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Risikomanagement soll Qualität sichern - MediClin

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<strong>Risikomanagement</strong> <strong>soll</strong> <strong>Qualität</strong> <strong>sichern</strong><br />

men. <strong>Qualität</strong>smanagement und<br />

Eigentlich das klinische gehörenRisikomanage sie zusamment<br />

als getrennte Welten zu betrachten,<br />

macht für Dr. Ralf Bürgy<br />

"nicht so viel Sinn". Und so ist der<br />

Leiter des Konzern-<strong>Qualität</strong>smana­<br />

gements von <strong>MediClin</strong> auch gleichzeitig<br />

der Mann fürs <strong>Risikomanagement</strong>.<br />

Wenn Fehler sich häufen, Schadens­<br />

summen steigen, klettern auch die<br />

Versicherungsprämien. Das kann<br />

teuer werden, denn das deutsche<br />

Krankenhauswesen erlaubt sich viele<br />

Fehler, zu viele für Patient und<br />

Versicherungswirtschaft. Zwischen 5<br />

und 10 Prozent aller Krankenhaus-<br />

<strong>Qualität</strong>smanagement<br />

und das klinische<br />

<strong>Risikomanagement</strong> nicht als<br />

getrennte Welten betrachten.<br />

Dr. Ralf 8ürgy, Leiter des<br />

Konzern-<strong>Qualität</strong>sma nagements<br />

von <strong>MediClin</strong>.<br />

Patienten erleiden ein unerwünsch­<br />

tes Ereignis. Bei 16 Millionen Krankenhauspatienten<br />

jährlich wären<br />

das mindestens 800.000 individu­<br />

elle Vorkommnisse, davon 400.000,<br />

die auf nachweisbaren Fehlern im<br />

Diagnose- oder Behandlungsablauf<br />

beruhen.<br />

Vor vier Jahren wurde bei <strong>MediClin</strong><br />

ein "Haftpflicht- Reportingsystem"<br />

aufgebaut. Schadensentwicklungen<br />

werden analysiert, die Auswirkun­<br />

gen von Personen- und Sachschäden<br />

kommuniziert und die Rück­<br />

stellungspolitik der Versicherer kritisch<br />

hinterfragt. "Transparenz hilft<br />

auch hier, Schäden zu vermeiden,<br />

da der Blick über alle <strong>MediClin</strong><br />

Vl<br />

'"<br />

ü öÖLL<br />

Einrichtungen es<br />

jedem einzelnen<br />

Haus ermöglicht,<br />

aus den Fehlern an­<br />

derer zu lernen",<br />

betont Bürgy. So<br />

gelang es in Kliniken<br />

der <strong>MediClin</strong>,<br />

den Umfang von<br />

Schadensansprüchen<br />

zu reduzieren<br />

Risiken zu managen ist für den börsennotierten<br />

Gesundheitskonzern <strong>MediClin</strong><br />

Teil des <strong>Qualität</strong>smanagements. Fehleranalyse<br />

und Risikoprävention <strong>soll</strong>en<br />

helfen, Schadensfälle zu vermeiden und<br />

Haftpflichtprämien zu senken. Doch<br />

ein ClRS, ein" Criticallncident Reporting<br />

System ", wird man bei <strong>MediClin</strong><br />

vergebens suchen. Die, die es am meisten<br />

betrifft, die Chirurgen, sprechen<br />

sich wiederum für die Einführung eines<br />

C1RSaus.<br />

und die Bearbeitung von Schadens­<br />

ansprüchen zu beschleunigen. Der<br />

Versicherer honorierte die Bemü­<br />

hungen um Risikobegrenzung durch<br />

eine Beitragsreduktion, wo allenthalben<br />

die Prämien steigen.<br />

Die Erfahrung, insbesondere aus der<br />

zivilen Luftfahrt, zeigt: Selten verursacht<br />

ein einzelner Fehler eine Kata­<br />

strophe. Das Desaster ist Resultat<br />

vieler kleiner Schritte und nicht das<br />

Ergebnis eines einzigen Schrittes,<br />

des letzten. Fehler verketten sich zur<br />

.!!!<br />

Ci<br />

Ö<br />

LL<br />

Ö<br />

Ö<br />

LL<br />

Katastrophe. Nicht der Einzelfehler, ~<br />

krankenhaus Umschau 3/2008 23


sondern die Fehlerfolge, die Abfolge<br />

von Beinahfehlern und Beinahschä­<br />

den ist von Bedeutung. Somit sind<br />

die meisten desaströsen Ereignisse<br />

prinzipiell vorhersehbar. Wichtig ist,<br />

dass man die Muster in den Fehlern<br />

erkennt. Hier gilt es, bereits die<br />

Ursache des Fehlers<br />

zu vermeiden.<br />

An neuen Instrumenten<br />

zur Vermeidung<br />

von Fehlern<br />

wie dem viel<br />

lJl<br />

diskutierten CIRS,<br />

ca<br />

Ü<br />

Critical<br />

Reporting<br />

Incident<br />

System,<br />

ö<br />

Ö<br />

LL<br />

sieht man bei Medi-<br />

Clin derzeit keinen<br />

Bedarf. Mit dieser Ablehnung steht<br />

man nicht allein da. Schätzungsweise<br />

ganze fünf von 100 deutschen Kliniken<br />

verfügen über ein CIRS. Die, die<br />

es am meisten betrifft, die Chirurgen<br />

"Wir betrachten einen Fehler<br />

in der Regel unter dem<br />

Aspekt der persönlichen<br />

Verantwortung. "<br />

Dr. Stephan Timm,<br />

Universitätschirurg<br />

aus Würzburg.<br />

und ihre Gesellschaft, sprechen sich<br />

wiederum<br />

CIRS aus.<br />

für die Einführung eines<br />

Mit dem eher auf die individuelle<br />

Situation abgestimmten Fehlermanagement,<br />

mit dem systematisch<br />

Fehler vor Ort erkannt, erfasst und<br />

somit Fehlerketten in der lokalen<br />

Organisation aufgedeckt werden, sei<br />

man bei <strong>MediClin</strong><br />

bisher gut gefahren.<br />

Man stoße,<br />

sagt Heike Stoke,<br />

<strong>Qualität</strong>sbeauf ­<br />

tragte an der Medi­<br />

Clin Hedon-Klinik<br />

in Lingen, nicht in<br />

allen, aber in etlichen<br />

Abteilungen<br />

mittlerweile auf<br />

lJl<br />

ca<br />

Ü<br />

ö<br />

Ö<br />

LL<br />

eine "Kultur des Vertrauens", so dass<br />

Fehler bei ihr persönlich gemeldet<br />

werden und kaum welche anonym.<br />

"Es sindja die Mitarbeiter selbst, die<br />

sehr daran interessiert sind, Lösungen<br />

zu finden." Die gesammelten<br />

Fehlerberichte werden dann einmal<br />

im Monat in der betroffenen Gruppe<br />

besprochen.<br />

Das klinische <strong>Risikomanagement</strong>, be­<br />

tont Bürgy, werde ergänzt um ein<br />

<strong>Risikomanagement</strong> auf Konzernebene,<br />

"das sich verstärkt um die<br />

Man hat eine "Kultur des<br />

Vertrauens" erreicht, so dass<br />

Fehler persönlich gemeldet<br />

werden und kaum welche<br />

anonym.<br />

Heike Stoke,<br />

Oualitätsbeauftragte an der<br />

<strong>MediClin</strong> Hedon-Klinik<br />

in Lingen.<br />

frühzeitige Identifikation und Bewertung<br />

von Risiken, aber auch<br />

Chancen im Bereich der Klinikorganisation<br />

und des Gesundheitsmarktes<br />

kümmert." Im Rahmen so genannterRisikoinventuren<br />

"werden<br />

in allen Einrichtungen<br />

Risiken und<br />

lJl<br />

ca<br />

Ü<br />

ö<br />

Ö<br />

LL<br />

Chancen aufzugreifen."<br />

Chancen abgefragt,<br />

bewertet und geeigneteMaßnahmen<br />

geplant", verweist<br />

Bürgy auf<br />

das Ziel, "Risiken<br />

zu minimieren oder<br />

zu verhindern und<br />

Wiederholt beschäftigte sich auch die<br />

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie ­<br />

Chirurgen stehen als Berufsgruppe<br />

in der Fehlerstatistik weit oben ­<br />

mit dem Thema <strong>Risikomanagement</strong>,<br />

wie auf ihrem letzten Kongress<br />

2007 in München. Nach Ansicht<br />

des Würzburger Universitätschirur-<br />

"Man wird nicht nur<br />

aufmerksam von den<br />

Versicherern, sondern auch<br />

von den Medien kritisch<br />

beäugt."<br />

Prof. Heinz-Joachim Gassei,<br />

Chirurg vom Evangelischen<br />

Krankenhaus Mühlheim<br />

an der Ruhr.<br />

gen Dr. Stephan Timm liegt in der<br />

mangelhaften Kommunikation die<br />

häufigste Ursache für Fehler in seinem<br />

Fach. So verweist er auf eine<br />

Studie aus den USA, nach der 70<br />

Prozent der Fehler mit schwerwiegenden<br />

Gesundheitsfolgen für die


Patienten in einem Kommunikations­<br />

desaster zu finden sind. Übergaben,<br />

Schichtwechsel und unklare Verantwortlichkeiten<br />

sind immer wieder<br />

Quellen von Missverständnissen und<br />

Verständigungsfehlern .<br />

Nach den neuesten Erkenntnissen<br />

der Fehlerforschung sind es neben<br />

den individuellen Ursachen vor allem<br />

Kommunikations- und Teamversa­<br />

gen, organisatorische Mängel und<br />

Defizite im Selbstverständnis der<br />

Organisation. die eine entscheidende<br />

Rolle beim Auftreten von Fehlern<br />

spielen.<br />

In den USA <strong>soll</strong>en medizinische<br />

Behandlungsfehler an achter Stelle<br />

der häufigsten Todesursachen stehen.<br />

Aus Australien stammt eine<br />

1992 durchgeführte Studie an über<br />

14.000 Patienten in 28 Kliniken.<br />

Resultat: In fast 17 Prozent der<br />

Fälle kam es bei der Aufnahme zu<br />

einem unerwünschten Ereignis, davon<br />

wurde die Hälfte als vermeidbar<br />

eingestuft und fünf von 100 gingen<br />

letal aus.<br />

Auch außerhalb der Krankenhaus­<br />

versorgung liegt einiges im Argen.<br />

So erbrachte eine prospektive Un­<br />

tersuchung an 18.000 Patienten in<br />

Großbritannien, dass fünf von 100<br />

nur deswegen ins Krankenhaus eingeliefert<br />

worden sind, weil ein Be­<br />

handlungsfehler eines niedergelassenen<br />

Arztes vorlag.<br />

<strong>Risikomanagement</strong> in der Medizin<br />

tut Not, im wahrsten Sinne des<br />

Wortes. Dass alle Schuld beim Indivi­<br />

duum zu suchen sei, ist eines der<br />

großen Missverständnisse der westlichen<br />

Kultur. "Wir betrachten einen<br />

Fehler in der Regel unter dem Aspekt<br />

der persönlichen Verantwortung",<br />

verweist Timm auf Webfehler ärztlicher<br />

Sozialisation. Wer aus Feh­<br />

lern lernen will, muss eine gänzlich<br />

andere Herangehensweise an Zwischenfälle<br />

erlernen.<br />

Dass die höchste Risikowahrschein­<br />

lichkeit und die höchste Fehlerrate<br />

auf Fehler in der Labordiagnostik zurückzuführen<br />

ist, so eine aktuelle<br />

Fehleranalyse aus dem Universitäts­<br />

klinikum Würzburg, habe ihn "doch<br />

sehr überrascht". gesteht Timm. In<br />

Würzburg wird derzeit ein "Früh­<br />

warnsystem" im Rahmen eines CIRS<br />

implementiert. Für Timm wäre es<br />

wünschenswert, wenn ein einheitli­<br />

ches <strong>Risikomanagement</strong>system nicht<br />

nur klinikindividuell, sondern lan­<br />

desweit eingeführt werden würde.<br />

Professor Heinz-Joachim Gassei.<br />

Chirurg vom Evangelischen Krankenhaus<br />

Mühlheim an der Ruhr. hat<br />

Qualvolles zu berichten. Sein neu errichtetes<br />

Darmzentrum befindet sich<br />

in einem Zertifizierungsverfahren,<br />

das ihm schwer zu schaffen macht.<br />

Der Aufwand sei "extrem hoch". Alle<br />

drei Monate muss er den Fortschritt<br />

überprüfen lassen. Das Krankenhaus<br />

selbst ist bereits zertifiziert, nun ist<br />

das organbezogene Zentrum dran.<br />

Und da man an das Zentrum be­<br />

nachbarte Rehabilitationszentren an­<br />

gebunden hat, muss die gesamte<br />

Strecke zertifiziert werden.<br />

Wer beispielsweise das <strong>Qualität</strong>szertifikat<br />

der Deutschen Gesellschaft für<br />

Viszeralchirurgie und der Deutschen<br />

Gesellschaft für Koloproktologie für<br />

ein "Kompetenz- und Referenzzen­<br />

trum für chirurgische Koloproktologie"<br />

erlangen will. wie es dem<br />

Prosper-Hospital in Recklinghausen<br />

gelungen ist, muss hart arbeiten. So<br />

müssen über 200 Darmteilresektio­<br />

nen. 500 Darmspiegelungen, 50<br />

Hämorrhoidenresektionen und 20<br />

plastischrekonstruktive Eingriffe pro<br />

Jahr nachgewiesen werden. Ähnliche<br />

Anforderungen stellt die Deutsche<br />

Krebsgesellschaft mit ihrem "Onko<br />

Zert".<br />

Warum aber setzen sich Gassei und<br />

sein Arbeitgeber dem Stress aus? "Es<br />

sind die großen Versicherer, die al­<br />

lenthalben drängen, dass Krankenhäuser<br />

ihre Prozesse und Strukturen<br />

beschreiben". nennt Gassei einen<br />

der Hauptgründe für den Zertifi­<br />

zierungsstress. Der Versicherer ver­<br />

spricht sich weniger Schadensfälle<br />

durch eine Zertifizierung im Sinne<br />

einer Risikoabwehr.<br />

Dabei. gesteht Gassei. werde man<br />

nicht nur aufmerksam von den Ver­<br />

sicherern, sondern auch von den<br />

Medien "kritisch beäugt". Somit<br />

wird über die Zertifizierung und<br />

ein Benchmark-System mit anderen<br />

Zentren eine Risikoverminderungs­<br />

strategie gefahren. Es muss nicht<br />

zwingend ein CIRS sein.<br />

Auch wenn Gassei einen gewissen<br />

Marketingeffekt nicht verschweigen<br />

will. so sei doch der ganze Umstand<br />

viel zu aufwändig und zu teuer, um<br />

eine Zertifizierung nur des Marketings<br />

wegen anzustreben. _<br />

Claus Schwing

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