine professionelle<br />

Fotografenausbildung zu absolvieren.<br />

© Benjamin Hiller Benjamin Hiller<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 117


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Stefano Renna<br />

»Le voci di dentro«<br />

»Le voci di dentro« ist ein multimediales<br />

Projekt, eine Kombination aus verschiedenen<br />

Disziplinen kommunikativer Performance<br />

und digitaler Multimedia Präsentation.<br />

Es ermöglicht dem Betrachter<br />

ein tieferes Verständnis dessen, was<br />

die Stadt Neapel und ganz Italien durch<br />

die wachsende brutale Kriminalität der<br />

letzten Jahre, erlitten hat. Das Browse<br />

Fotofestival zeigt die Fotoausstellung als<br />

einen Teil des größeren multimedialen<br />

Projekts.<br />

Das Multimedia-Projekt verfolgt den<br />

Zweck, der Öffentlichkeit zu helfen zu<br />

verstehen, was die Camorra wirklich ist<br />

- als ersten Schritt hin zu einer echten<br />

Bekämpfung der organisierten Kriminalität.<br />

Die menschliche Betrachtung<br />

© Stefano Renna<br />

118 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

der Camorra, die Tat und die Neugierigen,<br />

die sich rund um das Leichentuch<br />

versammeln, unter dem der Körper<br />

langsam erkaltet, zwischen Müttern, die<br />

nach ihren toten Söhnen schreien, darunter<br />

Kinder, die alle Unschuld verloren<br />

haben, die Dinge nur noch zur Kenntnis<br />

nehmen. Es ist sehr schwierig, ein Phänomen<br />

zu verstehen, wenn die Nachrichten-Artikel<br />

nicht die ganze Bandbreite<br />

dessen zeigen, was dahinter liegt.<br />

Mit dieser Arbeit wollen wir keine Solidarität<br />

mit der Camorra zeigen, sondern<br />

in die Tiefe gehen zu den Menschen,<br />

die an diesem Schrecken beteiligt<br />

sind. In diesem Werk finden wir<br />

nicht nur die Bilder, sondern den Geist<br />

und die Bedeutung von extremen<br />

Schmerzen, verursacht durch gewaltsames<br />

und sinnloses Töten, das unser<br />

Leben schon zu lange begleitet hat.<br />

Einige der wichtigsten Ausstellungen<br />

des Projektes in der letzten Zeit:<br />

»Camorra entries inside« – Ausstellung<br />

und Live-Act ,Paris (Frankreich).<br />

»Camorra« -23° Internationales Festival<br />

of Fotojournalismus, Perpignan (Frankreich)<br />

2001-2011 Ausstellungen - Cassandra<br />

Museum PAN di Napoli (Italien ).<br />

Multimedia Project »Camorra le voci di<br />

dentro«, Villa Savonarola Portici (NA),<br />

Italien.<br />

Europäisches Festival Fotojournalismus<br />

»scoop grand Lille«, Haus der Fotografie,<br />

Lille, (Frankreich).


© Stefano Renna<br />

Stefano Renna<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Renna wurde 1961 in Rom geboren,<br />

1978 absolvierte er sein Kunststudium<br />

mit Diplom und erhielt im Jahr 1980<br />

einen Abschluss in angewandter Kunst<br />

an der Accademia di Belle Arti in Neapel.<br />

Er setzte danach seine Ausbildung fort<br />

und graduierte im Jahr 1984 mit einer<br />

Arbeit über »die Realität und das Imaginäre«.<br />

Nach zwei Jahren Tätigkeit als<br />

Lehrer für die Sekundarstufen I und II<br />

an unterschiedlichen Schulen, machte<br />

er es sich zur Aufgabe, seine berufliche<br />

Erfahrung zu nutzen, um jungen Menschen<br />

Know-how im Bereich Kommunikation<br />

mit Bildern zu vermitteln. 1986<br />

begann die Zusammenarbeit mit der<br />

Zeitschrift »Napoli Oggi« für die Seiten<br />

des wöchentlichen Kulturteils. Im Jahr<br />

Stefano Renna<br />

1988 gründete er die Agentur »studiorenna«.<br />

Seine Fotos erschienen u.a. in<br />

Magazinen wie Oggi, Gente, Visto, Top<br />

Girl, Epoca, Europeo, L‘Espresso, Panorama.<br />

1998 gründete er mit anderen<br />

Kollegen die Agentur fotoreporters SAS<br />

(AGNFOTO).<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 119


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Androniki<br />

Christodoulou<br />

»UNDERWORLD«<br />

Tohoku, Küstenstädte im Norden Japans,<br />

die am 11. März 2011 vom Erdbeben<br />

und dem Tsunami zerstört wurden.<br />

Nach dem Erdbeben sank der Norden<br />

Japans um mehrere Zentimeter tiefer.<br />

Die Erde bewegte sich wie ein wütendes<br />

Tier, schüttelte das Meer und kehrte<br />

zurück in einen unruhigen Schlaf, ließ<br />

uns machtlos zurück, um über unsere<br />

Existenz nachzudenken.<br />

Vier Monate nach dem Erdbeben waren<br />

die Menschen verschwunden. Niemand<br />

sucht mehr nach Leichen, niemand<br />

versucht mehr, die Habseligkei-<br />

© Androniki Christodoulou, (Original Pictures in Colour)<br />

120 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

ten zu retten. Nur Bauarbeiter sind zu<br />

sehen, die Ruinen von Städten und Dörfern<br />

abreißen.<br />

In Gegenden, die abgesunken waren,<br />

hatte das Wasser die Regie übernommen.<br />

Das Meer kam ins Landesinnere,<br />

entweder für immer oder für Stunden<br />

während der Flut. Diese Landschaften<br />

der Katastrophe, die an eine Unterwelt<br />

erinnern, sind nun weg, aber bleiben<br />

hoffentlich unvergessen als Denkmäler<br />

unserer Ohnmacht und der Vergänglichkeit<br />

des Lebens.<br />

Juli 2011 In der Stadt Kesenuma sank<br />

die Erde um etwa 74 cm und das Gebiet<br />

rund um den Hafen ist den ganzen Tag<br />

lang überflutet. Eine Schicht aus Steinen<br />

ermöglicht es mir durch die Stätte der<br />

Zerstörung zu gehen. Es regnet von Zeit<br />

zu Zeit und der Himmel ist bewölkt, aber<br />

hell. Überall Schutt und dazwischen<br />

zerborstene Gebäude, die sich reglos im<br />

Wasser spiegeln. Krähen fliegen überall<br />

herum und es stinkt. Die Landschaft um<br />

mich herum sieht unwirklich aus. Die<br />

Farben sind schön, aber das, was ich<br />

sehe ist schrecklich.... Weiter unten hört<br />

man der Klang vom Abriss der Gebäude<br />

und Schiffe, die vom Tsunami ins Lnadesinnere<br />

gespült worden waren. Die<br />

1000 Toten und mehr als 400 Vermissten<br />

finden erst Ruhe, wenn die Geisterstadt<br />

verschwunden ist.<br />

Die Stadt Ishinomaki sank um etwa 78<br />

cm. Ich sehe ein großes Schild mit der<br />

Aufschrift »Ganbaro Ishinomaki«, Ishinomaki<br />

gib Dein Bestes, weiter zu kämpfen.<br />

Daneben Blumen für die Menschen,<br />

die durch den Tsunami verschwanden.<br />

3097 Tote und 2770 Vermisste ... Die<br />

zerstörte Stadt hinter dem Schild ist von<br />

Wasser umgeben. Ich gehe und werde<br />

nie wieder kommen, denn was ich sehe,<br />

wird es dann nicht mehr geben.<br />

www.androniki.com<br />

Text & Fotos von Androniki Christodoulou


© Androniki Christodoulou, (Original Pictures in Colour)<br />

Androniki Christodoulou<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Androniki Christodoulou wurde 1968 in<br />

Griechenland in der Stadt Thessaloniki<br />

geboren. Androniki interessierte sich<br />

schon lange für die Kulturen Asiens,<br />

bevor sie sich 2004 entschloss, nach<br />

Japan auszuwandern. Ihre Arbeit als<br />

Fotojournalistin für die ausländische<br />

Presse ermöglichte es ihr, durch das<br />

ganze Land zu reisen. Sie fotografierte<br />

zeitgenössische und traditionelle Kultur<br />

in Japan. Ihre Fotos wurden u.a. im<br />

Spiegel, in der Sunday Times, in der<br />

Businessweek, in Marie Claire und<br />

im Independent on Sunday publiziert.<br />

Sie stellte ihre Fotos in Griechenland,<br />

Japan und New York aus. Seit dem<br />

Erdbeben mit dem darauffolgendem<br />

Tsunami In Japan am 11. März 2011 Androniki Christodoulou<br />

fotografiert sie das Krisengebiet. Das<br />

Ausmaß dieser Katastrophe Anwohner<br />

mit ihrem Schicksal umgehen, hat sie<br />

zutiefst berührt. www.androniki.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 121


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Nadav Neuhaus<br />

»Drug wars in<br />

Mexico«<br />

Ich reiste 2007 wegen einer Geschichte<br />

über das geheimnisvolle Verschwinden<br />

von Hunderten von Frauen. zum<br />

ersten Mal in die geplagte mexikanische<br />

Grenzstadt Juarez.<br />

In der Stadt mit einer Freihandelszone,<br />

wo einst eine steuerfeie Industrie-Produktion<br />

blühte, war es unruhig geworden<br />

und die Gefahr eines Gewaltausbruchs<br />

lag in der Luft.<br />

Die Dinge waren viel schlimmer geworden,<br />

als ich Jahre später nach Juarez<br />

zurückkehrte, um über den explodierenden<br />

Krieg zwischen Drogenkartellen<br />

in der Stadt zu berichten. Attentate<br />

grassierten unter Kartellmitgliedern<br />

und lokalen Banden und einfache<br />

Bürger waren von der Gewalt betroffen.<br />

Die Mitglieder der Baja 13 Bande zeigen ihre Tattoos und Waffen, 2009. Originalbild in Farbe © Nadav Neuhaus<br />

122 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

El Paso, eine der sichersten Städte in<br />

den Vereinigten Staaten, liegt gleich<br />

hinter der Grenze von Juarez. Als wir<br />

in Juarez über die Grenze fuhren, fragte<br />

ich meinen Fahrer: »Ist es wirklich so<br />

schlimm?« »Sie werden sehen, was passiert,<br />

wenn die Sonne untergeht«, sagte<br />

er. Dann hörten wir plötzlich die Töne<br />

der Narco Corrido Musik auf dem Polizei-Scanner.<br />

Die populären Balladen<br />

verherrlichen den Lebensstil des Drogenhandels<br />

und werden oft von Kartellmitglieder<br />

benutzt, um auf der »gekidnappten«<br />

Funksequenz der Polizei mit<br />

der Musik einen Mord anzukündigen.<br />

Es war dunkel, als wir an der Stelle der<br />

Tötung ankamen. Ich hörte eine Frau<br />

schreien. Ihr Mann war vor ihrem Haus<br />

erschossen worden, seine Leiche lag auf<br />

dem Boden. Die Mutter des Mannes<br />

kam schreiend heraus: »El Nino, El<br />

Nino!« (»der Kleine«). Die Leute kamen<br />

aus ihren Häusern, um zu sehen, was<br />

passiert war, aber die Szene war offensichtlich<br />

alltäglich.<br />

Bei einem Straßenhändler direkt neben<br />

dem Haus aßen die Menschen weiter<br />

ihre Tacos, während sie die Szene<br />

betrachteten. Der medizinische Gutachter<br />

war angekommen, um die Leiche<br />

abzuholen und sie dem enormen Rückstandsberg<br />

in der Leichenhalle hinzuzufügen,<br />

die alle auf die Autopsie warten.<br />

Obwohl die Ermittler pflichtbewusst<br />

den Tatort dokumentieren und Beweise<br />

sammeln, ist es unwahrscheinlich, daß<br />

Strafanzeigen eingereicht werden.<br />

Von den 3.200 Tötungsdelikten in<br />

Juarez, von denen die Generalstaatsanwaltschaft<br />

des Bundesstaats Chihuahua<br />

im Jahr 2010 berichtet, wurden<br />

nur 53 Personen angeklagt- weniger<br />

als 3 Prozent. Im Vergleich dazu<br />

gab es rund 300 Morde im Jahr 2007.<br />

Wirtschaftliche Depression und unkontrollierte<br />

Gewalt machten Juarez zu einer<br />

Stadt voller Angst. Für diejenigen, die<br />

darum kämpfen, ein normales Leben<br />

zu führen, ist es schwierig, ihre Kinder<br />

davor zu bewahren, von der Gangkul-


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Beerdigung eines mexikanischen Polizisten, der in Juarez, Mexiko von Mitgliedern eines der Drogenkartelle ermordet wurde. Dezember 2008<br />

Originalbild in Farbe © Nadav Neuhaus<br />

tur geschluckt zu werden. In einer Stadt<br />

mit wenigen Wegen zum Erfolg, bleiben<br />

die verherrlichten Drogenhändler der<br />

»Narco corridos« die Helden - Männer<br />

mit Geld, Waffen und Frauen.<br />

Nadav Neuhaus<br />

Der in New York lebende Fotojournalist<br />

arbeitet für Nachrichten und Features<br />

internationaler Zeitungen und<br />

Zeitschriften. Auftragsarbeiten und<br />

freie Projekte, darunter regelmäßige<br />

Reisen nach Haiti für Stern (Magazin),<br />

um Fälle von Vergewaltigung und<br />

Schwangerschaften in Flüchtlingslagern<br />

zu dokumentieren (2010 - 2011),<br />

Berichterstattung über die ägyptische<br />

Revolution und den Aufstand auf dem<br />

Tahrir-Platz für die iPad Anwendung<br />

»The Daily« (Februar 2011); Japanische<br />

Tsunami-und Erdbebenschäden und<br />

Nadav Neuhaus<br />

Hilfsmaßnahmen für das Stern-Magazin. www.nadavneuhaus.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 123


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Bruno Decock<br />

»Mit dem iPhone<br />

unterwegs«<br />

Ein Fototagebuch, aufgenommen mit<br />

einem Apple iPhone 3G.<br />

Angezogen von den auf den ersten Blick<br />

banal wirkenden Szenen des Alltags, die<br />

den Großteil unserer visuellen Eindrücke<br />

bilden, aber normalerweise ignoriert<br />

werden, fotografiere ich alltägliche<br />

Augenblicke voller visueller Poesie.<br />

Ein wundervolles natürliches Licht oder<br />

eine zufällige Kombination von augenscheinlich<br />

unverbundenen Gegenständen,<br />

die sie der Banalität befreit, etwas,<br />

das sie über den Moment hinaushebt.<br />

Ein Fotohandy hat den Vorteil, dass es<br />

jeder Zeit verfügbar ist. Große Kameras<br />

lässt man meist zu Hause, aber um eben<br />

diese wundervollen Momente des alltäglichen<br />

Lebens festzuhalten braucht<br />

man eine Kamera. Die Möglichkeiten<br />

der iPhone Kamera sind technisch eingeschränkt:<br />

eine geringe Auflösung, ein<br />

kleines Objektiv… Dinge, die dieses<br />

Gerät ungeeignet für die hochwertige<br />

Fotos macht. Dennoch ist die iPhone-<br />

Kamera äußerst charmant. Das Ergebnis<br />

ist oft nicht vorhersehbar und das<br />

gleiche Bild noch einmal aufzunehmen<br />

ist eine Herausforderung. In dieser Hinsicht<br />

gleicht sie der Sofortbildfotografie<br />

mit einer Polaroid Kamera, eine meiner<br />

ersten Schwärmereien in der Fotografie.<br />

124 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Bruno Decock


© Bruno Decock<br />

© Bruno Decock<br />

www.brunodc.be<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Bruno Decock<br />

Ich lebe in meiner Geburtsstadt Gent in<br />

Belgien. Seit 1994 arbeite ich als Dokumentar-Fotograf.<br />

Diese Expertise führte<br />

dazu, hauptberuflich als Bildredakteur<br />

zu arbeiten, zuerst freiberuflich für die<br />

Bildredaktion einer lokalen belgischen<br />

Zeitung und danach für die Fotoabteilung<br />

der Médecins Sans Frontièrs (MSF<br />

)/Ärzte ohne Grenzen, Belgien. Nach<br />

acht Jahren Praxis wechselte ich in die<br />

Position des MSF International Photo<br />

Editor, in der ich sowohl das Archiv<br />

der Organisation, als auch die Fotoproduktionen<br />

der Organisation weltweit<br />

betreue. Ich bin Ko-Autor der MFS-<br />

Richtlinien für den ethischen Einsatz<br />

von Fotografie der. Desweiteren bin ich<br />

in mehrere multimediale Projekte involviert,<br />

welche in Zusammenarbeit mit<br />

Agenturen und Produzenten entstehen.<br />

Parallel dazu arbeite ich auch weiter<br />

praktisch als Fotograf, indem ich die<br />

Arbeit von MSF in Afrika, Asien und überall<br />

in Europa dokumentiere. Außerdem<br />

vermittle ich dem MFS Personal und Patienten<br />

die Grundzüge der Fotografie, um<br />

die Bereitstellung von Galerien und multimedialen<br />

Projekten sicher zu stellen.<br />

Auf einer anderen Schiene habe ich<br />

mich immer für die Möglichkeiten von<br />

Low-Tech-Fototechnologie, zum Beispiel<br />

Polaroid oder Handykameras, stark<br />

gemacht. Hier gelang es mir, eine Reihe<br />

von gedruckten Bildern an belgische<br />

Galerien und Sammler zu verkaufen.<br />

Bruno Decock<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 125


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Robert King<br />

»War photographer«<br />

Robert King, geboren in Memphis Tennessee<br />

ist ein preisgekrönter Fotojournalist<br />

ohne formale berufliche Ausbildung<br />

im Bereich des Journalismus. King studierte<br />

Kunst mit einem Bauhaus-Stipendium<br />

und alsolvierte mit Auszeichnung<br />

am Pratt Institute in Brooklyn, New York.<br />

King arbeitet rund um die Welt für führende<br />

Zeitungen und Zeitschriften: Er<br />

war tätig im vom Krieg zerrissenen Bosnien,<br />

in Afghanistan, Tschetschenien,<br />

Ruanda, Kosovo, Albanien, Georgien,<br />

Armenien, Aserbaidschan, Zaire, Südafrika,<br />

Russland, Irak und Mexiko.<br />

© Robert King<br />

126 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Robert King<br />

Seine Arbeiten wurden in Life, der New<br />

York Times, Time, Newsweek, The Guardian,<br />

Rolling Stone, Stern, Paris Match<br />

und in so ziemlich allen anderen international<br />

führenden Magazinen veröffentlicht.<br />

Kings Karriere als Fotojournalist<br />

wurde dokumentiert in dem preisgekrönten<br />

Dokumentarfilm »Shooting<br />

Robert King«. Die Fotos von Robert King<br />

findet man auch in Museen und Privatsammlungen<br />

auf der ganzen Welt.<br />

www.fotoking.com<br />

War photographer Robert King in Sarajevo,<br />

February 1996. Photo © Roger M. Richards


© Robert King<br />

© Robert King<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 127


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Gordon Welters<br />

»Geh, meine Schöne«<br />

Wunder sind scheue, zerbrechliche<br />

Wesen. Lucas, das Kind an das niemand<br />

mehr glaubte, brachte den Glauben an<br />

Wunder zurück in Danas Leben. Freunde<br />

haben Engel gemalt. Sie streicheln die<br />

ruhelose Seele und wachen über den<br />

erschöpften Körper.<br />

Diagnose Brustkrebs. Allein in<br />

Deutschland erkranken jährlich 57.000<br />

Frauen, Tendenz steigend. Die meisten<br />

Patientinnen erkranken nach den<br />

Wechseljahren, sie können bei rechtzeitiger<br />

Diagnose und optimaler Therapie<br />

mit einer nahezu 100-prozentigen<br />

Heilungschance rechnen. Dana ist<br />

25, liebt und fordert das Leben als sie<br />

den Knoten unter der Haut fühlt. Nach<br />

Brustamputation und Chemotherapie<br />

entscheidet sich für ein neues Leben in<br />

einer anderen Stadt. Und für einen Sohn,<br />

der sich medizinischen Aussagen zum<br />

Trotz seinen Platz auf der Welt erkämpft.<br />

Ein kurzes, ein turbulentes Leben - mit<br />

dem Tod und gegen die Zeit. Neun Jahre<br />

später liegt Dana auf der Palliativstation<br />

eines Krankenhauses, irgendwo in<br />

Deutschland. Sie hat viele Menschen<br />

kennen gelernt in dieser anderen Stadt.<br />

Die kostbarsten von ihnen hat sie wie<br />

einen Schatz gehütet, hat sie aneinander<br />

gereiht, wie Perlen auf einer Schnurr.<br />

Krankheit macht oft einsam. Dana ist<br />

nicht allein. Das ist sehr ungewöhnlich<br />

sagen die Stationsschwestern und beobachten<br />

wohlwollend die vielen Besucher<br />

in Zimmer H438. Es ist Dana gelungen<br />

die unterschiedlichsten Menschen zu<br />

vereinen und einen Freundeskreis zu<br />

schaffen, der sie bis ans Ende trägt und<br />

dessen einzelne Glieder sich gegenseitig<br />

zu stützen wissen. Auf diese Weise ist<br />

ein beispielsloses Netzwerk entstanden:<br />

die Freunde stimmen gemeinsam minutiös<br />

die Besuchszeiten ab, koordinieren<br />

den täglichen Übernachtungsgast, verwöhnen<br />

die Sterbende mit Massagen<br />

und überraschen sie mit einem Cello-<br />

Konzert am eigenen Bett. Liebe wärmt<br />

das Zimmer, taucht es in Geborgenheit<br />

und sanften Abschied.<br />

Wunder lassen uns erstaunen. Wunder<br />

sind selten. Freunde auch.<br />

(Text: Ines John)<br />

128 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Gordon Welters<br />

© Gordon Welters<br />

Gordon Welters<br />

arbeitet seit 1998 freiberuflich als<br />

Fotojournalist, für nationale und internationale<br />

Kunden und ist Vertragsfotograf<br />

der The New York Times. Seit 2006 wird<br />

er von der Agentur laif vertreten. Mit<br />

einer Leidenschaft für die sozial engagierte<br />

Reportagefotografie widmet sich<br />

Gordon in seinen freien Projekten den<br />

Geschichten am Rande der Gesellschaft<br />

und erzählt in einfühlsamen Reportagen<br />

vom Menschsein.<br />

(www.GordonWelters.com)<br />

Gordon Welters


Erik-Jan Ouwerkerk<br />

»Einsame<br />

Kommunikation«<br />

Manchmal sind wir in der Wirklichkeit<br />

abwesend um im Virtuellen anwesend<br />

zu sein.<br />

Wir sind überall und rund um die Uhr<br />

erreichbar. Ohne Handyempfang und<br />

Internet glauben wir verloren zu sein.<br />

Wir checken unsere Mails während wir<br />

mit Freunden im Café sitzen und bevor<br />

wir Theater oder Flugzeug verlassen,<br />

müssen wir ganz schnell ein paar SMS<br />

verschicken um unsere Rückkehr in der<br />

digitalen Welt zu melden.<br />

Erik-Jan Ouwerkerk<br />

Geboren 1959 in Leiderdorp, Niederlande.<br />

Biologiestudium in Utrecht, mit Forschungsprojekt<br />

über Fischotter auf den<br />

Shetland Inseln.<br />

Seit 1988 als freischaffender Foto-Journalist<br />

in Berlin.<br />

Themenschwerpunkte: Leben in der<br />

Stadt, Soziales, Architektur.<br />

© Erik-Jan Ouwerkerk<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

2003 bis 2005 Lehrauftrag für Reportage-Fotografie<br />

an der Kunsthochschule<br />

Berlin-Weissensee, Hochschule für<br />

Gestaltung<br />

Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften<br />

und Büchern in vielen Ländern,<br />

u.a. Deutschland, Holland, Frankreich,<br />

Spanien, Finnland, USA, Japan.<br />

Diverse Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen.<br />

Erik-Jan Ouwerkerk<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 129


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Valerio Bispuri<br />

Encerrados<br />

»Travel to South<br />

America jail«<br />

Ich verbrachte 10 Jahre auf Reisen zu<br />

den Gefängnissen Südamerikas, einer<br />

komplexen Parallelwelt, in der Gewalt<br />

und Missbrauch zum Leben der Insassen<br />

gehören. Dabei konnte ich beobachten,<br />

wie die Häftlinge versuchen<br />

ihre Würde zu bewahren, indem sie<br />

sich in die Rollen einfügen, die sie auch<br />

außerhalb des Gefängnisses innehielten.<br />

Diese Gefängniswelt ist ein Spiegel<br />

der Gesellschaft, ein Spiegel der kleinen<br />

Probleme eines Landes, als auch seiner<br />

großen Sozial- und Wirtschaftskrisen.<br />

Die Aufrechterhaltung ihrer Rollen ist<br />

notwendig und der einzige Weg sich<br />

selbst zu verteidigen. In diesen engen<br />

und überfüllten Gefängnissen versuchen<br />

die Insassen ihre Gewohnheiten<br />

beizubehalten. Gewalt und Rangordnungen<br />

nach dem Prinzip »der Stärkste<br />

gewinnt« folgen daraus.<br />

In Brasilien zum Beispiel musste der<br />

Gefängnisdirektor zusätzlich zu seiner<br />

Erlaubnis die Zustimmung der »kontrollierenden«<br />

Gruppe erhalten, bevor<br />

ich fotografieren durfte. Einige Gefangene<br />

demonstrieren ihre Macht durch<br />

Messer, die sie stolz präsentieren, während<br />

andere Insassen, die nicht bewaffnet<br />

sind, zu Sklaven werden. In Santiago,<br />

Chile, sind es die Verurteilten<br />

bereits gewohnt in ihrer freien Zeit<br />

gegeneinander zu kämpfen, denn auch<br />

hier gilt die Regel: Der Stärkste und<br />

Reichste hat die Kontrolle und die Macht.<br />

Das Leben im Gefängnis besteht aber<br />

nicht nur aus Machtspielen und Kämpfen.<br />

Im Alltag findet sich auch Zeit zum<br />

Fußballspielen, zum Reden, zum Witze<br />

erzählen. Für Frauen gibt es Momente,<br />

in denen sie sich schick machen und<br />

schminken.<br />

Die Geschichte dieser Reportage ist<br />

es nicht, die Situation in den Gefängnissen<br />

anzuprangern, sondern zu entdecken,<br />

was die Länder Südamerikas<br />

trennt und verbindet.<br />

Ich besuchte insgesamt 74 Männer- und<br />

Frauengefängnisse in Equador, Peru,<br />

130 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Encerrados, Santiago, Chile, Penitentiary. March 2008, some convicts are waiting for going out<br />

to the patio.<br />

Bolivien, Argentinien, Chile, Uruguay,<br />

Brasilien, Kolumbien und Venezuela.<br />

Ich kam in Kontakt mit Gefangen und<br />

Wärtern, mit Angst und Gefahr und Hoffnung<br />

und Zurückhaltung. Manche Verurteilten<br />

sahen in mir eine Ablenkung,<br />

andere betrachteten mich mit Neid und<br />

wieder andere verachteten mich, weil<br />

sie dachten, dass ich nur dort sei, um<br />

mit Bildern Geld aus ihrem Leben hinter<br />

Gittern zu machen.<br />

Jedes Gefängnis schafft es, einem die<br />

Situation im jeweiligen Land bewusst<br />

zu machen. Auch wenn alles nur eine<br />

Reflexion der Gewalt zu sein scheint,<br />

sind die Gegensätze von Gewalt und<br />

Leben eng miteinander verwoben. Dies<br />

steht im Einklang mit der Geschichte<br />

Südamerikas.<br />

Valerio Bispuri<br />

Biographie<br />

Der 40-jährige Valerio Bispuri wurde<br />

in Rom, Italien, geboren. Er erlangte<br />

seinen Hochschulabschluss in Kunst<br />

und Geisteswissenschaften. Heute lebt<br />

er in Buenos Aires und Rom. Seit 2001<br />

arbeitet Bispuri als professioneller Fotoreporter<br />

und arbeitet mit zahlreichen<br />

italienischen und ausländischen Magazinen<br />

zusammen. Er hat Reportagen in<br />

Latein Amerika, Afrika und dem Mittleren<br />

Osten durchgeführt. Seine Arbeiten<br />

wurden international in diversen Aus-<br />

stellungen u.a. in Italien, Spanien und<br />

Argentinien gezeigt. Seit vielen Jahren<br />

untersucht Bispuri die verschiedenen<br />

Aspekte des Lebens in Südamerika und<br />

wurde 2011 bei der POYi Latein Amerika<br />

besonders lobend erwähnt.<br />

2011 stellte er seine Zehnjahresarbeit<br />

über die Gefängnisse Südamerikas<br />

(Encerrados, Travel of South American<br />

jails), bei Visa pour l’Image in Perpignan<br />

aus.<br />

Valerio Bispuri<br />

I spent 10 years travelling for South-<br />

America jails.<br />

A different and complex world in which<br />

violence and abuse are part of convicts<br />

life. I saw, during the time, how the convicts<br />

try to find a space similar to that<br />

one they had outside jails. They try to<br />

preserve their dignity. Jails are a reflex<br />

of the society, a mirror of a country for<br />

both small problems and for the big economic<br />

and social crisis. The necessity to


Encerrados, Santiago, Chile, Penitentiary. March 2008, guard beats a convict just entered in prison.<br />

recreate their space is the only way to<br />

defend them.<br />

They hardly try to maintain their habits in<br />

a human boundary condition and overcrowding<br />

status. Violence and power<br />

management inside the jails are direct<br />

consequences of these conditions.<br />

Thus, for instance, in Brazil even if I got<br />

the permission for taking pictures inside<br />

the jails, the jail director had to seek the<br />

approval of a »control« group who ran<br />

the prison.<br />

Some prisoners were used to show defiantly<br />

their knives and who is not armed<br />

becomes a kind of slave.<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

In Santiago, in Chile, the convicts, irritated<br />

by such bad life conditions are<br />

used to fight during their autonomy hour.<br />

The jails rules are the same of that we can<br />

find in life: who has more money and<br />

power, supervises and has authority.<br />

The life in jails is not only power games<br />

and fights. In daily life there is time for<br />

playing football, for talking, for joking<br />

and for women there are moments<br />

in which they dress up and make-up<br />

faces.<br />

The history of this work is not to<br />

denounce the situation in jails but to<br />

discover and tell what joins and what<br />

I went around for 74 male and female<br />

jails in Ecuador, Peru, Bolivia, Argentina,<br />

Chile, Uruguay, Brazil, Colombia e Venezuela.<br />

I got in contact with prisoners and<br />

guards, with fear and anger, with hope<br />

and diffidence. Some convicts considered<br />

me a distraction, others looked at<br />

me with envy, others again with contempt<br />

because they thought that I was<br />

there only for taking pictures to sell of<br />

their confined life.<br />

Every jail was a way to tell the country<br />

from inside and outside. Even if everything<br />

seems to be just a reflex of violence<br />

the contrast of life and violence belongs<br />

to one line. This corresponds to the history<br />

of South America.<br />

Valerio Bispuri<br />

Valerio Bispuri, 40 years old, was born<br />

in Rome. He has an art and letter graduate.<br />

He is living in Buenos Aires and in<br />

Rome. Professional photoreporter since<br />

2001, he is collaborating with many Italian<br />

and foreign magazines. He made a<br />

lot of reportages in Latin America, Africa<br />

and Middle East. He exhibited in many<br />

places in Italy, Spain and Argentina.<br />

Since many years he is working on different<br />

aspects of life in South America<br />

In 2011 he received a special mention<br />

at the POYi Latin America.<br />

In 2011 he exhibited at Visa pour<br />

l‘Image in Perpignan an exhibition of a<br />

work of ten years on prison sudmaericane:<br />

Encerrados, Travel of South American<br />

jails<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 131


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Timo Vogt<br />

»Syria - Land of the<br />

Living Dead«<br />

Hintergrund:<br />

Im Februar <strong>2012</strong> war der Aufstand der<br />

Syrier gegen das Assad-Regime auf<br />

einem Höhepunkt. Nach 11 Monaten<br />

demonstrierten die Menschen noch<br />

immer gewaltfrei. Immer mehr Deserteure<br />

der Armee schlossen sich zur<br />

Freien Syrischen Armee zusammen.<br />

Doch wegen ihrer mangelhaften Ausrüstung<br />

waren sie bestenfalls eine Art<br />

Schutztruppe für die Bevölkerung. Vor<br />

den Panzern Assads können sie letztlich,<br />

wie auch die unbewaffneten Zivilisten,<br />

nur fliehen.<br />

132 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Die Reportage:<br />

Über die Berge der Türkei kommen Versorgungsgüter,<br />

Waffen und auch Journalisten<br />

nach Syrien. Flüchtlinge kehren<br />

als Unterstützer der Freien Syrischen<br />

Armee (FSA) oder als Aktivisten ins Land<br />

zurück. Trotz massiver Repression gehen<br />

die Menschen weiterhin friedlich auf die<br />

Straßen und riskieren dabei von Scharfschützen<br />

erschossen zu werden. Sie<br />

fordern Freiheit und den Sturz Assads.<br />

Die kleinen Gruppen der FSA geben<br />

sich zuweilen zwar martialisch, doch<br />

bei Angriffen der Regierungstruppen<br />

Ein Junge steht in einer verwüsteten Straße in Kurin. Panzer haben hier Häuser einfach plattgewalzt. © Timo Vogt/randbild.de<br />

können sie die Bevölkerung nicht schützen.<br />

Mit ihren Gewehren und den zum<br />

Teil selbstgebastelten Patronen können<br />

sie den Panzern Assads nichts entgegensetzen.<br />

Beim Angriff auf das Dorf Kurin<br />

(Provinz Idlib) am 22. Februar können<br />

sie nur schnell einige verängstigte Zivilisten<br />

in den Olivenhainen verstecken.<br />

Nach sieben Stunden Beschuss zieht<br />

sich die Armee zurück und die Menschen<br />

kehren in den verwüsteten Ort<br />

zurück. Sechs Männer werden ermordet<br />

aufgefunden. Sie wurden brutal hin-


Am Tag nach dem Angriff auf Kurin werden die Toten beerdigt. © Timo Vogt/randbild.de<br />

gerichtet. Beinahe hilflos bleiben die<br />

Kämpfer der FSA und die schockierten<br />

Bewohner zurück. Doch ein »zurück«<br />

gibt es für sie nicht mehr. Das Ende des<br />

Aufstands gegen Assad würde ihren Tod<br />

und den der Aktivisten der Opposition<br />

bedeuten. Sie kämpfen um ihr Leben.<br />

Timo Vogt<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Der Fotograf Timo Vogt reiste von der<br />

Türkei auf Schmugglerpfaden in die Provinz<br />

Idlib im Nordwesten Syriens. Die<br />

Region Idlib galt als relativ sicher, da sie<br />

weitgehend in der Hand der Opposition<br />

war. Doch während seines Aufenthaltes<br />

begann die Armee dort mit einer blutigen<br />

Offensive zur Rückeroberung dieser<br />

Gebiete. Der morgendliche Angriff auf<br />

das Dorf Kurin kam für die Bevölkerung<br />

ohne Ankündigung. Der Fotograf flüchtete<br />

mit Bewohnern in die Olivenhaine.<br />

Tags darauf war der geplante Rückweg<br />

in die Türkei durch Militäroperationen<br />

versperrt. Erst Tage später konnte er über<br />

den Stacheldraht klettern und erreichte<br />

so die Türkei – dort angekommen verhaftete<br />

ihn die türkische Grenzpolizei.<br />

1980 geboren, lebt Timo Vogt in Lüchow-<br />

Dannenberg. Für Reportagen bereiste<br />

er vor allem den Kaukasus, Teile des<br />

Nahen Ostens und Afghanistan.<br />

Portrait-Foto Timo Vogt:<br />

Jerusalem, 2010<br />

www.randbild.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 133


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Hana Jakrlova<br />

»Big Sister«<br />

In ihrem Buch »In the Meantime:<br />

Europe«, veröffentlicht im Jahr 2006 mit<br />

einem Vorwort vom tschechische Präsident<br />

Vaclav Havel, dokumentierte Hana<br />

Jakrlova ihre persönliche fotografische<br />

Reise quer durch Europa nach dem<br />

Fall des Kommunismus. Dieser kraft-<br />

© Hana Jakrlova, (Originalbild in Farbe)<br />

134 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

volle Bildband fängt die neue Identität<br />

eines unlängst vereinten Kontinents ein.<br />

In »Big Sister«, veröffentlicht 2010 von<br />

„»Images en Manoeuvres and Eric Franck<br />

Fine Art«, zeigt sich Hana fasziniert von<br />

den außergewöhnlichen Möglichkeiten,<br />

mit denen das Internet unsere Welt ver-<br />

ändert hat. Sie fühlte sich herausgefordert,<br />

dieses grundlegende weltweite<br />

Phänomen und wie es unser Gefühl<br />

von Intimität und Privatsphäre prägt, zu<br />

untersuchen.<br />

Hana Jakrlova lebt in Prag und New York.


© Hana Jakrlova, (Originalbild in Farbe)<br />

Hana Jakrlova<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

ist eine aus Tschechien stammende<br />

Fotografin. Ihre international publizierten,<br />

Arbeiten sich mit Fragen der Zugehörigkeit,<br />

Intimität und Identität befassen.<br />

Nach erfolgreichem Abschluss ihres<br />

Architektur-Studiums in Prag besuchte<br />

sie das Institut für kreative Fotografie<br />

in der Tschechischen Republik und das<br />

International Center of Photography in<br />

New York.<br />

www.hanajakrlovaphoto.com Hana Jakrlova<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 135


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Sanchir Tserendorj<br />

Tseren Byambasuren<br />

Amartuvshin<br />

Lkhagvasuren<br />

»FOR ALL WHO<br />

HAVE A HEART FOR<br />

MONGOLS«<br />

Ausstellung - Fotografie<br />

Zum Gedenken an den 850. Jahrestag<br />

der Geburt des Dschingis Khaan<br />

Die Ausstellung wird vom Institut für<br />

Studien der mongolischen Diaspora in<br />

Zusammenarbeit mit der ZURAG Galerie<br />

präsentiert.<br />

Die Organisation für Studien der mongolischen<br />

Diaspora ist ein mongolisches,<br />

nichtstaatliches Institut, das wegwei-<br />

136 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

sende Forschung betreibt und Filmexpeditionen<br />

zu Mongolen unternimmt, die<br />

während und nach der Zeit des mongolischen<br />

Reiches in viele Gegenden verstreut<br />

wurden.<br />

Die Organisation dokumentiert die<br />

Geschichte der mongolischen Diaspora<br />

und zeigt, wie diese Mongolen zu ihrem<br />

aktuellen Standort(Lebensraum) kamen,<br />

und wie sie dort ihr einzigartiges ethnisches<br />

Erbe, einschließlich ihrer Kultur<br />

und Sprache bewahren.<br />

Seit 2002 hat die Organisation für Studien<br />

der mongolischen Diaspora der<br />

Öffentlichkeit in unterschiedlichen<br />

Medien seine Arbeiten und Forschungsergebnisse<br />

bekannt gemacht:<br />

Fernseh-Dokumentationen, Fotoausstellungen<br />

und ein Fotobuch, das die<br />

mongolischen Diaspora-Gemeinden<br />

und Relikte im Zusammenhang<br />

mit der mongolischen Geschichte in<br />

rund 30 Ländern, darunter Afghanistan,<br />

Iran,Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan,<br />

Türkei, Malaysia, Russland, China<br />

dokumentiert.<br />

Die Fotoausstellung »FOR ALL WHO<br />

HAVE A HEART FOR MONGOLS«<br />

wurde ursprünglich im Jahr 2010 mit<br />

Unterstützung des Präsidenten der<br />

Mongolei in Ulaanbaatar realisiert und<br />

wurde später auf dem 4. Convent of<br />

World Mongols in Russland gezeigt.<br />

In Erweiterung dieser Ausstellung<br />

erschien das Fotobuch »FOR ALL WHO<br />

HAVE A HEART FOR MONGOLS«, das<br />

in der traditionellen und der kyrillischmongolischen<br />

Sprache sowie in Englisch<br />

publiziert wurde. Das Vorwort<br />

schrieb der Präsident der Mongolischen<br />

Akademie der Wissenschaften<br />

B. Enkhtuvshin, was die Bedeutung der<br />

Publikation im gesamten Feld der historischen<br />

mongolischen Studien stärkte.<br />

In der Galerie ZURAG wird eine Auswahl<br />

aus 45.000 Fotografien von Forschern<br />

und Fotografen des Instituts für<br />

Studien der mongolischen Diaspora<br />

gezeigt, die diese während der vergangenen<br />

10 Jahre auf einer Reise von<br />

30.0000 km aufgenommen haben.<br />

Monguors who are remnants of Mongol cavalries from Chinggis Khaan’s last raid in 1227. Qinghai, China, Photo by Sanchir Tserendorj


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Upon hearing about Mongolian invasion of Khwarezmian cities several families from Tabriz had fled to the cone shaped caves formed of volcanic lava.<br />

Kandovan, Iran, Photo by Tseren Byambasuren<br />

Während der Ausstellung wird es Veranstaltungen<br />

zum Dokumentationsprozess<br />

und Begegnungen mit Mongolisten<br />

geben. Diese Events werden gefilmt und<br />

dokumentarisch festgehalten.<br />

www.zurag.de<br />

Sanchir Tserendorj<br />

3. Juni bis 26. Juni <strong>2012</strong><br />

Atelier ZURAG Galerie Mongolei<br />

Kultur Kunst Zentrum<br />

Böckhstraße 26<br />

10967 Berlin-Kreuzberg<br />

(U-Bahn 8 Schönleinstr.)<br />

Di, Mi, Do 14 – 19 Uhr<br />

Sa 14 – 19 Uhr<br />

(Weitere Öffnungszeiten nach<br />

Vereinbarung.)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 137


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Tian Taiquan<br />

»Amarcord«<br />

Tian Taiquan war einer der prominentesten<br />

Fotokünstler der 80er Jahre. Im Jahr<br />

1985, während er am Sichuan Fine Art<br />

Institute studierte, stellte er seine konzeptuelle<br />

Kunst in den Einrichtungen der<br />

Schule aus. Die meisten seiner Arbeiten<br />

führte er damals in der Dunkelkammer<br />

durch, und mit den neuen Konzepten<br />

und Ideen, die er ausstellte, inspirierte<br />

er viele andere Künstler und hinterließ<br />

einen tiefen Eindruck. 1985 gewann er<br />

die Aufmerksamkeit des Kunstkritikers<br />

Wang Lin.<br />

Im Jahr 2006, erlangten seine Werke<br />

»Vergessen«, »tiefe Eindrücke«, »Totemic<br />

Memories« und »Göttliche Komödie«<br />

große Aufmerksamkeit im In-und<br />

Ausland.<br />

Seine Ausstellung 7010 erntete in<br />

Chongqing viel Kritikerlob und zog<br />

weiter in andere Städte wie u.a. Dali,<br />

Shanghai, Pingyao, und Shenzhen.<br />

Überall, wo die Ausstellung gezeigt<br />

wurde, bekam sie Aufmerksamkeit<br />

und Anerkennung aus verschiedensten<br />

Teilen der Gesellschaft.<br />

Tian beschreibt den Raum seiner Werke<br />

als »Trilogie«.<br />

Die Vergangenheit wird durch Werke<br />

wie »Vergessen« dargestellt; eine<br />

Anspielung auf die Erinnerungen an<br />

die »roten Tagen«, die China niemals<br />

vergessen wird. Die Gegenwart wird<br />

repräsentiert durch »Netzwerk Fokus«,<br />

ein Werk, das Charaktere<br />

fokussiert, die im Internet sowohl in<br />

China als auch im Ausland zu heißen<br />

Themen wurden, von Furong Jiejie zu<br />

George W. Bush. Das auf die Zukunft<br />

bezogene Werk, »7010« dient als Warnung,<br />

was geschehen wird, wenn die<br />

Verschwendung von Ressourcen und<br />

ungezügelter Konsum auf ihrem derzeitigen<br />

Kurs fortgesetzt werden. Wenn<br />

dieser unlogische Krieg zwischen uns<br />

und unserem Planeten nicht beendet<br />

wird, werden wir als Spezies untergehen.<br />

138 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Tian Taiquan, (Originalbild in Farbe)<br />

3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />

FELLINI Gallery<br />

Mittenwalder Straße 6<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – Sa 11 – 19 Uhr<br />

Fr + Sa 12 – 20 Uhr<br />

030 650 052 24


© Tian Taiquan, (Originalbild in Farbe)<br />

Tian Taiquan<br />

stammt aus Chongqing. Nachdem er<br />

1984 am Sichuan Fine Art Institute graduierte,<br />

war er einer der ersten Künstler<br />

Chinas, der mit konzeptueller Fotografie<br />

Karriere machte. Sein Meisterwerk beinhaltet<br />

eine Reihe von Arbeiten über die<br />

»Kulturrevolution«, die »Lethe«, die die<br />

Roten Garden im Fokus hatte.<br />

Heute arbeitet Tian mit der »Sichuan<br />

Fine Art Institution und dem »Tank Loft<br />

Chongqing Contemporary Art Center«<br />

zusammen. Tian Taiquans Arbeit<br />

beschäftigt sich mit der Frage der Zeit.<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Während »die Kulturrevolution«-Serie<br />

eine wichtige Phase der chinesischen<br />

Geschichte einfängt, beinhaltet »Internet<br />

Focus« eine Reie von Arbeiten, die<br />

sich mit der aktuellen Realität auseinandersetzen.<br />

»7010-Life After People«<br />

befasst sich hingegen mit der ultimative<br />

Frage, wie die Zukunft gestaltet sein wird.<br />

Seit 2005 wurden er mit seinem Werk<br />

weltweit zur Teilnahme an exklusiven<br />

Ausstellungen eingeladen, wie zum<br />

Beispiel 2011 zur LOS ANGELES ART<br />

SHOW, und 2009 zu »Die Tränen des<br />

Eros« in London.<br />

© Tian Taiquan, (Originalbild in Farbe)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 139


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Jiri Rezac<br />

»Alberta Tar Sands«<br />

Ich kam zum ersten Mal in Berührung<br />

mit Alberta Teersanden im Auftrag des<br />

WWF (World Wild Life Fund) im Jahr<br />

2007 und erneut im Jahr 2009 auf mehreren<br />

Reisen im Auftrag von Greenpeace.<br />

Mein erster Eindruck von der Industrie<br />

in Nord-Alberta war eine grandiose<br />

Entwicklung, im negativen Sinne<br />

des Wortes. Bergbau und Gewinnung<br />

von Energieressourcen sind nie wirklich<br />

schön, aber das Ausmaß und Tempo, mit<br />

dem die Ölgewinnung in Kanada betrieben<br />

wird, ist wirklich atemberaubend.<br />

Wie konnte es sein, daß Kanada, das<br />

weithin als ein freundliches, umweltbewusstes<br />

und »nettes« Land betrachtet<br />

wird, solche zerstörerischen Projekte<br />

in ihrem eigenen Hinterhof duldet?<br />

Eine Antwort, die ich im Gespräch mit<br />

den Menschen fand, war kulturell: Wäh-<br />

© Jiri Rezac, (Original Image in colour)<br />

140 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

rend die meisten Europäer und auch<br />

viele Menschen weltweit mit der Vorstellung<br />

und den Bedingungen der Ressourcenknappheit<br />

leben, nehmen die<br />

Kanadier anscheinend den umgekehrten<br />

Weg: Hülle und Fülle. Die Gruben-,<br />

Dampf-und Aufbereitungsanlagen nördlich<br />

von Fort McMurray sind wahrhaft<br />

gigantisch. Man hat den Eindruck einer<br />

Mondlandschaft, vergiftet mit stinkenden<br />

toxischen Aufbereitungsrückständen,<br />

dazu der Klang von Kanonen, der<br />

Zugvögel abschrecken soll, sichtbar für<br />

jeden, der sich eine halbe Stunde nördlich<br />

entlang des Highway 63 bewegt.<br />

Wie kann jemand, der noch bei Verstand<br />

ist, dieses Schreckensszenario<br />

dulden?<br />

Was mich allerdings am meisten aufregt,<br />

ist die eklatante Missachtung der<br />

Menschen, die stromabwärts dieser tödlichen<br />

Industrie leben, Kanadas Ureinwohner.<br />

Sie sind die wahren Verlierer. In<br />

mehrere Gemeinden, entlang des Lake<br />

Athabasca stieg in auffälliger Weise die<br />

Rate von Krebserkrankungen an, als<br />

hier der Ölabbau in großem Maßstab<br />

begann.<br />

Ihr Wasser ist nicht trinkbar, die Anzahl<br />

der Fische, Zugvögel, Elche, Bären und<br />

anderer Wildtiere ist geschrumpft und<br />

die Tiere sind nicht mehr essbar. Es<br />

scheint, dass ihre traditionelle Lebensweise<br />

endgültig am Ende ist. Ich finde<br />

das alles schwer zu akzeptieren und<br />

mit meiner Vorstellung zu vereinbaren,<br />

die ich von einer demokratischen,<br />

erste Welt-Regierung - die Kanada ja zu<br />

haben behauptet - habe.<br />

Dieses Szenario passt mehr zu den dunkelsten<br />

Zeiten der Kolonisierung, von<br />

der viele von uns gehofft haben, dass<br />

sie für immer der Vergangenheit angehört,<br />

verbannt zwischen die Deckel von<br />

Geschichtsbüchern.<br />

Mit den Bildern dieser Ausstellung<br />

möchte ich zeigen, wie lebendig diese<br />

Geschichte heute leider immer noch ist.<br />

Jiri Rezac


© Jiri Rezac<br />

Jiri Rezac<br />

(geboren 1974, in Duchcov, Tschechische<br />

Republik), lebt in London.<br />

Rezac arbeitet weltweit im Auftrag<br />

für international führenden Zeitungen,<br />

Zeitschriften und Organisationen. Ein<br />

Großteil seiner Arbeit konzentriert sich<br />

auf Umweltthemen und wurde vielfach<br />

bekannt durch knallharte und dennoch<br />

- dank sorgfältiger Komposition und<br />

Beleuchtung - künstlerisch schöner und<br />

faszinierender Fotografie.<br />

Er hat in den letzten Jahren für Greenpeace<br />

International, den WWF und die<br />

Climate Group große globale Kampagnen<br />

mitgestaltet, die in mehreren hochkarätigen<br />

Ausstellungen und zahlreichen<br />

Veröffentlichungen in den weltweit<br />

wichtigsten Zeitungen und Nach-<br />

Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Seit 2010 ist seine Reportage über die<br />

kanadischen Teersande schätzungsweise<br />

von 5 Millionen Menschen überall<br />

in Großbritannien und Europa gesehen<br />

worden. Sie wird als wichtiges<br />

Kampagnen-Tool von der Co-Operative,<br />

Greenpeace und dem WWF eingesetzt,<br />

um die Einfuhr von Brennstoffen<br />

aus den Teersanden nach Europa auszuschließen.<br />

Rezacs Bilder erschienen in weltweit<br />

führenden Publikationen wie Geo, National<br />

Geographic Books, Vanity Fair, The<br />

New Yorker, The New York Times, Der<br />

Spiegel, BILD und BILD am SONN-<br />

TAG, The Guardian, The Sunday Telegraph,<br />

The Times u.v.a.<br />

Jiri Rezac<br />

richtenmagazinen gezeigt wurden. www.jirirezac.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 141


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Fotowettbewerb<br />

»dpa-Bilder des<br />

Jahres«<br />

Beim dpa-internen Fotowettbewerb<br />

»dpa-Bilder des Jahres« reichen die rund<br />

80 Fotografen der Deutschen Presse-<br />

Agentur jeweils eine Auswahl der besten<br />

Bilder des vergangenen Jahres ein. Der<br />

Preis soll weniger die größten Ereignisse<br />

des Jahres illustrieren, sondern die<br />

tägliche Arbeit der Fotografen in ganz<br />

142 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Deutschland honorieren. Eine hochkarätig<br />

besetzte Jury aus externen Fachleuten<br />

wählt aus den rund 1.000 Einsendungen<br />

jeweils drei Preisträger für<br />

die Kategorien Politik, Wirtschaft, Kultur<br />

& Entertainment, Porträt und Sport aus.<br />

Die Auszeichnungen für den mit insgesamt<br />

mehr als 10.000 Euro dotierten<br />

Ein Occupy-Aktivist mit einer Guy-Fawkes-Maske unterbricht am 22.11.2011 den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG, Josef Ackermann,<br />

während dessen Rede bei der Mitgliederversammlung des Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg. Foto: Marcus Brandt / dpa, 3. Preis Fotografie, Rückblende<br />

2011<br />

Wettbewerb 2011 werden Ende April<br />

bei einer Festveranstaltung in Hamburg<br />

verliehen. Die Ausstellung der 18<br />

prämierten Fotos ist anschließend beim<br />

The Browse Photo Festival Berlin <strong>2012</strong><br />

zu sehen.


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

Wolfgang Dreblow vom FDP-Landesverband Sachsen-Anhalt, FDP-Generalsekretär Christian Lindner und der stellvertretende FDP-Vorsitzende Holger<br />

Zastrow (v.l.n.r.), diskutieren am 10.09.2011 in Leipzig über ein neues Grundsatzprogramm der Partei. Foto: Hendrik Schmidt / dpa, Sonderpreis<br />

Fotografie, Rückblende 2011<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 143


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

144 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 145


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

146 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />

»Focus-Ausstellungen«<br />

4 Berliner Fotografen<br />

aus der Kunst-, Kultur-,Werbe-und Industriefotografie<br />

Gerhard Kassner<br />

Roland Horn<br />

Michael Hughes<br />

Daniel Wetzel<br />

Festgelände:<br />

Enkestraße / Besselpark<br />

Veranstaltungszelte & Außengelände<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 147


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Michael Hughes<br />

»Souvenirs«<br />

Die Idee zu »Souvenirs« kam mir an<br />

einem kalten, grauen Novembertag im<br />

Jahr 1999 bei einem Fotoauftrag am<br />

Loreley-Felsen in der Nähe von Mainz.<br />

Die Postkarte in meiner Tasche, für<br />

meine Tochter gedacht, sah viel besser<br />

aus als die triste Landschaft um mich<br />

herum. Plötzlich wurde mir klar, ich<br />

stand genau an der Stelle, an der der<br />

andere Fotograf sein Bild gemacht hatte.<br />

Es entstand eine Verbindung und das<br />

Abenteuer begann. Es gibt drei Arten<br />

von Menschen, die Souvenirs kaufen:<br />

die völlig Unschuldigen, die überhaupt<br />

nichts Ordinäres darin sehen, die Snobs,<br />

© Michael Hughes, (Originalbild in Farbe)<br />

148 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

die auf anspruchsvolle Souvenirs stehen<br />

und die postmodernen Menschen, die<br />

noch schlimmeres Zeug kaufen als die<br />

Unschuldigen, um zu zeigen, wie klever<br />

sie sind. Ich muss zugeben, dass ich eine<br />

lange Zeit lang zu der dritten Gruppe<br />

gehörte, bis ich verstand, was eigentlich<br />

Souvenirs für die Menschen bedeuten.<br />

Souvenirs sind die Wegpunkte in<br />

der Erzählung unseres Lebens, leicht<br />

identifizierbare Zeichen, die uns und<br />

anderen zeigen, womit wir uns beschäftigen.<br />

Viel später erst habe ich verstanden,<br />

daß ich mich nicht nur über die<br />

Souvenirs lustig gemacht habe, sondern<br />

auch über die Originale. Losgelöst von<br />

ihrem ursprünglichen Kontext wurden<br />

sie zu bloßen Zeichen in der Sprache<br />

der Weltkultur. Aber das Beste an Souvenirs<br />

ist, daß wir sie mit nach Hause<br />

nehmen können; sie gehören zu uns wie<br />

die Fotos, die wir schießen.<br />

Das Medium Fotografie hat sich zu<br />

einer Souvenir-Maschine entwickelt.<br />

Die Fotografie friert winzige Fragmente<br />

aus dem Fluss unserer Erfahrung ein und<br />

gibt uns das flüchtige Gefühl, Kontrolle<br />

über unser Leben zu haben.


© Michael Hughes, (Originalbild in Farbe)<br />

Michael Hughes<br />

wurde 1952 in London geboren. 1982<br />

Umzug nach Berlin. 1974 begann<br />

Michael Hughes zu fotografieren.<br />

In Deutschland wird er Profi-Fotograf,<br />

weil es einfacher ist, Bilder zu zeigen als<br />

zu reden. Er heiratete ein ostdeutsches<br />

Mädchen und gemeinsam produzierten<br />

sie eine internationale Tochter.<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Michael Hughes<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 149


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Gerhard Kassner<br />

»Professional –Privat«<br />

Bilder von Menschen<br />

Die kurze Zeit, die Gerhard Kassner bei<br />

seinen fotografischen Begegnungen mit<br />

den Stars der Berlinale zur Verfügung<br />

steht, schafft eine Kondensation besonderer<br />

Art. Dabei spielen die technischen<br />

Aspekte die geringere Rolle, viel wichtiger<br />

ist die Präsenz, die sich in den Bildern<br />

wiederspiegelt. Bekanntlich gibt<br />

es keine fotografische oder filmische<br />

Objektivität, denn immer ist der Autor<br />

gewissermaßen das unsichtbare Subjekt,<br />

dessen Blick sich im porträtierten<br />

Modell reflektiert. Oder, wie Godard es<br />

formulierte, »die Kamera ist ein Ort mit<br />

zwei entgegengesetzten Richtungen«.<br />

So gesehen, sind die Berlinale-Porträts<br />

von Kassner zwar erst einmal technisch<br />

perfekte Star-Porträts, die unter höchster<br />

Konzentration und in kürzester Zeit<br />

enstehen - jede dieser Studiosessions<br />

dauert zwischen 3 - 5 Minuten, manchmal<br />

auch noch kürzer. Dabei sehen<br />

sich der Fotograf und der Star meist<br />

zum ersten Mal und es gilt, in wenigen<br />

Sekunden den Einstieg in die gemeinsame<br />

Arbeit zu finden. Die Porträts sind<br />

aber auch und vor allem Zeugnisse von<br />

Kassners Ehrlichkeit im Umgang mit<br />

seinen Modellen und von seinem intuitiven<br />

Gespür für Menschen, die hauptberuflich<br />

vor der Kamera stehen. Man<br />

gewinnt den Eindruck eines Fotografen,<br />

der sich zurückzunehmen weiß und<br />

dessen eigene Natürlichkeit sich in den<br />

Modellen reflektiert, der aber gleichzeitig<br />

einen äußerst akuten Blick für<br />

entscheidende Nuancen besitzt. Dies<br />

schafft die subtile dialogische Spannung,<br />

die in den Bildern liegt und die<br />

vorallem dann sichtbar wird, wenn man<br />

die Porträts in Serien betrachtet, bzw. in<br />

den Anordnungen, die jeweils zu einem<br />

Film gehören. Dann entfaltet sich in den<br />

Bilder ein Gefühl für das unsichtbare<br />

Subjekt, den Zeitzeugen, den Fotografen<br />

Kassner. In den zehn Jahren seit<br />

Gerhard Kassner als Berlinale-Porträtist<br />

tätig ist, hat er 1156 Porträts von Filmregisseuren<br />

und Schauspielern, darunter<br />

viele internationale Stars, fotogra-<br />

150 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Gerhard Kassner, »Oma und Opa«, 1989<br />

fiert und hat damit Zeitzeugnisse des<br />

internationalen Films und der Berlinale<br />

selbst geschaffen.<br />

Um den kurzen Moment der Begegnung<br />

und um das Bewusstsein einer Zeitzeugenschaft<br />

geht es auch in den anderen,<br />

den »privaten« Porträts von Gerhard<br />

Kassner, die bis in die neunziger Jahre<br />

zurückreichen. Die Fotografien von<br />

Freunden, den Großeltern und Eltern,<br />

den Kindern, haben eine gemeinsame<br />

Charakteristik: Sie dokumentieren, was<br />

dem unvermeidlichen Wandel der Zeit<br />

untersteht, dies jedoch in einer Intimität,<br />

die nur im privaten Bereich entstehen<br />

kann. Sie zeigen einen Blick auf Wohlbekanntes<br />

und Geliebtes, der sich der<br />

Vergänglichkeit bewusst ist und sich ihr<br />

emotional aussetzt. Dabei kommt dieselbe<br />

Ehrlichkeit, die in den Berlinale-<br />

Porträts zart aufscheint, zu ihrem vollen<br />

Ausdruck.<br />

Und so groß die Genre-Distanz zwischen<br />

den privaten und den Star-Porträts<br />

erscheinen mag, reflektieren doch<br />

beide denselben Respekt für das por-<br />

trätierte Gegenüber, denselben Sinn<br />

für die Schönheit unter der Oberfläche,<br />

dasselbe Wissen um die Intensität des<br />

kurzen Augenblicks - und speisen sich<br />

so aus demselben Menschenbild.<br />

Barbara Weigel<br />

Gerhard Kassner


© Gerhard Kassner, Meryl Streep, The Iron Lady, Berlinale, 14.02.<strong>2012</strong>, 17:19:24 Uhr, (Original in Farbe)<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 151


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Daniel Wetzel<br />

»Kriegerinnen«<br />

Sie sind schön, begehrenswert - und<br />

gefährlich. Frauen, die töten können.<br />

Amazonen waren zu Beginn ganz gewiss<br />

nicht die Projektionsflächen, zu denen<br />

der Mythenbetrieb und die Kunstgeschichte<br />

sie später gemacht haben.<br />

Wann hat das begonnen? Welcher<br />

Zurichtung des Blicks fiel die Kämpferin<br />

zum Opfer? Das Spiel mit den Überhöhungen<br />

wird von Daniel Wetzel mit<br />

einer rücksichtslosen Eleganz betrieben.<br />

Die stundenlange Arbeit am Körper, mit<br />

skrupulös ausgesuchten oder selbst entworfenen<br />

Requisiten straft die Technik<br />

der Bilderfassung Lügen. Der Auslöser<br />

© Daniel Wetzel, (Original in Farbe)<br />

152 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

der Kamera steht im umgekehrten Verhältnis<br />

zur Gestaltungszeit der ganzen<br />

Komposition. Der Sekundenbruchteil<br />

muss die vorhergehende Ewigkeit in<br />

ihrer Arbeitsintensität nicht nur bestätigen,<br />

sondern übertreffen, überwinden.<br />

Dazu kommen noch Lichtexerzitien,<br />

die eine eigene Dimension haben.<br />

Alle Motive entstehen mit der Schauspielerin<br />

Leonie Abbassi. Dem Fotografen<br />

geht es bei dieser Serie auch um die<br />

Wandlungsfähigkeit des Models. Es legt<br />

seine konventionelle Aufgabe ab und<br />

wird zum Protagonisten einer Metamorphose.<br />

Daniel Wetzels Variante der inszenierten<br />

Fotografie orientiert sich an der<br />

Schönheit als Ziel, die er nicht preisgibt.<br />

Und damit provoziert er. Ganz<br />

klassisch.<br />

Die Jüdin, die mit Schläfenlocken,<br />

nackt, mit dem gelben Stern auf der<br />

Brust und mit einer Maschinenpistole<br />

in sich gekehrt vor sich hin blickt – sie<br />

wird sich wehren.<br />

Und sich als Verführerin nicht aufgeben.<br />

Wie Judith, bevor sie Holofernes<br />

des Kopf abschlug.<br />

Reiner Schweinfurth, Journalist


© Daniel Wetzel, (Original in Farbe)<br />

Daniel Wetzel<br />

wird 1962 in Weil am Rhein geboren.<br />

Von 1983 bis ‚85 ist er Assistent von BFF<br />

Fotograf Rolf Frei.<br />

Arbeit für Porsche, Mercedes, Volvo.<br />

Von 1985 bis 1987 studiert er Fotografie<br />

am Lette-Verein in Berlin.<br />

Seit 1987 tätig als freier Fotograf.<br />

2000 mitverantwortlich für den offiziellen<br />

Bildband der Oberammergauer Passionsfestspiele.<br />

In den letzten Jahre intensive Beschäftigung<br />

mit thematischen Zyklen:<br />

Kriegerinnen, Zodiac, Supermodels,<br />

Lost In Reverie.<br />

www.danielwetzel-fotograf.de Daniel Wetzel<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 153


The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Roland Horn<br />

»Streitfragen«<br />

Roland Horn portraitierte systemverantwortliche<br />

Arbeiter, Ingenieure, Manager<br />

und Politiker der Energiebranche und<br />

deren Kritiker. Die Energiewirtschaft,<br />

Politik und Gesellschaft in Deutschland<br />

stehen vor einer großen Herausforderung:<br />

Den kompletten Umbau der<br />

Energieversorgung.<br />

Dreh- und Angelpunkt der Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Fotografen und<br />

dem Bundesverband der Energie- und<br />

Wasserwirtschaft ist eine außergewöhnliche<br />

Publikation: Das Magazin »Streitfragen!«<br />

entstand als Reaktion auf die<br />

Reaktorkatastrophe von Fukushima und<br />

die »Energiewende«. Angesichts völlig<br />

neuer Herausforderungen wollen die<br />

Herausgeber alte Denkmuster aufbrechen,<br />

Standpunkte infrage stellen, die<br />

eigenen Unternehmen auf »Change«<br />

einstimmen. Dazu braucht das Magazin<br />

Bilder, die eben das tun: irritieren, einen<br />

zweiten Blick provozieren, auch eine<br />

optimistische, konstruktive Denkweise<br />

befördern. Fotos, Layout und Streitgespräche<br />

bilden eine Einheit. Konstruktive<br />

Irritaton. Food for thought.<br />

154 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Hr. Huthmacher Bundesministerium für Bildung und Forschung © Roland Horn (Original in Farbe)<br />

Hr. Kindler, Bundesnetzagentur, und Hr. Schucht, 50 Hertz Transmission,<br />

© Roland Horn (Original in Farbe)<br />

www.rolandhorn.de<br />

Roland Horn, © Gerhard Kassner


Gaskraftwerk Fa. Trianel – Kesselanlage, © Roland Horn (Original in Farbe)<br />

The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 155


Portfolio Monika Minder<br />

© Monika Minder<br />

Monika Minder<br />

Ansel Adams, einer der bedeutendsten<br />

amerikanischen Fotografen zitierte:<br />

»Es gibt Bilder, die schaut man an, aber<br />

selten in sie hinein«.<br />

In diese Kinderbilder von Monika<br />

Minder schaut man hinein. Die Augen<br />

der Kinder, der Glanz der Blicke, die<br />

Intensität ziehen den Betrachter in<br />

seinen Bann. Es sind Fotografien mit<br />

einer dichten Atmosphäre. Die Porträts<br />

sind reduziert auf das Wesentliche, man<br />

ruht in diesen Gesichtern aus.<br />

Monika Minder fotografiert mit Vorliebe<br />

bei schwachem Licht und aus Überzeugung<br />

ohne Blitz und ohne Stativ.<br />

Auf spektakuläre Effekte verzichtet sie<br />

bewusst, und bei der Bearbeitung der<br />

Bilder beschränkt sie sich auf ein Minimum.<br />

156 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Sie genießt den Prozess der visuellen<br />

Erstellung eines Bildes, einer Emotion,<br />

um eine Idee oder Geschichte zu kommunizieren.<br />

Mimik und Gestik eines Momentes<br />

stehen im Vordergrund, unspektakulär,<br />

aus dem Alltag, das Hier und Jetzt und<br />

das So sein in ungeschminkter Form,<br />

unperfekt wie das Leben.<br />

Monika Minder<br />

Geboren 1961 in der Schweiz.<br />

Zur digitalen Fotografie 2008 gefunden.<br />

Autodidaktin.<br />

www.monika-minder.ch<br />

© Monika Minder<br />

© Monika Minder


© Monika Minder<br />

Portfolio Monika Minder<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 157


Portfolio Monika Minder<br />

© Monika Minder<br />

158 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


© Monika Minder<br />

Portfolio Monika Minder<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 159


Portfolio Monika Minder<br />

© Monika Minder<br />

160 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


© Monika Minder<br />

Portfolio Monika Minder<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 161


Portfolio Monika Minder<br />

© Monika Minder<br />

162 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>


© Monika Minder<br />

© Monika Minder<br />

Portfolio Monika Minder<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 163


Fotoszene<br />

Der Weg zum<br />

»Subjektiv«<br />

Bei der Überlegung ein neues Thema<br />

für diese Kolumne zu finden, welches<br />

auch ihr Interesse wecken könnte liebe<br />

Leser, kommt einem gelegentlich der<br />

Zufall zur Hilfe.<br />

Eigentlich wollte ich ja endlich meinen<br />

Vorsatz fürs neue Jahr umsetzen und mal<br />

wieder aufräumen und Altpapier entsorgen.<br />

Beim Durchblättern von Fotoprospekten-und<br />

Katalogen stieß ich auf<br />

einen interessanten Artikel.<br />

Wie zu erwarten, überbieten sich die<br />

Hochglanzprospekte der Anbieter von<br />

Kamera-und Objektivherstellern gegenseitig<br />

in qualitativen Superlativen. Noch<br />

mehr Pixel, verbessertes Rauschverhalten<br />

und die höchste Schärfe bei Objektiven<br />

sind die Attribute die den potentiellen<br />

Käufer locken sollen.<br />

Das ist normal, das ist gewünscht, das<br />

kennen wir seit Bestehen der modernen<br />

Fotoindustrie.<br />

Um so irritierender wird es, wenn<br />

man bei einigen Nischenanbietern<br />

mit feinmechanisch hochwertigen<br />

Bajonettansätzen konfrontiert wird, die<br />

aus unseren Boliden der Kameratechnik<br />

plötzlich Lochkameras machen sollen.<br />

Vom hochentwickelten fotografischen<br />

Gerät im Nu degeneriert zum optischen<br />

Einzeller - wie kann man das verstehen?<br />

Bei einem bekannten Versandhaus fotografischer<br />

Bedarfsartikel findet man<br />

etwas ganz Besonderes, »das Subjektiv«.<br />

Technisch gesehen wohl schon<br />

eine Art Objektiv, welches durch mitgelieferte<br />

Module Abbildungsleistungen<br />

generiert, die jeden seriösen Mitarbeiter<br />

eines Testlabors wohl Schweißperlen<br />

auf die Stirn treiben würden...<br />

Zu meinen, hier würde von cleveren<br />

Anbietern der Fotoindustrie nur eine<br />

Marktlücke ausgenutzt, ist meiner Meinung<br />

nach zu kurz gedacht.<br />

Ich denke auch nicht, dass es so eine<br />

Art optischer Protestbewegung ist, die<br />

sich gegen den Qualitätswahn moderner<br />

Fototechnik auflehnen will.<br />

164 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Manfred Kriegelstein, Diese Aufnahme entstand mit einem Lochblendenvorsatz an der Lumix G3<br />

Außerdem wurde in Photoshop noch etwas nachbearbeitet um den »Nostalgie-Look« zu verstärken.<br />

Nein, es ist wohl einerseits der Wunsch<br />

alles zu können, die Erfüllung höchster<br />

Schärfekriterien bis hin zum nostalgischen<br />

Look einer Plastiklinse - andererseits<br />

aber auch der Wunsch jedes<br />

Künstlers nach uneingeschränkter Individualität.<br />

»Fotografie ist Subjektivierung der<br />

Umwelt« um mich mal selbst zu zitieren.<br />

Das bedeutet, dass ich als Fotokünstler<br />

über so viele Mittel wie möglich<br />

verfügen möchte, um dieser subjektiven<br />

Sicht Ausdruck verleihen zu<br />

können.<br />

Nun sollte man annehmen, dass Photoshop<br />

& Co schon ausreichend mächtige<br />

Werkzeuge sind um meine Kreativität<br />

zu unterstützen. Das mag sein, es ist<br />

aber nicht jedermanns Sache sein Bild<br />

am Rechner stark zu verändern. Mal<br />

ganz abgesehen von den noch vorhandenen<br />

»Analogen«...<br />

Nein, ich meine es ist auch der Wunsch<br />

in der Aufnahmesituation, mit der in<br />

diesem Moment vorhandenen Stimmung,<br />

das Bild in seiner endgültigen<br />

Kreativität zu gestalten.<br />

Ich habe ja schon immer die Ansicht vertreten,<br />

dass es nur auf das Bild ankommt<br />

und die Art und Weise wie es entstanden<br />

ist, völlig irrelevant ist.<br />

Es spielt weder eine Rolle durch welche<br />

Vorsätze an der Kamera das Licht fällt,<br />

noch ob es auf einen Sensor oder einen<br />

Film trifft (Dies als kleine Randbemer-<br />

kung für diejenigen die meine letzte<br />

Kolumne falsch verstanden haben und<br />

meinten, ich hätte was gegen Analogfotografie).<br />

Es zählt das Ergebnis, nicht der Weg!<br />

Natürlich gibt es dennoch gewisse<br />

Grundsätze. Sämtlich Interpretationen<br />

der Wirklichkeit, egal ob bei der Aufnahme<br />

mit optischen Mitteln oder hinterher<br />

mit digitalen Eingriffen, sollten<br />

immer die Bildidee unterstützen und<br />

zum Motiv passen.<br />

Manipulation als alleiniges Spielzeug ist<br />

kontraindiziert!<br />

Die Handschrift des Fotografen muss<br />

stimmig sein, dann ist auch so ziemlich<br />

alles erlaubt. Die Ansicht der Fünfziger<br />

Jahre, dass ein Bild mindesten in einem<br />

Bereich absolut scharf sein muss, halte<br />

ich persönlich auch für überholt.<br />

Schon durch die modernen Fine-Art-<br />

Papiere ist in der Anmutung des Aufsichtsbildes<br />

und der Haptik eine Annäherung<br />

zwischen Fotografie und Malerei<br />

entstanden, die zu einer Erweiterung<br />

und Neudefinition der fotografischen<br />

Grenzen geführt hat.<br />

Diese Ausweitung der fotografischen<br />

Mittel bedingt folgerichtig auch eine<br />

Liberalisierung in der Beurteilung von<br />

Bildern - und das ist gut so!<br />

Manfred Kriegelstein


Das eigene Fotobuch<br />

Anbieter auswählen, hochwertig gestalten,<br />

erfolgreich publizieren<br />

Petra Vogt<br />

Verlag: dpunkt.verlag<br />

ISBN: 978-3-89864-769-4<br />

314 Seiten,komplett in Farbe, Festeinband<br />

34,90 Euro�<br />

Der Markt der Anbieter digitaler Fotobücher<br />

steigt seit Jahren stetig, mit dem<br />

angenehmen Effekt, dass die Preise<br />

fallen und die Onlineumsetzung immer<br />

einfacher wird.<br />

Nun ist Fotobuch sicher nicht gleich<br />

Fotobuch und wer über den Standard<br />

der Supermarktanbieter hinausgehen<br />

will, braucht sicherlich Hilfestellung.<br />

Petra Vogt vorrangig eigentlich Fotolotsin<br />

(interessante Berufsbezeichnung...)<br />

in Hamburg hat sich auch auf die workshopmässige<br />

Vermittlung von Wissen<br />

zur Fotobuchgestaltung spezialisiert.<br />

In Ihrem ersten Buch zu diesem Thema<br />

widmet sie sich Fragen zum richtigen<br />

Anbieter, erläutert neue Gestaltungsideen<br />

und Qualitätsmanagement bei der<br />

individuellen Kreation eigener digitaler<br />

Fotobücher.<br />

Sogar die »Profistufe« mit ISBN-Vermarktung<br />

und Portierung auf das iPad<br />

wird angesprochen.<br />

Interessantes Buch in einer spannenden<br />

Marktlücke!<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Power-Workshops: Freistellen<br />

in Photoshop<br />

Video:Training<br />

Olaf Giermann<br />

Verlag: ADDISON-WESLEY<br />

ISBN: 978-3-8273-6386-2<br />

24 Seiten - 1 DVd, 4-farbig<br />

49,80 Euro<br />

Wenn man sich so manche Ausstellung<br />

ansieht hat man gelegentlich den<br />

Eindruck, dass im Jahre 20 des digitalen<br />

Zeitalters noch häufig erhebliche<br />

Mängel im Umgang mit Photoshop<br />

bestehen. Vor allem das Freistellen<br />

differenzierter Objekte oder Personen<br />

könnte oft perfekter umgesetzt<br />

werden.<br />

Das Trainings-Video von Olaf Giermann<br />

ist in dieser Hinsicht bestens geeignet<br />

etwaige handwerkliche Lücken im<br />

Umgang mit Photoshop zu schließen.<br />

Sie lernen wirklich alle Tricks hinsichtlich<br />

Auswahlwerkzeugen, Masken,<br />

Hilfsebenen usw. um zügig und effizient<br />

Bildelemente herauszulösen und<br />

zu neuen Composings zusammenzufügen.<br />

Das Freistellen ist ja eines der wichtigsten<br />

Funktionen von Photoshop und wird<br />

in diesem Lehrvideo von Olaf Biermann<br />

wirklich perfekt erklärt!<br />

Eine unbedingte Empfehlung.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Buchbesprechung<br />

Das Posing-Buch für Fotografen<br />

Kathy Hennig, Lars Ihring<br />

Verlag: Galileo Design<br />

ISBN: 978-3-8362-1798-9<br />

326 Seiten, geb. komplett in Farbe<br />

39,90 Euro�<br />

Die Modellfotografie birgt große Gefahren,<br />

wenn man die Protagonisten perfekt<br />

in Szene setzen will.<br />

Hat man ein persönliches Verhältnis zu<br />

den Akteuren, kann es passieren, dass<br />

die nötige Distanz für eine optimale<br />

fotografische Umsetzung fehlt.<br />

Arbeitet man das erste Mal mit einem<br />

Modell zusammen ist es oft wie vor<br />

einer leeren Leinwand, man weiß nicht<br />

so recht wo man anfangen soll...<br />

Das Werk von Kathy Hennig und Lars<br />

Ihring gibt eine optimale Hilfestellung<br />

um ein Modell perfekt zu inszenieren.<br />

Sie lernen wie man von einer Einzelperson<br />

oder einer Gruppe beeindruckende<br />

Bilder erzielen kann. Vom Porträt<br />

bis zum Akt wird alles in einleuchtenden<br />

Darstellungen erläutert.<br />

Wer bei der Modellfotografie noch Wissensbedarf<br />

hat - egal ob Studiofotografie<br />

oder »on location« ist mit diesem Buch<br />

bestens bedient.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 165


Vorschau 3/<strong>2012</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 3-<strong>2012</strong><br />

erscheint am<br />

4. Juli <strong>2012</strong><br />

Rückblende<br />

Fotomarathon <strong>2012</strong><br />

The Browse Fotofestival<br />

Berlin <strong>2012</strong><br />

Portfolio<br />

Detlef Christel<br />

Geboren 1943 in Berlin.<br />

Abitur, Werkzeugmacher, Ingenieur.<br />

1976-1981 Fernstudium Fotografie an<br />

der HS für Grafik und Buchkunst Leipzig.<br />

1982-1991 Bildreporter der Illustrierten<br />

Zeitschrift »Freie Welt«.<br />

Seit 1992 freiberufliche Tätigkeit und<br />

Mitarbeit in geförderten Projekten des<br />

Luisenstädtischen Bildungsvereins.<br />

© Detlef Christel © Detlef Christel<br />

166 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

Leserfotos<br />

© Wolfgang Meinecke, Salzgitter<br />

© Wolfgang Meinecke, Salzgitter<br />

© Wolfgang Meinecke, Salzgitter


Portfolio Monika Minder<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 167


Galerien<br />

168 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>

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