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THEOLOGISCHE FAKULTÄT<br />

DER UNIVERSITÄT<br />

LEIPZIG<br />

HAUPTSEMINAR IM WS 1999/2000<br />

„KIRCHENBAU UND KIRCHLICHE KUNST IN SACHSEN“<br />

bei Dr. theol. G. Graf<br />

und Chr. Mai<br />

HAUSARBEIT ÜBER DIE KIRCHE ZU POCKAU<br />

angefertigt von stud. theol. Andreas Konrath


INHALTSVERZEICHNIS:<br />

• Vorgeschichte - - - - - - - S.3<br />

• Baugeschichte - - - - - - - S.4<br />

• Kirche - - - - - - - - S.5<br />

• Altarraum - - - - - - - S.7<br />

• Orgel - - - - - - - - S.8<br />

• Glocken - - - - - - - S.10<br />

• Literaturliste - - - - - - - S.11<br />

• Anlagen: - - - - - - - S.11<br />

- zeitlicher Überblick<br />

- Liste der eingegangen Spenden <strong>zu</strong>m Kirchneubau in Pockau<br />

- Abbildungen<br />

- Tischrede von Herrn Kantor Reiß <strong>zu</strong>m 25jährigen Kirchenjubiläum<br />

- Ansprache von Herrn Oberlehrer und Kantor i.R. Reiß<br />

2


DIE VORGESCHICHTE<br />

Pockau — im mittleren Erzgebirge am Zusammenfluß der Pockau mit der Flöha gelegen — gehörte<br />

seit jeher <strong>zu</strong>r Parochie Lengefeld, d.h., daß sich alle Kirchenglieder dort versammelten. Ein Fuß-<br />

marsch aus dem im Tal befindlichen Pockau <strong>zu</strong> dem benachbarten Lengefeld auf dem Berg dauert<br />

ca. 30 min. Seit 1729 ist schriftlich nachvollziehbar, daß sich Pockau intensiv bei der obersten Kir-<br />

chenbehörde um eine Filial<strong>kirche</strong> bemühte, daß also der Lengefelder Pfarrer nach Pockau kommen<br />

solle anstatt <strong>die</strong> Pockauer Gemeindeglieder <strong>zu</strong> ihm. Außerdem hatten <strong>die</strong> Pockauer den Kirchenbau<br />

in Lengefeld mit<strong>zu</strong>finanzieren, obwohl sie viel lieber ihre alte Forderung nach einem Filialrecht, also<br />

ihre eigene Kirche durchsetzen wollten. Dieser Wunsch wurde jedoch 1734 endgültig abgelehnt mit<br />

der Aufforderung, das Landeskonsistorium damit nicht mehr <strong>zu</strong> behelligen. Erst 150 Jahre später<br />

entflammte das Verlangen nach einer eigenen Kirche wieder stark genug. Es wurde <strong>zu</strong>nächst ein klei-<br />

ner Kirchbaufond gegründet. Doch der Gedanke an einen Kirchbau mußte <strong>zu</strong>nächst verschoben<br />

werden, weil eine neue Schule nötig geworden war. Am 18. November 1883 dann kam eine Ge-<br />

meindeversammlung <strong>zu</strong>stande, welche <strong>die</strong> erneute Beantragung einer Filial<strong>kirche</strong> beschloß und eine<br />

Baukommission wählte. Als <strong>die</strong> Pockauer am 1. Weihnachtsfeiertag 1883 in <strong>die</strong> Lengefelder Kirche<br />

kamen und ihre Empore infolge von Baufälligkeit gesperrt vorfanden, erweiterten sie ihren Antrag<br />

beim Oberlandeskonsistorium 1 um ein eigenes Pfarrsystem. Am 30. März 1884 ging der Antrag bei<br />

der Behörde ein. Daraufhin fand am 20. Juni 1884 ein Lokaltermin mit der Königlichen Kirchenin-<br />

spektion statt. Oberkonsistorialrat von Zahn, der <strong>die</strong> Verhandlungen geleitet hatte, bestärkte am 05.<br />

November 1884 ausdrücklich <strong>die</strong> Pockauer in ihrem Anliegen. So wurde am 04. Dezember 1884<br />

schließlich <strong>die</strong> Genehmigung erlassen, <strong>die</strong> drei Tage später in einer von der Baukommission einberu-<br />

fenen Gemeindeversammlung durch Friedrich Alban Reiß bekannt gegeben wurde. Herr Friedrich<br />

Alban Reiß — geboren am 13. Juli 1851 in Eibenstock — hat sich außerordentlich um <strong>die</strong> Kirche<br />

bemüht. Er war von 1876 bis 1885 Lehrer, dann Kirchschullehrer und ab 1898 schließlich Kantor in<br />

Pockau. So reiht sich <strong>die</strong>se Gemeinde in eine gesamtsächsische Entwicklung ein, <strong>die</strong> davon gekenn-<br />

zeichnet ist, daß Bevölkerung wie Industrie in stetigem Wachsen begriffen waren 2 . Als das dichtbe-<br />

siedeltste Land jener Zeit hatte Sachsen industriell eine führende Stellung erlangt. Dadurch konnten<br />

<strong>die</strong> Gemeinden ihrem Selbstverständnis einen würdigen Ausdruck verleihen.<br />

1 Das Landeskonsistorium ist <strong>die</strong> oberste Kirchenbehörde und hat seit 1873 alle Bauangelegenheiten <strong>über</strong>tragen<br />

bekommen. Die Kircheninspektion fungiert als Aufsichtsbehörde. cf. Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.11<br />

2 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.139ff. gibt eine gute Zusammenfassung <strong>die</strong>ser Situation in Sachsen.<br />

3


DIE BAUGESCHICHTE<br />

Am 21. April 1885 wurde der Baugrund von 46 m x 72,6 m im Westen der Ortschaft entlang der<br />

Straße abgesteckt und <strong>die</strong> Männer vom Turnverein hoben <strong>die</strong> Baugrube aus. So kam es bereits am<br />

28. April 1885 <strong>zu</strong>r feierlichen Grundsteinlegung durch Superintendent Schaarschmidt aus Marien-<br />

berg. Erstaunlicherweise erhielt der einheimische Baumeister Neubert aus Olbernhau den Zuschlag<br />

für den Neubau anstatt eines Berühmten aus der Fremde — wie <strong>zu</strong> jener Zeit sonst üblich. Er schloß<br />

sich auch nicht dem Trend des Monumentalbaus an, der zwischen 1880 und 1890 in Sachsen weit<br />

verbreitet war 3 , sondern er nutzte viele Möglichkeiten für eine individuelle Gestaltung 4 , obwohl er an<br />

das „Eisenacher Regulativ“ von 1861 gebunden war, das nachdrücklich empfahl, <strong>die</strong> Neugotik als<br />

angemessenen Baustil <strong>zu</strong> berücksichtigen. Dieser seit Anfang des Jahrhunderts als christlich und na-<br />

tional anerkannter Stil 5 war in Sachsen durch <strong>die</strong> Kölner Dombauschule allgemein und speziell durch<br />

Friedrich von Schmidt 6 sehr populär geworden. Ab 1840 ist z.B. in Mülsen St.Jakob das Altarbild,<br />

das durch den Kanzelaltar außer Gebrauch gekommen war, und <strong>die</strong> Verwendung farbiger Gläser<br />

wieder nachweislich 7 . Beides integrierte Neubert in seinen Entwurf, der ab dem Bauheben am 11.<br />

Juli 1885 ausgeführt wurde. Bereits am 03.November konnten <strong>die</strong> Glocken und am 30. des gleichen<br />

Monats das ganze neue Gotteshaus durch Superintendent Schaarschmidt aus Marienberg geweiht<br />

werden. Im folgenden Jahr geschah <strong>die</strong> Innenausmalung und der Bau einer kleinen Leichenhalle. Der<br />

Baumeister Neubert errichtete 1889 auch das Pfarrhaus. Die Orgelweihe fand im selben Jahr statt.<br />

1900 schließlich war <strong>die</strong> neue Kirche mit einer Uhr von der Firma Hofmann (Neuhausen) versehen.<br />

Sie verfügt <strong>über</strong> ein dreifaches Ziffernblatt sowie <strong>über</strong> einen ¼- und Stundenschlag. Bereits fünf Jahre<br />

später setzten schon <strong>die</strong> ersten Verbesserungsarbeiten ein. Zunächst installierte <strong>die</strong> Firma Heiser &<br />

Co. aus Dresden eine Niederdruckdampfhei<strong>zu</strong>ng. Weitere fünf Jahre darauf erhielt <strong>die</strong> Kirche eine<br />

Außenerneuerung. 1914 wurde <strong>die</strong> Gasbeleuchtung durch eine elektrische ersetzt.<br />

Nach den beiden Weltkriegen entschloß sich <strong>die</strong> Gemeinde 1957 <strong>zu</strong> dem Bau eines Kirchhofgebäu-<br />

des. 1960 erfolgte eine komplette Innenrenovierung einschließlich der Orgel durch den Architekten<br />

Dr. Georg Laudeley (1901 – 1978) aus Chemnitz. Die kleine Leichenhalle wurde 1968 durch eine<br />

größere Friedhofshalle ersetzt. 1974-79 erfuhr das Pfarrhaus eine Erneuerung — sowohl innen wie<br />

3 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.94<br />

4 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.15<br />

5 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.58, da<strong>zu</strong> S.61 und S.69<br />

6 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.17<br />

7 Mai, Hartmu t: Kirchen in Sachsen. S.71<br />

4


außen — einschließlich eines Erweiterungsbaues bis 1980. Die Zeit zwischen 1981 und 1983 war<br />

von der Außenerneuerung der Kirche unter dem Restaurator und Kunstpreisträger Kurt Thümmler<br />

aus Gera geprägt. 1984 wurde ein neues Uhrwerk mit einer Schaltanlage eingesetzt. Bis 1984 war<br />

auch <strong>die</strong> Restaurierung der Buntglasfenster in Zittau abgeschlossen, so daß nach einer weiteren In-<br />

nenerneuerung und dem Einbau einer neuen Turmuhr das Gotteshaus für sein 100. Jahr bereit war.<br />

Nach der „Wende“ 1990 wurden auch <strong>die</strong> neuen Möglichkeiten der Gebäudepflege genutzt: Öl statt<br />

Kohle für <strong>die</strong> Hei<strong>zu</strong>ng, neuer Außenanstrich, Trockenlegung des Kirchensockels und Erneuerung des<br />

Kirchenschiffdaches. Seit den Sandsteinreparaturarbeiten 1994 haben sich <strong>die</strong> Bauvorhaben der<br />

Gemeinde auf das Pfarrhaus konzentriert.<br />

DIE KIRCHE<br />

Der neogotische Putzbau stellt sich als einschiffige Kirche mit 500 Plätzen dar, <strong>die</strong> nicht geostet, son-<br />

dern an der Hauptverkehrsstraße orientiert ist, welche das Flöhatal entlang verläuft. Der Altar steht<br />

also gen Süd-West <strong>zu</strong>m Berg hin 8 . Dadurch kann man von der Straße aus geradewegs durch das<br />

Hauptportal in einen Vorraum, von dem beiderseits Treppen <strong>zu</strong> den Emporen führen, und dann in<br />

den Kirchenraum treten. Der Blick wird direkt in den Altarraum gelenkt, der mit einem zweijochigen<br />

Rippengewölbe und 3 /8-Schluß versehen ist. Ursprünglich war das Gewölbe reich bemalt mit einem<br />

Sternenhimmel. Der Triumphbogen hatte <strong>die</strong> Aufschrift „Ehre sei Gott in der Höhe.“ (Lk.2:14) 9 . Seit<br />

der Renovierung im Jahre 1960 ist der Chor komplett weiß 10 . An den Stufen <strong>zu</strong>m Altarraum <strong>zu</strong>r<br />

rechten Hand befindet sich aus optischen und akustischen Gründen 11 <strong>die</strong> Kanzel im gotischen Stil, <strong>zu</strong>r<br />

linken ein Lesepult, das ursprünglich nur ein kleines, schlichtes war. Das jetzige wurde später von<br />

Tischlermeister Richard Börner der Kanzel nachgestaltet und der Kirchgemeinde geschenkt. Es um-<br />

gibt den Lektor — ähnlich, wie <strong>die</strong> Kanzel den Prediger. So tritt <strong>die</strong> traditionelle Bibellesung auch<br />

optisch in Zusammenhang <strong>zu</strong>r lebendigen Verkündigung.<br />

Genau auf der Längsachse direkt vor dem Altarraum steht der Taufstein, welcher aus Zöblitzer Ser-<br />

pentinstein gefertigt ist, wie auch das Kruzifix auf dem Altar. Denn am 19. Juni 1885 ging in Pockau<br />

ein Schreiben von der Sächsischen Serpentinstein Actien-Gesellschaft Zöblitz ein:<br />

8<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle ist das „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ unkorrekt, weil eine Ostseite beschrieben<br />

wird,<strong>die</strong> es real nicht gibt.<br />

9<br />

cf. Abb. I<br />

10<br />

cf. Abb. II<br />

11<br />

cf. Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.23. Der Kirchraum als Predigthalle ist St.Nikolai (Leipzig) ähnlich.<br />

5


„An das Kirchenbau-Comitee Pockau … unter höflicher Be<strong>zu</strong>gnahme auf den<br />

Neu-Bau Ihrer Kirche, gestatten wir uns auch <strong>die</strong> Verwendung unseres Serpentin-<br />

steins, welcher sich sowohl seines ruhigen, milden Tones als auch wegen seiner<br />

bewährten Dauerhaftigkeit, ganz besonders <strong>zu</strong> kirchlichen Zwecken z.B. Säulen,<br />

Altarausschmückungen als Altarbekleidungen und Altarschranken, Leuchter,<br />

Taufsteinen, completten Kruzifixen eignet, hiermit angelegentlich <strong>zu</strong> empfehlen...<br />

Wir sind gern bereit Ihnen <strong>über</strong> Gegenstände, welche Sie eventuell in Serpentin-<br />

stein ausführen lassen würden mit Zeichnungen und Kostenanschlägen an <strong>die</strong><br />

Hand <strong>zu</strong> gehen."<br />

Die Gemeinde wurde regelrecht umworben, was den Baumeister, <strong>die</strong> Stein- und auch <strong>die</strong> Holzarbei-<br />

ten anbetrifft. So war es möglich, viele Aufträge Einheimischen <strong>zu</strong> <strong>über</strong>tragen.<br />

Der Kirchenraum ist ringsum von einer maßwerkvertäfelten Empore umgeben, <strong>die</strong> beiderseits mit<br />

drei Reihen bestuhlt ist. Vor der Orgel ist Platz gelassen für <strong>zu</strong>sätzliche Musiker. Lediglich rechts der<br />

Orgel sind Bänke für <strong>die</strong> Chorsänger. Dar<strong>über</strong> und beiderseits des Altarraumes sind <strong>die</strong> Liedanzei-<br />

getafeln. Einst aus Holz sind es nun eiserne Kunstarbeiten, <strong>die</strong> von Schmiedemeister Johannes Zän-<br />

ker aus Pockau angefertigt und der Kirchgemeinde geschenkt wurden. Die spitzbogigen Seitenfen-<br />

ster sind einfach coloriert. Sie zeichnen <strong>die</strong> Konturen des Maßwerkes mit blauer Farbe nach und<br />

sind mit grünen Karos strukturiert. Über den Fenstern waren einst Bibelsprüche <strong>zu</strong> lesen, <strong>die</strong> 1960<br />

<strong>über</strong>malt wurden. Der offene Dachstuhl mit spitzbogenartigen, rosettenverzierten Verstrebungen ist<br />

mit Kassetten vertäfelt.<br />

Die Querachse des Kirchgebäudes führt in südöstlicher Richtung <strong>zu</strong> einem Seitenausgang, der ur-<br />

sprünglich dem Ort <strong>zu</strong>gewandt war. Diesem „Frauentor“ gegen<strong>über</strong> befinden sich zwei Serpentin-<br />

steinplatten mit den Namen der Kriegsopfer des II. Weltkrieges aus Pockau. Die Verstorbenen und<br />

Vermißten des I. Weltkrieges sind auf einer Graphik genannt, <strong>die</strong> <strong>zu</strong>erst im Vorraum hing, sich nun<br />

aber in der Sakristei befindet, welche sich links an den Altarraum anschließt. Wendet sich man vor<br />

dem Altar nach rechts, geht man auf einen Abstellraum <strong>zu</strong>, wo sich der Aufgang <strong>zu</strong>r Kanzel befindet<br />

und ein schlichter inoffizieller Eingang. Die offiziellen Eingänge sind <strong>die</strong> zwei spitzbögige Sandstein-<br />

portale sowohl ortswärts, als auch im Turm.<br />

6


An den Seiten des Turmes führen <strong>die</strong> Treppenhäuser mit je einem Fenster — im gleichen Stil wie <strong>die</strong><br />

Seitenfenster — <strong>zu</strong>r Empore. Hier sind <strong>die</strong> einzigen Steinstufen der Kirche <strong>zu</strong> finden, abgesehen von<br />

den Altarstufen. Der viereckige Turm selbst hat <strong>die</strong> Maße 30m x 23m x 13,5m (H/B/T) und gipfelt in<br />

eine Kreuzrose. Zwischen dem Zifferblatt der Turmuhr und dem Portal sind zwei weitere kleine Fen-<br />

ster eingearbeitet. Oberhalb der Uhr sind <strong>die</strong> Öffnungen, <strong>die</strong> den Glockenklang freigeben, und dar-<br />

<strong>über</strong> im Dachstuhl befinden sich noch vier ganz kleine Fenster, um eventuellen Arbeiten dort Licht <strong>zu</strong><br />

gewähren. Der Turm ist bis unter das Dach begehbar, jedoch nur <strong>über</strong> schmale Holzsteigen oder<br />

Leitern.<br />

Inzwischen ist der Ort um <strong>die</strong> Kirche „herumgewachsen“, daß sie das Zentrum bildet. Nun erfüllt sie<br />

ihre Funktion, Gottes Wort in <strong>die</strong> Mitte des Lebens der Menschen <strong>zu</strong> stellen, besser als am Orts-<br />

rand.<br />

DER ALTARRAUM<br />

In der Zeit, als <strong>die</strong> Kirche errichtet wurde, galt der Altarraum als das „Abbild der Welt der Verklä-<br />

rung, welcher <strong>die</strong> im Schiff versammelte und geborgene Gemeinde entgegenpilgert […]. Der Altar ist<br />

der räumliche und religiöse Mittelpunkt des Chors, der vornehmste Ort des Gotteshauses.“ 12 Dort<br />

werden <strong>die</strong> liturgischen Handlungen vollzogen, <strong>die</strong> Sakramente verwaltet und <strong>die</strong> Gebete gespro-<br />

chen. Daher wurde <strong>die</strong>ser Teil der Kirche mit viel Sorgfalt gestaltet, besonders hinsichtlich der Aus-<br />

malung, der Schnitzarbeiten der Altarfenster.<br />

Der Pockauer Altar ist eine Arbeit von dem Tischlermeister Otto Weinhold aus Olbernhau, der sich<br />

am 16.September 1885 darum beworben hatte:<br />

,,An den hochgeehrten Kirchenvorstand <strong>zu</strong> Pockau … Bezüglich der Ausführung<br />

des Orgelgehäußes Altar und Canzel bitte ich den geehrten Kirchenvorstand um<br />

gütige Übertragung der betr. Arbeiten ...“<br />

Zwei Tage später entschloß sich der Gemeindevorstand, der Bitte hinsichtlich Altar und Kanzel <strong>zu</strong><br />

entsprechen. So fertigte Weinhold <strong>die</strong> Kunsttischlerarbeit mit vielen kleinen Verzierungen an in der<br />

kurzen Zeit von zwei Monaten. Die sechseckige Kanzel war ursprünglich mit einem Deckel versehen<br />

12 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.141<br />

7


mit eben solchen Verzierungen und Türmchen, <strong>die</strong> den gotischen Stil nachahmten. Bei der Renovie-<br />

rung im Jahre 1960, <strong>die</strong> unter Leitung von Architekt Dr. Laudeley geschah, der auf Schlichtheit und<br />

Vermeidung von Verzierungen aus war, wurde der Kanzeldeckel entfernt. 13 Die drei Altarfenster<br />

sind Stiftungen von den Fabrikanten Braun (Pockau) & Pauli (Burgstädt). Sie wurden gemalt und<br />

gefertigt von Richard Zeumer aus Dresden in Zusammenarbeit mit dem Glasermeister Dürfeld aus<br />

Olbernhau. Sie sind ein Ausdruck der Zeit damals dafür, „<strong>die</strong> kultische Dignität des Kirchengebäu-<br />

des durch Ausstattung, Ausmalung und ganz besonders durch Farbfenster <strong>zu</strong> steigern.“ 14 Inzwischen<br />

mußten <strong>die</strong> Fenster zweimal restauriert werden. Aber niemals wurde <strong>die</strong> Qualität der Farben und der<br />

Malerei des Jahres 1885 erreicht. Die Fenster zeigen links Mose, der auf <strong>die</strong> 10 Gebote zeigt, und<br />

rechts Johannes den Täufer 15 , der auf Jesus als das Lamm Gottes hinweist. 16 So deuten beide Fen-<br />

ster auf <strong>die</strong> Mitte, wo der Altar vor dem dritten Fenster mit der Luther-Rose steht. Hier ist das<br />

Kreuz, hier lädt uns Jesus ein mit den Worten, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Predella geschnitzt sind: ,,Kommet her <strong>zu</strong><br />

mir alle, <strong>die</strong> ihr mühselig und beladen seid, ich will Euch erquicken.". Und hier sehen wir den „seg-<br />

nenden Christus“ 17 , ein Altarbild von dem Mitglied des „Vereins für kirchliche Kunst“ Prof. Karl<br />

Gottlob Schönherr (1824 Lengefeld – 1906 Dresden), das dem Nazarener-Motiv von Bertel Thor-<br />

waldsen (Kopenhagen 1770 – 1844) nachempfunden ist. Jener Verein hatte oft sächsische Kirchen<br />

per Stiftung mit Altargemälden bereichert. Dieses Bild erfuhr eine weitere Rahmung durch zwei Holz-<br />

figuren im Altaraufsatz: links ist Petrus mit Schlüssel und rechts Johannes Evangelista mit dem Kelch<br />

eingearbeitet. Gemäß dem o.g. Regulativ ist der Altar eine Stufe höher als der Chorraum und mit<br />

hölzernen Altarschranken versehen.<br />

DIE ORGEL<br />

Die Orgel wurde von Carl Eduard Schubert (1830 - 1900) gebaut. Er gehört entfernt <strong>zu</strong> der Ver-<br />

wandtschaft meiner eigenen Familie, <strong>die</strong> sich heute noch <strong>die</strong> Geschichten aus jener Zeit erzählt, als er<br />

bei uns wohnte. Sein regulärer Arbeitsort war aber Dresden. Schubert, der besonders <strong>die</strong> Silber-<br />

mannorgeln stu<strong>die</strong>rte, war von <strong>die</strong>ser Bauweise <strong>über</strong>wältigt. So versuchte er, nach dem großen Vor-<br />

13<br />

cf. Abb. II<br />

14<br />

cf. Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.13<br />

15<br />

cf. Abb. VII<br />

16<br />

In dem „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ findet sich <strong>die</strong> falsche Darstellung, daß Maria und Jesus in<br />

den Fenstern aus der Gründerzeit <strong>zu</strong> sehen seien.<br />

17<br />

Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. S.102, cf. Lößnitz, Bischofswerda, Freital, Stadt Wehlen und besonders<br />

Oberoderwitz aus dem Jahr 1863.<br />

8


ild Gottfried Silbermann, seinen eigenen Orgelbaustil <strong>zu</strong> finden. Aber <strong>zu</strong> seiner Zeit war <strong>die</strong>s wirt-<br />

schaftlich unklug. Er selbst sah es so:<br />

,,Wenn ohnehin, es fast nur noch in Sachsen so billige Concurrenzpreiße für Or-<br />

gelwerke giebt, welche in den meisten Fällen noch Billigere sind, als in dem vori-<br />

gen Jahrhunderte, so ist es wohl kein Wunder mehr, wenn leider auch der Orgel-<br />

bau so weit als thunlich fabrikmäßig bedrieben und gehandhabt wird. Allerdings<br />

war mir noch immer der Zweck der Orgel <strong>zu</strong> würdig und <strong>zu</strong> erhaben, als daß ich<br />

mich eines solchen Verfahrens hätte anschließen können."<br />

Schubert mußte also, um Aufträge <strong>zu</strong> erhalten, wider besseren Wissens seine Orgeln viel <strong>zu</strong> billig<br />

anbieten. Da er trotzdem hervorragende Handwerksarbeit lieferte und bei allen seinen Werken einen<br />

sehr hohen Zeitaufwand insbesondere für <strong>die</strong> künstlerische Intonation der Pfeifen trieb, geriet er in<br />

größte finanzielle und zeitliche Schwierigkeiten. Von den 18 Neubauten entstand in Pockau sein letz-<br />

tes Werk. Ab 15. Oktober 1887 arbeitete er durchgehend mit ein bis zwei Gesellen bis <strong>zu</strong>r Fertig-<br />

stellung, hatte jedoch bereits im August 1885 <strong>die</strong> erste Zahlung erhalten. Das Orgelgehäuse und den<br />

Spielschrank lieferte der Tischlermeister Robert Barthel aus Dresden. Die metallenen Pfeifen kamen<br />

aus Ammerschwiehr von der Firma Gunzinger. Aus einer Kalkantenquittung (15Pf. je Stunde) geht<br />

hervor, daß Schubert <strong>die</strong> Orgel ab November 1888 intonierte. Die Abnahme des Werkes fand am<br />

4. April 1889 durch Seminaroberlehrer Höpner aus Zschopau statt. Sein Gutachten fiel günstig aus.<br />

Die Orgel enthielt auf 2 Manualen 14 Register, 51 Tasten manualiter & 27 Tasten pedaliter, da<strong>zu</strong><br />

Manual- und Pedalkoppel. Das neugotische Gehäuse war eichenholzfarbig gestrichen. Der ebenflä-<br />

chige Prospekt enthielt 43 klingende Pfeifen in 7 Feldern 18 . 2 Kastenbälge versorgten <strong>die</strong> 750 Pfeifen<br />

der Orgel mit Wind. Schuberts Arbeit war meist ausgezeichnet, jedoch selten lukrativ. Daher erhielt<br />

er in seinem letzten Wohnort Reichenbach ein wöchentliches Almosen von 3 Mark. Die Woh-<br />

nungsmiete wurde aus der Armenkasse bezahlt. Schließlich schied er am 11. Januar 1900 freiwillig<br />

aus dem Leben. Die Orgel indes steht — leicht verändert — bis heute. 1917 wurden <strong>die</strong> Zinnpro-<br />

spektpfeifen entfernt. 1922 setzte <strong>die</strong> Firma Gebr. Jehmlich (Dresden) dafür einen Zinkprospekt ein<br />

und 1924 brachte <strong>die</strong>selbe Firma einen Elektroventilator an. Die Firma Eule (Bautzen) nahm 1965<br />

18 cf. Abb. III<br />

9


Änderungen der Disposition vor und versah <strong>die</strong> Orgel mit einer neuen Gebläseanlage (Schwimmer-<br />

magazin). Ihre äußere Erscheinung ist 1960 dem ganzen Kirchenraum gemäß umgestaltet worden 19 .<br />

DIE GLOCKEN<br />

Einst hatte Pockau drei Bronzeglocken, <strong>die</strong> — in G-Dur gestimmt — von der Firma Kirsch (Chem-<br />

nitz) gegossen worden waren, mit einem Gesamtgewicht von 963 kg (525 kg / 275 kg / 163 kg).<br />

Nach der Prüfung mit einem ausdrücklichen Lob durch den Chemnitzer Musikdirektor Fritz Scheel<br />

wurden sie am 03. November 1885 geweiht. Am 15. Juli 1917 erfolgte <strong>die</strong> behördlich angeordnete<br />

Zerstörung <strong>die</strong>ser ersten Glocken, um Rüstungsmaterial <strong>zu</strong> erhalten. Doch der christliche Frauenver-<br />

ein initiiert am 26. November 1918 <strong>die</strong> Schaffung neuer Bronzeglocken. So kommt es am 05. Fe-<br />

bruar 1919 <strong>zu</strong> einem Vertrag mit der Glockenfirma Schilling & Lattermann (Apolda). Fast ein Jahr<br />

später, am 25. Januar 1920 findet <strong>die</strong> Weihe der neuen — je einen halben Ton tieferen — 1140 kg<br />

schweren Glocken nach einer Prüfung durch den Kantor Grützner (Dresden) statt. Im März 1942<br />

wurden <strong>die</strong> Glocken erneut abgeholt — außer der Taufglocke. Sie wird heute als ein Segen empfun-<br />

den, weil <strong>die</strong> momentanen Stahlglocken nicht unter -20°C <strong>zu</strong> läuten sind, ohne sie <strong>zu</strong>m Zerspringen<br />

<strong>zu</strong> bringen. Daher kann man am Klang ihres Geläutes außer dem Ruf <strong>zu</strong>m Gebet erkennen: es wurde<br />

jemand getauft oder es ist sehr kalt. Der Auftrag an <strong>die</strong> Firma Schilling & Lattermann (Apolda) <strong>zu</strong>m<br />

Guß der drei Stahlglocken 20 erging am 10. November 1950, <strong>die</strong> am 21. April 1951 in Pockau ein-<br />

trafen und am 06. August 1951 durch Pfarrer Wohlgemuth 21 (Olbernhau) geweiht wurden. Beim<br />

Einsetzen 22 hat man den Glockenstuhl um 90° gedreht. Nun schwingen <strong>die</strong> Glocken das Tal entlang,<br />

anstatt in Richtung Altar. Alle Geläute waren mit Aufschriften versehen:<br />

- „Kommet her alle, <strong>die</strong> ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Mt.11:28<br />

- „Laßt <strong>die</strong> Kindlein <strong>zu</strong> mir kommen & wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes“ Mt.19:14<br />

- „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ Lk.2:14<br />

19 cf. Abb. IV<br />

20 cf. Abb. V<br />

21 cf. Abb. VI<br />

22 cf. Abb. VIII<br />

10


LITERATURLISTE<br />

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler / Georg Dehio. Begr. vom Tag für Denkmalspflege<br />

1900. – Neubearb. / besorgt durch <strong>die</strong> Dehio-Vereinigung – München; Berlin: : Dt. Kunstverl.<br />

Teilw. fortgef. von Ernst Gall. – Sachsen. 2. Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz /<br />

bearb. von Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath, Heinrich Magirius u.a. – 1998.<br />

Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen: Vom Klassizismus bis <strong>zu</strong>m Jugendstil / Hartmut Mai. –<br />

1.Aufl. – Berlin; Leipzig: Koehler & Amelang, 1992.<br />

Neue Sächsische Kirchengalerie (Ephorie Marienberg) / unter Mitwirkung der sächsischen<br />

Geistlichen hrsg. von Georg Buchwald. – Leipzig: Strauch, 1900 – 1914.<br />

Kirchennachrichten der Gemeinde Pockau Jahrgang 1985 und private Dokumente<br />

ANLAGE<br />

ZEITLICHER ÜBERBLICK<br />

• 1729 erster Antrag auf Filial<strong>kirche</strong> in Pockau beim Landeskonsistorium<br />

• 1734 endgültige Ablehnung<br />

• 05.04.1874 Begründung eines Kirchenbaufonds<br />

• 18.11.1883: Gemeindeversammlung mit Beschluß <strong>zu</strong>m Bau einer Filial<strong>kirche</strong> und Wahl der Baukommission<br />

• 30.03.1884 Beschluß <strong>zu</strong>r völligen Lostrennung von Lengefeld und Begründung eines eigenen Pfarrsystems<br />

• 20.06.1884 Lokaltermin der königlichen Kircheninspektion<br />

• 03.10.1884 Umfangreiches aus dem Herzen kommendes Gesuch<br />

• 05.11.1884 Besuch des Oberkonsistorialrates von Zahn einer Sit<strong>zu</strong>ng des Gemeinderates / Bauko mmission<br />

• 04.12.1884 Genehmigung <strong>zu</strong>m Bau einer eigenen Kirche<br />

• 07.12.1884 Bekanntgabe der Genehmigung in einer Gemeindeversammlung durch Herrn Reiß<br />

• 09.12.1884 Beginn mit dem Sammeln der Bausteine<br />

• 21.04.1885 Abstecken des Baugrundes und Beginn der Grundgrabungen durch den Turnverein<br />

• 28.04.1885 Grundsteinlegung durch Sup. Schaarschmidt (Marienberg)<br />

• 18.05.1885 Vertrag mit Baumeister Neubert (Olbernhau)<br />

• 11.07.1885 Bauheben<br />

• 03.11.1885 Glockenweihe<br />

• 30.11.1885 Weihe des Gotteshauses durch Sup. Schaarschmidt (Marienberg)<br />

• 01.01.1886 Pfarrer Wilhelm Meigen<br />

• 1886 Innenausmalung der Kirche<br />

• 1886 Bau der Leichenhalle<br />

• 1889 Pfarrhausbau<br />

• 1889 Orgelweihe<br />

• 1898 Pfarrer Wilhelm Hänsel<br />

• 1900 Turmuhr<br />

• 1905 Niederdruckdampfhei<strong>zu</strong>ng durch Firma Heiser & Co. (Dresden)<br />

• 1908 Pfarrer Paul Schmidt


• 1910 Außenerneuerung der Kirche<br />

• 1914 Elektrische Beleuchtung<br />

• 1926 Vikar Bittner<br />

• 1927 Pfarrer Martin Lindner<br />

• 1942 Pfarrer Henning, der als Feldgeistlicher rasch starb, so daß Pf. Lindner weiter amtierte<br />

• 1952 Pfarrer Artur Ruf<br />

• 1957 Errichtung des Kirchhofgebäudes<br />

• 1960 Innenerneuerung der Kirche einschließlich Orgelrenovation<br />

• 1968 Neubau der Friedhofshalle<br />

• 1974 Pfarrer Klaus Wenzel<br />

• 1974 - 79 Pfarrhauserneuerung innen und außen<br />

• 1978 - 80 Pfarrhauserweiterungsbau<br />

• 1981 Installation der Beschallungsanlage in der Kirche<br />

• 1981 - 83 Außenerneuerung der Kirche unter Kunstpreisträger Kurt Thümmler aus Gera<br />

• - 1984 Restaurierung der Buntglasfenster in Zittau<br />

• 1984 Neue Turmuhr<br />

• 1984 Innenerneuerung der Kirche<br />

• 1992 Umstellung der Hei<strong>zu</strong>ng von Kohle auf Öl<br />

• 1993 Erneuerung des Kirchenschiffdaches<br />

• 1993 - 94 Außenanstrich<br />

• 1994 Trockenlegung des Kirchsockels<br />

• 1994 Reparaturen an allen Sandsteinarbeiten<br />

• 1995 Vakanz der Pfarrstelle<br />

• 1997 Pfarrer Martin Geißler<br />

• 1999 erneute Vakanz<br />

SPENDEN ZUM KIRCHENBAU<br />

Vom Landeskonsistorium 4000,--<br />

von Herrn Felix, Leipzig 1500,--<br />

~ Burgk auf Burgk 1000,--<br />

~ Bodemer, Dresden 100,--<br />

~ Clausnitzer, Kniebreche 100,--<br />

der Gemeinde Prausitz 300,--<br />

Herrn v. Schönberg, Pfaffroda 50,--<br />

~ Borstmeister Beyreuther 10,--<br />

~ Niethammer, Kriebstein 50,--<br />

~ Hübler, Görsdorf 300,--<br />

~ Karl Schubert, Sorgau 25,--<br />

NN, Lengefeld 50,--<br />

vier Spendern insgesamt 16,--<br />

Gemeinde Pobershau 60,--<br />

Görsdorf 67,50<br />

Sorgau 121,70<br />

Lippersdorf 166,--<br />

Lauterbach 40,--<br />

Herrn Kretzschmar 100,--<br />

~ Fritzsche 50,--<br />

der Gemeinde 600,--<br />

den Vereinen 1100,--<br />

Staatsunterstüt<strong>zu</strong>ng 2000,--<br />

17206,20<br />

Ferner 360,-- M Staatsunterstüt<strong>zu</strong>ng für Orgel<br />

300,-- von Herrn Hübler ~ ~<br />

Vom Landeskonsistorium im Jahre 1887 eine außerordentliche Unterstüt<strong>zu</strong>ng in Höhe von 8.000,-- M, sowie für<br />

<strong>die</strong> ersten 5 Jahre einen Zuschuß von jährlich 1000,-- M <strong>zu</strong>m Pfarrergehalt von 2100,-- M


Abb. I Altarraum in ursprünglicher Gestalt<br />

Abb. II Altarraum nach der Renovierung 1960


Abb. III Orgel in ursprünglicher Gestalt<br />

Abb. IV Orgel nach der Renovierung 1960


Abb. V Fest<strong>zu</strong>g bei Ankunft der Stahlglocken<br />

Abb. VI Pfarrer Wohlgemuth und Glocke


TISCHREDE VON HERRN KANTOR REIß ZUM 25JÄHRIGEN KIRCHENJUBILÄUM IM JAHRE 1910<br />

Geehrte Anwesende!<br />

Seit 25 Jahren bildet Pockau eine eigene Kirchgemeinde. Vordem war sie ein Teil der Kirchgemeinde Lengefeld<br />

und hatte nach dem Zeugnis des damaligen Pfarrers von Lengefeld, P. Göllnitz, den Ruhm, der beste Teil der<br />

Kirchgemeinde Lengefeld <strong>zu</strong> sein. Hat sich unsere Gemeinde solchen Ruhm erhalten seit ihrer Selbständigkeit?<br />

Leider hat unser Herr Pfarrer gestern <strong>die</strong> Klage aussprechen müssen, daß in unserer Gemeinde nicht alles so ist,<br />

wie es sein sollte. Besondere Klage wurde laut <strong>über</strong> unsere heranwachsende Jugend. Ja, es ist seit 25 Jahren, da<br />

wir unsere Kirche erbaut haben, vieles anders geworden. Die Gemeinde ist gewachsen. Durch Zu<strong>zu</strong>g von außen<br />

haben sich neue Einflüsse geltend gemacht. Vor allem aber ist der moderne Zeitgeist, der ja als <strong>kirche</strong>nfeindlich<br />

<strong>zu</strong> bezeichnen ist, nicht spurlos an uns vor<strong>über</strong>gegangen.<br />

Vor 25 Jahren haben wir in einem unserer Gesuche sagen dürfen: ,,Politische und religiöse Irrlehren haben bei<br />

uns nie Boden gefunden." Und heute? Das ehemals absolut vaterlandstreue Pockau ist heute eine Hochburg der<br />

Sozialdemokratie geworden. Und auf kirchlichem und religiösem Gebiet ist an <strong>die</strong> Stelle der lebendigen<br />

Glaubensbetätigung der Indifferentismus, <strong>die</strong> Gleichgültig keit getreten. Es is t bei uns geworden, wie anderwärts<br />

auch. Aber ich, der ich nun 34 Jahre in und mit der Gemeinde lebe und sie in ihrem Kerne <strong>zu</strong> kennen glaube, bin<br />

der festen Hoffnung, daß sie sich nicht ganz verlieren werde, sondern daß sie sich durchringen wird aus <strong>die</strong>ser<br />

Prüfungszeit <strong>zu</strong>m alten Glauben, <strong>zu</strong>m alten Gottvertrauen. Der Kern unserer Gemeinde ist gut, denn ohne <strong>die</strong>sen<br />

guten Kern würde unsere Gemeinde auch in äußerlichen kirchlichen Dingen nicht mehr an vorderer Stelle<br />

stehen. Die Gemeinde hält sich noch <strong>zu</strong>m Tische des Herrn, sie ist auch opferwillig für <strong>die</strong> Kirche. Das würde<br />

alles nicht sein, wenn Glaube und Gottesfurcht ganz geschwunden wären. Noch sind wir, Gott sei Dank, nicht so<br />

weit. Ich bin <strong>über</strong>zeugt, daß der gute Kern bleiben werde und daß es nur einmal eines besonderen Geschehens<br />

bedarf und der Funke wird aufs neue aufflammen <strong>zu</strong> einem mächtigen Feuer, das alle Schlacken, <strong>die</strong> uns jetzt<br />

anhaften, verzehren wird. Damit aber der gute Kern der Gemeinde erhalten bleibe, damit der Funke nicht<br />

erlösche, bedürfen wir gläubiger und treuer Pastoren, <strong>die</strong> das Gotteswort lauter und rein verkündigen, nicht<br />

eigene, nicht Menschenweisheit. Die nicht ihre Predigten formen nach den Zeitströmungen, um den Menschen<br />

<strong>zu</strong> gefallen, sondern <strong>die</strong> Jesum Christum predigen, den Gekreuzigten und Auferstandenen.<br />

Pastor Göllnitz hat bei der Einweihung unserer Kirche gesagt: ,,Verflucht sei <strong>die</strong>se Kanzel, wenn auf ihr etwas<br />

anderes gepredigt werde, als Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene."<br />

Gott sei Dank haben wir bis heute nur solche Geistliche gehabt, <strong>die</strong> uns Jesus und nur Jesus allein gepredigt<br />

haben. Sie haben sich, ein jeder nach seiner Kraft und seiner besonderen Weise, bemüht, den guten Kern in<br />

unserer Gemeinde <strong>zu</strong> erhalten und den Funken des Glaubens und der christlichen Liebe vor dem Erlöschen <strong>zu</strong><br />

schützen. Das wollen wir ihnen heute an unserem Jubiläumstage danken. In <strong>die</strong>sem Sinne trinke ich auf das<br />

Wohl der Kirchgemeinde Pockau und auf das Wohl unserer Pastoren, der Herren Meigen, Hänsel und Schmidt.


ANSPRACHE VON HERRN OBERLEHRER UND KANTOR I.R. REIß ANLÄßLICH DER GLOCKENWEIHE<br />

AM 25. JANUAR 1920<br />

Der Festgemeinde habe ich nur eine kurze Mitteilung <strong>zu</strong> machen. Wie wohl allgemein bekannt ist, hat der<br />

hiesige Frauenverein nicht nur <strong>die</strong> Anregung <strong>zu</strong>r Neubeschaffung von Kirchenglocken gegeben, sondern auch<br />

<strong>die</strong> Verpflichtung <strong>über</strong>nommen, <strong>die</strong> Kosten dafür auf<strong>zu</strong>bringen. Die nun vom Verein besorgte Sammlung<br />

fre iwilliger Gaben hat ein recht erfreuliches Ergebnis gehabt, <strong>zu</strong> dem auch auswärts wohnende industrielle<br />

Herren, <strong>die</strong> in Bezie hungen <strong>zu</strong> unserem Orte stehen, wesentlich beigetragen haben. Es sind rund M 8000,--<br />

eingeko mmen. Wir sagen dafür allen freundlichen Gebern hiermit wärmsten Dank. Zu <strong>die</strong>sen M 8000,-- kommt<br />

noch der Erlös für <strong>die</strong> alten Glocken, nämlich M 3163,25 in Sa. als o rund M 11160,00. Genaue Abrechnung<br />

wird dem Kirchenvorstand vorgelegt werden. Da nun <strong>die</strong> neuen Glocken ohne <strong>die</strong> Nebenspesen M 13890,00<br />

kosten, so sind noch etwa M 2800,00 auf<strong>zu</strong> bringen. Da<strong>zu</strong> soll der heutige Familienabend beitragen, weshalb<br />

recht zahlreicher Besuch erwünscht ist; Man wolle deshalb auch an den hohen Eintrittspreisen nicht Anstand<br />

nehmen. Sie sollen keine Entschädigung für <strong>die</strong> Darbietungen sein, sondern Gaben für <strong>die</strong> Glocken. Ferner<br />

werden wir wohl auch noch einmal bittend an <strong>die</strong> Türen unserer Häuser klopfen müssen. Möchten wir wieder<br />

offene He rzen und Hände finden, wie einst, da wir unser Kirchlein in schönster Einmütigkeit und<br />

Gebefreudigkeit erbauten. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.<br />

Wir können uns <strong>über</strong> unsere neuen Glocken herzlich freuen. Da wir sie rechtzeitig in Auftrag gegeben haben,<br />

haben wir den jetzigen Preisverhältnissen angemessen - ein sehr billiges Geläute erhalten. Aber, was noch höher<br />

an<strong>zu</strong>schlagen ist: Wir haben ein schönes, einwandfreies Geläut. Zunächst ist es etwas größer, als das alte Geläut.<br />

Dieses stand in G und wog 10 Zentner; das neue ist einen halben Ton tiefer (fis, ais, cis) und wiegt 27 Zentner.<br />

Ein größeres Geläut in tieferer Tonlage ist bei dem beschränkten Raum unserer Glockenstube nicht unter<strong>zu</strong>-<br />

bringen. Dies ist bei Beurteilung und Vergleichen des Geläutes mit anderen, größeren <strong>zu</strong> berücksichtigen. Daß<br />

unser neues Geläut trotz seiner Kleinheit doch ein ge<strong>die</strong>genes ist, bezeugt das Gutachten des bei der Sächsischen<br />

Landesstelle für Kunstgewerbe vereidigten Sachverständigen Herrn Kantor Grützner in Dresden. Dieser, vom<br />

Landeskonsistorium mit der Prüfung der Glocken beauftragt, hat ein gerade<strong>zu</strong> glänzendes Gu tachten abgegeben.<br />

Er sagt am Schlusse desselben: ,,Es ist <strong>zu</strong> bezeugen, daß der Glockengießer ein in jeder Beziehung tadelloses<br />

Geläut geliefert hat."<br />

So dürfen wir uns unserer so langersehnten neuen Glocken herzlich erfreuen. Mögen sie da<strong>zu</strong> beitragen, unser<br />

kirchliches Wesen neu <strong>zu</strong> beleben. Möge ihr erzener Klang, wenn er hoch vom Turme herab an unsere Ohren<br />

dringt, auch unsere Herzen in Schwingung setzen, daß Augen, Hände und Herzen emporgezogen werden, in<br />

gläubigem Vertrauen aufschauend <strong>zu</strong> den Bergen, von denen uns Hilfe kommt, auch in der tiefen Not unseres<br />

Volkes. O Volk, Volk! Höre der G1ocken Mahnruf: ,,Kehre wieder, kehre wieder, der du dich verloren hast!“

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