Raubtierakzeptanz in der Schweiz: Erkenntnisse aus ... - Waldwissen
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298 Stephan Wild-Eck, Willi Zimmermann<br />
thesen über die Bedeutung <strong>der</strong> direkten und <strong>in</strong>direkten Betroffenheit nicht bestätigen. E<strong>in</strong><br />
dritter <strong>in</strong>teressanter Fragenkomplex wäre <strong>der</strong> Korrelation zwischen Wissen und Wahrnehmungen/E<strong>in</strong>stellungen<br />
zu widmen. In <strong>der</strong> vorliegenden Analyse konnte e<strong>in</strong> positiver<br />
Zusammenhang zwischen formaler Bildung und <strong>Raubtierakzeptanz</strong> aufgedeckt werden.<br />
Ke<strong>in</strong>e Antwort kann auf die Frage gegeben werden, welchen E<strong>in</strong>fluss das Wissen über die<br />
Raubtiere auf <strong>der</strong>en Akzeptanz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung hat. Konkret geht es darum her<strong>aus</strong>zuf<strong>in</strong>den,<br />
ob und <strong>in</strong>wiefern sich das <strong>in</strong>dividuelle Urteil durch e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung beim Wissen<br />
bee<strong>in</strong>flussen lässt und welche kognitiv <strong>aus</strong>gerichteten Informationsstrategien allenfalls<br />
gruppenspezifisch o<strong>der</strong> gesamtbevölkerungsbezogen Erfolg versprechen können. Die<br />
Beantwortung dieser Frage muss für alle jene von grossem Interesse se<strong>in</strong>, die vor allem mit<br />
dem Mittel <strong>der</strong> Information die Bevölkerung o<strong>der</strong> bestimmte Bevölkerungsgruppen für<br />
o<strong>der</strong> gegen die Duldung <strong>der</strong> Wildtiere bee<strong>in</strong>flussen wollen. E<strong>in</strong> viertes, sehr breites Themenfeld<br />
betrifft die unterschiedlichen mehr o<strong>der</strong> weniger direkt betroffenen o<strong>der</strong> sich durch die<br />
genannten Raubtiere für betroffen haltenden Interessengruppen. Dabei wäre es gen<strong>aus</strong>o<br />
<strong>in</strong>teressant, <strong>der</strong>en genaue Ansichten zu den Tieren zu kennen, wie es auch <strong>in</strong>teressant wäre,<br />
<strong>der</strong>en Glaubwürdigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung und gegenseitige Wertschätzung zu ermitteln.<br />
Die Intensität, mit <strong>der</strong> über Se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Nichtse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wildtiere <strong>in</strong> vergangenen Jahren <strong>in</strong> den<br />
Medien berichtet wurde, lässt erwarten, dass die Beantwortung dieser und ähnlicher Forschungsfragen<br />
auch <strong>in</strong> Zukunft auf e<strong>in</strong> breites Interesse stossen wird.<br />
5 Zusammenfassung<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>es Forschungsauftrages haben die Professur Forstpolitik und Forstökonomie<br />
<strong>der</strong> ETH Zürich und das Institut für Soziologie <strong>der</strong> Universität Bern im Herbst 1997 e<strong>in</strong>e<br />
repräsentativ angelegte Telefonbefragung zum Thema «Erkennen <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Ansprüche an den <strong>Schweiz</strong>er Wald» durchgeführt. Dabei wurden die Interviewten auch mit<br />
<strong>der</strong> Frage konfrontiert, «ob <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> Wildtiere wie <strong>der</strong> Luchs, <strong>der</strong> Wolf o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bär<br />
bei ihrer E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung geduldet werden sollen». Die Auswertung <strong>der</strong> Antworten hat zu<br />
teilweise neuen <strong>Erkenntnisse</strong>n und überraschenden Ergebnissen geführt. Gemäss <strong>der</strong> vorliegenden<br />
Umfrage ist die <strong>Schweiz</strong>er Bevölkerung zur Zeit zwar mehrheitlich eher raubtierfreundlich<br />
e<strong>in</strong>gestellt. Sowohl h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Raubtierarten als auch h<strong>in</strong>sichtlich<br />
e<strong>in</strong>zelner Bevölkerungsgruppen können jedoch erhebliche Unterschiede festgestellt werden.<br />
E<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Beliebtheit erfreut sich dabei <strong>der</strong> Luchs (rund Dreiviertel <strong>der</strong><br />
Befragten s<strong>in</strong>d für dessen Duldung), während bei Wolf und Bär noch nicht von e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen<br />
Akzeptanz gesprochen werden kann (nur knappe Mehrheiten für Duldung). Bei den<br />
Bevölkerungsgruppen nehmen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die italienisch Sprechenden, die Umweltbewussten<br />
o<strong>der</strong> die älteren Personen e<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>stellung e<strong>in</strong>. Im Gegensatz vor allem zu den<br />
über 50jährigen erweisen sich die Italienischsprachigen und die Umweltbewussten als<br />
beson<strong>der</strong>s raubtierfreundlich. Auch zeigt sich e<strong>in</strong>e grössere Raubtierfreudnlichkeit <strong>der</strong><br />
Männer im Vergleich zu den Frauen. Demgegenüber s<strong>in</strong>d beispielsweise zwischen Stadtund<br />
Landbewohnerschaft ke<strong>in</strong>e und zwischen alp<strong>in</strong>er- und nichtalp<strong>in</strong>er Bevölkerung mit<br />
Ausnahme des Luchses ke<strong>in</strong>e wesentlichen Me<strong>in</strong>ungsunterschiede festzustellen.<br />
Die vorliegende Untersuchung liefert erste Erklärungsansätze für e<strong>in</strong>ige unterschiedliche<br />
E<strong>in</strong>stellungsmuster o<strong>der</strong> für fehlende Unterscheidungen, aber ke<strong>in</strong>e abschliessenden<br />
Erklärungen. Sie kann für die Formulierung von Hypothesen o<strong>der</strong> von weiteren Forschungsfragen<br />
im Zusammenhang mit <strong>der</strong> aktuellen Diskussion um die <strong>Raubtierakzeptanz</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> verwendet werden. Dazu gehört beispielsweise <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss von Wissen, von<br />
sprachlich-kulturellen S<strong>in</strong>ngehalten, von Geschlechtsmerkmalen o<strong>der</strong> von Betroffenheit auf<br />
die Bereitschaft zur Duldung von vorhandenen o<strong>der</strong> neu e<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>nden Raubtieren.