Mutterstadt - Donaudeutsche - Speyer
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32. Jareker Treffen<br />
20 Jahre Patenschaft Beuren – Jarek, 220 Jahre Jarek<br />
Vor 20 Jahren übernahm die Gemeinde Beuren<br />
die Patenschaft über die Donauschwäbische<br />
Gemeinde Jarek. Am 25. September 1987 unterzeichneten<br />
Bürgermeister Hartmann und unser<br />
erster Vorsitzender des OA Jarek, Michael<br />
Schmidt, die Patenschaftsurkunde in der Kelter<br />
im Rahmen eines großen Festes, bei dem wir<br />
Jareker unter anderem auch einige Ausschnitte<br />
unserer traditionellen Jareker Hochzeit vorführten.<br />
Aus Anlass der Gründung unseres Dorfes<br />
vor 200 Jahren, die wir auch in diesem Rahmen<br />
feierten, wurde der „Jarek Platz“ mit dem<br />
Gedenkstein eingeweiht, der an die Toten unseres<br />
schönen Dorfes Jarek erinnern soll.<br />
Zur Feier des 20 jährigen Bestehens der Patenschaft<br />
fand nun am 11. Mai wieder ein Fest<br />
in der Kelter statt, zu dem Bürgermeister Hartmann<br />
alle Jareker „Patenkinder“ eingeladen<br />
hatte.<br />
Bürgermeister Hartmann begrüßte den Ortsausschussvorsitzenden,<br />
Herrn Michael Schmidt,<br />
und die Mitglieder des OA Jarek, die Beurener<br />
Gemeinderäte, sowie die Jareker Gäste. Er<br />
drückte seine Freude aus, dass sogar Jareker<br />
Gäste aus Kanada und auch viele jüngere Jareker<br />
Nachkommen der Einladung Folge geleistet<br />
hätten. Sodann erinnerte er an die geschichtliche<br />
Entwicklung im Verhältnis zu den Jareker<br />
Neubürgern. Nach zahlreichen Flüchtlingszuweisungen<br />
fanden gerade in Beuren die meisten<br />
an einem Ort versammelten Jareker eine neue<br />
Bleibe, wo durch das fleißige Zusammenwirken<br />
aller die anfängliche Wohnungsnot relativ rasch<br />
beseitigt werden konnte und die Neubürger Zugang<br />
zu aktiver Mitarbeit im Gemeindeleben<br />
fanden.<br />
Er wies auf die zahlreichen gemeinsamen<br />
Aktionen hin, die seit Bestehen der Patenschaft<br />
stattgefunden haben, z.B. die Besichtigung des<br />
Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen und<br />
auch mehrere Einladungen der Gemeinde Beuren<br />
an die Jareker. All das führte zu einer Vertiefung<br />
der gegenseitigen Beziehungen.<br />
Bürgermeister Hartmann bedankte sich auch<br />
für die großzügigen Spenden der Jareker für<br />
die Dorfgestaltung und Kunstwerke, z.B. das<br />
beim Tiefhof neben dem Rathaus. Danach lud er<br />
alle Gäste zu einem rustikalen Abendessen ein.<br />
Nach seinen Grußworten sprach der OA Vorsitzende,<br />
Michael Schmidt, der Gemeinde Beuren<br />
seinen Dank für die Einladung aus und lobte<br />
die großartige Aufbauleistung, die in den letzten<br />
20 Jahren in der Gemeinde stattgefunden hat.<br />
Der aufstrebende Kurort Beuren hat sich besonders<br />
in den letzten Jahren sehr positiv verändert,<br />
z.B. erst kürzlich durch die innerörtliche<br />
Verkehrsberuhigung durch den neuen Tunnel,<br />
der Neugestaltung der Ortsmitte und der Erweiterung<br />
des Rathauses. Er dankte der Gemeinde,<br />
dass sie den Jarekern die Möglichkeit bietet,<br />
sich hier wie zu Hause zu fühlen und überreichte<br />
Frau Hartmann einen schönen Blumenstrauß.<br />
Danach lud er die Vertreter der Gemeinde zu einem<br />
Besuch ins „Haus der Donauschaben“ in<br />
Sindelfingen ein, das vielen neuen Gemeinderäten<br />
noch unbekannt ist.<br />
Im Anschluss daran erinnerte Inge Morgenthaler<br />
an die Gründung von Jarek vor 220<br />
Jahren. Sie wies in ihrem Bildervortrag auf die<br />
wechselvolle Geschichte der Gemeinde Jarek<br />
hin, die im Jahre 1787 von 300 evangelischen<br />
Kolonisten während der Regierungszeit von Kaiser<br />
Joseph II. als letzte josephinische Siedlung<br />
in der Batschka gegründet worden war.<br />
Ursprünglich bewirtschafteten die Ansiedler<br />
ca. 1800 Joch Land auf einem kleinen Hotter<br />
(Gemarkung) der kaiserlichen Hofkammer ca.<br />
15 km nordöstlich von Neusatz. Die Gemeinde<br />
wuchs und gedieh, bis schließlich im Revolutionsjahr<br />
1848 das Dorf völlig abbrannte, nur die<br />
Außenmauern der 1823 im spätbarocken Stil<br />
erbauten Kirche blieben erhalten. Nach 2 Jahren<br />
im Exil in benachbarten Dörfern bauten die Jareker<br />
ihre völlig zerstörten Häuser unter großen<br />
Opfern wieder auf. Es gelang ihnen im Laufe der<br />
Jahre, die Kirche wieder sehr schön auszugestalten,<br />
ein neues Gemeindehaus, ein großes<br />
Pfarrhaus und drei Schulgebäude zu errichten.<br />
Die Bevölkerungszahlen wuchsen so stark an,<br />
dass viele junge Menschen entweder in umliegende<br />
Gemeinden abwanderten oder nach USA<br />
und Kanada auswanderten. Zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts nahm der Wohlstand der Bewohner<br />
zu, und sie erbauten schöne, neue Häuser<br />
an Stelle der bescheidenen Vorgängerhäuser. Im<br />
Laufe der Jahre erweiterten die Jareker ihren<br />
Grundbesitz auf den umliegenden Gemarkungen<br />
auf über 9000 Joch.<br />
Am 6. und 7. Oktober 1944 flüchteten fast<br />
alle 2000 Bewohner vor den heranrückenden<br />
russischen Truppen und verließen ihr geliebtes<br />
Jarek. In das von Plünderern völlig leer geräumte<br />
Dorf trieben die Partisanen dann die Donauschwaben<br />
aus den umliegenden Gemeinden.<br />
Jarek wurde eines von mehreren Vernichtungslagern,<br />
in denen von 1944 bis 1946 mehr als<br />
50.000 Donauschwaben durch Hunger, Krankheiten<br />
und gewalttätige Übergriffe ihr Leben<br />
verloren. In Jarek verscharrte man die fast 6000<br />
Lagertoten in Massengräbern.<br />
Diese historischen Ausführungen wurden<br />
veranschaulicht durch zahlreiche Bilder, die von<br />
der Gründungs- bis zur Vertreibungszeit die<br />
wirtschaftliche, soziale und baugeschichtliche<br />
Entwicklung widerspiegelten.<br />
Einen Teil der im Vortrag gezeigten Bilder und<br />
weitere Photos, die von Michael Schmidt und<br />
Inge Morgenthaler in einer Photodokumentation<br />
auf 20 Bildtafeln zusammengestellt worden wa-<br />
ren, konnte man zuerst in der Kelter und nach<br />
dem Treffen bis zum 29. Juni im Beurener Rathaus<br />
besichtigen.<br />
Am 12. Mai begann das Jareker Treffen mit<br />
einem Mittagessen in der Kelter. Für das leibliche<br />
Wohl der Gäste beim Treffen sorgten wie<br />
immer die Familien Rapp und Fillips. Um 14 Uhr<br />
fand der Gottesdienst in der Nikolauskirche<br />
statt, den diesmal der neue Gemeindepfarrer,<br />
Herr Stiehler, abhielt. Anschließend traf man<br />
sich auf dem „Jarek Platz“ zur Totengedenkfeier,<br />
bei der Eleonara Oreskovich ein für diesen<br />
Tag verfasstes Gedicht aufsagte und Inge Morgenthaler<br />
all der Jareker gedachte, die im vergangenen<br />
Jahr verstorben sind.<br />
Beim Treffen in der Kelter waren wieder Bürgermeister<br />
Hartmann mit Gattin, sowie einige<br />
Gemeinderäte anwesend. Der OA Vorsitzende,<br />
Michael Schmidt, begrüßte die Gäste und dankte<br />
ihnen für ihr Kommen. Besonders erwähnte er<br />
die beiden Damen aus Kanada, Nachkommen<br />
der Familie Stahl, und das Ehepaar Schneider,<br />
das seit 10 Jahren regelmäßig aus den neuen<br />
Bundesländern nach Beuren kommt. Bürgermeister<br />
Hartmann ging auf die 20 jährigen guten<br />
Beziehungen zwischen den Beurenern und<br />
Jarekern ein und er betonte, dass in Beuren<br />
auch dann noch geeignete Räume für die Treffen<br />
zur Verfügung stünden, wenn die Zahl der<br />
Teilnehmer naturgemäß kleiner würde.<br />
Beim anschließenden Kaffeetrinken wurden<br />
auch die leckeren Kuchen gewürdigt, die die<br />
Frauen der OA Mitglieder wie immer gestiftet<br />
hatten. Man hatte sich viel zu erzählen, zumal<br />
auch einige Jareker angereist waren, die in den<br />
letzten Jahren den Treffen ferngeblieben waren.<br />
Am späten Nachmittag zeigte das neue OA<br />
Mitglied, Reinhard Rieß, einen Film über das Backi<br />
Jarak von heute, den er im letzten Jahr bei<br />
der Donaureise mit dem Hilfskomitee aufgenommen<br />
hatte. Der Film führte durch alle Gassen<br />
und Straßen und die Jareker stellten fest,<br />
dass sich fast alles verändert hat. Das Dorf hat<br />
jetzt über 8.000 Einwohner. Viele alte Häuser<br />
wurden abgerissen und an ihre Stelle je zwei<br />
neue gebaut. Von den schönen, mit Stuck verzierten<br />
Häusern, stehen nur noch wenige. Einige<br />
davon sind aber neu renoviert. An ihnen kann<br />
man erkennen, wie schön Jarek einst war.<br />
Nachdem sich die Gäste an „ Brotworscht un<br />
Krautsalat“ gestärkt hatten, trat man wieder die<br />
Heimreise an. Es war schön, alte Freunde und<br />
Verwandte wieder zu sehen und viele versprachen,<br />
beim 33. Treffen wieder dabei zu sein.<br />
Inge Morgenthaler, geb. Schmidt<br />
HOG Jarek<br />
Der Donauschwabe Folge 8-07