Nr. 48 - epd
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Stimmung, die beiden werden Freundinnen und haben<br />
ordentlich Spaß miteinander. Aber dann schlägt das<br />
Schicksal böse zu: Es stellt sich heraus, dass Peter und<br />
Carolin einst ein Liebespaar waren, Anne wusste von<br />
nichts und muss jetzt verkraften, dass da ein weiterer<br />
Sohn von Peter rumläuft: der schwarzlockige David.<br />
Carolin ihrerseits, die nicht wusste, wessen Frau Anne<br />
ist, sieht nun den Ex-Lover im Haus ihrer vormals<br />
unbekannten Rivalin: „Dein Mann, deine Kinder, dein<br />
Auto... und ich hab nichts.“ Immerhin hat sie David, den<br />
will sie auch behalten - bitte keinen Kontakt mehr mit<br />
Peter und dessen Familie, zurück nach Chile.<br />
Jetzt geht das Gefühlstheater so richtig los: große<br />
Augen bei der erniedrigten Anne, wütende Blicke bei<br />
der ebenfalls gedemütigten Carolin, und dazwischen<br />
Peter, der überhaupt nicht mehr weiß, was für ein<br />
Gesicht er machen soll. Die Kinder kriegen natürlich<br />
mit, dass da was nicht stimmt und machen sich Sorgen.<br />
Und dann, im letzten Drittel des Films, passiert das,<br />
was die Geschichte zum Bestandteil der Themenwoche<br />
qualifiziert: Carolin, schon öfter mal von Bauchweh<br />
geplagt, bricht zusammen: Klinik, Bauchspeicheldrüsenkrebs.<br />
Viel Zeit hat sie nicht mehr. Anne soll ihr die<br />
Nachricht überbringen, wehrt erst ab, rafft sich dann<br />
aber auf. Um sich von Carolin sagen zu lassen: „Das ist<br />
alles Deine Schuld...“<br />
Es kommt viel zusammen in dieser Situation: das<br />
Angesicht des Todes, die Eifersucht, die Verlustangst,<br />
das schlechte Gewissen, die unerfüllte Liebe, die Angst<br />
um das seelische Gleichgewicht der Kinder. Es ist<br />
wohl einfach zu viel, als dass diese Dramatik noch<br />
Bodenhaftung hätte wahren können. Man überlegt<br />
zwischenzeitlich auch, ob die Häufung solcher Zufälle<br />
wie das Treffen der Geliebten und der Ehefrau sowie der<br />
Halbbrüder noch gekauft werden kann. Aber das ist es<br />
nicht. Es ist die Flucht ins Klischee („deine Schuld“), die<br />
von den Dialogen bis in die Mimik das bringt, was man<br />
erwartet und gewohnt ist, anstatt auf das zu setzen,<br />
wozu Menschen fähig sind, wenn es mal ganz dicke<br />
kommt: einen ungewöhnlichen Ausweg zu suchen und<br />
womöglich zu finden, auch aus dem Irrgarten ihrer<br />
eigenen Gefühle.<br />
In diesem Sinne gelungen ist die Bereitschaft Annes, zu<br />
der Kranken zu gehen und ihr die Todesnachricht selbst<br />
zu bringen. Solche Überwindungen leisten Menschen,<br />
wenn sie vom Schicksal herausgefordert werden. Aber<br />
Carolins Reaktion ist dann wieder das Klischee. Ganz<br />
wie Peters mühselige Liebeserklärung an Anne - jetzt,<br />
wo er die andere ohnehin verliert. Gut der Moment, in<br />
dem David fragt: „Wird Mama sterben?“ Arg klischeehaft<br />
dann aber wieder Peters Versuch, auf Distanz zu<br />
■ KRITIK ■ 30.11.2012 · <strong>Nr</strong>. <strong>48</strong> ■ <strong>epd</strong> medien 35<br />
seiner Affäre zu gehen: „Das mit Carolin“ sei nicht<br />
„programmiert gewesen“ für die Liebe.<br />
Die Personen bleiben Figuren in einem Arrangement,<br />
das mit „äußerste Dramatik“ überschrieben ist, in dem<br />
die Schauspieler zwar ihr Bestes geben, die Konstruktion<br />
und die mit Affekten überladene Szenerie aber keine<br />
feinere Individualisierung zulässt. Gewonnen hätte der<br />
Film außerdem, wenn er auf Musik verzichtet hätte.<br />
Das endlose Geklimper macht die Zuschauer rebellisch,<br />
es hilft nicht beim Sich-Einlassen auf die Geschichte.<br />
Barbara Sichtermann<br />
Kein billiger Appell<br />
„Mit geradem Rücken“, Regie: Florian Froschmayer,<br />
Buch: Sophia Krapoth, Kamera: Patrick-D. Kaethner,<br />
Produktion: Relevant Film Produktionsgesellschaft<br />
(Sat.1, 20.11.12, 20.15-22.15 Uhr)<br />
<strong>epd</strong> Ein Hotel, ein Luxus-Hotel zumal, ist ein Ort der<br />
sozialen Distinktionen, ein Ort, der spiegelnde Oberflächen<br />
inszeniert, ein Ort, an dem kein Staub das Gefühl<br />
trüben soll, hier sei alles in Ordnung. Dem Gast wird das<br />
breiteste Lächeln, eher ein Lachen schon zugeworfen,<br />
jeder soll sich geborgen fühlen, hervorragend bedient<br />
und verwöhnt. Und die dienstbaren Geister tragen die<br />
Masken perfekter Selbstverleugnung, denn hier zählt<br />
der Gast und sein Wohl, alles andere bleibt, bitte schön,<br />
unter dem Teppich.<br />
Das ist das soziale Gemälde, vor dem dieses Drama<br />
spielt. Hella Wiegand (Ann-Kathrin Kramer) ist eine<br />
leitende Hausdame, ihr unterstehen die Zimmermädchen<br />
einer Etage. Sie ist die Mutter der Kompanie, sie ist<br />
fröhlich, packt zu, eine ehrliche Haut. Und sie hat sich<br />
beworben für die obere Etage, wo die Prominenten, die<br />
Superreichen nur unter Pseudonym einchecken. Für die<br />
alleinerziehende Mutter wäre das ein prestigeträchtiger<br />
Aufstieg. Ausgerechnet in diesem Moment macht sie<br />
die Entdeckung, dass eines ihrer Zimmermädchen, die<br />
türkischstämmige Shirin (Pegah Ferydoni), von ihrem<br />
Chef Jakob Braunstein (Kai Wiesinger) sexuell attackiert<br />
wird. Es ist schwer für Hella, der Sache auf den Grund<br />
zu gehen, denn Braunstein leugnet charmant und Shirin<br />
ist verängstigt.<br />
Hella schaltet den Personalchef Rückert (Hans Löw) ein,<br />
der das Gespräch mit Braunstein sucht. Als Rückert Hella<br />
versichert, dass Braunstein glaubhaft seine Unschuld<br />
beteuert und sie selbst ihre langersehnte Beförderung<br />
erhält, scheint die Affäre zu verblassen. Doch der<br />
Verdacht, dass Braunstein hinter der Maske des loyalen<br />
Chefs und liebenswürdigen Charmeurs ein übler Sextäter