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Aktionszeitung fair flowers - Vamos eV

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II<br />

<strong>fair</strong> <strong>flowers</strong> – Mit Blumen für Menschenrechte<br />

Blühende Geschäfte rund um den Globus<br />

Blumen reisen um die Welt. Import, Export, Export des Importierten<br />

– Blumen sind ein Beispiel für globale Wirtschaftsstrukturen.<br />

Insbesondere im Herbst und im Winter gibt es in den Ländern<br />

des Nordens kaum noch Blumen aus heimischem Anbau. Dann<br />

werden Millionen Schnittblumen aus den Anbauländern im Süden<br />

nach Europa importiert.<br />

Blühendes Know-how<br />

Die Blumenproduktion findet hauptsächlich in sogenannten<br />

Entwicklungsländern statt. Ein Großteil der Umsätze in der Blumenindustrie<br />

fließt jedoch an Unternehmen in Industrieländern.<br />

Wie passt das zusammen? Die Unternehmen im Norden haben<br />

zwar die Produktion, nicht aber die Kontrolle und den Gewinn<br />

www.vamos-muenster.de<br />

aus der Hand gegeben: Transport, Know-how und Materialien,<br />

vom Dünger bis zum Treibhaus, werden in die Produktionsländer<br />

im Süden eingeführt. Geld, welches in die Verbesserung von<br />

Arbeitsbedingungen der BlumenarbeiterInnen im Süden investiert<br />

werden könnte, fließt oft in die Unternehmen im Norden.<br />

Beispiel Kenia: Die Rosenstöcke kommen von einem europäischen<br />

Züchter, der technische Berater kommt aus den Niederlanden, die<br />

Gewächshauskonstruktion von einer französischen Gesellschaft,<br />

die Pestizide von multinationalen Konzernen aus der Schweiz oder<br />

Deutschland, das Kapital von einem britischen oder niederländischen<br />

Investor, die Rosen werden mit KLM oder Lufthansa Cargo<br />

verschickt, die Provision geht an niederländische Auktionshäuser<br />

oder Schweizer Großhändler.<br />

Doppelte Belastung für Frauen Blumen aus Wasser<br />

Eine Blumenarbeiterin in<br />

Kolumbien: »Die Arbeiterinnen<br />

werden kaum vor<br />

den Pestiziden geschützt;<br />

die Sprüher bekommen eine<br />

Schutzkleidung, die jedoch oft<br />

kaputt ist. Die Fristen vor der<br />

Wiederaufnahme der Arbeit<br />

nach dem Sprühen werden<br />

nicht eingehalten. Die Arbeiterinnen<br />

werden oft auf die<br />

Felder geschickt, wenn diese<br />

noch nass sind von der Pestizidbesprühung.<br />

In manchen<br />

Betrieben wird sogar gesprüht,<br />

während sich Arbeiterinnen in<br />

den Feldern aufhalten.«<br />

Interview mit <strong>Vamos</strong> e.V.<br />

Weibliche Blumenkette<br />

Zwei Drittel der Beschäftigten<br />

in der Blumenproduktion des<br />

Südens sind weiblich. Auch<br />

die meisten der im Blumeneinzelhandel<br />

Beschäftigten in<br />

Deutschland sind Frauen; und:<br />

Blumen werden in Deutschland<br />

meist von Frauen konsumiert.<br />

Man kann also durchaus von<br />

einer »weiblichen Blumenkette«<br />

sprechen.<br />

Aussäen, Unkraut jäten,<br />

Pflege der Pflanzen, Ernten,<br />

Sortieren und Verpacken: das<br />

sind die Arbeiten der Frauen<br />

in der Blumenindustrie. Frauen<br />

verrichten monotone Arbeiten,<br />

in gebückter Haltung, ohne<br />

ausreichenden Schutz und ohne<br />

ausreichende Kenntnis über<br />

die Auswirkungen der Chemikalien<br />

auf ihre Gesundheit.<br />

Die meisten Betriebsleiter und<br />

Vorarbeiter sind Männer.<br />

Jane, Blumenarbeiterin in<br />

Kenia: »Was ich an meiner<br />

Arbeit ändern möchte, sind die<br />

Vorarbeiter. Weil uns die Vorarbeiter<br />

schikanieren. Wir sind<br />

wie Gefangene. Wir haben keine<br />

Freiheit, irgendetwas zu tun.«<br />

Film »A Blooming Business«,<br />

www.newtonfilm.nl<br />

Doppelte Belastung für Frauen:<br />

Häufig sind die Blumenarbeiterinnen<br />

die Alleinernährerinnen<br />

ihrer Familien. In der<br />

Hochsaison arbeiten sie bis zu<br />

16 Stunden am Tag. Zusätzlich<br />

kümmern sie sich um ihre<br />

Kinder und den Haushalt.<br />

Ihr geringer Verdienst sichert<br />

das Überleben ihrer Familien<br />

jedoch nicht. Viele Kinder<br />

müssen arbeiten, um zum<br />

Lebensunterhalt beizutragen.<br />

Jane, Blumenarbeiterin in<br />

Kenia: »Ich erziehe meine<br />

Kinder alleine. Ich bin ihr Vater<br />

und ihre Mutter. Wir müssen<br />

von 7 Uhr morgens arbeiten …<br />

manchmal bis 23 Uhr oder<br />

Mitternacht. Ich vermisse meine<br />

Kinder sehr, während ich bei<br />

der Arbeit bin. Sie brauchen<br />

Foto: FLP e.V.<br />

mich und ich brauche sie. Es ist<br />

sehr schwer.«<br />

Film »A Blooming Business«,<br />

www.newtonfilm.nl<br />

Gravierende Folgen<br />

Dr. Adriana Gonzales Guevara,<br />

Ärztin aus Ecuador, hat gravierende<br />

Folgen der schlechten<br />

Arbeitsbedingungen erlebt:<br />

»In einem Blumenbetrieb, in<br />

dem ich früher gearbeitet habe,<br />

habe ich im Monat etwa sechs<br />

Fehlgeburten festgestellt. Das<br />

ist eine hohe Rate. Zu den<br />

verbreitetesten Krankheiten der<br />

Arbeiterinnen gehören Grippe,<br />

Hautprobleme, Augenreizungen,<br />

Magenprobleme, Krampfadern<br />

und Rückenprobleme<br />

– wegen der langen Arbeitszeiten,<br />

immer auf den Füßen<br />

stehend. Zu den Fehlgeburten<br />

kam es, wie es scheint, wegen<br />

des direkten Kontakts mit den<br />

Spritzmitteln. Neben den chronischen<br />

Erkrankungen sind<br />

Fehlgeburten die schlimmsten<br />

Folgen. Der Verlust des ungeborenen<br />

Babys. Wenn Mann<br />

und Frau auf der Blumenfarm<br />

arbeiten, ist das Risiko besonders<br />

hoch.«<br />

Film »Blumengrüße vom Äquator«,<br />

FIAN Deutschland, 2003<br />

Agnes, ehemalige Blumenarbeiterin<br />

in Kenia: »Wenn du eine<br />

schöne Frau bist … bekommst<br />

du die Arbeit. Die Frauen, die<br />

nicht attraktiv sind, bekommen<br />

keine Arbeit oder sie werden<br />

als erste entlassen. Die schönen<br />

jungen Mädchen … müssen<br />

bestimmte Dinge tun … Ich<br />

war auch schön.«<br />

Film »A Blooming Business«,<br />

www.newtonfilm.nl<br />

Die Probleme von Frauen in der Blumenindustrie des Südens:<br />

• Sexuelle Belästigung<br />

• Nachweis eines negativen Schwangerschaftstests vor<br />

Einstellung<br />

• Fehlende Schutzkleidung z. B. vor Chemikalien<br />

• Kaum Schutz bei Schwangerschaft und mangelnde<br />

Mutterschutzfristen<br />

• Keine Verlängerung kurzfristiger Arbeitsverträge<br />

• Fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder<br />

• Fehlgeburten oder Missbildungen bei Neugeborenen<br />

durch Pestizidbelastung<br />

Foto: FIAN Deutschland<br />

Rangliste der Exportländer weltweit 2007<br />

1. Niederlande 2.697 Mio. �<br />

2. Kolumbien 813 Mio. �<br />

3. Kenia 459 Mio. �<br />

4. Ecuador 293 Mio. �<br />

5. China 274 Mio. �<br />

AIPH/Union Fleurs: International Statistics Flowers and Plants 2008<br />

Schnittblumen bestehen zu 90 % aus Wasser – jede Rose verbraucht<br />

1,5 Liter Wasser pro Tag. Am See Naivasha in Kenia<br />

boomt die Blumenproduktion. Der Wasserstand des Sees ist<br />

u. a. aufgrund dieses enormen Verbrauchs der Blumenfarmen<br />

bereits drastisch gesunken. Die Trinkwasserversorgung der<br />

Menschen ist somit akut gefährdet. Darüber hinaus verfügen<br />

viele der Siedlungen der BlumenarbeiterInnen am See nicht<br />

über die nötige Infrastruktur, wie z. B. Trink- oder Abwasserleitungen,<br />

feste Straßen, Gesundheitsversorgung oder Schulen.<br />

Da es keine anderen Quellen gibt, versorgen Wasserverkäufer<br />

mit Eselskarren die AnwohnerInnen mit Wasser aus dem<br />

See. Dünger und Pflanzenschutzmittel von den Blumenfarmen<br />

gelangen ungeklärt in den See und in das Grundwasser. Dort<br />

stellen sie eine Gefährdung für die in der Umgebung lebenden<br />

Menschen und Tiere wie Fische, Vögel, Rinder und Ziegen dar.<br />

Das ist besonders erschreckend, da der See Naivasha bereits<br />

1995 zu einem internationalen Schutzgebiet erklärt wurde.<br />

Blumen aus Chemie<br />

Chemikalien, die von der Weltgesundheitsorganisation als<br />

höchst giftig und krebserregend eingestuft werden, finden<br />

in der Blumenproduktion des Südens ihren Einsatz. In<br />

Deutschland klagen FloristInnen über Allergien, die durch<br />

den Kontakt mit gespritzten Blumen hervorgerufen werden.<br />

In den Produktionsländern klagen die ArbeiterInnen über<br />

Kopfschmerzen, Schwindel, Augenerkrankungen, Atembeschwerden,<br />

Ohnmachtsanfälle, Fehlgeburten, Missbildungen<br />

bei Neugeborenen, Leukämie und andere Krebsarten.<br />

Verfärbte Milch<br />

Durch die Verwendung von mit Pestiziden verseuchten<br />

Gewächshausplanen als Abdeckungen für Marktstände und<br />

Hütten und die Verwertung von gespritzten Pflanzenresten als<br />

Kompost für den Gemüseanbau und als Tierfutter gelangen<br />

Rückstände der Chemikalien in die Nahrungskette: Manchmal<br />

ist die Milch verfärbt oder das Fleisch der Tiere ist ungenießbar.<br />

Foto: FIAN Deutschland

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