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Nr. 48 - epd

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8 <strong>epd</strong> medien ■ <strong>Nr</strong>. <strong>48</strong> · 30.11.2012<br />

diese Familie ist nicht dysfunktional wie die Familien<br />

in „Ein Jahr nach morgen“. Barbara Kulcsar (Regie) und<br />

Josy Meyer und Eveline Stähelin (Buch) erzählen von der<br />

Tragödie einer Krankheit und wie die Familie lernt, damit<br />

umzugehen. Karli, der Opa wird immer vergesslicher.<br />

Nur seine Schwiegertochter Fränzi merkt, was mit ihm<br />

los ist, denn sie ist diejenige, die nachts aufsteht und ihn<br />

beruhigt, wenn er nicht schlafen kann. Ihr Mann Jürg<br />

will lange nicht wahrhaben, dass sein Vater Alzheimer<br />

hat und herrscht Fränzi an, „das bisschen Pflege“ sei ja<br />

wohl noch zu schaffen.<br />

An „Nebelgrind“ gefiel der Jury, dass der Film sehr<br />

genau von der Krankheit und den Problemen, die die<br />

Angehörigen damit haben, erzählt, dabei aber doch<br />

einen leichten Ton fand.<br />

Schuld ist der, der abdrückt<br />

Zwei Krimis-Reihen waren auch im Wettbewerb vertreten.<br />

„Hannah Mangold & Lucy Palm“ (Sat.1), ein<br />

Pilotfilm zu einer neuen Reihe mit zwei Kommissarinnen,<br />

sowie „Die Gurkenkönigin“ (RBB), eine Ausgabe<br />

des ARD-Klassikers „Polizeiruf 110“, in der sich die<br />

Schauspielerinnen Susanne Lothar und Sophie Rois als<br />

Gegenspielerinnen gegenüberstehen.<br />

„Die Gurkenkönigin“ war eine ganz außergewöhnliche<br />

„Polizeiruf“-Ausgabe. Nicht nur weil Sophie Rois als<br />

Kommissarin hier Maria Simon vertrat, sondern weil<br />

Regisseur Ed Herzog und Autor Wolfgang Stauch mit<br />

Lust mit allen Konventionen des Genres brachen. Der<br />

Krimi wird schnell zur Nebensache, eine Leiche gibt<br />

es erst am Schluss und dann ist der Schuldige auch<br />

nicht weit. Doch hier geht es um die Leichen im Keller<br />

von Luise König, der Besitzerin der Gurkenfabrik. Der<br />

geheimnisvolle Spreewald, eine Landschaft, die man sich<br />

ohne weiteres bevölkert von Elfen, Feen und anderen<br />

Fabelwesen vorstellen kann, spielt in diesem Stück,<br />

durch das Sophie Rois als fideler Kobold geistert, die<br />

heimliche Hauptrolle.<br />

Eine Art „Sommernachtstraum“, ein verzauberter Krimi,<br />

der mit pragmatischen Lebensweisheiten aufwartet:<br />

„Gurkenfabriken machen nicht glücklich“ und „Schuld<br />

ist immer der, der abdrückt“.<br />

Noch einmal konnte man in diesem Film Susanne Lothar<br />

in ihrer energischen Zerbrechlichkeit bewundern, sie<br />

starb wenige Monate nach Ausstrahlung des „Polizeirufs“.<br />

Es gehört zu den Besonderheiten des Festivals in<br />

Baden-Baden, dass man dieser großartigen Schauspielerin<br />

einen Abend widmete, an dem zwei Filmschaffende,<br />

die mit ihr gearbeitet haben, in sehr persönlicher Weise<br />

an sie erinnerten.<br />

■ DEBATTE ■<br />

Auch „Hannah Mangold & Lucy Palm“ erfreute mit<br />

zwei ungewöhnlichen Frauenfiguren. Anja Kling spielt<br />

in diesem Film die Kommissarin Hannah Mangold, die<br />

nach einer Traumatisierung mühsam versucht, wieder<br />

im Alltag der Polizistin Fuß zu fassen. „Die Irre“ -<br />

diesen Spitznamen verpasst sie sich selbst - wird<br />

zusammengespannt mit einer selbstbewussten jungen<br />

Kollegin, die die Chauvisprüche der Kollegen rotzig<br />

pariert.<br />

Der Pilotfilm ist vielversprechend: eine traumatisierte<br />

Kommissarin, die zudem hellsichtig ist, die gewissermaßen<br />

in den Delinquenten liest wie in einem offenen<br />

Buch, lässt auf interessante Wendungen hoffen. Britta<br />

Hammelstein, die Mangolds Partnerin Lucy Palm spielt,<br />

sei ein „kleiner Kracher“, lobte Jurorin Natalia Wörner.<br />

Positiv hervorgehoben wurde das rasante Erzähltempo<br />

des Krimis, bemängelt wurde, dass der Pilotfilm überfrachtet<br />

sei.<br />

Ein Fest für Schauspieler<br />

Regisseur Matti Geschonneck, der 2010 in Baden-Baden<br />

mit dem Hans-Abich-Preis ausgezeichnet wurde, war<br />

in diesem Jahr gleich mit zwei Filmen im Wettbewerb<br />

vertreten. „Das Ende einer Nacht“ ist ein klassisches<br />

Gerichtsdrama, besetzt mit zwei großartigen Schauspielerinnen,<br />

Barbara Auer und Ina Weisse. Auer spielt die<br />

souveräne Richterin, die an das Prinzip der Gerechtigkeit<br />

glaubt, Weisse die mit allen Wassern gewaschene<br />

Anwältin, die nicht an der Wahrheit interessiert ist,<br />

sondern ihren Mandanten raushauen will.<br />

Der ist ein erfolgreicher Manager. Seine Frau beschuldigt<br />

ihn, dass er sie vergewaltigt und „durch das halbe Haus“<br />

geprügelt hat. Jörg Hartmann spielt den Mann, dem<br />

der Zuschauer bald jede Gemeinheit zutraut, der aber<br />

schließlich doch freigesprochen wird, da man ihm nichts<br />

nachweisen kann.<br />

Geschonneck hat diesen Film wie immer elegant inszeniert,<br />

das Duell der beiden erfolgreichen Frauen hat<br />

die Jury durchaus fasziniert. Und, merkte eine Jurorin<br />

an, es sei wohl ein Zeichen der Emanzipation, dass es<br />

endlich auch Kloszenen mit Frauen gebe. Juror Sönke<br />

Wortmann wandte allerdings ein, die Inszenierung sei<br />

zu cool, und der Film insgesamt zu berechenbar. Auch<br />

die wenig glaubhaften Gerichtsszenen wurden kritisiert.<br />

Mehr Gefallen fand die Jury an Geschonnecks zweitem<br />

Film im Wettbewerb, „Liebesjahre“. Ein Ehepaar, das<br />

seit Jahren getrennt lebt, trifft sich, um endlich das<br />

gemeinsame Haus zu verkaufen, aus dem sie beide<br />

vor Jahren ausgezogen sind. Während er am liebsten<br />

jedes Erinnerungsstück mitnehmen möchte, scheint sie<br />

mit der Vergangenheit völlig abgeschlossen zu haben.

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