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Risikomanagement soll Qualität sichern - MediClin

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Patienten in einem Kommunikations­<br />

desaster zu finden sind. Übergaben,<br />

Schichtwechsel und unklare Verantwortlichkeiten<br />

sind immer wieder<br />

Quellen von Missverständnissen und<br />

Verständigungsfehlern .<br />

Nach den neuesten Erkenntnissen<br />

der Fehlerforschung sind es neben<br />

den individuellen Ursachen vor allem<br />

Kommunikations- und Teamversa­<br />

gen, organisatorische Mängel und<br />

Defizite im Selbstverständnis der<br />

Organisation. die eine entscheidende<br />

Rolle beim Auftreten von Fehlern<br />

spielen.<br />

In den USA <strong>soll</strong>en medizinische<br />

Behandlungsfehler an achter Stelle<br />

der häufigsten Todesursachen stehen.<br />

Aus Australien stammt eine<br />

1992 durchgeführte Studie an über<br />

14.000 Patienten in 28 Kliniken.<br />

Resultat: In fast 17 Prozent der<br />

Fälle kam es bei der Aufnahme zu<br />

einem unerwünschten Ereignis, davon<br />

wurde die Hälfte als vermeidbar<br />

eingestuft und fünf von 100 gingen<br />

letal aus.<br />

Auch außerhalb der Krankenhaus­<br />

versorgung liegt einiges im Argen.<br />

So erbrachte eine prospektive Un­<br />

tersuchung an 18.000 Patienten in<br />

Großbritannien, dass fünf von 100<br />

nur deswegen ins Krankenhaus eingeliefert<br />

worden sind, weil ein Be­<br />

handlungsfehler eines niedergelassenen<br />

Arztes vorlag.<br />

<strong>Risikomanagement</strong> in der Medizin<br />

tut Not, im wahrsten Sinne des<br />

Wortes. Dass alle Schuld beim Indivi­<br />

duum zu suchen sei, ist eines der<br />

großen Missverständnisse der westlichen<br />

Kultur. "Wir betrachten einen<br />

Fehler in der Regel unter dem Aspekt<br />

der persönlichen Verantwortung",<br />

verweist Timm auf Webfehler ärztlicher<br />

Sozialisation. Wer aus Feh­<br />

lern lernen will, muss eine gänzlich<br />

andere Herangehensweise an Zwischenfälle<br />

erlernen.<br />

Dass die höchste Risikowahrschein­<br />

lichkeit und die höchste Fehlerrate<br />

auf Fehler in der Labordiagnostik zurückzuführen<br />

ist, so eine aktuelle<br />

Fehleranalyse aus dem Universitäts­<br />

klinikum Würzburg, habe ihn "doch<br />

sehr überrascht". gesteht Timm. In<br />

Würzburg wird derzeit ein "Früh­<br />

warnsystem" im Rahmen eines CIRS<br />

implementiert. Für Timm wäre es<br />

wünschenswert, wenn ein einheitli­<br />

ches <strong>Risikomanagement</strong>system nicht<br />

nur klinikindividuell, sondern lan­<br />

desweit eingeführt werden würde.<br />

Professor Heinz-Joachim Gassei.<br />

Chirurg vom Evangelischen Krankenhaus<br />

Mühlheim an der Ruhr. hat<br />

Qualvolles zu berichten. Sein neu errichtetes<br />

Darmzentrum befindet sich<br />

in einem Zertifizierungsverfahren,<br />

das ihm schwer zu schaffen macht.<br />

Der Aufwand sei "extrem hoch". Alle<br />

drei Monate muss er den Fortschritt<br />

überprüfen lassen. Das Krankenhaus<br />

selbst ist bereits zertifiziert, nun ist<br />

das organbezogene Zentrum dran.<br />

Und da man an das Zentrum be­<br />

nachbarte Rehabilitationszentren an­<br />

gebunden hat, muss die gesamte<br />

Strecke zertifiziert werden.<br />

Wer beispielsweise das <strong>Qualität</strong>szertifikat<br />

der Deutschen Gesellschaft für<br />

Viszeralchirurgie und der Deutschen<br />

Gesellschaft für Koloproktologie für<br />

ein "Kompetenz- und Referenzzen­<br />

trum für chirurgische Koloproktologie"<br />

erlangen will. wie es dem<br />

Prosper-Hospital in Recklinghausen<br />

gelungen ist, muss hart arbeiten. So<br />

müssen über 200 Darmteilresektio­<br />

nen. 500 Darmspiegelungen, 50<br />

Hämorrhoidenresektionen und 20<br />

plastischrekonstruktive Eingriffe pro<br />

Jahr nachgewiesen werden. Ähnliche<br />

Anforderungen stellt die Deutsche<br />

Krebsgesellschaft mit ihrem "Onko<br />

Zert".<br />

Warum aber setzen sich Gassei und<br />

sein Arbeitgeber dem Stress aus? "Es<br />

sind die großen Versicherer, die al­<br />

lenthalben drängen, dass Krankenhäuser<br />

ihre Prozesse und Strukturen<br />

beschreiben". nennt Gassei einen<br />

der Hauptgründe für den Zertifi­<br />

zierungsstress. Der Versicherer ver­<br />

spricht sich weniger Schadensfälle<br />

durch eine Zertifizierung im Sinne<br />

einer Risikoabwehr.<br />

Dabei. gesteht Gassei. werde man<br />

nicht nur aufmerksam von den Ver­<br />

sicherern, sondern auch von den<br />

Medien "kritisch beäugt". Somit<br />

wird über die Zertifizierung und<br />

ein Benchmark-System mit anderen<br />

Zentren eine Risikoverminderungs­<br />

strategie gefahren. Es muss nicht<br />

zwingend ein CIRS sein.<br />

Auch wenn Gassei einen gewissen<br />

Marketingeffekt nicht verschweigen<br />

will. so sei doch der ganze Umstand<br />

viel zu aufwändig und zu teuer, um<br />

eine Zertifizierung nur des Marketings<br />

wegen anzustreben. _<br />

Claus Schwing

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