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ennpunkt<br />
2/<strong>2012</strong> 4,00 Euro 28. Jahrgang<br />
Magazin für Fotografie<br />
April bis Juni <strong>2012</strong><br />
Galerien • Buchbesprechungen • Portfolio Monika Minder<br />
Spezial: The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong>
2 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
FÜR ORIGINALE<br />
„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />
Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />
zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />
mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />
oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />
mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />
P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .
Impressum:<br />
<strong>brennpunkt</strong><br />
Magazin für Fotografie<br />
Erscheint vierteljährlich,<br />
erhältlich in Fotogalerien,<br />
Geschäften, Buchhandlungen<br />
und über Abonnement.<br />
Jahresabo 13,50 Euro<br />
Einzelpreis 4,00 Euro<br />
Konten:<br />
Postbank Berlin<br />
Konto-Nr. 3751 06-104<br />
BLZ 100 100 10<br />
Redaktionsschluss:<br />
jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />
Herausgeber:<br />
edition buehrer<br />
c/o Dietmar Bührer<br />
Odenwaldstraße 26<br />
12161 Berlin<br />
Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />
e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de<br />
Internet: www.edition-<strong>dibue</strong>.de<br />
Copyright bei <strong>Edition</strong><br />
Druck:<br />
schöne drucksachen<br />
Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />
ISSN 0932-7231<br />
Redaktion:<br />
Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />
Michael Gebur<br />
Klaus Rabien<br />
Manfred Kriegelstein<br />
Hinweis:<br />
Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte und Fotografien<br />
wird keine Haftung übernommen.<br />
© stefan moses, »Willy Brandt«,<br />
Siebengebirge, 1983<br />
Galerien<br />
� Sonja Reich »Neue Nationalgalerie« ..................................................... 5<br />
� Bruce Davidson »Subway« .................................................................... 6<br />
� CHRISTER STRÖMHOLM »PLACE BLANCHE ...................................... 7<br />
� Boris Mikhailov »Time is out of joint« .................................................... 8<br />
� Torsten Schumann »Schmuck« ...................................................................... 9<br />
� Max Thielmann »Casino Boogie« ................................................................. 9<br />
� Robert Polidori ................................................................................................ 10<br />
� Beatrice Minda »Teatime in Tehran« ...................................................... 12<br />
� Pacific Standard Time – Kunst in Los Angeles ........................................ 13<br />
� Baumeister der Revolution ..................................................................... 16<br />
� Yvonne v. Schweinitz »Gesichter Afghanistans« .................................... 18<br />
� Hans Madej »Bilder aus dem Osten« ...................................................... 19<br />
� Anton Corbijn »Inwards and Onwards« .................................................. 20<br />
� Fritz Kempe »Gesichter hinter der Kamera« ............................................ 21<br />
� Frank Horvat »A Trip Through A Mind (The iPad Exhibition« .................. 22<br />
� Weber, Silleras, Gnaudschun, Tübbecke ................................................. 23<br />
� stefan moses »Emigranten« ..................................................................... 24<br />
� Michael Ruetz »THE FAMILY OF DOG« ................................................. 26<br />
� Jonnek Jonneksson »Reporttagefotografie« ............................................. 27<br />
� Punctum ................................................................................................ 28<br />
� Benita Suchodrev »Woman In Heat« ...................................................... 30<br />
� Annette Rausch »Schatzsuche« .............................................................. 31<br />
� Mathias Richter »TREIBHOLZ« .............................................................. 32<br />
� Die Metamorphose Japans nach dem Krieg ........................................... 38<br />
� Helmut Schilke »Menschen in Indien« .................................................. 38<br />
� Nina von Kozierowski »Kutterfischer« ................................................... 39<br />
� Biczysko, Hirscher, Holighaus, Lauer, Levetzow, Meisel ........................ 40<br />
� Fotoclub Tele Freisen ............................................................................ 42<br />
� Batey, Hartmann, Galinsky »Holga Visionen« ........................................ 44<br />
� WILLIAM EGGLESTON »Troubled Waters« ............................................ 45<br />
� Miriam Tamayo »Glaube und Heilung« .................................................. 46<br />
Galeriebesprechungen<br />
� Stadtbilder. (Klaus Rabien) ..................................................................... 48<br />
Ausstellungen in Berlin ............................................................................... 47<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
� Ausstellungen und Informationen ........................................................... 51<br />
Portfolio<br />
� Monika Minder ...................................................................................... 156<br />
Fotoszene<br />
� Aktgalerie .............................................................................................. 50<br />
� Der Weg zum Subjektiv (Manfred Kriegelstein) ...................................... 164<br />
Buchbesprechungen<br />
� Das eigene Fotobuch ...................................................................................... 165<br />
� Power Workshops: Freistellen in Photoshop .......................................... 165<br />
� Das Posing-Buch für Fotografen .................................................................... 165<br />
Vorschau 3-<strong>2012</strong> ......................................................................................... 166<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
3
Sonja Reich<br />
»Neue<br />
Nationalgalerie«<br />
Ein Fotograf – ein Ort in Berlin. So<br />
lautet das Motto des Berliner Salons<br />
für Fotokunst. Die Galerie zeigt jetzt<br />
unter dem Titel »Neue Nationalgalerie«<br />
Fotografien von Sonja Reich, die<br />
zwischen August 2011 und Januar <strong>2012</strong><br />
entstanden sind.<br />
Die Neue Nationalgalerie ist einer der<br />
spektakulärsten Bauten von Ludwig Mies<br />
van der Rohe. Seit seiner Fertigstellung<br />
1968 begeistert der »lichte Tempel aus<br />
Glas« Architekten wie Fotografen. Die<br />
Arbeiten der Architektin und Fotografin<br />
Sonja Reich nehmen Reflexionen als<br />
prüfende Auseinandersetzung mit<br />
den spiegelnden und transparenten<br />
Oberflächen des Gebäudes auf. Die<br />
unterschiedlichen Erscheinungen von<br />
Licht und Reflexion werden dabei<br />
nie collagenhaft. Im Wechsel von<br />
Hervorheben und Ausblenden breiten<br />
sich die Bilder ineinander aus. Mitunter<br />
bleibt unklar, was Spiegel und was<br />
Spiegelung ist.<br />
Sonja Reich hat Architektur in Potsdam<br />
und Berlin studiert und arbeitet<br />
hauptberuflich als Architektin in Berlin.<br />
Seit 10 Jahren ist sie auch fotografisch<br />
tätig. Ihre Arbeiten wurden u.a. für eine<br />
Präsentation des Römermuseums in<br />
Wien ausgewählt.<br />
Sonja Reich<br />
Internet:<br />
salonfuerfotokunst.blogspot.com<br />
und www.sonjareich.de<br />
E-Mail: sonja@sonjareich.de<br />
© Sonja Reich, »Neue Nationalgalerie«, (Original in Farbe)<br />
© Sonja Reich, »Neue Nationalgalerie«,<br />
(Original in Farbe)<br />
© Sonja Reich, »Neue Nationalgalerie«,<br />
(Original in Farbe)<br />
bis 4. Mai <strong>2012</strong><br />
Berliner Salon für Fotokunst<br />
Kulturhaus Schöneberg<br />
Volker Wartmann<br />
Kyffhäuserstraße 23<br />
10781 Berlin-Schöneberg<br />
Mo. Mi. Fr 18 – 20 Uhr<br />
Sa 12 – 15 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
5
Galerien<br />
Bruce Davidson<br />
»Subway«<br />
»When you are in the Subway, what is<br />
beautiful appears bestial, and what is<br />
bestial appears beautiful.«<br />
Bruce Davidson<br />
New York, Anfang der 1980er Jahre.<br />
Düsterer Großstadtmoloch zwischen<br />
Hedonismus und Abgrund. Die<br />
Subway in ihrem marodem Zustand ist<br />
ein gefährliches Pflaster. Tunnelfeuer,<br />
Überfälle, Mord und Drogenhandel<br />
sind an der Tagesordnung; überfüllte<br />
Waggons, häufige Verspätungen, Graffiti<br />
und Schmutz überall. Die Fahrt mit<br />
den öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein<br />
Höllentrip. Der Fotograf Bruce Davidson<br />
steigt ein, begibt sich mitten in das<br />
rasende, ratternde Treiben der Stadt und<br />
porträtiert die Fahrgäste zwischen Uniformität<br />
und Vielfalt, Anonymität und<br />
Intimität, Depression und Inspiration.<br />
Ob Liebespaare, Musiker, Obdachlose,<br />
Touristen oder Geschäftsleute – in der<br />
Subway und ihren Passagieren findet er<br />
die perfekte Metapher für das Leben in<br />
der Metropole mit ihrer Aggression und<br />
Hässlichkeit, mit ihrer Hoffnung und<br />
Menschlichkeit.<br />
Demokratisch und radikal öffentlich<br />
– die Subway bietet Bruce Davidson<br />
das ideale Setting für seine langjährige,<br />
urbane Reportage. In diesem rollenden<br />
Gefängnis ist jeder für jeden sichtbar.<br />
Auf diese exponierte Situation reagieren<br />
die Fahrgäste höchst unterschiedlich.<br />
Während sich einige ängstlich in<br />
der Masse verstecken und wegducken,<br />
posieren andere ungeniert und nutzen<br />
Waggons und Bahnsteige als Bühne<br />
für ihre Selbstdarstellung. Auch wenn<br />
Bruce Davidson nicht aus dem Verborgenen<br />
heraus fotografiert und meist<br />
respektvoll um Erlaubnis bittet, ist nichts<br />
in seinen Bildern gestellt, jede Situation<br />
ist authentisch. Der Fotograf ist dabei<br />
immer Fahrgast, Beobachter der Szenerie<br />
– und Jäger nach dem »entscheidenden<br />
Moment«. Dadurch entsteht eine<br />
einzigartige Spannung in seinen Bildern<br />
– die Porträtierten erscheinen selbst in<br />
dieser inhumanen, grauen Welt voll<br />
menschlicher Würde.<br />
6 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Bruce Davidson, (O.i.F.)<br />
Bruce Davidson beginnt sein Subway-<br />
Projekt in Schwarz/Weiß, wechselt<br />
jedoch schnell zur Farbfotografie, um<br />
die Mischung aus dunklen Schatten,<br />
glänzender Haut und sterilem Neonlicht<br />
optimal einzufangen. Meisterhaft<br />
fängt er die harten Kontraste ein und<br />
spielt gekonnt mit Hell-Dunkel-Effekten.<br />
Die saturierten Farben in seinen<br />
Bildern sind das Ergebnis vom Einsatz<br />
des Blitzes. Mit dem Aufblitzen seiner<br />
Kamera lockt Bruce Davidson die Menschen<br />
bewusst aus der Reserve und tritt<br />
so mit ihnen in einen kurzen Dialog.<br />
Mit seiner speziellen Art der Straßenfotografie<br />
transformiert Bruce Davidson<br />
die dunkle und unpersönliche Realität<br />
in eine farbige Welt voller Emotion und<br />
Energie.<br />
Bruce Davidson, 1933 in Oak Park in<br />
den USA geboren, begann schon als<br />
Jugendlicher zu fotografieren und studierte<br />
Kunst am Rochester Institute of<br />
Technology und an der Yale University<br />
– unter anderem bei Josef Albers.<br />
Während seines Militärdienstes in der<br />
Nähe von Paris lernte er 1957 Henri<br />
Cartier-Bresson, einen der Gründer<br />
der renommierten Agentur MAGNUM<br />
Photos, kennen. Im Anschluss arbeitete<br />
er als Fotograf für das LIFE Magazin,<br />
das seine ersten Serien publizierte.<br />
1958 wurde Bruce Davidson Mitglied<br />
bei MAGNUM Photos. In zahlreichen<br />
fotografischen Projekten dokumentiert<br />
er vor allem Menschen in ihrem urbanen<br />
Kontext – 1959 Mitglieder einer Gang<br />
in Brooklyn, von 1961 bis 1965 Bürgerrechtler,<br />
von 1966 bis 1968 Bewohner<br />
eines der heruntergekommenen Wohnblocks<br />
in East Harlem, 1980 Passagiere<br />
der New Yorker Subway und von 1992<br />
bis 1995 den Central Park und seine<br />
Nutzer. Bruce Davidsons Werk wurde<br />
weltweit in zahlreichen Institutionen<br />
und Museen ausgestellt, unter anderem<br />
im Museum of Modern Art in New York,<br />
Smithsonian Museum of American Art<br />
in Washington, International Center of<br />
Photography in New York, Maison Européenne<br />
de la Photographie in Paris und<br />
in der Tate Modern in London. Er hat<br />
zwei Stipendien der Stiftung »National<br />
Endowment for the Arts« und ein<br />
Guggenheim-Stipendium erhalten und<br />
wurde 2004 mit dem Lucie Award für<br />
»Outstanding Achievement in Documentary<br />
Photography« sowie 2007<br />
einem »Gold Medal Lifetime Achievement<br />
Award« des National Arts Club<br />
ausgezeichnet. Bruce Davidson lebt<br />
und arbeitet in New York City.<br />
bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />
C/O Berlin<br />
im Postfuhramt<br />
Oranienburger Straße 35/36<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
täglich 10 – 20 Uhr
CHRISTER<br />
STRÖMHOLM<br />
»PLACE BLANCHE«<br />
Christer Strömholm (1918-2002), der<br />
Altmeister und zweifellos die führende<br />
Persönlichkeit der modernen schwedischen<br />
Fotografie, hat mit seinem Werk<br />
Generationen beeinflusst. International<br />
nimmt er eine zentrale Position in der<br />
Fotogeschichte ein, und sein Werk hat<br />
nicht zuletzt dazu beigetragen, dass sich<br />
die Fotografie als eigenständige Kunstform<br />
etablieren konnte. Strömholm verstand<br />
es, den Charakter eines Menschen<br />
in seiner offenen, oft nur für einen Augenblick<br />
gültigen Erscheinungsform einzufangen.<br />
Am eindrucksvollsten ist ihm<br />
das vielleicht in seinen Arbeiten von der<br />
Place Blanche im Pariser Vergnügungsviertel<br />
Pigalle gelungen, wo er Mitte der<br />
fünfziger Jahre Transvestiten und Transsexuelle<br />
zu fotografieren begann. Sechs<br />
Jahre lang kehrte er immer wieder dorthin<br />
zurück und machte Aufnahmen, die<br />
von großem Respekt, Nähe und wachsender<br />
Vertrautheit sprechen – kein voyeuristischer<br />
Blick, sondern ein Eingehen<br />
auf das Gegenüber, dessen Rollenspiel<br />
Strömholm auch als Hinterfragen seiner<br />
eigenen Betrachtungsweise begriff.<br />
Strömholm fühlte sich hingezogen zu<br />
jenen, die von der Gesellschaft ausgestoßen<br />
wurden oder sich bewusst für ein<br />
Leben außerhalb der Norm entschieden.<br />
»Sie setzen sich mit ihrer eigenen Identität<br />
auseinander und das war auch der<br />
Ausgangspunkt meiner Arbeit.« (Christer<br />
Strömholm)<br />
Das Werk Strömholms ist stilistisch<br />
nicht eindeutig zuzuordnen. Er entwickelte<br />
seine Vision von der Welt, in die<br />
die thematische Vielfalt seines Werks -<br />
er selbst sprach von mehreren Kategorien<br />
- eingebettet ist. Er betrachtete sein<br />
Umfeld mit den Augen eines Künstlers,<br />
der gleichzeitig die Konfrontation mit<br />
der Wirklichkeit sucht und die Nähe<br />
zu seinem Gegenüber herstellt - als ein<br />
Grundprinzip seiner Fotografie. Nicht<br />
das heimlich Beobachtete ist es, was<br />
seinen Bildern Leben einhaucht, sondern<br />
das Geheimnis, das sich seinem<br />
Blick bewusst offenbart.<br />
© Christer Strömholm/Stromholm Estate, »Place Blanche, 1956-1962, Suzanne und Sylvia«<br />
© Christer Strömholm/Stromholm Estate,<br />
»Place Blanche, 1956-1962, Soraya«<br />
Swedish Photography stellt nun einen<br />
Teil der Arbeiten der Serie Place Blanche<br />
aus. Die Aufnahmen sind in den sechziger<br />
Jahren auf Hartfaserplatten aufgezogen<br />
worden und in dieser Form erstmals,<br />
1965 in Stockholm, gezeigt worden.<br />
Eine Ausstellung, die selbst in seiner<br />
liberalen Heimat Schweden damals für<br />
Aufsehen erregte.<br />
Strömholm (geb. 1918 in Stockholm)<br />
hatte 1937 an der Dresdner Akademie<br />
ein Studium als Maler begonnen,<br />
war aber bald aus politischen Gründen<br />
nach Frankreich gewechselt und fand<br />
in Paris seine zweite Heimat. 1951-53<br />
war Strömholm Mitglied der Gruppe<br />
fotoform unter der Leitung von Otto<br />
Steinert und nimmt unter dem Pseudonym<br />
Christer Christian an verschiedenen<br />
Ausstellungen teil. Anfang der<br />
sechziger Jahre übernahm Strömholm<br />
die Kurse in Bildgestaltung von dem in<br />
Schweden lebenden Schriftsteller Peter<br />
bis 26. Mai <strong>2012</strong><br />
SWEDISH PHOTOGRAPHY<br />
Karl-Marx-Allee 62<br />
10243 Berlin-Friedrichshain<br />
Mi –Sa 12 – 18 Uhr<br />
www.swedishphotography.org<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Weiss und entwickelte daraus die legendäre<br />
Fotoschule, »Fotoskolan«. Sie entwickelte<br />
sich zu einem internationalen<br />
Anziehungspunkt und wurde zur Ausbildungsstätte<br />
der besten Fotografen<br />
Skandinaviens. Anders Petersen, Dawid,<br />
Christer Landergren, Kenneth Gustavsson,<br />
Gunnar Smoliansky sowie der dänische<br />
Filmregisseur Bille August haben<br />
an der Fotoskolan studiert.<br />
Strömholms Bilder sind in vielen<br />
Büchern veröffentlicht und in zahlreichen<br />
in Ausstellung weltweit gezeigt<br />
worden. Zudem ist er in vielen internationalen<br />
Sammlungen vertreten. 1993<br />
wurde er durch das schwedische Kultusministerium<br />
zum Professor ernannt. Er<br />
hat mehrere Auszeichnungen erhalten<br />
u.a. den »Hasselblad Award 1997«.<br />
Christer Strömholm stirbt am 11. Januar<br />
2002 in Stockholm.<br />
7
Galerien<br />
Boris Mikhailov<br />
»Time is out of joint«<br />
Fotografien 1966 – 2011<br />
»Meine Aufmerksamkeit zielt auf das<br />
Gewöhnliche und Alltägliche. Ich suche<br />
nach formalen Lösungen, dieses Alltägliche<br />
in der Fotografie abzubilden«.<br />
Boris Mikhailov<br />
Mit den Arbeiten des 1938 in der Ukraine<br />
geborenen Boris Mikhailov zeigt die<br />
Berlinische Galerie eine der wichtigsten<br />
Positionen der Gegenwartsfotografie.<br />
Mikhailov verbindet auf vielfältige<br />
Weise den Aspekt der Dokumentation<br />
mit jenem der konzeptuellen Kunst und<br />
leistet damit auch medientheoretisch<br />
einen wichtigen Beitrag zur Betrachtung<br />
der Fotografie und ihrer Rezeptionsgeschichte.<br />
Das »Alltägliche« war für ihn<br />
in den 1990er Jahren vor allem das Existentielle,<br />
das Bedrohliche. Nach dem<br />
Zusammenbruch der Sowjetunion wendete<br />
er sich den Verlierern dieses sozialen<br />
Wandels zu, porträtierte sie, zeigte<br />
sie in ihrer Not und Verzweiflung und<br />
damit als Resultat des erbarmungslosen,<br />
repressiven politischen Systems<br />
der Sowjetunion.<br />
Für die Fotografische Sammlung der<br />
Berlinischen Galerie konnte deren<br />
Leiter Ulrich Domröse im Jahr 2002<br />
acht Arbeiten aus der Serie »Case History«<br />
ankaufen.<br />
Wenig später folgten vier Arbeiten aus<br />
der in Berlin entstandenen Serie »In<br />
the Street«. Mikhailov, der im Rahmen<br />
des DAAD-Künstlerprogramms im Jahr<br />
1996 in Berlin lebte, kehrte im Jahr 2000<br />
in die Stadt zurück und pendelt seither<br />
zwischen Berlin und seiner Heimatstadt<br />
Charkow in der Ukraine. Anknüpfend<br />
an die Sammlungsbestände der<br />
Berlinischen Galerie wurde eine Ausstellung<br />
entwickelt, die nicht nur die<br />
Sammlungsaktivitäten im Bereich der<br />
Gegenwartskunst repräsentiert, sondern<br />
gleichzeitig den Bezug zur Stadt<br />
Berlin als künstlerischem Erfahrungshintergrund<br />
dokumentiert und anhand<br />
ausgewählter Werkgruppen das Schaffen<br />
Mikhailovs vorstellt.<br />
8 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Boris Mikhailov: Black Archive, 1968-1979, Copyright the artist,<br />
Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin<br />
Boris Mikhailov: Rote Serie , 1968 - 75,<br />
Copyright the artist, Courtesy Galerie Barbara<br />
Weiss, Berlin, (O.i.F.)<br />
Seit seinen fotografischen Anfängen<br />
Mitte der 1960er Jahre hat der Künstler<br />
ein breites und beeindruckend vielschichtiges<br />
Werk geschaffen. Virtuos<br />
hat Mikhailov verschiedenste Möglichkeiten<br />
des Mediums ausgeschöpft und<br />
ein ebenso schonungsloses wie humorvoll-ironisches<br />
Bild seiner unmittelbaren<br />
Umgebung gezeichnet. Seine immer<br />
neue Auseinandersetzung mit fotogra-<br />
fischen Techniken sowie die Arbeit mit<br />
unterschiedlichen Stilen, aber auch<br />
das Changieren zwischen konzeptuellen<br />
Arbeiten und dokumentarischen<br />
Herangehensweisen machen ihn zu<br />
einem der interessantesten Künstler der<br />
Gegenwart.<br />
Die Ausstellung ist als Werkschau konzipiert<br />
und vereint eine Auswahl von<br />
Arbeiten, die ebenso die experimentellen<br />
Bilder früherer Jahre wie die zuletzt<br />
in Berlin entstandenen Werke umfasst.<br />
Es ist die bisher erste umfassende Ausstellung<br />
des Künstlers in Deutschland.<br />
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im<br />
Distanz Verlag.<br />
(ca. 170 S., Preis: 24,80 Euro)<br />
bis 28. Mai <strong>2012</strong><br />
Berlinische Galerie<br />
Landesmuseum für Moderne Kunst -<br />
Fotografie und Architektur<br />
Alte Jakobstraße 124-128<br />
10969 Berlin-Kreuzberg<br />
Mi – Mo 10 – 18 Uhr
Torsten Schumann<br />
»Schmuck«<br />
Die Peripherie von Berlin schmückt sich<br />
nicht mehr. Sie hat dazu keine Zeit, kein<br />
Geld. Und wozu eigentlich auffallen?<br />
Der versprochene Bräutigam ist nicht<br />
zur Hochzeit gekommen. Vielleicht<br />
hat er auch nur den falschen U-Bahn-<br />
Ausgang genommen? Trotzdem stand<br />
der Weihnachtsbaum noch so lange<br />
Zeit im Zimmer, bis ihm alle Nadeln<br />
ausgefallen waren.<br />
Aber die glänzenden roten Kugeln mit<br />
dem falschen Schnee obendrauf hingen<br />
alle noch an ihm.<br />
Torsten Schumann zeigt in einer Auswahl<br />
seiner Farbfotografien aus dem suburbanen<br />
Raum skurrile Fundstücke und<br />
eigenartige Stilleben.<br />
Max Thielmann<br />
»Casino Boogie«<br />
Eine gute Bar bietet: Unmengen an<br />
Alkohol, Zigarettenrauch, Liebesdramen,<br />
gescheiterte Existenzen sowie<br />
Existenzialisten und Barkeeper die nicht<br />
den Überblick verlieren und „cool sein“<br />
nicht mit Unfreundlichkeit verwechseln.<br />
Einsame oder Liebespaare vor oder nach<br />
einer heftigen Liebesnacht. Es ist heiß,<br />
die Kleidung der Damen ist dünn oder<br />
knapp und die Herren lassen Muskeln<br />
spielen. Tiefe Lungenzüge - Rock´n´Roll<br />
eben - Casino Boogie.<br />
© Torsten Schumann (O.i.F.)<br />
bis 17. April <strong>2012</strong><br />
FENSTER61<br />
Fenster für Fotoprojekte<br />
Torstraße 61<br />
10119 Berlin-Mitte<br />
Max Thielmanns Schwarz-Weiss-Fotos<br />
entstanden innerhalb der letzten 20 © Max Thielmann<br />
Jahre in Berliner Bars. 18. April bis 15. Mai <strong>2012</strong><br />
FENSTER61<br />
Fenster für Fotoprojekte<br />
Torstraße 61<br />
10119 Berlin-Mitte<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
9
Galerien<br />
Robert Polidori<br />
Die umfassende Ausstellung gibt Einblick<br />
in das imposante Gesamtwerk von<br />
Robert Polidori.<br />
Beeindruckende Photographien des<br />
Schlosses Versailles, aus dem Kreml<br />
und aus der kubanischen Hauptstadt<br />
Havanna werden ebenso präsentiert wie<br />
ausgewählte Arbeiten aus den Serien<br />
»Sperrzonen: Pripyat and Chernobyl«<br />
sowie »After the Flood« mit Photographien<br />
aus New Orleans nach dem Hurrikan<br />
»Katrina«. Ergänzend zu diesen<br />
Serien werden ausgewählte Architekturphotographien<br />
von Robert Polidori<br />
aus New York, Los Angeles und Berlin<br />
gezeigt.<br />
Feudaler Prunk und farbenfrohe<br />
Patina - Robert Polidoris Spurensuche<br />
im Schloss Versailles, im Kreml und in<br />
Havanna<br />
Der Fokus der Ausstellung liegt auf Polidoris<br />
umfangreicher Dokumentation<br />
der Umbau-und Restaurationsarbeiten<br />
im Schloss Versailles, die er seit nunmehr<br />
über 25 Jahren photographisch<br />
begleitet.<br />
Die prunkvollen Räume, die aufwendigen<br />
Restaurierungsarbeiten am Schloss<br />
in den 80er Jahren und die goldgerahmten<br />
Porträts von Adligen, die Polidori zu<br />
seinen Subjekten auserkoren hat, geben<br />
dem Betrachter einen Einblick in die<br />
Vergangenheit dieses geschichtsträchtigen<br />
Ortes, die so behutsam konserviert<br />
wird. Gleichzeitig verbindet sich<br />
die Historie mit der Gegenwart und lässt<br />
die glanzvolle Ästhetik dieser sorgsam<br />
geschmückten, verzierten und doch<br />
längst vergangenen feudalen Welt neu<br />
erleben.<br />
Eine für das Auge kaum fassbare Überfülle<br />
an Goldverzierungen, polierten<br />
Intarsien und glitzernden Kronleuchtern<br />
zeigen hingegen Polidoris Photographien<br />
aus dem Kreml in Moskau,<br />
dem ehemaligen Sitz der Zaren und<br />
Fürsten, der heute wieder Regierungssitz<br />
ist. In den komplexen, stillen Bildern<br />
schließt sich der Kreis zwischen<br />
gestern und heute.Die Spuren der Zeit<br />
sind auch in Polidoris Aufnahmen aus<br />
10 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© ROBERT POLIDORI, GALLERY OF BATTLES, CHATEAU DE VERSAILLES, 1985<br />
Havanna zu finden. Sie zeigen bröckelnde,<br />
abblätternde, aufbrechende<br />
Strukturen, gleichzeitig ziehen sie den<br />
Betrachter durch die brillanten, vollen<br />
Farben und Kontraste in ihren Bann.<br />
Die Spuren der Zeit in Robert Polidoris<br />
Architekturphotographie<br />
Den Photographien Polidoris wohnen<br />
eine anmutige Stille, eine präzise komponierte<br />
Ästhetik, eine farbenfrohe<br />
Komplexität und Kraft inne. Die Detailgenauigkeit<br />
der großformatigen Bilder<br />
ermöglicht es dem Betrachter, die Oberflächenstrukturen<br />
und Formen mit dem<br />
Auge regelrecht abzutasten: eine komplexe<br />
Bildfläche, die uns die Räume auf<br />
ganz neue Weise erfahren lässt.<br />
Der Berührungspunkt zwischen Alt und<br />
Neu ist ein wiederkehrendes Motiv in<br />
Polidoris Arbeiten. Die von ihm photographierten<br />
Räume, obwohl vollkommen<br />
menschenleer, erzählen mit ihrer<br />
einzigartigen Patina oder ihrem höfischen<br />
Glanz mannigfache Geschichten.<br />
So photographierte er 2009 auch<br />
das Neue Museum in Berlin, das vom<br />
englischen Architekten David Chipperfield<br />
aufwendig wiederhergestellt<br />
wurde, wobei alte Strukturen von neuen<br />
ergänzt und die sichtbaren Spuren der<br />
Zeit bewusst erhalten wurden.<br />
© ROBERT POLIDORI, “LA GUARIDA”<br />
RESTAURANT ENTRANCE<br />
418 CONCORDIA, VEDADO, HAVANA, 1997<br />
Polidoris Zeugnisse der Zerstörung aus<br />
der atomaren Sperrzone und nach der<br />
Naturkatastrophe<br />
Robert Polidori dokumentiert in seinen<br />
Werken auch die oftmals verheerenden<br />
Auswirkungen des menschlichen<br />
Eingriffs in seine Umwelt, wie z.B. in<br />
seiner eindringlichen Serie zur Reaktorkatastrophe<br />
in Tschernobyl. Er hat<br />
zudem die Auswirkungen des verheerenden<br />
Hurrikans »Katrina« im Jahr<br />
2005 in New Orleans photographiert.<br />
Aus beiden Serien werden ausgewählte<br />
Werke in der Ausstellung präsentiert.<br />
Die Architekturphotographie nutzt Polidori<br />
so als Mittel, dem Betrachter nicht<br />
nur die Paläste der Welt, sondern auch<br />
Orte der Zerstörung und der Tragödie zu<br />
zeigen, so dass sich der Rezipient mit
© ROBERT POLIDORI, NEW YORK PUBLIC LIBRARY READING ROOM, NEW YORK CITY, 1988<br />
© ROBERT POLIDORI, SALA ALEJO<br />
CARPENTIER GRAN TEATRO DE LA HABANA,<br />
HAVANA, 2000<br />
dem Motiv neu auseinandersetzt. Ähnlich<br />
verhält es sich auch mit seinen Photographien<br />
aus dem Hotel Ambassador<br />
in Los Angeles, von denen ebenfalls ein<br />
ausgewähltes Werk in der Ausstellung<br />
zu sehen sein wird. Das Hotel erlangte<br />
1968 als Stätte des tödlichen Attentates<br />
auf Robert Kennedy traurige Berühmtheit<br />
und wurde 2005 abgerissen.<br />
Über Robert Polidori<br />
Der 1951 im kanadischen Montreal<br />
geborene Robert Polidori lebt in New<br />
York und Paris. Umfangreiche Photoreportagen<br />
in Zeitschriften wie The New<br />
Yorker – deren Redaktionsphotograph er<br />
neben Martin Schoeller ist – Architectural<br />
Digest, Geo oder Vanity Fair begrün-<br />
© ROBERT POLIDORI, UNIT 4 CONTROL<br />
ROOM, CHERNOBYL, 2001<br />
deten Polidoris internationalen Erfolg,<br />
der durch Preise wie den Deutschen<br />
Fotobuchpreis oder den Alfred-Eisenstaedt-Award<br />
offiziell gewürdigt wurde.<br />
Robert Polidoris Arbeiten wurden nicht<br />
nur in zahlreichen Galerien, sondern<br />
auch in internationalen Museen wie<br />
dem Metropolitan Museum of Art in<br />
New York, dem Musée d’Art Contemporain<br />
de Montréal und dem Martin-<br />
Gropius-Bau in Berlin gezeigt. Zudem<br />
sind zum umfangreichen Werk Polidoris<br />
zahlreiche Publikationen erschienen,<br />
unter anderem der mit dem Liliane<br />
Bettencourt Prix de la Photographie<br />
ausgezeichnete, dreibändige Bildband<br />
»Parcours Muséologique Revisité« mit<br />
der monumentalen photographischen<br />
Dokumentation des Schloss Versailles.<br />
CWC GALLERY<br />
bis 21. April <strong>2012</strong><br />
CWC GALLERY<br />
Auguststraße 11-13<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di – Sa 12 – 20 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Vier Räume, 500m2 Ausstellungsfläche,<br />
eine Galerie: Am 10. Februar<br />
<strong>2012</strong> eröffnete mit der CWC GAL-<br />
LERY eine Dependance von CAMERA<br />
WORK in einem der geschichtsträchtigsten<br />
Gebäude Berlins – der Ehemaligen<br />
Jüdischen Mädchenschule Berlin.<br />
Verbindet der 1928 fertiggestellte Bau<br />
vom Architekten Alexander Beer äußerlich<br />
spätexpressionistische Elemente mit<br />
der Baukunst der Neuen Sachlichkeit,<br />
zeigt die CWC GALLERY getreu ihres<br />
Namens CAMERA WORK CONTEM-<br />
PORARY zeitgenössische Positionen<br />
aus Photographie, Malerei und Skulptur<br />
in umfangreichen Retrospektiven,<br />
konzeptuellen Gruppenausstellungen<br />
oder Kooperationsausstellungen mit Privatsammlungen<br />
oder Institutionen. Die<br />
äußere Eleganz und Puristik des Gebäudes<br />
spiegeln sich auch im ersten Stockwerk<br />
in den vier großzügigen und lichtdurchfluteten<br />
Räumen sowie großflächigen<br />
Fluren der CWC GALLERY wider.<br />
Ein reduziertes, stilvolles Design sowie<br />
eine hochwertige Gestaltung und klare<br />
Formensprache erzeugen eine besondere<br />
Atmosphäre, in der dem Betrachter<br />
dank des freien Wirkungsraumes der<br />
ausgestellten Werke eine außergewöhnliche<br />
Erfahrung in der Rezeption ermöglicht<br />
wird.<br />
Mit der Galerie CAMERA WORK in<br />
Berlin-Charlottenburg und der CWC<br />
GALLERY im international in Kunstkreisen<br />
bekannten Galerienviertel in Berlin-<br />
Mitte bieten sich CAMERA WORK nun<br />
außerordentliche Möglichkeiten, die<br />
Ikonen der Photographiegeschichte,<br />
Masterworks sowie zeitgenössische<br />
Photographie und Kunst in jeweils<br />
exklusiven Räumlichkeiten präsentieren<br />
zu können.<br />
11
Galerien<br />
Beatrice Minda<br />
»Teatime in Tehran«<br />
Während ihrer fotografischen Erkundungsreisen<br />
durch Privathäuser in der<br />
islamischen Republik Iran in den Jahren<br />
2010 und 2011 hat Beatrice Minda im<br />
Herzen des alten Teheran, inmitten des<br />
stickigen und hektischen Autohändlerquartiers<br />
eine alte Patriziervilla hinter<br />
hohen Mauern entdeckt. Der Legende<br />
nach einst dem österreichischen Konsul<br />
gehörend, ist dieses Anwesen stilistisch<br />
eine einzigartige Mischung aus westlichen<br />
und orientalischen Elementen.<br />
Mehrere Generationen einer großen<br />
persischen Familie haben hier ihre<br />
Spuren hinterlassen. Nun liegen Haus<br />
und Garten gleichsam im Dornröschenschlaf,<br />
nur noch von einem Diener<br />
bewohnt. Die Zeit scheint darin stehen<br />
geblieben. Bis vor kurzem haben sich<br />
hier wöchentlich ältere Damen zum<br />
Tee in Louis XVI-Fauteuils niedergelassen<br />
und vom feinen Teheraner Zuckergebäck<br />
genascht, während draußen die<br />
islamische Revolution die Lebensverhältnisse<br />
veränderte.<br />
Seit ihrer Arbeit Innenwelt – Fotografien<br />
aus Rumänien und aus dem Exil<br />
beschäftigt sich Beatrice Minda immer<br />
wieder mit dem Verhältnis von privatem<br />
Raum, Erinnerung und Geschichte.<br />
Dabei erkundet sie die Beziehung der<br />
Menschen zu den sie umgebenden<br />
Räumen und stellt diese in ihrem gesellschaftspolitischen<br />
Zusammenhang dar.<br />
Ihre fotografischen Arbeiten vermögen<br />
es dabei, die atmosphärische Dichte<br />
eines Ortes einzufangen.<br />
»Teatime in Tehran« ist eine Serie<br />
kleinformatiger Ansichten des<br />
geschichts- und geschichtenträchtigen<br />
Teheraner Hauses.<br />
Beatrice Minda,<br />
1968 in München geboren.<br />
Lebt und arbeitet in Berlin.<br />
12 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Beatrice Minda, (Original in Farbe)<br />
© Beatrice Minda, (Original in Farbe) © Beatrice Minda, (Original in Farbe)<br />
Zum Gallery weekend Berlin<br />
am 28. April und 29. April <strong>2012</strong> ist die<br />
Galerie jeweils von 14–17 Uhr geöffnet.<br />
bis 29. April <strong>2012</strong><br />
18m Galerie für Zahlenwerte<br />
Akazienstraße 30 linker Eingang 2. OG<br />
10823 Berlin-Schöneberg<br />
Öffnungszeiten nach Vereinbarung:<br />
030 88 70 29 04 / 0163 88 70 29 0<br />
www.18m-galerie.de
Pacific Standard Time<br />
Kunst in Los Angeles<br />
1950 -1980<br />
Das Ausstellungsprojekt »Pacific Standard<br />
Time. Kunst in Los Angeles 1950-<br />
1980« zeigt Entwicklungsprozesse der<br />
Kunstszene im Los Angeles der Nachkriegszeit.<br />
Die Stadt am Pazifik zeigt<br />
eine beeindruckend vielfältige und<br />
äußerst agile West-Coast-Kunstszene.<br />
Sie belegt damit, dass sie mehr ist als<br />
Hollywood und eine große Stadt im<br />
Land der Sonne und der Palmen. »Pacific<br />
Standard Time« lenkt den Blick auf<br />
international vielbeachtete Künstler<br />
wie John Baldessari, David Hockney,<br />
Edward Kienholz oder Ed Ruscha als<br />
auch auf weniger bekannte Protagonisten<br />
wie die abstrakten Maler Helen<br />
Lundeberg und Karl Benjamin, Keramiker<br />
wie Ken Price oder John Mason und<br />
Bildhauer wie DeWain Valentine.<br />
Die Megaschau – in Los Angeles<br />
waren über 60 Institutionen und Galerien<br />
beteiligt – kommt mit den beiden<br />
wichtigsten Kernausstellungen des<br />
Getty Museum und Getty Research Institute<br />
nach Europa. Einzige europäische<br />
Station ist der Martin-Gropius-Bau in<br />
Berlin. »Pacific Standard Time« ist die<br />
erste Ausstellung zur modernen Kunst<br />
des Getty Museum.<br />
Jener Ausstellungsteil, der in Los Angeles<br />
im Getty-Museum unter dem Titel<br />
»Crosscurrents in L.A. - Painting and<br />
Sculpture 1950-1970« zu sehen war,<br />
präsentiert Malerei und Skulptur. Im<br />
zweiten Teil, in Los Angeles zu sehen<br />
unter dem Titel »Greetings from L.A. –<br />
Artists and Publics 1950-1980«, werden<br />
Poster, Künstlerkataloge, Postkarten,<br />
Einladungskarten und andere Memorabilia<br />
gezeigt, die einen tieferen Einblick<br />
in die Netzwerke der Kunstszene<br />
jener Zeit in Los Angeles erlauben. Für<br />
Berlin wird die Schau um Fotografien<br />
von Julius Shulman ergänzt. Seine Architekturaufnahmen<br />
prägten in den 1950er<br />
Jahren entscheidend das Bild des kalifornischen<br />
Lebensstils. Seine Sensibilität,<br />
sein intuitiver und unvergleichlicher<br />
Sinn für Komposition und den ‚entscheidenden<br />
Augenblick‘ brachten ihm<br />
den Ruf eines Meisters seines Fachs zu<br />
sein.<br />
Julius Shulman, Case Study House # 22, 1960, Silbergelatine-Abzug<br />
Getty Research Institute, Los Angeles, CA. © J. Paul Getty Trust<br />
Erster Teil: Gegenströmungen<br />
Der erste Teil der Berliner Schau vereint<br />
mehr als 70 Werke von über 40 Künstlern.<br />
Er zeichnet den Aufstieg der südkalifornischen<br />
Kunstszene zwischen 1950<br />
und 1980 nach. Die Namensliste liest<br />
sich wie das Who-is-who der heute international<br />
vielbeachteten Künstler. Künstler<br />
wie John Baldessari, David Hockney,<br />
Edward Kienholz, Bruce Nauman oder<br />
Ed Ruscha begannen dort ihre Karriere.<br />
Das Entree in die pazifische Zeitzone<br />
beginnt mit der Ikone »A Bigger Splash«<br />
des Briten David Hockney aus dem Jahr<br />
1967. Es ist eines der Schlüsselbilder der<br />
Ausstellung und steht für ein hedonistisches<br />
Leben unter Palmen bei ewigem<br />
Sonnenschein und Parties.<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Die Ausstellung ist sowohl chronologisch<br />
als auch thematisch aufgebaut<br />
und umfasst sechs Abteilungen, die das<br />
gesamte Spektrum der in Los Angeles<br />
simultan vorkommenden Kunstrichtungen<br />
widerspiegeln. Abstrakte Arbeiten –<br />
Keramik-Skulpturen und nüchtern-klare<br />
Gemälde – sind in der ersten Abteilung<br />
zu sehen. Überraschende Gegenwelten<br />
zeigt der anschließende Werkblock<br />
aus den 1960er und 1970er Jahren. Auf<br />
Abstraktion und keramische Urformen<br />
folgt nun eine Welt der Assemblagen<br />
und Collagen. In ihnen wird Los Angeles<br />
als Ort vieler Kulturen und explodierender<br />
sozialer Unterschiede anschaulich.<br />
Arbeiten von Künstlern wie George<br />
Herms, Wallace Berman und Ed Bereal<br />
haben diesem künstlerischen Ansatz in<br />
13
Galerien<br />
den 1950er Jahren den Weg bereitet,<br />
und viele Nachfolger auch unter afroamerikanischen<br />
Künstlern gefunden.<br />
Eine dominierende Figur mit Kultstatus<br />
war Wallace Berman, der durch seine<br />
Montagen auf die Doppelmoral der<br />
amerikanischen Gesellschaft hinwies.<br />
Die dritte Abteilung belegt den Aufstieg<br />
von Los Angeles zu einem wichtigen<br />
Kunstzentrum, die vierte zeigt Gemälde<br />
von heute weltweit anerkannten Künstlern<br />
aus Los Angeles, wie Richard Diebenkorn,<br />
David Hockney und Ed<br />
Ruscha. Hier wird deutlich, dass Südkalifornien<br />
schon in den 1960er Jahren<br />
eines der führenden Zentren für großformatige<br />
Popkunst und abstrakte Malerei<br />
war. Der fünfte Bereich untersucht,<br />
wie Künstler in einer Zeit, da Malerei<br />
an der Atlantikküste der USA zunehmend<br />
an Bedeutung gewann, begannen,<br />
ihre Vorstellungen von traditioneller<br />
Malerei und Plastik zu erweitern.<br />
Wahrnehmungsphänomene und materielle<br />
Prozesse künstlerischer Produktion<br />
rücken in den Vordergrund. Hier<br />
finden sich auch Werke, die aus dem<br />
Aufeinandertreffen von Kunst und Technik<br />
entstanden. So etwa eine Plastik von<br />
DeWain Valentine, der Industriematerial<br />
wie Polyestergussharz verwendet<br />
oder eine Leinwand von Mary Corse,<br />
in die kleinste, hochgradig reflektierende<br />
Glaskugeln eingearbeitet sind.<br />
Vorgestellt wird auch eine Gruppe von<br />
Künstlern, deren Arbeiten Spuren ihrer<br />
Entstehung zeigen, wie von Joe Goode,<br />
Allan McCollum und Ed Moses, eine<br />
Gussharzarbeit von Peter Alexander<br />
oder eine Glasfaserskulptur von Bruce<br />
Nauman.<br />
Als Berliner Erweiterung der Getty Ausstellung<br />
wird der frühen internationalen<br />
Wahrnehmung der Kunst in Los Angeles<br />
ein eigener Raum gewidmet. Gezeigt<br />
werden die Arbeiten »Berlin Red« von<br />
Sam Francis, ein 6 x 12 Meter großes<br />
von der Neuen Nationalgalerie 1969 in<br />
Auftrag gegebenes Werk, und »Volksempfänger«<br />
von Edward Kienholz. Als<br />
DAAD Stipendiat lebte Edward Kienholz<br />
von 1973 an oft in Berlin.<br />
Zweiter Teil: Grüße aus Los Angeles<br />
Im zweiten Teil der Ausstellung, erarbeitet<br />
vom Getty Research Institute,<br />
14 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Julius Shulman, Malin Residence, »Chemosphere«, 1960, Silbergelatine-Abzug<br />
Getty Research Institute, Los Angeles, CA. © J. Paul Getty Trust<br />
zeigt der Martin-Gropius-Bau über 200<br />
Objekte – Fotografien, Künstlerkataloge,<br />
Bücher, Poster, Postkarten, Einladungen,<br />
Briefe, Kunstwerke, von denen<br />
viele zum ersten Mal öffentlich zu sehen<br />
sind. Veranschaulicht wird wie kalifornische<br />
Künstler durch Einbeziehung eines<br />
breiten Publikums Kunst und öffentliches<br />
Leben aufeinander bezogen. Auch<br />
wird aufgezeigt, mit welcher Intensität<br />
die internationalen Netzwerke der<br />
Künstlergruppen funktionierten.<br />
»Greetings from L.A.« beginnt mit<br />
»Making the Scene« und beschreibt die<br />
Galerienszene in Los Angeles von den<br />
1950er Jahren bis in die 1970er. Kunsthändler<br />
und Sammler werden vorgestellt,<br />
wie sie sich zum Beispiel am Le<br />
Cienega Boulevard zusammengefunden<br />
haben – Rolf Nelson, Riko Mizuno und<br />
Betty Asher. Auf diesem Boulevard, der<br />
den von Ed Ruscha verewigten Sunset<br />
Boulevard kreuzt, wurde der Ruf von Los<br />
Angeles als Stadt der modernen und zeitgenössischen<br />
Kunst mit begründet.<br />
»Public Disturbances« (Politische Störungen),<br />
die zweite Abteilung der Schau,<br />
ist drei wichtigen Ausstellungen gewidmet,<br />
die zu heftiger Kritik und sogar zu<br />
Verhaftungen führten. Die Ausstellung<br />
von Wallace Berman in der Ferus Gallery<br />
von 1957 wurde von der Polizei<br />
geschlossen. Heftige Kontroversen gab<br />
es über die Ausstellung »War Babies«<br />
(1961) in der Huysman Gallery. Intensiv<br />
waren die Auseinandersetzungen zwischen<br />
dem Los Angeles County Museum<br />
of Art (LACMA) und dem Los Angeles<br />
County Board of Supervisors über die<br />
Einbeziehung von Kienholz’ Installation<br />
»Back Seat Dodge ´38« (1964) in seine<br />
große Retrospektive 1966.<br />
Der Ausstellungsteil »Private Assembly«<br />
(Private Ansammlungen), konzentriert<br />
sich auf die von Wallace Berman,<br />
George Herms, Charles Brittin und<br />
ihrem Zirkel in den 1950er und 1960er<br />
Jahren geschaffenen Werke. Die Intimität<br />
dieser Objekte erklärt sich nicht<br />
nur aus den unverwechselbaren Spuren<br />
der künstlerischen Handschrift, die sie<br />
tragen, sondern auch daraus, dass sie<br />
nur einem ausgewählten, nicht-öffentlichen<br />
Publikum zugänglich waren.<br />
Vorrangig außerhalb des kommerziellen<br />
Galeriebetriebs tätig, konzentrierte<br />
diese Gruppe von Assemblage-Künstlern<br />
ihre Energie auf private Kunstwerke,<br />
die sie als Zeichen der Freundschaft<br />
persönlich überreichten oder per<br />
Post zusandten.<br />
Die vierte Abteilung »Mass Media« stellt<br />
Künstler vor, die als Modell für ihre<br />
eigene künstlerische Praxis eher Mas-
senmedien wählten. Ed Ruscha, Allen<br />
Ruppersberg und Chris Burden beschäftigten<br />
sich mit der Populärkultur und der<br />
Massenproduktion als alternative Produktions-<br />
und Distributionsmittel. Sie<br />
verwendeten unpersönliche Formen,<br />
wie z.B. kommerziell produzierte und<br />
als Konsumgüter verkaufte Objekte oder<br />
Werbemittel. Unter Umgehung konventioneller<br />
Ausstellungsräume erreichten<br />
diese Künstler ein neues Publikum. Sie<br />
traten häufig anonym auf, wodurch die<br />
Identität von Künstler und Werk sekundär<br />
wurde.<br />
»Art School as Audience« (Kunstschule<br />
als Publikum), der fünfte Abschnitt der<br />
Ausstellung, beleuchtet die wichtige<br />
Rolle der Kunstschulen in der Entwicklung<br />
zeitgenössischer Kunstformen. Sie<br />
dienten als ruhende Pole. Dort waren<br />
Künstler das Publikum anderer Künstlerkollegen.<br />
CalArts und deren Vorgänger,<br />
das Chouinard Art Institute, waren<br />
zentrale Orte wichtiger Künstlergruppen,<br />
wie es an den Arbeiten von Studenten<br />
wie Ed Ruscha und Joe Goode<br />
und von Lehrern wie John Baldessari,<br />
Miriam Schapiro und Judy Chicago<br />
erkennbar ist. Andere wichtige Foren<br />
waren neue Fakultäten für Kunst, die<br />
an Hochschulen und Universitäten im<br />
County Los Angeles entstanden. Besonders<br />
auf dem Campus von Irvine oder<br />
San Diego fand sich ein stimulierendes<br />
Publikum für die Experimente von<br />
Künstlern wie Martha Rosler, Barbara<br />
Smith und Eleanor Antin.<br />
Die letzte Abteilung, »The Art of Protest«<br />
(Die Kunst des Protests), untersucht, wie<br />
gesellschaftliche und politische Entwicklungen<br />
die Künstler mobilisierten,<br />
ihre Arbeiten auf der Straße zu zeigen.<br />
In den 1960er Jahren wurde Los Angeles<br />
Schauplatz der ersten von Künstlern<br />
angeführten Proteste gegen den Vietnamkrieg.<br />
Daraus entstand 1966, noch<br />
vor der Entstehung der Galerienstraße<br />
am La Cienega Boulevard, ein Peace<br />
Tower (Turm des Friedens). Im folgenden<br />
Jahrzehnt war es der Feminismus,<br />
der viele Künstler zu gesellschaftlichen<br />
Interventionen veranlasste, wie man an<br />
der Arbeit von Suzanne Lacy und Leslie<br />
Labowitz-Starus „In Mourning and in<br />
Rage“ von 1977 sieht, einer vielbeachteten,<br />
auf den Stufen des Rathauses aufgeführten<br />
Protestperformance.<br />
Wallace Berman, Semina Cover with Wife<br />
(Photograph of Shirley Berman),1959,<br />
Halbton Reproduktion auf Karton. Getty<br />
Research Institute, Los Angeles, CA. © Wallace<br />
Berman, (Original in Farbe)<br />
»Greetings from L.A.« bietet einen<br />
neuen Blick auf die Kunst in Südkalifornien,<br />
indem sie zeigt, wie Künstler<br />
dieser Region die konventionellen<br />
Beziehungen zwischen Kunst und Publikum<br />
änderten und Alternativen für eine<br />
öffentliche Rolle der Kunst und ihren<br />
Platz in der Gesellschaft entwickelten.<br />
Die Ausstellung gibt Einblicke in einige<br />
erst kürzlich erworbenen Archive wie<br />
die von Betty Asher, Hal Glicksman,<br />
George Herms, Wolfgang Stoerchle,<br />
des Magazins »High Performance«, der<br />
Galerien von Rolf Nelson, Mizuno und<br />
Jan Baum sowie in die Papiere von Charles<br />
Brittin und Edmund Teske. Ergänzt<br />
werden diese durch Material aus Archiven,<br />
die nicht immer mit Südkalifornien<br />
in Verbindung gebracht werden, wie die<br />
Papiere der Kunstkritiker Irving Sandler,<br />
Barbara Rose und Lawrence Alloway<br />
aus New York, der Gründerin und Kuratorin<br />
des New Museum Marcia Tucker<br />
sowie der Kasmin Gallery in London.<br />
Dritter Teil: Julius Shulman<br />
Der letzte Teil der Berliner Ausstellung<br />
zeigt über 50 Fotografien von Julius<br />
Shulman, dem bedeutendsten Architekturfotografen<br />
der amerikanischen<br />
Nachkriegsfotografie. Mehr als dreißig<br />
Jahre fotografierte er Häuser der<br />
Moderne von Richard Neutra, Frank<br />
bis 10. Juni <strong>2012</strong><br />
Martin-Gropius-Bau<br />
Niederkirchnerstraße 7<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Mi – Mo 10 – 19 Uhr<br />
Dienstags geschlossen<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Lloyd Wright, Frank O’Gehry – viele<br />
machte er dadurch zu Ikonen der Architektur.<br />
Die Ausstellung zeigt Schlüsselwerke<br />
seines Schaffens.<br />
Liste der beteiligten Künstler<br />
Peter Alexander, John Altoon, John<br />
Baldessari, Larry Bell, Billy Al Bengston,<br />
Karl Benjamin, Ed Bereal, Wallace<br />
Berman, Cameron, Vija Celmins, Judy<br />
Chicago, Mary Corse, Ronald Davis,<br />
Richard Diebenkorn, Melvin Edwards,<br />
Frederick Eversley, Lorser Feitelson, Llyn<br />
Foulkes, Sam Francis, Joe Goode, Robert<br />
Graham, Frederick Hammersley, George<br />
Herms, David Hockney, Stephan von<br />
Huene, Craig Kauffman, Edward Kienholz,<br />
Helen Lundeberg, John Mason,<br />
Allan McCollum, John McCracken,<br />
John McLaughlin, Ron Miyashiro, Ed<br />
Moses, Lee Mullican, Bruce Nauman,<br />
Helen Pashgian, Ken Price, Noah Purifoy,<br />
Ed Ruscha, Betye Saar, Henry Takemoto,<br />
DeWain Valentine, Peter Voulkos,<br />
Gordon Wagner, Norman Zammitt.<br />
Katalog:<br />
Deutsche Museumsausgabe: 38 Euro<br />
(Softcover, ohne ISBN-Nr.)<br />
Deutsche Buchhandelsausgabe: ca.<br />
49,80 Euro, (Hardcover, ISBN 978-3-<br />
7757-3304-5)<br />
Englische Buchhandelsausgabe:<br />
38 Euro (Hardcover, ISBN 978-1-60606-<br />
072-8)<br />
15
Galerien<br />
Baumeister der<br />
Revolution<br />
Sowjetische Kunst und<br />
Architektur<br />
1915-1935<br />
Mit Fotografien von<br />
Richard Pare<br />
Die Ausstellung »Baumeister der Revolution«<br />
lenkt den Blick auf einen<br />
Bereich der sowjetischen Avantgarde,<br />
der in Europa und darüber hinaus relativ<br />
unbekannt geblieben ist: die Architektur.<br />
Auch in Russland und den anderen<br />
Nachfolgestaaten der Sowjetunion<br />
sind die Namen der meisten Architekten<br />
weitestgehend vergessen. Ihre Bauten<br />
sind nicht in dem Maße Teil des kulturellen<br />
Gedächtnisses geworden, wie es<br />
das »Neue Bauen« im Westen ist.<br />
Die Ausstellung stellt dieses beeindruckende<br />
Kapitel der Avantgarde auf<br />
ungewöhnliche Weise vor, indem sie<br />
drei inhaltliche Ebenen miteinander<br />
verschränkt. Ausgewählte Werke der<br />
frühen Avantgarde, u.a. von El Lissitzky,<br />
Gustav Kluzis, Ljubow Popowa, Alexander<br />
Rodtschenko oder Wladimir Tatlin<br />
zeigen die intensive Beschäftigung der<br />
Künstler seit 1915 mit Fragen von Form,<br />
Raum und Materialität.<br />
Nach der Revolution engagierten sie<br />
sich in verschiedenen Gremien für die<br />
Umsetzung dieser Ideale wie 1919-20<br />
in der Kommission für die Synthese<br />
von Malerei, Bildhauerei und Architektur.<br />
Die Architekten Nikolai Ladowski,<br />
Wladimir Krinski, aber auch der Maler<br />
Rodtschenko schufen dort erste Entwürfe<br />
für die Stadtplanung und für Kommune-Häuser.<br />
Tatlin projektierte 1919 das berühmte<br />
»Denkmal der III. Internationale« – eine<br />
komplizierte Ingenieurskonstruktion mit<br />
beweglichen Räumen. Obwohl nicht<br />
gebaut, hat es mit seinem visionärem<br />
Potential und seiner dynamischen Formensprache<br />
die spätere Architektur des<br />
Konstruktivismus beeinflusst. Während<br />
die beeindruckenden Bilder und Zeich-<br />
16 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Richard Pare, Wohnsiedlung der Tscheka: Treppenhaus, 1999, Fotografie, 60,5 x 40,2 cm, (O.i.F.)<br />
Architekten: Iwan Antonow, Wenjamin Sokolow, Arseni Tumbsow, 1929-1936<br />
© courtesy Richard Pare und Kicken Berlin<br />
nungen aus der Sammlung Costakis aus<br />
Thessaloniki deutlich machen, welche<br />
Rolle das Architektonische bereits in den<br />
frühen künstlerischen Entwürfen spielte,<br />
geben Vintageprints aus dem Staatlichen<br />
Wissenschaftlichen Forschungsmuseum<br />
für Architektur A.W. Schtschussew in<br />
Moskau einen Eindruck vom architektonischen<br />
Aufbruch einige Jahre später.<br />
Die historischen Fotografien zeigen,<br />
dass die neuen Bauten nicht nur typologisch,<br />
sondern auch in ihren Dimensionen<br />
eine neue Zeit verkörperten: Sie<br />
überragten die alten urbanen Strukturen<br />
und waren ein Fanal der kommenden<br />
Industrialisierung und Umwälzung<br />
des Landes. Die Fotografien des renommierten<br />
britischen Architekturfotografen<br />
Richard Pare wiederum führen den<br />
Betrachter in die Gegenwart. Pare hatte
Richard Pare, Narkomfin-Gemeinschaftswohnanlage: Innenansicht, 1995,<br />
Fotografie, 121,9 x 154,2 cm, (O.i.F.)<br />
Architekten: Iwan Antonow, Wenjamin Sokolow, Arseni Tumbsow, 1929-1936<br />
© courtesy Richard Pare und Kicken Berlin<br />
1993 begonnen, diese »verlorene Avantgarde«<br />
wiederzuentdecken. Auf mehreren<br />
Reisen nach Moskau und nach St.<br />
Petersburg sowie durch die ehemaligen<br />
Sowjetrepubliken dokumentierte<br />
er, was von den Gebäuden noch erhalten<br />
ist. Seine Aufnahmen spüren deren<br />
Schönheit und den Erfindungsreichtum<br />
ihrer Erbauer auf und zeigen zugleich<br />
die Spuren des Verfalls. Damit zeichnen<br />
sie auch ein Bild der postsowjetischen<br />
Gesellschaft, die sich ihres außergewöhnlichen<br />
Erbes nicht bewusst ist.<br />
Neu waren bei dieser Architektur nicht<br />
nur die Formensprache, sondern auch<br />
die Bauaufgaben: So entstanden mit dem<br />
Aufbau der neuen Gesellschaft Arbeiterclubs,<br />
Gewerkschaftshäuser, kollektive<br />
Wohnanlagen, Sanatorien für die<br />
Werktätigen, staatliche Großkaufhäuser,<br />
Partei-und Verwaltungsbauten, aber<br />
auch Kraftwerke und Industrieanlagen,<br />
um das Land zu modernisieren.<br />
Der erste wichtige Bau nach der Revolution<br />
war der Schabolowka-Radioturm<br />
von Wladimir Schuchow. Er wurde von<br />
1919-22 aus sechs übereinander montierten<br />
Hyperboloiden errichtet und war<br />
mit 150 Metern zu jener Zeit der höchste<br />
Turm in dieser Bauweise. Seine ele-<br />
gante, filigrane Struktur wurde Symbol<br />
der Überwindung des Alten und Schweren.<br />
Rodtschenkos bekannte Fotos des<br />
Radioturmes - heute Ikonen der Avantgardefotografie<br />
- betonen die Dynamik<br />
von unten nach oben. Pares Aufnahmen<br />
des Turmes zielen stärker auf die Details<br />
und rücken damit die Bauweise jener<br />
Zeit ins Blickfeld.<br />
Die Leistungen russischer Ingenieure<br />
wie Schuchow beeinflussten mit ihren<br />
neuartigen technischen Konstruktionen<br />
die Entwicklung der Architektur, die den<br />
Funktionen entsprechend klare, geometrische<br />
Formen verwendete. Im Verlaufe<br />
der 1920er Jahre zeichneten sich dann<br />
zwei entscheidende architektonische<br />
Strömungen ab: der Rationalismus und<br />
der Konstruktivismus.<br />
Die Vertreter der ersten Strömung gründeten<br />
1923 die Assoziation neuer Architekten<br />
(ASNOVA), ihr Hauptvertreter<br />
war Ladowski. Bei den Konstruktivisten<br />
spielte neben Alexander Wesnin Moisei<br />
Ginsburg eine große Rolle. 1925 vereinigten<br />
sich die konstruktivistischen<br />
Moskauer Architekten in der Gesellschaft<br />
moderner Architekten (OSA).<br />
Daneben gab es auch andere Strömungen<br />
und herausragende Einzelgänger<br />
bis 9. Juli <strong>2012</strong><br />
Martin-Gropius-Bau<br />
Niederkirchnerstraße 7<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Mi – Mo 10 – 19 Uhr<br />
Dienstags geschlossen<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
wie Konstantin Melnikow. Trotz polemischer<br />
Auseinandersetzungen zwischen<br />
den Strömungen hatte sich bis Ende der<br />
1920er Jahre ein modernes Bauen konsolidiert.<br />
Im Zuge der Industrialisierung des<br />
Landes im Rahmen des ersten Fünfjahrplanes<br />
1928-32 wurde die Entstehung<br />
neuer Städte vorangetrieben. Damit<br />
waren Fragen des Konzepts der Großstadt<br />
verbunden, für die unterschiedliche<br />
Lösungen vorgeschlagen wurden<br />
wie die »horizontalen Wolkenkratzer«<br />
für Moskau von El Lissitzky oder die<br />
»Parabel« als Grundschema der Stadtentwicklung<br />
von Ladowski. Etliche<br />
der von Pare fotografierten Gebäude<br />
wurden für kollektives Wohnen entwickelt.<br />
Der von Ginsburg und Ignati Milinis<br />
1930 in Moskau errichtete Narkomfin-Wohnblock<br />
war eins der experimentellsten<br />
Projekte jener Ära. Er enthielt<br />
neben Wohnungen auf zwei Etagen<br />
auch eine gemeinschaftlich betriebene<br />
Kantine, eine Kindertagesstätte, eine<br />
Sporthalle und eine Waschküche. Weitere<br />
Bautypen zur Durchsetzung der<br />
kollektivistischen Lebensweise waren<br />
Großküchen, von denen drei im damaligen<br />
Leningrad von einer Gruppe um<br />
Josif Meerzon, Vertretern des Rationalismus,<br />
erbaut wurden. Arbeiterklubs<br />
und Kulturpaläste dienten vielfältigen<br />
Bildungsangeboten und symbolisierten<br />
im Stadtraum mit ihren dynamischen<br />
Formen die Rolle der neuen Klasse.<br />
Als sich Mitte der 1930er Jahre das politische<br />
Klima in der Sowjetunion gravierend<br />
änderte und damit eine monumentale,<br />
sich am Klassizismus orientierende<br />
Bauweise protegiert wurde,<br />
endete dieses spannende Kapitel der<br />
Avantgarde und geriet in Vergessenheit.<br />
Di nach Ostern (10. April) und Di<br />
nach Pfingsten (29. Mai) geöffnet.<br />
17
Galerien<br />
Yvonne v. Schweinitz<br />
»Gesichter<br />
Afghanistans«<br />
Erfahrung einer alten Welt.<br />
Fotografien von 1953.<br />
In Zürich 1953 mit dem Auto gestartet,<br />
führt die journalistische Reise die<br />
Fotografin Yvonne v. Schweinitz sieben<br />
Monate durch die Türkei, Syrien, Jordanien,<br />
Israel, Irak, Iran nach Afghanistan<br />
und Pakistan. Während ihres dreimonatigen<br />
Aufenthalts im Vielvölkerstaat<br />
Afghanistan besucht sie u.a. das<br />
Bamiyan-Tal mit den berühmten Buddha-Statuen<br />
und überquert auf unbefestigten<br />
Wegen den Khyber-Pass nach<br />
Peshawar/Pakistan in das damals noch<br />
autonome Swat-Tal.<br />
Ausgerüstet mit einer Rolleiflex, einer<br />
Leica M3 sowie einer Polaroid-Kamera<br />
sind auf diesen Fahrten zahlreiche<br />
Schwarz-Weiß- und Farbfotografien<br />
entstanden. Rund 120 dieser Bilder<br />
haben die Kuratoren Claus Friede und<br />
Mathias v. Marcard ausgewählt, die im<br />
Willy-Brandt-Haus präsentiert werden.<br />
Die Fotografien gelten ethnologisch als<br />
Raritäten und zeigen selten wahrgenommene<br />
Seiten des Landes am Hindukusch.<br />
Auf eindrucksvolle Weise<br />
dokumentiert Yvonne v. Schweinitz<br />
das Leben, die Kulturen, die Menschen,<br />
Clans und Stämme in Afghanistan zu<br />
einer Zeit, als es in diesem Land friedlich<br />
war.<br />
Yvonne v. Schweinitz, geboren in Danzig<br />
1921 als Gräfin v. Kanitz, entstammt<br />
einer alten ostpreußischen Familie.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem<br />
Studium arbeitet sie freiberuflich mit<br />
dem renommierten Pressefotografen<br />
Willy Pragher zusammen, in dessen<br />
Archiv auch die späteren Fotoarbeiten<br />
aufgenommen wurden.<br />
Eine Ausstellung von Claus<br />
Friede*Contemporary Art und Marcard<br />
Pro Arte, Hamburg. Mit freundlicher<br />
Unterstützung der Markert Gruppe,<br />
Hamburg/Neumünster<br />
18 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Fotos: Afghanistan 1953, © Yvonne v. Schweinitz<br />
Fotos: Afghanistan 1953, © Yvonne v. Schweinitz Fotos: Afghanistan 1953, © Yvonne v. Schweinitz<br />
bis 27. Mai <strong>2012</strong><br />
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – So 12 – 18 Uhr<br />
Eintritt frei, Ausweis erforderlich
Hans Madej<br />
»Bilder aus dem Osten«.<br />
Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
zeigt die Ausstellung Hans Madej – Bilder<br />
aus dem Osten, ein kaleidoskopisches<br />
Porträt Osteuropas im Zerfall und<br />
im Aufbruch.<br />
1989 ereignete sich kein nationales<br />
Ereignis, sondern ein weltweit historischer,<br />
bis heute nicht abgeschlossener<br />
Prozess, der den gesamten Osten<br />
Europas erfasste. Die unmittelbaren<br />
Folgen waren von großer Tragweite:<br />
die deutsche Wiedervereinigung, der<br />
Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion,<br />
die weitgehend friedlichen<br />
Revolutionen in den Ostblockstaaten<br />
und im Gegensatz zum friedvollen<br />
Systemwechsel in Osteuropa der von<br />
Gewalt, Krieg und Zwangsemigration<br />
gezeichnete Umbruch im ehemaligen<br />
Jugoslawien.<br />
Junge mit rotem Stern auf der Mütze,<br />
Weißrußland, Gden, Oktober 1990,<br />
© Hans Madej, (O.i.F.)<br />
Der Fotograf Hans Madej verfolgte<br />
den politischen Machtwechsel<br />
und die Wende im Osten von<br />
1987 bis 1995 auf zwei Schauplätzen:<br />
des Schauplatzes der großen<br />
Politik sowie des Schauplatzes der<br />
irdischen Existenz. Die politische<br />
Szene rotierte dabei unvergleichbar<br />
schneller als die Szenen des täglichen<br />
Lebens. Die Systeme wechselten, die<br />
herrschenden Parteien und ihre Führer<br />
wechselten, Kriege und Revolutionen<br />
kamen und gingen, doch der<br />
Mensch lebte, wie er immer gelebt hat.<br />
Isoliert durch die totalitäre Herrschaft<br />
von den Entwicklungen im Westen,<br />
unberührt vom technischen Fort-<br />
Rußarbeiter mit Zigarette, Rumänien, Copsa Mica, Juli 1991, © Hans Madej, (O.i.F.)<br />
Zigeunerkinder auf der Müllkippe, Rumänien, Medias, Juli 1991, © Hans Madej, (O.i.F.)<br />
schritt und von den Wertvorstellungen<br />
der Konsumgesellschaft haben archaische<br />
Lebensformen überlebt. Das Mittelalter<br />
beginnt am Ende der Straße.<br />
Mit seiner Kamera nahm Madej<br />
teil an den großen Festen der<br />
Roma, am Alltag der Rußarbeiter in<br />
Rumänien. Er fotografierte die Straßenkinder<br />
in Bukarest und die<br />
Opfer von Tschernobyl. Er zeigt<br />
Gesichter, die noch von einer Zeit<br />
erzählen, von der sich die Aufmerksamkeit<br />
der Medien längst<br />
abgewandt hat.<br />
19. April bis 17. Mai <strong>2012</strong><br />
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Di – So 12 – 18 Uhr<br />
Eintritt frei, Ausweis erforderlich<br />
19
Galerien<br />
Anton Corbijn<br />
»Inwards and<br />
Onwards«<br />
Die Ausstellung »Inwards and Onwards«<br />
zeigt in großformatigen Porträts das<br />
bedeutende künstlerische Schaffenswerk<br />
von Anton Corbijn. Neben eindringlichen<br />
Photographien bekannter<br />
Musiklegenden wie Bruce Springsteen,<br />
Patti Smith oder Tom Waits, die<br />
ihn seit jeher faszinieren, fokussiert sich<br />
Corbijn in seinen neuesten Photographien<br />
auch auf die modernen Inbilder<br />
künstlerischer Inspiration wie Gilbert &<br />
George, Damien Hirst oder Jeff Koons.<br />
Ausschließlich in Schwarz-Weiß photographierend,<br />
reduziert Anton Corbijn<br />
seine Photoshoots mit seiner Hasselblad-Kamera,<br />
einem Setting in gewohnter<br />
Umgebung des Porträtierten sowie<br />
natürlichem Licht auf das Wesentliche<br />
– Assistenten oder künstlich erzeugtes<br />
Licht sind für ihn tabu. Auch wenn sich<br />
einige Porträts wie jene von Damien<br />
Hirst oder Jeff Koons durch eine Verspieltheit<br />
auszeichnen, so versteht<br />
Anton Corbijn die Kamera als Mittel<br />
zum Zweck, die Persönlichkeit des Porträtierten<br />
zum Ausdruck zu bringenund<br />
die ehrliche Tiefe des Charakters jenseits<br />
jeglicher äußerlicher Inszenierung darstellen<br />
zu können.<br />
Diese besondere visuelle Erfahrung ist<br />
auch beim unkonventionellen Porträt<br />
von Gerhard Richter zu erkennen, der<br />
sich nicht nur berufsbedingt der Möglichkeiten<br />
der Selbstinszenierung im<br />
Medium der Photographie bewusst ist.<br />
Anton Corbijn zeigt den Künstler in einer<br />
Rückenansicht, gewährt ihm damit sein<br />
Verlangen nach persönlicher Intimität,<br />
um zugleich sein künstlerisches Schaffen<br />
zu reflektieren – kehren doch oftmals<br />
auch in Richters Werken die Personen<br />
dem Betrachter den Rücken zu<br />
oder verschwimmen bis zur Unkenntlichkeit.<br />
Auch der 2011 verstorbene<br />
Maler Lucien Freud ließ Anton Corbijn<br />
nicht nur in seine räumliche Privatsphäre<br />
eindringen, sondern öffnete<br />
für ihn sein Wesen. Die bildprägende<br />
Gestik und charakterliche Zeichnung<br />
sowie die greifbare Stimmung in der<br />
Photographie sind das Ergebnis eines<br />
20 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
besonderen Zugangs von Anton Corbijn<br />
zu seinen Porträtierten. Dieser Zugang<br />
erlaubt es Corbijn, hinter Inszenierungsfassaden<br />
Ebenen von Personen abbilden<br />
zu können, die nur der Kunst vorbehalten<br />
sind.<br />
Neben faszinierenden Einblicken in die<br />
einzelnen Persönlichkeiten – wie auch<br />
beim Porträt von Kate Moss, deren Maskierung<br />
einerseits paradoxerweise die<br />
mediale Fassade des Models zerstört,<br />
um den Blick auf die Person und nicht<br />
auf das Konstrukt zu lenken, und andererseits<br />
als Symbol für das Wechselspiel<br />
zwischen der Aufgabe der Privatsphäre<br />
in der Öffentlichkeit und dem Schutz<br />
derselben angesehen werden kann –<br />
spielen andere Bilder aus der Ausstellung,<br />
wie das Porträt von Anthony Kiedis,<br />
mit dem Reiz des seriösen Surrealen.<br />
Anton Corbijns Photographien zeugen<br />
von einem sichtbar gemachten Auseinandersetzen<br />
der Porträtierten mit sich<br />
selbst und sind darüber hinaus von<br />
einer reizvollen Bildsprache sowie oftmals<br />
von scheinbar abstrakten Szenarien<br />
geprägt, in denen sich die Persönlichkeiten<br />
in einem intimen Moment<br />
zeigen: »Inwards and Onwards«.<br />
Anton Corbijn<br />
Geboren am 20. Mai 1955 im niederländischen<br />
Dorf Strijen, entwickelte<br />
sich bei Anton Corbijn in den siebziger<br />
Jahren die Leidenschaft heraus, Musikbands<br />
zu porträtieren und mit der Photokamera<br />
zu begleiten. Als »stilles Mitglied«<br />
der Musikgruppen schärfte er als<br />
Photograph und fortan auch zeitweise<br />
als Art Director und Bühnenbildner das<br />
Image von Bands wie Depeche Mode,<br />
Joy Division, New Order und U2. Seine<br />
enge Verbundenheit mit dem Musikgeschäft<br />
in Kombination mit seinem künstlerischen<br />
Verständnis konnte Anton Corbijn<br />
auch jenseits der Photographie kreativ<br />
ausleben. So führte er seit den achtziger<br />
Jahren bei zahlreichen Musikvideos<br />
der erfolgreichsten Musiker und<br />
Bands der Geschichte Regie, darunter<br />
neben Depeche Mode und U2 auch von<br />
Johnny Cash, Nick Cave, Coldplay, Herbert<br />
Grönemeyer, Metallica und Nirvana.<br />
Zuletzt auch aufgrund der preisgekrönten<br />
Filme »Control« und »The<br />
American«, bei denen Anton Corbijn<br />
Regie geführt hat, zählt er heute nicht<br />
nur zu den einflussreichsten zeitgenös-<br />
© Anton Corbijn, »Kate Moss«, New York, 1996<br />
sischen Photographen, sondern auch zu<br />
den bedeutendsten Regisseuren weltweit.<br />
Ihm wurde daher die Ehre zuteil,<br />
in die Jury der 62. Internationalen Filmfestspiele<br />
Berlin berufen zu werden.<br />
Seit 1997 verfolgt Anton Corbijn jenseits<br />
der Regiearbeit und Auftragsphotographie<br />
auch eigene photographische Projekte,<br />
die Bestandteil von Ausstellungen<br />
in internationalen Museen und Galerien<br />
waren.<br />
Neben zahlreichen Auszeichnungen<br />
für sein künstlerisches Schaffen, wurde<br />
Anton Corbijn im vergangenen Jahr in<br />
seiner Heimat der renommierte Niederländische<br />
Kulturpreis verliehen.<br />
Ab dem 19. April ist der Dokumentationsfilm<br />
»anton corbijn inside out« in<br />
den deutschen Kinos zu sehen, der eindrucksvolle<br />
Einblicke in das Leben und<br />
Wirken des Photographen und Regisseurs<br />
Anton Corbijn zeigt.<br />
Zu Anton Corbijns Photoserie »Inwards<br />
and Onwards« ist 2011 ein gleichnamiger<br />
Photoband im Schirmer/Mosel<br />
Verlag erschienen.<br />
www.camerawork.de<br />
www.facebook.com/cameraworkberlin<br />
21. April bis 2. Juni <strong>2012</strong><br />
Galerie Camera Work<br />
Kantstraße 149<br />
10623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – Sa 11 – 18 Uhr
Fritz Kempe<br />
»Gesichter hinter der<br />
Kamera«<br />
Fotografen - Porträts<br />
Fritz Kempe wurde 1909 in Greifswald<br />
als Fotografensohn geboren.<br />
Seine Schulausbildung schloss er am<br />
humanistischen Gymnasium in Stralsund<br />
ab. 1938 bestand er mit Auszeichnung<br />
die Meisterprüfung für das Fotografenhandwerk.<br />
In Berlin gründete er<br />
ein Atelier für Industrie- und Werbefotografie,<br />
das im Krieg zerstört wurde. Von<br />
1949 bis 1974 präsentierte er als Direktor<br />
der Landesbildstelle in Hamburg<br />
jeden Monat Fotografien meist junger<br />
Fotografen im einzigen ständigen Fotosalon<br />
der Bundesrepublik.<br />
Neben seinem eigenen fotografischen<br />
Werk übten auch seine publizistischen<br />
Arbeiten zu fotohistorischen Themen<br />
einen großen Einfluss auf die Fotografie<br />
in Deutschland aus. (Buchpublikationen<br />
u. a.:»Film-Technik, Gestaltung,<br />
Wirkung«, 1958, »Hamburger«,<br />
1963, »Fetisch des Jahrhunderts«, 1964,<br />
»Das Bild und die Wirklichkeit«, 1974,<br />
»Dokumente der Photographie«, 1980.<br />
Er war Ehrenmitglied der GDL und<br />
erhielt viele Auszeichnungen für sein<br />
fotografisches Schaffen, u. a. die David<br />
– Octavius –Hill – Medaille (1974). Fritz<br />
Kempe starb 1988 in Hamburg.<br />
In der Ausstellung werden 40 Fotografen<br />
- Porträts von Fritz Kempe aus den<br />
Jahren 1956-1980 gezeigt.<br />
Vernissage:<br />
am Freitag, dem 4. Mai <strong>2012</strong><br />
ab 19 Uhr<br />
© Fritz Kempe, »Ute Eskildsen«, 1980 © Fritz Kempe, »Lucia Moholy«, 1980<br />
© Fritz Kempe, »Robert Lebeck«, 1979 © Fritz Kempe, »Will McBride«, 1981<br />
5. Mai bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Galerie argus fotokunst<br />
Marienstraße 26<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Do – Sa 14 – 18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
21
Galerien<br />
Frank Horvat<br />
»A Trip Through<br />
A Mind (The iPad<br />
Exhibition)«<br />
Frank Horvat (* 1928, Italien) zählt<br />
zu den wenigen noch lebenden<br />
Legenden der Fotografie. Sein Œuvre<br />
umfasst sämtliche Genres – von der<br />
Modefotografie, über die klassische<br />
und exotische Reisedokumentation bis<br />
hin zur Aktfotografie.<br />
Nach nunmehr 60 Jahren hat sich<br />
Frank Horvat dazu entschlossen, sein<br />
Gesamtwerk in einer iPad Applikation<br />
der Öffentlichkeit zugänglich zu<br />
machen.<br />
Unter dem Namen ‚Horvatland‘ lädt<br />
der Fotograf zu einer Reise durch<br />
seine Gedanken- und Bilderwelt, samt<br />
gesprochenen Beiträgen, ein.<br />
»A Trip Through A Mind«.<br />
Frank Horvat, Sophie, 1983<br />
© Frank Horvat, c/o galerie hiltawsky, (O.i.F.)<br />
bis 29. April <strong>2012</strong><br />
galerie hiltawsky<br />
Tucholskystraße 41<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Mi – Sa 14 – 18 Uhr<br />
22 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Frank Horvat, First Fashion Photograph, Florenz, 1951, © Frank Horvat, c/o galerie hiltawsky<br />
Frank Horvat, Shoe and Tour Eiffel A, for Stern, 1974, © Frank Horvat, c/o galerie hiltawsky
Gerhard Weber,<br />
»Privatleben«<br />
Laura Silleras,<br />
»Chimuelos«<br />
Göran Gnaudschun,<br />
»Portraits«<br />
und Irina Tübbecke,<br />
»in between dialogues<br />
(filmset portraits)«<br />
Die Portraits von Gerhard Weber beeindrucken<br />
durch ihre scheinbare Normalität.<br />
Sie zeigen das Leben der Menschen<br />
die dort mit Ruhe und Selbstbewusstsein<br />
der Kamera begegnen, die doch<br />
gerade ein besonders scharfes Bild ihrer<br />
Intimität festhält. Es ist eine besondere<br />
Gabe des Fotografen Menschen dieses<br />
Vertrauen zu vermitteln und das Ergebnis<br />
bewundernswert.<br />
© Laura Silleras<br />
Laura Silleras lebt und arbeitet in<br />
Mexico, Berlin und Spanien. Seit sie<br />
ihre Hasselblad hat, also seit 2001, hat<br />
sie nicht mehr aufgehört zu fotografieren.<br />
Und das freut uns sehr.<br />
Göran Gnaudschun, entwickelt eine<br />
besondere Beziehung zu den Menschen<br />
die er portraitiert. Für ihn endet<br />
die Verantwortung nicht damit wie die<br />
© Göran Gnaudschun, (O.i.F.)<br />
Portraitierten dargestellt sind, er kümmert<br />
sich auch darum das seine Portraits<br />
in der angemessenen Umgebung<br />
gezeigt werden. Den Respekt den er für<br />
diese Menschen empfindet vermittelt er<br />
auch dadurch.<br />
Irina Tübbecke, hat die Fotografie bei<br />
ihrer Arbeit als Maskenbildnerin für sich<br />
entdeckt. Was ein Hilfsmittel zur Dokumentation<br />
war, änderte ihren Blick auf<br />
die Personen. Gerade ihre Arbeit an<br />
Filmsets eröffneten ihr eine neue Perspektive<br />
auf die Schauspieler als Privatpersonen<br />
und Filmfigur. Irina Tübbecke<br />
lebt und arbeitet in Berlin.<br />
Göran Gnaudschun<br />
»Neue Portraits«<br />
Wenn ich Menschen portraitiere, entsteht<br />
oft ein sehr fragiler Zustand, bei<br />
dem es scheint, als würde sich etwas<br />
in meinem Gegenüber verändern. Für<br />
einen kurzen Moment gibt es die Möglichkeit<br />
der Einheit von Innerem und<br />
Äußerem. Dieser Moment findet sich<br />
zwischen Spannung und Loslassen, zwischen<br />
Kontrolle und Selbstaufgabe; er ist<br />
flüchtig und die Fotografie die einzige<br />
Erinnerung daran.<br />
Wahrscheinlich ist dieser Moment aber<br />
weniger in der Person, als in dem Bild<br />
von ihr begründet. Es gibt etwas, das nur<br />
© Gerhard Weber<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
im Portraitprozess entstehen kann.<br />
Ich glaube an Bilder, weil ich von ihnen<br />
weiß, dass sie lügen, dass sie etwas<br />
anderes erzählen, als das, was vorhanden<br />
war. Augenzeugenschaft als Mittel<br />
zur Fiktionalisierung, zur Neugestaltung,<br />
zur Transformation. Material, das<br />
aus der Wirklichkeit stammt, mit ihr<br />
aber nichts als den Ursprung, das Dagewesensein<br />
gemein hat. Alles andere ist<br />
Interpretation.<br />
Es gibt ein Außen und ein Innen, an der<br />
Grenze dazwischen ist das Auge, ist der<br />
Blick, ist das Augenlicht, das die Außenwelt<br />
formt und interpretiert. Ich kann<br />
nicht in das Innere der Menschen sehen,<br />
es ist zu vielschichtig, um es abzubilden;<br />
aber ich kann mit Hilfe des Blickes,<br />
des Gesichtsausdruckes, der Haltung<br />
und des Lichtes eine Intensität<br />
im Bild erzeugen. Eine Intensität, die<br />
in Momenten des Übergangs entsteht:<br />
wenn der Blick weder den Fotografen,<br />
noch den Betrachter meint und wenn er<br />
sich aber noch nicht nach innen zurückzieht.<br />
Momente, die in unterschiedlichen<br />
Abstufungen mehr über das Selbstbewusstwerden<br />
als über die Selbstdarstellung<br />
erzählen.<br />
bis 15. April <strong>2012</strong><br />
PHOTOPLATZ<br />
im Hotel Bogota<br />
Schlüterstraße 45<br />
10707 Berlin-Charlottenburg<br />
www.bogota.de<br />
23
Galerien<br />
stefan moses<br />
»Emigranten«<br />
Das umfangreiche und einflussreiche<br />
Werk von Stefan Moses in einem kurzen<br />
Text bewerten zu wollen, muss zwangsläufig<br />
scheitern; der Rezensent kann nur<br />
einige Aspekte aufblitzen lassen.<br />
Im Fokus stehen bei Moses seine Mitmenschen,<br />
bekannte wie unbekannte<br />
Zeitgenossen, meist in Deutschland. In<br />
der Ausstellung bei Johanna Breede in<br />
Berlin sehen wir auf den Bildern aus den<br />
1940er bis 1990er Jahren kreative Menschen,<br />
die zurückgekehrt sind in ihre<br />
Heimat, an die Orte, die sie geprägt<br />
haben und aus denen sie zuvor vertrieben<br />
worden waren: In den späten<br />
1930er Jahren hatten die Nationalsozialisten<br />
sie gezwungen, ihre Geburts- oder<br />
Wohnorte in Deutschland oder in den<br />
besetzten Gebieten zu verlassen. Viele<br />
andere, so wissen wir heute schmerzlich,<br />
haben es damals nicht vermocht<br />
zu fliehen. Neben den Emigranten gilt<br />
auch ihnen dieses photographische Vermächtnis<br />
eines der großen Zeitzeugen<br />
des 20. Jahrhunderts: Stefan Moses. Er<br />
selbst wurde 1928 in Liegnitz geboren,<br />
verlor früh den Vater, zog mit der Mutter<br />
nach Breslau und musste als Jugendlicher<br />
einige Jahre in einem Arbeitslager<br />
verbringen. Doch er überlebte in<br />
innerer Emigration, und »Deutschland<br />
und die Deutschen« wurde zu seinem<br />
Lebensthema. Nur ein paar Jahre nach<br />
Kriegsende entstand eines der wegweisenden<br />
Porträts, das er mit Anfang<br />
Zwanzig noch sehr zurückhaltend, beinahe<br />
schüchtern aufnahm: Es war das<br />
des Literaturnobelpreisträgers Thomas<br />
Mann, der, seit 1943 amerikanischer<br />
Staatsbürger, 1949 gemeinsam mit seiner<br />
Frau Katia anlässlich des 200. Geburtstags<br />
von Goethe Weimar besuchte,<br />
diesen geschichtsträchtigen deutschen<br />
Ort – mit dem Deutschen Nationaltheater<br />
und dem Goethe-Schiller-Denkmal<br />
einerseits und dem (nur einige Kilometer<br />
entfernten) gerade aufgelösten Konzentrationslager<br />
Buchenwald andererseits.<br />
Solche Spannungen, auch diejenigen<br />
zwischen den Besatzungszonen,<br />
haben die Menschen im Nachkriegsdeutschland<br />
nicht nur emotional zer-<br />
24 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
rissen. Stefan Moses war mit seinem<br />
sensiblen und gleichzeitig ungeschönten<br />
Blick auf die deutsche Gesellschaft<br />
in West wie Ost seit dieser Zeit für ein<br />
halbes Jahrhundert ein bildmächtiger<br />
Seismograph.<br />
Nicht jedes einzelne Porträt seiner großangelegten<br />
Serien, im Facettenreichtum<br />
und der Typologie dem „Deutschenspiegel“<br />
von August Sander durchaus vergleichbar,<br />
ist von ähnlich formaler Qualität;<br />
doch dies ist auch kaum zu erwarten.<br />
Denn inszenierte stehen gleichberechtigt<br />
neben spontan entstandenen,<br />
gleichsam gefundenen Bildern. Gleichwohl<br />
befinden sich darunter einige photographische<br />
Ikonen, etwa das Selbstporträt<br />
des Philosophen Theodor W.<br />
Adorno aus dem Jahr 1963, Bestandteil<br />
einer seiner berühmten Bildnisserien:<br />
Moses hatte in den 1960er Jahren<br />
ausgewählte Intellektuelle vor einen<br />
Schneiderspiegel gesetzt und ihnen die<br />
Bildentstehung im wahren Wortsinn<br />
(per Kamerafernauslöser) in die Hand<br />
gelegt. Er selbst blieb wie ein Regisseur<br />
im Hintergrund, allerdings nicht ohne<br />
gleichzeitig wiederum die ungewöhnlichen<br />
Aufnahmesituationen photographisch<br />
zu begleiten.<br />
© stefan moses, »Ellen Auerbach«, 1995<br />
Die Photographie, insbesondere analoger<br />
Provenienz, fängt gemeinhin nur<br />
einen einzigen Aspekt unserer Außenwelt<br />
ein oder einen einzigen Moment<br />
im Leben des Dargestellten, es sei<br />
denn, sie ist anschließenden Ergänzun-<br />
© stefan moses, »Willy Brandt«,<br />
Siebengebirge 1983<br />
gen oder Manipulationen ausgesetzt.<br />
Stefan Moses arbeitete stets analog<br />
und authentisch innerhalb der Grenzen<br />
des Darstellbaren, mit Ausnahme einer<br />
kurzen Phase des Collagierens, die einer<br />
Art Revision des eigenen Werkes gleichkam.<br />
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
gelang es ihm wie kaum einem<br />
anderen Kollegen, mit den Porträts vieler<br />
deutscher Geistesgrößen die Zeitlichkeit<br />
deutscher Geschichte zu verdichten<br />
und zugleich ins Zeitlose zu dehnen.<br />
Das Lebensalter der Dargestellten und<br />
insofern das Aufnahmedatum der nach<br />
West- oder Ost-Deutschland zurückgekehrten<br />
Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler<br />
bleiben hier beinahe irrelevant<br />
– Moses bewahrt vielmehr das<br />
Andenken an eine verlorene Generation,<br />
an eine nie gelebte, inzwischen<br />
vergangene Gegenwart.<br />
In Moses’ Werk existieren mehrere<br />
konzeptionelle Bildserien, die zusammengenommen<br />
in der Porträtphotographie<br />
des 20. Jahrhunderts ihresgleichen<br />
suchen, darunter die Menschen vor dem<br />
Spiegel oder einem großen hellen Tuch,<br />
die Maskenbilder, die großen Alten im<br />
Wald oder die zärtliche Annäherung an<br />
seinen Sohn Manuel. Häufig entstanden<br />
dazu legendäre Bücher, die inzwischen<br />
im Kanon der Photobuchsammler ihren<br />
festen Platz haben. Die meisten der Porträtierten<br />
gingen auf die ungewöhnlichen<br />
Bildideen von Stefan Moses frei-
© stefan moses, »Walter Gropius«, Ulm 1954<br />
mütig ein. Für manche Serien hat sich<br />
Moses zudem kleine überfallartige<br />
und witzige Tricks einfallen lassen, mit<br />
denen er sein Gegenüber überraschen<br />
konnte; das geschah meist sehr liebevoll,<br />
nicht desavouierend. In den Porträtsitzungen<br />
herrschte häufig ein intellektuelles<br />
und kommunikatives Spiel<br />
zweier Gleichberechtigter, ein Geben<br />
und Nehmen, ein Zeigen und Verbergen<br />
– ein Ziel war sicherlich auch, hinter<br />
die Maske des Einzelnen zu schauen,<br />
um sein Innerstes zu fassen. Nur Herbert<br />
Wehner saß völlig unbeeindruckt,<br />
so der Photograph, auf einem Baumstamm<br />
und ließ sich bei der Porträtsitzung<br />
nicht aus der Reserve locken. Viele<br />
der Bilder erschienen damals im Stern<br />
oder in anderen Magazinen, später, als<br />
er die Reportagephotographie und Auftragsarbeit<br />
an den Nagel hing, vorzugsweise<br />
in den eigenen Büchern.<br />
Stefan Moses hat seine Modelle nicht<br />
ins Studio gebeten, sein Studio war vielmehr<br />
die Wohnung der anderen oder<br />
der mythenbeladene deutsche Wald,<br />
in dem, freilich an unterschiedlichen<br />
Orten, auch vieler der hier versammelten<br />
Emigrantenporträts entstanden sind,<br />
als wäre gerade dort ein zeitloses Vergessen<br />
möglich, eine zarte Bande zu<br />
einem Früher ohne die kollektive, belastende<br />
Schuld des Deutschseins. In sein<br />
Freiluftatelier, auf diese allegorische<br />
Bühne führte Moses Ellen Auerbach<br />
und Felix H. Man, Tilla Durieux und<br />
Curt Bois, Sebastian Haffner oder Heinz<br />
© stefan moses, »Herbert Wehner«,<br />
Hamburg 1985<br />
Berggruen. Jüngst wurden einige dieser<br />
Porträts in der ansonsten sonderbar<br />
zusammengestellten Wald-Ausstellung<br />
im Deutschen Historischen Museum<br />
gezeigt, darunter das unvergleichliche<br />
Willy-Brandt-Porträt, das vor einigen<br />
Jahren als Plakatmotiv für seine Berliner<br />
Retrospektive (im Willy Brandt Haus)<br />
gewählt wurde. Mit dem Deutschen<br />
Historischen Museum, insbesondere<br />
unter der Leitung von Christoph Stölzl,<br />
verbindet Stefan Moses aber auch eine<br />
andere Geschichte: Nach dem Fall der<br />
Mauer konnte er endlich die Serie der<br />
Deutschen (vor dem mitgeführten hellgrauen<br />
Tuch) in Ostdeutschland weiterführen,<br />
initiiert und finanziert vom<br />
DHM. Am Ende der vielen Reisen zwischen<br />
der mecklenburgischen Ostseeküste<br />
und den Thüringer Bergen standen<br />
die Ausstellung »Abschied und Anfang«,<br />
mit dem das Museum in Berlins historischer<br />
Mitte eröffnet wurde, sowie eine<br />
umfangreiche Begleitpublikation.<br />
Damals waren es bekannte und unbekannte<br />
Zeitgenossen, ausgewählt nach<br />
Berufsgruppen, die es heute teilweise<br />
gar nicht mehr gibt. In der aktuellen Berliner<br />
Ausstellung, zwanzig Jahre später,<br />
variiert der Photograph den Fokus; wir<br />
begegnen nun vielen Protagonisten der<br />
kulturellen Elite, deren Emigration in<br />
Deutschland so schmerzliche Lücken<br />
hinterlassen hat; viele konnten überdies<br />
nach ihrer Rückkehr in ein auch moralisch<br />
am Boden liegendes Land nicht<br />
bis 19. Mai <strong>2012</strong><br />
Johanna Breede<br />
PHOTOKUNST<br />
Fasanenstraße 69<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />
Sa 11 – 16 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
mehr an die früheren Erfolge anknüpfen,<br />
und nur wenige fanden einen adäquaten<br />
Platz in der deutschen Nachkriegsgesellschaft.<br />
Heute, wiederum<br />
eine Generation später, müssen wir gar<br />
um ihr Vergessen fürchten. So unterschiedlich<br />
die Protagonisten vermutlich<br />
charakterlich sind, so unterschiedlich<br />
gerät die Inszenierung – auch die<br />
Selbstinszenierung der eigenen Person<br />
vor der Kamera. Alle hier versammelten<br />
Emigranten eint die tiefe humanistische<br />
Idee von Freiheit und Gerechtigkeit.<br />
So stecken in Moses’ Einzelporträts<br />
verdichtete deutsche Kulturgeschichte;<br />
sie erzählen mehr über die Dargestellten,<br />
als dies üblicherweise in der Bildnisphotographie<br />
der Fall ist.<br />
© stefan moses, »Meret Oppenheim in ihrem<br />
Berner Studio«, 1982<br />
Die Aufnahmen berichten von Verlust<br />
und Sehnsucht, starken Emotionen,<br />
denen der Photograph wiederum mit<br />
subtilem Humor und Einfühlungsvermögen<br />
begegnet. Stefan Moses gehört<br />
mit seinem photographischen Werk zu<br />
den genauen Beobachtern und großen<br />
Geschichtenerzählern in unserem Lande<br />
und steht inzwischen gleichberechtigt<br />
neben den bedeutenden großen Alten,<br />
denen er nicht nur im deutschen Wald<br />
ein beeindruckendes visuelles Denkmal<br />
geschaffen hat.<br />
Matthias Harder<br />
25
Galerien<br />
Michael Ruetz<br />
»THE FAMILY OF DOG«<br />
Der programmatische Titel »THE FAMILY<br />
OF DOG« - ist eine Art von Inhaltsangabe.<br />
Er ist neben seinem Charakter als<br />
Anspielung auch ein Programm. Als<br />
solches könnte der Titel in der Tat THE<br />
FAMILY OF MAN lauten. Denn in keinem der<br />
Bilder ist der Mensch nicht auch präsent,<br />
sei er auch selber nicht zu sehen. Aus<br />
dem Gefüge keines dieser Bilder kann<br />
man ihn extrapolieren. Der Hund als<br />
solcher und an-und-für-sich: er existiert<br />
nicht. Der Hund ist Teil der menschlichen<br />
Gesellschaft. Edward Steichen<br />
konnte den Titel seiner Ausstellung von<br />
1955 nicht changieren lassen wie ich<br />
meinen Ausstellungstitel. Doch es gibt<br />
Gemeinsamkeiten: beide Zyklen und<br />
Ausstellungen zeigen die verschiedenen<br />
Möglichkeiten der Existenz, in Steichens<br />
Ausstellung der menschlichen, in<br />
meinem Buch der hündischen Existenz.<br />
Steichen hatte so etwas wie die Comédie<br />
Humaine im Sinne - nicht à la française,<br />
sondern aus der Sicht des siegreichen<br />
und aktiv an der Kriegführung<br />
beteiligten Amerikaners. Innerhin war<br />
Steichen imPazifik-Krieg Colonel gewesen,<br />
Oberst der Marine.<br />
Wie auch immer: dass der Hund nicht<br />
ohne einen und am besten seinen Menschen<br />
auskommen kann und will: das<br />
scheint festzustehen und beinahe sein<br />
Wesen zu auszumachen. Dass der<br />
Mensch gut ohne Hund auskommen<br />
kann, scheint ebenso zu gelten. Mit<br />
der Ausnahme, dass, wer einmal Hunde<br />
hatte, sich im oft allzu hohem Maß an<br />
sie gewöhnt und auf die einlässt, sie<br />
weiter gerne um sich haben will.<br />
Michael Ruetz<br />
26 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Michael Ruetz, »12. Februar 1973, Santiago de Chile«<br />
© Michael Ruetz, »Wahrscheinlich guckt<br />
wieder kein Schwein«, ca. 1998<br />
Eröffnung<br />
30. Mai <strong>2012</strong>, 19 – 21 Uhr<br />
31. Mai bis 18. August <strong>2012</strong><br />
Johanna Breede<br />
PHOTOKUNST<br />
Fasanenstraße 69<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />
Sa 11 – 16 Uhr
Jonnek Jonneksson<br />
»Reportagefotografie«<br />
Jonneksson ist ein griechischer Fotograf<br />
(geb. 1972), der seine berufliche Laufbahn<br />
auf diesem Gebiet 2005 begann.<br />
Er arbeitet u.a. in der griechischen<br />
Hauptstadt Athen als Fotoreporter für<br />
die bekannte Zeitschrift »Epsilon«, die<br />
sich sozialen und politischen Themen<br />
widmet.<br />
Soziale Themen, verbunden mit den<br />
menschlichen Lebensbedingungen,<br />
gehören zu Jonnekssons zentralen<br />
Interessen. Auch sucht er zu enthüllen,<br />
was hinter dem Schleier des alltäglichen<br />
Lebens und seiner Bedingungen<br />
existiert und dass diese verantwortlich<br />
sind für die signifikanten Veränderungen<br />
und den Fortschritt der globalen<br />
Gesellschaft. Also richtet er sein Augenmerk<br />
auf die Menschen und ihre Abhängigkeiten<br />
von ihrer Umwelt. Ebenso<br />
weist er auf die Probleme hin, dass der<br />
Zustand von Mensch und Umwelt ein<br />
Resultat des gegenwärtigen inhumanen<br />
Mechanismus ist, den die verschiedenen<br />
Regierungen und Staaten entwickeln<br />
und anwenden.<br />
Seine Arbeiten wurden in zahlreichen<br />
Zeitschriften, Zeitungen und Spezialeditionen<br />
in Europa veröffentlicht. Er<br />
beteiligte sich an verschiedenen Gruppenausstellungen<br />
in Griechenland und<br />
Deutschland, und ein Teil seines Werks<br />
wird von der You-and-Art gallery in<br />
Zürich vertreten.<br />
2008 wurde seine Arbeit über AIDS/HIV<br />
in Südafrika für den Preis der »UNICEF-<br />
Fotografie des Jahres« (UNICEF Photo of<br />
the Year Award) nominiert.<br />
2009 nutzte die Band »Modern-e-Quartet«<br />
seine Fotos für Cover und Booklet<br />
ihrer neuen LP mit dem Titel »Voluntary<br />
Electrocution« und die Griechische<br />
Nationaloper veröffentlichte eine<br />
Bildungsausgabe, die mit den Fotografien<br />
seiner Serie »Hinter den Kulissen«<br />
illustriert wurde.<br />
2010 verwendete die britische Rockband<br />
»Renegade« sein Foto für ihr<br />
Album »Griechenland« auf dem Cover<br />
© Jonnek Jonneksson<br />
ihrer neuen LP mit dem Titel »Watch<br />
this Fire Spread«.<br />
2010 war er auch einer von acht Finalisten<br />
für den Preis des Cedefop Photomuseum<br />
mit seiner Arbeit über die Hafen-<br />
Werft von Cape Town (Kapstadt).<br />
2011 war er mit zwei anderen Fotografen<br />
an der Schaffung des zukunftweisenden<br />
Buches für die Google-Gesellschaft<br />
»Think Quarterly« beteiligt.<br />
Jonnek Jonneksson lebt meist in Berlin<br />
und ist freiberuflich tätig.<br />
Ausstellungen:<br />
2007 – Einzelausstellung im Zentraltheater<br />
der Griechischen Nationaloper<br />
mit seiner Serie »Hinter den Kulissen«<br />
über verschiedene Ballette, Opern und<br />
Experimentalbühnen in Athen, Griechenland<br />
2010 – Gruppenausstellung »Wer<br />
wir sind« in der Lichtraum Galerie<br />
(Lightroom Gallery), Athen, Griechenland<br />
2010 – Einzelausstellung »Kantinen<br />
von Griechenland« zum Photo Festival<br />
Athen, Griechenland<br />
2010 – Einzelausstellung www.berlin.<br />
com zum Photo Festival Thessaloniki,<br />
Griechenland<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
2010 – Einzelausstellung »Griechenland<br />
Stadt & Land«, Bohnsdorfer Kulturküche,<br />
Berlin, Deutschland<br />
2010 - Einzelausstellung www.berlin.<br />
com in der Galeria Fotografii B&B,<br />
Krakow, Polen<br />
2011 – Gruppenausstellung »Contemporary<br />
Myths« für die Photobiennale in<br />
Sofia, Bulgarien<br />
Vernissage:<br />
12. April <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />
13. April bis 18. Mai <strong>2012</strong><br />
Fotogalerie Friedrichshain<br />
Helsingforser Platz 1<br />
10243 Berlin-Friedrichshain<br />
Di, Mi, Fr, Sa 13 – 18 Uhr<br />
Do 10 – 18 Uhr<br />
27
Galerien<br />
Punctum<br />
Abschlussausstellung<br />
Ostkreuzschule<br />
für Fotografie und<br />
Gestaltung<br />
Seminar Linn Schröder<br />
Jan Bechberger, Evelyn<br />
Groschopfer, Johanna Henning,<br />
Judith Horn, Diana Juneck,<br />
Irina Kholodna, Constanze<br />
Kratzsch, Birgit Nix, Daniela<br />
Schorn, Elisabeth Wirth<br />
punctum –<br />
genauso ambitioniert ist der Ausstellungstitel<br />
der Seminargruppe von Linn<br />
Schröder. Ein Jahr lang haben sich die<br />
10 Jungfotografen monatlich in den<br />
Räumen der Ostkreuzschule getroffen,<br />
Neues gezeigt und diskutiert, Altes verworfen<br />
und Fotografien zusammengestellt.<br />
punctum –<br />
ein anspringendes Detail. Es durchkreuzt<br />
das Studium, das beflissene,<br />
interessierte Betrachten. Es sticht, irritiert,<br />
bewegt. Fotos, mit einer Qualität,<br />
wie Roland Barthes sie in seiner ‚hellen<br />
Kammer’ beschreibt, werden zum künstlerischen<br />
Anspruch erhoben.<br />
punctum –<br />
die Zutat, die der Betrachter dem Foto<br />
hinzufügt und die dennoch schon da<br />
ist. Im Laufe dieses Jahres hat jeder sein<br />
fotografisches Projekt entwickelt und<br />
erarbeitet. Abstraktes trifft auf Figuratives<br />
- thematisch bleibt die Linse mal nah<br />
am Objekt, mal sucht sie ihren Referenzpunkt<br />
weiter weg.<br />
28 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Birgit Nix<br />
© Constanze Kratzsch © Elisabeth Wirth<br />
© Daniela Schorn<br />
punctum –<br />
es erzeugt innere Unruhe und ist doch<br />
kaum benennbar. Man kommt ihm nur<br />
mit einer gewissen Latenz auf die Spur.<br />
punctum und Studium sind Begriffe<br />
aus der Fototheorie von Roland Barthes,<br />
nachzulesen in »Die helle Kammer«.<br />
Elisabeth Wirth<br />
© Evelyn Groschopfer
© Johanna Henning<br />
© Diana Juneck<br />
© Judith Horn<br />
© Jan Bechberger<br />
© Irina Kholodna<br />
Eröffnung:<br />
21. April <strong>2012</strong>, 20 Uhr<br />
21. April bis 18. Mai <strong>2012</strong><br />
ORi<br />
Friedelstraße 8<br />
12047 Berlin-Neukölln<br />
Mi – So ab 20 Uhr<br />
www.ori-berlin.de<br />
030 817 048 05<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
29
Galerien<br />
Benita Suchodrev<br />
»Woman In Heat«<br />
Über reife Frauen existieren in der westlichen<br />
Gesellschaft nach wie vor stereotype<br />
Bilder. Deren Spektrum ist<br />
zweifellos in den letzten Jahrzehnten<br />
breiter geworden und beschränkt sich<br />
nicht mehr nur auf die Rollenvorstellung<br />
von Mutter, Haus- und Ehefrau. Frauen<br />
über 40 sind selbstbewusst und attraktiv<br />
geworden, rücken zunehmend in Führungspositionen,<br />
besetzen Felder, die<br />
bislang als typisch ‚männlich‘ galten.<br />
Doch nach wie vor müssen sich besonders<br />
Frauen mit den Fragen des ‚Reifens‘<br />
und Alterns auseinandersetzen.<br />
Sie werden am intensivsten mit Bildern<br />
konfrontiert, die die weibliche Identität<br />
in der privaten und öffentlichen Wahrnehmung<br />
verzerren und die reife, alleinstehende,<br />
kinderlose und »glanzlose«<br />
Frau am äußersten Rand der Gesellschaft<br />
platzieren.<br />
Wie sieht das Selbstbild einer reifen<br />
Frau über 40 heute aus? Dieser Frage<br />
stellt sich die amerikanische Fotografin<br />
Benita Suchodrev in den gezeigten<br />
Schwarzweiß- und Farbfotografien. In<br />
Russland geboren, emigrierte sie mit<br />
15 Jahren in die USA. Dort studierte sie<br />
Freie Kunst und schloß das Studium mit<br />
Auszeichnung ab. Seit 2008 lebt Benita<br />
Suchodrev in Berlin und verfolgt seit<br />
circa 2 Jahren das Fotoprojekt »Woman<br />
in Heat«.<br />
In ihren eindrucksvollen Porträts lässt<br />
Benita Suchodrev Frauen selbst zu »Wort<br />
kommen«. Sie fotografiert die Frau so,<br />
wie sie sich sieht oder wie sie gesehen<br />
werden möchte: mit Kleidung, Make-<br />
Up, Accessoires und Attributen, die die<br />
Frau selbst bestimmt. Auf Körpersprache<br />
und Stimmungen nimmt die Fotografin<br />
nur wenig Einfluss. Ergänzt werden die<br />
Porträts durch persönliche Statements;<br />
knappe Äußerungen, die viel über die<br />
mentale und emotionale Lebenswelt der<br />
Frau zu erkennen geben.<br />
»Altern gilt in unserer jugenddominierten<br />
Gesellschaft als Krankheit, die in den<br />
Praxen der plastischen Chirurgie unter<br />
den Teppich gekehrt oder andernorts in<br />
die psychiatrische Schublade gesteckt<br />
wird«, erklärt Benita Suchodrev. »In<br />
meinen Fotografien möchte ich die Frau<br />
30 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Benita Suchodrev, »Sonja«, 2011<br />
(Original in Farbe)<br />
nicht als Objekt sondern als Subjekt<br />
auch ihrer Sexualität zeigen. Woman<br />
in Heat unternimmt eine ästhetisch<br />
anspruchsvolle und zugleich wirklichkeitsgetreue<br />
Herangehensweise an ein<br />
Thema, das von der Mainstream Kultur<br />
weitgehend vernachlässigt wird«.<br />
www.benitasuchodrev.com<br />
mail@benitasuchodrev.com<br />
www.womaninheat.com<br />
© Benita Suchodrev, »Ilona«, 2011<br />
© Benita Suchodrev, »Rachel«, 2011 © Benita Suchodrev, »Mandie«, 2011<br />
bis 29. April <strong>2012</strong><br />
carpentier galerie<br />
Meinekestraße 13<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Öffnungszeiten nach Vereinbarung<br />
www. carpentier-galerie.de<br />
030 54 84 44 94
Annette Rausch<br />
»Schatzsuche«<br />
rot - eckig - Kinderaugenhöhe -10 Cent<br />
- Drehen - Klappe auf - ...<br />
Kaugummiautomaten - existieren für<br />
viele nur noch in Kindheitserinnerungen.<br />
Im Berliner Alltag werden sie von<br />
uns Erwachsenen in der Regel einfach<br />
übersehen, obwohl sie zu hunderten an<br />
Hauswänden hängen. Fotos von begeisterten<br />
Kindern zeigen, dass Kaugummiautomaten<br />
nicht nur in der Erinnerung,<br />
sondern auch ganz aktuell einen großen<br />
Reiz ausüben. Ein Auszug aus der systematisches<br />
Sammlung von Berliner Kaugummiautomaten<br />
zeigt sowohl deren<br />
vielfältiges Umfeld als auch dessen stetigen<br />
Wandel. Silvester mit seinen für<br />
Kaugummiautomaten gefährlichen Böllern<br />
sorgt dafür, dass für wenige Wochen<br />
statt voller leere Automaten das Stadtbild<br />
zieren. Neben Aufnahmen in der<br />
Totalen werden Automaten fotografisch<br />
in ihre Einzelteile zerlegt und bieten<br />
dabei neue und unerwartete Ansichten.<br />
Makroaufnahmen von Flummis, Klitschis<br />
oder Kaugummis entwickeln ein<br />
optisches und farbliches Eigenleben.<br />
Zu sehen sind neun aus je sechs Fotos<br />
bestehende Zusammenstellungen<br />
sowie eine Sammlung zum vermutlich<br />
meist fotografierten Kaugummiautomaten<br />
Berlins mit fremden und eigenen<br />
Abbildungen.<br />
bis 5. Mai <strong>2012</strong><br />
Begine – Kultur für Frauen<br />
Potsdamer Straße 139<br />
10783 Berlin-Schöneberg<br />
für Frauen: Mo – Fr ab 17 Uhr<br />
Sa ab 19 Uhr<br />
private Sonderöffnung auch für<br />
Männer: 22. April, 14 – 17 Uhr<br />
© Annette Rausch<br />
© Annette Rausch<br />
© Annette Rausch © Annette Rausch<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
31
Galerien<br />
Mathias Richter<br />
»TREIBHOLZ«<br />
Auf meinen Reisen fasziniert mich<br />
immer wieder der Anblick weißen,<br />
glatten, gestrandeten Holzes. Das aus<br />
fernen grünen Wäldern stammende,<br />
nach einer langen Reise durch die Weite<br />
des Ozeans an Land geworfene, vom<br />
Salzwasser gebleichte, von der Brandung<br />
geschliffene hölzerne Strandgut<br />
bezeichnen die Isländer wegen seiner<br />
Widerstandfähigkeit auch als »Weißes<br />
Gold«. Bereits in der nordischen Schöpfungsgeschichte<br />
soll Odin die ersten<br />
Menschen aus Treibholz geschnitzt<br />
haben.<br />
Ihm wohnt ein erreichtes Ende inne,<br />
wie auch die Möglichkeit eines neuen<br />
Anfangs. Es symbolisiert das reglose Verweilen<br />
vor dem Übergang.<br />
Die Fotografien meiner Ausstellung<br />
haben Vieles gemeinsam mit diesem<br />
entlaubten, kernigen Holz. Auch sie<br />
sind ein Innehalten nach Gewalt und<br />
Zerstörung, nach dem Rauschen von<br />
Zeit und Raum, nach Duft und Klang<br />
und geschmeidiger Zartheit.<br />
Zerfallende Blüten ergeben sich heiter<br />
und offenbaren eine tiefere Schönheit.<br />
Bäume verwandeln sich in Fabelwesen.<br />
Findlinge - Treibgut der Eiszeit - leuchten<br />
in geisterhaftem Licht. In weiten<br />
Landschaften fällt der Himmel auf die<br />
Erde.<br />
Am Schnittpunkt von Kommen und<br />
Gehen wecken die Fotografien Erlebtes<br />
in uns und deuten hinter die Dinge.<br />
Die ständige Bewegung und Veränderung<br />
hat in der Sprache der Bilder einen<br />
Ort der Ruhe gefunden. Hier trifft sich<br />
das Entstandene und Noch-Nicht-Vorhandene.<br />
Alle Fotografien sind mit analogen<br />
Kameras aufgenommen und im Labor<br />
von mir vergrößert.<br />
32 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Mathias Richter<br />
© Mathias Richter<br />
Mathias Richter<br />
1956 geboren in Potsdam - Babelsberg<br />
Ausbildung an der Palucca Schule Dresden<br />
zum Bühnentänzer<br />
Engagements in Neustrelitz, Weimar<br />
und Berlin<br />
Erste Veröffentlichungen Bühnen- und<br />
Theaterfotografie<br />
Reisen durch Europa, Asien, Lateinamerika<br />
und Afrika<br />
Seit 1996 regelmäßige Reisen durch<br />
Island<br />
1990 - 97 Tätigkeit als Kulturpädagoge<br />
/ Bereichsleiter Fotografie<br />
Assistenz bei Digne M. Markowicz<br />
1997 Gründung der Galerie imago fotokunst<br />
Tätigkeit als Fotograf und Galerist<br />
Leitung von Fotokursen und Seminaren<br />
lebt in Berlin und Brandenburg<br />
Mathias Richter wird im nächsten<br />
Halbjahr verschiedene Workshops bei<br />
imago leiten (u.a. Labor, Aufnahmetechnik,<br />
Porträt, Blitz-Lichtkurs).<br />
www.imago-fotokunst.de<br />
© Mathias Richter<br />
bis 26. Mai <strong>2012</strong><br />
imago fotokunst<br />
Linienstraße 145<br />
10115 Berlin-Mitte<br />
Di – Fr 12 – 19 Uhr<br />
Sa 14 – 18 Uhr
© Mathias Richter<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
33
Galerien<br />
© Mathias Richter<br />
34 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
© Mathias Richter<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
35
Galerien<br />
© Mathias Richter<br />
© Mathias Richter<br />
36 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
© Mathias Richter<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
37
Galerien<br />
Die Metamorphose<br />
Japans nach dem<br />
Krieg.<br />
Fotografie 1945-1964<br />
Fotografie spielte in den Jahren nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg in Japan eine<br />
wichtige Rolle bei der Herausbildung<br />
einer neuen nationalen Identität. Vom<br />
Schock des Atombombenabwurfs bis<br />
hin zur Neupräsentation des Landes<br />
bei den Olympischen Spielen in Tokio<br />
im Jahr 1964 wurde die Geburt der<br />
neuen japanischen Nation von bedeutenden<br />
Fotografen begleitet. Mit 123<br />
Fotografien sowie Büchern, Zeitschriften<br />
und Ausstellungskatalogen werden die<br />
Arbeiten von elf führenden Vertretern<br />
einer damals jungen Fotografen-<br />
Generation vorgestellt.<br />
Da Ausstellungen zur japanischen<br />
Fotografie in Europa selten sind, eröffnet<br />
diese Schau einen Blick in eine bislang<br />
wenig bekannte Fotografiekultur, die erst<br />
in ihrer zeitgenössischen Ausprägung<br />
breiter rezipiert wurde. Die Ausstellung<br />
bildet zudem den Auftakt für weitere<br />
Projekte im Museum für Fotografie: 2014<br />
Helmut Schilke<br />
»Menschen in Indien«<br />
Helmut Schilke, Indienreisender aus<br />
Passion, zeigt Porträts, die die bunte,<br />
heitere Gelassenheit indischer Gesichter<br />
ausstrahlen - das Ergebnis vom glücklichen<br />
Zusammentreffen von Menschen<br />
zweier verschiedener Welten und Kulturen.<br />
Er hat über drei Jahre seines Lebens in<br />
Indien verbracht und dabei die Liebe zur<br />
Fotografie entdeckt. Sein »Markenzeichen«<br />
ist die große Nähe zu den Menschen,<br />
die er im Bild festhält und uns<br />
näher bringt.<br />
38 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Ken Domon Children looking at a picture-card<br />
show / Kinder sehen sich ein Papiertheater<br />
an Tokyo 1953 © Ken Domon Museum of<br />
Photography<br />
ist eine Präsentation der japanischen<br />
Fotografie des 19. Jahrhunderts aus den<br />
Beständen der Staatlichen Museen zu<br />
Berlin geplant.<br />
Eine Ausstellung der Japan Foundation<br />
in Kooperation mit der Kunstbibliothek<br />
- Staatliche Museen zu Berlin.<br />
© Helmut Schilke<br />
Takeyoshi Tanuma Dancers resting on the<br />
rooftop of the SKD Theatre / Tänzerinnen auf<br />
dem Dach des SKD-Theaters. Asakusa, Tokyo<br />
1949 © Takeyoshi Tanuma<br />
bis 17. Juni <strong>2012</strong><br />
Museum für Fotografie<br />
Jebensstraße 2<br />
10623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – So 10 – 18 Uhr<br />
Do 10 – 22 Uhr<br />
bis 21. April <strong>2012</strong><br />
Helene-Nathan-Bibliothek<br />
in den Neukölln Arcaden<br />
Karl-Marx-Straße 66<br />
12043 Berlin-Neukölln<br />
Mo – Fr 12 – 20 Uhr<br />
Sa 10 – 13 Uhr
Nina von Kozierowski<br />
»Kutterfischer«<br />
Fasziniert von dem Meer und den Menschen,<br />
deren Leben mit dem Meer verbunden<br />
ist, geht die junge Fotografin<br />
Nina von Kozierowski im Sommer 2011<br />
an Bord eines Krabbenkutters, um die<br />
Fischer bei ihrer Arbeit auf der unendlich<br />
weiten See zu fotografieren.<br />
Situativ fotografiert sie die harte Arbeit<br />
der Männer und fängt zudem Augenblicke<br />
ein, die deutlich machen, warum<br />
diese die Anstrengungen auf dem Meer<br />
auf sich nehmen.<br />
Die Fotografin zeigt mit ihren Bildern<br />
auf stimmungsvolle Weise die abenteuerlich<br />
und schweißtreibende Arbeit<br />
auf dem Meer aber auch Momente der<br />
Ruhe und Verbundenheit.<br />
Ihre scheinbar zeitlosen Schwarzweiß-<br />
Fotografien erzählen von Menschen,<br />
gegerbt von Wind, Wetter und Seeluft<br />
sowie von unergründlicher Liebe zum<br />
Meer.<br />
© Nina von Kozierowski<br />
© Nina von Kozierowski<br />
© Nina von Kozierowski<br />
Vernissage:<br />
20. April <strong>2012</strong> um 19 Uhr<br />
21. April bis 2. Juni <strong>2012</strong><br />
Luxad<br />
Mommsenstraße 42<br />
10629 Berlin-Charlottenburg<br />
Mo – Fr 10 – 19 Uhr<br />
Sa 12 – 18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
39
Galerien<br />
Roland Biczysko<br />
Jacqueline Hirscher<br />
Kathrin Holighaus<br />
Benedikt Lauer<br />
Claudia Levetzow<br />
Paula Janka Meisel<br />
»RandBemerkungen«<br />
Seminar der Ostkreuzschule<br />
für Fotografie bei Katharina<br />
Mouratidi<br />
Es sind Geschichten über Menschen.<br />
Individuelle Lebenswege, persönliche<br />
Einstellungen, menschliche Schicksale.<br />
Und es sind Geschichten von Landstrichen,<br />
die von Menschenhand geprägt<br />
werden. Sie alle stehen unter dem speziellen<br />
Blickwinkel des einzelnen Fotografen.<br />
Einblicke, die Ausschnitte gesellschaftlichen<br />
Lebens zeigen. Einblicke,<br />
die nicht nur einen Blick, sondern mehrere<br />
Blicke zulassen und fordern.<br />
Ein Jahr lang arbeiten sechs Fotografinnen<br />
und Fotografen an ihren freien Projektideen,<br />
die sich alle im übergeordneten<br />
sozialen, politischen oder gesellschaftlichen<br />
Themengebiet vereinen.<br />
Sie diskutieren ihre Entwürfe, verwerfen,<br />
verändern, erneuern und bearbeiten<br />
sie. Im Seminar der Ostkreuzschule<br />
für Fotografie entwickeln sie unter der<br />
Leitung von Katharina Mouratidi ein<br />
eigenes Konzept, setzten es fotografisch<br />
um und präsentieren ihre Ergebnisse<br />
unter dem Titel »RandBemerkungen«<br />
vom 13. April – 6. Mai <strong>2012</strong> in<br />
der aff-Galerie.<br />
Roland Biczysko zeigt ausdruckstarke<br />
Portraits von Menschen, die eine<br />
Entscheidung getroffen haben, ihr Leben<br />
radikal zu ändern. Mit »X Days Clean -<br />
Wir haben überlebt« stellt er ehemalige<br />
Drogenabhängige vor, die 20 Jahre nach<br />
der Auflösung von Europas größter<br />
offenen Drogenszene im Frankfurter<br />
Bankenviertel zurück an die alten Plätze<br />
40 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Benedikt Lauer<br />
ihrer Sucht gehen. Dabei entstehen<br />
Momentaufnahmen einer Konfrontation<br />
mit den Dämonen der Vergangenheit<br />
und zeigen die Porträtierten auf dem<br />
Weg in die Normalität und zu sich<br />
selbst. Kontrastiert werden die Portraits<br />
mit Originalaufnahmen der Frankfurter<br />
Drogenszene (Entstehung 1991/1992,<br />
Polizeiarchiv Ffm).<br />
Benjamin ist 11 Jahre alt als der Krebs<br />
diagnostiziert wird. Acht Wochen später<br />
ist sein Unterschenkel amputiert. Er sei<br />
nicht mehr krank, sagt er heute.<br />
Rückblick. Eines Abends im Schullandheim<br />
steht Duschen auf dem Programm.<br />
Die Mädchen warten plappernd vor der<br />
Tür bis die Jungs rauskommen. Mitten<br />
drin ist Benjamin. Er geht an Krücken und<br />
hat einzig die Sorge, dass sein Handtuch<br />
verrutschen könnte. Sein Freund Christopher<br />
folgt ihm, denkt nicht an seine<br />
Blöße sondern stolziert mit geschwellter<br />
Brust, seine Trophäe im Arm, wie einen<br />
Schatz haltend. Er weiß um die bewundernden<br />
Blicke der Mädchen, denn<br />
nicht jeder darf Bennies neues Bein<br />
tragen. Jacqueline Hirscher begleitet<br />
ihn seit drei Jahren auf seinem Weg und<br />
zeigt in »es ist was es ist« Ausschnitte<br />
aus seinem Leben, das trotz Behinderung<br />
nicht normaler sein könnte.<br />
In ihrer Serie »Zwischenland« dokumentiert<br />
Kathrin Holighaus die Umwandlung<br />
ostdeutscher Tagebaugebiete zu touris-<br />
© Kathrin Holighaus<br />
tisch attraktiven künstlichen Gewässerlandschaften.<br />
In der größten Landschaftsbaustelle<br />
Europas untersucht sie<br />
die Diskrepanz zwischen Vision und<br />
Wirklichkeit und zeigt teils befremdliche<br />
Ausschnitte einer Welt, die es nur<br />
vorübergehend gibt.<br />
»Meu lugar. Hier ist mein Ort.« Mit<br />
diesen Worten wird Benedikt Lauer<br />
von zehn Brasilianern, fünf Frauen<br />
und fünf Männern fünf verschiedener<br />
Altersstufen an Orte geführt, an denen
© Claudia Levetzow<br />
© Jacqueline Hirscher<br />
sie sich besonders wohl fühlen. Zehn<br />
Menschen, die nicht stellvertretend und<br />
doch beispielhaft von guten Momenten<br />
im Leben von Bewohnern einer Favela<br />
São Paulos erzählen. Mit drei Bildern je<br />
Person wird die Serie durch passende<br />
Kurztexte ergänzt, die den Betrachter<br />
in eine völlig andere Welt eintauchen<br />
lässt.<br />
»Occupy« ist zu einer globalen Bewegung<br />
geworden, bei der überall auf der<br />
Welt Menschen auf die Straßen gehen,<br />
um auf soziale, wirtschaftliche und<br />
politische Missstände aufmerksam zu<br />
machen. Claudia Levetzow begleitet<br />
diese Bewegung seit dem 15.10.2011 in<br />
Berlin und dokumentiert ihre Entwicklung.<br />
Zuvor finden sich durch den Arabischen<br />
Frühling inspirierte Menschen in<br />
verschiedenen Ländern auf öffentlichen<br />
Plätzen zusammen, wie z.B. die »Indignados«<br />
(Empörte) in Spanien seit dem<br />
15. Mai 2011. Als dann am 17. September<br />
2011 etwa eintausend Demonstranten<br />
die Wall Street in New York besetzen<br />
und im Zuccotti Park Zelte aufstellen,<br />
um in der Stadt mit einem lang anhaltenden<br />
und sichtbaren Protest gegen das<br />
bestehende Bankensystem zu demonstrieren,<br />
erhält die Bewegung weltweite<br />
Aufmerksamkeit in den Medien. Die<br />
Anliegen der Aktivisten sind so vielfältig<br />
und unterschiedlich wie sie selbst. Was<br />
jedoch alle eint, ist vor allem eines: Der<br />
Traum von einer gerechteren und besseren<br />
Welt.<br />
»Zwischen jetzt und vorhin« - die Reportage<br />
von Paula Janka Meisel entführt<br />
mit poetischen Bildern in eine fremde<br />
Welt. Ihre Hauptfiguren, die eigenen<br />
Großeltern, leben keine 20 Kilometer<br />
von Budapest entfernt, einer Metropole,<br />
deren Zeitgeist mit der westlichen<br />
Welt einhergeht. Seit dem Eintritt in die<br />
EU 2004 werden die Unterschiede kleiner,<br />
verschwinden. Tatsächlich sind sie<br />
selten dort, eigentlich so gut wie nie.<br />
© Paula Janka Meisel<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Der gefühlte Abstand von Biatorbágy<br />
zur Hauptstadt ist so groß, dass er unüberbrückbar<br />
scheint. Die Bühne ihres<br />
Lebens ist der Hof, ein Haus, das sie mit<br />
eigener Hand vor über 55 Jahren gebaut<br />
haben, einem Hühner- und Hasenstall<br />
und einem Garten drei Grundstücke<br />
groß. Bis vor kurzem hatten sie noch<br />
Schweine, für deren Versorgung und<br />
Schlachtung ihre Kraft nicht mehr ausreicht.<br />
Seitdem kaufen sie freitags bei<br />
einem deutschen Discounter im Ort,<br />
dessen Fleischangebot günstiger ist als<br />
die eigene Tierhaltung. Die Arbeit und<br />
den Hof ruhen zu lassen könnten sie<br />
sich aber nicht leisten. Finanziell nicht.<br />
Prinzipiell nicht. Und deswegen geht es<br />
weiter - so wie ein Tag auf den anderen<br />
folgt.<br />
Vernissage: 13. April <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />
14. April bis 6. Mai <strong>2012</strong><br />
aff Galerie<br />
Kochhannstraße 14<br />
10249 Berlin-Friedrichshain<br />
Sa + So 14 – 17 Uhr<br />
www.aff-berlin.com<br />
41
Galerien<br />
Fotoclub Tele Freisen<br />
Der »Fotoclub Tele Freisen« präsentiert<br />
im Jahr seines 40jährigen Vereinsjubiläums<br />
vom 27. Juni bis 13. Juli <strong>2012</strong><br />
in der »Saarländischen Vertretung beim<br />
Bund« in Berlin in einer repräsentativen,<br />
themenfreien Fotoausstellung 65<br />
Werke von 40 Autoren. Zusätzlich<br />
werden auch im Cafe Behring, in der<br />
Behringstraße 6, in Berlin-Baumschulenweg,<br />
15 Fotos ausgestellt mit dem<br />
Thema »Bewegungen«.<br />
Portrait-, Akt-, Makro-, Architektur-,<br />
Natur- und Landschaftsfotos prägen<br />
ebenso das Motivspektrum der Ausstellung,<br />
wie Street- und Szenefotos oder<br />
künstlerische Experimente. Der geneigte<br />
Betrachter findet so eine Bandbreite des<br />
Schaffens der Fotografen des »Fotoclubs<br />
Tele Freisen«, des aktuell amtierenden<br />
Deutschen Fotomeisters in der Clubwertung.<br />
Die deutsche Vizemeisterschaft in<br />
der Einzelwertung rundet dieses erfolgreiche<br />
Gesamtbild ab.<br />
Der »Fotoclub Tele Freisen« e.V. wurde<br />
1972 von den drei Hobbyfotografen<br />
Franz Rudolf Klos, Franz Josef Bonenberger<br />
und Michael Werle gegründet<br />
und hat heute über 200 Mitglieder.<br />
Auch führt der Fotoclub erfolgreich eine<br />
Jugendgruppe. Mit zahlreichen Erfolgen<br />
hat sie sich in der Wettbewerbsszene<br />
einen guten Namen verschafft hat.<br />
© Wilfried Houy, »Vor dem Monsum«<br />
Die Mitglieder des Clubs nehmen schon<br />
seit vielen Jahren regelmäßig mit großem<br />
Erfolg an internen, regionalen, überregionalen,<br />
nationalen und internationalen<br />
Fotowettbewerben teil.<br />
Ganz besonders stolz ist der Fotoclub<br />
auf die Veröffentlichung eines Fotobuches<br />
in Zusammenarbeit mit der Kreissparkasse<br />
St. Wendel zum 150jährigen<br />
Jubiläum der Sparkasse in 2009. Der<br />
42 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Wolfgang Ballof, »Versteinert«<br />
© Detlef Rimkus, »Das Glas ist ja leer«<br />
Bildband - »Anders sehen«, künstlerische<br />
Fotografie im St. Wendeler Land<br />
- zeigt Ansichten, ungewöhnliche Per-<br />
spektiven, ruhige Landschaftsaufnahmen<br />
und künstlerische Impressionen<br />
aus dem Landkreis St. Wendel.<br />
Der Fotoclub pflegt schon seit vielen<br />
Jahren rege Kontakte auch zu ausländischen<br />
Fotoclubs. So feierten die Fotofreunde<br />
im Jahre 2007 das 25jährige<br />
Partnerjubiläum mit dem Photoclub<br />
de Mutzig, Frankreich. Jährlich finden<br />
gegenseitige Treffen, Ausstellungen und<br />
eine gemeinsame Clubfahrt statt.<br />
Seit Jahren bestehen auch sehr gute Verbindungen<br />
zu dem Fotoclub aus Fingal<br />
County, Nähe Dublin in Irland. Gegenseitige<br />
Ausstellungen in Irland und in
© Franz Rudolf Klos<br />
St. Wendel fundamentieren die guten<br />
Beziehungen. Herauszuheben ist die<br />
große Fotoausstellung 2006 »Menschen<br />
der Kreisstadt St. Wendel« im Schloß<br />
Ardgillan, Nähe Dublin mit aufgezogenen<br />
Großformatfotos. Der deutsche<br />
Botschafter in Dublin und die Landrätin<br />
der Region eröffneten diese Ausstellung<br />
vor großem Publikum in den beeindruckenden<br />
Räumlichkeiten dieses Schlosses<br />
aus dem 18. Jahrhundert.<br />
Mittlerweile ist das Spektrum der jährlichen<br />
Aktivitäten und Aktionen des<br />
© Peter Jung, »jeunne femme«<br />
Clubs gewaltig angewachsen. Diese<br />
Aktivitäten gilt es immer wieder in das<br />
© Christina Andres, »Spuren«<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
© Franz Rudolf Klos, »Spiel mit dem Licht«<br />
© Erich Klein, »Cesntre Pompidou«<br />
Jahresprogramm mit allen gesellschaftlichen,<br />
kulturellen und vereinsinternen<br />
Verpflichtungen einzubinden, ohne die<br />
Mitglieder zu überfordern.<br />
27. Juni bis 13. Juli <strong>2012</strong><br />
Die Vertretung des Saarlandes<br />
beim Bund<br />
In den Ministergärten 4<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
43
Galerien<br />
Guy Batey<br />
Jochen Hartmann<br />
Marie Galinsky<br />
»Holga Visionen«<br />
Im Mai <strong>2012</strong> eröffnet die aff Galerie in<br />
Fortführung ihrer Tradition eine neue<br />
Holga Gruppenausstellung. Die »Holga<br />
Visionen« Reihe ist ein fester Bestandteil<br />
des Programms der Galerie. In der<br />
neuen Ausstellung der in Berlin lebenden<br />
Künstler kommen die unterschiedlichen<br />
Ausdrucksmöglichkeiten der<br />
Kamera besonders gut zur Geltung.<br />
Die Holga Kamera wurde in den achtziger<br />
Jahren als »Volkskamera« in China<br />
entwickelt. Sie besteht fast ausschließlich<br />
aus Kunststoff, besitzt nahezu keine<br />
Einstellungsmöglichkeiten und verwendet<br />
das zu dieser Zeit in China weit verbreitete<br />
Mittelformat. Damals wegen<br />
ihrer Einfachheit belächelt, wird sie<br />
nun - gut zwanzig Jahre später - mehr<br />
und mehr von künstlerisch arbeitenden<br />
Fotografen entdeckt.<br />
© Guy Batey<br />
Als Guy Batey aus London nach Berlin<br />
kam, sah er die Stadt zuerst durch das<br />
Auge der Holga. So begann er Bilder zu<br />
entdecken, die ihn zurück in die Zeit<br />
der magischen Geschichten und Figuren<br />
seiner Kindheit versetzten. »Ein Märchen<br />
über Berlin« zeigt eine Serie von<br />
Archetypen und Symbolen. Sie sind<br />
Urbilder von Vorstellungswelten, die<br />
der Künstler zum ersten Mal als Kind<br />
bewohnte und die er in Büchern ken-<br />
44 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
nenlernte. Jetzt sind sie immer noch für<br />
ihn sichtbar – durch das Objektiv der<br />
Holga. In dieser Ausstellung hängen<br />
die neun Fotografien der Serie in drei<br />
Dreiergruppen. Das macht die Beziehungen<br />
zwischen den einzelnen Bildern<br />
und die möglichen Erzählstränge,<br />
die in den Motiven liegen, im höchsten<br />
Maß deutlich. Wie Illustrationen<br />
für eine ungeschriebene Geschichte<br />
ermutigen Guy Bateys Fotografien die<br />
Betrachter, für sich ganz eigene Märchen<br />
zu schaffen.<br />
© Jochen Hartmann<br />
Die Bilder von Jochen Hartmann sind<br />
weder marktschreierisch farbig, noch<br />
bestechen sie durch fotografische Präzision.<br />
Doch vielleicht gerade deswegen<br />
sprechen sie eine weit deutlichere<br />
Sprache, als es der oft zu bildüberladene<br />
»moderne & zeitgeistorientierte<br />
Foto-Pomp« unserer Tage. Menschenleere<br />
Alleen und Baumhaine, irrende,<br />
nur konturenhaft vorm grauen Himmel<br />
sich abzeichnende Vögel; ein Gefühl<br />
tiefer Einsamkeit und des Verlassenseins<br />
geht von Hartmanns Bildern aus. Aber<br />
kann diese gezeichnete Stimmung nicht<br />
auch Zeichen des inneren Aufbruchs<br />
sein - einem Aufbruch zu Besinnung<br />
und Wesentlichkeit?<br />
Schon lange hatte der Charme der<br />
Dörfer und Felder jenseits der Oder<br />
Marie Galinsky in ihren Bann gezogen.<br />
Für POLONIA wagte sie sich immer<br />
weiter nach Osten vor und ließ sich<br />
durch das ländliche Polen treiben – vom<br />
Zufall, vom Schicksal und ihrer Intuition.<br />
Unvoreingenommen ging sie auf<br />
vollkommen fremde Menschen zu, hielt<br />
Ihnen einen Zettel mit der höflich auf<br />
© Marie Galinsky<br />
polnisch formulierten Frage, sich fotografieren<br />
zu lassen, entgegen und wartete<br />
gespannt auf eine Reaktion. Manche<br />
Menschen äußersten sofort Ablehnung,<br />
einige wurden sogar wütend. Aber<br />
immer wieder begegnete Marie Menschen,<br />
die sich auf den Versuch einließen<br />
und der Kamera einen spontanen<br />
Blick in Ihren Alltag gewährten. Dass<br />
darunter vor allem Ältere waren, liegt<br />
an der Bevölkerungsstruktur auf dem<br />
Land. Doch die Begegnungen waren<br />
auch erstaunlich vielfältig: Unternehmer,<br />
Bauern, Landstreicher. Rentner, die<br />
nur wenige Sekunden ihrer Zeit opfern<br />
wollten, reife Frauen, die sie in lange<br />
Gespräche verwickelten. POLONIA<br />
hält diese Begegnungen fest – Begegnungen,<br />
die neben der Zeit zu liegen<br />
scheinen.<br />
Vernissage: 18. Mai <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />
19. Mai bis 10. Juni <strong>2012</strong><br />
aff Galerie<br />
Kochhannstraße 14<br />
10249 Berlin-Friedrichshain<br />
Sa + So 14 – 17 Uhr<br />
www.aff-berlin.com
WILLIAM<br />
EGGLESTON<br />
»Troubled Waters«<br />
William Eggleston (*1939 in Memphis,<br />
Tennessee) gilt als einer der wichtigsten<br />
US-amerikanischen Fotografen. Er<br />
ist vor allem für seinen revolutionären<br />
Einsatz der Farbe, aber auch für seine<br />
ungewöhnlichen Bildkompositionen<br />
bekannt. Seine erste Einzelausstellung -<br />
es war die erste mit Farbfotografien in der<br />
Museumsgeschichte - richtete ihm 1976<br />
das Museum of Modern Art, New York,<br />
aus. Der bedeutende Kunsthistoriker und<br />
damaliger Direktor der Fotoabteilung<br />
des MoMA John Szarkowski erkannte die<br />
bahnbrechende Bedeutung des Werkes,<br />
handelte sich jedoch mit der Ausstellung<br />
nicht wenige Feindseligkeiten ein - von<br />
Presse und Publikum scharf kritisiert,<br />
wählte sie der New-York-Times-Kritiker<br />
Gene Thornton in einer Revue gar zur<br />
»most hated show of the year«.<br />
William Eggleston polarisierte - noch zu<br />
Anfang der 70er Jahre galt der Einsatz der<br />
Farbe in der künstlerischen Fotografie<br />
als vulgär (vgl. Interview mit Walker<br />
Evans, Image Magazine, Vol. 17., No.4,<br />
1974). Doch nicht allein die Farbigkeit<br />
bot Anstoß, erschwerend hinzu kam<br />
Egglestons befremdliche Inszenierung<br />
des Alltäglichen: Die ungewöhnlichen<br />
Bildkompositionen wurden als<br />
Schnappschüsse gänzlich unwürdiger<br />
Bildmotive missverstanden - »perfectly<br />
banal«, konstatierte der Journalist<br />
Hilton Kramer. Statt sich an einer frontalen<br />
und linearen Komposition zu orientieren<br />
(Walker Evans), interessierte<br />
sich Eggleston, wie viele seiner New<br />
Yorker Kollegen derzeit (Diane Arbus,<br />
Garry Winogrand, Lee Friedländer u.<br />
a.), stärker für den asymmetrischen<br />
Bildaufbau. Eggleston hierarchisiert<br />
die Farbe somit nicht, er dissoziiert<br />
sie. Die Beunruhigung, die von seinen<br />
Bildern ausgeht, ist der Auflösung einer<br />
Bildordnung geschuldet und birgt etwas<br />
Anarchisches in sich: »I am at war with<br />
the obvious« (William Eggleston im<br />
Interview mit Mark Holborn, Nachwort<br />
William Eggleston, »Troubled Waters«, 1972-1973, 15 Dye-transfer-print,<br />
Courtesy Hengesbach Gallery, (Original in Farbe)<br />
William Eggleston, »Troubled Waters«,<br />
1972-1973, 15 Dye-transfer-print,<br />
Courtesy Hengesbach Gallery,<br />
(Original in Farbe)<br />
»The Democratic Forest«). Die psychologisierende<br />
Behandlung der Farbe wurde<br />
wegweisend für das Werk zahlreicher<br />
Künstler, allen voran David Lynch und<br />
Juergen Teller.<br />
Hengesbach Gallery zeigt seine Serie<br />
»Troubled Waters«, die Anfang der 70er<br />
Jahre entstand und exemplarisch für<br />
Eröffnung:<br />
27.April <strong>2012</strong>, 18 – 21 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
Egglestons Auseinandersetzung mit dem<br />
Süden der USA steht. Schon der Titel der<br />
Werkserie rekurriert auf die kulturellen<br />
Wurzeln des Mississippi - die Songtexte<br />
der Blueslegende Muddy Waters wie »I<br />
be´s trouble« oder »Trouble no more«<br />
bringen die Südstaaten-Melancholie<br />
programmatisch zum Ausdruck: Die<br />
Arbeiten der Serie »Troubled Waters«<br />
oder ‚schwere Fahrwasser‘ symbolisieren<br />
ein nicht greifbares und dennoch<br />
virulentes amerikanisches Trauma.<br />
28. April bis 19. Juli <strong>2012</strong><br />
Hengesbach Gallery<br />
Charlottenstraße 1<br />
10969 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Sa 11 – 18 Uhr<br />
45
Galerien<br />
Miriam Tamayo<br />
»Glaube und Heilung.<br />
Heiler und Schamanen<br />
in Berlin«<br />
In der Portraitreihe geht es um die<br />
Arbeit von Heilern und Heilerinnen,<br />
die ihre traditionelle Heilkunde aus<br />
unterschiedlichen Ländern und Kulturen<br />
nach Berlin gebracht haben und hier<br />
im Laufe der Zeit weiterentwickelt und<br />
angepasst haben.<br />
Die Ausstellung findet im Rahmen der<br />
Veranstaltungsreihe »Sibyllenwurz und<br />
Speisedampf - Alternative Heilmethoden<br />
mit Migrationshintergrund« im<br />
Schillerpalais statt.<br />
Es handelt sich um eine Initiative der<br />
Werkstatt Ethnologie Berlin e.V. in<br />
Zusammenarbeit mit der Freien Universität<br />
Berlin.<br />
Miriam Tamayo, Ethnologin und Fotografin,<br />
interessiert sich in ihrer fotografischen<br />
Arbeit vor allem für Themen mit<br />
interkulturellem Ansatz. Die Portraits<br />
entstanden in fotografischer Begleitung<br />
eines Dokumentarfilmprojekts des Ethnologischen<br />
Instituts der FU Berlin.<br />
© Miriam Tamayo, Khloud Zaher-Iraqi aus dem<br />
Libanon, Heilpraktikerin, Energietherapeutin<br />
und NES Anwenderin<br />
© Miriam Tamayo, Eine Zeremonie mit Viviana<br />
Ponce de León<br />
46 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Miriam Tamayo, Murah Soares aus Brasilien, Tänzer und Candomblé-Priester<br />
© Miriam Tamayo, Alexsej Zasuhin aus Sibirien,<br />
Heilpraktiker für Tibetische Medizin und Physiotherapeut<br />
© Miriam Tamayo, Viviana Ponce de León<br />
aus Kolumbien, Künstlerin, Schamanin und<br />
Weltenheilerin<br />
22. April bis 11. Mai <strong>2012</strong><br />
Schillerpalais Berlin e.V.<br />
Kunst- und Aktionsraum<br />
Schillerpromenade 4<br />
12049 Berlin<br />
Montag bis Freitag 10 – 18 Uhr
Helmut Newton<br />
Stiftung<br />
bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />
Helmut Newton<br />
»Polaroids«<br />
Jebensstraße 2<br />
10623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di–So 10–18 Uhr<br />
Do 10–22 Uhr<br />
Café Aroma<br />
Photogalerie<br />
bis 3. Juni <strong>2012</strong><br />
Beta Siebel<br />
»Flüchtige Begegnung«<br />
Hochkirchstraße 8<br />
10829 Berlin-Schöneberg<br />
Mo–Fr 18–24 Uhr<br />
Sa + So 14–24 Uhr<br />
Galerie argus<br />
fotokunst<br />
bis 28. April <strong>2012</strong><br />
RUTGER TEN BROEKE<br />
»KörperLandschaften«<br />
Marienstraße 26<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Do–Sa 14–18 Uhr<br />
Alfred Ehrhadt<br />
Stiftung<br />
bis 29. April <strong>2012</strong><br />
Emanuel Raab<br />
»Winterwald«<br />
Auguststraße 75<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di–So 11–18 Uhr<br />
Do 11–21 Uhr<br />
Rathaus Köpenick<br />
bis 27. April <strong>2012</strong><br />
FOTO KLUB FORUM BERLIN <strong>2012</strong><br />
Alt-Köpenick 21<br />
12555 Berlin-Köpenick<br />
Mo–Fr 8–20 Uhr<br />
Sa + So 9–18 Uhr<br />
Galerie Focontor<br />
11. Mai bis 12. Juli <strong>2012</strong><br />
Ulrich Burchert<br />
»Sorben/Ausschnitt aus einem<br />
Bildessay«<br />
Boxhagener Straße 43<br />
10245 Berlin-Friedrichshain<br />
Mo–Fr 10–19 Uhr<br />
Sa 10–16 Uhr<br />
C/O Berlin<br />
bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />
Arnold Newman<br />
»Masterclass»<br />
Oranienburger Straße 35/36<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
täglich 11–20 Uhr<br />
Treffpunkt Freizeit<br />
bis 4. Mai <strong>2012</strong><br />
Wilfried Müller<br />
»Wintersport«<br />
Am Neuen Garten 54<br />
14469 Potsdam<br />
Mo–Fr 10–21 Uhr<br />
Rathaus Köpenick<br />
bis 27. April <strong>2012</strong><br />
FOTO KLUB FORUM BERLIN <strong>2012</strong><br />
Alt-Köpenick 21<br />
12555 Berlin<br />
Mo–Fr 09–18 Uhr<br />
Sa, So 10–16 Uhr<br />
BrotfabrikGalerie<br />
bis 22. April <strong>2012</strong><br />
Proof9<br />
»Bodenlos«<br />
Caligariplatz 1<br />
13086 Berlin-Weissensee<br />
Di – So 16–21 Uhr<br />
Helmut Newton<br />
Stiftung<br />
ab 2. Juni <strong>2012</strong><br />
Helmut Newton<br />
»White Woman/Sleepless Night/<br />
Big Nudes«<br />
Jebensstraße 2<br />
10623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di–So 10–18 Uhr<br />
Do 10–22 Uhr<br />
hiltawsky galerie<br />
4. Mai bis 9. Juni <strong>2012</strong><br />
Serge Marcel Martinot<br />
»Un-deux-trois«<br />
15. Juni bis 28. Juli <strong>2012</strong><br />
Michael Zibold<br />
»Passagen«<br />
Tucholskystraße 41<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Mi–Sa 14–18 Uhr<br />
Galerie Ardes<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Galerien<br />
15. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Jörg Rüger<br />
»minimal! Abstraktionen von Architektur<br />
und Umwelt«<br />
Willmanndamm 16<br />
10827 Berlin-Schöneberg<br />
Mo–So 14–20 Uhr<br />
47
Galeriebericht<br />
Stadtbilder.<br />
Wenn wir durch ein uns vertrautes<br />
Stadtviertel gehen, nehmen wir unsere<br />
Umgebung kaum noch wahr. Sie ist von<br />
Gewohnheit verdeckt. Nur die Veränderung<br />
weckt unser Interesse.<br />
Das ist anders, wenn man als neugieriger<br />
Chronist mit der Kamera unterwegs<br />
ist.<br />
2004: Hinter dem Leipziger Platz.<br />
Foto: André Kirchner<br />
1990: Blick aus der Mauerstraße.<br />
Die Fotografien dieser Bilderserie sind<br />
entnommen aus André Kirchners neuem<br />
Bildband »Schauplatz Berlin. Der Aufbau der<br />
neuen Mitte. Fotografien von 1987 bis 2011«,<br />
erschienen im Nicolai Verlag, 128 Seiten, 33 Euro.<br />
André Kirchner (*1958) hat auf seinen<br />
Berliner Streifzügen seit 1980 die Erfahrung<br />
gemacht, dass »die Wirklichkeit die<br />
Realien nicht weniger absurd und poetisch<br />
montiert als es Dada und Surrealismus<br />
vermochten«. Unter dem Titel »30<br />
Jahre Stadtfotografie« zeigte die Galerie<br />
im Rathaus Tempelhof seine überraschenden,<br />
oft aberwitzigen Entdeckungen,<br />
mit der Großformatkamera perfekt<br />
ins Bild gesetzt und brillant schwarzweiß<br />
vergrößert. Das Know-how hat<br />
sich der Autor 1984/85 in der Kreuzberger<br />
Werkstatt für Fotografie erworben.<br />
Klar, dass er sich seit 1989 auch<br />
48 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
auf den Wandel in Berlins Mitte konzentriert.<br />
Hier gelingen ihm echte Perlen.<br />
Ihre lichte Transparenz veredelt sogar<br />
architektonische Sünden, zumal wenn<br />
die geniale Komposition der Fotos die<br />
der Gebäude weit übertrifft. Oft sind es<br />
Orte, denen die Spuren der Vergangenheit<br />
anhaften. Der Nicolai-Verlag hat<br />
ein Buch daraus gemacht: »Schauplatz<br />
Berlin. Der Aufbau der Neuen Mitte«.<br />
André Kirchner gibt in seinem Schöneberger<br />
Atelier Kurse, auch über den<br />
Umgang mit der Großbildkamera (www.<br />
kirchner-phot.de).<br />
Hans Martin Sewcz (*1955),<br />
Oranienburgerstraße, Berlin 1979,<br />
Gelatin silver print, printed 1979<br />
12,7 x 29,4 (23,4 x 30,5) cm,<br />
Copyright Hans Martin Sewcz<br />
Hans Martin Sewcz, 1955 in Halle<br />
geboren, ausgebildet an der HGB Leipzig,<br />
hat mit der russischen Panoramakamera<br />
Horizont schon 1979 die Spandauer<br />
Vorstadt rund um den Hackeschen<br />
Markt abgelichtet. Der Sammler<br />
Marc Barbey zeigt die kleinen, sehr<br />
grauen Originale von damals in seiner<br />
Collection Regard bis 24. April. Technisch<br />
können sie mit Kirchner nicht<br />
mithalten. Ihren Wert haben sie eher<br />
durch ihre »nicht erwünschte Authentizität«<br />
und als Dokumente des ungebremsten<br />
Verfalls des Scheunenviertels.<br />
Menschen kommen in den Panoramen<br />
höchstens zufällig vor. Dafür in einer<br />
Porträtserie von Leipziger Studenten aus<br />
dem Jahr 76. Da kann man den jungen<br />
Schauspieler Ulrich Mühe entdecken.<br />
Die Galerie en passant hat zwei sehr<br />
unterschiedliche Städte und Fotografen<br />
parallel präsentiert. Alexandra Schraeplers<br />
»Raumtransformationen« sind sehr<br />
große analoge Verfremdungen durch<br />
bizarre Spiegelung und grelle Farbgebung,<br />
die die Schauplätze in Berlin und<br />
Shanghai fast unkenntlich machen. Die<br />
Meisterschülerin an der UdK will damit<br />
unsere Sehgewohnheiten provokativ<br />
hinterfragen. Das gelingt ihrem Kollegen<br />
Matthias Hagemann in sparsamem<br />
Schwarzweiß wesentlich überzeugender.<br />
Er hat die schnell wachsenden Wolkenkratzer<br />
der chinesischen Metropole<br />
mit der mal mehr mal weniger gekippten<br />
Lochkamera aufgenommen und den<br />
Kleinbildfilm mal mehr mal weniger<br />
weitergezogen. Dann hat er den positiven<br />
Filmstreifen stilvoll auf Reispapierrollen<br />
vergrößert. Im Schatten des brutalen<br />
Baubooms hat er die Bewohner<br />
der zwangsenteigneten Bewohner der<br />
Abrisshäuser beobachtet, die ihre Habe<br />
in Sicherheit bringen. Hagemann lebt<br />
in Shanghai und setzt der rasanten Progression<br />
seine »langsame Fotografie«<br />
entgegen, auch mit der von ihm entwickelten<br />
»camerickshaw«, einer auf einer<br />
Fahrradrikscha montierten camera obscura.<br />
Das erinnert an den Berliner Fotokünstler<br />
Thomas Graichen, der schon<br />
mal mit einer gelochten Streichholzschachtel<br />
und angeklebter Kleinbildpatrone<br />
unsere Stadt ablichtet. Wir haben<br />
ihn im <strong>brennpunkt</strong> 1/2009 vorgestellt.<br />
Kürzlich war er mit seinem aktuellen<br />
Buchprojekt »Die stille Stadt« eindrucksvoll<br />
vertreten in der aff-Galerie<br />
in Friedrichshain.<br />
Thomas Graichen, (aus br. 1-2009)<br />
Einer derartigen technischen Beschränkung<br />
unterwirft sich der Engländer DS<br />
Allen nicht, obwohl auch er der analogen<br />
Schwarzweiß-Fotografie treu bleibt.<br />
Manfred Carpentier präsentierte ihn in<br />
seinem »Raum für Kunst« in der Meinekestraße,<br />
zusammen mit einem schönen<br />
Katalog. Titel: »Berlin: hoch hinaus«. DS<br />
Allen ist mit kurzer Brennweite durch<br />
Prenzelberg gezogen, hat den Blick<br />
nach oben gerichtet und damit das Alltagsleben<br />
im Bezirk weitgehend ausgespart.<br />
Er liebt die spitzen Winkel und
© DS Allen, »Veteranenstraße«, 2008 Boris Mikhailov, © <strong>dibue</strong><br />
kühnen Diagonalen, lässt den Himmel<br />
über Berlin mitspielen und spürt symbolische<br />
Details auf, die etwas erzählen<br />
aus der Geschichte der Stadt. Allen,<br />
Jahrgang 61, hat in London studiert und<br />
schon mit 14 an der Fotoschule seines<br />
Vaters unterrichtet. 2009 waren seine<br />
Bilder aus London und Berlin zu sehen<br />
in der »Galerie im Hochhaus« des Kulturamts<br />
Lichtenberg.<br />
Bei Anna Thiele hingegen kommen die<br />
Menschen nicht zu kurz. Sie hat sich<br />
für ihre Ausstellung im »Berliner Salon<br />
für Fotokunst« auf das Regierungsviertel<br />
konzentriert und folgt damit der<br />
Intention des Galeristen Volker Wartmann,<br />
im 2-Monats-Rhythmus einen<br />
Fotografen und einen Ort der Stadt vorzustellen.<br />
Eine Beschränkung, die sich<br />
schon im ersten Jahr als Erfolgsmodell<br />
erweist. Anna Thiele war Meisterschülerin<br />
bei Arno Fischer bis zu seinem Tod<br />
im September 2011. Er hat die gezeigten<br />
Arbeiten zum Teil noch begleitet. Deshalb<br />
hat die Fotografin ihm diese Ausstellung<br />
gewidmet.<br />
Es gelingt ihr, die Forderung von Henri<br />
Cartier-Bresson nach dem rechten<br />
Augenblick in idealer Weise zu verschmelzen<br />
mit einem traumhaft sicheren<br />
Bildaufbau und perfekter Technik.<br />
Die monumentale Architektur verliert<br />
durch die Integration des Menschen<br />
alles Bedrückende. Sie ist hier sichtlich<br />
von den Bürgern angenommen, mal mit<br />
einer gewissen Scheu, öfter ohne Hemmungen,<br />
wie ein neues Spielzeug vom<br />
Kind. Das ist die positive Botschaft, die<br />
diese Bilder ausstrahlen. Wir wollen<br />
sie im Herbst unseren Lesern in einem<br />
Portfolio vorstellen, parallel zu einer<br />
neuen Ausstellung von Anna Thiele in<br />
der Galerie Carpentier.<br />
© Anna Thiele<br />
Wie gut es die meisten von uns derzeit in<br />
Deutschland haben, lehren uns die grausigen<br />
Reportagen von anderswo oder<br />
aus anderer Zeit. So Gundula Schulze<br />
El Dowys packende und schonungslose<br />
Serie »Berlin in einer Hundenacht« aus<br />
den achtziger Jahren. Die streitbare<br />
Künstlerin hat nie ein Feigenblatt vor<br />
ihrer Optik gehabt, sie hat draufgehalten,<br />
wo immer Trostlosigkeit und Verzweiflung<br />
sichtbar wurden. Den nackten<br />
Lothar, zwischen Kachelofen und<br />
Fernseher, vor einer Batterie Schnapsflaschen,<br />
vergisst man nicht so schnell. Die<br />
Fotografin sagt dazu: » Gegen jede Art<br />
von Tragik bin ich damals immun gewesen.<br />
Was mich antrieb war Neugierde,<br />
es war auch Schönheitssinn, der mich<br />
das Entsetzen lehrte«. Bei c/o Berlin<br />
war ihre frühe Entwicklung zu verfolgen,<br />
mit dem zwiespältigen Gefühl, wie<br />
weit es die Künstlerin ernst gemeint hat,<br />
wie weit sie Trends gefolgt ist oder vom<br />
Kunstmarkt verführt wurde. Wer ihre<br />
Arbeiten nicht kennt, sollte mal eingeben:<br />
www.berlin-ineinerhundenacht.de.<br />
Das ist ein Erlebnis für Auge und Ohr.<br />
Ein ähnlich brutaler Chronist mit künstlerischen<br />
Ambitionen ist Boris Mik-<br />
© Gundula Schulze El Dowys<br />
Galeriebericht<br />
hailov, der das Elend nach der Auflösung<br />
der Sowjetunion am Beispiel seiner<br />
Heimatstadt Charkow dokumentiert hat.<br />
Dabei ist er vor keinem ekligen Detail<br />
zurückgeschreckt.<br />
Er hat mit der westlichen Öffentlichkeit<br />
von Anfang an kokettiert und seine<br />
Motive sind nicht immer lauter. Dafür<br />
sind sie um so lauter ins Bild gesetzt. Er<br />
geht zur Sache. Wenn seine Provokationen<br />
in der feinen Berlinischen Galerie in<br />
1 mal 2 Meter präsentiert werden, sind<br />
sie’s im doppelten Sinn. Sie schreien uns<br />
förmlich an, werfen mit Dreck nach uns.<br />
Das ist schwer zu ertragen. Aber weil<br />
wir alle noch immer mit der Schuld des<br />
zweiten Weltkriegs beladen sind, nachgeboren<br />
oder nicht, müssen wir das aushalten.<br />
Wir müssen uns schämen, auch<br />
da, wo in den Bildern nur Schamlosigkeit<br />
herrscht. Mikhailov zeigt uns aber<br />
nicht nur das nackte Elend, er setzt durch<br />
Überblendungen noch eins drauf. So<br />
lässt er aus einem fetten Hintern Pfauenfedern<br />
sprießen. Damit behauptet er<br />
seinen künstlerischen Anspruch, entwertet<br />
aber die soziale Anklage. Dennoch:<br />
Er ist ein mutiger Chronist heilloser<br />
Zustände, und vielleicht muss er so<br />
übertreiben, wenn er uns in der reizüberfluteten<br />
Medienwelt mit seiner Botschaft<br />
erreichen will. Vor gut einem Jahr<br />
hat Barbara Weiss ihn nahe der Kottbusser<br />
Brücke ausgestellt, mitten im »Berliner<br />
Istanbul«, in bescheidenen Formaten.<br />
Das war stimmiger und bewegender.<br />
Aber es hat viel weniger Resonanz<br />
gefunden als dieses spektakuläre<br />
Event in der Nobelgalerie. Es ist noch<br />
bis 28. Mai zu erleben. Dem Künstler<br />
sei’s gegönnt.<br />
Klaus Rabien<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
49
Fotoszene<br />
Wir stellen Ihre<br />
künstlerischen<br />
AKTFOTOS aus<br />
Mai, Juni, Juli <strong>2012</strong> sind noch frei<br />
Sie sind in einem Fotoverein und haben<br />
viele Aktfotos gemacht? Sie zeigen Sie<br />
im Internet, aber nun möchten Sie die<br />
Bilder einmal persönlich in einer Galerie<br />
vorstellen?<br />
Wir geben Ihnen die Möglichkeit, in<br />
der Aktgalerie Ihre Kunstwerke 1 Monat<br />
lang gegen einen Unkostenbeitrag auszustellen.<br />
Ohne Zensur, ohne das die<br />
Galerie an den Bildern verdient. Wir<br />
übernehmen die Presseinformationen<br />
und die Aufsichten an 3 Nachmittagen<br />
je Woche für Sie.<br />
Wir sind eine Gemeinschaft von Fotografen,<br />
die die Galerie unterhalten. Wir<br />
50 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
haben in den letzten 11 Jahren bereits<br />
viele Bilder unserer Mitglieder in Einzelausstellungen<br />
oder in Gruppenausstellungen<br />
gezeigt, auch viele Nichtmitglieder<br />
haben ihre Bilder bei uns ausgestellt.<br />
Wir streben danach, möglichst<br />
viele unterschiedliche Sichtweisen des<br />
Themas Akt in unserer Galerie zu präsentieren.<br />
Wenn Sie Interesse haben, melden Sie<br />
sich bei uns, am besten bald, damit wir<br />
Sie rechtzeitig in unsere Ausstellungsplanung<br />
einbeziehen können.<br />
Im Jahr <strong>2012</strong> können Sie Ihre Werke<br />
im Mai, Juni oder Juli ausstellen oder<br />
sich für einen späteren Termin vormerken<br />
lassen.<br />
Manfred Fuchs<br />
Die Aktgalerie Telefon: 030 6263249<br />
oder 29003936<br />
www.die-aktgalerie.de<br />
Krossener Straße 34<br />
10245 Berlin - Friedrichshain<br />
© Udo Rzadkowski, »Petula«
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Mit erweitertem Konzept geht »The Browse Fotofestival Berlin« nach dem Auftakt<br />
© Boryana Katsarova<br />
im Jahr 2011 in die 2. Runde: Werkschau Berliner Fotografen/innen,<br />
internationale Fotoreportagen von Weltklasse-Format und Professional Week. Die Fach-<br />
und Publikumsveranstaltung stärkt Berlins Bedeutung als Fotografie- und Medienstadt.<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
51
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Auf ein Wort<br />
Local <strong>Edition</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
50 Fotoausstellungen an<br />
50 verschiedenen Orten im<br />
Kreuzberger Bergmann-Kiez<br />
Die Festivalschiene der »Local <strong>Edition</strong>«<br />
erlaubt Besucher/innen auch in diesem<br />
Jahr, einen ganzen Stadtteil nach visuellen<br />
Erlebnissen zu durchstöbern und<br />
sich von Begegnungen mit einer Vielzahl<br />
und Vielfalt fotografischer Blicke,<br />
Handschriften und Genres und dem<br />
Charme der unterschiedlichen Locations<br />
und ihrer Gäste überraschen zu<br />
lassen.<br />
International<br />
18. bis 23. Juni <strong>2012</strong><br />
Mehr als 30 Ausstellungen von Top-<br />
Fotografen und Fotojournalisten weltweit,<br />
auf dem Festivalgelände nähe<br />
Checkpoint Charlie, Enkestraße/Besselpark<br />
Ausstellungen und Bildvorträge lassen<br />
uns geballt die Welt im Spiegel visuell<br />
verdichteter Bilder von einigen der<br />
besten und mutigsten Fotojournalisten<br />
unserer Zeit entdecken. Sie zeigen die<br />
wachsende Bedeutung des Fotojournalismus<br />
heute: mit der Macht von Bildern,<br />
die in Herz und Hirn haften, gemeinsam<br />
mit anderen Verbündeten global Verantwortung<br />
zu übernehmen - in einer existenziellen<br />
Krisensituation nicht locker<br />
zu lassen, in dem Bemühen uns aufzurütteln,<br />
von der bequemen Position distanzierter<br />
Betrachter auf die Seite der<br />
Handelnden zu wechseln. Neun Mitglieder<br />
des internationalen Fotojournalist/innen-Kollektivs<br />
NOOR lassen mit<br />
ihrem spektakulären Reportage-Projekt<br />
zum globalen Klimawandel wegweisend<br />
sichtbar werden, worum es in<br />
der Zukunft heute schon geht: Consequences<br />
und Solutions<br />
Profiwoche mit Bildungs- und Business-<br />
Charakter (18. bis 22. Juni <strong>2012</strong>)<br />
Fotografen/innen und andere Mitglieder<br />
der Foto-Community sowie Akteure<br />
angrenzender Branchen der Kultur- und<br />
52 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Kreativwirtschaft und der lokalen Ökonomie<br />
nutzen die Meet & Greet Plattform<br />
während der Profiwoche als Info-<br />
und Austauschbörse.<br />
In Paneldiskussionen, Workshops, Multimedia-Vorträgen<br />
kommen aktuelle<br />
Kompetenzanforderungen und Workflows,<br />
neue Technologien und Mixed-<br />
und Multimedia-Formate für journalistische<br />
Reportagen und visuelles Story<br />
Telling zur Sprache. Es geht um aktuelle<br />
Entwicklungen im Internet, Qualitätsstrategien<br />
gegen den ruinösen Preisverfall<br />
durch Micro Stocking, Knowhow<br />
im Umgang mit modernen Output-<br />
Medien, Apps und hochwertige Spezialpapiere,<br />
ebenso wie um neue Vernetzungs-<br />
und Finanzierungsmodelle über<br />
Crowd Funding und Social Media.<br />
Wir stellen diese neue Festival- Plattform<br />
bereit, Sie füllen sie mit Ihren Interessen,<br />
Teilhabe und Gestaltung mit Leben. Wir<br />
freuen uns auf SIE!<br />
Das Team<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Programm (im Aufbau)<br />
Meet & Greet – Information, Knowhow-<br />
& Business-Austausch<br />
Bildagentur- und Medienvertreter/innen,<br />
NGO, Bildungsanbieter, Verlage, Internet-Technik-undDienstleistungsunternehmen<br />
verschiedener Kreativbranchen<br />
sind mit Infoständen in der »Meet<br />
& Greet« Zone vertreten. Fotografinnen<br />
und Fotografen sprechen mit ihnen über<br />
ihre Portfolios und interessante Stories,<br />
Dienstleistungsbedarf, Workflows und<br />
Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />
etc.. Digitale Informations- und Produktpräsentationen<br />
als kleinere Einzelveranstaltungen<br />
sind möglich.<br />
Termine: 18.-22.6.<strong>2012</strong>, täglich ab<br />
10:00 Uhr außer 18.6.<strong>2012</strong>, ab 15 Uhr,<br />
Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark<br />
(Veranstaltungszelt & Außengelände,<br />
inkl. Sonnenschutz, erfrischenden<br />
Getränken und kleinen Snacks im<br />
Festival-Café auf dem Gelände)<br />
Portfolio – Viewings<br />
Fotografen/innen präsentieren ihre<br />
Arbeiten/Stories erfahrenen Fotografen/<br />
innen und Bildredakteuren/innen von<br />
Zeitungen, Magazinen, Foto- und Nachrichtenagenturen<br />
u.a. mit:<br />
Bernd von Jutrczenka, Bildchef dpa,<br />
Kai Uwe Heinrich, Bildchef Tagesspiegel,<br />
Robert King, Fotograf,), Dietmar<br />
Bührer, Hrsg. <strong>brennpunkt</strong> Magazin, Paul<br />
Kern, Senior Art Director, Atlantic Times,<br />
(Hrsg. Theo Sommer), Günter Zint, Fotojournalist,<br />
Bruno Decock, International<br />
Photo Editor u. Fotograf, Ärzte ohne<br />
Grenzen, Belgien, Barbara Sigge, Bildredaktion,<br />
Ärzte ohne Grenzen, Berlin<br />
– weitere Reviewer folgen.<br />
Termine: 20-minütige Viewings finden<br />
über alle Tage der Profiwoche verteilt<br />
statt, Einzel-Termine werden noch<br />
bekannt gegeben, Anmeldung nötig.<br />
Workshops<br />
»Shooting pictures and video in the<br />
lines of fire« mit Kriegsfotograf Robert<br />
King und Regisseur Richard Parry, »The<br />
Shooting of Robert King«.<br />
Inhalt: »How to get the picture or video<br />
you want and return home physically<br />
and emotionally intact and go on to take<br />
the next one«.<br />
Termin: 20.6.<strong>2012</strong>, 10 bis13 Uhr<br />
NOOR-Fotografen Workshops<br />
2 je eintägige Workshops mit preisgekrönten<br />
NOOR-Fotografen, die ihre<br />
Erfahrung und Know-how teilen in den<br />
Bereichen in der Dokumentar- und<br />
Reportagefotografie heute – Arbeitsbedingungen,<br />
Visual Story Telling und Einsatz<br />
von Social und Multimedia in fotografischen<br />
Dokumentarprojekten.<br />
Mehr Workshop-Infos und Anmeldung<br />
auf unserer Website:<br />
www.browse-fotofestival.de
Publikumsveranstaltungen<br />
The Browse Local <strong>Edition</strong><br />
Festivalgebiet Bergmannkiez<br />
Samstag 2. Juni <strong>2012</strong>, 15 Uhr<br />
Zentrale Eröffnungsveranstaltung<br />
Location: The Browse Gallery, Empore<br />
der Marheineke Markthalle<br />
Marheinekeplatz 15, 10961 Berlin<br />
Sonntag 3. Juni <strong>2012</strong><br />
Dezentrale Eröffnungen im Stadtteil<br />
Locations: die diversen Ausstellungsorten<br />
rund um die Marheineke Markthalle/<br />
Bergmann-Kiez.<br />
The Browse International<br />
Festivalgelände Enkestr. / Besselpark<br />
Montag 18. Juni <strong>2012</strong>, 17:30 Uhr<br />
Ausstellungseröffnung:<br />
Frederic Lemalet, »Himalaya«<br />
Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />
Forum Factory, Besselstr. 13-14<br />
10969 Berlin.<br />
Montag 18. Juni <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />
Empfang und zentrale Eröffnung<br />
Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />
zentrales Veranstaltungszelt<br />
Freitag 22. Juni <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />
Wettbewerbsprämierung und Party<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Award, The Browse Teddy Foto Award,<br />
The Browse <strong>brennpunkt</strong> Award<br />
Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />
zentrales Veranstaltungszelt<br />
Visual Storytelling<br />
Bildvorträge von Fotograf/innen<br />
19. Juni bis 22. Juni <strong>2012</strong> - Festivalgelände<br />
Enkestr./Besselpark, zentrales Veranstaltungszelt<br />
Dienstag 19.6.<strong>2012</strong>, 14 Uhr<br />
Günter Zint, Lesung aus dem Fotobuch<br />
»Zintstoff – 50 Jahre deutsche<br />
Geschichte«<br />
Dienstag 19. 6. <strong>2012</strong>, 15:30 Uhr.<br />
Daniele Tamagni, präsentiert seine<br />
Story »FLYING CHOLITAS - Goddesses<br />
of the Ring«, für die er 2011 mit dem<br />
World Press Photo Award ausgezeichnet<br />
wurde<br />
Mittwoch 20. 6. <strong>2012</strong>, 10 Uhr<br />
Ernesto Bazan, präsentiert seine gefeierten<br />
Fotobücher Bazan Cuba und Al<br />
Campo, herausgegeben im Selbstverlag<br />
mit der Hilfe von 50 seiner Studenten/innen<br />
Mittwoch 20. 6. <strong>2012</strong>, 16:30 Uhr<br />
Timo Vogt, »Syrien, Im Land der lebenden<br />
Toten«, Bildvortrag zur aktuellen<br />
Situation in der Provinz Idlib im Nordwesten<br />
Syriens<br />
Freitag 22. 6. <strong>2012</strong>, 10 Uhr<br />
Ann-Christine-Woehrl, Multimediavortrag<br />
zu ihrer Ausstellung »African<br />
Voodoo« und ihrem Buch »Voodoo –<br />
Leben mit Göttern und Heilern in Belin«<br />
(Autorin: Laura Salm-Reifferscheidt,<br />
Terra Magica Verlag)<br />
Paneldiskussionen und Gespräche<br />
Dienstag 19. 6. <strong>2012</strong>,<br />
11:00 bis 13:00 Uhr<br />
Image, Impact, Action? – Dokumentarfotografen<br />
in der Zusammenarbeit mit<br />
internationalen NGO u.a. mit: Bruno<br />
Decock, International Photo Editor,<br />
Ärzte ohne Grenzen, Brüssel, Claudia<br />
Hinterseer, NOOR, General Manager,<br />
N.N., Amnesty International, N.N.<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Dienstag 19. Juni <strong>2012</strong>, 18 Uhr<br />
Echtzeit- Reporting im digitalen Zeitalter:<br />
Fotografen auf der Überholspur im<br />
aktuellen Nachrichtengeschäft<br />
Arbeitsbedingungen, aktuelle Kompetenz-Anforderungen<br />
und Work-Flows<br />
des Berufsfeldes mit: Bernd Jutrczenka,<br />
Bildchef dpa, Andreas Trampe, Fotochef<br />
Stern, Michael Leckel, Fotochef Reuters<br />
Deutschland, Hannah Hess, Chefredakteurin<br />
epa European Pressphoto Agency<br />
(angefragt), Michael Dilger, Fotochef<br />
Welt-Gruppe, Moderation: Justus<br />
Demmer, Unternehmenssprecher des<br />
RBB (angefragt).<br />
Mittwoch 20. Juni <strong>2012</strong>, 11 bis 13 Uhr<br />
Between Peace and Bloodshed: What<br />
will the Future of the Middle East be?<br />
Fotografen und Journalisten berichten<br />
von ihren Eindrücken aus der aktuellen<br />
Konfliktregion in der Türkei, im Irak und<br />
Syrien u.a. mit: Benjamin Hiller (Fotograf),<br />
Timo Vogt (Fotograf), AL Jazeera,<br />
Berlin (angefragt), N.N.<br />
Freitag 22. Juni <strong>2012</strong>, 12 -13:30 Uhr<br />
Black. Light Project - Mixed Media –<br />
neue Formate für den Fotojournalismus?<br />
Peter von Becker, Schriftsteller und Journalist<br />
( Tagesspiegel ) im Gespräch mit<br />
Fotograf Wolf Böwig, Initiator des Black.<br />
Light Project, ein internationales Buch-<br />
und Ausstellungsprojekt, das Fotografie,<br />
Text und Zeichnungen junger Animations-<br />
und Comic-Stars kombiniert.<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
53
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Andere Angebote<br />
Mittwoch 20. Juni <strong>2012</strong>, 19 Uhr<br />
Deutschlandpremiere: Filmvorführung<br />
»Shooting Robert King« mit anschließender<br />
Diskussion mit dem Regisseur<br />
Richard Parry und dem Fotografen<br />
Robert King<br />
Location: Festivalgelände Enkestr./Besselpark,<br />
zentrales Veranstaltungszelt<br />
Donnerstag 21. Juni <strong>2012</strong>, ab 16 Uhr<br />
Fete de la Musique – Konzerte vor und<br />
im Factory Forum<br />
Weitere geplant Veranstaltungen und<br />
Aktivitäten u.a. zu folgenden Themen:<br />
Fair Share - Fotografie, Internet und<br />
Social Media<br />
aktuelle Bild- und Urheberrechtsdiskussionen,<br />
Erfolgsbedingungen, Auftrags-<br />
und Absatzmöglichkeiten für Fotografen,<br />
Crowd Funding - Wie funktionierts,<br />
Beispiele, plus live Festival Crowd Funding.<br />
Panel-Diskussion: Berlin-Bilder und<br />
Stadtbildung vor Ort<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
macht das Kreativquartier südliche<br />
Friedrichstadt sinnlich vorstellbar – alles<br />
Einbildung oder was?<br />
Mit Vertreter/innen des Bezirks, des<br />
Netzwerks »Kulturwirtschaft, Medien,<br />
Bildung Südliche Friedrichstadt« und<br />
anderen stadtpolitischen Berliner Akteuren.<br />
Auszeichnungen<br />
Prämierung am 22.6.<strong>2012</strong> 19 Uhr<br />
TEDDY PHOTO AWARD<br />
Der TEDDY AWARD ist eine gesellschaftlich<br />
engagierte politische Auszeichnung,<br />
die Filmen und Personen<br />
zu Gute kommt, die queere Themen auf<br />
einer breiten gesellschaftlichen Ebene<br />
kommunizieren und somit einen Beitrag<br />
für mehr Toleranz, Akzeptanz, Solidarität<br />
und Gleichstellung in der Gesellschaft<br />
leisten. Seit 25 Jahren wird der<br />
TEDDY AWARD im Rahmen der Internationalen<br />
Filmfestspiele vergeben. Der<br />
54 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Preis gilt weltweit als der bedeutendste<br />
queere Filmpreis u. wurde bisher u.a.<br />
an Pedro Almodóvar, Gus Van Sant,<br />
Derek Jarman, Helmut Berger, Joe Dallesandro,<br />
John Hurt und Tilda Swinton<br />
vergeben.<br />
In diesem Jahr lobt die TEDDY Foundation<br />
erstmals den TEDDY PHOTO<br />
AWARD aus, der im Rahmen von The<br />
Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong> am 22.<br />
Juni <strong>2012</strong> in Berlin verliehen wird.<br />
Das Thema des diesjährigen TEDDY<br />
Fotowettbewerbs lautet »TRANSRES-<br />
PECT versus TRANSPHOBIE«.<br />
Gefragt sind fotografische Erkundungen<br />
entlang der Grenzbereiche der<br />
Geschlechter - von der individuellen<br />
Lebenssituation von Trans*Menschen<br />
über die Auseinandersetzung mit der<br />
rechtlichen und sozialen Situation,<br />
Menschenrechtsverletzungen an Trans-<br />
Menschen bis hin zu »Gute Praxis«-<br />
Beispielen, die verdeutlichen, wie die<br />
Situation von Trans*Menschen verbessert<br />
werden kann.<br />
Einsendeschluss TEDDY PHOTO<br />
AWARD: 31.5.<strong>2012</strong>.<br />
Es können ausschließlich digitale<br />
Schwarzweiß- oder Farbfotografien eingereicht<br />
werden.<br />
Das Bewerbungsformular sowie weitere<br />
Informationen finden Sie im Internet<br />
unter www.teddyaward.tv.<br />
THE BROWSE FOTOFESTIVAL BERLIN<br />
<strong>2012</strong> AWARD<br />
The Browse Foto Award <strong>2012</strong><br />
Eines der Ziele für das von uns<br />
initiierte Fotofestival ist die Anregung<br />
der Erkundung neuer Vernetzungs-,<br />
Kooperations- und Finanzierungsm<br />
öglichkeiten für Fotografinnen und<br />
Fotografen. Das Internet und v.a. aktuelle<br />
Social Media Anwendungen bieten hier<br />
produktive Ansatzpunkte, die während<br />
des Festivals vorgestellt und diskutiert<br />
werden sollen. Eine interessante<br />
Möglichkeit ist das Crowd Funding,<br />
das Fotografen/innen erlaubt, für ein<br />
bestimmtes Reportage-, Buch- oder<br />
Ausstellungsprojekt u.a. im Internet eine<br />
Vielzahl kleinerer Geldbeträge in einer<br />
thematisch interessierten Community<br />
einzuwerben.<br />
Das Finanzierungsmodell zur Ergänzung<br />
immer härter umkämpfter Geldtöpfe<br />
von Medien und Verlagen einerseits und<br />
begrenzten Fördermitteln durch Institutionen<br />
und Stiftungen andererseits ist<br />
hierzulande noch in der Entwicklung:<br />
Wir glauben es hat v.a. auch für den<br />
Bereich gesellschaftlich bedeutsamer<br />
Foto-Reportagen ein sehr gutes Potential<br />
und möchten es i.R. des Festivals<br />
erproben. Wir werden im Vorfeld und<br />
während des Festivals über Crowd Funding<br />
informieren, das Modell promoten<br />
und die Festival-Plattform samt Kommunikationsinfrastruktur,Festival-Community<br />
und Öffentlichkeit nutzen, um fotografische<br />
Projekte dabei zu unterstützen,<br />
i.R. der nächsten 2 Monate bis zum Festivalbeginn<br />
ein fotografisches Crowd<br />
Funding Projekt zu realisieren.<br />
Die Projekte, die über eine 2-monatige<br />
Laufzeit (Mitte April - Mitte Juni) ein fotografisches<br />
Projekt erfolgreich abschließen<br />
konnten, werden am 22.6.<strong>2012</strong> auf<br />
der Prämierungsveranstaltung des Festivals<br />
mit dem Browse Foto Award <strong>2012</strong><br />
ausgezeichnet und werden auf der Festivalseite<br />
ausführlich präsentiert. Mehr<br />
dazu auf unserer Website:<br />
www.browse-fotofestival.de.<br />
<strong>brennpunkt</strong> Award<br />
Der <strong>brennpunkt</strong>, renomiertes Fotomagazin<br />
seit 27 Jahren, verleiht eine Auszeichnung<br />
für die beste per Mail eingesandte<br />
SW-Serie. Der Preis ist ein Portfolio-Abdruck<br />
im Magazin <strong>brennpunkt</strong><br />
2013. Alle Bilder müssen akzeptabel,<br />
sein, mit einigen guten Bildern erreicht<br />
der Autor sein Klassenziel nicht. Es zählt<br />
die Gesamtleistung jedes Fotografen.<br />
Ein Glückstreffer »Sonntagsbild« führt<br />
nicht zum Erfolg. Mailen Sie ihre Bilder<br />
an: buehrer-berlin@t-online.de<br />
Die Auszeichnung wird auf der Prämierungsveranstaltung<br />
am 22.6.<strong>2012</strong> verliehen.
Festival-Logistik<br />
Festivaldauer:2.6.-30.6.<strong>2012</strong><br />
Local <strong>Edition</strong>: 3.6.-30.6.<strong>2012</strong><br />
Internationale Ausstellungen<br />
18.6.-23.6.<strong>2012</strong><br />
Profiwoche 18.6.-22.6.<strong>2012</strong><br />
Festivalbüro: The Browse Gallery,<br />
Empore der Marheineke Markthalle,<br />
Marheinekeplatz 15, 10961 Berlin<br />
Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-18 Uhr<br />
Festivalgebiet Local <strong>Edition</strong><br />
Ausstellungen: dezentrale Orte rund um<br />
die Marheineke Markthalle und Bergmann-Kiez<br />
u.a.<br />
Zentralausstellung Local <strong>Edition</strong>:<br />
The Browse Gallery, Empore der Marheineke<br />
Markthalle<br />
Festivalstandort Internationale<br />
Ausstellungen & Professional Week<br />
Festivalgelände Nähe Checkpoint Charlie<br />
und jüdischem Museum/ehem. Blumengroßmarkt,<br />
Enkestr./ Besselpark,<br />
Veranstaltungszelte & Außengelände<br />
und Forum Factory, Besselstr. 13-14,<br />
10969 Berlin<br />
Info für Fotografen/innen<br />
Für <strong>2012</strong> haben wir keine Kapazitäten<br />
mehr, weitere Ausstellungen ins Programm<br />
zu nehmen, wir bitten um Verständnis!<br />
Ihre Bilder oder eine neue<br />
Projektidee einbringen, können Sie i.R.<br />
von The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
noch über eine Beteiligung an unseren<br />
Wettbewerben. Bitte checken Sie unsere<br />
Website hierzu.<br />
Info für Aussteller/innen<br />
In der Meet & Greet Zone<br />
(18.6-22.6.<strong>2012</strong>) können Agenturen,<br />
Medien, Verlage, Unternehmen, Institutionen,<br />
und NGO, einen Stand während<br />
der Profiwoche aufstellen.<br />
Location: Festivalgelände Enkestr./ Besselpark,<br />
Veranstaltungszelt & Außengelände,<br />
inkl. Sonnenschutz, erfrischenden<br />
Getränken und kleinen Snacks im<br />
Festival-Café auf dem Gelände<br />
Infos unter: aussteller@browse-fotofestival.de<br />
Eintritt<br />
The Browse Local <strong>Edition</strong>,<br />
Bergmann-Kiez, alle Ausstellungen und<br />
Veranstaltungen Eintritt frei<br />
The Browse International<br />
Ausstellungen und Profiwoche<br />
Festivalgelände Enkestr./Besselpark<br />
Tageskarte 10 Euro, erm. 8 Euro<br />
(Tageskasse), 5-Tagesticket 40 Euro,<br />
erm. 32 Euro (online buchen)<br />
Hierin enthalten ist der Eintritt für<br />
alle Veranstaltungen, die nicht anders<br />
gekennzeichnet sind, z.B. Workshops.<br />
Medienvertreter/innen, ausstellende<br />
Fotograf/innen u.a. aktive Festivalbeteiligte<br />
haben freien Eintritt, außer zu den<br />
Workshops u.a. gekennzeichneten Veranstaltungen,<br />
Akkreditierung vorausgesetzt.<br />
Anmeldung und Akkreditierung<br />
Anmeldung zu Portfolio-Viewings, kostenpflichtigen<br />
Workshops und Ticket-<br />
Buchungen siehe unsere Website.<br />
Infos und Anmeldung zur Akkreditierung<br />
für ausstellende Fotografen/<br />
innen, Medienvertreter/innen, Aussteller/innen<br />
u.a. Projektbeteiligten unter<br />
www.browse-fotofestival.de<br />
Presseinformation und Kontakt:<br />
presse@browse-fotofestival.de<br />
Updates und weitere<br />
Informationen<br />
zu den Festivalstandorten, zu Ausstellungen,<br />
Fotografen/innen, Infobörse, Workshop-Inhalten<br />
und –Preisen u.a. Profiwochen-Veranstaltungen,<br />
Programm-<br />
Erweiterungen etc. laufende Aktualisierung<br />
online auf der Festival Website<br />
www.browse-fotofestival.de bereitgestellt.<br />
Partizipation und Kommunikation<br />
Sie sind herzlich eingeladen, an der<br />
Realisierung und Gestaltung des Festivals<br />
mitzuwirken und die Plattform für<br />
ihre Zwecke zu nutzen.<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Kooperation, Sponsoring<br />
Unterstützung<br />
Für die Realisierung des Festivals haben<br />
wir ein breites Netzwerk von Unternehmen,<br />
Institutionen und Einzelpersonen<br />
geknüpft, wir möchten dieses weiter<br />
ausbauen und laden Sie ein, sich mit<br />
zu beteiligen - als Kooperationspartner/<br />
in, Sponsor/in, mit Spenden oder als<br />
freiwilliger Helfer/in während des Festivals.<br />
Kontakt:<br />
cooperation@browse-fotofestival.de<br />
Unsere öffentliche Vernetzungs- und<br />
Kommunikationsplattform für Festival-<br />
Beteiligte, Fans und Interessierte finden<br />
Sie auf unserer Facebook-Seite:<br />
www.facebook.com/browsefotofestival<br />
Hintergrundinfo<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
ist ein Projekt von Community Impulse<br />
Initiative e.V.<br />
Künstlerische Leitung: John Colton<br />
Kuration/Koordination:<br />
Sabine Drwenzki<br />
Medien-Kommunikation:<br />
Duscha Rosen<br />
browsefotofestival@googlemail.com<br />
Der Tagesspiegel ist Medienpartner von<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong>.<br />
Dank<br />
Unser besonderer Dank für die Zusammenstellung<br />
dieser Festival-Preview gilt:<br />
an erster Stelle:<br />
Dietmar Bührer, Herausgeber und verantwortlicher<br />
Redakteur und Gestalter<br />
des <strong>brennpunkt</strong>-Magazins, der dem Festival<br />
in seiner Publikation großen Raum<br />
gegeben und dieses täglich gewachsene<br />
Kompendium in mühevoller nächtelanger<br />
Arbeit über die letzten Wochen ins<br />
Reine gesetzt hat. Hannes Kirchhoff<br />
und Renate Oetter für Mitarbeit an der<br />
Übersetzung, sowie allen teilnehmenden<br />
Fotografinnen und Fotografen, Ausstellungsorten<br />
und anderen am Festival<br />
beteiligten Akteur/innen und Unterstützer/innen<br />
für ihr Vertrauen und bereitwillige<br />
Kooperation. Ohne all Dieses<br />
wäre The Browse Fotofestival Berlin<br />
<strong>2012</strong> nur eine schöne Idee geblieben.<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
55
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
© Margrit Radszun<br />
Local <strong>Edition</strong><br />
»Between the Lines«<br />
Festivalgebiet Bergmann-Kiez<br />
50 dezentrale Fotoausstellungen an 50 diversen Orten<br />
rund um die Marheineke Markthalle<br />
Locations: Bars, Läden, Kneipen, Hotels, kleinere Galerien etc.<br />
Zentralausstellung, begehbarer Ausstellungskatalog mit einem Bild pro Fotografin/en und<br />
Festival-Office: The Browse Gallery<br />
Location: Empore Marheineke Markthalle, Marheinekeplatz 15, 10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Sa 2.6.<strong>2012</strong>, 15:00 Uhr - Zentrale Festival-Eröffnung<br />
u.a. mit Dr. Franz Schulz, Bezirksbürgermeister Friedrichshain-Kreuzberg<br />
Peter von Becker, Schriftsteller und Kulturjournalist (Der Tagesspiegel)<br />
Location: The Browse Gallery, Empore der Marheineke Markthalle<br />
So 3.6. <strong>2012</strong> - Dezentrale Eröffnungen im Stadtteil<br />
Locations: die diversen Ausstellungsorten rund um die Marheineke Markthalle/Bergmann-Kiez<br />
Für einzelne Vernissage-Termine der Fotografen/innen – check<br />
unsere Web- und Facebook-Seiten: www.facebook.com/browsefotofestival<br />
56 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
© Laura Wilhelm<br />
© Imago 1:1<br />
© Studio Klam<br />
© Andrés Felipe Carulla<br />
© Stefan Schall<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Ausstellungen (lokal)<br />
� Michael Gebur »Moved Landscapes« ................................................... 58<br />
� Dietmar Bührer »Berliner Tage« ............................................................ 58<br />
� Udo Rzadkowski »Feminine Formen« ................................................... 59<br />
� Michael Schröder »HDR-Fotografie« ..................................................... 59<br />
� Johannes Barthelmes »VIDO COTIDIANA« ................................................. 60<br />
� Margrit Radszun »irr.real« ............................................................................... 60<br />
� Hulusi Halit »Inselhüpfer«............................................................................... 60<br />
� Anne Lorquet-Leithäuser »Spuren der Zeit« ........................................... 61<br />
� Stefan Schall »vorübergehend« ............................................................. 61<br />
� Marco Saß ............................................................................................. 61<br />
� James Clancy »Border Country« ............................................................ 62<br />
� Barbara Günther-Burghardt »Augenweide« ............................................. 62<br />
� Studio Klam »Attitüte« ............................................................................ 62<br />
� Ingo Kniest »Berge versetzen« ................................................................ 63<br />
� Helmut Heidrich »Seascapes« – »Soulscapes« ........................................ 63<br />
� Edith Siepmann »Häuser, die sprechen –Häuser, die hören« ................... 64<br />
� Laura Wilhelm »Die Wiesn: Von Annerl bis Zenzi« ............................... 64<br />
� Alexa Catalin »Street« ........................................................................... 65<br />
� IMAGO 1:1........................................................................................................ 65<br />
� Jacinta Lawani »BlüMEN«................................................................................ 65<br />
� Sebastian Greuner »Hiddensee« ................................................................... 66<br />
� Finkbeiner & Salm »Nature Morgana« ................................................... 66<br />
� Stefan Melchior »THF – Bilder eines Flughafens« ................................... 66<br />
� Joao Pagline »Step into the Light« .......................................................... 67<br />
� Hinrich Schultze »Unpolitische Fotos« .................................................. 67<br />
� Voller Ernst ............................................................................................ 68<br />
� Andrés Felipe Carulla »Karneval von Orura« ......................................... 69<br />
� Miriam Tamayo »Perfomance und Tanz« ................................................ 69<br />
� Marion Schwan »Feet and Street« ......................................................... 69<br />
� Willy Inselmann ................................................................................... 70<br />
� Quique del Bianco »carneval is the downtown« ................................... 70<br />
� Oscar Lebeck »Concoction« ................................................................. 70<br />
� Jorinde Gersina ...................................................................................... 71<br />
� Uwe Gero »Frauenpower« .................................................................... 71<br />
� Gerhard Goihl »Fußball nur ein Spiel« .................................................. 71<br />
� Wolfgang Krolow .................................................................................. 71<br />
� Holger Groß »Deutscher Karneval« ...................................................... 72<br />
� Dieter Behrendt »Berlin im Licht« .......................................................... 72<br />
� Mehmet Dedeoglu ................................................................................ 73<br />
� Lisa Sprengel, »Neuseeland - Glück gehabt!« ....................................... 73<br />
� Jan-Peter Boening »Kennen Sie Guimares oder Maribor?« ...................... 73<br />
� Gruppe 97 »Zwischen den Bäumen« .................................................... 74<br />
� Sönke Tollkühn »wann ist das schwein ein schwein« ............................. 75<br />
� C.A. Schulz »Don´t touch my radio – L´ altra Venezia« .......................... 75<br />
� Zoe Lar Mar »Where to« ....................................................................... 75<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
57
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Michael Gebur<br />
»Moved Landscapes«<br />
Die Ausstellung »Moved Landscapes«<br />
zeigt Landschaftsfotografien aus Asien<br />
und Europa, die durch Bewegungsunschärfe<br />
weich gezeichnet wurden. Fotos,<br />
die durch die Verwendung von mattem<br />
Papier wie Aquarelle wirken strahlen<br />
eine Ruhe aus, die sich auf den Betrachter<br />
überträgt und die Fantasie anregt.<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Restaurant Kaiserstein<br />
Mehringdamm 80<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
täglich 09 – 01 Uhr<br />
www.kaiserstein.de<br />
Dietmar Bührer<br />
»Berliner Tage«<br />
Das sind Zufallsbekanntschaften, die<br />
der Fotograf Dietmar Bührer aus dem<br />
Augenblick heraus schießt – die spielenden<br />
Kinder an einer Hauptverkehrstraße,<br />
entrückt in ihre Kinderwelt, konzentrieren<br />
sich auf ihr Spiel und vergessen die<br />
Gefahren der Straße.<br />
Das alles weist auf das vielleicht wesentlichste<br />
Charakteristikum der Fotografien<br />
von Bührer hin, seine Fähigkeit zu typisieren;<br />
in Bruchteilen von Sekunden<br />
erfasst dieser sanfte Empiriker nicht<br />
»nur« Menschen, sondern Antlitze der<br />
Zeit.<br />
Auf diese Weise sind Bilder von großer<br />
Intensität entstanden, wie sie nur<br />
einem aufmerksamen Flaneur gelingen,<br />
der sich weder vom Lärm noch vom<br />
Bewegungssog Berlins irritieren lässt<br />
und ein sicheres Gespür für die Situation<br />
behält.<br />
58 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Michael Gebur, »Insel im Meer«, (Original in Farbe)<br />
© Dietmar Bührer, »Langenscheidtstraße«, 1974<br />
»Berliner Tage 1972–2007«<br />
192 Seiten, Verlag epubli GmbH, Berlin<br />
ISBN 978-3-86931-366-5<br />
© Dietmar Bührer, »Chamissoplatz«, 1984<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
East London Restaurant e.K.<br />
Mehringdamm 33<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – So 10 – 23 Uhr<br />
www.eastlondon.de
Udo Rzadkowski<br />
»Feminine Formen«<br />
Interpretationen in der Dunkelkammer<br />
sind das Gestaltungsmerkmal des analog<br />
arbeitenden Fotografen. Sozialfotografie,<br />
Portrait, Jazz und Aktfotografie sind<br />
seine Schwerpunkte. Die Spannung<br />
des Geben und Nehmen zwischen<br />
»Modell« und Fotograf begeistert ihn<br />
immer wieder bei seiner fotografischen<br />
Tätigkeit.<br />
Udo-Rzadkowski@arcor.de<br />
www.udorzadkowski.de<br />
Michael Schröder<br />
»HDR-Fotografie«<br />
Michael Schröder hat die Fotografie<br />
Anfang 2007 wiederentdeckt. Als Autodidakt<br />
eignete er sich verschiedenste<br />
Techniken der digitalen Aufnahmetechnik<br />
und Bildbearbeitung an und baut<br />
diese Kenntnisse ständig weiter aus.<br />
Seine Bilder sind in erster Linie von Strukturen<br />
und Kontrasten geprägt. Daher<br />
arbeitet er seine Motive gern in HDR-<br />
Technik aus. Der Schwerpunkt seiner<br />
Fotos liegt derzeit auf den Gebieten<br />
Architektur, Makro, Still- und Objektfotografie<br />
sowie fotografische Experimente.<br />
m@leo-fotoart.de<br />
© Udo Rzadkowski<br />
© Michael Schröder, (Original in Farbe)<br />
© Michael Schröder, (Original in Farbe)<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
© Udo Rzadkowski<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Joséphine Restaurant<br />
Bergmannstraße 97<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 10 – 23 Uhr<br />
Sa + So 10 – 24 Uhr<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Gesoplan gGmbH<br />
Arndtstraße 32<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Do 11 – 13 Uhr<br />
15 – 18 Uhr<br />
Fr 15 – 18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
59
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Johannes Barthelmes<br />
»VIDA COTIDIANA«<br />
In den Straßen von Alt-Havanna<br />
1998 entschließt sich der renommierte<br />
Jazzmusiker Johannes Barthelmes nach<br />
einer ausgedehnten SüdOstAsien-Tournee,<br />
angeregt vor allem von den intensiven<br />
Eindrücken, die Vietnam bei ihm<br />
hinterlassen hat, nun der Fotografie<br />
einen besonderen Stellenwert in seinem<br />
Leben beizumessen. »Es war mir von<br />
Beginn an klar, dass ich Menschen fotografieren<br />
will.<br />
Margrit Radszun<br />
»irr.real«<br />
Als freie Fotografin ist Margrit Radszun<br />
1979 nach Kreuzberg gezogen. Im<br />
Browse-Festival 2011 hat sie ihre Fotoreihe<br />
»Chaostage« aus der Punkszene<br />
vorgestellt. Ein Jahr nach den schwarzweiß<br />
Fotos von 1981 stellt sie jetzt ihr<br />
buntes Berlin von <strong>2012</strong> vor. In der aktuellen<br />
Produktion spiegelt sich die Realität<br />
ins Phantastische hinein und erfindet<br />
sich darin neu.<br />
Hulusi Halit<br />
»Inselhüpfer«<br />
1954 in Koloni / Paphos auf Zypern geboren.<br />
Beginn der Malerei im Alter von<br />
sechs Jahren. Auswahl von Eliteschülern<br />
türkischer Gymnasien in Paphos. Sechsjährige<br />
Begabtenförderung. 1969 erster<br />
Preis eines Jugendwettbewerbs aller türkischen<br />
Gymnasien Zyperns mit dem<br />
Bild »Junges Paar«.<br />
1974 Wechsel nach Berlin.<br />
1980-1986 Studium der Werbung und<br />
Kommunikation an der Hochschule der<br />
60 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Johannes Barthelmes<br />
Als Musiker kam ich in der Welt umher<br />
und es faszinierte mich, dass mir alle<br />
Menschen, denen ich ins Gesicht<br />
blickte, bekannt, ja vertraut waren. Es<br />
ist beeindruckend, wir scheinen uns<br />
alle zu kennen... Als Fotograf erlebe<br />
ich diese wunderbare Geschichte heute<br />
© Margrit Radszun (O.i.F.)<br />
Kontakt:<br />
margrit@online.de<br />
© Hulusi Halit, »Abgemagert auf der Insel Tinos«<br />
Künste, Berlin. 1989-92 berufsbegleitende<br />
Erzieherausbildung.<br />
Tätig als Erzieher von 1979 bis 2005<br />
in der Heilig-Kreuz-Kirche (Kreuzberg)<br />
und im Deutsch-Türkischen Kinderclub<br />
noch intensiver, voller Respekt und trotz<br />
meiner bewusst »nahen« Bilder in einer<br />
liebevollen Distanz zu den Menschen.<br />
Johannes Barthelmes hat gerade erfolgreich<br />
eine große Ausstellung in Havanna<br />
beendet.<br />
www.johannes-barthelmes.net<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Felix Austria<br />
Bergmannstraße 26<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Sa 09 – 24 Uhr<br />
So + Feiertage 10 – 24 Uhr<br />
www.felixaustria.de<br />
030 616 754 51<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Meli Melo – Cafe & Bar<br />
Solmsstraße 29<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 10.30 – 20 Uhr<br />
Sa 11 –19 Uhr<br />
So 13 –19 Uhr<br />
e.V. (ab 1994 in leitender Funktion).<br />
Seit 2005 tätig als Erzieher mit kunstpädagogischem<br />
Schwerpunkt.<br />
Seit 1998 freischaffender Künstler mit<br />
diversen Ausstellungen.<br />
Seit 2010 Salon Halit Art Produktionsgalerie.<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Salon Halit – Art<br />
Solmsstraße 35<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 17 – 20 Uhr<br />
www.halit-art.de
Anne Lorquet-<br />
Leithäuser<br />
»Spuren der Zeit«<br />
Wenn das photographische Auge die<br />
ephemere Schönheit eines zufälligen<br />
Zusammentreffens empfindlich registriert<br />
und sie festhält.<br />
Spuren der Zeit, Schattenprojektionen,<br />
Festhalten eines Augenblicks: in der<br />
äußeren Realität finde ich Bilder der<br />
zerbrechlichen Schönheit, die meiner<br />
inneren Welt entsprechen.<br />
Anne Lorquet-Leithäuser<br />
Stefan Schall<br />
»vorübergehend«<br />
jahrgang 1959<br />
abitur 1979<br />
fahnenflucht nach Berlin 1979<br />
fotografie ab 16. lebensjahr<br />
auslöser blow up von antonioni<br />
Grundlagen erworben im Leistungskurs<br />
bildende kunst<br />
autodidakt<br />
arbeiten analog und digital<br />
ausstellungen 2<br />
sonderpreis kunstverein lingenfeld<br />
Marco Saß<br />
Marco Saß, geboren 1965 in Hamburg.<br />
1980 mit der Fotografie von Rock-,<br />
Jazz-, und Blueskünstlern auf den Berliner<br />
Bühnen begonnen.Veröffentlichungen<br />
in Tageszeitungen, Stadtmagazinen<br />
und Büchern. Ab 1987 Studium »Theater-<br />
und Veranstaltungstechnik«. Ab<br />
1992 Tätigkeit als Planungsingenieur,<br />
freiberuflicher Dozent und Betriebsingenieur<br />
am Theater.<br />
© Anne Lorquet-Leithäuser, »Le chat«<br />
© Stefan Schall<br />
sass.marco@web.de © Marco Saß, »Hooker«<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Myriam Mundt – Friseur<br />
Fidicinstraße 7a<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 15 – 18 Uhr<br />
Sa 10 – 12 Uhr<br />
030 617 713 27<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Heidelberger Krug<br />
Arndtstraße15<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
So – Fr 16 – 03 Uhr<br />
Sa ab 11 Uhr<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Swera<br />
Indisches Restaurant<br />
Bergmannstraße 103<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – So 11 – 01 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
61
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
James Clancy<br />
»BORDER COUNTRY«<br />
(GRENZLAND)<br />
Obwohl es sich bei Border Country vielmehr<br />
um einen Herzens- und Seelenzustand<br />
als um einen Ort handelt, verbringe<br />
ich viel Zeit damit, einen Platz<br />
zu finden, der meinem Gemütszustand<br />
entspricht, wohl wissend, daß, wenn ich<br />
ihn finde – und ihn in Bildern festhalte<br />
– ein versteckter, unerforschter Winkel<br />
meines Selbst offenbart wird.<br />
James Clancy<br />
Barbara Günther-<br />
Burghardt<br />
»Augenweide«<br />
Lichtbildnerin,<br />
psychologische Psychotherapeutin<br />
Between the lines<br />
Zwischen Innern und Außen: mein<br />
Raum.<br />
Innensicht und Blick hinaus<br />
aus Augen im Kopf und im Herzen.<br />
Sehen und gesehen werden<br />
- mit Leib und Seele. (<strong>2012</strong>)<br />
Studio Klam<br />
»Attitüde«<br />
Im Studio Klam werden seit mehr als 25<br />
Jahren Menschen photographiert. Normalbürger,<br />
Politiker und Künstler, nackte<br />
und verkleidete Menschen. Die Ausstellung<br />
»Attitüde« gibt einen Einblick<br />
in das Werk von Jörg F. Klam, der sich<br />
auf Vorbilder wie László Moholy-Nagy,<br />
Man Ray und Andy Warhol bezieht.<br />
62 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© James Clancy<br />
www.jamesclancy.org<br />
© Barbara Günther-Burghardt (O.i.F.)<br />
www. fotokunst-guenther-burghardt.de<br />
© Studio Klam, »aus der Serie TYPO« (links),<br />
»Alterego« (rechts)<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
t berlin<br />
Fidicinstraße 38<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Sa 10 – 02 Uhr<br />
So 10 – 18 Uhr<br />
www.tberlin.com<br />
facebook.com/tberlinkreuzberg<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Salon Halit – Art<br />
Solmsstraße 35<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 17 – 20 Uhr<br />
Sa 13 – 18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.halit-art.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Photostudio Klam<br />
Hagelberger Straße 12<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
www.studio-klam.de<br />
Telefon 030 722 975 75
Ingo Kniest<br />
»Berge versetzen«<br />
In seiner Serie »Berge versetzen«<br />
beobachtet der Berliner Fotograf<br />
Ingo Kniest religiöse Rituale – von<br />
orthodoxen Christen bis hin zu<br />
tamilischen Hindus. Er interessiert sich<br />
für die identitätsprägende Bedeutung<br />
traditioneller Glaubenspraxis von<br />
Minderheiten und Menschen in der<br />
Diaspora.<br />
www.kniestphotography.net<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Joe Peña´s<br />
Marheinekeplatz 3<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo–Fr 12 – Open End<br />
Sa + So 9 – Open End<br />
Telefon 030 693 60 44<br />
Helmut Heidrich<br />
»Seascapes«<br />
»Soulscapes«<br />
Helmut Heidrich ist Fotograf und<br />
Maler, diese beiden Leidenschaften<br />
verbindet er in seinen Arbeiten. Die<br />
Ergebnisse präsentiert er in dieser<br />
Doppelausstellung.<br />
»Seascapes«<br />
Emotionsgeladene Landschaften vom<br />
Meer – Erinnerungen an Werke von William<br />
Turner werden wach. Die Ostsee,<br />
wie viele sie nicht kennen, wild und<br />
ungestüm, aber auch melancholisch.<br />
»Soulscapes«<br />
Helmut Heidrich lotet Grenzen aus, versucht,<br />
seine Art zu malen mit den Mitteln<br />
der digitalen Fotografie zu erweitern,<br />
ergänzen und zu verbinden. Fotografien<br />
wird ihre Identität genommen,<br />
sie werden zerstört und in einen neuen<br />
© Ingo Kniest<br />
© Helmut Heidrich, »Seascapes«, (O.i.F.)<br />
© Helmut Heidrich, »Soulcapes«, (O.i.F.)<br />
Kontext gebracht, abstrakte Bilder entstehen<br />
– Seelenlandschaften, mal besinnlich,<br />
traurig oder düster, dann wieder<br />
bunt und fröhlich.<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
© Helmut Heidrich, »Seascapes«, (O.i.F.)<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Room & Garden<br />
Möbel für Innen und Aussen<br />
Am Tempelhofer Berg 8<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 11 – 19 Uhr<br />
Sa 11 – 17 Uhr<br />
www.room-garden.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
63
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Edith Siepmann<br />
»Häuser, die sprechen<br />
- Häuser, die hören«<br />
Häuser, die was zu sagen haben. Wände,<br />
die nicht den Mund halten können.<br />
Ohren auf Balkons und Dächern, die<br />
nach Sätzen und Lauten aus der Ferne<br />
lauschen.<br />
Architektonische Short Cuts aus der<br />
Berliner Innenstadt - fotografiert in<br />
einer Zeit der sozialen und kulturellen<br />
Mischung, in der Autonome und Beamte,<br />
Eingeborene und Migranten, Reiche<br />
und Arme noch Haus an Haus und Tür<br />
an Tür wohnen im zur Spekulation frei<br />
gegebenen City-Bereich.<br />
Laura Wilhelm<br />
»Die Wiesn: Von Annerl<br />
bis Zenzi«<br />
Laura Wilhelm arbeitet als freie Fotografin<br />
und Artdirektorin in Berlin und<br />
München. Die Fotoserie »Von Annerl<br />
bis Zenzi« ist auf dem Münchner Oktoberfest<br />
entstanden und wurde als Dirndl-<br />
Quartett-Spiel herausgegeben.<br />
www.dirndlquartett.de<br />
lwilhelm@gmx.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Wilhelm & Medné<br />
Bio Bistro – Cateringservice<br />
Hedemannstraße 14<br />
10969 Berlin-Kreuzberg<br />
030 25 35 99 77 / 0172 95 65 160<br />
64 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Edith Siepmann © Edith Siepmann<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
freckles<br />
Nostitzstraße 33<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 12 – 20 Uhr<br />
Sa + So 11 – 20 Uhr<br />
www.frecklesheaven.com<br />
© Laura Wilhelm, »Die Rosi« © Laura Wilhelm, »Die Burgi«
Jacinta Lawani<br />
»BlüMEN«<br />
IMAGO 1:1 – ein<br />
interaktives Kunstwerk<br />
auf dem »The Browse<br />
Fotofestival«<br />
Die Kamera IMAGO 1:1 ist die größte<br />
begehbare Kamera der Welt und existiert<br />
weltweit nur ein Mal. Die Kamera<br />
ist mit einem Spezialobjektiv ausgestattet,<br />
welches die Anfertigung von lebensgroßen<br />
Porträtaufnahmen direkt ohne<br />
Negativ möglich macht – jedes ein lichtmalerisches<br />
Unikat.<br />
Die Kamera bietet die einzigartige Möglichkeit<br />
sich in einem Raum innerhalb<br />
ihres Corpus mithilfe eines seitenrichtigen<br />
Spiegels und eines Selbstauslösers<br />
in der Rolle des Fotografen wieder<br />
zu finden und selbst kreativ tätig zu<br />
werden. Gleichfalls in der Kamera wird<br />
das reflektierte Licht auf das Fotopapier<br />
projiziert. 10 Minuten später ist das 1:1<br />
Bildnis fertig.<br />
Alexa Catalin<br />
»Street«<br />
Street.<br />
This is what I like to shoot the most.<br />
Just go there and watch.<br />
The people, the background,<br />
the way the composition changes.<br />
© Jacinta Lawani<br />
© Annegret Kohlmayer<br />
© Alexa Catalin<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
POP<br />
Platten begleiten dich<br />
Riemannstraße 5<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 12 – 18.30 Uhr<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Kunstraum<br />
Imago 1:1<br />
am Moritzplatz<br />
Prinzenstraße 85<br />
10969 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Sa 11 – 19 Uhr<br />
www.imago1to1.com<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Coffee Cult<br />
Bergmannstraße 89<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 07 – 23 Uhr<br />
Sa + So 08 – 23 Uhr<br />
030 691 62 52<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
65
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Sebastian Greuner<br />
»Hiddensee«<br />
Sebastian Greuner lebt als freier Fotograf<br />
in Berlin und beschäftigtsich<br />
hauptsächlich mit den Themen Architektur,<br />
Interieur und urbaneRäume.<br />
»Wir wissen natürlich immer, dass das,<br />
was uns das Foto zeigt,nicht wirklich im<br />
hier und jetzt ist«.<br />
Christian Metz<br />
Finkbeiner & Salm<br />
»Nature Morgana«<br />
Frieder Salm und Carl Finkbeiner arbeiten<br />
als Fotografen und Kameramänner<br />
und starteten 2009 die gemeinsame<br />
künstlerische Arbeit mit dem Foto-<br />
Zyklus »Nature Morgana«.<br />
Grundlage ihrer Bilder sind Fotografien<br />
von außergewöhnlichen Orten rund um<br />
den Globus, die dann in einem mehrstufigen<br />
Bearbeitungsprozess verändert<br />
und gestaltet werden.<br />
www.finkbeiner-salm.de/about.html<br />
Stefan Melchior<br />
»THF – Bilder eines<br />
Flughafens«<br />
Stefan Melchior, ausgebildeter Kameramann<br />
und Fotograf mit dem Schwerpunkt<br />
Architektur und Werbung - mehrfacher<br />
Preisträger beim Europäischen-<br />
Architekturfotografie-Preis.<br />
www.stefan-melchior.de<br />
66 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
www.greuner-photographie.de<br />
© Finkbeiner & Salm, (Original in Farbe)<br />
© Stefan Melchior, (Original in Farbe)<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
BRENNOE<br />
Damen und Kindermoden<br />
Bergmannstraße 10<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 11 – 19 Uhr<br />
Sa 11 – 18 Uhr<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Restaurant Noiquattro<br />
Südstern 14<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 17 – 24 Uhr<br />
Sa 18 – 24 Uhr<br />
www.noiquattro.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Molinari & Ko<br />
Riemannstraße 13<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 08 – 01 Uhr<br />
Sa 09 – 01 Uhr<br />
Telefon 030 691 39 03
Joao Paglione<br />
»Step into the Light«<br />
Gute Fotografie ist oft Zufall. Die besten<br />
Fotos entstehen spontan und sind nicht<br />
vorhersehbar.<br />
Bei meiner Arbeit als Fotograf muß<br />
ich muss ich »kommerziell« denken,<br />
mich nach den Wünschen der Kunden<br />
richten.<br />
An einem Tag in Paris bei wunderschönen<br />
Licht versuchte ich meinen Kopf von<br />
dieser Vorstellung zu befreien.<br />
Hinrich Schultze<br />
Unpolitische Fotos von Hinrich<br />
Schultze<br />
»Wenn man das Leben so ernst<br />
nehmen würde wie es wirklich ist-<br />
das wäre ja gar nicht auszuhalten!«<br />
www.dokumentarfoto.de<br />
© Joao Paglione<br />
© Hinrich Schultze<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
G wie Gulasch<br />
Chamissoplatz 1<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Sa 17 – 22 Uhr<br />
www.g-wie-gulsch.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Café Primel<br />
Fidicinstraße 9<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mi – Mo 12 – 19 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
67
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
68 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
Andrés Felipe Carulla<br />
»Karneval von Oruro<br />
- Im Rausch der<br />
Farben«<br />
Die fotografische Reihe »Karneval<br />
von Oruro - Im Rausch der Farben«<br />
(Bolivien, 2008) dokumentiert eine der<br />
grössten kulturelle Manifestation der<br />
Andenregion. Es zeigt die Menschen<br />
und die ausgelassene Farbenpracht der<br />
Masken und Verkleidungen, die auf<br />
den karnevalesken Umzügen zu sehen<br />
sind.<br />
Miriam Tamayo<br />
»Performance und<br />
Tanz«<br />
»Die Schönheit des Tanzes entfaltet<br />
sich in der Bewegung. Kann man diese<br />
Schönheit in einem Bild einfangen? In<br />
meinen Fotografien bin ich stets auf der<br />
Suche nach diesem Moment.«<br />
Miriam Tamayo, freie Fotografin lebt<br />
und arbeitet in Berlin.<br />
Marion Schwan<br />
»Feet and Street«<br />
© Andrés Felipe Carulla<br />
Andrés Felipe Carulla, geboren in<br />
Kolumbien, lebt und arbeitet seit 2010<br />
in Berlin.<br />
www.andresfelipecarulla.com<br />
© Miriam Tamayo<br />
www.miriamtamayo.com<br />
Marion Schwan lebt in Berlin. In ihren<br />
aktuellen Arbeiten hat sie sich dem<br />
Thema »Feet and Street« hingegeben…<br />
welches sie spannungsreich und mit<br />
einem Augenzwinkern darstellt! Jedes<br />
ihrer spontan entstandenen Fotos erzählt<br />
eine kleine Geschichte und lässt Platz<br />
für eigene Interpretationen. ©Marion Schwan, »Die Spaziergängerin«<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Zaher´s Lounge / Café – Bar<br />
Nostitzstraße 38<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
täglich 13 Uhr – open end<br />
www.zahers.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Zaher´s Lounge / Café – Bar<br />
Nostitzstraße 38<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
täglich 13 Uhr – open end<br />
www.zahers.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Turandot<br />
Bergmannstraße 93<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
täglich ab 12 Uhr<br />
030 69 25 186<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
69
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Willy Inselmann<br />
Lebt in Neukölln. Seine letzten Arbeitenbeschäftigen<br />
sich mit dem Blick nach<br />
Unten auf der Suche nach dem Alltäglichen<br />
und dem Versuch dieses in einem<br />
anderen Kontext wahrzunehmen und<br />
zu reproduzieren. Da kann es schon<br />
mal geschehen, dass die Welt kurzzeitig<br />
auf dem Kopf steht.<br />
Quique del Bianco<br />
»carnaval is the<br />
downtown«<br />
This photo belongs to the exhibition<br />
»carnaval is the downtown« taking<br />
and mixing other identities as their<br />
own, creating a new which reflects,<br />
and communicates what you feel and<br />
nonconformities with the government.<br />
Oscar Lebeck<br />
»Concoction«<br />
»Concoction« ist in vieler Hinsicht ein<br />
Ausdruck von Vielseitigkeit. Eine Mixtur,<br />
etwas Vielgestaltiges, eine Aufzählung<br />
und Vermischung von Stücken. Von Barcelona<br />
bis Südfrankreich, von Krakau<br />
bis Österreich entstand eine, meist<br />
im dämmrigen Licht aufgenommende,<br />
Serie. Das Korn ist dabei das ausströmende<br />
Element. Das Schwarz-Weiss<br />
lässt das Enigmatis<br />
70 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Willy Inselmann, »after the rain«<br />
© Quique del Bianco<br />
© Oscar Lebeck<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Turandor<br />
Bergmannstraße 93<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
täglich ab 12 Uhr<br />
030 69 25 186<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Colibri<br />
Genußbar für mediterane<br />
Kleinigkeiten<br />
Chamissoplatz 1<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Sa 18 – 01 Uhr<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Atlantic<br />
Bergmannstraße 100<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
täglich ab 09 Uhr<br />
Küche bis 24 Uhr<br />
030 691 92 92
Jorinde Gersina<br />
Jorinde Gersina inzeniert als gefragte<br />
Porträtfotografin Stars und Persönlichkeiten<br />
aus der Kultur, Mode und Entertainmentwelt.<br />
Sie versucht mit viel Feingefühl, die Menschen<br />
nicht nur abzubilden,sondern<br />
ihre wahre Persönlichkeit zu erfassen.<br />
www.jorindegersina.com<br />
Uwe Gero<br />
»Frauenpower«<br />
Anlässlich des Browse Fotofestivals<br />
widmen sich der Fotojournalist Gerhard<br />
Goihl und ich auch in diesem<br />
Jahr in einer gemeinsamen Ausstellung<br />
dem Thema Fußball. Egal ob Profi<br />
oder Amateur, das runde Leder verbindet<br />
immer wieder Menschen auf der<br />
ganzen Welt.<br />
Mein Foto »Frauenpower« zeigt eine<br />
Frau aus dem Team von Kamerun. Sie<br />
bereitet sich während des Amateurfuß-<br />
Gerhard Goihl<br />
»Fußball nur ein Spiel«<br />
Wolfgang Krolow<br />
Der Mann ist ein Poet und er ist ein<br />
Mann des Blues. Der Publizist Rolf Hosfeld<br />
hat einmal über ihn gesagt: »Es ist,<br />
als ob Wolfgang Krolow auch am helllichten<br />
Tag mit einem Nachtsichtgerät<br />
ausgestattet hinter den Fassaden sofort<br />
Dimensionen entdecken kann, die das<br />
bloße Auge nicht wahrnimmt«.<br />
www.krolowphot.de<br />
© Jorinde Gersina, »Karina«,(O.i.F.)<br />
© Uwe Gero, (O.i.F.)<br />
ballturniers Discover Football frohgemut<br />
und mit viel Leidenschaft auf das<br />
Eröffnungsspiel gegen die Frauenmannschaft<br />
aus Brasilien vor.<br />
Hohes afghanisches Militär besuchte<br />
das afghanische Frauen-Nationalteams<br />
beim DISCOVER FOOTBALL TOUNIER<br />
im Juli 2010 in Berlin-Kreuzberg.<br />
© Wolfgang Krolow<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Maselli Ristorante<br />
Nostitzstraße 49<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – So 16 – 24 Uhr<br />
0176 648 77 925<br />
© Gerhard Goihl<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Bago<br />
Blücherstraße 23<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Fr 10 – 15 Uhr<br />
www.bago-berlin.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Da Enzo<br />
Willibald-Alexis-Straße 25<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – So 18 – 24 Uhr<br />
www.daenzo-berlin.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
71
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Mehmet Dedeoglu<br />
»Musik ist mein Leben. Sie geht mir<br />
direkt ins Herz. Mit der Kamera fange<br />
ich diese Stimmungen ein - so versetzen<br />
sie mich in Raum und Zeit.<br />
Musik ist für mich eine universelle Sprache,<br />
die von allen überall und jederzeit<br />
gelebt werden kann. Sie verbindet<br />
mich mit allen anderen, über alle Grenzen<br />
hinweg.<br />
Besonders bei den Jazz Improvisationen<br />
meines Clubs »A -Trane« treffen Menschen<br />
aus der ganzen Welt aufeinander<br />
und inspirieren sich gegenseitig.<br />
Meine Bilder spiegeln diese Stimmung<br />
ein wenig wieder. Deshalb ist auch<br />
die Fotografie mein Leben.« Mehmet<br />
Dedeoglu ist seit 1996 Hausfotograf im<br />
Holger Groß<br />
»Deutscher Karneval«<br />
In seiner Bilderserie »Karneval« nähert<br />
sich Holger Groß einem deutschen<br />
Karneval, der wenig mit dem zu tun<br />
hat, was die deutschen Fernsehsender<br />
Jahr ein Jahr aus zur Karnevalshochzeit<br />
in die deutschen Haushalte ausstrahlen<br />
lassen.<br />
Holger Groß ist nicht interessiert an<br />
der zur Schau gestellten Lustigkeit der<br />
FernsehKarnevalisten.<br />
Stattdessen taucht er in die Welt<br />
der kleinen Vereine abseits der<br />
Karnevalshochburgen ein. Im bewusst<br />
Dieter Behrendt<br />
»Berlin im Licht«<br />
»Berlin bei Nacht in seiner prachtvollen<br />
Farbigkeit zu fotografieren, ist für mich<br />
um ein Vielfaches reizvoller als in<br />
seiner grauen Silhouette bei Tag.« Als<br />
langjähriger Amateurfotograf habe<br />
ich versucht, dieses Thema stilvoll<br />
umzusetzen.<br />
72 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Mehmet Dedeoglu, »Dellas Miles«<br />
Jazz Club »A-Trane«. »Auch für die Jazz<br />
Werkstatt Berlin- Brandenburg« war ein<br />
in verschiedenen Berliner Jazz Clubs<br />
oder in der Philharmonie tätig.<br />
mehmet@berlinturk.de<br />
www.berlinturk.de<br />
© Holger Groß<br />
gewählt Unspektakulären sucht Holger<br />
Groß Antworten auf die Frage, warum<br />
der deutsche Karneval so wenig von<br />
der Ausgelassenheit einlöst, welches<br />
wir in ewiger Wiederkehr im Fernsehen<br />
bewundern dürfen.<br />
© Dieter Behrendt, (O.i.F.)<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Knofi<br />
Bergmannstraße 11<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – So 07 – 24 Uhr<br />
www.knofi.de<br />
030 695 643 59<br />
www.holgergross.com<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
NOR<br />
not only riesling<br />
Weinhandel – Bar<br />
Schleichermacherstraße 25<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
www.not-only-riesling.de<br />
030 695 388 66<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Restaurant Split<br />
Blücherplatz 2<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Täglich 11.30 – 22.30 Uhr<br />
www.restaurant-split-berlin.de<br />
030 251 27 15
Lisa Sprengel<br />
»Neuseeland - Glück<br />
gehabt!«<br />
Zufriedenheit und Glück bedeutet für<br />
jeden etwas anderes. Während meiner<br />
Reise durch Neuseeland fragte ich<br />
Menschen danach. Das entstandene<br />
Mosaik soll eine Liebeserklärung an<br />
ein wunderschönes Land und seine<br />
entspannten Bewohner sein - Nicht<br />
mehr und nicht weniger.<br />
Jan-Peter Boening<br />
»Kennen Sie<br />
Guimarães oder<br />
Maribor«?<br />
Maribor in Slowenien und Guimarães<br />
in Portugal sind die Europaeischen<br />
Kulturhauptstaedte <strong>2012</strong>.<br />
Die zweitgroesste slowenische Stadt<br />
Maribor liegt am Fuße des Pohorjegebirges<br />
in der Untersteiermark. Der nächste<br />
größere Nachbar in 60 km Entfernung<br />
ist Graz.<br />
Guimarães mit 52 000 Einwohnern liegt<br />
50 km nordöstlich von Porto in Portugal.<br />
Die Altstadt von Guimarães gehört zum<br />
UNESCO Weltkulturerbe, Maribor<br />
www.boening.eu<br />
© Lisa Sprengel,(O.i.F.)<br />
© Jan-Peter Boening<br />
© Jan-Peter Boening<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Brezel Bar<br />
Friesenstraße 2<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Sa 10 – 20 Uhr<br />
www.brezelbar.de<br />
0179 975 00 29<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Paasburg´s Weinhandlung<br />
Fidicinstraße 3<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
www.paasburg.de<br />
030 611 018 38<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
73
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
© Frank-Rüdiger Berger<br />
Gruppe 97<br />
Frank-Rüdiger Berger<br />
Susanne Czichowski<br />
Sylvia Forsten<br />
Ursula Kelm<br />
Angela Kröll<br />
Barbara Oehler<br />
74 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Ursula Kelm<br />
© Susanne Czichowski © Sylvia Forsten © Angela Kröll<br />
Eröffnung: 3. Juni <strong>2012</strong><br />
15 Uhr: Galerie Marheineke-Markthalle<br />
16 Uhr: The Browse – Galerie Gang Art<br />
Zwischen den Bäumen<br />
Zwischen den Bäumen … liegt der<br />
Wald: geheimnisvoll-faszinierender Ort<br />
aus alten Märchentagen und gleichzeitig<br />
gefährdete Lunge der Natur. Ob einzelner<br />
Baum, lichter Hain oder dunkles<br />
Gehölz – der Wald bewegt uns und<br />
zieht uns an, er erfreut uns oder schreckt<br />
uns ab … der Wald … zwischen den<br />
Bäumen …<br />
© Barbara Oehler<br />
www.gruppe97berlin.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
The Browse – Galerie Gang Art<br />
Gesundheitszentrum<br />
Bergmannstraße 5<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mi – Sa 14 – 20 Uhr
Sönke Tollkühn<br />
»wann ist das schwein<br />
ein schwein«<br />
sönke tollkühn - 1959 in hamburg geboren.<br />
zwei jahre hamburger fotoschule.<br />
lebe seit 1985 in berlin. arbeite seit 1987<br />
regelmäßig für tageszeitungen. schon<br />
diverse ausstellungen in berlin. titel der<br />
ausstellung im juni <strong>2012</strong> »wann ist das<br />
schwein ein schwein«. gezeigt werden<br />
collagen mit schweinen- in der restaurantgalerie<br />
Z in der friesenstraße. im vergangenen<br />
jahr turnten affen an berliner<br />
C.A. Schulz<br />
»Don’t touch my radio<br />
– L’altra Venezia«<br />
San Marco, Canal Grande, Carnevale<br />
– das Bild keiner Stadt ist so sehr<br />
geprägt von »Postkartenansichten« wie<br />
das Bild Venedigs. »L’altra Venezia«<br />
versucht einen anderen Blick auf<br />
eine Stadt zu vermitteln, eine andere<br />
Ästhetik zu finden, die dennoch typisch<br />
venezianisch ist.<br />
Zoe La Mar<br />
»where to«<br />
Ein kleines Mädchen in einem Zug, auf<br />
einer Bahnstation.<br />
Der Blick schweift in die Ferne und wir<br />
wissen nicht, ob vor oder zurück.<br />
Was erwartet das Kind? Ein neues Glück,<br />
eine traurige Episode?<br />
Was blieb zurück- für immer oder nur<br />
für ein paar Tage? Ein vergessener Teddy,<br />
ein Freund, ein Zuhause? Egal, was war<br />
oder was kommen mag, es gibt nur ein<br />
Weiter. Auch für ein Kind. Geprägt hat<br />
alles und das kommt immer mit.<br />
© Sönke Tollkühn<br />
hausfassaden. <strong>2012</strong> sind schweine in<br />
der stadt. wissenschaftler haben herausgefunden,<br />
dass schweine ein bewusstsein<br />
haben, können sich sogar im spiegel<br />
erkennen.........<br />
© C.A. Schulz, »Don’t touch my radio«<br />
© Zoe La Mar<br />
Ein Kind auf einem Weg. Das lädt ein<br />
zum Träumen und Hoffen. Und man will<br />
erst einmal vergessen, dass jeder Weg<br />
auch seine Grenzen hat.<br />
Otana Thiede, Autorin<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Restaurant Z<br />
Friesenstraße 12<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Sa 12 – 24 Uhr<br />
www.restaurant-z.de<br />
030 692 27 16<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Kollo<br />
Chamissoplatz 4<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – Sa ab 18 Uhr<br />
So ab 19 Uhr<br />
www.kollo-berlin.de<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Bar Vereinszimmer<br />
Kreuzbergstraße 15<br />
10965 Berlin-Kreuzberg<br />
Täglich 08 –20 Uhr<br />
www.bar-vereinszimmer.de<br />
030 818 287 50<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
75
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
© Boryana Katsarova<br />
International<br />
Ausstellungen Dokumentar- und Reportage-Fotografie weltweit (18.-23.6.<strong>2012</strong>)<br />
Professional Week (18.-22.6.<strong>2012</strong>)<br />
Meet & Greet – Infostände, Veranstaltungen, Portfolio Viewings<br />
Fotografen/innen-Bildvorträge, Workshops, Diskussionspanels, Interview-Gespräche u.a.<br />
Locations: Festivalgelände: Nähe Checkpoint Charlie und Jüdischem Museum/<br />
ehem. Blumengroßmarkt, Enkestraße/ Besselpark, Veranstaltungszelte & Außengelände,<br />
sowie Forum Factory, Besselstr. 13-14, 10969 Berlin<br />
Eröffnungsveranstaltung: Mo 18.6.<strong>2012</strong>, 19:00 Uhr<br />
Location: zentrales Veranstaltungszelt Festivalgelände<br />
Vorab um 17:30 Uhr: Ausstellungseröffnung: »Himalaya« Frederic Lemalet<br />
Location: Factory Forum, Besselstraße 13-14, 10969 Berlin<br />
Award-Verleihung und Party: Fr 22.6.<strong>2012</strong>, 19:00 Uhr<br />
Location: zentrales Veranstaltungszelt Festivalgelände<br />
76 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
Valerio Bispuri<br />
Yuri Kozyrev, © Sergei Art<br />
Boryana Katsarova<br />
Kadir van Lohuizen, (Selfportrait)<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Internationale Ausstellungen<br />
� World Press Photo 12 ............................................................................. 78<br />
NOOR Climate Change Project<br />
� Blackfields: Poland´s Coal Industry by Pep Bonet .................................... 82<br />
� Shadows of Change by Stanley Greene ................................................... 84<br />
� War and Climate Refugees by Jan Grarup ............................................... 86<br />
� Yamal Peninsula by Yuri Kozyrev ............................................................ 88<br />
� The Maldives by Francesco Zizola ......................................................... 90<br />
� Greening the Ghetto by Nina Berman .................................................... 92<br />
� Tupande Miti! Sustainable Forestry by Alixandra Fazzina ........................ 94<br />
� Wind Energy in China by Kadir van Lohuizen ......................................... 96<br />
� The Cuban Solution by Jon Lowenstein ................................................... 98<br />
Dokumentar- und Reportagefotografie<br />
� Ann-Christine Woehrl »African Voodoo«...................................................... 100<br />
� Arthur Bondar »The Holy War« .............................................................. 102<br />
� Boryana Katsarova »The Touch« ............................................................. 104<br />
� Frederic Lemalet »Himalaya« ......................................................................... 106<br />
� Sergey Kozmin »Girl Soldiers« ................................................................ 108<br />
� Daniele Tamagni »The Flying Cholitas« ................................................... 110<br />
� Günter Zint, »ZINTSTOFF« – Werkschau des Dokumentarfotografen ...... 112<br />
� Nikos Pilos »An Underground - Political Culture« ................................... 114<br />
� Benjamin Hiller ...................................................................................... 116<br />
� Stefano Renna »Le voci di dentro« .......................................................... 118<br />
� Androniki Christodoulou »UNDERWORLD« .......................................... 120<br />
� Nadav Neuhaus »Drug wars in Mexico« ...................................................... 122<br />
� Bruno Decock »Mit dem iPhon unterwegs« ............................................ 124<br />
� Robert King »War photographer« ............................................................ 126<br />
� Gordon Welters »Geh, meine Schöne« ................................................... 128<br />
� Erik-Jan Ouwerkerk »Einsame Kommunkation« ....................................... 129<br />
� Valerio Bispuri, Encerrrados »Travel to Sout America jail« ....................... 130<br />
� Timo Vogt »Syria - Land of the Living Dead«........................................... 132<br />
� Hana Jakrlova »Big Sisters« .................................................................... 134<br />
� Tserendorj, Byambasuren, Lkhagvasuren,»FOR ALL WHO HAVE A HEART<br />
� FOR MONGOLS« ................................................................................. 136<br />
� Tian Taiquan »Amarcord« ....................................................................... 138<br />
� Jiri Rezac »Alberta Tar Sands« ................................................................ 140<br />
� Fotowettbewerb »dpa-Bilder des Jahres« ................................................ 142<br />
� Black. Light Project ......................................................................................... 144<br />
Focus-Ausstellungen »4 Berliner Fotografen«<br />
� Michael Hughes »Souvenirs« ......................................................................... 148<br />
� Gerhard Kassner »Professional-Privat«, Bilder von Menschen .................. 150<br />
� Daniel Wetzel »Kriegerinnen« ................................................................ 152<br />
� Roland Horn »Streitfragen« ..................................................................... 154<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
77
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
World Press Photo 12<br />
Der spanische Fotograf Samuel Aranda<br />
ist für sein Bild einer verschleierten<br />
Jemenitin, die einen verletzten Verwandten<br />
im Arm hält, mit dem Preis für<br />
das beste Pressefoto des Jahres ausgezeichnet<br />
worden.<br />
Das Siegerfoto entstand in Sanaa,<br />
Jemen. Am 15. Oktober des vergangenen<br />
Jahres forderten 100.000 Menschen<br />
den Rücktritt des Präsidenten Ali Abdullah<br />
Saleh. Zwölf Menschen wurden von<br />
Sicherheitskräften und Verbündeten des<br />
Regimes erschossen, Dutzende Menschen<br />
wurden verletzt.<br />
Zur Begründung der Jury sagte der Vorsitzende,<br />
Aidan Sullivan: »Vielleicht<br />
werden wir nie erfahren, wer diese Frau<br />
ist, die einen verletzten Verwandten in<br />
ihren Armen wiegt. Aber die beiden<br />
sind ein lebendiges Bild vom Mut einfacher<br />
Menschen. Sie halfen, ein wichtiges<br />
Kapitel in der Geschichte des Mittleren<br />
Ostens zu schreiben.«<br />
Der 1979 geborene Preisträger, Samuel<br />
Aranda, arbeitet seit 2004 für die Agentur<br />
Agence France Presse und dokumentiert<br />
Konflikte und soziale Spannungen<br />
in Spanien, Nordafrika, dem Nahen und<br />
Mittleren Osten.<br />
Die Stiftung World Press Photo vergibt<br />
jedes Jahr in 18 Kategorien Preise für die<br />
besten Pressefotos.<br />
Eine international besetzte Jury aus<br />
19 Fotografen wählte das World Press<br />
Photo aus mehr als 100.000 Fotografien<br />
aus. Insgesamt wurden 57 Fotografen<br />
aus 24 Nationen ausgezeichnet.<br />
Teilge-nommen hatten 5247 Fotografen<br />
aus 124 Ländern.<br />
8. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – So 12 – 18 Uhr<br />
Eintritt frei, Ausweis erforderlich<br />
78 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
»World Press Photo of the Year 2011«<br />
© Samuel Aranda, Spain, for The New York Times<br />
A woman holds her wounded son in her arms during protests against president Saleh, Sanaa Yemen,<br />
15. October, (O.i.F.)<br />
»2nd prize Sports Stories«<br />
© Adam Pretty, Australia, Getty Images<br />
Divers practice during the 14th FINA World Aquatics Championships at the Oriental Sports Center<br />
in Shanghai, China, 17. July
»2nd prize General News Stories«<br />
© Paolo Pellegrin, Italy, Magnum Photos for Zeit Magazin<br />
Tsunami aftermath, Japan, 14. April<br />
»2nd prize People in the News Singles«<br />
© Tomasz Lazar, Poland<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Arrest of protesters in Harlem, New York City, during a demonstration against police tactics an income inequality. New York, USA, 25. October, (O.i.F.)<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
79
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
© Pep Bonet, NOOR/Laif<br />
80 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
NOOR<br />
ist ein Fotografen-Kollektiv und eine<br />
Stiftung mit Sitz in Amsterdam. NOOR<br />
bringt die Talente und Perspektiven von<br />
elf Fotografen aus sieben verschiedenen<br />
Ländern zusammen. Seine preisgekrönten<br />
Mitglieder zählen zu den anerkanntesten<br />
und erfahrensten Fotojournalisten<br />
unserer Zeit.<br />
NOOR<br />
will zu einem wachsenden Verständnis<br />
der Welt beitragen - mit unabhängigen<br />
visuellen Hintergrund-Reportagen, die<br />
den Blick der Öffentlichkeit für Fragen<br />
der Menschenrechte und anderer globaler<br />
Probleme schärfen und einen positiven<br />
sozialen Wandel stimulieren. Langzeit-Projekte<br />
sind ein Markenzeichen<br />
von NOOR.<br />
Neben individuellen Projekten der einzelnen<br />
Mitglieder, stehen Gruppenprojekte<br />
klar im Vordergrund der Arbeit von<br />
NOOR.<br />
NOOR<br />
is a photographic collective and foundation<br />
based in Amsterdam, the Netherlands,<br />
combining the talents and perspectives<br />
of eleven photographers hailing<br />
from seven different countries. Its<br />
members are some of the most highly<br />
recognized and experienced photojournalists<br />
working today.<br />
NOOR<br />
seeks to contribute to a growing understanding<br />
of the world by producing<br />
independent in depth visual reports that<br />
stimulate positive social change, impact<br />
views on human rights and other issues<br />
of global concern. Long-term projects<br />
are a trade mark of NOOR.<br />
Besides individual photographic<br />
projects, long-term collective projects<br />
are at the core of NOOR.<br />
Das Klimawandel Projekt<br />
Im Sommer 2009 entschieden sich die<br />
Fotografen dazu, sich für ein Langzeitprojekt<br />
zusammenzutun, das die humanitären<br />
Auswirkungen des Klimawandels<br />
zeigt – Consequences – und analysiert,<br />
was getan werden kann um den<br />
Klimawandel zu verlangsamen oder<br />
umzukehren – Solutions..<br />
Consequences wurde 2009 erstmals auf<br />
dem UN Weltklimagipfel in Kopenhagen<br />
gezeigt. Im Dezember 2010 folgte<br />
die Reportage-Reihe Solutions. Beide<br />
Serien touren als Wanderausstellungen<br />
durch die Welt und das Projekt erregt<br />
große internationale Aufmerksamkeit.<br />
Das NOOR Projekt Klima-Wandel bei<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Insgesamt besteht das zweiteilige Projekt<br />
Climate Change aus 21 Reportagen<br />
mit 600 Bildern. The Browse Fotofestival<br />
Berlin <strong>2012</strong> präsentiert 17<br />
Geschichten von 9 Fotograf/innen mit<br />
107 Fotos. Erstmals werden Reportagen<br />
aus beiden Projekt-Serien - Consequences<br />
und Solutions -zusammen an<br />
einem Ort ausgestellt.<br />
Textquelle: Auszüge mit geringen Modifikationen<br />
aus NOOR Selbstdarstellungen. Alle weite-<br />
ren Texte zu den Reportagen und Fotografen ©<br />
NOOR.<br />
The Climate Change Project<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
NOOR<br />
In the summer of 2009, the photographers<br />
decided to unite their efforts to<br />
create a group project that shows the<br />
humanitarian effects of climate change –<br />
Consequences – and analyses what can<br />
be done to slow done or turn around climate<br />
change – Solutions.<br />
Consequences was first shown at the<br />
UN climate summit in Copenhagen,<br />
December 2009. In December 2010<br />
Solutions followed.<br />
The Climate Change Special at The<br />
Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Climate Change by NOOR has received<br />
huge international attention and both<br />
project exhibitions have been touring<br />
internationally extensively.<br />
The Climate Change project consists of<br />
21 stories with 600 images. The Browse<br />
Fotofestival Berlin <strong>2012</strong> presents 17 stories<br />
by 9 photographers with 107 images<br />
of NOOR’S Consequences and Solutions<br />
– the first time ever that images of<br />
both projects have been publicly exhibited<br />
at the same time in a single exhibition.<br />
Kontakt<br />
Claudia Hinterseer, Managing Director<br />
www.noorimages.com<br />
office@noorimages.com<br />
tel. +31 20 616 4040<br />
P.O. Box 15666<br />
1001 ND Amsterdam, the Netherlands<br />
81
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Consequences<br />
Blackfields: Poland’s<br />
Coal Industry<br />
by Pep Bonet<br />
Coal Mines, Poland | Sep 2009<br />
Polen ist der zweitgrößte Kohleproduzent<br />
und Verbraucher in Europa und infolgedessen<br />
auch eines der meist verschmutzten<br />
und die Umwelt verschmutzenden<br />
Länder Europas. Von allen fossilen<br />
Brennstoffen hat der Einsatz von<br />
Poland is the second largest coal<br />
producer and consumer in all of Europe<br />
and consequently one of the most<br />
polluted and polluting countries. From<br />
all fossil fuels brown coal is the one<br />
Poland, Belcahtow. September 2009. © Pep Bonet, NOOR/laif<br />
82 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Braunkohle die stärkste Auswirkung auf<br />
den Klimawandel. Er produziert 1/3 des<br />
weltweiten CO2 Ausstoßes.<br />
Pep Bonet besuchte das Gebiet<br />
Oberschlesien – eine der am stärksten<br />
industrialisierten und verschmutz-<br />
that has the biggest impact on climate<br />
change, producing 1/3 of the worlds<br />
CO2 emissions.<br />
Pep Bonet visited the region of Upper<br />
Silesia - one of the most heavily<br />
ten Regionen des Kontinents – um die<br />
Auswirkungen der Kohleindustrie auf die<br />
Umwelt und die Menschen zu dokumentieren.<br />
industrialized and polluted areas in<br />
the continent - to document the environmental<br />
and humanitarian impact of<br />
coal mining.
NOOR Climate Change Project<br />
September 2009. Sosnica - Makoszowy Coal Mine. Portrait of a miner working at 850 m under earth. © Pep Bonet, NOOR/laif<br />
Pep Bonet (Spain, 1974)<br />
Pep’s work focuses on African issues and<br />
long-term projects. His work on social<br />
issues has led to several photography<br />
books and many exhibitions worldwide.<br />
Pep is a recipient of the Eugene Smith<br />
Humanistic Grant in Photography and<br />
several World Press Photo Awards. Pep<br />
Lives in Mallorca.<br />
Pep Bonet (Spain, 1974)<br />
Pep’s Hauptaugenmerk liegt auf den<br />
Problemen Afrikas und Langzeitprojekten.<br />
Aus seiner Arbeit zu sozialen Problemen<br />
entstanden diverse Fotografiebücher<br />
und zahlreiche Ausstellungen<br />
weltweit. Pep erhielt den Eugene Smith<br />
Humanistic Grant für Fotografie und<br />
einige World Press Photo Preise. Pep<br />
lebt in Mallorca.<br />
Pep Bonet, © Joana Pinar<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
83
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Consequences<br />
Shadows of Change<br />
by Stanley Greene<br />
Greenland | Oct 2009<br />
»Dieses Wetter gehört hier nicht her. Es<br />
gehört jemand anderem. Wenn wir kein<br />
Eis haben, werden wir sterben.« Mit dieser<br />
Weissagung fasst ein Inuit-Jäger die<br />
fatale Situation für die Einheimischen<br />
»This weather does not belong to us. It<br />
belongs to someone else. If we don’t<br />
have ice, we are going to die.« With<br />
this prediction, an Inuit hunter sums<br />
up the dire situation for the indigenous<br />
Shadows of change, Uummannatsiaq, Greenland -10/21/09, © Stanley Greene, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />
84 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Nord- und Ostgrönlands zusammen.<br />
Vermutlich ist nirgendwo auf der Erde der<br />
Beweis für den Klimawandel offensichtlicher.<br />
Mancherorts ist das Eis bereits zu<br />
dünn für die Inuit, um ihre Reise zu ihren<br />
peoples who live in northern and eastern<br />
Greenland. Nowhere on Earth, perhaps,<br />
is the evidence of climate change more<br />
apparent. In some places, the ice shelf<br />
is already too thin to permit the Inuit<br />
traditionellen Jagdgründen zu machen.<br />
Die Inuit, die Jahrhunderte überlebten, in<br />
dem sie Robben und Wale jagten, müssen<br />
nun mit ihren eigenen Augen beobachten,<br />
wie ihre Lebensart zerstört wird.<br />
to travel to traditional hunting grounds.<br />
The Inuit, who survived for centuries by<br />
hunting seals and whales, are watching<br />
their way of life disappear before their<br />
very eyes.
Shadows of change, Uummannaq, Greenland -10/21/09, © Stanley Greene, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />
Stanley Greene (USA, 1949)<br />
Stanley Greene has worked extensively<br />
all over the world. His most well known<br />
body of work is his coverage of the war<br />
in Chechnya, from which he released<br />
»Open Wound« in 2003. His most recent<br />
book »Black Passport« was published in<br />
Autumn 2009. He is a recipient of the<br />
Eugene Smith Humanistic Grant and the<br />
2011 Getty Award for Editorial Images.<br />
Stanley is based in Paris.<br />
Stanley Greene (USA, 1949)<br />
Stanely Greene hat überall auf der<br />
ganzen Welt gearbeitet. Die bekannteste<br />
Arbeit des Fotografen ist seine<br />
Berichterstattung über den Tschetschenienkrieg.<br />
Ergebnisse dieser Arbeit<br />
hat er in »Open Wound« 2003 veröffentlicht.<br />
Sein neuestes Buch »Black<br />
Passport« kam im Herbst 2009 heraus.<br />
Er erhielt den Eugene Smith Humanistic<br />
Grant und den Getty Award for Editorial<br />
Images 2011. Stanley lebt in Paris.<br />
NOOR Climate Change Project<br />
Stanley Greene, © Sarah Shatz<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
85
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Consequences<br />
War and Climate<br />
Refugees<br />
by Jan Grarup<br />
Horn of Africa | Nov 2009<br />
Das größte Flüchtlingslager der Welt,<br />
Dadaab in Kenya, platzt mit seinen<br />
300,000 Insassen aus allen Nähten, und<br />
täglich kommen mehr. Viele von ihnen<br />
sind sogenannte »Klimaflüchtlinge«,<br />
Menschen, die wegen monatelanger<br />
Dürre ihre Heimat gezwungenermaßen<br />
The world’s largest refugee camp in<br />
Dadaab, Kenya is bursting at the seams<br />
with more than 300,000 occupants, and<br />
more coming everyday. Many of them<br />
are so called »climate refugees«, people<br />
forced to leave their homes following<br />
Dadaab refugeecamp - 90 kilometers from the somali border. the world biggest refugeecamp with apx. 300.000 people living there.<br />
© Jan Grarup, NOOR/laif<br />
86 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
verlassen müssen. Die prekäre Situation<br />
verschlimmerte sich jüngst noch durch<br />
starken Regenfall. Da das wasserarme<br />
Land zu trocken ist, um Regen aufzunehmen,<br />
entstehen Hochwasser und<br />
Überschwemmungen, die die Häuser<br />
der Einwohner zerstören und sani-<br />
several months of severe drought. The<br />
precarious situation recently worsened<br />
due to heavy rains. With the arid land<br />
too dry to absorb rainfall, floodwaters<br />
are rising, destroying shelters and contaminating<br />
sanitation facilities. As a result,<br />
täre Anlagen verseuchen. Dadurch verbreiten<br />
sich Seuchen wie Malaria, die<br />
schnell tausende Menschen infizieren.<br />
Die UN schätzt, dass es bis <strong>2012</strong> über<br />
50 Millionen Klimaflüchtlinge alleine in<br />
Afrika geben wird.<br />
waterborne diseases such as malaria are<br />
thriving and rapidly infecting thousands.<br />
The UN estimated that by <strong>2012</strong> there<br />
will be over 50 million climate refugees<br />
in Africa alone.
Liboi - border town between Somalia and Kenya. the place where refugees cross over illigally. © Jan Grarup, NOOR/laif<br />
Jan Grarup (Denmark, 1968)<br />
Over the last 20 years, he has documented<br />
many of the defining moments<br />
of history. Jan has documented daily life<br />
on both sides of the intifada with his stories<br />
»The boys from Ramallah« and »The<br />
boys from Hebron«. Jan is a recipient<br />
of numerous awards including the 2011<br />
Leica Oscar Barnack Award for his coverage<br />
of the Haiti earthquake in January<br />
2010. Jan resides in Copenhagen.<br />
Jan Grarup (Denmark, 1968)<br />
In den letzten 20 Jahren dokumentierte<br />
Jan viele historische Momente,<br />
unter anderem das alltägliche Leben<br />
auf beiden Seiten der Intifada mit den<br />
Reportagen: »The boys from Ramallah«<br />
und »The boys from Hebron.« Jan erhielt<br />
zahlreiche Preise, darunter den 2011<br />
Leica Oscar Barnack Preis für seinen<br />
Bericht über das Erdbeben von Haiti im<br />
Januar 2010. Jan lebt in Kophenhagen.<br />
NOOR Climate Change Project<br />
Jan Grarup, © Peter Hove<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
87
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Consequences<br />
Yamal Peninsula<br />
by Yuri Kozyrev<br />
Yamal, Russia | Oct 2009<br />
In der Sprache der einheimischen<br />
Nenets beuted Jamal: »Das Ende der<br />
Welt.« Die 700 km lange Halbinsel in<br />
Sibiren beherbergt nicht nur die 42,000<br />
Nenets, sondern auch die größten<br />
natürlichen Gasvorkommen der Welt.<br />
Über 1,000 Jahre haben die Nenets<br />
In the language of the indigenous Nenets,<br />
Yamal »means world’s end.« This 435mile<br />
long peninsula in Siberia is home<br />
to both 42,000 Nenets and the largest<br />
natural gas reserve in the world. For a<br />
1,000 years, the Nenets have herded<br />
88 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
ihre domestizierten Rentiere zu den<br />
Sommerweiden oberhalb des nördlichen<br />
Polarkreises geführt. Heute ist die<br />
traditionelle Lebensweise der Nenets<br />
durch die steigenden Temperaturen, die<br />
die Tundra in einen morastigen Sumpf<br />
verwandeln und durch den habgieri-<br />
their domesticated reindeer to summer<br />
pastures above the Arctic Circle. But<br />
now, the Nenets’ traditional way of life<br />
is threatened by warming temperatures<br />
that turn the tundra into a boggy swamp<br />
and by the world’s rapacious appetite<br />
Vasilyi Ivanovich, the elder of the tribe. © Yuri Kozyrev, NOOR 2009/laif, (Original is a colour image)<br />
gen Appetit auf Erdgas bedroht. Der Ob<br />
Strom, den die Nenets überqueren, um<br />
zu ihren südlichen Weiden zurückzukehren,<br />
friert immer später zu, was die<br />
Rentiere zwingt, länger auf den abgegrasten<br />
Winterweiden nach Futter zu<br />
suchen.<br />
for natural gas. The Ob River, which the<br />
Nenets cross to return to their southern<br />
pastures, freezes later than ever before,<br />
forcing reindeer to forage longer in<br />
depleted winter pastures.
NOOR Climate Change Project<br />
Yamal peninsula, north-west Siberia, Russia: Aerial view of Ymal peninsula. It is one of the world’s last great wildernesses, a 435-mile long peninsula of<br />
lakes and squelching tundra stretching deep into the Arctic Ocean. © Yuri Kozyrev, NOOR 2009/laif, (Original is a colour image)<br />
Yuri Kozyrev (Russia, 1963)<br />
A native of Russia, Yuri has covered<br />
every major conflict in the former<br />
Soviet Union. He lived in Baghdad, Iraq<br />
between 2003 and 2009, as a contract<br />
photographer for TIME Magazine. Yuri<br />
has received numerous honors, including<br />
the OPC Oliver Rebbot Award, ICP’s<br />
Infinity Award for photojournalism, several<br />
World Press Photo awards, World<br />
Press Photo Award <strong>2012</strong> for Spot News,<br />
1 st prize singles, and the prestigious<br />
Visa d’Or News Award in 2011 for his<br />
work on the Arab Spring. Yuri is based<br />
in Moscow.<br />
Yuri Kozyrev (Russia, 1963)<br />
In Russland geboren, hat Yuri zu allen<br />
bedeutenden Konflikten der ehemaligen<br />
Sowjetunion gearbeitet. Er lebte<br />
zwischen 2003 und 2009 in Bagdad,<br />
im Irak und arbeitete dort unter Vertrag<br />
als Fotograf für das TIME Magazine.<br />
Yuri erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter<br />
den OPC Oliver Rebbot Preis, ICP’s<br />
Infinity Preis für Fotojournalismus, für<br />
seine Arbeit zum Arabischen Frühling<br />
den renommierten Visa d’Or News Preis<br />
2011, sowie mehrere World Press Photo<br />
Preise – zuletzt im Jahr <strong>2012</strong> den 1. Preis<br />
in der Kategorie »Spot News«, Einzelbilder<br />
für das Foto »On the Revolution<br />
Road«, das kämpfende Rebellen in<br />
Libyen zeigt. Yuri lebt in Moskau.<br />
Yuri Kozyrev, © Sergei Art<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
89
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Consequences<br />
A Paradise in Peril:<br />
The Maldives<br />
by Francesco Zizola<br />
Maldives | Oct 2009<br />
Der maledivische Inselstaat im Indischen<br />
Ozean ist das tiefliegendste Land der<br />
Erde. Der Wasserspiegel der Ozeane<br />
steigt durch die schmelzenden Gletscher<br />
immer weiter an. Das tropische Paradies<br />
wird der erste Staat sein, der von den steigenden<br />
Wellen verschluckt werden wird.<br />
The Indian Ocean island nation of<br />
Maldives is the lowest lying country in<br />
the world. As the oceans fill with water<br />
from melting glaciers, this tropical paradise<br />
will be the first country on the pla-<br />
90 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Experten sagen, dass innerhalb der nächsten<br />
15 Jahre der steigende Wasserspiegel<br />
alle 396,000 Inselbewohner zum<br />
Auswandern zwingen wird. Andere<br />
Inseln und Küstenregionen weltweit<br />
stehen der gleichen Bedrohung gegenüber.<br />
Migrationsdruck aufgrund des<br />
net to slip below the waves. Experts predict<br />
that within the next 15 years, rising<br />
sea levels will force the island’s 396,000<br />
residents to migrate elsewhere. Other<br />
islands and coastal regions around the<br />
Hulhumalé, Maldives. October 2009, © Francesco Zizola, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />
steigenden Wasserspiegels wird unverhältnismäßig<br />
stark ärmere Staaten in<br />
der sog. »Dritten Welt« betreffen, wenn<br />
Klimaflüchtlinge in benachbarte Länder<br />
drängen.<br />
world face similar threats. Migrations<br />
forced by rising sea levels will disproportionately<br />
affect poor nations and the<br />
developing word as climate refugees<br />
overwhelm neighboring countries.
Malé, Maldives. October 2009, © Francesco Zizola, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />
Francesco Zizola (Italy, 1962)<br />
Francesco has photographed the world’s<br />
major conflicts and its hidden crises.<br />
Francesco has received numerous international<br />
awards and prizes, eight World<br />
Press Photo awards and four Pictures<br />
of the Year Awards. Francesco lives in<br />
Rome.<br />
Francesco Zizola (Italy, 1962)<br />
Francesco fotografierte die großen<br />
Konflikte der Welt und ihre verstecken<br />
Krisen. Er erhielt zahlreiche internationale<br />
Auszeichungen und Preise. Mit seinen<br />
Arbeiten holte er u.a. acht World<br />
Press Photo Preise und gewann viermal<br />
die Auszeichnung Picture of the Year.<br />
NOOR Climate Change Project<br />
Francesco Zizola, © Leo Carbotta<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
91
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Solutions<br />
Greening the Ghetto<br />
by Nina Berman<br />
The Bronx, USA | Jul - Oct 2010<br />
Was einst Amerikas bekanntester Slum<br />
war, ist nun an der Spitze einer landesweiten<br />
Bewegung, die dem Klimawandel<br />
mit praktischen Maßnahmen für mehr<br />
Umweltgerechtigkeit entgegentritt, eine<br />
Straße nach der anderen. Was gut für<br />
den Planeten ist, ist auch gut für die<br />
What was once America’s most famous<br />
slum is now at the forefront of a national<br />
movement tackling climate change<br />
with environmental justice, one street<br />
at a time. What’s good for the planet is<br />
also good for the ’hood. The South Bronx,<br />
92 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Nachbarschaft. Die südliche Bronx, im<br />
Film verewigt als breiter Landstrich voll<br />
abgefackelter Wohnhäuser, mit Schutt<br />
beladener Grundstücke, Gangbangers<br />
und der Hip-Hop Jugend, hat sich im<br />
Vergleich zu der Zeit, als President<br />
Jimmy Carter durch diese urbane<br />
immortalized in films with its vast swath<br />
of torched tenements, rubble-strewn lots,<br />
gangbangers and hip-hop kids, looks<br />
quite different now than it did in 1977,<br />
when President Jimmy Carter walked<br />
through its urban ruin. Over the years,<br />
Ruine spazierte, stark verändert. Über<br />
die Jahre haben engagierte Anwohner<br />
da, wo andere nur Zerstörung sahen,<br />
Möglichkeiten zur Veränderung gesehen,<br />
haben verlassene Grundstücke aufgeräumt,<br />
Nutzgärten und Grünflächen<br />
geschaffen.<br />
motivated residents who saw possibility<br />
where others found wreckage cleaned<br />
out abandoned lots and created green<br />
spaces.<br />
Beekeepers Zan Asha and Dwaine Lee check their hives located on the rooftop of Zan’s building in the Hunt’s Point section of the Bronx.<br />
© Nina Berman, NOOR/laif, (Original is a colour image)
NOOR Climate Change Project<br />
76-year-old Abu Talib helped turn a vacant lot filled with old cars, tires, and garbage, into this half block long urban paradise with watermelons,<br />
peaches, apples, squash, cucumbers, tomatoes, peppers and chickens. © Nina Berman, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />
Nina Berman (USA, 1960)<br />
Nina Berman’s long-term projects have<br />
focused primarily on the American<br />
political and social landscape. She is<br />
the recipient of numerous grants and<br />
awards including World Press Photo,<br />
the Open Society Institute and the New<br />
York Foundation for the Arts. Nina was<br />
selected for the 2010 Whitney Museum<br />
of American Art Biennial. Nina lives in<br />
New York.<br />
Nina Berman (USA, 1960)<br />
Nina Berman’s Langzeitprojekte konzentrierten<br />
sich hauptsächlich auf<br />
Amerikas politische und soziale Lage.<br />
Sie erhielt zahlreiche Stipendien und<br />
Auszeichnungen u.a. von World Press<br />
Photo, Open Society Institute und<br />
die der New York Foundation for the<br />
Arts. Nina wurde für die Biennale des<br />
Whitney Museum of American Art 2010<br />
ausgewählt. Nina lebt in New York.<br />
Nina Berman<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
93
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Solutions<br />
Tupande Miti!<br />
Sustainable Forestry<br />
by Alixandra Fazzina<br />
Democratic Republic of Congo<br />
Nov 2010<br />
Abholzung produziert rund ein Fünftel<br />
des globalen Treibhauseffektes. Den<br />
restlichen Regenwald zu schützen ist<br />
ein Schlüssel, um dem Klimawandel<br />
entgegenzuwirken.<br />
Deforestation produces about one fifth<br />
of global greenhouse gas emissions.<br />
Protecting the world’s remaining tropical<br />
forests is a key part of the solution to<br />
tackling the climate crisis.<br />
94 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Im Osten Kongos können die Einwohner<br />
bereits den Effekt der Abholzung bezeugen,<br />
denn sich ändernde Wetterbedingungen<br />
trocknen die Flüsse aus. Hier ist der<br />
Klimawandel keine abstrakte Vorstellung;<br />
In Eastern Congo, the people are already<br />
witnessing the effects of deforestation<br />
as weather patterns change and rivers<br />
begin to dry up. Climate change in this<br />
region is not something abstract; when<br />
MITI, DEMOCRATIC REPUBLIC OF CONGO - NOVEMBER 2010, © Alixandra Fazzina, Noor/laif, (Original is a colour image)<br />
wenn Bäume gefällt werden bleibt der<br />
Regen aus, was den Erntezyklus ändert<br />
und die Wasservorkommen dezimiert. In<br />
den letzten Jahren wurde ein Ruf immer<br />
lauter: »Tupande Miti!« Pflanzt Bäume!<br />
trees are cut, the rains no longer come,<br />
altering crop cycles and depleting<br />
supplies of water. Over the past decade<br />
there has been a cry, »Tupande Miti!«<br />
Plant trees!
NOOR Climate Change Project<br />
RUMANGABO, DEMOCRATIC REPUBLIC OF CONGO - NOVEMBER 2010, © Alixandra Fazzina, Noor/laif, (Original is a colour image)<br />
Alixandra Fazzina (UK, 1974)<br />
Alixandra Fazzina’s photography<br />
focuses on under-reported conflicts<br />
and the often forgotten humanitarian<br />
consequences of war. Studying Fine Art,<br />
she began her career as a war artist in<br />
Bosnia. Since then, she has worked independently<br />
as a photojournalist throughout<br />
Eastern Europe, Africa, the Middle<br />
East and Asia. She is the recipient of the<br />
2010 Nansen Refugee Award from the<br />
UNHCR. Alixandra is based in Pakistan.<br />
Alixandra Fazzina (UK, 1974)<br />
Alixandra Fazzina’s Fotografie konzentriert<br />
sich auf medial wenig beachtete<br />
Konflikte und auf die oft vergessenen<br />
humanitären Folgen des Krieges. Schon<br />
während des Kunststudiums startete sie<br />
ihre Karriere als Künstlerin im Bosnienkrieg.<br />
Seit dem arbeitet sie eigenständig<br />
als Fotojournalistin in Ost-Europa,<br />
Afrika, dem Mittleren Osten und Asien.<br />
Sie erhielt die 2010 Nansen Refugee<br />
Auszeichnung des UNHCR. Alixandra<br />
lebt in Pakistan.<br />
Alixandra Fazzina, © Eduardo Diaz<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
95
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Solutions<br />
Wind Energy in China<br />
by Kadir van Lohuizen<br />
China | Nov 2010<br />
Seit dem sich China zu einem CO -<br />
armen Entwicklungsweg verpflichtet hat,<br />
ist es nun der zweitgrößte Produzent von<br />
Windenergie nach den USA, mit einer<br />
Kapazität von 25.8 Gigawatt. Mit einer<br />
Since China has committed to a lowcarbon<br />
development path and is now the<br />
second biggest producer of wind energy<br />
after the US. With wind power capac-<br />
96 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
rapide wachsenden Kapazität wird das<br />
Land bis 2011 die Nummer eins sein.<br />
Große Windanlagen mit tausenden<br />
Windrädern werden in Provinzen wie<br />
der Inneren Mongolei, Xinjiang und<br />
ity 25.8 giga Watt. With capacity on a<br />
sharp increase they will be number one<br />
in 2011. Big wind farms with thousands<br />
of windmills are being constructed in<br />
The blades of a new windmill at the windfarm of Chayouzhongqi are being mounted. © Kadir van Lohuizen, NOOR/laif<br />
Gansu u.a. gebaut. Zur Zeit würde die<br />
Kapazität ausreichen, um 55 Millionen<br />
chinesische Haushalte zu versorgen.<br />
provinces like Inner Mongolia, Xinjiang,<br />
Gansu among others. The current<br />
capacity would be enough to serve 55<br />
million Chinese households.
The Goldwind wind turbine factory in Baotou. © Kadir van Lohuizen, NOOR/laif<br />
Kadir van Lohuizen<br />
(The Netherlands, 1963)<br />
Kadir has covered conflicts in Africa and<br />
elsewhere, but is probably best known<br />
for his projects on the seven rivers of<br />
the world and the diamond industry. He<br />
has received numerous prizes, including<br />
two World Press Photo awards. He is<br />
on the supervisory board of World Press<br />
Photo and has published four photo<br />
books. In 2011, he started Via Panam,<br />
a 10-months journey along the Americas<br />
investigating contemporary migration.<br />
Kadir is based in Amsterdam.<br />
Kadir van Lohuizen<br />
(The Netherlands, 1963)<br />
Kadir berichtete über Konflikte in Afrika<br />
und anderswo, aber am bekanntesten<br />
ist er wahrscheinlich durch seine Projekte<br />
über die sieben Flüsse der Welt<br />
und über die Diamantenindustrie. Er<br />
erhielt mehrere Preise, darunter zwei<br />
World Press Photo Auszeichnungen.<br />
Kadir ist Mitglied im Aufsichtsgremium<br />
von World Press Photo und veröffentlichte<br />
vier Fotobücher. In 2011 begann<br />
er das Projekt Via Panam, eine zehnmonatige<br />
Reise entlang des Amerikanischen<br />
Kontinents, um aktuelle Migrationsbewegungen<br />
zu untersuchen. Kadir<br />
lebt in Amsterdam.<br />
NOOR Climate Change Project<br />
Kadir van Lohuizen, (Selfportrait)<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
97
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
The Cuban Solution<br />
by Jon Lowenstein<br />
Cuba | Oct 2010<br />
1991 zog sich die ehemalige Sowjetunion<br />
aus Kuba zurück und überließ das<br />
Land sich selbst. Die kontinuierliche<br />
Versorgung mit Petroleum stoppte und<br />
ließ die Wirtschaft austrocknen. Die<br />
In 1991 the Soviet Union pulled out of<br />
country and Cuba was left to fend for<br />
itself. The ample and continuous supply<br />
of petroleum that the economy ran on<br />
ground to a halt. Cuba’s oil imports<br />
98 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Ölimporte sanken auf 10% des Niveaus<br />
von vor 1990. Die daraus folgenden negativen<br />
Effekte für die Wirtschaft führten zu<br />
einer grundlegenden Änderung in Kuba:<br />
Nahrungsmittel wurden knapp, alte<br />
dropped to 10% of pre-1990 amounts.<br />
This had many adverse effects on the<br />
economy and caused a sea change<br />
in Cuban behavior: the food supply<br />
became limited, the cars already old<br />
Autos aus den Fünfzigern wurden ewig<br />
weiterverwendet und die Bevölkerung<br />
fand unzählige innovative Wege, um<br />
diesen Wandel zu überleben.<br />
and decrepit versions of the 1950’s were<br />
now used as taxis, people car pooled<br />
and in a myriad of ways individual<br />
Cubans developed innovative ways to<br />
survive this change.<br />
Guillermon Cordoba Morejon still uses oxen to till the land his fatehr once worked. © Jon Lowenstein, NOOR/laif, (Original is a colour image)
NOOR Climate Change Project<br />
A typical Soviet era building where people live close to an Organoponico. © Jon Lowenstein, NOOR/laif, (Original is a colour image)<br />
Jon Lowenstein (USA, 1970)<br />
Over the last 10 years, Jon has specialized<br />
in long-term, in-depth documentary<br />
photographic projects that question<br />
the status quo.<br />
Jon garnered the 2007 Getty Award for<br />
Editorial Images, was named Alicia Patterson<br />
Fellow in 2008, a Guggenheim<br />
Fellow and a TED fellow in 2011. Jon<br />
resides in Chicago.<br />
Jon Lowenstein (USA, 1970)<br />
Über die letzten zehn Jahre hat sich Jon<br />
auf ausführliche, langfristige Fotodokumentation<br />
spezialisiert, die den Status<br />
Quo hinterfragen.<br />
Jon erhielt den 2007 Getty Award für<br />
Editorial Bilder. Desweiteren wurde er<br />
zum Alicia Patterson Mitglied in 2008,<br />
zu einem Guggenheim Mitglied und zu<br />
einem TED Mitglied in 2011 ernannt.<br />
Jon lebt in Chicago.<br />
Jon Lowenstein (Selfportrait)<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
99
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Ann-Christine Woehrl<br />
»African Voodoo«<br />
Voodoo-Puppen und Zombies - damit<br />
hat die afrikanische Religion Voodoo<br />
wenig zu tun.<br />
Mit der fotografischen Serie »African<br />
Voodoo« taucht Ann-Christine Woehrl<br />
in die mystische Welt des Voodoo ein<br />
und geht zu ihren Ursprüngen nach<br />
Benin. Im Jahre 2010 und 2011 haben<br />
sich die Fotografin und die Autorin Laura<br />
Salm-Reifferscheidt in das kleine Land<br />
in Westafrika begeben, wo der Voodoo-<br />
Glaube seine Wurzeln hat und sich von<br />
dort durch den Sklavenhandel in der<br />
ganzen Welt verbreitete.<br />
Daraus ist der Bildband »Voodoo –<br />
Leben mit Göttern und Heilern in Benin«<br />
(Terra Magica Verlag) entstanden.<br />
Voodoo wird bei uns gemeinhin mit<br />
Horrorfilmen, Zombies und durchbohrten<br />
Puppen in Verbindung gebracht.<br />
Dabei sind »Vodún« in der Fon-Sprache<br />
Benins vorerst nichts anderes als Götter,<br />
und Voodoo ist die Religion, in der es<br />
darum geht, durch Anbetung, Zeremonien,<br />
Opferungen, Musik und Tanz diese<br />
höheren Wesen günstig zu stimmen,<br />
durch Orakel und Trance ihren Willen<br />
zu ergründen und sich durch Talismane<br />
und Rituale zu schützen. Viele Elemente<br />
dieser Glaubensform finden sich nicht<br />
nur in ganz Afrika, sondern, infolge<br />
von Sklaverei und Migration, auch in<br />
Haiti, Kuba, Brasilien oder Miami, wo<br />
sie mit dem Christentum vielfältige<br />
Verbindungen eingegangen sind. Man<br />
könnte Voodoo durchaus als Weltreligion<br />
bezeichnen. Voodoo ist eine farbige,<br />
sinnliche und manchmal geradezu<br />
surrealistische Religion und damit ideal<br />
für einen Fotoband (im Bild ein Priester,<br />
der mithilfe eines Kaolin-bestäubten<br />
Holzbretts und eines Huhns wahrsagt).<br />
Den Gläubigen geht es nicht so<br />
sehr um höhere Erkenntnis, Metaphysik<br />
oder abstrakte Verhaltensregeln, sondern<br />
um Gemeinschaft, Vitalität, Heilung<br />
und eine Intensivierung des Hier<br />
und Jetzt.<br />
Konkretes Leben und Spiritualität sind<br />
nicht getrennt.<br />
100 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Ann-Christine Woehrl, (Original in Farbe)<br />
So nehmen auch Humor, Theatralisches,<br />
Aggressives, Finanzielles und Sexuelles<br />
einen wichtigen Platz in den Ritualen<br />
ein, was für Monotheisten eher<br />
befremdlich anmutet.<br />
David Signer
© Ann-Christine Woehrl, (Original in Farbe)<br />
www.ann-christine-woehrl.com<br />
Ann-Christine Woehrl<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Mit ihrer Kamera versucht die Fotografin<br />
das Geheimnis zu ergründen. »Ich<br />
bin eine ewig Suchende, mit Neugier<br />
bepackt möchte ich andere Welten entdecken,<br />
neue Menschen kennen lernen<br />
und ihren Alltag abbilden«, sagte sie in<br />
einem Interview mit der Süddeutschen<br />
Zeitung.<br />
Ann-Christine Woehrl hat sich gegen<br />
eine schaurige Darstellung des Voodoo<br />
entschieden und wollte vor allem die<br />
Alltäglichkeit der Religion hervorheben.<br />
»African Voodoo« durchstreift die verschiedenen<br />
Aspekte von Kult und Religion,<br />
zeigt wie Voodoo im ganz normalen<br />
Alltag gelebt wird. Zeremonien und<br />
Opferrituale, Tanz und Trance, Magie<br />
und Hexerei und das Orakel hat sie<br />
in farbenkräftigen Momentaufnahmen<br />
festgehalten.<br />
Ihre Projekte haben sich bislang auf<br />
Lateinamerika, Afrika und Asien konzentriert.<br />
Religion und Frauen sind<br />
zwei Themen, die die Arbeit der Fotografin<br />
in den letzten Jahren stark geprägt<br />
haben. So fotografierte sie unter anderem<br />
das Leben in einem Frauengefängnis<br />
in Bogotá, den Alltag von Frauen in<br />
Havanna, das Leben einer buddhistischen<br />
Nonne in Indien und Frauen, die<br />
zu Brandopfer wurden in Bangladesch.<br />
Ann-Christine Woehrl wurde 1975 in<br />
Deutschland geboren und ist zwischen<br />
Deutschland und Frankreich aufgewachsen.<br />
Sie studierte von 1994-1996<br />
Fotografie in Paris und tauchte parallel<br />
in die Welt der Dokumentarfotografie<br />
durch verschiedene Praktika ein und<br />
sammelte Arbeitserfahrung als Assistentin<br />
von David C. Turnley, als Laborantin<br />
von Reza und als Praktikantin bei<br />
der Fotoagentur Magnum in Paris. Im<br />
Anschluss nahm sie am Missouri Photoworkshop<br />
und Eddie Adams Workshop<br />
in den USA teil. Seit 1997 lebt und<br />
arbeitet sie als freischaffende Fotografin<br />
in München.<br />
Einige Ihrer Projekte wurden als Bücher<br />
veröffentlicht, in Ausstellungen in<br />
Europa und Südamerika gezeigt und<br />
auf Wettbewerben ausgezeichnet.<br />
Ann-Christine Woehrl<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 101
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Arthur Bondar<br />
»The Holy War«<br />
»Wenn du ein Offizier bist, achte auf<br />
deine Soldaten und lass niemals Grobheiten<br />
zu. Du solltest immer daran denken,<br />
dass ein Soldat das Herz voll Angst und<br />
Trauer hat, er muss an Front gehen und<br />
weiß nicht, was morgen mit ihm passieren<br />
wird«. (Aus dem Buch des Rebbe<br />
Maarosh, chassidischer geistiger Führer).<br />
Das Grab von Rabbi Nachman aus Breslov<br />
in Uman, in der Ukraine, ist einer<br />
der größten heiligen Orte und chassidischen<br />
Pilgerstätten der Welt. Das Grab<br />
von Rebbe Nachman befindet sich in<br />
der wiederaufgebauten Synagoge auf<br />
dem ehemaligen Gelände des jüdischen<br />
Friedhofs der 1944 während des<br />
2. Weltkrieg zerstört worden war. Rebbe<br />
Nachman aus Breslov war ein Begründer<br />
des chassidischen Judentums. Jedes<br />
Jahr zu Rosh Hashana (das jüdische<br />
102 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Neujahrsfest) pilgern fast 20 000 Chassidim<br />
aus der ganzen Welt hierher, um<br />
zu beten. Die Pilgerer gehen an den See,<br />
beten, lesen Psalme und werfen Steine<br />
ins Wasser. Das hat symbolische Bedeutung.<br />
Sie werfen alle ihre Sünden aus<br />
dem vergangenen Jahr von sich.<br />
Die Wallfahrt bietet den Einwohnern<br />
der Gemeinde eine gute Gelegenheit,<br />
Geld zu verdienen. Die Bürger<br />
können ihre Wohnungen an die Chassidim<br />
vermieten und können an diesen<br />
Tagen ihre Sachen verkaufen. Andererseits<br />
kamen in den letzten Jahren Konflikte<br />
mit den Einwohnern auf, weil<br />
jeder, der herkommt, diesen Ort als<br />
seine Heimat betrachtet. Deshalb wird<br />
das Gebiet jetzt von Polizisten bewacht.<br />
Aber das Interessanteste für mich, etwas,<br />
das mich wirklich beeindruckte, war<br />
Die Menschen beten und machen am See eine Pause, während die Kinder mit Kunststoff-Waffen spielen. © Arthur Bondar<br />
diese riesige Anzahl von Kunststoff-<br />
Gewehren, Schrotflinten, Pistolen und<br />
Gewehren in die Händen der Kinder.<br />
Jeder Junge hat eine Spielzeugpistole in<br />
der Hand. All diese Waffen sind perfekte<br />
Kopien echter Waffen. Sie beschießen<br />
sich gegenseitig mit Kunststoff-Kugeln<br />
und spielen Krieg auf den Straßen. Es ist<br />
wirklich schwer für mich zu verstehen,<br />
wie Menschen Frieden schaffen wollen<br />
im israelisch-palästinensischen Konflikt,<br />
wenn sie ihren Kindern von Beginn<br />
an solche Waffen in die Hände geben,<br />
auch wenn es nur Spielzeug ist.
Überall spielen Jungen mit Kunststoff-Gewehre, auch nachts, © Arthur Bondar<br />
www.arthurbondar.com<br />
Arthur Bondar<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Dokumentar -und Reportagefotograf,<br />
lebt in Kiew, Ukraine. Ich wurde 1983<br />
in Krivoy Rog, in der Ukraine geboren.<br />
2004 machte ich meinen Bachelor in<br />
Englischer Philologie, verließ die Universität<br />
und begann zu fotografieren.<br />
Ich arbeitete in Zeitungen, Zeitschriften<br />
und für eine Foto-Agentur. Aktuell bin<br />
ich selbständig und fotografiere meine<br />
eigenen sozialen Projekte. Meine Fotos<br />
wurden in vielen internationalen, russischen<br />
und ukrainischen Zeitschriften<br />
und Zeitungen veröffentlicht, z.B. der<br />
Times, der Londoner Times, dem Wall<br />
Street Journal, Kommersant, Ogonek,<br />
Focus und Tizhden Magazin.<br />
Auswahl und Teilnahme an der Werkstatt<br />
Eddie Adams (2011) und der<br />
Noor Masterclass, Bukarest (2011),<br />
Stipendium der Magnum-Stiftung für<br />
Menschenrechte, New York (<strong>2012</strong>)<br />
Arthur Bondar<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 103
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Boryana Katsarova<br />
»The Touch«<br />
Wasser ist die treibende Kraft der<br />
gesamten Natur.<br />
Leonardo da Vinci<br />
Dieses Projekt ist dem Wasser gewidmet<br />
und ist eine persönliche Reise<br />
durch die Welt der heißen Mineralquellen<br />
und zeigt die Verbindung der Menschen<br />
mit dem heilsamen Wasser. Bei<br />
»The Touch«, © Boryana Katsarova<br />
104 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
der Dokumentation der intimen und<br />
mystischen Momente suchte ich nach<br />
Schönheit, Harmonie und Romantik in<br />
der Beziehung von Mensch und Wasser.<br />
Ich habe versucht, die Kraft des Wassers<br />
zu fühlen, zu verstehen und darin The<br />
Touch zu erkennen.<br />
In den Worten von Leonardo da Vinci<br />
fand ich meine Inspiration und teilweise<br />
eine Erklärung dafür, was dieses Element<br />
sein kann.Jetzt möchte ich alle »Gesichter«<br />
des Wassers finden und dokumentieren.<br />
»Wasser ist manchmal scharf und manchmal<br />
stark, manchmal sauer und manchmal<br />
bitter, manchmal süß und manchmal<br />
dick oder dünn, manchmal bringt<br />
es Schmerz oder Seuchen, manchmal<br />
ist es gesund, manchmal giftig.Es erleidet<br />
so viele Arten der Veränderung, wie<br />
es verschiedene Orte gibt, durch die es<br />
fließt.«<br />
Es belebt mich, über Wasser nachzudenken.<br />
Boryana Katsarova,<br />
boryanakatsarova.photoshelter.com
Frau, »The Touch«, © Boryana Katsarova<br />
Boryana Katsarovo<br />
Boryana Katsarova ist eine freie bulgarische<br />
Fotografin, spezialisiert auf Dokumentar-,<br />
Presse- und Portraitfotografie.<br />
Sie wird von der in Paris ansässigen Agentur<br />
COSMOS Photo Agency vertreten.<br />
Boryana begann ihre Karriere 2003 als<br />
freiberufliche Fotojournalistin im Alter<br />
von 22 Jahren. Ihre Arbeiten wurden in<br />
bulgarischen Zeitungen und Magazinen<br />
wie GEO, GRAZIA, INTRO etc. veröffentlicht<br />
2007 im Alter von 26 wurde<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
sie Fotografin für Agence France-Presse,<br />
arbeitete im Tagesgeschäft und deckte<br />
die interessantesten lokalen und internationalen<br />
Nachrichten sowie Politik<br />
und Features auf dem Gebiet Bulgariens<br />
ab. Während der drei Jahre<br />
Arbeit für AFP 2007-2010 erschienen<br />
ihre Bilder in den größten Zeitungen,<br />
Zeitschriften und Online-Publikationen<br />
der Welt. Seit 2010 arbeitet<br />
Boryana freiberuflich. Ihr erstes langfristiges<br />
Projekt ist »Lonely Bulgarien«.<br />
Boryana Katsarova<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 105
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Frederic Lemalet<br />
»Himalaya«<br />
Wie andere junge Männer hat auch<br />
Fréderic Lemalet die Welt bereist, auf<br />
der Suche nach Antworten auf seine<br />
Fragen (»Wer sind wir?« »Warum sind<br />
wir hier?« und so weiter...).Durch<br />
diese Reisen verbrachte er lange<br />
Zeiten an unterschiedlichen Orten<br />
dieser Erde, wie z.B. Alaska, Indonesien,<br />
Papua Neu Guinea, Russland,<br />
Mongolei, Kasachstan, China, Nepal,...<br />
Seine verschiedenen Reisen führten<br />
ihn auch nach Tibet, einen Ort, an dem<br />
Frederic Lemalet, (Original Image in colour)<br />
106 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
er schließlich nicht nurdie Antworten<br />
auf seine Fragen findet, sondern auch<br />
ein Volk, das ihm durch seine Lebensweise<br />
alslebendes Vorbild dient. »Wenn<br />
der Regenwald des Amazonas eine der<br />
letzten Lungen dieses Planeten darstellt,<br />
sind die Tibeter für mich die spirituellsten<br />
Menschen, die kennenzulernen ich<br />
eine Chance hatte... Sie sind ein wirkliches<br />
Beispiel für Humanität vor dem<br />
Hintergrund eines einfachen und glücklichen<br />
Lebens.« Damals entschied er,<br />
so viel Zeit wie möglich zu investieren,<br />
um Tibet verstehen zu lernen, und<br />
gleichzeitig zur Bewahrung dieser rasch<br />
untergehenden Kultur beizutragen.<br />
Zwischen 2003 und <strong>2012</strong> verbrachte er<br />
fast drei Jahre in Tibet. Dabei durchquerte<br />
er ein Land, das siebenmal so groß ist<br />
wie Frankreich, in allen vier Jahreszeiten.<br />
Einige der magischen Momente dieser<br />
Reisen werden in dieser Ausstellung<br />
wiedergegeben.
Frederic Lemalet, (Original Image in colour)<br />
FORUM Factory<br />
Besselstraße 13-14<br />
10969 Berlin-Kreuzberg<br />
030 259 008 70<br />
www.forum-factory.de<br />
Frederic Lemalet<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Während er seine Zeit zwischen den<br />
französischen Alpen und Tibet aufteilte,<br />
leistete er Beiträge zu Artikeln über Tibet<br />
in folgenden Zeitschriften: Le Monde<br />
Magazin; Le Figaro Magazine; National<br />
Geographic, GEO, VSD, Royal Geographic.<br />
Zur Zeit arbeitet er an einigen<br />
Büchern und an der Präsentation<br />
einer Ausstellung in ganz Frankreich.<br />
Während der Ausstellung können Fotos<br />
käuflich erworben werden. Der Erlös<br />
geht an verschiedene Projekte zur Erhaltung<br />
der Kultur in Tibet.<br />
Frederic Lemalet<br />
www.fredericlemalet.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 107
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Sergey Kozmin<br />
»Girl Soldiers«<br />
Das Moskauer Kadetten-Internat für<br />
Mädchen ist eine der neuen Elite-Militärakademien<br />
in Russland. Die meisten<br />
Kinder hassen wohl die Schule wegen<br />
so langweiliger Fächer wie Mathe oder<br />
Geschichte. In diesem Internat geht es<br />
anders zu. Hier steht das Auseinanderbauen<br />
einer Kalaschnikow AK-47 auf<br />
dem Plan. Die Mädchen bewältigen das<br />
in der gleichen Zeit, die andere Kinder<br />
brauchen, um eine SMS zu schreiben.<br />
Bei einem Stundenplan der Exerzieren,<br />
The Moscow Girls Cadet Boarding School. Every year a magnificent affiliation ceremony for the new cadets of the boarding school No. 9 for girls is<br />
held at the War History museum in Moscow. © Sergey Kozim, (Original Image in colour)<br />
108 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Waffenkunde, Erste Hilfe und Bundesgesetzgebung<br />
beinhaltet, könnte man<br />
denken, dass die Mädchen zu kleinen<br />
Amazonen werden. Doch auch Weiblichkeit<br />
wird hier hoch geschätzt; den<br />
Abenden sind deshalb Aktivitäten wie<br />
Nähen, Ballett und vorgeschriebenen<br />
Chorproben vorbehalten. Es gibt keine<br />
Miniröcke oder Schimpfwörter, keine<br />
Zigaretten, keinen Alkohol und kein<br />
unbeaufsichtigtes Rumhängen. Bis auf<br />
die Möglichkeit, einmal am Tag mit den<br />
Eltern zu telefonieren, ist der Gebrauch<br />
von Mobiltelefonen ebenfalls verboten.<br />
Ein traditioneller russischer Winterball<br />
bietet den Mädchen eine seltene Gelegenheit,<br />
das andere Geschlecht zu treffen.<br />
In diesem Fall Jungen aus dem nahegelegenen<br />
Jungeninternat »Moskauer<br />
Kosaken Kadetten Korps«, einer anderen<br />
Militär-Schule, die während der<br />
Putin Ära gegründet wurde
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
The Moscow Girls Cadet Boarding School. At a lesson of the Basics of Military Service the cadets study all types of guns.<br />
© Sergey Kozmin, (Original Image in colour)<br />
Sergey Kozmin<br />
1979 wurde ich in Moskau geboren.<br />
Ursprünglich studierte ich an der russischen<br />
Filmhochschule Kinematografie,<br />
aber wechselte dann aus Interesse<br />
zum Fotojournalismus. Ich fing an, für<br />
das Epsilon Magazin zu arbeiten, eine<br />
wöchentliche Beilage der griechischen<br />
Zeitung Eleftherotypia. Ich machte einige<br />
Reportagen in Russland und in ehemaligen<br />
Republiken der Sowjetunion. So<br />
reiste ich in abgelegene Gegenden Sibiriens,<br />
nach Kalmykia und Usbekistan. In<br />
Moskau beschäftigte ich mich hauptsächlich<br />
mit den linken und rechten<br />
Jugend-Szenen, die politisch und sozial<br />
immer aktiver werden. In der Sowjetunion<br />
gab es viele Jugendorganisationen.<br />
So waren zum Beispiel alle Kinder Mitglied<br />
der Jungen Pioniere (vergleichbar<br />
mit den Pfadfindern, aber kräftig unter-<br />
füttert mit kommunistischer Ideologie).<br />
Die russischen Machthabef sorgen sich<br />
dieser Tage wegen des schwindenden<br />
Patriotismus und das Kadetteninternat<br />
für Mädchen, das Gegenstand meiner<br />
Reportage hier ist, wurde gegründet, um<br />
den Patriotismus in der Jugend wiederzubeleben.<br />
Heute arbeite ich als freiberuflicher<br />
Fotograf und Mitarbeiter der<br />
deutschen Agentur Focus Pictures.<br />
www.sergeykozmin.com<br />
Sergey Kozmin<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 109
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Daniele Tamagni<br />
»The Flying Cholitas«<br />
La Paz 2010<br />
Eine der beliebtesten Sportarten in Bolivien<br />
ist Lucha Libre, das bolivianische<br />
Ringen, das wie eine Zirkus-Show mit<br />
einer Mischung aus Tragik und komischer<br />
Choreographie, aber viel realer ist,<br />
als nur eine Show.<br />
Vor zehn Jahren gab es diesen Sport<br />
ausschließlich für Männer, aber seit<br />
kurzem findet man immer mehr kämpfende<br />
Frauen im Ring,die Cholitas.<br />
Viele von ihnen sind Frauen und Töchtervon<br />
Ringern. Dank der Beteiligung<br />
von Frauen, »con Pollera«, der traditionelle<br />
bunte Rock, ist die Öffentlichkeit<br />
mehr und mehr an diesem Spektakel<br />
beteiligt.<br />
»The Flying Cholitas«, Die fliegenden Cholitas, die Göttinnen des Ringes, (Originalbild in Farbe), © Daniele Tamagni<br />
110 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Ein Grund mag sein, daß diejenigen, die<br />
zu den Kämpfen kommen, sich mit den<br />
Frauen identifizieren oder verbünden,<br />
sei es wenn sie gegen andere Frauen<br />
kämpfen oder gegen ihre Ehemänner.<br />
Heute haben diese Frauen internationale<br />
Anerkennung und die Art wie sie<br />
sich kleiden hilft ihnen dabei.<br />
Sie tragen haben Melonen und Zöpfe,<br />
die ihnen bis zur Taille gehen..<br />
Während der Woche kümmern sie sich<br />
um ihre Familie, gehen ihren Geschäften<br />
nach oder machen verschieden<br />
andere Jobs.<br />
Carmen Rosa, die Gewinnerin arbeitet<br />
in der Regel in einer Snack-Bar. Julia<br />
hilft ihrem Mann in einem Büro. Dann<br />
gibt es noch Yolanda, die Liebevolle<br />
(Amorosa) und Benita, die Unantastbare<br />
(Intocabile). Alle von ihnen sind Frauen<br />
mit Kindern, aber ein-oder zweimal in<br />
der Woche trainieren sie hart, um gute<br />
Wrestlerinnen zu werden.<br />
Sie kämpfen jeden Sonntag mit den<br />
Männern, in einer Gruppe namens<br />
Las diosas del Ring, dieGöttinnen des<br />
Rings. Während des Wettkampfsvergessen<br />
sie Liebe und Freundschaft und<br />
kämpfen ohne Pause. Die Leute bewundern<br />
sieund geben ihnen starke Unterstützung.<br />
Die Cholitas Kämpferinnen<br />
sind in der Lage Anmut und Eleganz mit<br />
brutaler Gewalt zu kombinieren .Aus<br />
diesen Gründen sind sie so einzigartig<br />
und überaus geschätzt.
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
»The Flying Cholitas«, Die fliegenden Cholitas, die Göttinnen des Ringes, (Originalbild in Farbe), © Daniele Tamagni<br />
Daniele Tamagni<br />
Daniele Tamagni lebt als Fotograf in<br />
Italien. Sein fotografisches Werk wurde<br />
weltweit veröffentlicht z.B. in The<br />
Guardian Weekend, The Daily Telegraph,<br />
The Sunday Times, Frankfurter<br />
Allgemeine Zeitung, El Pais, La Repubblica<br />
Velvet und v.a.<br />
Seine Arbeit »The Flying Cholitas«<br />
gewann den World Press Photo Award<br />
2011 (Kategorie Stories Arts & Entertainment).<br />
DanieleTamagnis Buch »Gentlemen des<br />
Bacongo« fängt die faszinierende Subkultur<br />
des Kongo ein, wo die Sapeurs,<br />
wie sie genannt werden, rosa Designer-Anzüge<br />
und Dolce- und Gabbana-Gürtel<br />
tragen, während sie in<br />
den Slums dieser afrikanischen Küstenregion<br />
leben.<br />
Im März 2010 erhielt Tamagni den ICP<br />
Infinity Award in New York 2010.<br />
Daniele nahm an diversen Ausstellungen<br />
teil, wie zum Beispiel »der Aufstieg<br />
Peckhams« 2007, organisiert von<br />
Paul Goodwin, dem Kurator für transkulturelle<br />
Kunst bei Tate Britain; die<br />
Michel Hoppen Galerie vertritt Tamagni<br />
im Bereich Privataufträge und Bild-<br />
Ankauf.<br />
Seine letzte Ausstellung »Africolors« ist<br />
in der New Yorker Galerie »Danzigerprojects«<br />
zu sehen.<br />
Im letzten Jahr ging er nach Rajasthan,<br />
Indien, wo er im Auftrag von One Sight<br />
Luxotta die Bedeutung des Sehvermögens<br />
für Menschen, die in armen Dörfern<br />
leben, dokumentierte.<br />
Daniele Tamagni, (O.i.F.)<br />
www.photodantam.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 111
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Günter Zint<br />
»ZINTSTOFF«<br />
Werkschau<br />
des Dokumentarfotografen<br />
Seit über fünfzig Jahren fotografiert<br />
Günter Zint. Seine erste Veröffentlichung<br />
hatte er 1953 in der Fuldaer Zeitung.<br />
Ab 1959 machte er eine Ausbildung<br />
zum Fotoredakteur bei der Deutschen<br />
Presseagentur (dpa).<br />
In den Sechziger Jahren arbeitete er für<br />
die Zeitschriften Twen, Quick und den<br />
SPIEGEL. Außerdem gründete er die<br />
Fotoagentur PANFOTO, deren Hauptthema<br />
damals die Musikfotografie war.<br />
So entstanden viele Fotos von Künstlern<br />
wie den Beatles, Jimi Hendrix, den<br />
Doors und vielen Anderen. Kurz gesagt:<br />
»Von ABBA bis ZAPPA«.<br />
Im Mai 1962 lockte ihn der gerade eröffnete<br />
STAR-CLUB nach St.Pauli. Zuerst<br />
war er, aus dem konservativen Fulda<br />
kommend, vom »Kiez« erschreckt.<br />
Nachdem er aber einige der Kiezarbeiter<br />
und Arbeiterinnen aus dem Milieu<br />
näher kennenlernte, ließ ihn der Stadtteil<br />
nicht mehr los. Dies schlug sich<br />
in inzwischen einem halben Dutzend<br />
Bildbänden über Hamburgs berühmtesten<br />
Stadtteil St.Pauli nieder.<br />
Ende der 60er Jahre war Günter Zint als<br />
Fotojournalist bei den 68er-Demonstrationen<br />
dabei, gründete die legendären<br />
»St. Pauli-Nachrichten«, und lebte in der<br />
APO-Press-Kommune.<br />
In den 70ern und 80ern, hat er der die<br />
Polizeieinsätze bei den Demonstrationen<br />
und Großkundgebungen der »Anti-<br />
Atomkraft-Bewegung«, dokumentiert.<br />
Auch bei der Errichtung des Atommüll-<br />
Zwischenlagers in Gorleben und der vorausgegangenen<br />
Errichtung der »Republik<br />
Freies Wendland« war Günter Zint<br />
als Dokumentarfotograf aktiv dabei.<br />
Insgesamt sind von Günter Zint bisher<br />
59 Bildbände zu verschiedenen Themen<br />
erschienen, Band 60 ist derzeit in<br />
Arbeit.<br />
Zint hat immer aus der Gegenperspektive<br />
fotografiert. Die Hochkultur und die<br />
offiziellen »Machthaber« waren für ihn<br />
als Pressefotograf oft Pflichtprogramm,<br />
die Kür aber war für ihn immer die Sub-<br />
112 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Günter Zint<br />
kultur, die gegen den Strom Schwimmenden<br />
und die Menschen, die den etablierten<br />
Medien höchstens als »Bürgerschreck«<br />
dienten. Zint bezeichnet sich<br />
gerne als »Gebrauchsfotograf«, der seine<br />
Bilder am Wegesrand und am Rand der<br />
Gesellschaft »klaut«.<br />
Seit 1962 arbeitet er auch mit Günter<br />
Wallraff zusammen und hat fast alle<br />
seine Bücher illustriert.<br />
Seit 2011 lebt er in einem 150-Seelen-<br />
Dorf in der Nähe von Stade.<br />
In Berlin wird er im Sommer <strong>2012</strong> einen<br />
Ein- bzw. Überblick über seine unzähligen<br />
Bilder aus über 50 Jahren als Fotograf<br />
in der Ausstellung »ZINTSTOFF«<br />
geben.<br />
www.panfoto.de
© Günter Zint<br />
© Günter Zint<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Günter Zint<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 113
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Nikos Pilos<br />
»An Underground<br />
Political Culture«<br />
Dies sind die Söhne und Töchter unseres<br />
Landes, aufgezogen von einer stets<br />
unterdrückten Mittelschicht, Kinder<br />
von hart arbeitenden Eltern, die kämpfen<br />
müssen, um durchzukommen. Dies<br />
sind die Studenten unseres Landes, die<br />
in Schulen studieren, die nicht ausreichend<br />
mit Personal besetzt und ausgestattet<br />
sind, Zeugen dieser Auswirkung<br />
auf ihr verfassungsmäßiges Recht auf<br />
kostenlose Bildung, die es ihnen ermöglichen<br />
soll, einen anständigen Job zu<br />
finden.<br />
Dies ist die Jugend unseres Landes, die<br />
aufwächst in einer Gesellschaft der niedrigen<br />
Löhne, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit<br />
über die Zukunft, Korruption und<br />
Gefälligkeiten auf Ministerebene. Dies<br />
© Nikos Pilos<br />
114 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
ist unsere neuen - oder bald – Erwachsenen,<br />
entweder in politischen Formationen<br />
in ihren Schulen organisiert oder<br />
spontan einer Protestbewegung beigetreten,<br />
die ihren Abscheu gegenüber der<br />
aktuellen Situation demonstriert, um<br />
jeden daran zu erinnern, dass sie die<br />
nachfolgende Generation ist und ein<br />
besseres Leben verlangt.<br />
Im Spätherbst bis hinein in den kommenden<br />
Dezember wird die Atmosphäre<br />
auf den Straßen von Athen sowie<br />
in allen großen Städten in Griechenland<br />
erwartungsgemäß sehr angespannt sein.<br />
Der Staat und die konservativen Bürger<br />
befürchten eine zweite Welle des Aufstands<br />
der Jugend (des Landes), nicht nur<br />
bei den traditionellen Demonstrationen<br />
zum Jahrestag des »Athener Polytechnikum<br />
Aufstands« gegen die Militärjunta,<br />
sondern auch wegen eines tragischen<br />
Ereignisses, das noch mehr junge Menschen<br />
im vergangenen Jahr auf die Straßen<br />
gebracht hat. Am 6. Dezember 2008<br />
wurde der 15-jährige Schüler Alexandros<br />
Grigoropoulos von einem Polizis-<br />
ten in der Region Exarchia erschossen.<br />
Sein Tod vergrößerte den Abstand zwischen<br />
der repressiven Macht des Staates<br />
und der demonstrierenden Jugend, und<br />
löste einen allgemeinen und massiven<br />
Aufstand der Studenten gemeinsam mit<br />
Bürgern der Arbeiterklasse in den meisten<br />
großen Städten Griechenlands aus.<br />
Seit damals hat sich viel zum Schlechteren<br />
entwickelt. Die Entscheidung der<br />
Regierung, Hilfe und Unterstützung<br />
bei der EU und dem IMF zu suchen,<br />
bedeutete unvorhergesehene Sparmaßnahmen<br />
und eine riesige Erhöhung der<br />
bereits steigenden Arbeitslosigkeit. Das<br />
die Gesetzgeber, als Teil der Maßnahmen,<br />
den Arbeitgebern ermöglichen,<br />
Arbeitskräfte unter sehr flexibeln Bedingungen<br />
einzustellen, sich dadurch Vorteile<br />
zu verschaffen und die jungen<br />
Arbeitskräfte zu schwächen, löste noch<br />
mehr Wut und Protest aus.<br />
Mit inoffiziellen Arbeitslosenquoten<br />
von 20% und Teilzeitstellen als die<br />
Norm, geben immer mehr Menschen<br />
der gegenwärtigen politischen Proteste-
© Nikos Pilos<br />
wegung ihre Stimme. Sie sprechen sich<br />
gegen die unfairen Maßnahmen aus, die<br />
die Belastungen durch die Umstrukturierung<br />
des Landes denjenigen auferlegt,<br />
die bereits genug gelitten haben. So<br />
finden dann auch gewalttätige Attacken<br />
gegen die Politiker selbst statt und spitzen<br />
die bereits angespannte Situation<br />
weiter zu. Es scheint, als ob in Griechenland<br />
heutzutage jeder jeden fürchtet.<br />
Nikos Pilos, Herbst 2011<br />
Nikos Pilos<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Preisgekrönter Fotojournalist aus Athen,<br />
Griechenland. Nikos Pilos ist einer von<br />
Europas bekanntesten Reportagefotografen.<br />
Er dokumentiert Krieg, Naturkatastrophen,<br />
Armut, sozio-ökonomischen<br />
Kampf und sozio-kulturelle Themen.<br />
Seine Fotos wurden u.a. veröffentlicht<br />
in: DIE ZEIT, Newsweek, Stern, Der<br />
Spiegel, The New York Times, The International<br />
Herald Tribune, The Sunday<br />
Times, The Washington Post, The Independent,<br />
El Semanal und Gente.<br />
nikospilos.com<br />
Nikos Pilos<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 115
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Benjamin Hiller<br />
Benjamin Hiller ist ein international<br />
tätiger Fotojournalist und beschäftigt<br />
sich seit 2008 primär mit dem<br />
kurdischen Konflikt in dem Vier-Länder<br />
Eck Türkei, Irak, Iran und Syrien. Neben<br />
der geopolitischen Bedeutung dieses<br />
Konfliktes in einem Erdölreichen und<br />
strategisch zentral gelegenem Gebiet<br />
des Mittleren-/Nahen Ostens setzt er<br />
sich insbesondere mit den sozialen<br />
und gesellschaftlichen Problemen der<br />
kurdischen Bevölkerung auseinander,<br />
welche seit 30 Jahren in einem<br />
Dauerkrisenzustand leben.<br />
Die kurdische Bevölkerung ist mit<br />
30 Millionen Personen dabei die<br />
größte »Ethnie« der Welt ohne<br />
eigenen Staatsraum. Gefangen<br />
© Benjamin Hiller<br />
116 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
zwischen den Konfliktfeldern Islam<br />
und »Demokratische Autonomie«,<br />
dem Kampf der Guerillaeinheiten<br />
PKK (Türkei) und PJAK (Iran) und den<br />
Gegenschlägen der involvierten Staaten<br />
und eingebettet in einer internationalen<br />
Interessensspähre der EU, NATO<br />
und den USA scheint eine friedliche<br />
Lösung des Konflikts, trotz »Arabischen<br />
Frühling« und der Aufhebung der<br />
Notstandsgesetze in der Osttürkei, nicht<br />
greifbar.<br />
In vielfältigen Reisen in die Ost-Türkei,<br />
aber auch in den Nord-Irak, hat<br />
Benjamin Hiller die verschiedenen<br />
Protagonisten des Konfliktes portraitiert,<br />
betroffene Familien besucht und die<br />
Auswirkungen auf die Gesellschaft an<br />
sich fotografisch festgehalten. Dabei<br />
bewegt er sich im Spannungsfeld von<br />
einer »distanzierten, ethnologischen«<br />
Betrachtungsweise und der Empathie für<br />
die Betroffenen, welche in solch einem<br />
Konflikt unweigerlich entsteht.<br />
Seine Fotografien wurden in Deutschland<br />
und der Türkei ausgestellt und in<br />
nationalen wie auch internationalen<br />
Zeitungen und Magazinen abgedruckt.<br />
Zur Zeit arbeitet er an einem Buch zu<br />
dem Thema.<br />
www.benjamin-hiller.com
© Benjamin Hiller<br />
Benjamin Hiller<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
lebt als freier Fotograf und Journalist in<br />
Berlin. Seit 2011 ist er bei der Agentur<br />
Corbis unter Vertrag.<br />
Er studierte mehrere Semester Ethnologie<br />
an der Universität Heidelberg und<br />
zog später nach Nürnberg, um an der<br />
Berufsschule für Fotografie eine professionelle<br />
Fotografenausbildung zu absolvieren.<br />
© Benjamin Hiller Benjamin Hiller<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 117
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Stefano Renna<br />
»Le voci di dentro«<br />
»Le voci di dentro« ist ein multimediales<br />
Projekt, eine Kombination aus verschiedenen<br />
Disziplinen kommunikativer Performance<br />
und digitaler Multimedia Präsentation.<br />
Es ermöglicht dem Betrachter<br />
ein tieferes Verständnis dessen, was<br />
die Stadt Neapel und ganz Italien durch<br />
die wachsende brutale Kriminalität der<br />
letzten Jahre, erlitten hat. Das Browse<br />
Fotofestival zeigt die Fotoausstellung als<br />
einen Teil des größeren multimedialen<br />
Projekts.<br />
Das Multimedia-Projekt verfolgt den<br />
Zweck, der Öffentlichkeit zu helfen zu<br />
verstehen, was die Camorra wirklich ist<br />
- als ersten Schritt hin zu einer echten<br />
Bekämpfung der organisierten Kriminalität.<br />
Die menschliche Betrachtung<br />
© Stefano Renna<br />
118 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
der Camorra, die Tat und die Neugierigen,<br />
die sich rund um das Leichentuch<br />
versammeln, unter dem der Körper<br />
langsam erkaltet, zwischen Müttern, die<br />
nach ihren toten Söhnen schreien, darunter<br />
Kinder, die alle Unschuld verloren<br />
haben, die Dinge nur noch zur Kenntnis<br />
nehmen. Es ist sehr schwierig, ein Phänomen<br />
zu verstehen, wenn die Nachrichten-Artikel<br />
nicht die ganze Bandbreite<br />
dessen zeigen, was dahinter liegt.<br />
Mit dieser Arbeit wollen wir keine Solidarität<br />
mit der Camorra zeigen, sondern<br />
in die Tiefe gehen zu den Menschen,<br />
die an diesem Schrecken beteiligt<br />
sind. In diesem Werk finden wir<br />
nicht nur die Bilder, sondern den Geist<br />
und die Bedeutung von extremen<br />
Schmerzen, verursacht durch gewaltsames<br />
und sinnloses Töten, das unser<br />
Leben schon zu lange begleitet hat.<br />
Einige der wichtigsten Ausstellungen<br />
des Projektes in der letzten Zeit:<br />
»Camorra entries inside« – Ausstellung<br />
und Live-Act ,Paris (Frankreich).<br />
»Camorra« -23° Internationales Festival<br />
of Fotojournalismus, Perpignan (Frankreich)<br />
2001-2011 Ausstellungen - Cassandra<br />
Museum PAN di Napoli (Italien ).<br />
Multimedia Project »Camorra le voci di<br />
dentro«, Villa Savonarola Portici (NA),<br />
Italien.<br />
Europäisches Festival Fotojournalismus<br />
»scoop grand Lille«, Haus der Fotografie,<br />
Lille, (Frankreich).
© Stefano Renna<br />
Stefano Renna<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Renna wurde 1961 in Rom geboren,<br />
1978 absolvierte er sein Kunststudium<br />
mit Diplom und erhielt im Jahr 1980<br />
einen Abschluss in angewandter Kunst<br />
an der Accademia di Belle Arti in Neapel.<br />
Er setzte danach seine Ausbildung fort<br />
und graduierte im Jahr 1984 mit einer<br />
Arbeit über »die Realität und das Imaginäre«.<br />
Nach zwei Jahren Tätigkeit als<br />
Lehrer für die Sekundarstufen I und II<br />
an unterschiedlichen Schulen, machte<br />
er es sich zur Aufgabe, seine berufliche<br />
Erfahrung zu nutzen, um jungen Menschen<br />
Know-how im Bereich Kommunikation<br />
mit Bildern zu vermitteln. 1986<br />
begann die Zusammenarbeit mit der<br />
Zeitschrift »Napoli Oggi« für die Seiten<br />
des wöchentlichen Kulturteils. Im Jahr<br />
Stefano Renna<br />
1988 gründete er die Agentur »studiorenna«.<br />
Seine Fotos erschienen u.a. in<br />
Magazinen wie Oggi, Gente, Visto, Top<br />
Girl, Epoca, Europeo, L‘Espresso, Panorama.<br />
1998 gründete er mit anderen<br />
Kollegen die Agentur fotoreporters SAS<br />
(AGNFOTO).<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 119
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Androniki<br />
Christodoulou<br />
»UNDERWORLD«<br />
Tohoku, Küstenstädte im Norden Japans,<br />
die am 11. März 2011 vom Erdbeben<br />
und dem Tsunami zerstört wurden.<br />
Nach dem Erdbeben sank der Norden<br />
Japans um mehrere Zentimeter tiefer.<br />
Die Erde bewegte sich wie ein wütendes<br />
Tier, schüttelte das Meer und kehrte<br />
zurück in einen unruhigen Schlaf, ließ<br />
uns machtlos zurück, um über unsere<br />
Existenz nachzudenken.<br />
Vier Monate nach dem Erdbeben waren<br />
die Menschen verschwunden. Niemand<br />
sucht mehr nach Leichen, niemand<br />
versucht mehr, die Habseligkei-<br />
© Androniki Christodoulou, (Original Pictures in Colour)<br />
120 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
ten zu retten. Nur Bauarbeiter sind zu<br />
sehen, die Ruinen von Städten und Dörfern<br />
abreißen.<br />
In Gegenden, die abgesunken waren,<br />
hatte das Wasser die Regie übernommen.<br />
Das Meer kam ins Landesinnere,<br />
entweder für immer oder für Stunden<br />
während der Flut. Diese Landschaften<br />
der Katastrophe, die an eine Unterwelt<br />
erinnern, sind nun weg, aber bleiben<br />
hoffentlich unvergessen als Denkmäler<br />
unserer Ohnmacht und der Vergänglichkeit<br />
des Lebens.<br />
Juli 2011 In der Stadt Kesenuma sank<br />
die Erde um etwa 74 cm und das Gebiet<br />
rund um den Hafen ist den ganzen Tag<br />
lang überflutet. Eine Schicht aus Steinen<br />
ermöglicht es mir durch die Stätte der<br />
Zerstörung zu gehen. Es regnet von Zeit<br />
zu Zeit und der Himmel ist bewölkt, aber<br />
hell. Überall Schutt und dazwischen<br />
zerborstene Gebäude, die sich reglos im<br />
Wasser spiegeln. Krähen fliegen überall<br />
herum und es stinkt. Die Landschaft um<br />
mich herum sieht unwirklich aus. Die<br />
Farben sind schön, aber das, was ich<br />
sehe ist schrecklich.... Weiter unten hört<br />
man der Klang vom Abriss der Gebäude<br />
und Schiffe, die vom Tsunami ins Lnadesinnere<br />
gespült worden waren. Die<br />
1000 Toten und mehr als 400 Vermissten<br />
finden erst Ruhe, wenn die Geisterstadt<br />
verschwunden ist.<br />
Die Stadt Ishinomaki sank um etwa 78<br />
cm. Ich sehe ein großes Schild mit der<br />
Aufschrift »Ganbaro Ishinomaki«, Ishinomaki<br />
gib Dein Bestes, weiter zu kämpfen.<br />
Daneben Blumen für die Menschen,<br />
die durch den Tsunami verschwanden.<br />
3097 Tote und 2770 Vermisste ... Die<br />
zerstörte Stadt hinter dem Schild ist von<br />
Wasser umgeben. Ich gehe und werde<br />
nie wieder kommen, denn was ich sehe,<br />
wird es dann nicht mehr geben.<br />
www.androniki.com<br />
Text & Fotos von Androniki Christodoulou
© Androniki Christodoulou, (Original Pictures in Colour)<br />
Androniki Christodoulou<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Androniki Christodoulou wurde 1968 in<br />
Griechenland in der Stadt Thessaloniki<br />
geboren. Androniki interessierte sich<br />
schon lange für die Kulturen Asiens,<br />
bevor sie sich 2004 entschloss, nach<br />
Japan auszuwandern. Ihre Arbeit als<br />
Fotojournalistin für die ausländische<br />
Presse ermöglichte es ihr, durch das<br />
ganze Land zu reisen. Sie fotografierte<br />
zeitgenössische und traditionelle Kultur<br />
in Japan. Ihre Fotos wurden u.a. im<br />
Spiegel, in der Sunday Times, in der<br />
Businessweek, in Marie Claire und<br />
im Independent on Sunday publiziert.<br />
Sie stellte ihre Fotos in Griechenland,<br />
Japan und New York aus. Seit dem<br />
Erdbeben mit dem darauffolgendem<br />
Tsunami In Japan am 11. März 2011 Androniki Christodoulou<br />
fotografiert sie das Krisengebiet. Das<br />
Ausmaß dieser Katastrophe Anwohner<br />
mit ihrem Schicksal umgehen, hat sie<br />
zutiefst berührt. www.androniki.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 121
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Nadav Neuhaus<br />
»Drug wars in<br />
Mexico«<br />
Ich reiste 2007 wegen einer Geschichte<br />
über das geheimnisvolle Verschwinden<br />
von Hunderten von Frauen. zum<br />
ersten Mal in die geplagte mexikanische<br />
Grenzstadt Juarez.<br />
In der Stadt mit einer Freihandelszone,<br />
wo einst eine steuerfeie Industrie-Produktion<br />
blühte, war es unruhig geworden<br />
und die Gefahr eines Gewaltausbruchs<br />
lag in der Luft.<br />
Die Dinge waren viel schlimmer geworden,<br />
als ich Jahre später nach Juarez<br />
zurückkehrte, um über den explodierenden<br />
Krieg zwischen Drogenkartellen<br />
in der Stadt zu berichten. Attentate<br />
grassierten unter Kartellmitgliedern<br />
und lokalen Banden und einfache<br />
Bürger waren von der Gewalt betroffen.<br />
Die Mitglieder der Baja 13 Bande zeigen ihre Tattoos und Waffen, 2009. Originalbild in Farbe © Nadav Neuhaus<br />
122 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
El Paso, eine der sichersten Städte in<br />
den Vereinigten Staaten, liegt gleich<br />
hinter der Grenze von Juarez. Als wir<br />
in Juarez über die Grenze fuhren, fragte<br />
ich meinen Fahrer: »Ist es wirklich so<br />
schlimm?« »Sie werden sehen, was passiert,<br />
wenn die Sonne untergeht«, sagte<br />
er. Dann hörten wir plötzlich die Töne<br />
der Narco Corrido Musik auf dem Polizei-Scanner.<br />
Die populären Balladen<br />
verherrlichen den Lebensstil des Drogenhandels<br />
und werden oft von Kartellmitglieder<br />
benutzt, um auf der »gekidnappten«<br />
Funksequenz der Polizei mit<br />
der Musik einen Mord anzukündigen.<br />
Es war dunkel, als wir an der Stelle der<br />
Tötung ankamen. Ich hörte eine Frau<br />
schreien. Ihr Mann war vor ihrem Haus<br />
erschossen worden, seine Leiche lag auf<br />
dem Boden. Die Mutter des Mannes<br />
kam schreiend heraus: »El Nino, El<br />
Nino!« (»der Kleine«). Die Leute kamen<br />
aus ihren Häusern, um zu sehen, was<br />
passiert war, aber die Szene war offensichtlich<br />
alltäglich.<br />
Bei einem Straßenhändler direkt neben<br />
dem Haus aßen die Menschen weiter<br />
ihre Tacos, während sie die Szene<br />
betrachteten. Der medizinische Gutachter<br />
war angekommen, um die Leiche<br />
abzuholen und sie dem enormen Rückstandsberg<br />
in der Leichenhalle hinzuzufügen,<br />
die alle auf die Autopsie warten.<br />
Obwohl die Ermittler pflichtbewusst<br />
den Tatort dokumentieren und Beweise<br />
sammeln, ist es unwahrscheinlich, daß<br />
Strafanzeigen eingereicht werden.<br />
Von den 3.200 Tötungsdelikten in<br />
Juarez, von denen die Generalstaatsanwaltschaft<br />
des Bundesstaats Chihuahua<br />
im Jahr 2010 berichtet, wurden<br />
nur 53 Personen angeklagt- weniger<br />
als 3 Prozent. Im Vergleich dazu<br />
gab es rund 300 Morde im Jahr 2007.<br />
Wirtschaftliche Depression und unkontrollierte<br />
Gewalt machten Juarez zu einer<br />
Stadt voller Angst. Für diejenigen, die<br />
darum kämpfen, ein normales Leben<br />
zu führen, ist es schwierig, ihre Kinder<br />
davor zu bewahren, von der Gangkul-
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Beerdigung eines mexikanischen Polizisten, der in Juarez, Mexiko von Mitgliedern eines der Drogenkartelle ermordet wurde. Dezember 2008<br />
Originalbild in Farbe © Nadav Neuhaus<br />
tur geschluckt zu werden. In einer Stadt<br />
mit wenigen Wegen zum Erfolg, bleiben<br />
die verherrlichten Drogenhändler der<br />
»Narco corridos« die Helden - Männer<br />
mit Geld, Waffen und Frauen.<br />
Nadav Neuhaus<br />
Der in New York lebende Fotojournalist<br />
arbeitet für Nachrichten und Features<br />
internationaler Zeitungen und<br />
Zeitschriften. Auftragsarbeiten und<br />
freie Projekte, darunter regelmäßige<br />
Reisen nach Haiti für Stern (Magazin),<br />
um Fälle von Vergewaltigung und<br />
Schwangerschaften in Flüchtlingslagern<br />
zu dokumentieren (2010 - 2011),<br />
Berichterstattung über die ägyptische<br />
Revolution und den Aufstand auf dem<br />
Tahrir-Platz für die iPad Anwendung<br />
»The Daily« (Februar 2011); Japanische<br />
Tsunami-und Erdbebenschäden und<br />
Nadav Neuhaus<br />
Hilfsmaßnahmen für das Stern-Magazin. www.nadavneuhaus.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 123
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Bruno Decock<br />
»Mit dem iPhone<br />
unterwegs«<br />
Ein Fototagebuch, aufgenommen mit<br />
einem Apple iPhone 3G.<br />
Angezogen von den auf den ersten Blick<br />
banal wirkenden Szenen des Alltags, die<br />
den Großteil unserer visuellen Eindrücke<br />
bilden, aber normalerweise ignoriert<br />
werden, fotografiere ich alltägliche<br />
Augenblicke voller visueller Poesie.<br />
Ein wundervolles natürliches Licht oder<br />
eine zufällige Kombination von augenscheinlich<br />
unverbundenen Gegenständen,<br />
die sie der Banalität befreit, etwas,<br />
das sie über den Moment hinaushebt.<br />
Ein Fotohandy hat den Vorteil, dass es<br />
jeder Zeit verfügbar ist. Große Kameras<br />
lässt man meist zu Hause, aber um eben<br />
diese wundervollen Momente des alltäglichen<br />
Lebens festzuhalten braucht<br />
man eine Kamera. Die Möglichkeiten<br />
der iPhone Kamera sind technisch eingeschränkt:<br />
eine geringe Auflösung, ein<br />
kleines Objektiv… Dinge, die dieses<br />
Gerät ungeeignet für die hochwertige<br />
Fotos macht. Dennoch ist die iPhone-<br />
Kamera äußerst charmant. Das Ergebnis<br />
ist oft nicht vorhersehbar und das<br />
gleiche Bild noch einmal aufzunehmen<br />
ist eine Herausforderung. In dieser Hinsicht<br />
gleicht sie der Sofortbildfotografie<br />
mit einer Polaroid Kamera, eine meiner<br />
ersten Schwärmereien in der Fotografie.<br />
124 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Bruno Decock
© Bruno Decock<br />
© Bruno Decock<br />
www.brunodc.be<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Bruno Decock<br />
Ich lebe in meiner Geburtsstadt Gent in<br />
Belgien. Seit 1994 arbeite ich als Dokumentar-Fotograf.<br />
Diese Expertise führte<br />
dazu, hauptberuflich als Bildredakteur<br />
zu arbeiten, zuerst freiberuflich für die<br />
Bildredaktion einer lokalen belgischen<br />
Zeitung und danach für die Fotoabteilung<br />
der Médecins Sans Frontièrs (MSF<br />
)/Ärzte ohne Grenzen, Belgien. Nach<br />
acht Jahren Praxis wechselte ich in die<br />
Position des MSF International Photo<br />
Editor, in der ich sowohl das Archiv<br />
der Organisation, als auch die Fotoproduktionen<br />
der Organisation weltweit<br />
betreue. Ich bin Ko-Autor der MFS-<br />
Richtlinien für den ethischen Einsatz<br />
von Fotografie der. Desweiteren bin ich<br />
in mehrere multimediale Projekte involviert,<br />
welche in Zusammenarbeit mit<br />
Agenturen und Produzenten entstehen.<br />
Parallel dazu arbeite ich auch weiter<br />
praktisch als Fotograf, indem ich die<br />
Arbeit von MSF in Afrika, Asien und überall<br />
in Europa dokumentiere. Außerdem<br />
vermittle ich dem MFS Personal und Patienten<br />
die Grundzüge der Fotografie, um<br />
die Bereitstellung von Galerien und multimedialen<br />
Projekten sicher zu stellen.<br />
Auf einer anderen Schiene habe ich<br />
mich immer für die Möglichkeiten von<br />
Low-Tech-Fototechnologie, zum Beispiel<br />
Polaroid oder Handykameras, stark<br />
gemacht. Hier gelang es mir, eine Reihe<br />
von gedruckten Bildern an belgische<br />
Galerien und Sammler zu verkaufen.<br />
Bruno Decock<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 125
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Robert King<br />
»War photographer«<br />
Robert King, geboren in Memphis Tennessee<br />
ist ein preisgekrönter Fotojournalist<br />
ohne formale berufliche Ausbildung<br />
im Bereich des Journalismus. King studierte<br />
Kunst mit einem Bauhaus-Stipendium<br />
und alsolvierte mit Auszeichnung<br />
am Pratt Institute in Brooklyn, New York.<br />
King arbeitet rund um die Welt für führende<br />
Zeitungen und Zeitschriften: Er<br />
war tätig im vom Krieg zerrissenen Bosnien,<br />
in Afghanistan, Tschetschenien,<br />
Ruanda, Kosovo, Albanien, Georgien,<br />
Armenien, Aserbaidschan, Zaire, Südafrika,<br />
Russland, Irak und Mexiko.<br />
© Robert King<br />
126 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Robert King<br />
Seine Arbeiten wurden in Life, der New<br />
York Times, Time, Newsweek, The Guardian,<br />
Rolling Stone, Stern, Paris Match<br />
und in so ziemlich allen anderen international<br />
führenden Magazinen veröffentlicht.<br />
Kings Karriere als Fotojournalist<br />
wurde dokumentiert in dem preisgekrönten<br />
Dokumentarfilm »Shooting<br />
Robert King«. Die Fotos von Robert King<br />
findet man auch in Museen und Privatsammlungen<br />
auf der ganzen Welt.<br />
www.fotoking.com<br />
War photographer Robert King in Sarajevo,<br />
February 1996. Photo © Roger M. Richards
© Robert King<br />
© Robert King<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 127
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Gordon Welters<br />
»Geh, meine Schöne«<br />
Wunder sind scheue, zerbrechliche<br />
Wesen. Lucas, das Kind an das niemand<br />
mehr glaubte, brachte den Glauben an<br />
Wunder zurück in Danas Leben. Freunde<br />
haben Engel gemalt. Sie streicheln die<br />
ruhelose Seele und wachen über den<br />
erschöpften Körper.<br />
Diagnose Brustkrebs. Allein in<br />
Deutschland erkranken jährlich 57.000<br />
Frauen, Tendenz steigend. Die meisten<br />
Patientinnen erkranken nach den<br />
Wechseljahren, sie können bei rechtzeitiger<br />
Diagnose und optimaler Therapie<br />
mit einer nahezu 100-prozentigen<br />
Heilungschance rechnen. Dana ist<br />
25, liebt und fordert das Leben als sie<br />
den Knoten unter der Haut fühlt. Nach<br />
Brustamputation und Chemotherapie<br />
entscheidet sich für ein neues Leben in<br />
einer anderen Stadt. Und für einen Sohn,<br />
der sich medizinischen Aussagen zum<br />
Trotz seinen Platz auf der Welt erkämpft.<br />
Ein kurzes, ein turbulentes Leben - mit<br />
dem Tod und gegen die Zeit. Neun Jahre<br />
später liegt Dana auf der Palliativstation<br />
eines Krankenhauses, irgendwo in<br />
Deutschland. Sie hat viele Menschen<br />
kennen gelernt in dieser anderen Stadt.<br />
Die kostbarsten von ihnen hat sie wie<br />
einen Schatz gehütet, hat sie aneinander<br />
gereiht, wie Perlen auf einer Schnurr.<br />
Krankheit macht oft einsam. Dana ist<br />
nicht allein. Das ist sehr ungewöhnlich<br />
sagen die Stationsschwestern und beobachten<br />
wohlwollend die vielen Besucher<br />
in Zimmer H438. Es ist Dana gelungen<br />
die unterschiedlichsten Menschen zu<br />
vereinen und einen Freundeskreis zu<br />
schaffen, der sie bis ans Ende trägt und<br />
dessen einzelne Glieder sich gegenseitig<br />
zu stützen wissen. Auf diese Weise ist<br />
ein beispielsloses Netzwerk entstanden:<br />
die Freunde stimmen gemeinsam minutiös<br />
die Besuchszeiten ab, koordinieren<br />
den täglichen Übernachtungsgast, verwöhnen<br />
die Sterbende mit Massagen<br />
und überraschen sie mit einem Cello-<br />
Konzert am eigenen Bett. Liebe wärmt<br />
das Zimmer, taucht es in Geborgenheit<br />
und sanften Abschied.<br />
Wunder lassen uns erstaunen. Wunder<br />
sind selten. Freunde auch.<br />
(Text: Ines John)<br />
128 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Gordon Welters<br />
© Gordon Welters<br />
Gordon Welters<br />
arbeitet seit 1998 freiberuflich als<br />
Fotojournalist, für nationale und internationale<br />
Kunden und ist Vertragsfotograf<br />
der The New York Times. Seit 2006 wird<br />
er von der Agentur laif vertreten. Mit<br />
einer Leidenschaft für die sozial engagierte<br />
Reportagefotografie widmet sich<br />
Gordon in seinen freien Projekten den<br />
Geschichten am Rande der Gesellschaft<br />
und erzählt in einfühlsamen Reportagen<br />
vom Menschsein.<br />
(www.GordonWelters.com)<br />
Gordon Welters
Erik-Jan Ouwerkerk<br />
»Einsame<br />
Kommunikation«<br />
Manchmal sind wir in der Wirklichkeit<br />
abwesend um im Virtuellen anwesend<br />
zu sein.<br />
Wir sind überall und rund um die Uhr<br />
erreichbar. Ohne Handyempfang und<br />
Internet glauben wir verloren zu sein.<br />
Wir checken unsere Mails während wir<br />
mit Freunden im Café sitzen und bevor<br />
wir Theater oder Flugzeug verlassen,<br />
müssen wir ganz schnell ein paar SMS<br />
verschicken um unsere Rückkehr in der<br />
digitalen Welt zu melden.<br />
Erik-Jan Ouwerkerk<br />
Geboren 1959 in Leiderdorp, Niederlande.<br />
Biologiestudium in Utrecht, mit Forschungsprojekt<br />
über Fischotter auf den<br />
Shetland Inseln.<br />
Seit 1988 als freischaffender Foto-Journalist<br />
in Berlin.<br />
Themenschwerpunkte: Leben in der<br />
Stadt, Soziales, Architektur.<br />
© Erik-Jan Ouwerkerk<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
2003 bis 2005 Lehrauftrag für Reportage-Fotografie<br />
an der Kunsthochschule<br />
Berlin-Weissensee, Hochschule für<br />
Gestaltung<br />
Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften<br />
und Büchern in vielen Ländern,<br />
u.a. Deutschland, Holland, Frankreich,<br />
Spanien, Finnland, USA, Japan.<br />
Diverse Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen.<br />
Erik-Jan Ouwerkerk<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 129
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Valerio Bispuri<br />
Encerrados<br />
»Travel to South<br />
America jail«<br />
Ich verbrachte 10 Jahre auf Reisen zu<br />
den Gefängnissen Südamerikas, einer<br />
komplexen Parallelwelt, in der Gewalt<br />
und Missbrauch zum Leben der Insassen<br />
gehören. Dabei konnte ich beobachten,<br />
wie die Häftlinge versuchen<br />
ihre Würde zu bewahren, indem sie<br />
sich in die Rollen einfügen, die sie auch<br />
außerhalb des Gefängnisses innehielten.<br />
Diese Gefängniswelt ist ein Spiegel<br />
der Gesellschaft, ein Spiegel der kleinen<br />
Probleme eines Landes, als auch seiner<br />
großen Sozial- und Wirtschaftskrisen.<br />
Die Aufrechterhaltung ihrer Rollen ist<br />
notwendig und der einzige Weg sich<br />
selbst zu verteidigen. In diesen engen<br />
und überfüllten Gefängnissen versuchen<br />
die Insassen ihre Gewohnheiten<br />
beizubehalten. Gewalt und Rangordnungen<br />
nach dem Prinzip »der Stärkste<br />
gewinnt« folgen daraus.<br />
In Brasilien zum Beispiel musste der<br />
Gefängnisdirektor zusätzlich zu seiner<br />
Erlaubnis die Zustimmung der »kontrollierenden«<br />
Gruppe erhalten, bevor<br />
ich fotografieren durfte. Einige Gefangene<br />
demonstrieren ihre Macht durch<br />
Messer, die sie stolz präsentieren, während<br />
andere Insassen, die nicht bewaffnet<br />
sind, zu Sklaven werden. In Santiago,<br />
Chile, sind es die Verurteilten<br />
bereits gewohnt in ihrer freien Zeit<br />
gegeneinander zu kämpfen, denn auch<br />
hier gilt die Regel: Der Stärkste und<br />
Reichste hat die Kontrolle und die Macht.<br />
Das Leben im Gefängnis besteht aber<br />
nicht nur aus Machtspielen und Kämpfen.<br />
Im Alltag findet sich auch Zeit zum<br />
Fußballspielen, zum Reden, zum Witze<br />
erzählen. Für Frauen gibt es Momente,<br />
in denen sie sich schick machen und<br />
schminken.<br />
Die Geschichte dieser Reportage ist<br />
es nicht, die Situation in den Gefängnissen<br />
anzuprangern, sondern zu entdecken,<br />
was die Länder Südamerikas<br />
trennt und verbindet.<br />
Ich besuchte insgesamt 74 Männer- und<br />
Frauengefängnisse in Equador, Peru,<br />
130 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Encerrados, Santiago, Chile, Penitentiary. March 2008, some convicts are waiting for going out<br />
to the patio.<br />
Bolivien, Argentinien, Chile, Uruguay,<br />
Brasilien, Kolumbien und Venezuela.<br />
Ich kam in Kontakt mit Gefangen und<br />
Wärtern, mit Angst und Gefahr und Hoffnung<br />
und Zurückhaltung. Manche Verurteilten<br />
sahen in mir eine Ablenkung,<br />
andere betrachteten mich mit Neid und<br />
wieder andere verachteten mich, weil<br />
sie dachten, dass ich nur dort sei, um<br />
mit Bildern Geld aus ihrem Leben hinter<br />
Gittern zu machen.<br />
Jedes Gefängnis schafft es, einem die<br />
Situation im jeweiligen Land bewusst<br />
zu machen. Auch wenn alles nur eine<br />
Reflexion der Gewalt zu sein scheint,<br />
sind die Gegensätze von Gewalt und<br />
Leben eng miteinander verwoben. Dies<br />
steht im Einklang mit der Geschichte<br />
Südamerikas.<br />
Valerio Bispuri<br />
Biographie<br />
Der 40-jährige Valerio Bispuri wurde<br />
in Rom, Italien, geboren. Er erlangte<br />
seinen Hochschulabschluss in Kunst<br />
und Geisteswissenschaften. Heute lebt<br />
er in Buenos Aires und Rom. Seit 2001<br />
arbeitet Bispuri als professioneller Fotoreporter<br />
und arbeitet mit zahlreichen<br />
italienischen und ausländischen Magazinen<br />
zusammen. Er hat Reportagen in<br />
Latein Amerika, Afrika und dem Mittleren<br />
Osten durchgeführt. Seine Arbeiten<br />
wurden international in diversen Aus-<br />
stellungen u.a. in Italien, Spanien und<br />
Argentinien gezeigt. Seit vielen Jahren<br />
untersucht Bispuri die verschiedenen<br />
Aspekte des Lebens in Südamerika und<br />
wurde 2011 bei der POYi Latein Amerika<br />
besonders lobend erwähnt.<br />
2011 stellte er seine Zehnjahresarbeit<br />
über die Gefängnisse Südamerikas<br />
(Encerrados, Travel of South American<br />
jails), bei Visa pour l’Image in Perpignan<br />
aus.<br />
Valerio Bispuri<br />
I spent 10 years travelling for South-<br />
America jails.<br />
A different and complex world in which<br />
violence and abuse are part of convicts<br />
life. I saw, during the time, how the convicts<br />
try to find a space similar to that<br />
one they had outside jails. They try to<br />
preserve their dignity. Jails are a reflex<br />
of the society, a mirror of a country for<br />
both small problems and for the big economic<br />
and social crisis. The necessity to
Encerrados, Santiago, Chile, Penitentiary. March 2008, guard beats a convict just entered in prison.<br />
recreate their space is the only way to<br />
defend them.<br />
They hardly try to maintain their habits in<br />
a human boundary condition and overcrowding<br />
status. Violence and power<br />
management inside the jails are direct<br />
consequences of these conditions.<br />
Thus, for instance, in Brazil even if I got<br />
the permission for taking pictures inside<br />
the jails, the jail director had to seek the<br />
approval of a »control« group who ran<br />
the prison.<br />
Some prisoners were used to show defiantly<br />
their knives and who is not armed<br />
becomes a kind of slave.<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
In Santiago, in Chile, the convicts, irritated<br />
by such bad life conditions are<br />
used to fight during their autonomy hour.<br />
The jails rules are the same of that we can<br />
find in life: who has more money and<br />
power, supervises and has authority.<br />
The life in jails is not only power games<br />
and fights. In daily life there is time for<br />
playing football, for talking, for joking<br />
and for women there are moments<br />
in which they dress up and make-up<br />
faces.<br />
The history of this work is not to<br />
denounce the situation in jails but to<br />
discover and tell what joins and what<br />
I went around for 74 male and female<br />
jails in Ecuador, Peru, Bolivia, Argentina,<br />
Chile, Uruguay, Brazil, Colombia e Venezuela.<br />
I got in contact with prisoners and<br />
guards, with fear and anger, with hope<br />
and diffidence. Some convicts considered<br />
me a distraction, others looked at<br />
me with envy, others again with contempt<br />
because they thought that I was<br />
there only for taking pictures to sell of<br />
their confined life.<br />
Every jail was a way to tell the country<br />
from inside and outside. Even if everything<br />
seems to be just a reflex of violence<br />
the contrast of life and violence belongs<br />
to one line. This corresponds to the history<br />
of South America.<br />
Valerio Bispuri<br />
Valerio Bispuri, 40 years old, was born<br />
in Rome. He has an art and letter graduate.<br />
He is living in Buenos Aires and in<br />
Rome. Professional photoreporter since<br />
2001, he is collaborating with many Italian<br />
and foreign magazines. He made a<br />
lot of reportages in Latin America, Africa<br />
and Middle East. He exhibited in many<br />
places in Italy, Spain and Argentina.<br />
Since many years he is working on different<br />
aspects of life in South America<br />
In 2011 he received a special mention<br />
at the POYi Latin America.<br />
In 2011 he exhibited at Visa pour<br />
l‘Image in Perpignan an exhibition of a<br />
work of ten years on prison sudmaericane:<br />
Encerrados, Travel of South American<br />
jails<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 131
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Timo Vogt<br />
»Syria - Land of the<br />
Living Dead«<br />
Hintergrund:<br />
Im Februar <strong>2012</strong> war der Aufstand der<br />
Syrier gegen das Assad-Regime auf<br />
einem Höhepunkt. Nach 11 Monaten<br />
demonstrierten die Menschen noch<br />
immer gewaltfrei. Immer mehr Deserteure<br />
der Armee schlossen sich zur<br />
Freien Syrischen Armee zusammen.<br />
Doch wegen ihrer mangelhaften Ausrüstung<br />
waren sie bestenfalls eine Art<br />
Schutztruppe für die Bevölkerung. Vor<br />
den Panzern Assads können sie letztlich,<br />
wie auch die unbewaffneten Zivilisten,<br />
nur fliehen.<br />
132 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Die Reportage:<br />
Über die Berge der Türkei kommen Versorgungsgüter,<br />
Waffen und auch Journalisten<br />
nach Syrien. Flüchtlinge kehren<br />
als Unterstützer der Freien Syrischen<br />
Armee (FSA) oder als Aktivisten ins Land<br />
zurück. Trotz massiver Repression gehen<br />
die Menschen weiterhin friedlich auf die<br />
Straßen und riskieren dabei von Scharfschützen<br />
erschossen zu werden. Sie<br />
fordern Freiheit und den Sturz Assads.<br />
Die kleinen Gruppen der FSA geben<br />
sich zuweilen zwar martialisch, doch<br />
bei Angriffen der Regierungstruppen<br />
Ein Junge steht in einer verwüsteten Straße in Kurin. Panzer haben hier Häuser einfach plattgewalzt. © Timo Vogt/randbild.de<br />
können sie die Bevölkerung nicht schützen.<br />
Mit ihren Gewehren und den zum<br />
Teil selbstgebastelten Patronen können<br />
sie den Panzern Assads nichts entgegensetzen.<br />
Beim Angriff auf das Dorf Kurin<br />
(Provinz Idlib) am 22. Februar können<br />
sie nur schnell einige verängstigte Zivilisten<br />
in den Olivenhainen verstecken.<br />
Nach sieben Stunden Beschuss zieht<br />
sich die Armee zurück und die Menschen<br />
kehren in den verwüsteten Ort<br />
zurück. Sechs Männer werden ermordet<br />
aufgefunden. Sie wurden brutal hin-
Am Tag nach dem Angriff auf Kurin werden die Toten beerdigt. © Timo Vogt/randbild.de<br />
gerichtet. Beinahe hilflos bleiben die<br />
Kämpfer der FSA und die schockierten<br />
Bewohner zurück. Doch ein »zurück«<br />
gibt es für sie nicht mehr. Das Ende des<br />
Aufstands gegen Assad würde ihren Tod<br />
und den der Aktivisten der Opposition<br />
bedeuten. Sie kämpfen um ihr Leben.<br />
Timo Vogt<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Der Fotograf Timo Vogt reiste von der<br />
Türkei auf Schmugglerpfaden in die Provinz<br />
Idlib im Nordwesten Syriens. Die<br />
Region Idlib galt als relativ sicher, da sie<br />
weitgehend in der Hand der Opposition<br />
war. Doch während seines Aufenthaltes<br />
begann die Armee dort mit einer blutigen<br />
Offensive zur Rückeroberung dieser<br />
Gebiete. Der morgendliche Angriff auf<br />
das Dorf Kurin kam für die Bevölkerung<br />
ohne Ankündigung. Der Fotograf flüchtete<br />
mit Bewohnern in die Olivenhaine.<br />
Tags darauf war der geplante Rückweg<br />
in die Türkei durch Militäroperationen<br />
versperrt. Erst Tage später konnte er über<br />
den Stacheldraht klettern und erreichte<br />
so die Türkei – dort angekommen verhaftete<br />
ihn die türkische Grenzpolizei.<br />
1980 geboren, lebt Timo Vogt in Lüchow-<br />
Dannenberg. Für Reportagen bereiste<br />
er vor allem den Kaukasus, Teile des<br />
Nahen Ostens und Afghanistan.<br />
Portrait-Foto Timo Vogt:<br />
Jerusalem, 2010<br />
www.randbild.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 133
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Hana Jakrlova<br />
»Big Sister«<br />
In ihrem Buch »In the Meantime:<br />
Europe«, veröffentlicht im Jahr 2006 mit<br />
einem Vorwort vom tschechische Präsident<br />
Vaclav Havel, dokumentierte Hana<br />
Jakrlova ihre persönliche fotografische<br />
Reise quer durch Europa nach dem<br />
Fall des Kommunismus. Dieser kraft-<br />
© Hana Jakrlova, (Originalbild in Farbe)<br />
134 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
volle Bildband fängt die neue Identität<br />
eines unlängst vereinten Kontinents ein.<br />
In »Big Sister«, veröffentlicht 2010 von<br />
„»Images en Manoeuvres and Eric Franck<br />
Fine Art«, zeigt sich Hana fasziniert von<br />
den außergewöhnlichen Möglichkeiten,<br />
mit denen das Internet unsere Welt ver-<br />
ändert hat. Sie fühlte sich herausgefordert,<br />
dieses grundlegende weltweite<br />
Phänomen und wie es unser Gefühl<br />
von Intimität und Privatsphäre prägt, zu<br />
untersuchen.<br />
Hana Jakrlova lebt in Prag und New York.
© Hana Jakrlova, (Originalbild in Farbe)<br />
Hana Jakrlova<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
ist eine aus Tschechien stammende<br />
Fotografin. Ihre international publizierten,<br />
Arbeiten sich mit Fragen der Zugehörigkeit,<br />
Intimität und Identität befassen.<br />
Nach erfolgreichem Abschluss ihres<br />
Architektur-Studiums in Prag besuchte<br />
sie das Institut für kreative Fotografie<br />
in der Tschechischen Republik und das<br />
International Center of Photography in<br />
New York.<br />
www.hanajakrlovaphoto.com Hana Jakrlova<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 135
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Sanchir Tserendorj<br />
Tseren Byambasuren<br />
Amartuvshin<br />
Lkhagvasuren<br />
»FOR ALL WHO<br />
HAVE A HEART FOR<br />
MONGOLS«<br />
Ausstellung - Fotografie<br />
Zum Gedenken an den 850. Jahrestag<br />
der Geburt des Dschingis Khaan<br />
Die Ausstellung wird vom Institut für<br />
Studien der mongolischen Diaspora in<br />
Zusammenarbeit mit der ZURAG Galerie<br />
präsentiert.<br />
Die Organisation für Studien der mongolischen<br />
Diaspora ist ein mongolisches,<br />
nichtstaatliches Institut, das wegwei-<br />
136 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
sende Forschung betreibt und Filmexpeditionen<br />
zu Mongolen unternimmt, die<br />
während und nach der Zeit des mongolischen<br />
Reiches in viele Gegenden verstreut<br />
wurden.<br />
Die Organisation dokumentiert die<br />
Geschichte der mongolischen Diaspora<br />
und zeigt, wie diese Mongolen zu ihrem<br />
aktuellen Standort(Lebensraum) kamen,<br />
und wie sie dort ihr einzigartiges ethnisches<br />
Erbe, einschließlich ihrer Kultur<br />
und Sprache bewahren.<br />
Seit 2002 hat die Organisation für Studien<br />
der mongolischen Diaspora der<br />
Öffentlichkeit in unterschiedlichen<br />
Medien seine Arbeiten und Forschungsergebnisse<br />
bekannt gemacht:<br />
Fernseh-Dokumentationen, Fotoausstellungen<br />
und ein Fotobuch, das die<br />
mongolischen Diaspora-Gemeinden<br />
und Relikte im Zusammenhang<br />
mit der mongolischen Geschichte in<br />
rund 30 Ländern, darunter Afghanistan,<br />
Iran,Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan,<br />
Türkei, Malaysia, Russland, China<br />
dokumentiert.<br />
Die Fotoausstellung »FOR ALL WHO<br />
HAVE A HEART FOR MONGOLS«<br />
wurde ursprünglich im Jahr 2010 mit<br />
Unterstützung des Präsidenten der<br />
Mongolei in Ulaanbaatar realisiert und<br />
wurde später auf dem 4. Convent of<br />
World Mongols in Russland gezeigt.<br />
In Erweiterung dieser Ausstellung<br />
erschien das Fotobuch »FOR ALL WHO<br />
HAVE A HEART FOR MONGOLS«, das<br />
in der traditionellen und der kyrillischmongolischen<br />
Sprache sowie in Englisch<br />
publiziert wurde. Das Vorwort<br />
schrieb der Präsident der Mongolischen<br />
Akademie der Wissenschaften<br />
B. Enkhtuvshin, was die Bedeutung der<br />
Publikation im gesamten Feld der historischen<br />
mongolischen Studien stärkte.<br />
In der Galerie ZURAG wird eine Auswahl<br />
aus 45.000 Fotografien von Forschern<br />
und Fotografen des Instituts für<br />
Studien der mongolischen Diaspora<br />
gezeigt, die diese während der vergangenen<br />
10 Jahre auf einer Reise von<br />
30.0000 km aufgenommen haben.<br />
Monguors who are remnants of Mongol cavalries from Chinggis Khaan’s last raid in 1227. Qinghai, China, Photo by Sanchir Tserendorj
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Upon hearing about Mongolian invasion of Khwarezmian cities several families from Tabriz had fled to the cone shaped caves formed of volcanic lava.<br />
Kandovan, Iran, Photo by Tseren Byambasuren<br />
Während der Ausstellung wird es Veranstaltungen<br />
zum Dokumentationsprozess<br />
und Begegnungen mit Mongolisten<br />
geben. Diese Events werden gefilmt und<br />
dokumentarisch festgehalten.<br />
www.zurag.de<br />
Sanchir Tserendorj<br />
3. Juni bis 26. Juni <strong>2012</strong><br />
Atelier ZURAG Galerie Mongolei<br />
Kultur Kunst Zentrum<br />
Böckhstraße 26<br />
10967 Berlin-Kreuzberg<br />
(U-Bahn 8 Schönleinstr.)<br />
Di, Mi, Do 14 – 19 Uhr<br />
Sa 14 – 19 Uhr<br />
(Weitere Öffnungszeiten nach<br />
Vereinbarung.)<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 137
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Tian Taiquan<br />
»Amarcord«<br />
Tian Taiquan war einer der prominentesten<br />
Fotokünstler der 80er Jahre. Im Jahr<br />
1985, während er am Sichuan Fine Art<br />
Institute studierte, stellte er seine konzeptuelle<br />
Kunst in den Einrichtungen der<br />
Schule aus. Die meisten seiner Arbeiten<br />
führte er damals in der Dunkelkammer<br />
durch, und mit den neuen Konzepten<br />
und Ideen, die er ausstellte, inspirierte<br />
er viele andere Künstler und hinterließ<br />
einen tiefen Eindruck. 1985 gewann er<br />
die Aufmerksamkeit des Kunstkritikers<br />
Wang Lin.<br />
Im Jahr 2006, erlangten seine Werke<br />
»Vergessen«, »tiefe Eindrücke«, »Totemic<br />
Memories« und »Göttliche Komödie«<br />
große Aufmerksamkeit im In-und<br />
Ausland.<br />
Seine Ausstellung 7010 erntete in<br />
Chongqing viel Kritikerlob und zog<br />
weiter in andere Städte wie u.a. Dali,<br />
Shanghai, Pingyao, und Shenzhen.<br />
Überall, wo die Ausstellung gezeigt<br />
wurde, bekam sie Aufmerksamkeit<br />
und Anerkennung aus verschiedensten<br />
Teilen der Gesellschaft.<br />
Tian beschreibt den Raum seiner Werke<br />
als »Trilogie«.<br />
Die Vergangenheit wird durch Werke<br />
wie »Vergessen« dargestellt; eine<br />
Anspielung auf die Erinnerungen an<br />
die »roten Tagen«, die China niemals<br />
vergessen wird. Die Gegenwart wird<br />
repräsentiert durch »Netzwerk Fokus«,<br />
ein Werk, das Charaktere<br />
fokussiert, die im Internet sowohl in<br />
China als auch im Ausland zu heißen<br />
Themen wurden, von Furong Jiejie zu<br />
George W. Bush. Das auf die Zukunft<br />
bezogene Werk, »7010« dient als Warnung,<br />
was geschehen wird, wenn die<br />
Verschwendung von Ressourcen und<br />
ungezügelter Konsum auf ihrem derzeitigen<br />
Kurs fortgesetzt werden. Wenn<br />
dieser unlogische Krieg zwischen uns<br />
und unserem Planeten nicht beendet<br />
wird, werden wir als Spezies untergehen.<br />
138 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Tian Taiquan, (Originalbild in Farbe)<br />
3. Juni bis 30. Juni <strong>2012</strong><br />
FELLINI Gallery<br />
Mittenwalder Straße 6<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Sa 11 – 19 Uhr<br />
Fr + Sa 12 – 20 Uhr<br />
030 650 052 24
© Tian Taiquan, (Originalbild in Farbe)<br />
Tian Taiquan<br />
stammt aus Chongqing. Nachdem er<br />
1984 am Sichuan Fine Art Institute graduierte,<br />
war er einer der ersten Künstler<br />
Chinas, der mit konzeptueller Fotografie<br />
Karriere machte. Sein Meisterwerk beinhaltet<br />
eine Reihe von Arbeiten über die<br />
»Kulturrevolution«, die »Lethe«, die die<br />
Roten Garden im Fokus hatte.<br />
Heute arbeitet Tian mit der »Sichuan<br />
Fine Art Institution und dem »Tank Loft<br />
Chongqing Contemporary Art Center«<br />
zusammen. Tian Taiquans Arbeit<br />
beschäftigt sich mit der Frage der Zeit.<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Während »die Kulturrevolution«-Serie<br />
eine wichtige Phase der chinesischen<br />
Geschichte einfängt, beinhaltet »Internet<br />
Focus« eine Reie von Arbeiten, die<br />
sich mit der aktuellen Realität auseinandersetzen.<br />
»7010-Life After People«<br />
befasst sich hingegen mit der ultimative<br />
Frage, wie die Zukunft gestaltet sein wird.<br />
Seit 2005 wurden er mit seinem Werk<br />
weltweit zur Teilnahme an exklusiven<br />
Ausstellungen eingeladen, wie zum<br />
Beispiel 2011 zur LOS ANGELES ART<br />
SHOW, und 2009 zu »Die Tränen des<br />
Eros« in London.<br />
© Tian Taiquan, (Originalbild in Farbe)<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 139
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Jiri Rezac<br />
»Alberta Tar Sands«<br />
Ich kam zum ersten Mal in Berührung<br />
mit Alberta Teersanden im Auftrag des<br />
WWF (World Wild Life Fund) im Jahr<br />
2007 und erneut im Jahr 2009 auf mehreren<br />
Reisen im Auftrag von Greenpeace.<br />
Mein erster Eindruck von der Industrie<br />
in Nord-Alberta war eine grandiose<br />
Entwicklung, im negativen Sinne<br />
des Wortes. Bergbau und Gewinnung<br />
von Energieressourcen sind nie wirklich<br />
schön, aber das Ausmaß und Tempo, mit<br />
dem die Ölgewinnung in Kanada betrieben<br />
wird, ist wirklich atemberaubend.<br />
Wie konnte es sein, daß Kanada, das<br />
weithin als ein freundliches, umweltbewusstes<br />
und »nettes« Land betrachtet<br />
wird, solche zerstörerischen Projekte<br />
in ihrem eigenen Hinterhof duldet?<br />
Eine Antwort, die ich im Gespräch mit<br />
den Menschen fand, war kulturell: Wäh-<br />
© Jiri Rezac, (Original Image in colour)<br />
140 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
rend die meisten Europäer und auch<br />
viele Menschen weltweit mit der Vorstellung<br />
und den Bedingungen der Ressourcenknappheit<br />
leben, nehmen die<br />
Kanadier anscheinend den umgekehrten<br />
Weg: Hülle und Fülle. Die Gruben-,<br />
Dampf-und Aufbereitungsanlagen nördlich<br />
von Fort McMurray sind wahrhaft<br />
gigantisch. Man hat den Eindruck einer<br />
Mondlandschaft, vergiftet mit stinkenden<br />
toxischen Aufbereitungsrückständen,<br />
dazu der Klang von Kanonen, der<br />
Zugvögel abschrecken soll, sichtbar für<br />
jeden, der sich eine halbe Stunde nördlich<br />
entlang des Highway 63 bewegt.<br />
Wie kann jemand, der noch bei Verstand<br />
ist, dieses Schreckensszenario<br />
dulden?<br />
Was mich allerdings am meisten aufregt,<br />
ist die eklatante Missachtung der<br />
Menschen, die stromabwärts dieser tödlichen<br />
Industrie leben, Kanadas Ureinwohner.<br />
Sie sind die wahren Verlierer. In<br />
mehrere Gemeinden, entlang des Lake<br />
Athabasca stieg in auffälliger Weise die<br />
Rate von Krebserkrankungen an, als<br />
hier der Ölabbau in großem Maßstab<br />
begann.<br />
Ihr Wasser ist nicht trinkbar, die Anzahl<br />
der Fische, Zugvögel, Elche, Bären und<br />
anderer Wildtiere ist geschrumpft und<br />
die Tiere sind nicht mehr essbar. Es<br />
scheint, dass ihre traditionelle Lebensweise<br />
endgültig am Ende ist. Ich finde<br />
das alles schwer zu akzeptieren und<br />
mit meiner Vorstellung zu vereinbaren,<br />
die ich von einer demokratischen,<br />
erste Welt-Regierung - die Kanada ja zu<br />
haben behauptet - habe.<br />
Dieses Szenario passt mehr zu den dunkelsten<br />
Zeiten der Kolonisierung, von<br />
der viele von uns gehofft haben, dass<br />
sie für immer der Vergangenheit angehört,<br />
verbannt zwischen die Deckel von<br />
Geschichtsbüchern.<br />
Mit den Bildern dieser Ausstellung<br />
möchte ich zeigen, wie lebendig diese<br />
Geschichte heute leider immer noch ist.<br />
Jiri Rezac
© Jiri Rezac<br />
Jiri Rezac<br />
(geboren 1974, in Duchcov, Tschechische<br />
Republik), lebt in London.<br />
Rezac arbeitet weltweit im Auftrag<br />
für international führenden Zeitungen,<br />
Zeitschriften und Organisationen. Ein<br />
Großteil seiner Arbeit konzentriert sich<br />
auf Umweltthemen und wurde vielfach<br />
bekannt durch knallharte und dennoch<br />
- dank sorgfältiger Komposition und<br />
Beleuchtung - künstlerisch schöner und<br />
faszinierender Fotografie.<br />
Er hat in den letzten Jahren für Greenpeace<br />
International, den WWF und die<br />
Climate Group große globale Kampagnen<br />
mitgestaltet, die in mehreren hochkarätigen<br />
Ausstellungen und zahlreichen<br />
Veröffentlichungen in den weltweit<br />
wichtigsten Zeitungen und Nach-<br />
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Seit 2010 ist seine Reportage über die<br />
kanadischen Teersande schätzungsweise<br />
von 5 Millionen Menschen überall<br />
in Großbritannien und Europa gesehen<br />
worden. Sie wird als wichtiges<br />
Kampagnen-Tool von der Co-Operative,<br />
Greenpeace und dem WWF eingesetzt,<br />
um die Einfuhr von Brennstoffen<br />
aus den Teersanden nach Europa auszuschließen.<br />
Rezacs Bilder erschienen in weltweit<br />
führenden Publikationen wie Geo, National<br />
Geographic Books, Vanity Fair, The<br />
New Yorker, The New York Times, Der<br />
Spiegel, BILD und BILD am SONN-<br />
TAG, The Guardian, The Sunday Telegraph,<br />
The Times u.v.a.<br />
Jiri Rezac<br />
richtenmagazinen gezeigt wurden. www.jirirezac.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 141
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Fotowettbewerb<br />
»dpa-Bilder des<br />
Jahres«<br />
Beim dpa-internen Fotowettbewerb<br />
»dpa-Bilder des Jahres« reichen die rund<br />
80 Fotografen der Deutschen Presse-<br />
Agentur jeweils eine Auswahl der besten<br />
Bilder des vergangenen Jahres ein. Der<br />
Preis soll weniger die größten Ereignisse<br />
des Jahres illustrieren, sondern die<br />
tägliche Arbeit der Fotografen in ganz<br />
142 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Deutschland honorieren. Eine hochkarätig<br />
besetzte Jury aus externen Fachleuten<br />
wählt aus den rund 1.000 Einsendungen<br />
jeweils drei Preisträger für<br />
die Kategorien Politik, Wirtschaft, Kultur<br />
& Entertainment, Porträt und Sport aus.<br />
Die Auszeichnungen für den mit insgesamt<br />
mehr als 10.000 Euro dotierten<br />
Ein Occupy-Aktivist mit einer Guy-Fawkes-Maske unterbricht am 22.11.2011 den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG, Josef Ackermann,<br />
während dessen Rede bei der Mitgliederversammlung des Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg. Foto: Marcus Brandt / dpa, 3. Preis Fotografie, Rückblende<br />
2011<br />
Wettbewerb 2011 werden Ende April<br />
bei einer Festveranstaltung in Hamburg<br />
verliehen. Die Ausstellung der 18<br />
prämierten Fotos ist anschließend beim<br />
The Browse Photo Festival Berlin <strong>2012</strong><br />
zu sehen.
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
Wolfgang Dreblow vom FDP-Landesverband Sachsen-Anhalt, FDP-Generalsekretär Christian Lindner und der stellvertretende FDP-Vorsitzende Holger<br />
Zastrow (v.l.n.r.), diskutieren am 10.09.2011 in Leipzig über ein neues Grundsatzprogramm der Partei. Foto: Hendrik Schmidt / dpa, Sonderpreis<br />
Fotografie, Rückblende 2011<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 143
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
144 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 145
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
146 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
Dokumentar- und Reportage-Fotografie WELTWEIT<br />
»Focus-Ausstellungen«<br />
4 Berliner Fotografen<br />
aus der Kunst-, Kultur-,Werbe-und Industriefotografie<br />
Gerhard Kassner<br />
Roland Horn<br />
Michael Hughes<br />
Daniel Wetzel<br />
Festgelände:<br />
Enkestraße / Besselpark<br />
Veranstaltungszelte & Außengelände<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 147
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Michael Hughes<br />
»Souvenirs«<br />
Die Idee zu »Souvenirs« kam mir an<br />
einem kalten, grauen Novembertag im<br />
Jahr 1999 bei einem Fotoauftrag am<br />
Loreley-Felsen in der Nähe von Mainz.<br />
Die Postkarte in meiner Tasche, für<br />
meine Tochter gedacht, sah viel besser<br />
aus als die triste Landschaft um mich<br />
herum. Plötzlich wurde mir klar, ich<br />
stand genau an der Stelle, an der der<br />
andere Fotograf sein Bild gemacht hatte.<br />
Es entstand eine Verbindung und das<br />
Abenteuer begann. Es gibt drei Arten<br />
von Menschen, die Souvenirs kaufen:<br />
die völlig Unschuldigen, die überhaupt<br />
nichts Ordinäres darin sehen, die Snobs,<br />
© Michael Hughes, (Originalbild in Farbe)<br />
148 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
die auf anspruchsvolle Souvenirs stehen<br />
und die postmodernen Menschen, die<br />
noch schlimmeres Zeug kaufen als die<br />
Unschuldigen, um zu zeigen, wie klever<br />
sie sind. Ich muss zugeben, dass ich eine<br />
lange Zeit lang zu der dritten Gruppe<br />
gehörte, bis ich verstand, was eigentlich<br />
Souvenirs für die Menschen bedeuten.<br />
Souvenirs sind die Wegpunkte in<br />
der Erzählung unseres Lebens, leicht<br />
identifizierbare Zeichen, die uns und<br />
anderen zeigen, womit wir uns beschäftigen.<br />
Viel später erst habe ich verstanden,<br />
daß ich mich nicht nur über die<br />
Souvenirs lustig gemacht habe, sondern<br />
auch über die Originale. Losgelöst von<br />
ihrem ursprünglichen Kontext wurden<br />
sie zu bloßen Zeichen in der Sprache<br />
der Weltkultur. Aber das Beste an Souvenirs<br />
ist, daß wir sie mit nach Hause<br />
nehmen können; sie gehören zu uns wie<br />
die Fotos, die wir schießen.<br />
Das Medium Fotografie hat sich zu<br />
einer Souvenir-Maschine entwickelt.<br />
Die Fotografie friert winzige Fragmente<br />
aus dem Fluss unserer Erfahrung ein und<br />
gibt uns das flüchtige Gefühl, Kontrolle<br />
über unser Leben zu haben.
© Michael Hughes, (Originalbild in Farbe)<br />
Michael Hughes<br />
wurde 1952 in London geboren. 1982<br />
Umzug nach Berlin. 1974 begann<br />
Michael Hughes zu fotografieren.<br />
In Deutschland wird er Profi-Fotograf,<br />
weil es einfacher ist, Bilder zu zeigen als<br />
zu reden. Er heiratete ein ostdeutsches<br />
Mädchen und gemeinsam produzierten<br />
sie eine internationale Tochter.<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Michael Hughes<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 149
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Gerhard Kassner<br />
»Professional –Privat«<br />
Bilder von Menschen<br />
Die kurze Zeit, die Gerhard Kassner bei<br />
seinen fotografischen Begegnungen mit<br />
den Stars der Berlinale zur Verfügung<br />
steht, schafft eine Kondensation besonderer<br />
Art. Dabei spielen die technischen<br />
Aspekte die geringere Rolle, viel wichtiger<br />
ist die Präsenz, die sich in den Bildern<br />
wiederspiegelt. Bekanntlich gibt<br />
es keine fotografische oder filmische<br />
Objektivität, denn immer ist der Autor<br />
gewissermaßen das unsichtbare Subjekt,<br />
dessen Blick sich im porträtierten<br />
Modell reflektiert. Oder, wie Godard es<br />
formulierte, »die Kamera ist ein Ort mit<br />
zwei entgegengesetzten Richtungen«.<br />
So gesehen, sind die Berlinale-Porträts<br />
von Kassner zwar erst einmal technisch<br />
perfekte Star-Porträts, die unter höchster<br />
Konzentration und in kürzester Zeit<br />
enstehen - jede dieser Studiosessions<br />
dauert zwischen 3 - 5 Minuten, manchmal<br />
auch noch kürzer. Dabei sehen<br />
sich der Fotograf und der Star meist<br />
zum ersten Mal und es gilt, in wenigen<br />
Sekunden den Einstieg in die gemeinsame<br />
Arbeit zu finden. Die Porträts sind<br />
aber auch und vor allem Zeugnisse von<br />
Kassners Ehrlichkeit im Umgang mit<br />
seinen Modellen und von seinem intuitiven<br />
Gespür für Menschen, die hauptberuflich<br />
vor der Kamera stehen. Man<br />
gewinnt den Eindruck eines Fotografen,<br />
der sich zurückzunehmen weiß und<br />
dessen eigene Natürlichkeit sich in den<br />
Modellen reflektiert, der aber gleichzeitig<br />
einen äußerst akuten Blick für<br />
entscheidende Nuancen besitzt. Dies<br />
schafft die subtile dialogische Spannung,<br />
die in den Bildern liegt und die<br />
vorallem dann sichtbar wird, wenn man<br />
die Porträts in Serien betrachtet, bzw. in<br />
den Anordnungen, die jeweils zu einem<br />
Film gehören. Dann entfaltet sich in den<br />
Bilder ein Gefühl für das unsichtbare<br />
Subjekt, den Zeitzeugen, den Fotografen<br />
Kassner. In den zehn Jahren seit<br />
Gerhard Kassner als Berlinale-Porträtist<br />
tätig ist, hat er 1156 Porträts von Filmregisseuren<br />
und Schauspielern, darunter<br />
viele internationale Stars, fotogra-<br />
150 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Gerhard Kassner, »Oma und Opa«, 1989<br />
fiert und hat damit Zeitzeugnisse des<br />
internationalen Films und der Berlinale<br />
selbst geschaffen.<br />
Um den kurzen Moment der Begegnung<br />
und um das Bewusstsein einer Zeitzeugenschaft<br />
geht es auch in den anderen,<br />
den »privaten« Porträts von Gerhard<br />
Kassner, die bis in die neunziger Jahre<br />
zurückreichen. Die Fotografien von<br />
Freunden, den Großeltern und Eltern,<br />
den Kindern, haben eine gemeinsame<br />
Charakteristik: Sie dokumentieren, was<br />
dem unvermeidlichen Wandel der Zeit<br />
untersteht, dies jedoch in einer Intimität,<br />
die nur im privaten Bereich entstehen<br />
kann. Sie zeigen einen Blick auf Wohlbekanntes<br />
und Geliebtes, der sich der<br />
Vergänglichkeit bewusst ist und sich ihr<br />
emotional aussetzt. Dabei kommt dieselbe<br />
Ehrlichkeit, die in den Berlinale-<br />
Porträts zart aufscheint, zu ihrem vollen<br />
Ausdruck.<br />
Und so groß die Genre-Distanz zwischen<br />
den privaten und den Star-Porträts<br />
erscheinen mag, reflektieren doch<br />
beide denselben Respekt für das por-<br />
trätierte Gegenüber, denselben Sinn<br />
für die Schönheit unter der Oberfläche,<br />
dasselbe Wissen um die Intensität des<br />
kurzen Augenblicks - und speisen sich<br />
so aus demselben Menschenbild.<br />
Barbara Weigel<br />
Gerhard Kassner
© Gerhard Kassner, Meryl Streep, The Iron Lady, Berlinale, 14.02.<strong>2012</strong>, 17:19:24 Uhr, (Original in Farbe)<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 151
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Daniel Wetzel<br />
»Kriegerinnen«<br />
Sie sind schön, begehrenswert - und<br />
gefährlich. Frauen, die töten können.<br />
Amazonen waren zu Beginn ganz gewiss<br />
nicht die Projektionsflächen, zu denen<br />
der Mythenbetrieb und die Kunstgeschichte<br />
sie später gemacht haben.<br />
Wann hat das begonnen? Welcher<br />
Zurichtung des Blicks fiel die Kämpferin<br />
zum Opfer? Das Spiel mit den Überhöhungen<br />
wird von Daniel Wetzel mit<br />
einer rücksichtslosen Eleganz betrieben.<br />
Die stundenlange Arbeit am Körper, mit<br />
skrupulös ausgesuchten oder selbst entworfenen<br />
Requisiten straft die Technik<br />
der Bilderfassung Lügen. Der Auslöser<br />
© Daniel Wetzel, (Original in Farbe)<br />
152 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
der Kamera steht im umgekehrten Verhältnis<br />
zur Gestaltungszeit der ganzen<br />
Komposition. Der Sekundenbruchteil<br />
muss die vorhergehende Ewigkeit in<br />
ihrer Arbeitsintensität nicht nur bestätigen,<br />
sondern übertreffen, überwinden.<br />
Dazu kommen noch Lichtexerzitien,<br />
die eine eigene Dimension haben.<br />
Alle Motive entstehen mit der Schauspielerin<br />
Leonie Abbassi. Dem Fotografen<br />
geht es bei dieser Serie auch um die<br />
Wandlungsfähigkeit des Models. Es legt<br />
seine konventionelle Aufgabe ab und<br />
wird zum Protagonisten einer Metamorphose.<br />
Daniel Wetzels Variante der inszenierten<br />
Fotografie orientiert sich an der<br />
Schönheit als Ziel, die er nicht preisgibt.<br />
Und damit provoziert er. Ganz<br />
klassisch.<br />
Die Jüdin, die mit Schläfenlocken,<br />
nackt, mit dem gelben Stern auf der<br />
Brust und mit einer Maschinenpistole<br />
in sich gekehrt vor sich hin blickt – sie<br />
wird sich wehren.<br />
Und sich als Verführerin nicht aufgeben.<br />
Wie Judith, bevor sie Holofernes<br />
des Kopf abschlug.<br />
Reiner Schweinfurth, Journalist
© Daniel Wetzel, (Original in Farbe)<br />
Daniel Wetzel<br />
wird 1962 in Weil am Rhein geboren.<br />
Von 1983 bis ‚85 ist er Assistent von BFF<br />
Fotograf Rolf Frei.<br />
Arbeit für Porsche, Mercedes, Volvo.<br />
Von 1985 bis 1987 studiert er Fotografie<br />
am Lette-Verein in Berlin.<br />
Seit 1987 tätig als freier Fotograf.<br />
2000 mitverantwortlich für den offiziellen<br />
Bildband der Oberammergauer Passionsfestspiele.<br />
In den letzten Jahre intensive Beschäftigung<br />
mit thematischen Zyklen:<br />
Kriegerinnen, Zodiac, Supermodels,<br />
Lost In Reverie.<br />
www.danielwetzel-fotograf.de Daniel Wetzel<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 153
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
Roland Horn<br />
»Streitfragen«<br />
Roland Horn portraitierte systemverantwortliche<br />
Arbeiter, Ingenieure, Manager<br />
und Politiker der Energiebranche und<br />
deren Kritiker. Die Energiewirtschaft,<br />
Politik und Gesellschaft in Deutschland<br />
stehen vor einer großen Herausforderung:<br />
Den kompletten Umbau der<br />
Energieversorgung.<br />
Dreh- und Angelpunkt der Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Fotografen und<br />
dem Bundesverband der Energie- und<br />
Wasserwirtschaft ist eine außergewöhnliche<br />
Publikation: Das Magazin »Streitfragen!«<br />
entstand als Reaktion auf die<br />
Reaktorkatastrophe von Fukushima und<br />
die »Energiewende«. Angesichts völlig<br />
neuer Herausforderungen wollen die<br />
Herausgeber alte Denkmuster aufbrechen,<br />
Standpunkte infrage stellen, die<br />
eigenen Unternehmen auf »Change«<br />
einstimmen. Dazu braucht das Magazin<br />
Bilder, die eben das tun: irritieren, einen<br />
zweiten Blick provozieren, auch eine<br />
optimistische, konstruktive Denkweise<br />
befördern. Fotos, Layout und Streitgespräche<br />
bilden eine Einheit. Konstruktive<br />
Irritaton. Food for thought.<br />
154 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Hr. Huthmacher Bundesministerium für Bildung und Forschung © Roland Horn (Original in Farbe)<br />
Hr. Kindler, Bundesnetzagentur, und Hr. Schucht, 50 Hertz Transmission,<br />
© Roland Horn (Original in Farbe)<br />
www.rolandhorn.de<br />
Roland Horn, © Gerhard Kassner
Gaskraftwerk Fa. Trianel – Kesselanlage, © Roland Horn (Original in Farbe)<br />
The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 155
Portfolio Monika Minder<br />
© Monika Minder<br />
Monika Minder<br />
Ansel Adams, einer der bedeutendsten<br />
amerikanischen Fotografen zitierte:<br />
»Es gibt Bilder, die schaut man an, aber<br />
selten in sie hinein«.<br />
In diese Kinderbilder von Monika<br />
Minder schaut man hinein. Die Augen<br />
der Kinder, der Glanz der Blicke, die<br />
Intensität ziehen den Betrachter in<br />
seinen Bann. Es sind Fotografien mit<br />
einer dichten Atmosphäre. Die Porträts<br />
sind reduziert auf das Wesentliche, man<br />
ruht in diesen Gesichtern aus.<br />
Monika Minder fotografiert mit Vorliebe<br />
bei schwachem Licht und aus Überzeugung<br />
ohne Blitz und ohne Stativ.<br />
Auf spektakuläre Effekte verzichtet sie<br />
bewusst, und bei der Bearbeitung der<br />
Bilder beschränkt sie sich auf ein Minimum.<br />
156 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Sie genießt den Prozess der visuellen<br />
Erstellung eines Bildes, einer Emotion,<br />
um eine Idee oder Geschichte zu kommunizieren.<br />
Mimik und Gestik eines Momentes<br />
stehen im Vordergrund, unspektakulär,<br />
aus dem Alltag, das Hier und Jetzt und<br />
das So sein in ungeschminkter Form,<br />
unperfekt wie das Leben.<br />
Monika Minder<br />
Geboren 1961 in der Schweiz.<br />
Zur digitalen Fotografie 2008 gefunden.<br />
Autodidaktin.<br />
www.monika-minder.ch<br />
© Monika Minder<br />
© Monika Minder
© Monika Minder<br />
Portfolio Monika Minder<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 157
Portfolio Monika Minder<br />
© Monika Minder<br />
158 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
© Monika Minder<br />
Portfolio Monika Minder<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 159
Portfolio Monika Minder<br />
© Monika Minder<br />
160 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
© Monika Minder<br />
Portfolio Monika Minder<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 161
Portfolio Monika Minder<br />
© Monika Minder<br />
162 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>
© Monika Minder<br />
© Monika Minder<br />
Portfolio Monika Minder<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 163
Fotoszene<br />
Der Weg zum<br />
»Subjektiv«<br />
Bei der Überlegung ein neues Thema<br />
für diese Kolumne zu finden, welches<br />
auch ihr Interesse wecken könnte liebe<br />
Leser, kommt einem gelegentlich der<br />
Zufall zur Hilfe.<br />
Eigentlich wollte ich ja endlich meinen<br />
Vorsatz fürs neue Jahr umsetzen und mal<br />
wieder aufräumen und Altpapier entsorgen.<br />
Beim Durchblättern von Fotoprospekten-und<br />
Katalogen stieß ich auf<br />
einen interessanten Artikel.<br />
Wie zu erwarten, überbieten sich die<br />
Hochglanzprospekte der Anbieter von<br />
Kamera-und Objektivherstellern gegenseitig<br />
in qualitativen Superlativen. Noch<br />
mehr Pixel, verbessertes Rauschverhalten<br />
und die höchste Schärfe bei Objektiven<br />
sind die Attribute die den potentiellen<br />
Käufer locken sollen.<br />
Das ist normal, das ist gewünscht, das<br />
kennen wir seit Bestehen der modernen<br />
Fotoindustrie.<br />
Um so irritierender wird es, wenn<br />
man bei einigen Nischenanbietern<br />
mit feinmechanisch hochwertigen<br />
Bajonettansätzen konfrontiert wird, die<br />
aus unseren Boliden der Kameratechnik<br />
plötzlich Lochkameras machen sollen.<br />
Vom hochentwickelten fotografischen<br />
Gerät im Nu degeneriert zum optischen<br />
Einzeller - wie kann man das verstehen?<br />
Bei einem bekannten Versandhaus fotografischer<br />
Bedarfsartikel findet man<br />
etwas ganz Besonderes, »das Subjektiv«.<br />
Technisch gesehen wohl schon<br />
eine Art Objektiv, welches durch mitgelieferte<br />
Module Abbildungsleistungen<br />
generiert, die jeden seriösen Mitarbeiter<br />
eines Testlabors wohl Schweißperlen<br />
auf die Stirn treiben würden...<br />
Zu meinen, hier würde von cleveren<br />
Anbietern der Fotoindustrie nur eine<br />
Marktlücke ausgenutzt, ist meiner Meinung<br />
nach zu kurz gedacht.<br />
Ich denke auch nicht, dass es so eine<br />
Art optischer Protestbewegung ist, die<br />
sich gegen den Qualitätswahn moderner<br />
Fototechnik auflehnen will.<br />
164 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Manfred Kriegelstein, Diese Aufnahme entstand mit einem Lochblendenvorsatz an der Lumix G3<br />
Außerdem wurde in Photoshop noch etwas nachbearbeitet um den »Nostalgie-Look« zu verstärken.<br />
Nein, es ist wohl einerseits der Wunsch<br />
alles zu können, die Erfüllung höchster<br />
Schärfekriterien bis hin zum nostalgischen<br />
Look einer Plastiklinse - andererseits<br />
aber auch der Wunsch jedes<br />
Künstlers nach uneingeschränkter Individualität.<br />
»Fotografie ist Subjektivierung der<br />
Umwelt« um mich mal selbst zu zitieren.<br />
Das bedeutet, dass ich als Fotokünstler<br />
über so viele Mittel wie möglich<br />
verfügen möchte, um dieser subjektiven<br />
Sicht Ausdruck verleihen zu<br />
können.<br />
Nun sollte man annehmen, dass Photoshop<br />
& Co schon ausreichend mächtige<br />
Werkzeuge sind um meine Kreativität<br />
zu unterstützen. Das mag sein, es ist<br />
aber nicht jedermanns Sache sein Bild<br />
am Rechner stark zu verändern. Mal<br />
ganz abgesehen von den noch vorhandenen<br />
»Analogen«...<br />
Nein, ich meine es ist auch der Wunsch<br />
in der Aufnahmesituation, mit der in<br />
diesem Moment vorhandenen Stimmung,<br />
das Bild in seiner endgültigen<br />
Kreativität zu gestalten.<br />
Ich habe ja schon immer die Ansicht vertreten,<br />
dass es nur auf das Bild ankommt<br />
und die Art und Weise wie es entstanden<br />
ist, völlig irrelevant ist.<br />
Es spielt weder eine Rolle durch welche<br />
Vorsätze an der Kamera das Licht fällt,<br />
noch ob es auf einen Sensor oder einen<br />
Film trifft (Dies als kleine Randbemer-<br />
kung für diejenigen die meine letzte<br />
Kolumne falsch verstanden haben und<br />
meinten, ich hätte was gegen Analogfotografie).<br />
Es zählt das Ergebnis, nicht der Weg!<br />
Natürlich gibt es dennoch gewisse<br />
Grundsätze. Sämtlich Interpretationen<br />
der Wirklichkeit, egal ob bei der Aufnahme<br />
mit optischen Mitteln oder hinterher<br />
mit digitalen Eingriffen, sollten<br />
immer die Bildidee unterstützen und<br />
zum Motiv passen.<br />
Manipulation als alleiniges Spielzeug ist<br />
kontraindiziert!<br />
Die Handschrift des Fotografen muss<br />
stimmig sein, dann ist auch so ziemlich<br />
alles erlaubt. Die Ansicht der Fünfziger<br />
Jahre, dass ein Bild mindesten in einem<br />
Bereich absolut scharf sein muss, halte<br />
ich persönlich auch für überholt.<br />
Schon durch die modernen Fine-Art-<br />
Papiere ist in der Anmutung des Aufsichtsbildes<br />
und der Haptik eine Annäherung<br />
zwischen Fotografie und Malerei<br />
entstanden, die zu einer Erweiterung<br />
und Neudefinition der fotografischen<br />
Grenzen geführt hat.<br />
Diese Ausweitung der fotografischen<br />
Mittel bedingt folgerichtig auch eine<br />
Liberalisierung in der Beurteilung von<br />
Bildern - und das ist gut so!<br />
Manfred Kriegelstein
Das eigene Fotobuch<br />
Anbieter auswählen, hochwertig gestalten,<br />
erfolgreich publizieren<br />
Petra Vogt<br />
Verlag: dpunkt.verlag<br />
ISBN: 978-3-89864-769-4<br />
314 Seiten,komplett in Farbe, Festeinband<br />
34,90 Euro�<br />
Der Markt der Anbieter digitaler Fotobücher<br />
steigt seit Jahren stetig, mit dem<br />
angenehmen Effekt, dass die Preise<br />
fallen und die Onlineumsetzung immer<br />
einfacher wird.<br />
Nun ist Fotobuch sicher nicht gleich<br />
Fotobuch und wer über den Standard<br />
der Supermarktanbieter hinausgehen<br />
will, braucht sicherlich Hilfestellung.<br />
Petra Vogt vorrangig eigentlich Fotolotsin<br />
(interessante Berufsbezeichnung...)<br />
in Hamburg hat sich auch auf die workshopmässige<br />
Vermittlung von Wissen<br />
zur Fotobuchgestaltung spezialisiert.<br />
In Ihrem ersten Buch zu diesem Thema<br />
widmet sie sich Fragen zum richtigen<br />
Anbieter, erläutert neue Gestaltungsideen<br />
und Qualitätsmanagement bei der<br />
individuellen Kreation eigener digitaler<br />
Fotobücher.<br />
Sogar die »Profistufe« mit ISBN-Vermarktung<br />
und Portierung auf das iPad<br />
wird angesprochen.<br />
Interessantes Buch in einer spannenden<br />
Marktlücke!<br />
Manfred Kriegelstein<br />
Power-Workshops: Freistellen<br />
in Photoshop<br />
Video:Training<br />
Olaf Giermann<br />
Verlag: ADDISON-WESLEY<br />
ISBN: 978-3-8273-6386-2<br />
24 Seiten - 1 DVd, 4-farbig<br />
49,80 Euro<br />
Wenn man sich so manche Ausstellung<br />
ansieht hat man gelegentlich den<br />
Eindruck, dass im Jahre 20 des digitalen<br />
Zeitalters noch häufig erhebliche<br />
Mängel im Umgang mit Photoshop<br />
bestehen. Vor allem das Freistellen<br />
differenzierter Objekte oder Personen<br />
könnte oft perfekter umgesetzt<br />
werden.<br />
Das Trainings-Video von Olaf Giermann<br />
ist in dieser Hinsicht bestens geeignet<br />
etwaige handwerkliche Lücken im<br />
Umgang mit Photoshop zu schließen.<br />
Sie lernen wirklich alle Tricks hinsichtlich<br />
Auswahlwerkzeugen, Masken,<br />
Hilfsebenen usw. um zügig und effizient<br />
Bildelemente herauszulösen und<br />
zu neuen Composings zusammenzufügen.<br />
Das Freistellen ist ja eines der wichtigsten<br />
Funktionen von Photoshop und wird<br />
in diesem Lehrvideo von Olaf Biermann<br />
wirklich perfekt erklärt!<br />
Eine unbedingte Empfehlung.<br />
Manfred Kriegelstein<br />
Buchbesprechung<br />
Das Posing-Buch für Fotografen<br />
Kathy Hennig, Lars Ihring<br />
Verlag: Galileo Design<br />
ISBN: 978-3-8362-1798-9<br />
326 Seiten, geb. komplett in Farbe<br />
39,90 Euro�<br />
Die Modellfotografie birgt große Gefahren,<br />
wenn man die Protagonisten perfekt<br />
in Szene setzen will.<br />
Hat man ein persönliches Verhältnis zu<br />
den Akteuren, kann es passieren, dass<br />
die nötige Distanz für eine optimale<br />
fotografische Umsetzung fehlt.<br />
Arbeitet man das erste Mal mit einem<br />
Modell zusammen ist es oft wie vor<br />
einer leeren Leinwand, man weiß nicht<br />
so recht wo man anfangen soll...<br />
Das Werk von Kathy Hennig und Lars<br />
Ihring gibt eine optimale Hilfestellung<br />
um ein Modell perfekt zu inszenieren.<br />
Sie lernen wie man von einer Einzelperson<br />
oder einer Gruppe beeindruckende<br />
Bilder erzielen kann. Vom Porträt<br />
bis zum Akt wird alles in einleuchtenden<br />
Darstellungen erläutert.<br />
Wer bei der Modellfotografie noch Wissensbedarf<br />
hat - egal ob Studiofotografie<br />
oder »on location« ist mit diesem Buch<br />
bestens bedient.<br />
Manfred Kriegelstein<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 165
Vorschau 3/<strong>2012</strong><br />
<strong>brennpunkt</strong> 3-<strong>2012</strong><br />
erscheint am<br />
4. Juli <strong>2012</strong><br />
Rückblende<br />
Fotomarathon <strong>2012</strong><br />
The Browse Fotofestival<br />
Berlin <strong>2012</strong><br />
Portfolio<br />
Detlef Christel<br />
Geboren 1943 in Berlin.<br />
Abitur, Werkzeugmacher, Ingenieur.<br />
1976-1981 Fernstudium Fotografie an<br />
der HS für Grafik und Buchkunst Leipzig.<br />
1982-1991 Bildreporter der Illustrierten<br />
Zeitschrift »Freie Welt«.<br />
Seit 1992 freiberufliche Tätigkeit und<br />
Mitarbeit in geförderten Projekten des<br />
Luisenstädtischen Bildungsvereins.<br />
© Detlef Christel © Detlef Christel<br />
166 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
Leserfotos<br />
© Wolfgang Meinecke, Salzgitter<br />
© Wolfgang Meinecke, Salzgitter<br />
© Wolfgang Meinecke, Salzgitter
Portfolio Monika Minder<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong> 167
Galerien<br />
168 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong>