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Praktischer Teil - CNLPA

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing<br />

Ein Seminarkonzept<br />

Mario Giesel<br />

NLP Master-Arbeit<br />

an der<br />

bei Klaus Grochowiak<br />

in Taunusstein / Hahn<br />

April 2008<br />

1


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Einleitung...............................................................................................................................3<br />

1 Theoretischer <strong>Teil</strong> ..........................................................................................................4<br />

1.1 Relevanz von Reframings......................................................................................4<br />

1.2 Inhalts-Reframing (content reframing) bei Bandler & Grinder.............................4<br />

1.2.1 Reframing als Zusammenhangsstiftung.........................................................4<br />

1.2.2 Rollen im Reframing-Prozess........................................................................7<br />

1.2.3 Frame als Kontext..........................................................................................8<br />

1.2.4 Ereignis, Kontext, Konstellation....................................................................8<br />

1.2.5 Frame als innerer Kontext............................................................................10<br />

1.2.6 Reframing in der Umgangssprache..............................................................10<br />

1.2.7 Reframe als Antithese des Frame ................................................................11<br />

1.2.8 Reframing-Modelle......................................................................................11<br />

1.2.9 Bedeutungs-Reframing (meaning reframing): Abdrücke auf dem Teppich 11<br />

1.2.10 Manöver beim Bedeutungs-Reframing........................................................12<br />

1.2.11 Kontext-Reframing (context reframing): Die sture Tochter........................13<br />

1.2.12 Kontextsuche ...............................................................................................13<br />

1.2.13 Vergleich zwischen Bedeutungs- und Inhalts-Reframing ...........................14<br />

1.2.14 Weitere Beispiele Bandler & Grinders zum Inhaltlichen Reframing ..........15<br />

1.2.15 Pacing, Leading, Kongruenz........................................................................15<br />

1.2.16 Erfolgsindikatoren .......................................................................................16<br />

1.2.17 Übung Kontext- und Bedeutungs-Reframing..............................................16<br />

1.2.18 Wohlgeformtheit..........................................................................................17<br />

1.2.19 Modell der Welt...........................................................................................17<br />

1.2.20 Richtung des Reframing ..............................................................................18<br />

1.2.21 Parallele zum Meta-Modell .........................................................................19<br />

1.2.22 Funktion der Verwirrung .............................................................................19<br />

1.2.23 Ökologie.......................................................................................................19<br />

1.3 Inhaltliches Reframing bei Robert Dilts ..............................................................19<br />

1.3.1 Frame ...........................................................................................................20<br />

1.3.2 Strategie beim Reframing ............................................................................21<br />

1.3.3 Die Definition von Reframing bei Dilts ......................................................22<br />

1.3.4 Kontext-Reframing bei Dilts .......................................................................22<br />

1.3.5 Bedeutungs-Reframing bei Dilts .................................................................23<br />

1.3.6 Fünf Sleight-of-Mouth-Muster des Inhaltlichen Reframings ......................24<br />

1.4 Ergänzungen und Präzisierungen.........................................................................25<br />

1.4.1 Über den Bedeutungsbegriff bei Bandler und Grinder................................25<br />

1.4.2 Komplexe Äquivalenz .................................................................................26<br />

1.4.3 Kontext- vs. Bedeutungs-Reframing ...........................................................30<br />

1.4.4 Ereignisse.....................................................................................................31<br />

1.4.5 Nonverbales Reframing ...............................................................................31<br />

1.5 Systematik des Inhalts-Reframing.......................................................................31<br />

2 <strong>Praktischer</strong> <strong>Teil</strong> ............................................................................................................35<br />

2.1 Seminarinhalte .....................................................................................................35<br />

2.2 Unterweisungsmethoden......................................................................................45<br />

2.3 Unterweisungsmittel ............................................................................................48<br />

Abbildungen.........................................................................................................................49<br />

Zitate ....................................................................................................................................49<br />

Literatur ...............................................................................................................................50<br />

Kontakt.................................................................................................................................50<br />

2


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Einleitung<br />

Bandler & Grinder (1982) geben ein mögliches Modell vor, wie das Inhaltliche Reframing<br />

im Seminarkontext vermittelt werden kann. Dem Leser offenbart sich ein plaudernder Seminarleiter,<br />

der auf Basis seines reichhaltigen Erfahrungsschatzes, einer zupackenden Persönlichkeit<br />

sowie allerlei rhetorischer Stilmittel (z.B. Überzeichnung, Polemisierung, Provokation,<br />

Geschichten einflechten, plötzliche Themenwechsel) seine Zuhörer in den Bann<br />

schlägt und bei Laune hält. Gelegentlich mag man sich fragen: Ist es möglich, die Person<br />

des Seminarleiters ein Stück weit in den Hintergrund treten zu lassen – zugunsten einer<br />

stärkeren Fokussierung auf die Systematik der Lerninhalte? Dies würde entlastend auf den<br />

Trainer wirken und die Aufmerksamkeit der <strong>Teil</strong>nehmer auf das eigentliche inhaltliche<br />

Thema bündeln helfen. Das Programm in Kurzform sieht in etwa so aus:<br />

Jemand framt ein Ereignis, eine Empfindung. Der im benutzten Frame sich entfaltende<br />

Sinnzusammenhang missfällt ihm und veranlasst ihn zu einer Klage bzw. Beschwerde.<br />

Diese enthält zumindest eine Behauptung. Wir ermitteln die relevante(n) Behauptung(en)<br />

der Klage. Wir ermitteln ferner, ob die Klage dem Verlangen entspringt, ein Leiden zum<br />

Ausdruck zu bringen, das der Klagende lieber nicht hätte. Wir schließen also etwa das kokettierende<br />

oder ironische Klagen als nicht interventionsbedürftig aus. Die kritische Behauptung<br />

wird nun nach gebotener Pacing-Sequenz nicht frontal auf die Hörner genommen<br />

("Das stimmt doch nicht"). Stattdessen wird sie entweder mittels kreativem Austausch des<br />

Inhalts einem Sinnwechsel zugeführt bzw. umgedeutet ("Das bedeutet …" - Bedeutungs-<br />

Reframing) oder in einen Kontext verlegt, der die (neue) Implikation der Behauptung<br />

nunmehr als erstrebenswert oder zumindest angemessen erscheinen lassen (Kontext-<br />

Reframing). Die ursprüngliche "negative" Implikation der Behauptung wird damit in beiden<br />

Fällen entkräftet, indem eine alternative Implikation angeboten wird, die a) mindestens<br />

ebenso überzeugend ist und b) bisher übersehen wurde: Das Leiden erlischt, die Klage verstummt.<br />

Die vorliegende Arbeit soll sich der Frage widmen, wie das Inhaltliche Reframing im<br />

Rahmen eines ein- bis zweitägigen Seminars auf systematische Weise gelehrt und gelernt<br />

werden kann. Im ersten <strong>Teil</strong> der Arbeit wird zunächst der wesentliche theoretische Hintergrund<br />

aufgerollt, wie er sich bei Bandler und Grinder (1982) und Dilts (2001) darstellt. Wo<br />

begriffliche Präzisierungen erforderlich erscheinen oder weiterführende Überlegungen u.<br />

E. interessant und wichtig genug sind, sollen ergänzende Erörterungen angeboten werden.<br />

Als Synthese soll sich eine Auflistung und pointierte Erklärung der wesentlichen Elemente<br />

eines inhaltlichen Reframing ergeben.<br />

Im zweiten, praktischen <strong>Teil</strong> soll ein nach 17 Lerneinheiten gegliedertes thematisches<br />

Konzept (Seminarinhalte) entwickelt und die Struktur eines Seminars (Unterweisungsmethoden<br />

und Unterweisungsmittel) vorgestellt werden. Besondere Bedeutung werden dabei<br />

praxisnahe Beispiele einnehmen, an denen der Übende sich erproben kann und mögliche<br />

Lösungen demonstriert werden.<br />

Adressaten dieser Arbeit sind insbesondere NLP-Trainer und NLP-Lehrende, aber auch<br />

sonstige Interessenten, die sich im Selbststudium kundig machen wollen.<br />

3


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

1 Theoretischer <strong>Teil</strong><br />

Die Inhalte des im praktischen <strong>Teil</strong> vorzustellenden Seminarkonzepts sollen in einem vorangehenden<br />

theoretischen <strong>Teil</strong> eingegrenzt und präzisiert werden.<br />

1.1 Relevanz von Reframings<br />

Inwiefern kann Reframing von Nutzen sein? Reframings erweitern unser Handlungsrepertoire<br />

- sowohl das des Coaches als auch das des Gecoachten (Coachee). Eine Vorannahme<br />

des NLP besagt, dass es besser sei, eine Wahl zu haben als keine Wahl zu haben (Grochowiak,<br />

1996). Nach dem Gesetz der erforderlichen Vielfalt ist in einer Interaktion derjenige<br />

mit dem größten Variationsbereich auch der Kontrollierende der Situation (Bandler &<br />

Grinder, 2001; Grochowiak, 1996). Schließlich besagt eine dritte Vorannahme, dass es für<br />

jedes Verhalten einen Kontext gebe, in dem es nützlich und sinnvoll ist. Ferner, dass Neukontextualisierung<br />

des Verhaltens eine der wichtigsten NLP-Interventionen sei (Grochowiak,<br />

ebd.). Sofern wir es in unseren privaten oder beruflichen Rollen als erstrebenswert erachten,<br />

flexibel mit Herausforderungen umzugehen oder Andere in die Lage zu versetzen,<br />

dieses zu tun, gehört Reframing somit in unser Kommunikationsrepertoire.<br />

1.2 Inhalts-Reframing (content reframing) bei Bandler & Grinder<br />

In diesem Abschnitt werden die Grundzüge des inhaltlichen Reframings entwickelt, wie es<br />

sich bei Bandler & Grinder (2000) darstellt.<br />

1.2.1 Reframing als Zusammenhangsstiftung<br />

Bandler & Grinders (1982) grundlegende Untersuchung über das Reframing kann inzwischen<br />

als Klassiker der NLP-Literatur bezeichnet werden. Sie bietet Orientierungshilfe für<br />

jeden NLP-Schüler, der sich tiefer gehend mit dem Thema "Inhalts-Reframing" befassen<br />

will. Das Buch liegt inzwischen als 7. Auflage in deutscher Übersetzung vor (Bandler &<br />

Grinder, 2000) und soll hier der Lesbarkeit der Zitate wegen überwiegend herangezogen<br />

werden. Wo die Übersetzung zu sinnabweichenden Formulierungen führt bzw. Interpretationsspielraum<br />

eröffnet, wird der Originaltext herangezogen.<br />

Steigen wir diskursiv in die Entwicklung des Reframing-Verständnisses ein. Bandler &<br />

Grinder (ebd.) selbst halten sich nicht lange mit Definitionsfragen oder Begriffsklärungen<br />

auf. Es gibt eine von Connirae und Steve Andreas geschriebene Einführung in die Bedeutung<br />

des Begriffes 'Reframing', die man als intuitiv bezeichnen könnte. Sie beginnen mit<br />

einer chinesischen Tao-Geschichte (siehe Abb. 1).<br />

Eine sehr alte chinesische Taogeschichte erzählt von einem Bauern in einer sehr armen<br />

Dorfgemeinschaft. Man hielt ihn für gut gestellt, denn er besaß ein Pferd, mit dem er pflügte<br />

und Lasten beförderte. Eines Tages lief sein Pferd davon. All seine Nachbarn riefen, wie<br />

schrecklich das sei, aber der Bauer meinte nur, "vielleicht". Ein paar Tage später kehrte das<br />

Pferd zurück und brachte zwei Wildpferde mit. Die Nachbarn freuten sich alle über sein<br />

günstiges Geschick, aber der Bauer sagte nur, "vielleicht". Am nächsten Tag versuchte der<br />

Sohn des Bauern, eines der Wildpferde zu reiten; das Pferd warf ihn ab, und er brach sich<br />

ein Bein. Die Nachbarn übermittelten ihm all ihr Mitgefühl für dieses Missgeschick, aber<br />

der Bauer sagte wieder "vielleicht".<br />

4


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

In der nächsten Woche kamen Rekrutierungsoffiziere ins Dorf, um die jungen Männer zur<br />

Armee zu holen. Den Sohn des Bauern wollten sie nicht, weil sein Bein gebrochen war.<br />

Als die Nachbarn ihm sagten, was für ein Glück er hat, antwortete der Bauer, "vielleicht"<br />

…<br />

Abbildung 1: Parabel vom chinesischen Bauern (Bandler & Grinder, 2000, S.13)<br />

Ein Bauer erfährt demnach eine Reihe von Geschicken, die von seinen Nachbarn direkt<br />

einmal als Glück und einmal als Pech interpretiert werden. Der Bauer indessen weist diese<br />

Interpretationsergebnisse zurück bzw. relativiert sie jeweils mit dem Wörtchen „vielleicht“.<br />

Nach dieser Metapher erläutern die Autoren:<br />

Die Bedeutung, die ein Ereignis hat, hängt ab von dem "Rahmen", in dem wir es<br />

wahrnehmen. Verändern wir den Rahmen, so verändern wir die Bedeutung. Zwei<br />

wilde Pferde zu haben, ist eine gute Sache, solange man sie nicht im Zusammenhang<br />

mit dem gebrochenen Bein des Sohnes sieht. Das gebrochene Bein scheint<br />

etwas Schlechtes im Zusammenhang mit dem friedlichen Dorfleben; aber im Zusammenhang<br />

von Rekrutierung und Krieg wird es plötzlich etwas Gutes. Das wird<br />

"Reframing" genannt: man wechselt den Rahmen, in dem ein Mensch Ereignisse<br />

wahrnimmt, um die Bedeutung zu verändern. Wenn sich die Bedeutung verändert,<br />

verändern sich auch die Reaktionen und Verhaltensweisen des Menschen.<br />

Zitat 1: Bandler & Grinder, 2000, S. 13<br />

Die chinesische Geschichte, verbunden mit den Erläuterungen der Autoren, gibt bereits<br />

einigen Aufschluss über das Reframing-Verständnis der Autoren. Zunächst ist zu bemerken,<br />

dass das Wort „Rahmen“ in Anführungszeichen gesetzt ist. Dies scheint darauf hinzuweisen,<br />

dass der Begriff nicht in einem wörtlichen Sinne zu nehmen ist, sondern vielmehr<br />

in einer übertragenen, metaphorischen Bedeutung. Gelegentlich wird das bekannte<br />

Bild mit den drei Fischen herangezogen, um das Konzept „Reframing“ zu erläutern (vgl.<br />

z.B. Dilts 2001, 2003, siehe Abb. 2).<br />

Abbildung 2: Frame-Metapher nach Dilts (2003)<br />

Zum Bild der drei Fische mit unterschiedlichen Rahmen sagt Dilts (2001):<br />

Die hier dargestellte Situation … (ist) eine gute Metapher sowohl für den Prozess<br />

psychologischen Reframings als auch für seinen Zweck. Menschen geraten häufig<br />

in die Situation des kleinen und des mittleren Fischs. Entweder sind sie sich wie der<br />

kleine Fisch einer aktuellen Bedrohung, die in ihrer Umgebung lauert, nicht bewusst,<br />

oder sie sind wie der mittlere Fisch so auf ein bestimmtes Resultat fixiert,<br />

dass sie eine sich nähernde Krise nicht bemerken. Das Paradox der Situation des<br />

5


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Fischs in der Mitte ist, dass er seine Aufmerksamkeit so sehr auf ein bestimmtes,<br />

der Sicherung seines Überlebens dienendes Verhalten konzentriert, dass er eben<br />

dieses Überleben auf andere Weise gefährdet. Reframing ermöglicht uns, das 'größere<br />

Bild' zu sehen, wodurch wir adäquatere Entscheidungen treffen und effizienter<br />

handeln können.<br />

Zitat 2: Dilts, 2001, S. 37<br />

Diese Zeichnung scheint zunächst nahezulegen, dass der Begriff des Rahmens wörtlich zu<br />

nehmen sei in dem Sinne, dass der gewählte Betrachtungsauschnitt aus der Gesamtwirklichkeit<br />

den „Rahmen“ ausmache (Ausschnitts-Theorie). Dilts (2001) erklärt jedoch selbst,<br />

dass dieses Bild lediglich eine "geeignete Metapher" darstelle, um Reframing zu verstehen.<br />

Der Rahmen eines Gemäldes ist eine gute Metapher für das Verständnis des Reframing-Konzepts<br />

und -Prozesses. Je nachdem, wie ein Bild gerahmt wird, verfügen<br />

wir über unterschiedliche Information hinsichtlich seines Inhalts, und somit ist auch<br />

unsere Wahrnehmung dessen, was ein Bild darstellt, eine andere.<br />

Zitat 3: Dilts, 2001, S. 36<br />

Im Zitat 1 scheint „Rahmen“ mit „Zusammenhang“ gleichgesetzt zu werden (Zusammenhangs-Theorie):<br />

(a) Zwei wilde Pferde „im Zusammenhang“ mit dem gebrochenen Bein<br />

(b) Das gebrochene Bein „im Zusammenhang“ mit dem friedlichen Dorfleben<br />

(c) Das gebrochene Bein „im Zusammenhang“ von Rekrutierung und Krieg<br />

Wenn ich demnach den Rahmen wechsle, dann tausche ich den Zusammenhang aus, in<br />

dem ich ein Ereignis wahrnehme bzw. erlebe. Was mit „Zusammenhang“ gemeint sein<br />

kann, soll an späterer Stelle noch erörtert werden.<br />

Noch eine weitere interessante Information steckt im ersten Zitat. Die Bedeutung, die ein<br />

Ereignis verliehen bekommt, soll vom „Rahmen“ bzw. Zusammenhang abhängen, in dem<br />

es wahrgenommen wird. Die Bedeutung aber beeinflusst wiederum die Reaktionen und<br />

Verhaltensweisen des Menschen. Formal lässt sich das so reduzieren:<br />

(1) Verhalten bzw. Erleben = f(Bedeutung(Ereignis))<br />

(2) Bedeutung(Ereignis) = f(Zusammenhang)<br />

mit f = "Funktion von".<br />

Doch wie soll die Bedeutung eines Ereignisses aus seinem Zusammenhang erwachsen? Ist<br />

es denkbar, dass aus Ereignis und Zusammenhang keinerlei Bedeutung entsteht? Wird Bedeutung<br />

nach Abstecken von Ereignis und Zusammenhang zugewiesen oder implizieren<br />

die Zuweisungen „Ereignis“ und „Zusammenhang“ bereits eine Bedeutungsdimension, die<br />

Verhalten und Erleben direkt beeinflusst?<br />

6


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Mit anderen Worten: Ist es so, dass die Bedeutung ein bestimmtes Werturteil nahe legt und<br />

dieses Werturteil wiederum Erlebens- und Verhaltensweisen hervorruft? Oder ist die Bedeutung<br />

selbst das Werturteil? In diesem Falle wäre eine Untersuchung darüber lohnend,<br />

inwieweit das Werturteil durch den Zusammenhang prädestiniert wird und aufgrund welcher<br />

Gesetzmäßigkeiten es zum Motor für Verhalten und Erleben aufsteigen kann. Im<br />

Rahmen dieser Arbeit kann die Beantwortung dieser philosophischen Frage sicherlich<br />

nicht geleistet werden. Die Frage, wo das Werturteil entsteht, soll an späterer Stelle nochmals<br />

aufgegriffen werden.<br />

1.2.2 Rollen im Reframing-Prozess<br />

Hinsichtlich der chinesischen Geschichte wäre noch zu klären, wer den neuen Zusammenhang<br />

(Reframe) herstellt und wer vom Reframing profitiert (Akteur und Rezipient, vgl. ab<br />

hier Abb. 3). Es gibt zumindest zwei Interpretationsmöglichkeiten. Zum einen kann die<br />

„reframende“ Person mit dem Empfänger des Reframing identisch sein. Das würde bedeuten,<br />

dass die Nachbarn durch das faktische Erfahren neuer Zusammenhänge von selbst<br />

darauf kommen, die Situation in einem neuen Rahmen zu betrachten. Der ursprüngliche<br />

Frame – mit günstiger oder ungünstiger Bedeutung – wird unter dem Eindruck des neuen<br />

Frames autonom ausgewechselt (Frame intern, Reframe intern aus Sicht der Nachbarn).<br />

Zum anderen kann der von den Nachbarn vorgegebene Frame ein Reframing erfahren<br />

durch den Vater, der weise die möglichen Implikationen internal vorwegnimmt (ohne sie<br />

zu benennen), nachdem er die Framings vernommen hat. Der Frame käme also von extern,<br />

der Reframe von intern aus Sicht des Vaters.<br />

Allgemein betrachtet kann eine Person im Kontext eines Reframing-Prozesses zumindest<br />

vier bis fünf Rollen einnehmen, je nachdem, wo welcher Prozess abläuft.<br />

(a) Finden beide Framing-Prozesse intern statt, so füllt er zumindest kurzzeitig die Rolle<br />

des „Erleuchteten“ aus, da er einen Framewechsel vorgenommen hat, der ihn irgendwie<br />

weiterbringt.<br />

(b) Wird ein selbst geschaffener Frame durch eine externe Instanz erfolgreich ins Wanken<br />

gebracht, so befindet sich die Person in der Rolle des Coachee, da er gewissermaßen als<br />

Schüler eines diesbezüglich Weiseren (oder Flexibleren) auftritt.<br />

(c) Bringt hingegen er einen Reframe zustande, der den Frame eines anderen zu relativieren<br />

vermag, dann befindet er sich in der Rolle des Coaches, da er diesem erfolgreich eine<br />

neue Sichtweise aufgezeigt hat. Eine kleine Variation dieses letzteren Falls besteht darin,<br />

dass der Reframe lediglich dazu benutzt wird, die eigene Weltsicht fortzuentwickeln, ohne<br />

den Reframe öffentlich kund zu tun. Vielleicht könnte man in diesem Falle auch sagen,<br />

dass er sich selbst coacht. Andernfalls mag die Rolle des Weisen passen, da er seine eigene<br />

Lebensklugheit erweitert.<br />

(d) Schließlich bleibt die Rolle des Beobachters übrig, bei der aus Sicht der Person sowohl<br />

Framing als auch Reframing extern geschehen und öffentlich gemacht werden. Dieser Fall<br />

dürfte eine interessante Variante der Reframing-Unterweisung sein, nimmt sie doch in unserem<br />

alltäglichen Zusammenleben eine bedeutende Stellung ein. Wenn wir Kindern ein<br />

Märchen erzählen, Erwachsenen einen Film zeigen oder generell eine Metapher zum Besten<br />

geben, dann steckt oftmals die Moral darinnen, dass die Dinge vielfach nicht so sind<br />

wie sie scheinen. Der „richtige Zusammenhang" zeigt sich erst bei genauerem Hinsehen.<br />

7


Framing<br />

Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Reframing<br />

Intern Extern<br />

Intern Erleuchteter Coachee<br />

Extern Coach / Weiser Beobachter<br />

Abbildung 3: Rollen im Prozess zwischen Framing und Reframing<br />

An dieser Stelle ließe sich die Frage stellen, ob hier tatsächlich ein Alles-oder-Nichts-<br />

Gesetz gelten soll: "Entweder der Reframe überzeugt - dann akzeptiert man ihn und verwirft<br />

die erste Meinung - oder er überzeugt nicht. In letzterem Fall bleibt das Gesagte irrelevant.<br />

Ist es so gedacht?" Definitiv nein. Der Reframe eröffnet lediglich zusätzliche Denk-<br />

bzw. Handlungsspielräume. Die alte Sichtweise bleibt als Ressource erhalten und kann bei<br />

Bedarf erneut verwendet werden. Allerdings wird sie nicht mehr "automatisch" verwendet.<br />

1.2.3 Frame als Kontext<br />

Andreas & Andreas (ebd.) nehmen noch eine Reihe von Ergänzungen vor, die das Reframing-Konzept<br />

griffiger machen sollen. So heißt es in der Einleitung weiter:<br />

In der allgemeinen Kommunikationstheorie gibt es das grundlegende Axiom, dass<br />

ein Signal lediglich in dem Rahmen bzw. Kontext, in dem es auftaucht, Bedeutung<br />

hat. Der Klang knirschender Schuhe auf einem belebten Gehweg ist von geringer<br />

Bedeutung; das gleiche Geräusch vorm Fenster, wenn man allein im Bett liegt, bedeutet<br />

etwas völlig anderes.<br />

Zitat 4: Bandler & Grinder, 2000, S. 14<br />

Zwei Informationen erscheinen hier bemerkenswert. Erstens wird „Rahmen“ (engl.: "frame")<br />

synonym mit „Kontext“ verwendet. Was unter Kontext zu verstehen ist, wird aus den<br />

beiden Beispielen deutlicher. Im ersten Beispiel bildet der belebte Gehweg den Kontext,<br />

im zweiten ein Ort vor dem Fenster meines Schlafzimmers, während ich im Bett liege.<br />

Beide Male sind die knirschenden Schuhe das Ereignis (Signal), das unter Zuhilfenahme<br />

des Kontextes bewertet wird. Dass Frame und Reframe mit Kontext synonym verwendet<br />

wird, zeigt sich auch an späterer Stelle:<br />

Framing ist ein anderes Wort für Kontextualisierung, und Reframing ist Rekontextualisierung.<br />

Zitat 5: Bandler & Grinder, 2000, S. 210<br />

Kritisch zum Sprachgebrauch anzumerken wäre hier die Reservierung desselben Begriffes<br />

"Kontext" für unterschiedliche Inhalte, die den inhaltlichen Zugang erschweren. Einerseits<br />

wird Kontext im Sinne eines Frames im Allgemeinen definiert, andererseits wird an späterer<br />

Stelle das Kontext-Reframing (context reframing) als ein Unterfall des Inhaltlichen<br />

Reframings vorgestellt werden. Offensichtlich ist im letzteren Fall "Kontext" in anderem<br />

Sinne zu verstehen, will man nicht über die tiefere Bedeutung von "Kontext-<br />

Neukontextualisierung" nachdenken.<br />

1.2.4 Ereignis, Kontext, Konstellation<br />

Bedeutet demnach „Kontext“ (i.S.v. "Frame") das Ereignis bzw. Ereignisgeflecht, in das<br />

ein Einzelereignis eingebunden ist bzw. mit dem es gemeinsam zeitnah abläuft? Versuchen<br />

8


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

wir einmal, das Beispiel mit den knirschenden Schuhen anders zu betrachten. Es sei mein<br />

Liegen im Bett das Ereignis, während das Knirschen von Schuhen und das sich Fernhalten<br />

anderer Geräusche den Kontext darstellen. Spüren wir dieser Szene innerlich nach, dann<br />

bemerken wir, dass die Bedeutung für uns nicht ganz dieselbe ist wie vor dem Ereignis-<br />

Kontext-Tausch. Vor dem Tausch wurde das Knirschen der Schuhe bewertet, nach dem<br />

Tausch das Liegen im Bett. Wir fragen uns einmal, was das Schlürfen der Schuhe zu bedeuten<br />

hat, das andere Mal, was das Im-Bett-Liegen zu bedeuten hat. Der Fokus ist ein<br />

anderer, obgleich die Konstellation identisch ist. Mit Konstellation soll hier die Gesamtsituation,<br />

gebildet aus allen stattfindenden Ereignissen (Tatsachen), bezeichnet werden (vgl.<br />

Abb. 4).<br />

Ausgeblendetes (Irrelevante / unbekannte Ereignisse)<br />

Kontext (Relevante Nebenereignisse)<br />

Ereignis (Relevantes Hauptereignis)<br />

Abbildung 4: Ereignis, Kontext und Ausgeblendetes bilden die Konstellation<br />

Übrigens ist bemerkenswert, dass ‚Bedeutung’ im Zitat 4 als quantitative Größe der Intensität<br />

eingeführt wird: es wird die (hohe) Bedeutung der "geringen" Bedeutung (engl.: "little<br />

meaning") gegenübergestellt. Da dies im Kontext weiterer (qualitativer) Bedeutungsverständnisse<br />

zur Verwirrung beitragen könnte - z.B. ist der Begriff "Bedeutungs-Reframing"<br />

(meaning reframing) nicht quantitativ gemeint - wollen wir in dieser Arbeit für diesen<br />

quantitativen Bedeutungsbegriff den Begriff "Relevanz" verwenden und von der hohen<br />

bzw. niedrigen Relevanz eines Ereignisses sprechen.<br />

Doch zurück zur Konstellation. Die allermeisten Ereignisse einer Konstellation werden als<br />

nicht relevant ausgeblendet. So mag das Ticken des Weckers auf dem Nachttisch als irrelevant<br />

ausgeblendet oder erst gar nicht wahrgenommen werden und für die Kontextdefinition<br />

folglich unberücksichtigt bleiben. Akzeptiert man diese Unterscheidungen, dann könnte<br />

Kontext als ein Ereignis oder Ereignisgeflecht aufgefasst werden, das einen als relevant<br />

bewerteten Zusammenhang mit einem Hauptereignis aufweist. Hauptereignis und Kontext<br />

zusammen aber bilden den Stimulus, auf den der Framegebende reagiert.<br />

Die zweite bemerkenswerte Information des obigen Zitates 4 ist die vorgenommene Unterscheidung<br />

zwischen geringer und hoher („ganz anderer“) Bedeutung bzw. Relevanz. Was<br />

kann damit gemeint sein? Es könnte gemeint sein, dass eine hohe Bedeutung vorliegt,<br />

wenn ein möglicher oder tatsächlicher Einfluss auf mein Leben bevorsteht, der ein hohes<br />

Maß an Involvement impliziert. Wenn es uns anrührt, hat es eine hohe Relevanz, weil es<br />

etwas in uns oder in unserem Leben "dramatisch" verändert. Lässt es uns eher indifferent,<br />

hat es eine geringe Relevanz, weil keine erheblichen Umstrukturierungen anstehen.<br />

Damit ist das Problem freilich nur verlagert, denn was ist schließlich das Wesen des Involvements?<br />

Zum einen ist festzustellen, dass es Naturelle gibt, die Veränderungen gegenüber<br />

in bestimmten Bereichen generell eher ablehnend gegenüberstehen (Metaprogramm ‚Sameness’).<br />

Zum anderen können Umstrukturierungen sowohl als erwünscht als auch als<br />

unerwünscht bewertet werden, wodurch Involvement entsteht. Es liegt demnach nahe, dass<br />

letztlich die Stärke des Willensimpulses die Höhe der Ereignisrelevanz in einem spezifizierten<br />

Kontext bestimmt.<br />

9


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

1.2.5 Frame als innerer Kontext<br />

Andreas & Andreas (in Bandler & Grinder, 2000) fahren fort:<br />

Genauso ist es mit dem Lichtsignal im Glockenturm. Für Paul Revere bedeutete es,<br />

dass die Briten kommen, und wie sie kommen: "Eins, wenn zu Land, und zwei,<br />

wenn zur See." Das Lichtsignal hat nur im Sinne vorangegangener Vereinbarungen<br />

Bedeutung, durch die ein Rahmen hergestellt wird – ein innerer Kontext, der Bedeutung<br />

schafft.<br />

Zitat 6: Bandler & Grinder, 2000, S. 14<br />

Es bestätigt sich hier die These, dass ‚Rahmen’ mit ‚Kontext’ gleichzusetzen ist. Allerdings<br />

mit der Einschränkung: „ein innerer Kontext“. Soll damit gesagt werden, dass der<br />

Rahmen etwas ist, das subjektiven Ursprungs ist und somit sich nicht naturgegeben von<br />

selbst aufdrängt? Dies würde die Auffassung von 'Kontext' als 'relevante Nebenereignisse'<br />

insofern stützen, als das Konzept der Relevanz auf psychischen Realitäten zu beruhen<br />

scheint. Wenn wir nach Relevanz fragen, dann stecken stets zwei Fragen mit drin: „Für<br />

wen?“ und „Aufgrund welcher Kriterien?“ Forscht man hier weiter, so zeigen sich irgendwann<br />

Wünsche, Hoffnungen, Überzeugungen oder Werte, die Aspekte einer subjektiven<br />

Realität bilden.<br />

Wir kommen nun nochmals auf die Thematik "Entstehung des Werturteils über Relevanz"<br />

zu sprechen. Wenn Andreas & Andreas sagen, dass der Kontext Bedeutung (bzw. Relevanz)<br />

schafft und nicht etwa, dass der Kontext eine Orientierung gibt, um Bedeutung zu<br />

schaffen, dann könnte dies eine sprachliche Nachlässigkeit sein. Es dürfte aber eher darauf<br />

verweisen, dass das Konzept ‚Kontext’ ein Nominalismus darstellt, dem ein Prozess der<br />

inneren Einbettungsdiagnose entspricht, welcher das Werturteil der Ereignisrelevanz-<br />

Beimessung bereits beinhaltet (Kontext als Relevanzurteil). Der Kontext enthielte bereits<br />

selbst das Werturteil über das Ereignis (relevant vs. irrelevant) und wäre nicht das Resultat<br />

einer bloßen Filtertätigkeit zur Vorbereitung der Relevanzeinschätzung. Müsste andernfalls<br />

(Kontext als Filter zur Vorbereitung eines Relevanzurteils) nicht der Kontext selbst wieder<br />

in einen Kontext eingebettet werden, um hinsichtlich seiner Relevanz eingeschätzt zu werden<br />

und ad infinitum?<br />

1.2.6 Reframing in der Umgangssprache<br />

Andreas & Andreas (ebd.) ergänzen:<br />

Versucht ein Therapeut, seinen Klienten dazu zu bewegen, "die Dinge anders zu<br />

betrachten" oder "unter einem neuen Gesichtspunkt zu sehen" oder "andere Faktoren<br />

in Betracht zu ziehen", sind das Versuche, Ereignisse umzudeuten (zu reframen),<br />

um den Klienten zu einer anderen Reaktion auf sie zu veranlassen.<br />

Zitat 7: Bandler & Grinder, 2000, S. 14<br />

Hier werden noch drei umgangssprachliche Formulierungen mitgegeben, wie das Ermitteln<br />

eines alternativen Kontextes geschehen kann. Naturgemäß bleiben diese an der Oberfläche<br />

und es wird an späterer Stelle einer Klärung bedürfen, was wir genau tun, wenn wir z.B.<br />

"die Dinge anders betrachten".<br />

10


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

1.2.7 Reframe als Antithese des Frame<br />

Andreas & Andreas (ebd.) fahren fort:<br />

Explizite Konzepte des Reframing werden von einer Reihe von Therapeuten verwendet,<br />

die glauben, das "Problemverhalten" ergäbe nur dann einen Sinn, wenn es<br />

in dem Kontext betrachtet wird, in dem es auftaucht.<br />

Zitat 8: Bandler & Grinder, 2000, S. 15<br />

Hier wird noch einmal deutlich: Vor einem Reframing muss zunächst klar sein, welches<br />

der Frame ist. Wir müssen also verstehen, weshalb ein Ereignis zu einer bestimmten Reaktion<br />

führen konnte. Verstehen wir den Frame, dann haben wir eine Grundlage für einen<br />

möglichen Umbau.<br />

1.2.8 Reframing-Modelle<br />

Die Erörterungen von Andreas & Andreas befassen sich mit Reframing im Allgemeinen.<br />

Das dort Erarbeitete gilt jedoch auch für das Inhaltliche Reframing im Besonderen. Bandler<br />

und Grinder (ebd., S. 17) unterscheiden Modelle des Reframing und nennen als Beispiele<br />

das Six-Step Reframing und das inhaltliche Reframing. Beim inhaltlichen Reframing<br />

müsse man den Inhalt kennen, um die Umdeutung vornehmen zu können. Dies sei<br />

bei den anderen Reframing-Modellen (z.B. Verhandeln zwischen den <strong>Teil</strong>en, Einen neuen<br />

<strong>Teil</strong> schaffen, Fortgeschrittenes Six-Step-Reframing) nicht erforderlich. Wie eingangs<br />

vermerkt, soll sich diese Arbeit auf das Inhalts-Reframing konzentrieren.<br />

Beim inhaltlichen Reframing unterscheiden Bandler & Grinder (2000) wiederum zwei Arten<br />

– das Bedeutungs-Reframing und das Kontext-Reframing. Beide Arten führen sie an<br />

jeweils einem Beispiel ein.<br />

1.2.9 Bedeutungs-Reframing (meaning reframing): Abdrücke auf dem<br />

Teppich<br />

Eine Hausfrau ärgert sich über ihre Familie, weil diese Abdrücke auf dem Teppich hinterlässt.<br />

Aufgrund welcher Strategie dieser Ärger entsteht, wird in diesem Beispiel nicht auseinandergesetzt.<br />

Dass sie sich aber einer Strategie bedient, die es ihr ermöglicht zu entscheiden,<br />

wann es an der Zeit ist, sich schlecht zu fühlen, ist klar. Etwas lässt sie den<br />

Schluss ziehen, dass das Gewahrwerden von Fußabdrücken auf dem Teppich als Signal für<br />

das Bestehen eines anderen Sachverhaltes zu verstehen ist - etwa dem, dass die Familie sie<br />

nicht liebt, wertschätzt oder respektiert. Die Abdrücke "bedeuten" gewissermaßen, dass<br />

etwas anderes wahr ist bzw. zutrifft.<br />

Die Therapeutin bietet stattdessen eine alternative Bedeutungsgebung an. Fußabdrücke auf<br />

dem Teppich bedeuten, dass die Menschen, die in der Welt am wichtigsten für mich sind,<br />

in meiner Nähe sind. Ein unberührter Teppich bedeutet dagegen, dass ich allein bin. Für<br />

Bandler & Grinder sind diese alternativen Bedeutungsgebungen Reframings, die man auch<br />

sinnvoll mit „Gefühlstausch“, „Veränderung der Strategie“ oder „Ankern“ benennen könnte.<br />

Der äußere Stimulus bleibt der gleiche, erfährt aber einen Bedeutungswechsel. Dazu die<br />

Autoren:<br />

11


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Diese Form des Reframing verwenden Sie immer dann, wenn Sie entscheiden, dass<br />

der Stimulus eines Problemverhaltens nicht unbedingt verändert werden muss –<br />

dass er an sich nicht schlecht ist.<br />

Zitat 9: Bandler & Grinder, 2000, S. 19<br />

Mit anderen Worten, wird also der Stimulus (= Relevantes Hauptereignis + Relevante Nebenereignisse)<br />

als an sich unproblematisch eingeschätzt - Teppichabdrücke gehören wohl<br />

dazu - dann raten Bandler & Grinder (ebd.) zu einem Bedeutungs-Reframing. Die Autoren<br />

erläutern die Wirkung dieses Bedeutungs-Reframing wie folgt:<br />

Wenn Menschen eine Sinneserfahrung machen, die sie nicht mögen, dann mögen<br />

sie eigentlich ihre Reaktion darauf nicht. Man kann nun diese Reaktion verändern,<br />

indem man verständlich macht, dass die Reaktion selbst nicht auf den Sinneswahrnehmungen<br />

beruht. Wenn es gelingt, die Bedeutung eines Erlebnisses für jemanden<br />

zu verändern, dann wird sich auch seine Reaktion verändern.<br />

Zitat 10: Bandler & Grinder, 2000, S. 19<br />

Das Zuweisen einer neuen Bedeutung beruht daher nicht auf einer Debatte über die Sinneswahrnehmung.<br />

Wir sagen nicht: "Du hast das falsch beobachtet". Die neue Bedeutung<br />

wird vielmehr durch Gedankenarbeit etabliert, die über Beobachtung hinausgeht. Jede<br />

Handlung kann verschiedentlich Bedeutungen zugewiesen werden. Wenn wir beobachten,<br />

wie jemand die Straße fegt, dann können wir sagen: "Das bedeutet, dass er ein ordentlicher<br />

Mensch ist" oder "Das bedeutet, dass er Kontakt sucht" oder "Das bedeutet, dass er diese<br />

Woche Dienst hat" oder "Das bedeutet, dass er Besuch bekommt" etc..<br />

Wie Bandler & Grinder es nennen, wird beim Bedeutungs-Reframing eine problematische<br />

"komplexe Äquivalenz" aufgelöst. Dass Fußabdrücke auf dem Teppich hinreichend sein<br />

sollen, einen anderen Gedanken für wahr zu halten, wird dadurch entkräftet, dass eine alternative<br />

komplexe Äquivalenz mit zumindest gleicher Plausibilität und jedoch nützlichen<br />

Implikationen angeboten wird. Man bindet also eine neue Reaktion an eine sensorische<br />

Erfahrung. Wurde ursprünglich der Stimulus als wichtig genug eingestuft, um sich schlecht<br />

zu fühlen, wird er nun als wichtig genug präsentiert, um sich gut zu fühlen. Dies führt zu<br />

einer Reaktionsveränderung.<br />

1.2.10 Manöver beim Bedeutungs-Reframing<br />

Beim Bedeutungs-Reframing besteht ein mögliches Manöver darin, das Problemverhalten<br />

als nützlich zu beschreiben („Danken Sie Gott!“). Die unerwartete Antwort wirkt musterunterbrechend,<br />

initiiert einen inneren Suchprozess und würdigt die Erfahrung. Ein weiteres<br />

Manöver zielt darauf ab, das symptomatische Problemverhalten zu charakterisieren, als ob<br />

es unter bewusster Kontrolle stünde („Wie lange kriegst du denn schon die Aufmerksamkeit<br />

der Familie auf diese Art?“). Future Pace schließlich (Überbrücken in die Zukunft)<br />

kann dabei helfen, ein Umdenken herbeizuführen, indem ein bislang nicht gezeigtes Verhalten<br />

lediglich vorgestellt wird.<br />

Viele Leute schränken sich selbst ein, weil sie ein bestimmtes Verhalten nicht einmal<br />

in Betracht ziehen. Würden sie es tun, käme es ihnen oft akzeptabler vor.<br />

Zitat 11: Bandler & Grinder, 2000, S. 45<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

1.2.11 Kontext-Reframing (context reframing): Die sture Tochter<br />

Kommen wir nun zum Kontext-Reframing als zweite Variante des Inhalts-Reframing. Hier<br />

erläutern die Autoren einen Fall aus der therapeutischen Praxis von Virginia Satir. Ein Vater<br />

beklagt sich über die Sturheit seiner Tochter. Dabei führt Satir einen Kontext ein, der es<br />

dem Vater erlaubt, den Grund der Klage als nicht absolut schlecht zu betrachten. Dieser<br />

sieht kurz gefasst so aus:<br />

Es gibt Umstände, in denen das beklagte Verhalten erfreuliche Auswirkungen zeitigt. Der<br />

Vater selbst gibt zu, dass Beharrlichkeit ihm selbst ermöglicht hat, im Beruf erfolgreich zu<br />

sein. Er selbst war in mancher Hinsicht "stur" genug, um diesen Erfolg sicherzustellen.<br />

Ebenso ist es mit seiner Tochter. Sie habe die Gabe, beharrlich einen Standpunkt zu vertreten,<br />

was für sie unter Umständen lebensrettend sein kann: Bei einer Verabredung mit einem<br />

Mann, der schlechte Absichten hat, kann Sturheit von Vorteil sein.<br />

Ist beim Bedeutungs-Reframing noch der Grundgedanke, dass der Stimulus an sich<br />

(Hauptereignis + Kontext) nicht verkehrt ist, so liegt beim Kontext-Reframing die Annahme<br />

zugrunde, dass das Hauptereignis an sich nicht schlecht ist. Im letzteren Fall wird somit<br />

der Kontext ausgewechselt. Das Hauptereignis "Sturheit" im Kontext "Anwesenheit des<br />

Vaters" wird in einen anderen Kontext "Verabredung mit einem zweifelhaften Mann" verlegt.<br />

Wäre Kontext-Reframing auch im Fall der Fußabdrücke möglich gewesen? Ja, denn es gibt<br />

auch hier ein Hauptereignis "Fußabdrücke auf dem Teppich". Was wäre ein geeigneter<br />

Kontext, um Fußabdrücke auf dem Teppich als etwas Erstrebenswertes ansehen zu können?<br />

Die Mutter könnte sich in einen Kontext assoziieren, in dem sie ein querschnittsgelähmtes<br />

Kind hätte. Dieser Kontext ist zwar nur hypothetisch, doch wird der Mutter dabei<br />

sofort klar, dass sie in Wahrheit zufrieden sein kann, ein gesundes Kind zu haben.<br />

Und wäre Bedeutungs-Reframing auch im Fall der sturen Tochter möglich? Ebenso ja,<br />

denn selbst wenn der Kontext "Anwesenheit des Vaters" beibehalten wird, kann die Bedeutung<br />

ausgewechselt werden. Statt etwa zu sagen "Ihre Sturheit mir gegenüber bedeutet Respektlosigkeit"<br />

können wir umdeuten und sagen "Ihre Sturheit mir gegenüber bedeutet ein<br />

spielerisches Ausprobieren ihres erwachenden Selbstbehauptungsstrebens" oder Ähnliches.<br />

1.2.12 Kontextsuche<br />

Beim Suchen eines Kontextes ist der Coach nicht notwendig auf seine eigene Phantasie<br />

angewiesen. Es ist gemäß Bandler & Grinder (ebd.) sogar besser, die Ressourcen des<br />

Klienten zu berücksichtigen (S. 22f). Will der Klient mit X aufhören, so können wir fragen,<br />

ob es in seinem Leben Momente gibt, in denen das Verhalten X sinnvoll und angemessen<br />

ist. Bejaht er dies, dann ist Kontextualisierung angezeigt und wir setzen überall<br />

dort, wo X störend ist, ein neues Verhaltensmuster ein.<br />

Findet der Klient keinen Kontext, dann können wir ihn mit Instruktionen inspirieren, die<br />

einen Bezug zum Repräsentationssystem haben. Eine Situation wird assoziiert wieder erlebt<br />

und man sagt, dass X in diesem Kontext tatsächlich unangemessen sei. „Lassen Sie<br />

uns einen Ort suchen, an dem ein solches Verhalten sinnvoll wäre. Verändern Sie den Hintergrund<br />

so lange, bis Sie einen gefunden haben, in dem jeder <strong>Teil</strong> in Ihnen und auch die<br />

Menschen um Sie herum X angemessen finden“. Anschließend fragt man denjenigen <strong>Teil</strong>,<br />

13


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

der den Klienten dazu bringt zu Xen, ob er bereit ist, die wichtigste Ressource in genau<br />

diesem Kontext zu sein.<br />

Eine dritte Möglichkeit, einen akzeptablen Kontext zu finden, besteht darin, den Klienten<br />

sich nach innen wenden zu lassen und zu fragen, ob irgendein <strong>Teil</strong> von ihm irgendeine<br />

Situation ausfindig machen kann, in der er fähig sein will, genau dieses Verhalten X hervorzubringen.<br />

Der <strong>Teil</strong> wird danach gefragt, ob er bereit ist, das Verhalten ausschließlich<br />

und kongruent nur in diesem Kontext hervorzubringen.<br />

1.2.13 Vergleich zwischen Bedeutungs- und Inhalts-Reframing<br />

Beim Bedeutungs-Reframing wird der Kontext (die Situation) so belassen wie er ist. Die<br />

Bedeutung des Verhaltens bzw. dasjenige, was es impliziert, verändert sich dagegen. Es<br />

sind immer Umdeutungen möglich, die die Bedeutung des Verhaltens verändern (Bedeutungs-Reframing).<br />

Ebenso ist es immer möglich, eine Veränderung des Kontextes zu finden,<br />

die die Bedeutsamkeit des Verhaltens verändert (Kontext-Reframing).<br />

Streng genommen können wir - hinsichtlich des gleichen Hauptereignisses - nicht zugleich<br />

Bedeutung und Kontext reframen. Denn zum Bedeutungs-Reframing gehört es eben, dass<br />

der Kontext erhalten bleibt, während er beim Kontext-Reframing auszuwechseln ist.<br />

Trotzdem müssen sich die beiden Arten inhaltlichen Reframings nicht gegenseitig ausschließen.<br />

So enthält das Beispiel von der sturen Tochter bei genauer Betrachtung eine<br />

solche Synthese, da an einer Stelle ein Ein-Wort-(Bedeutungs-)Reframing eingebaut wird<br />

("Beharrlichkeit" statt "Sturheit"). Dass sie stur ist, ist also bedeutungsgleich mit der Tatsache,<br />

dass sie beharrlich ist. Wer dem nachspürt, wird bei "Beharrlichkeit" wohl andere<br />

Bedeutungs-Assoziationen bemerken als bei "Sturheit". Der wesentliche Bestandteil eines<br />

gelungenen Reframings ist, wie in den genannten Beispielen, ein Wechsel im Erleben.<br />

Beim Bedeutungs-Reframing wird Bandler & Grinder zufolge eine bestehende komplexe<br />

Äquivalenz (die deutsche Übersetzung benutzt übrigens den ungebräuchlichen Ausdruck<br />

"<strong>Teil</strong>-Äquivalenz") durch eine andere ausgetauscht. Man wiederholt die alte (Pacing) und<br />

bietet danach die neue an (Leading). Am Beispiel des Teppichs: „Sie schauen auf den Teppich,<br />

und er ist ohne Flecken. Er ist flauschig, Sie können die weißen Fasern sehen. Und<br />

dann wird Ihnen plötzlich bewusst, dass das bedeutet, Sie sind ganz alleine. Und jetzt setzen<br />

Sie ein paar Fußabdrücke darauf, und Sie machen sich bewusst, dass Ihre Lieben in der<br />

Nähe sind.“<br />

Wann immer wir eine komplexe Äquivalenz heraushören, ist es laut Bandler & Grinder<br />

(2000)direkter, mit einem Bedeutungs-Reframing zu arbeiten. Hingegen ist ein Kontext-<br />

Reframing vorzugsweise dann angezeigt, wenn eine vergleichende Generalisierung über<br />

sich selbst oder einen anderen vorgenommen wird. Erkennbar sind diese Fälle, wenn sie<br />

die Form "Ich bin zu X" oder "Er ist zu Y" haben, z.B. "Sie ist zu stur". Eine vergleichende<br />

Generalisierung abstrahiert von einem Kontext. Diese Form der Klage verallgemeinert<br />

über viele Kontexte, wobei die Hälfte des Vergleichs getilgt ist. Es wird nicht angegeben,<br />

in welchem Kontext die Betreffende zu stur im Vergleich zu wem oder was ist.<br />

Klagen (complaints) sind demnach häufig Generalisierungen. Damit sie mittels Inhalts-<br />

Reframing "entschärft" werden können, muss eine von zwei formalen Bedingungen erfüllt<br />

sein: Entweder liegt eine komplexe Äquivalenz vor, oder der Kontext wird getilgt.<br />

14


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Kein Verhalten ist an sich nützlich oder unnütz. Jedes Verhalten ist irgendwo nützlich;<br />

zu identifizieren, wo es nützlich ist, ist Kontextreframing. Genauso bedeutet<br />

auch kein Verhalten schon an sich etwas, Sie können ihm also jede Bedeutung zuweisen:<br />

das ist Bedeutungsreframing.<br />

Zitat 12: Bandler & Grinder, 2000, S. 26<br />

1.2.14 Weitere Beispiele Bandler & Grinders zum Inhaltlichen Reframing<br />

Nachfolgend noch eine Auswahl von Beispielen, die Bandler & Grinder (2000) in ihrem<br />

Buch behandeln. Wichtig dabei ist, dass zur Sicherstellung der Form der Klage gelegentlich<br />

Metamodell-Fragen nützlich sein können (s. Abb. 5).<br />

Klage Mutmaßliche Form Empfohlenes<br />

Reframing<br />

Ich kann nicht mitschreiben. Ich bin zu dumm Komplexe Äquivalenz<br />

Bedeutung<br />

Byron hat sich niemals wirklich für meine Grup- Komplexe Äquiva- Bedeutung<br />

pen interessiert, er sitzt immer nur in der hinteren<br />

Ecke.<br />

lenz<br />

Ich bin nicht glücklich, wenn ich hier in diesem Komplexe Äquiva- Bedeutung<br />

Raum sitze<br />

lenz<br />

Bin ich zu tyrrannisch? Vergleichende Generalisierung<br />

Kontext<br />

Abends gibt es keinen Kaffee mehr, und das mag Komplexe Äquiva- Bedeutung<br />

ich nicht.<br />

lenz<br />

Auf dem Stundenplan stehen zu viele Sitzungen Komplexe Äquiva- Bedeutung<br />

gleichzeitig. Gehe ich in den einen Workshop,<br />

verpasse ich den anderen.<br />

lenz<br />

Meine Frau braucht ewig, um sich für etwas zu Komplexe Äquiva- Bedeutung<br />

entscheiden<br />

lenz<br />

Meine Kinder schreien dauernd und rennen zu Vergleichende Ge- Kontext<br />

viel herum<br />

neralisierung<br />

Ich nehme alles zu leicht Vergleichende Generalisierung<br />

Kontext<br />

Abbildung 5: Klage, Form und empfohlenes Reframing (Bandler & Grinder, 2000)<br />

1.2.15 Pacing, Leading, Kongruenz<br />

Damit ein Inhaltliches Reframing erfolgreich sein kann, sollte Rapport mit dem Coachee<br />

bestehen. Dazu gehört es, dessen Klage angemessen zu verstehen und zu würdigen (Pacing).<br />

Dazu nochmals das Beispiel Bandler & Grinders (ebd.):<br />

Sie schauen auf den Teppich. Und er ist ohne Flecken! Sie haben ihn tadellos sauber<br />

gemacht. Er ist flauschig. Sie können die weißen Fasern sehen.<br />

Zitat 13: Bandler & Grinder, 2000, S. 25<br />

15


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Erst danach führen wir den Coachee in den neuen Rahmen (Leading):<br />

Und dann wird Ihnen plötzlich bewusst, dass das bedeutet, Sie sind ganz alleine.<br />

Zitat 14: Bandler & Grinder, 2000, S. 25<br />

Bandler & Grinder weisen auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin:<br />

Um eine Veränderung zu erreichen, ist es ganz entscheidend, die Umdeutung mit<br />

kongruentem, stützendem, nonverbalem Verhalten zu vermitteln. Ihr Tonfall und<br />

Gesichtsausdruck müssen dabei ernst sein.<br />

Zitat 15: Bandler & Grinder, 2000<br />

1.2.16 Erfolgsindikatoren<br />

Erfolgreiche Reframings können an Indikatoren abgelesen werden. Dazu gehören die<br />

Muskelentspannung, eine stärkere Durchblutung der Haut, Pupillenerweiterungen, Verlangsamung<br />

der Atmung. Allgemein neigen Menschen, die eine Klage vorbringen, zu<br />

sympathischer Aktivierung (Leisstungssteigerung für außergewöhnliche Anstrengung).<br />

Wenn der Reframe funktioniert, wechseln sie in die parasympathische Aktivierung (Ruhe,<br />

Erholung, Schonung).<br />

Augenzugangshinweise können ebenfalls berücksichtigt werden. So kann häufig ein<br />

Wechsel von der kinästhetischen in die visuelle Blickrichtung beobachtet werden. Schließlich<br />

sind vielfach kurze Absenzen bzw. Trance-Zustände zu bemerken, die Ausdruck inneren<br />

Arbeitens sind.<br />

1.2.17 Übung Kontext- und Bedeutungs-Reframing<br />

Zur Einübung des Inhalts-Reframings geben Bandler & Grinder (ebd.) die folgende Aufgabe:<br />

der Coachee bringt eine Klage vor, die eine von zwei möglichen Formen hat. Sie ist<br />

entweder eine "komplexe Äquivalenz", die eine Reaktion mit einer Klasse von Ereignissen<br />

verbindet („Ich fühl mich X, wenn Y passiert“). Oder sie ist eine vergleichende Generalisierung<br />

über sich selbst oder jemand anderen, wobei der Kontext getilgt ist („Ich bin zu Z“<br />

oder „Er ist zu Q“). Der Coach soll für das Problem einen Reframe finden und diesen dann<br />

so präsentieren, dass er eine Wirkung hat.<br />

Dabei kann die folgende Strategie verwendet werden (Prozessmodell nach Bandler &<br />

Grinder, 2000):<br />

a) Identifiziere die Form der Klage<br />

a. Bei komplexer Äquivalenz: Bedeutungs-Reframing<br />

b. Bei vergleichender Generalisierung: Kontext-Reframing<br />

b) Stelle selbst eine internale Repräsentation der Klage her (VAKOG)<br />

c) Suche nach einem Reframe, indem du dich selbst fragst:<br />

a. Kontext-Reframing: „In welchem Kontext hätte dieses spezielle Verhalten,<br />

über das sich der Klient beschwert, einen Wert?“<br />

b. Bedeutungs-Reframing: „Gibt es einen größeren oder anderen Rahmen, in<br />

dem dieses Verhalten einen positiven Wert hätte? Welcher andere Aspekt<br />

dieser gleichen Situation könnte einen anderen Bedeutungsrahmen liefern,<br />

16


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

der der betreffenden Person verborgen ist? Wie sonst könnte ich genau die<br />

gleiche Situation beschreiben? Was sonst noch könnte das Verhalten bedeuten?“<br />

d) Wenn du einen Reframe gefunden hast, denke über mögliche Darbietungsweisen nach<br />

e) Wähle diejenige Darbietungsweise aus, die mutmaßlich die maximale Reaktion bringt<br />

f) Bitte den Coachee, seine Klage zu wiederholen<br />

g) Pacing (Klage wiederholen, Anteilnahme)<br />

h) Leading (Reframe anbieten)<br />

i) Beobachte genau die nonverbalen Veränderungen am Klienten, so dass du in der Lage<br />

bist, diese zu beschreiben<br />

Ergänzend ließe sich noch das Reframing testen (Ausprobieren in der Gegenwart) und mit<br />

einem Future Pace (Ausprobieren in der Zukunft) abschließen.<br />

Klagen, die in anderer Form als den beiden beschriebenen vorgebracht werden, können<br />

Bandler & Grinder (ebd.) zufolge mit diesen zwei Formen des Inhalts-Reframing nicht<br />

bearbeitet werden. Sie empfehlen, das bei jeglicher Intervention so zu machen: die Form<br />

der Klage identifizieren, bei der die Intervention greift und danach fragen, ob eine solche<br />

Form der Klage vorliegt. Möglicherweise ist die Form der Frage mittels Meta-<br />

Modellierung umzuformulieren. Stets sei es wichtig, Formen zu identifizieren bzw. nach<br />

ihnen zu fragen. Es sei entscheidend zu wissen, was unsere Werkzeuge können und was<br />

nicht.<br />

Falls Sie eines dieser beiden Reframingmodelle dort verwenden, wo es nicht geeignet<br />

ist, wird es nicht funktionieren. Das wäre so, wie wenn Sie die Phobietechnik<br />

nähmen und sie für ein anderes Anliegen verwendeten. Es wird einfach keine Wirkung<br />

zeigen, weil es nicht dafür gemacht wurde, etwas anderes zu leisten.<br />

Zitat 16: Bandler & Grinder, 1982, S. 16, übersetzt durch den Autor<br />

1.2.18 Wohlgeformtheit<br />

Reframes sollen wohlgeformt sein im Hinblick auf die Bedürfnisse (und Glaubenssätze)<br />

des Coachees, sollen also problemlos integrierbar sein.<br />

Dass ein Reframe funktioniert, liegt daran, dass er sich mit den Kriterien der Wohlgeformtheit<br />

der Bedürfnisse dieser speziellen Person verbindet. ... Die besten Reframes<br />

sind die, deren Sichtweise der Welt genauso gültig ist wie die bisherige<br />

Sichtweise des Betreffenden.<br />

Zitat 17: Bandler & Grinder, 2000, S. 58<br />

1.2.19 Modell der Welt<br />

Bandler & Grinder weisen schließlich noch auf einen anderen bemerkenswerten Aspekt<br />

des Reframing hin:<br />

Wenn eine Person das Verhalten X benutzt, so ist das ein sehr spezifisches Verhalten.<br />

Es hat jeweils aktuelle sensorische Komponenten: Sehen, Hören und Fühlen.<br />

Wenn Sie versuchen, dieses Stück des Verhaltens direkt zu verändern, wird das<br />

sehr schwierig. Wird jedoch das Stück des Verhaltens mit all seinen Besonderheiten<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

plötzlich in einem größeren Kontext, in einem größeren Rahmen gesehen, gefühlt<br />

oder gehört, dann entdecken Sie vielleicht, dass es gar nicht um die spezifische<br />

Verfahrensweise geht, sondern das Ergebnis (bzw. das Ziel), zu dem das Verhalten<br />

in den jeweiligen Modell der Welt führen soll. Dann haben Sie plötzlich viel Raum<br />

zum Manövrieren. Sie halten das Ergebnis – das Ziel, das Sie zu erreichen versuchen<br />

– konstant und erkennen, dass dieses spezifische Verhaltensmuster nur ein<br />

Weg ist, es zu erreichen.<br />

Zitat 18: Bandler & Grinder, 2000, S. 33<br />

Auch darin steckt ein Plädoyer, sich auf das Modell der Welt des anderen einzulassen, um<br />

über dessen Verständnis einen geeigneten Weg aus dem Labyrinth der Denk- und Verhaltensmuster<br />

zu finden. Beim Reframing geht es nicht darum, Fähigkeiten bzw. Reaktionsmöglichkeiten<br />

wegzunehmen – höchstens vorübergehend. Es werden aber zusätzliche Alternativen<br />

bereitgestellt, die „mit dem bewussten Verstehen der Person über das, was sie<br />

erreichen möchte, kongruenter sind“.<br />

1.2.20 Richtung des Reframing<br />

Was aus der Parabel des chinesischen Bauern ebenfalls ersichtlich wird ist, dass der ersetzende<br />

Frame nicht notwendig eine günstigere bzw. wohlwollendere Interpretation der Realität<br />

darstellt. Unvoreingenommen betrachtet bedeutet Reframe lediglich, dass ein Zusammenhang<br />

entdeckt wurde, der die Relevanz des vorigen Zusammenhangs schwinden lässt<br />

und stattdessen einen neuen Rahmen definiert, der mindestens ebenso angemessen erscheint.<br />

Wir reframen so, dass etwas Nützliches daraus entsteht in einem bestimmten Kontext.<br />

Bandler & Grinder (ebd.) raten davon ab, von „Positivem“ statt "Nützlichem" zu sprechen.<br />

Nutzen sei immer positiv [S. 45]. Manchmal sei es aber nützlich, anders herum zu reframen,<br />

etwa bei nachteiliger Selbstüberschätzung (=> Provokation à la Frank Farrelly). Reframing<br />

ist also nicht immer ein Mittel, mit dem man aus etwas Unerfreulichem eine schöne<br />

Sache macht.<br />

Viele Leute brauchen eine genauere Sichtweise ihrer selbst und der Welt, und das<br />

ist nicht immer schön. … Halten Sie also das Reframing nicht nur in Kontexten für<br />

geeignet, in denen Sie aus etwas Negativem etwas Positives machen. Manchmal<br />

kann eine deftige Dosis Furcht oder Inkompetenz, Unsicherheit oder Zweifel sehr<br />

nützlich sein.<br />

Zitat 19: Bandler & Grinder, 2000, S. 46-47<br />

Führt man diesen letzteren Gedanken weiter, dann kann analog zur Klage beim gewöhnlichen<br />

Reframing die unangemessene Glorifikation beim umgekehrten Reframing als Ausgangspunkt<br />

für eine Intervention genommen werden. Besteht beim gewöhnlichen Reframing<br />

der Schaden in einem ressourcearmen kognitiven, emotionalen oder verhaltensbezogenen<br />

Zustand, dann ließe sich beim umgekehrten Reframing ein Schaden unterstellen, der<br />

aus Zuständen des Übermuts, der Selbstüberschätzung, der Unterschätzung einer Herausforderung<br />

u.ä. resultieren mag und den Coachee selbst oder sein Umfeld über kurz oder<br />

lang beeinträchtigen kann.<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

In der Politik wird Reframing in beiden Richtungen als rhetorisches Stilmittel weidlich und<br />

in Perfektion betrieben, wobei die Anwender dieser Techniken sich freilich durchaus nicht<br />

in ressourcearmen Zuständen wähnen. Hier zeigt sich, dass die Fähigkeit, Reframings zu<br />

erkennen und ggf. energisch zu disputieren oder selbst einzusetzen, die eigenen Handlungsmöglichkeiten<br />

erweitert. Unter Umständen kann dies das "Überleben" in einem Berufsfeld<br />

erleichtern.<br />

1.2.21 Parallele zum Meta-Modell<br />

Reframing öffnet in ähnlicher Weise Denkräume, wie das mit Hilfe der Metamodell-<br />

Fragen erreicht wird. Allerdings kann beim Inhalts-Reframing die Kreativität des Coaches<br />

bzw. Anwenders in stärkerem Maße gefordert sein.<br />

Reframing ist eine andere Art, das gleiche zu bewerkstelligen wie mit den Meta-<br />

Modell-Fragen. Sie fragen dann nicht "für wen?", sondern ändern es einfach. Wenn<br />

jemand sagt "Dummheit ist an sich schlecht; es ist schlecht, dumm zu sein", dann<br />

sagen Sie: ‚Manche Leute benutzen die Dummheit als Mittel unglaublich viel zu<br />

lernen. Andere Leute benutzen die Dummheit als Mittel, andere etwas für sich tun<br />

zu lassen. Das ist doch ausgesprochen clever.’<br />

Zitat 20: Bandler & Grinder, 2000, S. 48<br />

1.2.22 Funktion der Verwirrung<br />

Reframing schafft Verwirrung. Verwirrung aber ist ein wesentliches musterunterbrechendes<br />

Ereignis, das sich als Auslöser für eine Umstrukturierung des Denkens eignet.<br />

Verwirrung ist das Tor zur Neuorganisation Ihrer Wahrnehmung und zum Lernen<br />

von Neuem.<br />

Zitat 21: Bandler & Grinder, 2000, S. 49<br />

1.2.23 Ökologie<br />

Abschließend betonen Bandler und Grinder (ebd.), dass die Wirkung des Reframing auch<br />

darauf beruht, dass die Neubewertung keine Vorbehalte des Klienten oder seiner Umwelt<br />

erzeugt:<br />

Der andere Aspekt des Reframing, der dazu beiträgt, dass es so leicht funktioniert,<br />

liegt darin, dass es explizit ökologisch ist. Wir stellen sicher, dass die neuen Verhaltensweisen<br />

mit keinem anderen Aspekt des Funktionierens der Person interferieren.<br />

Zitat 22: Bandler & Grinder, 2000, S. 171<br />

1.3 Inhaltliches Reframing bei Robert Dilts<br />

Eine genauere Analyse des Modells ‚Inhalts-Reframing’ verdanken wir Robert Dilts<br />

(2001). Er integriert beide Untermodelle in ein umfassenderes System von 14 Sleight-of-<br />

Mouth-Mustern, die allesamt Reframing-Qualität besitzen. So heißt es:<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Die Sleight-of-Mouth-Muster 'Verändern der Rahmengröße' und 'Wechsel zu einem<br />

anderen Ergebnis' sind Beispiel für das, was im NLP als Kontext- und als Inhalts-<br />

Reframing bezeichnet wird.<br />

Zitat 23: Dilts, 2001, S. 40<br />

Dazu muss angemerkt werden, dass Dilts der Definition von Inhalts-Reframing von Bandler<br />

& Grinder nicht folgt. Was er Inhalts-Reframing nennt, kann als Unterkategorie des<br />

Bedeutungs-Reframing bezeichnet werden. Das obige Zitat kann so interpretiert werden,<br />

dass alle Beispiele, bei denen die "Rahmengröße" verändert wird, ebenso gültige Beispiele<br />

für das Kontext-Reframing darstellen. Doch besteht nicht jedes Kontext-Reframing notwendig<br />

aus einer Veränderung der Rahmengröße. Analog sind Reframing-Beispiele, bei<br />

denen zu einem anderen Ergebnis gewechselt wird, eine echte <strong>Teil</strong>menge aller möglichen<br />

Beispiele für Bedeutungs-Reframing.<br />

1.3.1 Frame<br />

Schauen wir zunächst an, was Dilts zum Begriff "Frame" zu sagen hat. Dilts (2001) interpretiert<br />

'Rahmen' als kognitive Ausrichtung subjektiven Erlebens:<br />

Mit einem Rahmen im psychologischen Sinne ist ein genereller Fokus, eine Ausrichtung<br />

von Gedanken und Handlungen während einer Interaktion gemeint. Ein<br />

Rahmen bezieht sich auf den kognitiven Kontext eines Ereignisses oder einer Erfahrung.<br />

Wie der Begriff vermuten lässt, legt ein Rahmen die Grenzen einer Interaktion<br />

fest. Rahmen haben einen sehr starken Einfluss auf die Interpretation spezifischer<br />

Erfahrungen und auf die Art, wie auf sie reagiert wird, und dies leisten sie<br />

aufgrund dessen, wie sie diese Erfahrungen und die direkte Aufmerksamkeit 'interpunktieren'.<br />

Zitat 24: Dilts, 2001, S. 30<br />

Hier wird "Rahmen" als psychologische Entität charakterisiert und somit indirekt auf den<br />

metaphorischen Charakter des Begriffes im Verwendungszusammenhang "Reframing"<br />

aufmerksam gemacht. Als Synonym kann "genereller Fokus" eingesetzt werden, bzw.<br />

"Ausrichtung von Gedanken", was ebenso metaphorisch klingt und nicht unbedingt mehr<br />

erklärt. Mit Fokussierung meint Dilts anscheinend das Einschalten eines Wahrnehmungs-<br />

oder Denkfilters bzw. die Aufmerksamkeitslenkung auf bestimmte Aspekte einer Erfahrung.<br />

Dazu beschreibt er beispielhaft einige Typen von Rahmen (Ergebnis-Rahmen bis<br />

Als-ob-Rahmen):<br />

(a) Fokussierung auf ein angestrebtes Ziel bzw. ein gewünschtes Ergebnis und die dafür<br />

erforderlichen Mittel (Ergebnisrahmen): Der Rahmen kann durch das Benennen des gewünschten<br />

Ergebnisses gesteckt werden. Bsp.: Jemand, der mit einer Vorstellung möglicher<br />

Ergebnisse in eine Verhandlung eintritt, wird bestimmte Gedanken und Handlungsmöglichkeiten<br />

"umzäunen".<br />

(b) Fokussierung auf unerwünschte Symptome und deren Ursachen (Problemrahmen): Der<br />

Rahmen kann durch die Konzentration auf ein Problem definiert sein. Bsp.: Jemand, der<br />

mit Vorstellungen darüber beginnt, welche Probleme während einer Verhandlung auftreten<br />

können oder was unter allen Umständen verhindert werden soll.<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

(c) Fokussierung auf zeitliche Ressourcen und die Verteilung von Inhalten (Zeitrahmen):<br />

Der Rahmen kann zeitlich gesteckt werden und hat somit Auswirkungen darauf, was wir<br />

von einer Aktion erwarten bzw. wie wir die Aktion angehen. Bsp.: Ein Vortrag, der 10<br />

Minuten dauern soll, impliziert andere Erwartungen und Fokussierungen als ein Vortrag,<br />

der einen 90-minütigen Zeitrahmen eingeräumt bekommt.<br />

(d) Fokussierung auf die Unmöglichkeit, bestimmte Wunschergebnisse zu realisieren und<br />

die Gründe, weshalb diese unmöglich sind (Unmöglichkeitsrahmen): Der Rahmen umspannt<br />

ein Gedankenfeld, das von Überlegungen der Unfähigkeit und den Gründen dafür<br />

besetzt ist. Bsp.: Jemand, der über längere Zeit unzufrieden in finanzieller oder persönlicher<br />

Abhängigkeit lebt, kommt nicht "in die Pötte", weil er sich auf die Unmöglichkeit<br />

fokussiert, etwas an seiner Situation zu ändern.<br />

(e) Fokussierung auf Fehler, Versagen (Misserfolgs-Rahmen): Der Rahmen grenzt Mängeldiagnosen<br />

und die Entsetzlichkeit von Fehlern als geistiges Betätigungsfeld ein. Bsp.:<br />

Perfektionistische Menschen neigen dazu, trotz überdurchschnittlicher Performance betrübt<br />

oder verunsichert zu sein, weil sie bevorzugt einen Misserfolgsrahmen setzen.<br />

(f) Fokussierung auf Verbesserungen, Korrekturen, Optimierungsmöglichkeiten (Feedback-Rahmen):<br />

Der Rahmen definiert ein Feld, bei dem Gedanken eine Rolle spielen wie:<br />

"Was kann ich verbessern?", "Wie gehen Erfolgreiche vor?", "Was sagen Erfolgreiche über<br />

meine Art zu handeln?" etc.. Bsp.: Wer ein Spiel wie Schach oder Poker erlernen und gut<br />

beherrschen will, nimmt gewöhnlich einen Fokus ein, der Lernerfahrungen begierig aufnimmt<br />

und für optimiertes künftiges Handeln nutzt.<br />

Fokussierung auf die Bedingungen und das Erleben, die mit dem Besitz einer Fähigkeit,<br />

Fertigkeit oder Autorität unmittelbar verknüpft sind (Als-ob-Rahmen): Der Rahmen kann<br />

dadurch gesteckt sein, dass wir uns in einen Zustand assoziieren, der in der Gegenwart<br />

lediglich eine Möglichkeit darstellt. Er kann demnach durch das Ausprobieren einer künftigen<br />

Wirklichkeit im Hier und jetzt vorgegeben werden. Bsp.: Jemand der sich zur Wahl<br />

stellt, neigt dazu, sich bereits die Zeit davor so einzustimmen und zu präsentieren, als habe<br />

er die Wahl bereits gewonnen. Kinder nehmen im Spiel gerne Rollen Erwachsener rein und<br />

verhalten sich dann wie ihre "Modelle".<br />

1.3.2 Strategie beim Reframing<br />

Dilts (ebd.) legt sich in der Folge fest und gibt klare Strategietipps, die inhaltliches Reframing<br />

(im Bandler & Grinder-Sinne) erleichtern sollen:<br />

Das grundlegende Ziel … besteht darin, Menschen zu helfen, ihre Perspektive zu<br />

verändern, indem sie 1) von einem Problem- zu einem Ergebnisrahmen, 2) von einem<br />

Versagens- zu einem Feedbackrahmen und 3) von einem Unmöglichkeits- zu<br />

einem Als-ob-Rahmen wechseln.<br />

Zitat 25: Dilts, 2001, S. 32<br />

Dabei ist die Grundmotivation die, den Coachee in eine Denkrichtung zu bewegen, die das<br />

Potenzial hat, nützlich im Hinblick auf eine Weiterentwicklung aus der Klageposition heraus<br />

zu sein.<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Die Positionierung von Rahmen hat die Anwendungen von Taktiken zur Folge (Dilts,<br />

2001, S.31). Dilts erläutert dies am Beispiel des Ergebnisrahmens. Der Zweck einer Aktivität<br />

gebe augenblicklich auch eine Richtung vor.<br />

Insofern gibt ein bestimmtes Ergebnis schon von sich aus einen bestimmten Rahmen<br />

vor, der darüber entscheidet, was als relevant, erfolgreich und 'innerhalb des<br />

Rahmens' bzw. als irrelevant, unnütz und 'außerhalb des Rahmens' wahrgenommen<br />

wird.<br />

Zitat 26: Dilts, 2001, S. 32<br />

Dies unterstützt unsere These, dass die Rahmensetzung bereits das Werturteil bezüglich<br />

Relevanz und Willensimpuls integriert.<br />

Während Dilts den Rahmenbegriff in das Feld der Interaktion verlegt (vgl. Zitat 23),<br />

scheint nichts dagegen zu sprechen, Rahmenverwendungen ebenso für Intra-Aktionen bzw.<br />

für Aktionen generell zu unterstellen. So sind interne Monologe ein verbreitetes Mittel,<br />

sich selbst in wahlweise ressourcevolle oder ressourcearme Zustände zu managen.<br />

1.3.3 Die Definition von Reframing bei Dilts<br />

Dilts weist auf die besondere Wichtigkeit der Bedeutungs- bzw. Sinnveränderung beim<br />

Reframing hin. Es werden alternative "Lesevarianten" geschaffen, die das Blickfeld erweitern<br />

und aus einem Problemrahmen herausführen:<br />

Reframing beinhaltet, Menschen zu helfen, ihre Probleme umzudeuten, und Lösungen<br />

zu finden, indem man den Rahmen, in dem die Probleme wahrgenommen werden,<br />

verändert. … Psychologisch beinhaltet Reframing, dass man den Sinn von etwas<br />

verwandelt, indem man es in einen Rahmen oder Kontext befördert, der sich<br />

von demjenigen unterscheidet, mit dem das betreffende Objekt vorher in Verbindung<br />

gebracht wurde.<br />

Zitat 27: Dilts, 2001, S. 35f<br />

Ergänzend heißt es an späterer Stelle (S. 38):<br />

Reframing bedeutet …, dass der Inhalt einer Erfahrung oder einer Situation mit einem<br />

neuen geistigen Rahmen versehen und dadurch unsere Wahrnehmung der Situation<br />

erweitert wird, so dass wir mit ihr klüger und flexibler umgehen können.<br />

Zitat 28: Dilts, 2001, S. 36<br />

1.3.4 Kontext-Reframing bei Dilts<br />

Grundannahme beim Kontext-Reframing ist, dass alle Verhaltensweisen in bestimmten<br />

Kontexten nützlich sind. Beim Kontext-Reframing kommt es darauf an, dem Betreffenden<br />

die Nützlichkeit dieses Verhaltens deutlich zu machen und ihn damit in eine Meta-Position<br />

zu bewegen, die eine hilfreichere Kommunikation über z.B. ein Verhalten und dessen Kontext<br />

ermöglicht. Wie aber kann der Nutzen verdeutlicht werden? Einen ersten Hinweis gibt<br />

Dilts mit seiner Definition von Kontext-Reframing:<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Kontext-Reframing bezieht sich auf die Tatsache, dass bestimmte Erfahrungen,<br />

Verhaltensweisen und Ereignisse je nach dem Kontext, in dem sie erscheinen, unterschiedliche<br />

Implikationen und Konsequenzen haben. Regen beispielsweise erscheint<br />

einer Gruppe von Menschen, die unter starker Trockenheit gelitten hat, als<br />

äußerst positives Ereignis, einer anderen Gruppe hingegen, die sich in einem überfluteten<br />

Gebiet befindet oder die ein Fest im Freien feiern will, als sehr negativ. Der<br />

Regen selbst ist weder gut noch schlecht. Welches Urteil mit ihm verbunden wird,<br />

hängt von den Konsequenzen ab, die er in einem bestimmten Kontext hervorruft.<br />

Zitat 29: Dilts, 2001, S. 41<br />

Das hier beworbene Prinzip lässt sich verallgemeinern: Ein Verhalten an sich ist weder gut<br />

noch schlecht. Beurteilt wird es unter anderem anhand der Konsequenzen, die es in einem<br />

definierten Kontext hat. Dies ist insofern ein neuer Aspekt, als Bedeutung nunmehr eine<br />

Konkretisierung erfährt. Die Bedeutung eines Problemverhaltens kann in seinen Wirkungen<br />

bzw. Ergebnissen oder, wie wir noch erörtern werden, in zugrundeliegenden Intentionen<br />

gesucht werden. Dilts (2001) lässt aber keine Zweifel offen, dass beide Wege der Bedeutungssuche<br />

beim Kontext-Reframing gangbar sind, gelte es doch, "gemeinsam (zu)<br />

erforschen, welche positiven Absichten und positiven Auswirkungen mit dem Verhalten ...<br />

verbunden sind" (S. 41). Eine vertiefende Untersuchung, welche positiven Absichten oder<br />

Auswirkungen mit einem problematischen Verhalten verbunden sind, kann demnach<br />

wahlweise erfolgen. Danach können geeignetere Verhaltensweisen gesucht werden, die die<br />

gleiche Absicht, den gleichen Erfolg auf andere Weise bedienen.<br />

1.3.5 Bedeutungs-Reframing bei Dilts<br />

Dilts veranschaulicht Bedeutungs-Reframing (dort mit Inhalts-Reframing bezeichnet) zunächst<br />

allgemein, indem er auf das Potential von Satzbestandteilen verweist, unterschiedliche<br />

mögliche Bedeutungen zu repräsentieren (S. 42):<br />

Beim Inhalts-Reframing wird nicht der Kontext verändert, sondern die Perspektive<br />

oder die Ebene, auf der ein bestimmtes Verhalten oder eine Situation betrachtet<br />

wird. Als Beispiel hierfür soll uns eine Wiese dienen. Ein Bauer denkt beim Anblick<br />

eines solchen Feldes an die Möglichkeit, Getreide anzubauen. Für einen Architekten<br />

ist es ein Grundstück, auf dem er sein Traumhaus bauen kann. Ein junges<br />

Paar sieht darin einen wunderbaren Ort für ein Picknick. Für einen Piloten am Steuer<br />

eines kleinen Flugzeugs, dem das Benzin ausgeht, ist es ein geeigneter Landeplatz.<br />

… Der gleiche Inhalt (das Feld) wird je nach Perspektive und Absicht des<br />

Betrachters unterschiedlich wahrgenommen.<br />

Zitat 30: Dilts, 2001, S. 42<br />

Auch beim Bedeutungs-Reframing besteht die Strategie darin, zunächst zwischen Verhalten<br />

und Absicht bzw. Problem und Intention zu unterscheiden. Dem schließt sich an, die<br />

positive Absicht oder auch das positive Ergebnis herauszuarbeiten, die dem problematischen<br />

Verhalten zugrunde liegen könnten. So interpretiert Dilts an einer Stelle Bedeutungs-<br />

Reframing als Herausarbeiten eines anderen Ergebnisses (S. 33):<br />

Das Sleight-of-Mouth-Muster Ein anderes Ergebnis beinhaltet, die Aufmerksamkeit<br />

der Beteiligten durch eine entsprechende Äußerung auf ein anderes Ziel zu lenken<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

und dadurch weg von einem Ziel, das durch ein bestimmtes Urteil oder eine bestimmte<br />

Generalisierung vorgegeben oder impliziert wird.<br />

Zitat 31: Dilts, 2001, S. 33<br />

Wendet man dies am Beispiel der Teppichabdrücke an, dann lässt sich sagen: Das Ergebnis<br />

"Meine Familie liebt mich nicht" wird ausgetauscht durch ein anderes Ergebnis "Die mir<br />

wichtigen Menschen sind in meiner Nähe". Dilts sieht die Wirkung dieses Musters darin<br />

begründet, dass die Relevanz des ursprünglichen Ergebnisses in Frage gestellt wird.<br />

1.3.6 Fünf Sleight-of-Mouth-Muster des Inhaltlichen Reframings<br />

Dilts empfiehlt insgesamt fünf Sleight-of-Mouth-Muster, mit denen inhaltliche Reframings<br />

bewerkstelligt werden können - "Ein anderes Ergebnis", "Absicht", "Verändern der Rahmengröße",<br />

"Umdefinieren" und "Modell der Welt".<br />

Ein anderes Ergebnis.<br />

Der Rahmen verschiebt sich, indem auf ein anderes Ergebnis abgehoben wird. Die Aufmerksamkeit<br />

des Coachee wird auf ein anderes Ziel gelenkt. Das ursprüngliche Ergebnis,<br />

das durch eine Generalisierung (z.B. Fußabdrücke bedeuten fehlende Liebe) oder eine Tilgung<br />

(z.B. Sie ist zu stur) vorgegeben war, rückt aus dem Blickfeld und verliert somit an<br />

Relevanz.<br />

Absicht.<br />

Der Rahmen wird insofern neu gesteckt, als die Aufmerksamkeit des Coachee auf den<br />

Zweck bzw. die Absicht gelenkt wird, die hinter einem Problemverhalten stecken könnte.<br />

Indem auf die Absicht statt dem tatsächlichen Verhalten abgehoben wird, erweitert sich der<br />

Horizont des Coachee, die Relevanz der ursprünglichen Bewertung schwindet.<br />

Verändern der Rahmengröße.<br />

Bei dieser Art der Neukontextualisierung wird eine quantitative Verschiebung (Ausdehnung<br />

oder Einengung, Heraus- vs. Hineinzoomen) des Rahmens bewirkt, indem etwa ein<br />

anderer Zeitrahmen, eine andere Zahl von Menschen oder ein unterschiedlich großes<br />

Blickfeld vorgestellt wird. So relativiert sich der Schmerz eines kurzen Zeitrahmens (z.B.<br />

weil jemand in der Schule nicht versetzt wurde), wenn man ihn in einen großen Zeitraum<br />

einbettet oder aufzeigt, wie vielen erfolgreichen Menschen das auch schon passiert ist.<br />

Umdefinieren.<br />

Hier wird eine andere Formulierung gewählt, ein andes Wort. Wandeln wir eine negativ<br />

formulierte Aussage in eine positive um oder ersetzen ein emotional belastetes Wort durch<br />

ein neutraleres (Ein-Wort-Reframing), dann öffnen wir neue Denkräume und öffnen das<br />

Tor zu mehr Flexibilität.<br />

Modell der Welt.<br />

Diese Form der Rahmenverschiebung kann bspw. bewirkt werden, indem der Coachee<br />

(oder auch der Coach) die zweite Position ("Du") einnimmt. Er versetzt sich also in die<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Lage eines anderen Menschen und übernimmt für einen Augenblick dessen Sichtweise<br />

bzw. Wahrnehmungsposition. Indem er sich in die Haut des Anderen hineinassoziiert, dessen<br />

Überzeugungen, Werte, Selbstverständnis, beginnt er Ereignisse aus der Perspektive<br />

eines anderen Weltmodells wahrzunehmen.<br />

1.4 Ergänzungen und Präzisierungen<br />

Ergänzend sollen in diesem Abschnitt zwei Begriffe näher betrachtet werden, die im Vokabular<br />

Bandler & Grinders (2000) häufig auftauchen, ohne dass eine präzise Definition<br />

zur Verfügung gestellt wird. Es geht um den Begriff der "Bedeutung" und den Begriff der<br />

"Komplexen Äquivalenz". Danach sollen Kontext- und Bedeutungs-Reframing nochmals<br />

anhand ihrer logischen Struktur verglichen werden. Anschließend wird der Begriff "Ereignis"<br />

näher beleuchtet werden, ehe abschließend einige Worte zur Möglichkeit nonverbaler<br />

Reframings folgen.<br />

1.4.1 Über den Bedeutungsbegriff bei Bandler und Grinder<br />

Wir haben schon gesehen, dass "Bedeutung" verschiedene Bedeutungen haben kann. Da<br />

existiert etwa der quantitative Bedeutungsbegriff (hohe vs. geringe Bedeutung). Außerdem<br />

gibt es verschiedene qualitative Bedeutungsbegriffe, wie im Folgenden zu zeigen ist.<br />

Bedeutungs-Reframing soll dazu dienen, die Bedeutung eines Stimulus bzw. eines Verhaltens<br />

oder Erlebens zu verändern. Nehmen wir einige prototypische Aussagen, um zu beschreiben,<br />

was mit Bedeutung prinzipiell gemeint sein könnte.<br />

(a) X ≡ Y<br />

Gelegentlich meinen wir "X bedeutet Y", wenn wir sagen: "X ist dasselbe wie y", bzw. X<br />

ist identisch mit Y. Bsp.: Der Mann, der gerade die Treppe hochkommt, ist mein Bruder.<br />

"Der Mann, der gerade die Treppe hochkommt" und "mein Bruder" verweisen im gegebenen<br />

Kontext auf denselben "Gegenstand" und haben somit dieselbe Bedeutung. Dieser Bedeutungsbegriff<br />

wurde vom Sprachphilosophen Gottlob Frege geschaffen.<br />

(b) X = Y<br />

Häufig meinen wir "X bedeutet Y", wenn wir sagen: "X ist das gleiche wie y", bzw. X ist<br />

hinsichtlich der wesentlichen Merkmale das Gleiche wie Y. Bsp.: Ich habe den gleichen<br />

Wagen / die gleichen Interessen wie mein Bruder. Hier sage ich, dass "der Wagen meines<br />

Bruders" und "mein Wagen" auf dasselbe Prinzip verweisen (z.B. das Prinzip, nach dem<br />

man einen BMW X3 mit Serienausstattung erkennt) und somit bedeutungsgleich sind.<br />

(c) X ↔ Y<br />

Drittens meinen wir "X bedeutet Y", bzw. X ist äquivalent mit Y, wenn wir sagen: "X ist<br />

ein hinreichendes Indiz für Y". Bsp.: Wo mein Bruder ist, da bin auch ich. Wo Rauch ist,<br />

da ist auch Feuer.<br />

(d) X → Y<br />

Dieser schwächste vierte Bedeutungsbegriff geht davon aus, dass die Bedeutung eines Ereignisses<br />

in der zeitlichen, logischen oder psychologischen Folge besteht, die dieses Ereig-<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

nis impliziert. Wenn ich sage "Zuckerrohranbau zur Gewinnung von Bioethanol bedeutet,<br />

dass Nahrungsmittel noch knapper werden", dann liegt die Bedeutung des Zuckerrohranbaus<br />

(immer) in der knapperen Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln. Wir würden allerdings<br />

nicht umgekehrt schließen wollen, dass die knappere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln<br />

(immer) bedeutet, dass Bioethanol-Zuckerrohr angebaut wird.<br />

Die Zeichen zwischen X und Y können jeweils durch das Wort "bedeutet" ersetzt werden.<br />

Eine Koinzidenzbehauptung ist in allen vier Fällen gegeben. Allerdings ist der Grund für<br />

die behauptete Koinzidenz unterschiedlich fest. Im ersten Fall der Identität verweisen die<br />

Beschreibungen X und Y auf denselben (einen) Gegenstand. Die Koinzidenz ist eine logische<br />

und damit a priori wahr.<br />

Im zweiten Fall der Gleichheit enthalten die Beschreibungen X und Y, sofern sie überhaupt<br />

auf etwas verweisen, eine Unschärfe, die es nicht erlaubt, die Koinzidenzbehauptung anders<br />

als durch die Kriterien zu charakterisieren, in welcher Hinsicht bzw. aufgrund welcher<br />

<strong>Teil</strong>menge von Merkmalsausprägungen eine Gleichheit eingeräumt werden kann. Auch<br />

hier kann eine a priori-Wahrheit zuerkannt werden, unter der Nebenbedingung, dass bestimmte<br />

Betrachtungsprinzipien ausgeblendet werden.<br />

Im dritten Fall der Äquivalenz begründet sich die Koinzidenz allein auf eine Art "Seil"<br />

zwischen den beiden Bezeichneten, das dazu führt, dass diese stets zusammen oder aber<br />

gar nicht auftreten. Dabei kann es sich um völlig Unterschiedliches handeln. Die angebliche<br />

Koinzidenz lässt sich allenfalls a posteriori begründen - etwa aufgrund der Diagnose<br />

unseres eingebauten "Koinzidenzdetektors" (Thema "Ankern").<br />

Im vierten Fall wird lediglich behauptet, dass das Eine nicht ohne das Andere da sein kann.<br />

Allerdings kann das Andere durchaus auch allein auftreten.<br />

Womit Bandler & Grinder sich ausschließlich befassen, sind angeblich Äquivalenzen, also<br />

die dritte Form der Gleichheitsbeziehung. Wenn sie demnach von Bedeutungs-Reframing<br />

sprechen, dann meinen sie eine Intervention der folgenden Form:<br />

X ↔ Y (Y bedeutet X) wird überführt in Z ↔ Y (Y bedeutet Z)<br />

Statt also Fußabdrücke auf dem Teppich als gleichbedeutend mit mangelnder Liebe anzusehen,<br />

reframen wir und setzen Fußabdrücke auf dem Teppich gleich mit "Meine Lieben<br />

sind in der Nähe". Bedeutungs-Reframing meint demnach, dass eine Äquivalenz durch<br />

eine andere Äquivalenz ersetzt wird. Doch handelt es sich tatsächlich um eine Äquivalenz<br />

und weshalb wird sie "komplex" genannt?<br />

1.4.2 Komplexe Äquivalenz<br />

Bildet eine "komplexe Äquivalenz" die Grundlage für eine Klage, so ist gemäß Bandler &<br />

Grinder (1975) die strukturelle Voraussetzung für ein Bedeutungs-Reframing erfüllt. Dabei<br />

wird die komplexe Äquivalenz jenem Wahrnehmungsfilter zugeordnet, bei dem uns wenige<br />

Beispiele – oder nur eines – dazu veranlassen, induktiv eine umfassendere Gesetzmäßigkeit<br />

zu erschließen: die Generalisation. Bandler und Grinder führen die komplexe<br />

Äquivalenz wie folgt ein:<br />

We want to point out one additional, frequently occurring form of generalisation<br />

which is somewhat more complex than the ones which we have so far considered in<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

this section. These complex generalizations involve Surface Structures which are<br />

equivalent in the client's model. Typically, the client says one of these Surface<br />

Structures, pauses, and then says the second.<br />

Zitat 32: Bandler & Grinder, 1975, S. 88<br />

Hierbei ist mit "Oberflächenstruktur" eine Aussage gemeint, die eine zugrunde liegende<br />

Erfahrung sprachlich manifestiert. Es wird das folgende Beispiel gegeben:<br />

My husband never appreciates me … My husband never smiles at me.<br />

Übrigens sind in diesem Beispiel beide Behauptungen für sich genommen bereits Generalisierungen<br />

– wegen der Universalquantifikation "never". Aber auch das Herstellen einer<br />

Äquivalenzbeziehung ist ein Generalisierungsvorgang, da behauptet wird, dass das eine<br />

nicht ohne das andere sein kann. Bandler & Grinder (1975) zufolge kann das Bestehen<br />

einer Äquivalenzbeziehung zwischen beiden Behauptungen leicht mit einer Frage ermittelt<br />

werden:<br />

Does your husband's not smiling at you always mean that he doesn't appreciate you?<br />

Bejahe der Klient diese Frage, dann sei eine Äquivalenzbeziehung verifiziert. Zwei Einwände<br />

scheinen sich bei dieser Art der Diagnostik aufzudrängen. Zum einen unterschlagen<br />

die Autoren einen sprachlichen Trick, da die gestellte Frage ein Chunking-up vornimmt,<br />

indem das Wort "never" durch das Wort "not" ersetzt wird. "Not" kann "never" bedeuten,<br />

kann sich aber auch auf bestimmte Orte, Zeiträume, Gesprächsinhalte und sogar auf einen<br />

hypothetischen Einzelfall beziehen. Frage ich "Wenn Sie jemand nicht anlächelt …", dann<br />

bedeutet das etwas anderes als wenn ich frage: "Wenn Sie jemand nie anlächelt …".<br />

"Nicht" unterschlägt insbesondere die Qualität der Dauer. Dieses Chunking-up könnte,<br />

wenn es entdeckt wird, zu einem Rapportbruch führen, sofern die Frage des Coaches als<br />

sophistisches Bemühen, den Coachee zu überlisten, interpretiert wird.<br />

Der zweite Einwand bezieht sich auf die Verwendung der Begriffe "komplex" und "Äquivalenz".<br />

Beginnen wir mit dem letzteren Begriff. In der Brockhaus Enzyklopädie wird<br />

Äquivalenz in einer allgemeinen Bedeutung den Synonymen "Gleichwertigkeit" bzw.<br />

"Entsprechung" zugewiesen. Nehmen wir an, a und b seien zwei Behauptungen. Was also<br />

bedeutet es, wenn gesagt wird "a ist gleichwertig mit b" bzw. "a entspricht b"? Nimmt man<br />

es wörtlich, dann heißt es, dass a und b austauschbar sind, da sie das gleiche bedeuten. In<br />

der Mathematik wird ein Ausdruck dem anderen äquivalent bezeichnet, wenn er dasselbe<br />

aussagt. In der formalen Logik wurde für Äquivalenz ein weniger strenger Regelbezug<br />

definiert. Danach sind zwei Aussagen äquivalent, wenn sie sich wechselseitig logisch implizieren<br />

– wenn also gilt: Aus a folgt b und aus b folgt a. Dabei kann "↔" als Zeichen für<br />

Äquivalenz und "→" als Zeichen für Implikation verwendet werden. Aus a ↔ b (gelesen: a<br />

genau dann, wenn b) folgt nach diesem logischen Prinzip somit zum einen a→b, zum anderen<br />

b→a.<br />

Wie aber ist nun die logische Implikation zu verstehen? Die Implikation a→b (gelesen:<br />

wenn a, dann b) enthält zwei wesentliche Aussagen. Erstens ist das Zutreffen von a ein<br />

hinreichender Grund für das Zutreffen von b. Mit anderen Worten: Wenn a gilt, dann gilt<br />

auch (immer) b. Diese Gesetzmäßigkeit wird Modus Ponens genannt. Zweitens ist das<br />

Nichtzutreffen von b ein hinreichender Grund für das Nichtzutreffen von a. Wenn also b<br />

nicht zutrifft, dann auch nicht a. Diese Gesetzmäßigkeit wird Modus Tollens genannt. Be-<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

trachten wir nun nochmals das von Bandler & Grinder gegebene Beispiel für eine Äquivalenz<br />

und prüfen ihren Äquivalenztest (vgl. Abb 6).<br />

a: My husband never appreciates me<br />

b: My husband never smiles at me<br />

Does your husband's not smiling at you always mean that he<br />

doesn't appreciate you?<br />

Hypothese: a↔b<br />

Prüfung: Gilt b→a ?<br />

Yes Hypothese ist verifiziert<br />

Abbildung 6: Äquivalenztest nach Bandler & Grinder<br />

Schon bei erstem Hinsehen ist zu erkennen, dass da etwas nicht stimmt. Die Prüfung<br />

scheint unvollständig zu sein, da lediglich der Modus Ponens von b→a geprüft wird –<br />

nicht aber der Modus Ponens (MP) von a→b. Alternativ könnte der Modus Tollens (MT)<br />

von a→b gecheckt werden, um die Äquivalenzbeziehung tatsächlich zu ermitteln. Die Untersuchung<br />

von a→b unterbleibt jedoch gänzlich. Eine vollständige Prüfung müsste unseres<br />

Erachtens so aussehen – wobei wir das Chunking-up von "never" zu "not" einmal mitgehen<br />

(vgl. Abb. 7):<br />

a: My husband never appreciates me<br />

Hypothese: a↔b<br />

b: My husband never smiles at me<br />

MP: Does your husband's not smil- MT: Does your husband's ap- Prüfung: Gilt<br />

ing at you always mean that he preciating you always mean that b→a ?<br />

doesn't appreciate you?<br />

he smiles at you?<br />

Yes Es gilt b→a<br />

MP: Does your husband's not ap- MT: Does your husband's smil- Prüfung: Gilt<br />

preciating you always mean that he ing at you always mean that he a→b ?<br />

doesn't smile at you?<br />

appreciates you?<br />

Yes Es gilt auch a→b<br />

und damit a↔b<br />

Abbildung 7: Vollständiger Äquivalenztest<br />

Wie gesagt, der Modus Ponens (MP) und Modus Tollens (MT) sind innerhalb einer Implikation<br />

gleichwertige Prüfverfahren. Die Bestätigung von einem von beiden genügt zur Verifikation<br />

einer Implikationsbeziehung. Spüren wir einmal inhaltlich in die Prüfung von<br />

a→b hinein, dann wird klar, dass die betreffenden Fragen in eine andere Richtung gehen<br />

und von der Klientin nicht so leicht mit "Ja" beantwortet werden können wie die von<br />

Bandler & Grinder gestellte Frage. Warum sollte ich zugeben, dass jemand, der mich nicht<br />

mag, mich niemals anlächelt? Oder weshalb sollte jemand, der mich anlächelt, mich in<br />

jedem Fall mögen? Es scheint ohnehin so zu sein, dass das Urteil "never appreciates me"<br />

erst durch die Beobachtung "never smiles at me" etabliert wird. Aus alledem ist zu schließen,<br />

dass Bandler & Grinder sich zumindest im präsentierten Beispiel im Begriff vertan<br />

haben. Es geht hier nicht um eine Äquivalenzbeziehung zwischen Aussagen, sondern um<br />

eine Implikation, bei der das Zutreffen der einen Aussage b ein hinreichender Anlass für<br />

das Zutreffen der anderen Aussage a bildet. Wir sollten daher in diesem Beispiel und auch<br />

in anderen ähnlich aufgebauten eher von "komplexer Implikation" sprechen als von "komplexer<br />

Äquivalenz".<br />

Was aber soll nun mit "komplex" gemeint sein? Dem obigen Zitat ist keine griffige Begründung<br />

zu entnehmen, weshalb Bandler & Grinder (1975) an späterer Stelle (2000) von<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

"komplexer Äquivalenz" sprechen. In der Überschrift des Textes von 1975 steht noch<br />

"Complex Generalisation - Equivalence", später (Reframing, 1982) reduziert sich dies auf<br />

"complex equivalence". Bandler & Grinder (1975) leiten ein, dass es eine weitere, häufig<br />

auftretende Form der Generalisierung gebe, die in gewisser Weise komplexer sei als diejenigen,<br />

die bis dahin in diesem Abschnitt behandelt worden seien. Schauen wir nach, welche<br />

Formen bis dahin behandelt sind, dann notieren wir:<br />

a) 'Fehlender Referenzindex',<br />

b) 'Symmetrische Prädikate',<br />

c) 'Nichtsymmetrische Prädikate' und<br />

d) 'X oder Y'.<br />

Dies liefert indessen keinen klaren Hinweis für die Verwendung des Wortes "komplex". In<br />

einer Fußnote der Generalisierung 'X oder Y' wird obendrein von einer "psychologischen<br />

Äquivalenz" mit dem Ausdruck (nicht X) → Y gesprochen, ohne den Begriff "psychologische<br />

Äquivalenz" zu erläutern. Betrachten wir das Beispiel für 'X oder Y', dann ergibt sich<br />

aber doch eine erhellende Einsicht:<br />

I have to take care of other people or they won't like me.<br />

Da es sich hier um ein exklusives Oder handelt (entweder das eine oder das andere, nicht<br />

aber beides zusammen), ist diese Aussage bedeutungsgleich mit diesen Aussagen:<br />

a) If I take care of other people they will like me.<br />

b) If people don't like me then I'm not taking care of them.<br />

Dies lässt sich auf bekannte Weise so zusammenfassen (vgl. Abb. 8):<br />

a: Other people like me<br />

b: I take care of other people<br />

MP: Does my taking care of other<br />

people always mean that they like<br />

me?<br />

MT: Does other peoples' not liking<br />

me always mean that I don't care of<br />

them?<br />

Hypothese:<br />

b→a<br />

Prüfung: Gilt<br />

b→a ?<br />

Yes Es gilt b→a<br />

Abbildung 8: Implikationstest bei der Generalisierung "X oder Y"<br />

Wir sehen, dass die logische Struktur der Beziehung zwischen 'X oder Y' und der so genannten<br />

"komplexen Äquivalenz" identisch ist. Lediglich in der Sprache ist der Unterschied<br />

erkennbar, da im einen Fall "entweder a oder b" gesagt wird und im anderen Fall<br />

eher "a, weil b". Aus alledem ist zu folgern, dass die Struktur der "komplexen Äquivalenz"<br />

nicht, wie behauptet, komplexer ist als die der Generalisierung 'X oder Y'. Vielleicht sollte<br />

mit "komplex" auf die Tatsache Bezug genommen werden, dass zwei Gedanken miteinander<br />

zu einem übergeordneten (komplexeren) Gedanken verflochten werden. Allerdings<br />

wird dies bereits durch das Wort "Äquivalenz" herausgestellt und gilt ebenso für 'X oder<br />

Y'. Der Begriff "komplex" erscheint damit nicht hinreichend begründet und dürfte eher zur<br />

Verwirrung als zur Klärung beitragen. Um die aufgezeigte Art der Implikation von der<br />

objektiv-logischen abzuheben, könnte hier hilfreicher von "subjektiver Implikation" statt<br />

"komplexer Äquivalenz" gesprochen werden. Alternativ wäre von einer Generalisierung<br />

der Form "X weil Y" zu sprechen. Diese enthielte sowohl die "komplexe Äquivalenz" als<br />

auch das Muster "X oder Y".<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Da Bandler & Grinder (2000) das Bedeutungs-Reframing (unwissentlich) erfolgreich bei<br />

Implikationsgeneralisierungen angewandt haben, kann somit gefolgert werden, dass die<br />

Form der Klage nicht nur eine "Komplexe Äquivalenz", sondern auch ein "X oder Y"-<br />

Muster oder - allgemein - ein "X weil Y"-Muster sein darf, um ein Bedeutungs-Reframing<br />

in Betracht ziehen zu können.<br />

1.4.3 Kontext- vs. Bedeutungs-Reframing<br />

Hier wollen wir uns noch ansehen, wie sich der Unterschied zwischen Bedeutungs-<br />

Reframing und Kontext-Reframing formal darstellen lässt. Beim Kontext-Reframing wird<br />

das Problemverhalten X von Kontext A in Kontext B transferiert. Dadurch verändert sich<br />

Bewertung Y in Bewertung Z. Genauer gesagt: ein bisher unbenannter – aber de facto präsenter<br />

– Kontext wird benannt. Ein anderer Kontext mit anderen Implikationen wird geschaffen.<br />

a) X → Y (Kontextfreie Klage)<br />

b) X|A → Y (Spezifizierung des verwendeten Kontextes A; lies: X wenn A)<br />

c) X|B → Z (Spezifizierung eines anderen möglichen Kontextes B)<br />

Person 1 beklagt ein Verhalten von Person 2. Dabei bewertet sie das Verhalten als generell<br />

negativ. Der Coach präzisiert den Kontext. Es wird ferner ein Kontext gesucht, der eine<br />

Ausnahme bildet. Durch Benennen der Ausnahme wird die kategorische Bewertung ins<br />

Wanken gebracht. Der Coach "beweist", dass Person 2 das Verhalten zu Recht zeigt, dass<br />

es eine Ressource darstellt. Zumindest in bestimmten Kontexten. Person 1 muss seine Pauschalverurteilung<br />

fallen lassen. Beispiel:<br />

a) Person 2 ist stur. Ich ärgere mich.<br />

b) Person 2 ist stur mir gegenüber. Das erscheint mir unangemessen. Ich ärgere mich.<br />

c) Person 2 ist stur gegenüber unsittlichen Anträgen. Das erscheint mir angemessen. Ich<br />

freue mich.<br />

Beim Bedeutungs-Reframing hingegen bleibt der Kontext derselbe.<br />

a) Y|(A) → X (Ursprüngliche Klage mit eindeutiger Bedeutung)<br />

b) Y|(A) → Z (Spezifikation einer alternativen, nützlichen Bedeutung)<br />

In unserem Teppich-Beispiel also:<br />

a) Abdrücke auf dem Teppich bedeuten, dass ich nicht geliebt werde. Das erscheint mir<br />

unangemessen. Ich ärgere mich.<br />

b) Abdrücke auf dem Teppich bedeuten, dass meine Lieben in der Nähe sind. Das erscheint<br />

mir angemessen. Ich freue mich.<br />

Hier noch einmal eine Übersicht zur logischen Form beider inhaltlicher Reframings (s.<br />

Abb. 9):<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Alt Neu<br />

Y|(A) → X Y|(A) → Z Bedeutungs-Reframing<br />

Y → X Y|(A) → X Kontext-Reframing<br />

Y|(B) → Z<br />

A, B = Kontext, | = wenn, X = Klage und Y, Z = Implikation bzw. Folge oder "Bedeutung"<br />

Abbildung 9: Logische Struktur von Bedeutungs- und Kontext-Reframing<br />

1.4.4 Ereignisse<br />

Bislang unterblieb eine präzisere Beschreibung dessen, was unter einem "Ereignis" zu verstehen<br />

sei (vgl. Abschnitt 1.2.4). Da das Ereignis einen fundamentalen Bestandteil des Reframing-Ansatzes<br />

bildet, wird es lohnend sein, dieses hier nachzuholen. Liest man in den<br />

in dieser Arbeit zitierten Werken, so wird man eine Präzisierung des Ereignisbegriffes<br />

nicht finden. Wir möchten dazu einen Vorschlag machen:<br />

Ereignisse sind Gedanken.<br />

Von Gedanken sprechen wir, wenn wir im Geiste Sätze bilden, die sinnvoll als wahr oder<br />

falsch bezeichnet werden können. Bsp.: "Ich bin zu leichtgläubig", "Sie ist zu stur", "Meine<br />

Familie mag mich nicht". Wir können sagen "Stimmt" oder "Stimmt nicht". Ein Gedanke<br />

wird für uns nur dann zu einem signifikanten Ereignis, wenn wir ihn im Wesentlichen<br />

für wahr halten. Dabei spielt es keine Rolle, ob er auch - objektiv gesehen - wahr ist.<br />

Wir schlagen daher vor: Wann immer jemand eine Klage ausspricht, dann ist der Gegenstand<br />

der Klage ein Gedanke, der aufgrund von Beobachtung oder Überlegung entstanden<br />

ist und im Kontext anderer Gedanken als leidverursachend erlebt wird. Auch wenn wir uns<br />

im alltäglichen Sprachgebrauch auf die Dinge der Welt als leidverursachend beziehen, indem<br />

wir etwa sagen: "Herr X hat mich beleidigt", verhält es sich anders. Die Beleidigung<br />

resultiert aus dem Genuss eines "Cocktails" von Gedanken, den wir selbst zusammen mixen.<br />

Dies entspricht der konstruktivistischen Grundthese, wonach die Welt von uns gezeichnet<br />

wird und wir auf unsere Landkarte der Welt reagieren - nicht auf die Welt selbst.<br />

Wenn wir daher Ereignisse reframen, dann tauschen wir üblicherweise Gedanken aus, um<br />

so zu einer Neubewertung zu gelangen.<br />

1.4.5 Nonverbales Reframing<br />

Ein Reframing muss nicht notwendig sprachlich sein. Wir können durch Gestik und Mimik<br />

gelegentlich mehr aussagen als durch lange Worte. Ein Schüler etwa, der sich gerade einen<br />

schmerzlichen Tadel des Lehrers eingefangen hat, mag die Situation umbewerten, wenn<br />

sein Nachbar heimlich die Augen verdreht und ihn so nonverbal unterstützt. Sprachliche<br />

Reframings können auch durch nichtsprachlige unterstützt werden. Pantomimen sind hilfreiche<br />

Modelle in der Kunst körpersprachlicher Framings und Reframings.<br />

1.5 Systematik des Inhalts-Reframing<br />

An dieser Stelle fassen wir noch einmal knapp die wesentlichen Aspekte zum Inhaltlichen<br />

Reframing zusammen.<br />

31


Relevanz<br />

Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Das Inhaltliche Reframing ist das in der Praxis am häufigsten vorkommenden Reframing-<br />

Modell. Es dient meist dazu, aufgrund einseitiger Überlegungen geäußerte Klagen zu relativieren<br />

und dem Urheber der Klage einen für ihn akzeptablen Zustand zu ermöglichen.<br />

Gelegentlich werden Reframings auch für rhetorische Zwecke genutzt, um eine positive<br />

Sichtweise ins negative zu verkehren oder die Reputation eines Kontrahenten in Frage zu<br />

stellen. Es lohnt, sich eingehender mit Inhaltlichen Reframings zu befassen, weil sie uns<br />

helfen, flexibler mit Herausforderungen umzugehen, die sich in einem umbequemen Frame<br />

präsentieren. Und weil sie in allen möglichen privaten und beruflichen Kontexten platziert<br />

werden können.<br />

Ereignis und Frame<br />

Als im Fokus stehendes (Haupt-) Ereignis haben wir ein Verhalten oder Erleben vorliegen<br />

- bzw. genauer: einen Gedanken darüber. Isoliert hat er für uns noch keine Bedeutung. Um<br />

Bedeutung zu erlangen, müssen wir betrachten, welche weiteren Gedanken ihn begleiten.<br />

Diese weiteren Ereignisse liefern uns Informationen und machen den Rahmen des Ereignisses<br />

aus. In der Wahl des Rahmens sind wir - zumindest theoretisch - frei. Je nach<br />

Rahmen können sich für uns verschiedenartige Interpretationen bzw. "Wahrheiten" ergeben.<br />

Einige davon wirken auf uns zustandsstärkend, einige zustandsneutral - und wiederum<br />

andere zustandsverschlechternd.<br />

Klage und Glorifikation<br />

Zustandsverschlechterungen werden üblicherweise durch Klagen bzw. Beschwerden<br />

kommuniziert. Das sind Gedanken über die Welt oder sich selbst, die für wahr gehalten<br />

werden. Wann immer wir jemanden über etwas klagen hören, können wir schlussfolgern,<br />

dass der Betreffende ein Ereignis so gerahmt hat, dass dessen Auftreten Unzufriedenheit<br />

"erzwingt". Sofern Wahrheit sich auf subjektiv definierte - frei wählbare - Rahmen bezieht,<br />

können wir pragmatisch sagen, dass eine Unzufriedenheit "unnötig" unangemessen sein<br />

kann. Bei anderer Rahmensetzung wäre vielleicht sogar Zufriedenheit möglich. Nur hat<br />

man diesen anderen Rahmen nicht berücksichtigt.<br />

Es ist auch der entgegengesetzte Fall möglich, dass wir unangemessen zufrieden sind bzw.<br />

die Dinge beschönigen - und dabei dringend anliegende Handlungen unterlassen. Wir glorifizieren<br />

unsere Situation unangemessen.<br />

Klagen und Glorifikationen sind gelegentlich nur Deckmäntelchen, unter denen sich ein<br />

Augenzwinkern verbirgt: Der andere meint es nicht wirklich so, sondern kokettiert lediglich.<br />

Andererseits können sich Klagen unter der Maske der Schweigsamkeit bzw. <strong>Teil</strong>nahmslosigkeit<br />

verbergen (Unausgesprochene bzw. sprachlich verfremdete Klagen). Genaue<br />

Beobachtung und Kalibrierung auf den Anderen erleichtert die Diagnose. Im Folgenden<br />

soll vom Sonderfall der Glorifikation weitgehend abgesehen werden und Reframing<br />

als Bearbeitung einer Klage angesehen werden.<br />

Reframe<br />

Sofern wir der Ernsthaftigkeit unseres Gegenübers sicher sind, können wir davon ausgehen,<br />

dass er ein Leiden empfindet, das er lieber nicht hätte. Ein Auftrag an uns lässt sich<br />

daraus jedoch noch nicht ableiten. Wir brauchen zunächst Rapport. Haben wir diesen her-<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

gestellt, können wir den Frame des Gegenübers elizitieren. Dieser gibt uns einen Anhaltspunkt,<br />

um uns auf die Suche nach einem neuen Frame (Reframe) zu begeben. Wir suchen<br />

nach Ereignissen, die das Ausgangsverhalten so rahmen, dass das Beklagte für den Klagenden<br />

nützlich erscheint. Das Benennen dieser Ereignisse ist ein Angebot, das Hauptereignis<br />

in einen alternativen Frame einzubetten.<br />

Nützlichkeit<br />

Das Entscheidende beim Reframing ist, dass dabei für den Coachee etwas Nützliches entsteht.<br />

Es geht also nicht generell darum, die Dinge zu beschönigen. Nützlichkeit kann darüber<br />

gewährleistet werden, dass Denk- und Handlungsalternativen eröffnet werden, die zu<br />

mehr Flexibilität führen bzw. das Repertoire an Handlungsstrategien erweitern. Von Dilts<br />

stammt die Idee, Nützlichkeit dadurch zu generieren, dass wir (a) von einem Problemrahmen<br />

in einen Ergebnisrahmen, (b) von einem Misserfolgs- in einen Feedbackrahmen oder<br />

(c) von einem Unmöglichkeits- in einen Als-ob-Rahmen zu wechseln.<br />

Inhalts-Reframing<br />

In der überwiegenden Zahl der Fälle werden wir bestrebt sein, inhaltlich zu reframen. Wir<br />

gehen dabei auf konkrete Inhalte der Klage ein - Behauptungen über sich oder die Welt -<br />

und beschränken uns nicht darauf, einen formalen Prozess zu durchlaufen, wie etwa beim<br />

Six-Step-Reframing möglich. Als zwei Untermodelle des Inhalts-Reframing stehen zur<br />

Verfügung: Kontext-Reframing und Bedeutungs-Reframing.<br />

Kontext-Reframing<br />

Ein Kontext-Reframing ist dann anwendbar, wenn etwas beklagt wird, das nicht generell<br />

unerwünscht ist. Positiv ausgedrückt: Der Anlass der Klage ist gelegentlich nützlich. Formal<br />

lassen sich solche Klagen daran erkennen, dass Behauptungen der Art "A ist zu X"<br />

(z.B. "Ich bin zu leichtgläubig") auftreten, wobei vom Kontext bzw. dem Bezugspunkt<br />

abstrahiert wird. Unsere Strategie besteht darin, den Kontext oder Hintergrund der Klage<br />

zu elizitieren, um anschließend alternative Kontexte einzusetzen und den Wahrheitsgehalt<br />

der Klage auf Belastbarkeit zu prüfen.<br />

Bedeutungs-Reframing<br />

Ein Bedeutungs-Reframing ist dann möglich, wenn etwas beklagt wird, weil etwas Anderes<br />

"wahr" ist. Bsp.: Es ist wahr, dass meine Familie Abdrücke auf dem Teppich hinterlässt.<br />

Das bedeutet, dass sie mich nicht liebt. Formal lassen sich diese Klagen am Muster<br />

"X weil Y" erkennen. Es wird unterstellt, dass die Bedeutung des einen Satzes (Y) der<br />

zweite Satz (X) ist. Hier besteht unsere Strategie darin, nach alternativen Bedeutungen zu<br />

suchen, die mindestens ebenso plausibel sind - jedoch andere Schlussfolgerungen nahelegen.<br />

Strategien des Inhaltlichen Reframings<br />

Robert Dilts formulierte Strategien, die die Suche nach inhaltlichen Reframings erleichtern.<br />

Beim "Verändern der Rahmengröße" manipulieren wir den Zoom, mit dem wir auf<br />

eine Situation blicken. "Absicht" unterscheidet das eigentliche Problemverhalten bzw. -<br />

erleben von der dahinter stehenden Absicht, die selbst angemessen sein kann. "Ein anderes<br />

Ergebnis" verschiebt den Betrachtungsfokus von einem Problemergebnis auf ein ebenso<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

zutreffendes Wunschergebnis. Beim "Umdefinieren" wechseln wir problematische Formulierungen<br />

durch neutralere oder positivere aus. Beim "Modell der Welt" schließlich ermöglichen<br />

wir dem Coachee eine Betrachtungserweiterung durch Einnehmen der zweiten und<br />

ggf. dritten Position.<br />

Bandler & Grinder empfehlen, den Coachee in das Aufspüren alternativer Frames einzubeziehen.<br />

Wir können ihn fragen, ob er selbst Kontexte kennt oder sich vorstellen kann, in<br />

denen das monierte Verhalten sinnvoll und angemessen ist.<br />

Nonverbales Reframing<br />

Wenngleich Reframing weitgehend sprachlich abläuft, kann unser Vorgehen davon profitieren,<br />

Reframings durch körpersprachliche Möglichkeiten der Rahmenverschiebung zu<br />

ergänzen (vgl. z.B. Psychogeographie).<br />

Rapport<br />

Damit ein Reframing aussichtsreich sein kann, sollte zuvor Rapport zum Coachee bestehen.<br />

Der Coachee soll sich in seinem Anliegen ernst genommen fühlen und die Kommunikation<br />

mit dem Coach als angenehm empfinden. Hierzu dient das Pacing. Der Coach spiegelt<br />

wahlweise Körperhaltung, Bewegungen, sprachliche Eigenarten oder sprachliche Inhalte.<br />

Letzteres kann geschehen, indem das Anliegen bzw. die Klage mit eigenen Worten<br />

wiedergegeben und gewürdigt wird. Besteht Rapport, dann kann der Coach etwas Neues<br />

anbieten, das aus dem bisherigen Rahmen fällt (Leading). Durch das Pacing und ein authentisches<br />

Auftreten des Coaches vorbereitet, wird sich der Coachee bereitwilliger auf das<br />

Angebot des Coaches einlassen.<br />

Beobachtung<br />

Wie können wir wissen, ob unser Reframing eine Wirkung zeigt? Zum einen erfahren wir<br />

einiges über die sprachlichen Äußerungen des Coachee. Zum anderen ist das Kalibrieren<br />

auf die Physiologie des Coachee und die Beobachtung der Veränderungen während des<br />

Reframings eine enorme diagnostische Ressource für den Coach.<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

<strong>Praktischer</strong> <strong>Teil</strong><br />

In diesem praktischen <strong>Teil</strong> werden jene Inhalte aufgeführt, die für ein Seminar über Inhaltliches<br />

Reframing nützlich sein dürften. Thematische Vertiefungen können im theoretischen<br />

<strong>Teil</strong> angestellt werden. Anhand von Fallbeispielen wird das Wesen dieses Reframing erschlossen.<br />

Ergänzende theoretische Erläuterungen des Seminarleiters sollen ein Fundamentwissen<br />

aufbauen helfen, bevor anhand praktischer Übungsbeispiele auch ein "Handlungswissen"<br />

erschlossen wird. Die seminareinrahmenden Steps "Begrüßung", "Organisatorische<br />

Hinweise", "Vorstellungsrunde, "Zusammenfassende Worte", "Feedback" und<br />

"Verabschiedung" werden der Vollständigkeit wegen lediglich aufgeführt, da sie keine<br />

inhaltsspezifischen Maßnahmen verlangen und analog zu anderen Seminaren gehandhabt<br />

werden können. Im Abschnitt 2.2 werden Anregungen gegeben, auf welche Weise die Inhalte<br />

transportiert werden können. In Abschnitt 2.3 werden noch einige Unterweisungsmittel<br />

angeführt.<br />

1.6 Seminarinhalte<br />

In diesem Abchnitt werden zentrale Inhalte zur systematischen Vermittlung des Reframing<br />

benannt. Die möglichen Arten der Vermittlung werden im folgenden Abschnitt beschrieben.<br />

Step 0.1: Begrüßung<br />

Step 0.2: Organisatorische Hinweise<br />

Step 0.3: Vorstellungsrunde<br />

Step 1: Fallbeispiel 1 (Kontext-Reframing)<br />

A: Wie läuft es bei dir?<br />

B: Durchwachsen. Bin ein wenig durcheinander. Meine Tochter war heute wieder so anstrengend<br />

…<br />

A: Anstrengend?<br />

B: Na ja, sie redet halt immer so viel und springt von Thema zu Thema. Irgendwann wird<br />

es mir dann zu viel, und dann bin ich richtig ärgerlich. Dann mag ich mich selber nicht<br />

mehr.<br />

A: Aha.<br />

B: Wenn sie nur nicht so viel reden würde.<br />

A: Redet sie immer zu viel?<br />

B: Hm ... . Wenn ich so darüber nachdenke, dann redet sie immer dann zu viel, wenn ich<br />

nach Hause komme. Oder auch, wenn Besuch kommt. Also, wenn eine Person neu anwesend<br />

ist, dann hat sie wohl das Bedürfnis, viel zu erzählen.<br />

A: Und sonst nicht?<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

B: Nein, ich glaube nicht.<br />

A: Deine Tochter hat wohl eine gewisse Gabe zum Erzählen, nicht wahr?<br />

B: Allerdings!<br />

A: Und du würdest dir wünschen, dass sie in gewissen Situationen in der Lage ist, das<br />

rechte Maß zu finden?<br />

B: Genau.<br />

A: Zum Beispiel, wenn du von der Arbeit nach Hause kommst?<br />

B: Besonders dann!<br />

A: Und gibt es auch Situationen, in denen du dich über ihre Art zu erzählen freust?<br />

B: Ja, natürlich. Sie hat keine Scheu gegenüber fremden Personen und findet überall rasch<br />

Anschluss. Das finde ich gut.<br />

A: Also geht es darum, deine Tochter wissen zu lassen, worauf sie in bestimmten Situationen<br />

achten kann, damit du ausgeglichen bleiben kannst?<br />

B: Ja, besonders, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme.<br />

A: Verstehe. Vielleicht könntest du mit ihr eine Vereinbarung treffen – für genau diese<br />

Situation?<br />

B: Das ist es! Es würde mir schon reichen, eine halbe Stunde Ruhe zu haben. Danach höre<br />

ich mir ihre Tageserlebnisse sogar gerne an …!<br />

Step 2: Fallbeispiel 2 (Bedeutungs-Reframing).<br />

A: Na, wie siehst du denn aus?<br />

B: Ich bin sauer!<br />

A: Ist etwas passiert?<br />

B: Maria hat mich versetzt. Wir wollten uns treffen, aber sie kam nicht!<br />

A: Oje, wie lange hast du denn gewartet?<br />

B: Bis Zwanzig nach. Um zwei Uhr wollten wir uns treffen!<br />

A: So ein Mist.<br />

B: Allerdings!<br />

A: Hm. Und was, denkst du, hat das zu bedeuten, dass sie nicht erschienen ist?<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

B: Na, dass ich ihr egal bin. Dass sie mit mir so etwas machen kann!<br />

A: Verstehe. In diesem Fall wäre ich auch sauer.<br />

B: Eben!<br />

A: Sag mal, gibt es noch eine andere Erklärung, weshalb sie nicht da war?<br />

B: Hm ...<br />

A: Ich meine, vielleicht war es keine Absicht von ihr, dich zu versetzen.<br />

B: Na ja, sie könnte es vergessen haben … oder vielleicht dachte sie, dass das Treffen nicht<br />

stattfindet … oder, warte mal, vielleicht hat sie sich eine andere Uhrzeit gemerkt – wir<br />

haben das Treffen nämlich zwei Mal nach hinten verlegt …<br />

A: Ach so.<br />

B: Hm … vielleicht habe sogar ich mich in der Zeit geirrt – jetzt bin ich völlig verunsichert!<br />

Weißt du was? Ich rufe sie gleich an und frage sie einfach.<br />

A: Gute Idee! Dann weißt du sicher, woran es gelegen hat.<br />

Step 3: Relevanz von Reframings<br />

Die Fähigkeit zum Reframing unterstützt uns dabei, unser Verhalten und Erleben flexibler<br />

zu gestalten, d.h. in einer konkreten Situation über mehrere Verhaltensalternativen zu verfügen.<br />

Im NLP geht man davon aus, dass dies aus zumindest diesen Gründen nützlich ist:<br />

1. Wer in einer bestimmten Situation oder Situationsklasse stets dasselbe Verhalten<br />

oder Erleben zeigt, agiert wie ein Automat. Wer zwischen zwei alternativen Reaktionen<br />

wählen kann, befindet sich im Dilemma. Ab drei möglichen Reaktionsweisen beginnt die<br />

persönliche Freiheit. Letztere wird im NLP als erstrebenswert angesehen.<br />

2. Wer über mehrere alternative Reaktionsweisen verfügt, ist in der Lage, die jeweils<br />

situationsangemessenste auszuwählen. Daher ist es effektiver – und damit besser - eine<br />

Wahl zu haben als keine Wahl zu haben.<br />

3. Das Gesetz der erforderlichen Vielfalt besagt, dass wir Situationen umso mehr kontrollieren,<br />

je höher der Variationsbereich unserer Handlungen ist. Im NLP geht man davon<br />

aus, dass es nützlich ist, die Fähigkeit zu haben, Situationen zu kontrollieren. Wer diese<br />

Fähigkeit nicht hat, wird sich öfter in Situationen finden, denen er sich ausgeliefert fühlt.<br />

4. Eine Vorannahme im NLP besagt, dass es für jedes Verhalten einen Kontext gibt,<br />

in dem es nützlich ist. Die Fähigkeit, für scheinbares Problemverhalten nützliche Kontexte<br />

zu finden (Neukontextualisierung) schützt uns vor Pauschalbewertungen und den diesen<br />

folgenden unangemessenen Reaktionen.<br />

Reframings haben die Eigenart, durch ihren nutzenstiftenden Fokus die Welt ein wenig zu<br />

"verbessern" und erfreuen sich daher meist einer wohlwollenden Haltung der auf diese<br />

Weise Beschenkten.<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Step 4: Was ist eine Klage bzw. Beschwerde?<br />

Bei einer Klage haben wir zum einen eine Emotion vorliegen, die als belastend erlebt wird.<br />

Die Emotion wird damit begründet, dass zum zweiten ein Hauptgedanke oder mehre<br />

Hauptgedanken bzw. Fundamentalbehauptungen wahr sind.<br />

Bsp. 1:<br />

Hauptgedanke: "Meine Tochter redet zu viel"<br />

Emotion: "Ich bin ärgerlich"<br />

Bsp. 2:<br />

Hauptgedanke: "Ich bin ihr egal, weil sie mich versetzt hat"<br />

Emotion: "Ich bin sauer"<br />

Step 5: Was ist ein Frame?<br />

Um zu verstehen, wie der Anlass einer Klage entsteht, ist das Konzept des Frame hilfreich.<br />

Damit ist der gedankliche Kontext gemeint, in dem die belastende Emotion hervorgerufen<br />

wird.<br />

Habe ich im Beispiel 1 den Gedanken "C redet zu viel" - sowie weitere (Neben-) Gedanken,<br />

die zu diesem Gedanken führen - dann bilden alle diese Gedanken den Kontext bzw.<br />

Frame, der für die Entstehung meiner Emotion (Ärger) hinreichend ist. Mögliche Nebengedanken<br />

könnten sein: "C lässt mich nicht zu Wort kommen", "C gönnt mir keine Ruhepause",<br />

"C springt zwischen den Themen hin und her" etc..<br />

Im zweiten Beispiel bilden die Gedanken "Ich bin ihr egal" und "Sie hat mich versetzt" den<br />

Frame, der ebenfalls ausreicht, um Ärger entstehen zu lassen. Wir haben hier eine "Weil-<br />

Konstruktion" vorliegen, da die erste Behauptung deshalb als wahr angenommen wird,<br />

weil der zweite Gedanke wahr ist. Verändern wir plausibel die "Deshalb"-Aussage, dann<br />

verändert sich der Sinn des kompletten Hauptgedanken mit und ermöglicht eine Neubewertung.<br />

Wir können sagen, dass Gedanken innerhalb eines komplexen Hauptgedankens<br />

der Frame für die anderen Bestandteile des Hauptgedankens sind (Beispiel 2). Der Hauptgedanke<br />

aber bildet in Beispiel 2 den Frame für die Emotion Ärger.<br />

Ebenso sind Nebengedanken der Frame für die Hauptgedanken in Beispiel 1. Haupt- und<br />

Nebengedanken zusammen genommen bilden den Frame für die als unangenehm erlebte<br />

Emotion oder Handlung. Nebengedanken begünstigen Hauptgedanken, diese wiederum<br />

begünstigen die unerwünschte Emotion / Handlung.<br />

Step 6: Was ist ein Reframe?<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Vor diesem Hintergrund bedeutet Reframing, dass der Kontext eines kognitiven Ereignisses<br />

(Emotion oder Gedanke) verändert wird, um das kognitive Ereignis ebenfalls zu verändern.<br />

In Beispiel 1 wird der Hauptgedanke neu geframt, indem der Kontext spezifiziert<br />

wird. Damit verliert der ursprüngliche Hauptgedanke an Relevanz und es wird ein neuer<br />

Hauptgedanke möglich.<br />

Bsp. 1:<br />

Hauptgedanken: "Meine Tochter fängt gleich an, ausgiebig zu erzählen, wenn ich nach<br />

Hause komme. Ich will eine Vereinbarung mit ihr treffen, damit ich eine halbe Stunde Pause<br />

habe, bevor sie mir ihre Tageserlebnisse erzählt"<br />

Emotion: "Ich bin erleichtert"<br />

In Beispiel 2 wird die Schlussfolgerung einer Weil-Konstruktion verändert, wodurch sich<br />

der Hauptgedanke insgesamt ebenfalls wandelt.<br />

Bsp. 2:<br />

Hauptgedanken: "Möglicherweise habe ich mich in der Uhrzeit geirrt, weil sie nicht erschienen<br />

ist"<br />

Emotion: "Ich bin unsicher"<br />

Step 7: Was ist Inhalts-Reframing?<br />

Inhaltliche Reframings arbeiten konkret mit den Inhalten bzw. Themen, die der Klagende<br />

preisgibt. Wir nehmen Bezug auf die erzählende Tochter (Beispiel 1) oder die Verabredung<br />

(Beispiel 2). Beim Inhaltlichen Reframing muss man daher den Inhalt kennen, um die<br />

Umdeutung zu bewerkstelligen. Man könnte glauben, dass das immer der Fall sei. Bandler<br />

& Grinder (2000) zeigen jedoch Möglichkeiten auf, wie Reframings auch ohne Kenntnis<br />

der Inhalte im Rahmen von Coaching-Gesprächen bewerkstelligt werden können. Im Alltagsgebrauch<br />

spielen diese jedoch eine untergeordnete Rolle, hier sind Reframings überwiegend<br />

inhaltlich.<br />

Bandler & Grinder (2000) definierten zwei Untermodelle des Inhaltlichen Reframings -<br />

Kontext-Reframing und Bedeutungs-Reframing.<br />

Step 8: Was ist Kontext-Reframing?<br />

Eine Klage wird so formuliert, als gelte sie kontextunabhängig. Im Beispiel 1: "C redet zu<br />

viel". Beim Kontext-Reframing wird a) der Kontext spezifiziert, in dem die Klage berechtigt<br />

ist, b) ein Kontext spezifiziert, in dem die Klage unbegründet ist und c) eine Maßnahme<br />

angeregt, das Verhalten im Problemkontext zu verändern - während es im unproblematischen<br />

Kontext beibehalten werden darf.<br />

Step 9: Was ist Bedeutungs-Reframing?<br />

Beim Bedeutungs-Reframing liegt der Klage ein zusammengesetzter Gedanke der Form<br />

"X weil Y" zugrunde, wobei X und Y für Behauptungen bzw. Gedanken stehen. Im Beispiel<br />

2 ist es der Gedanke "Ich bin ihr egal, weil sie mich versetzt hat". Grundüberlegung<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

beim Bedeutungs-Reframing ist es, dass die Behauptung Y ("Sie hat mich versetzt") verschiedenste<br />

Implikationen bzw. Bedeutungen nach sich ziehen kann. Während diejenige,<br />

auf die der Klagende fokussiert, eine mögliche Sicht der Dinge ist, bemüht man sich beim<br />

Bedeutungs-Reframing um das Auffinden von alternativen Bedeutungen des Y-Satzes, die<br />

nützlicher sind im Hinblick auf die Kontrollierbarkeit der Situation und den eigenen Zustand.<br />

Step 10: Fallbeispiel 3 (Glorifikation)<br />

A: Na, du hast ja einen ziemlichen Zahn drauf.<br />

B: Kein Problem, ich kenne die Straße wie meine Westentasche.<br />

A: Schönes Auto. Enorme Beschleunigung und liegt gut in der Kurve. Muss Spaß machen,<br />

so ein Auto zu fahren.<br />

B: Nicht wahr?<br />

A: Man müsste es auf einer Rennstrecke ausprobieren.<br />

B: Genau!<br />

A: Hier sind die Bedingungen leider nicht optimal. Das Laub auf der Straße, unberechenbare<br />

Fußgänger, unübersichtliche Kurven ...<br />

B: Ja, leider!<br />

A: Bist du privat krankenversichert?<br />

B: Nein gesetzlich - wieso?<br />

A: Nur ein Gedanke. Ich habe eine private Zusatzversicherung. Da kann ich bis zu 90 Tage<br />

im Einzelzimmer liegen - bei bester medizinischer Versorgung. Im Todesfall bekommt<br />

meine Frau ein erkleckliches Sümmchen. Sie muss dann nicht mehr arbeiten und kann die<br />

Kinder allein großziehen.<br />

B: Aha.<br />

A: Hast du eine Absicherung deiner Familie?<br />

B: Nein, bin bisher noch nicht dazu gekommen ...<br />

A: Solltest du tun. Es passiert so viel heutzutage.<br />

B: Hmh ...<br />

Step 11: Was ist eine Glorifikation?<br />

Die Glorifikation ist das Gegenstück zur Klage. Im Gegensatz zu dieser wird ein Gefühl<br />

bzw. ein Verhalten übertrieben positiv gesehen. Sofern sich daraus gefährliche Situationen<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

für den Betreffenden oder dessen Umwelt ergeben können, kann ein umgekehrtes Reframing<br />

nützlich sein.<br />

Step 12: Einordnung des 3. Fallbeispiels<br />

Im Beispiel 3 wird zum einen mit einem Kontext-Reframing gearbeitet. Das problematische<br />

Verhalten "zu schnelles Fahren" wird als angemessen bezeichnet, sofern man sich auf<br />

den Kontext "Rennstrecke" bezieht. Im tatsächlichen Kontext hingegen wird es aufgrund<br />

diverser Begleitumstände (z.B. Laub auf der Straße) als suboptimal klassifiziert. Implizit<br />

kommt aber auch ein Bedeutungs-Reframing zur Anwendung. An Stelle des Gedankens<br />

"Schnell fahren bedeutet, Spaß zu haben" wird indirekt der Gedanke "Schnell fahren bedeutet,<br />

ins Krankenhaus zu kommen, zu sterben, die Familie im Stich zu lassen" etc. gesetzt.<br />

Step 13: Wann sind Reframings angebracht?<br />

Die Welt, in der wir leben, ist im Wesentlichen konstruiert. Eine Vorannahme im NLP<br />

besagt, dass wir nicht die Welt an sich wahrnehmen, sondern eine selbst gezeichnete<br />

"Landkarte" von ihr. Die Landkarte aber unterscheidet sich vom Gebiet, da sie eine Menge<br />

Vereinfachungen, Kürzungen und Größenverzerrungen enthält. Vor diesem Hintergrund ist<br />

es zu verstehen, dass Klagen, die ein echtes Leiden zum Ausdruck bringen, auf einer Wahl<br />

beruhen, Ereignisse auf bestimmte Weise zu framen. Wir zeichnen uns gewissermaßen ein<br />

dramatisches Bild dieses eingegrenzten Gebietes und verwechseln dann das Gebiet mit<br />

unserer Landkarte davon. Beim Reframing geht es darum, Nutzen dort ersichtlich zu machen,<br />

wo er aufgrund einer "unnötig dramatischen" Zeichnung der Welt ausgeblendet wurde.<br />

Beklagt jemand glaubhaft ein Ereignis bzw. eine Situation und wir haben Rapport zur<br />

betreffenden Person, dann dürfen wir uns herausgefordert fühlen, den Kontext der Klage<br />

zu erfragen und auf dieser Basis Bedeutungen bzw. Kontexte zu ermitteln, die plausible<br />

nützliche Aspekte deutlich machen.<br />

Im Falle der Glorifikation liegt der Fall vor, dass das betrachtete Gebiet "unangemessen<br />

schön" gezeichnet wird, wodurch sich Gefährdungen für den Betreffenden oder dessen<br />

Umfeld ergeben. Da dies Sachlagen widerspiegelt, die sich schädlich auf den erlebten Nutzen<br />

auswirken können, dürfen wir uns hier ebenso - bei bestehendem Rapport - angesprochen<br />

fühlen, Rahmen zu setzen, die ausgeblendete wichtige Informationen benennen und<br />

somit - trotz ihrer "enteuphorisierenden" Tendenz - nützlich sind.<br />

Step 14: Wie finden wir Reframings?<br />

Die folgenden Taktiken bzw. Techniken sind Möglichkeiten nach Reframings zu suchen.<br />

Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.<br />

a) Indem wir die Rahmengröße modulieren<br />

b) Indem wir nach einer anderen Absicht suchen<br />

c) Indem wir nach einem anderen Ergebnis suchen<br />

d) Indem wir sprachliche Wendungen umdefinieren<br />

e) Indem wir ein anderes Modell der Welt modellieren<br />

f) Indem wir die Ressourcen des Coachee einbeziehen<br />

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Bsp. zu a):<br />

Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Bei dieser Frame-Ermittlungstechnik verändern wir den "Zoom" auf den betrachteten Zeitraum,<br />

die betrachtete Anzahl von Menschen oder das Blickfeld. In Beispiel 1 (Tochter)<br />

wird zum einen das Blickfeld eingeengt, indem der beklagte Umstand auf einen engeren<br />

Blickwinkel eingegrenzt wird. Wird vor dem Reframing noch der Eindruck vermittelt, das<br />

beklagte Verhalten zeige sich generell – egal, in welcher Situation – wird der Anlass auf<br />

die Hauptsituation "Heimkehr der Mutter von der Arbeit" eingegrenzt. Bei einer zeitlichen<br />

Eingrenzung könnte etwa ermittelt werden, seit wann sich das Verhalten zeigt bzw. zu<br />

welchen Tageszeiten, bei einer personellen Eingrenzung, mit welchen Personen. Wäre der<br />

Anlass der Klage ein einzelner Vorfall – z.B. ein Trennungsthema – dann wäre das Herauszoomen<br />

eine mögliche Reframing-Intervention: das Einbeziehen von Situationen, in<br />

denen Trennung keine Rolle gespielt hat, das Betrachten des Ereignisses als kleiner Bestandteil<br />

in einem großen Zeitraum unterschiedlichster Erfahrungen, das Berücksichtigen<br />

all der Menschen, denen Ähnliches widerfahren ist und die damit umgehen mussten und<br />

konnten.<br />

Bsp. zu b):<br />

Im Beispiel 1 (Tochter) wäre die Frage nach der positiven Absicht möglich, die die Tochter<br />

bewegt, ihr Verhalten zu zeigen. Wird diese Information einbezogen, dann können sich<br />

für die Mutter neue Aspekte ergeben, die ihr Erleben verändern und die Situation neu bewerten<br />

lassen.<br />

Bsp. zu c):<br />

In Beispiel 2 (Verabredung) wird auf die Möglichkeit eines anderen Ergebnisses hingewiesen.<br />

Das Fernbleiben bedeutet danach, dass der Termin anders besprochen wurde. Oder er<br />

wurde im Kontext mehrfacher Verschiebungen vergessen.<br />

Bsp. zu d):<br />

Beim Umdefinieren suchen wir nach einer Formulierung, die den gleichen Inhalt beschreibt,<br />

jedoch andere Assoziationen und Emotionen hervorruft. Im 1. Beispiel der Tochter,<br />

die "zu viel redet" könnte eine Neudefinition erfahren in eine Tochter, die "einer vertrauenswürdigen<br />

Person mitteilt, was ihr Innerstes bewegt". Das Wort "stur" im Beispiel<br />

Bandler & Grinders (2000) könnte umdefiniert werden in "prinzipientreu".<br />

Bsp. zu e):<br />

Wir können, nachdem wir die Klage vollständig herausgearbeitet und gewürdigt haben,<br />

den Klagenden bitten, sich in die Position der Person zu begeben, die Anlass der Klage ist.<br />

Dies kann räumlich geschehen, indem ein anderer Ort eingenommen wird – z.B. ein anderer<br />

Stuhl – und / oder geistig, wobei die gleiche Situation aus dem Erleben der anderen<br />

Person heraus wahrgenommen und erspürt wird. So könnte die Mutter der zu viel redenden<br />

Tochter deren Wahrnehmungsposition einnehmen und aus dieser Perspektive einen neuen<br />

Kontext eröffnen.<br />

Wollen oder müssen wir als Coach den Reframe selbst finden, dann geht die Forderung an<br />

uns, die Wahrnehmungsposition unseres Gegenübers einzunehmen und aus dieser Fokus<br />

und Ausgeblendetes herauszufinden.<br />

42


Bsp. zu f):<br />

Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Die Ressourcen des Coachee beziehen wir offenbar immer mit ein – mehr oder minder.<br />

Mit "die Ressourcen des Coachee einbeziehen" im Speziellen meinen wir hier, dass wir<br />

direkt fragen, z.B. in welchem Kontext das gezeigte Verhalten nützlich wäre. Oder wir<br />

fragen direkt, welche Schlussfolgerungen bzw. Bedeutungen aus einer Behauptung ebenso<br />

abzuleiten sind. Wir lassen also das Kontext- oder Bedeutungs-Reframing durch den<br />

Klienten selbst durchführen. So könnten wir die Mutter der "zu viel" redenden Tochter<br />

fragen, welche möglichen Bedeutungen dieses viele Reden wohl haben könnte. Oder in<br />

welchem Kontext das Viel-Reden nützlich wäre.<br />

An dieser Stelle sollen noch einige Übungsbeispiele angeführt werden, an denen der Lernende<br />

die verschiedenen Techniken erproben kann. Weitere hilfreiche Beispiele und Anregungen<br />

lassen sich der politischen Berichterstattung entnehmen. Gerade Politiker setzen<br />

das "entglorifizierende" Reframing im Umgang mit dem politischen Gegner auf instruktive<br />

Weise ein.<br />

a) Früher war alles besser!<br />

b) Fleisch essen bedeutet Hunger für die Welt!<br />

c) Mit meiner Hörschädigung bin ich sozial isoliert!<br />

d) War kürzlich mit der Bahn unterwegs um lästigen Reisestau per Auto zu umgehen.<br />

Dabei hatte der Regionalzug Verspätung und kam genau eine Minute zu spät an, um<br />

den ICE noch zu bekommen. Ich wartete dann 1 Stunde auf den nächsten Zug und kam<br />

zu spät zur Verabredung,logo;-( ärgerlich genug- aber die Reaktion der Bahn- Angestellten,<br />

war nur ein müdes Schulterzucken. Wie kann man sich wirksam über das Verhalten<br />

beschweren?<br />

e) Bei meinen Noten habe ich eh' keine Chance auf einen Job!<br />

f) Auf Erwin ist nun mal kein Verlass. Zehnmal habe ich ihn gebeten, mir das Buch zurück<br />

zu geben - und nichts ist passiert!<br />

g) Meine Tochter ruft mich nicht mehr an. Ich bin ihr egal!<br />

h) Ich hasse es, geprüft zu werden. Es ist so erniedrigend!<br />

i) Ich bin einfach zu schüchtern und bringe kein Wort heraus!<br />

j) Ich soll mich um diese Stelle bewerben? Aber ich habe zu wenig Erfahrung!<br />

k) Warum nur bist du immer so egoistisch?!<br />

l) Papa, wenn du mir dieses Auto kaufst, werde ich die glücklichste Tochter der Welt<br />

sein!<br />

m) Er ist mir nie treu gewesen!<br />

n) Es ist mir schon peinlich. Mein Sohn ist wieder wegen seiner Gewalttätigkeit auffällig<br />

geworden!<br />

o) Erich ist so verbohrt - es ist, als ob ich an eine Wand rede!<br />

p) Wenn Herr Müller weiße Schuhe trägt, sei vorsichtig: er hat dann schlechte Laune!<br />

q) Frau Wanninger hat mich schon das zweite Mal nicht gegrüßt - so etwas Hochnäsiges!<br />

r) Mein Sohn ist mathematisch unbegabt. Ich erkläre ihm alle Aufgaben von A bis Z, und<br />

in der Schule hat er es wieder vergessen!<br />

s) Weißt du, ich bin so sexy, da wäre es doch schade, wenn ich mich nur einem Mann<br />

hingeben würde ...<br />

t) Ich weiß, wie man gegen ihn argumentieren muss. Ich werde ihn vor allen bloß stellen!<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

1. Beispiel für ein strategisches Vorgehen für a) "Früher war alles besser!":<br />

a) Erfrage, worauf sich die Aussage genau bezieht. Woran macht der Klagende fest,<br />

dass dieses allgemeine Urteil gilt? Schränke also den Fokus ein.<br />

b) Reduziere die Aussage auf die Form "Heutzutage gibt es zu wenig X"<br />

c) Erfrage, ob es Kontexte gibt, in denen es heutzutage nicht zu wenig X gibt<br />

d) Ist das der Fall, so ist die Ausgangsbehauptung als Übertreibung entlarvt<br />

2. Beispiel für ein strategisches Vorgehen für b) "Fleisch essen bedeutet Hunger für die<br />

Welt!":<br />

a) Erfrage, ob ein Zustand ohne Hunger in der Welt nur möglich ist, wenn niemand<br />

Fleisch isst.<br />

b) Falls dies bejaht wird, dann frage, ob in einer Welt ohne Hunger der Mensch nicht<br />

dazu neigt, sich immer weiter zu vermehren. Im Tierreich ist dieser Effekt weithin<br />

bekannt - gibt es keine Ressourcenprobleme, dann wächst die Nachkommenzahl.<br />

Würde also der Mensch sich nicht immer weiter ausbreiten, bis irgendwann der<br />

Hunger auch durch pflanzliche Nahrung nicht mehr gedeckt werden kann - einfach,<br />

weil die Ressourcen der Erde erschöpft sind? Bedeutet Fleisch essen folglich nicht<br />

vielmehr, die Bevölkerungsexplosion der Menschheit auf ein erträgliches Maß zu<br />

regulieren?<br />

c) Alternativ frage, ob ein Hungernder Fleisch essen darf<br />

Step 15: Was können wir tun, damit ein Reframing angenommen wird?<br />

Grundvoraussetzung ist es, Rapport zum Coachee zu haben. Wir erreichen das durch Pacing<br />

- beim Reframing insbesondere durch das Aufgreifen der Klage und der (impliziten<br />

oder expliziten) Würdigung derselben (kein Humor an dieser Stelle). Unsere Wortwahl<br />

lehnt sich dabei an diejenige unseres Gegenübers an, desgleichen die Sprechgeschwindigkeit,<br />

Atmung, Körperhaltung, signifikante Gesten, Mimiken usw. Durch Nachfragen signalisieren<br />

wir unsere Bereitschaft, uns auf das Thema einzulassen und erfahren gleichzeitig<br />

mehr über Gedanken und Glaubenssätze, die den relevanten Kontext des beklagten Ereignisses<br />

bilden.<br />

Erst, wenn wir Rapport haben und merken, dass hinreichend Vertrauen aufgebaut ist, können<br />

wir in ein Leading übergehen. Das kann durch überraschende Fragen, Humor, neue<br />

Gesten und Mimiken, eine Veränderung der Körperhaltung bzw. Atmung und dergleichen<br />

Musterunterbrechungen mehr geschehen. Beim Leading ist darauf zu achten, ob der Coachee<br />

"mitgeht" – z.B. indem er Neugier zeigt – oder auf Ablehnung schaltet, wonach der<br />

Rapport erneut aufzubauen ist.<br />

In allem, was wir während des Reframing-Prozesses tun, brauchen wir Authentizität. Was<br />

wir sagen, sollten wir mit unserem ganzen Körper auch so zum Ausdruck bringen. Ferner<br />

muss unsere Argumentation sich am Weltmodell des anderen orientieren. Daher ist es<br />

wichtig, während des Pacings möglichst viel davon durch Fragen zu ermitteln.<br />

Step 16: Wie erkennen wir, ob ein Reframing akzeptiert wird?<br />

Bleiben wir beim Standardfall des Reframings einer Klage. Während unser Gegenüber<br />

seine Klage vorträgt, machen wir es uns zur Gewohnheit, seine Problemphysiologie zu<br />

registrieren. Damit ist gemeint, auf äußerlich erkennbare Anzeichen zu achten, die uns<br />

44


Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

darauf aufmerksam machen, dass er sich im geschilderten beklagenswerten Zustand befindet.<br />

Dies kann die Art der Körperhaltung sein, die Art der Mimik oder Gestik, die Atmung,<br />

die Hautdurchblutung, die Blickrichtung, Merkmale der Stimme und Ähnliches. Indem wir<br />

nach beobachtbaren Merkmalen bzw. Indikatoren seiner Problemphysiologie Ausschau<br />

halten, "kalibrieren" wir uns auf diesen Problemzustand. Wir erkennen ihn wieder, wenn er<br />

zu einem späteren Zeitpunkt (neu) auftreten sollte. Setzen wir nun unser Reframing ein, so<br />

achten wir darauf, ob sich die Physiologie verändert. Geschieht dies nicht, dann war das<br />

Reframing höchstwahrscheinlich unwirksam. Wirksame Reframings haben in der Regel<br />

eine parasympathische Aktivierung zur Folge, so dass die Veränderungen in der Physiologie<br />

als Ausdruck der Entspannung oder Erleichterung gelesen werden können. Die Veränderungen<br />

können sein: Muskelentspannung, stärkere Hautdurchblutung, Pupillenerweiterungen,<br />

Durchatmen bzw. Verlangsamen der Atmung, Aufrichten des Körpers, Lächeln<br />

und Ähnliches. Aus alledem wird deutlich: Genaue Beobachtung ist eine unschätzbare<br />

Ressource, um die nonverbalen Botschaften unseres Gegenübers zu registrieren. Manchmal<br />

wissen wir dadurch um seinen inneren Zustand, ohne dass (oder bevor) er ihn uns mitteilt.<br />

Step 17: Was tun wir, wenn ein Reframing nicht funktioniert?<br />

Bleibt unser Gegenüber unverändert in seiner Problemphysiologie, so ist dies ein Hinweis,<br />

dass unser Reframing nicht gegriffen hat. Was kann passiert sein? Wir hatten möglicherweise<br />

nicht genügend Rapport. In diesem Falle arbeiten wir abermals daran, den Kontakt<br />

zu unserem Coachee zu vertiefen, wie im vorletzten Abschnitt beschrieben.<br />

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass unser Reframing nicht in das Modell der Welt<br />

unseres Coachees passt und aus diesem Grunde keine Relevanz für ihn besitzt. In Beispiel<br />

2 (Verabredung) hätten wir als Bedeutungs-Reframing anbieten können: "Dass Maria nicht<br />

erschienen ist bedeutet, dass sie sich auf einem hoffnungsvollen Weg der persönlichen<br />

Emanzipation von gesellschaftlichen Ansprüchen befindet". Dies mag dann wirksam sein,<br />

wenn (a) persönliche Emanzipation von gesellschaftlichen Ansprüchen einen hohen Stellenwert<br />

im Weltmodell des Coachee einnimmt und (b) diese Behauptung für Maria plausibel<br />

in Anspruch genommen werden kann. Wo dies nicht der Fall ist, entfaltet sich die gewünschte<br />

Wirkung nicht bzw. gibt das "Reframing" sogar Anlass, einen weiteren Beweggrund<br />

zur Klage einzuführen. In diesem Falle vergegenwärtigen wir uns noch einmal Werte<br />

und Glaubenssätze, die der Coachee in seiner Klage zum Ausdruck bringt. Aufgabe wäre<br />

es sodann, ein Reframing zu finden, das diese bedient und trotzdem zu anderen Schlüssen<br />

Anlass gibt. Dabei kann auch die "Ressource" Coachee einbezogen werden. Besonders,<br />

wenn man nicht weiterkommt, ist es hilfreich, ihn zu fragen bzw. ihn ums Mitüberlegen zu<br />

bitten.<br />

Step 18.1: Zusammenfassende Worte<br />

Step 18.2: Feedbackrunde<br />

Step 18.3: Verabschiedung<br />

1.7 Unterweisungsmethoden<br />

In diesem Abschnitt soll es darum gehen Anregungen zu geben, wie das in 3.1 zu vermittelnde<br />

Wissen im Rahmen eines Seminars angeeignet und eingeübt werden kann.<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Step 1: Fallbeispiel 1 (Kontext-Reframing)<br />

a) Das Fallbeispiel aus Abschnitt 5 wird vorgelesen - am besten von zwei Seminarteilnehmern.<br />

b) Ideensammlung zur Leitfrage: Was passiert in diesem Dialog?<br />

c) Seminarleiter notiert prozessrelevante Beobachtungen der Seminarteilnehmer am Flipchart.<br />

Step 2: Fallbeispiel 2 (Bedeutungs-Reframing)<br />

a) Das Fallbeispiel aus Abschnitt 5 wird als Handout zur Verfügung gestellt.<br />

b) Es werden Kleingruppen gebildet, die die Leitfrage untersuchen: Was passiert in diesem<br />

Dialog - und wie unterscheidet er sich von dem des ersten Fallbeispiels?<br />

c) Kleingruppen fertigen einseitiges Flipchart an und präsentieren ihre Ergebnisse.<br />

d) Seminarleiter ergänzt nötigenfalls die Unterscheidung zwischen Kontextgestaltung<br />

(Step 1) und Bedeutungsgestaltung (Step 2)<br />

Step 3: Relevanz von Reframings<br />

a) Fachreferat durch den Seminarleiter<br />

b) Bei NLP-Hintergrund können NLP-Grundannahmen erfragt werden, die in den Fallbeispielen<br />

eine Rolle spielen<br />

Step 4: Was ist eine Klage bzw. Beschwerde?<br />

a) Fachreferat durch den Seminarleiter<br />

b) Einbeziehung der <strong>Teil</strong>nehmer<br />

c) Flipchart / Pinwand<br />

Step 5: Was ist ein Frame?<br />

a) Fachreferat des Seminarleiters<br />

b) Nutzung optischer Hilfsmittel (z.B. Flipchart)<br />

Step 6: Was ist ein Reframe?<br />

a) Verdeutlichung des Prozesses vom Frame zum Reframe durch den Seminarleiter<br />

b) Zuhilfenahme der Flipchartpräsentationen der Gruppe<br />

c) Fragen an die <strong>Teil</strong>nehmer stellen<br />

d) Flipchart<br />

Step 7: Was ist Inhalts-Reframing?<br />

a) Fachreferat durch Seminarleiter<br />

b) Buch "Reframing" zeigen und verdeutlichen, dass Inhalts-Reframing lediglich ein Kapitel<br />

bildet<br />

c) Flipchart<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Step 8: Was ist Kontext-Reframing?<br />

a) Fachreferat durch Seminarleiter<br />

b) Seminarleiter stellt Bezug zwischen Fallbeispiel 1 und Kontext-Reframing her<br />

c) <strong>Teil</strong>nehmer geben Anregungen, was das Wesen des Kontext-Reframings darstellt<br />

d) Flipchart<br />

Step 9: Was ist Bedeutungs-Reframing?<br />

a) Fachreferat durch Seminarleiter<br />

b) Seminarleiter stellt Bezug zwischen Fallbeispiel 2 und Bedeutungs-Reframing her<br />

c) <strong>Teil</strong>nehmer geben Anregungen, was das Wesen des Bedeutungs-Reframings darstellt<br />

d) Flipchart<br />

Step 10: Fallbeispiel 3 (Glorifikation)<br />

a) Das Fallbeispiel aus Abschnitt 5 wird als Handout zur Verfügung gestellt.<br />

b) Es werden Kleingruppen gebildet, die die Leitfrage untersuchen: Was passiert in diesem<br />

Dialog - und wie unterscheidet er sich von denen der ersten beiden Fallbeispiele?<br />

c) Kleingruppen fertigen einseitiges Flipchart an und präsentieren ihre Ergebnisse.<br />

Step 11: Was ist eine Glorifikation?<br />

a) Seminarleiter ergänzt nötigenfalls die Unterscheidung zwischen dem Reframing einer<br />

Klage und dem (umgekehrten) Reframing einer Glorifikation<br />

b) Ferner soll der Nutzen beider Reframings herausgestellt werden<br />

Step 12: Einordnung des 3. Fallbeispiels<br />

a) Sofern noch nicht zur Sprache gekommen: Stilles Brainstorming zur Leitfrage: Welcher<br />

Typ von Reframing kommt im 3. Fallbeispiel zur Anwendung<br />

b) Erfragen der Ergebnisse durch den Seminarleiter<br />

c) Flipchart<br />

Step 13: Wann sind Reframings angebracht?<br />

a) Fachreferat des Seminarleiters<br />

b) Fragen der <strong>Teil</strong>nehmer beantworten<br />

Step 14: Wie finden wir Reframings?<br />

a) Seminarleiter führt in die Technik "die Rahmengröße modulieren" ein<br />

b) Seminarleiter führt in die Technik "nach einer anderen Absicht suchen" ein<br />

c) Seminarleiter führt in die Technik "nach einem anderen Ergebnis suchen" ein<br />

d) Seminarleiter führt in die Technik "sprachliche Wendungen umdefinieren" ein<br />

e) Seminarleiter führt in die Technik "ein anderes Modell der Welt modellieren" ein<br />

f) Seminarleiter führt in die Technik "die Ressourcen des Coachee einbeziehen" ein<br />

g) Demonstration an einem echten praktischen Fall vor der Runde durch den Seminarleiter<br />

h) Handout mit Übungsbeispielen an alle verteilen<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

i) Gruppen bilden, die jeweils ein Übungsbeispiel mit einer Technik ihrer Wahl bearbeiten;<br />

Variation: Mehrere Fallbeispiele bearbeiten<br />

j) Gruppen sollen die Form der Klage ermitteln und jeweils sagen, mit welcher Strategie<br />

bzw. Technik sie diese reframen würden<br />

k) Vorstellung der Ergebnisse vor der Gesamtteilnehmerschaft<br />

l) Das Prozessmodell nach Bandler & Grinder im Abschnitt 2.2.17 (Übung Kontext- und<br />

Bedeutungs-Reframing) kann im Anschluss als Handout zur Verfügung gestellt werden<br />

Step 15: Was können wir tun, damit ein Reframing angenommen wird?<br />

a) Fachreferat: Seminarleiter erläutert die Grundlagen von Rapport und Authentizität<br />

b) Partnerübung: A erzählt von einer beklagenswerten Situation. B übt sich in aktivem<br />

Zuhören und baut Rapport auf, während er authentisch bleibt. Rückspiegeln an A, was<br />

B von ihm erfahren hat<br />

c) Feedback von A an B<br />

d) Rollenwechsel<br />

e) Feedback in der großen Runde<br />

Step 16: Wie erkennen wir, ob ein Reframing akzeptiert wird?<br />

a) Fachreferat: Seminarleiter weist in die Relevanz der Beobachtung und die Tatsache<br />

hin, dass es äußere Merkmale / Indikatoren für innere Zustände gibt.<br />

b) Fragerunde: Welche Indikatoren für innere Zustände gibt es?<br />

c) Flipchart<br />

Step 17: Was tun wir, wenn ein Reframing nicht funktioniert?<br />

a) Fragerunde: Seminarleiter fragt nach Ideen<br />

b) Fehlender Rapport und fehlende Eignung des Reframing für den Coachee sollten genannt<br />

werden<br />

1.8 Unterweisungsmittel<br />

Abschließend noch einige Anstöße für Unterweisungsmittel, die genutzt werden können:<br />

a) Kärtchenabfrage mit Pinwand<br />

b) Flipchart<br />

c) Handout Fallbeispiele<br />

d) Handout Übungsaufgaben<br />

e) Handout Prozessmodell nach Bandler & Grinder (aus Abschnitt 2.2.17)<br />

f) Handout Seminarskript oder Agenda<br />

g) Büchertisch<br />

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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 1: Parabel vom chinesischen Bauern (Bandler & Grinder, 2000, S.13) ..............5<br />

Abbildung 2: Frame-Metapher nach Dilts (2003) .................................................................5<br />

Abbildung 3: Rollen im Prozess zwischen Framing und Reframing.....................................8<br />

Abbildung 4: Ereignis, Kontext und Ausgeblendetes bilden die Konstellation ....................9<br />

Abbildung 5: Klage, Form und empfohlenes Reframing (Bandler & Grinder, 2000).........15<br />

Abbildung 6: Äquivalenztest nach Bandler & Grinder .......................................................28<br />

Abbildung 7: Vollständiger Äquivalenztest ........................................................................28<br />

Abbildung 8: Implikationstest bei der Generalisierung "X oder Y"....................................29<br />

Abbildung 9: Logische Struktur von Bedeutungs- und Kontext-Reframing.......................31<br />

Zitate<br />

Zitat 1: Bandler & Grinder, 2000, S. 13 ................................................................................5<br />

Zitat 2: Dilts, 2001, S. 37.......................................................................................................6<br />

Zitat 3: Dilts, 2001, S. 36.......................................................................................................6<br />

Zitat 4: Bandler & Grinder, 2000, S. 14 ................................................................................8<br />

Zitat 5: Bandler & Grinder, 2000, S. 210 ..............................................................................8<br />

Zitat 6: Bandler & Grinder, 2000, S. 14 ..............................................................................10<br />

Zitat 7: Bandler & Grinder, 2000, S. 14 ..............................................................................10<br />

Zitat 8: Bandler & Grinder, 2000, S. 15 ..............................................................................11<br />

Zitat 9: Bandler & Grinder, 2000, S. 19 ..............................................................................12<br />

Zitat 10: Bandler & Grinder, 2000, S. 19 ............................................................................12<br />

Zitat 11: Bandler & Grinder, 2000, S. 45 ............................................................................12<br />

Zitat 12: Bandler & Grinder, 2000, S. 26 ............................................................................15<br />

Zitat 13: Bandler & Grinder, 2000, S. 25 ............................................................................15<br />

Zitat 14: Bandler & Grinder, 2000, S. 25 ............................................................................16<br />

Zitat 15: Bandler & Grinder, 2000.......................................................................................16<br />

Zitat 16: Bandler & Grinder, 1982, S. 16, übersetzt durch den Autor.................................17<br />

Zitat 17: Bandler & Grinder, 2000, S. 58 ............................................................................17<br />

Zitat 18: Bandler & Grinder, 2000, S. 33 ............................................................................18<br />

Zitat 19: Bandler & Grinder, 2000, S. 46-47 .......................................................................18<br />

Zitat 20: Bandler & Grinder, 2000, S. 48 ............................................................................19<br />

Zitat 21: Bandler & Grinder, 2000, S. 49 ............................................................................19<br />

Zitat 22: Bandler & Grinder, 2000, S. 171 ..........................................................................19<br />

Zitat 23: Dilts, 2001, S. 40...................................................................................................20<br />

Zitat 24: Dilts, 2001, S. 30...................................................................................................20<br />

Zitat 25: Dilts, 2001, S. 32...................................................................................................21<br />

Zitat 26: Dilts, 2001, S. 32...................................................................................................22<br />

Zitat 27: Dilts, 2001, S. 35f .................................................................................................22<br />

Zitat 28: Dilts, 2001, S. 36...................................................................................................22<br />

Zitat 29: Dilts, 2001, S. 41...................................................................................................23<br />

Zitat 30: Dilts, 2001, S. 42...................................................................................................23<br />

Zitat 31: Dilts, 2001, S. 33...................................................................................................24<br />

Zitat 32: Bandler & Grinder, 1975, S. 88 ............................................................................27<br />

49


Literatur<br />

Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />

R. Bandler & J. Grinder (1975). The structure of magic I. A book about language and therapy.<br />

Palo Alto, California: Science and Behavior Books.<br />

R. Bandler & J. Grinder (1982): Reframing. Neuro-Linguistic Programming and the Transformation<br />

of Meaning. Moab, Utah: Real People Press.<br />

R. Bandler & J. Grinder (2000): Reframing. Ein ökologischer Ansatz in der Psychotherapie<br />

(NLP). 7. Auflage, Paderborn: Junfermann.<br />

R. Bandler & J. Grinder (2001): Neue Wege der Kurzzeittherapie. 13. Auflage, Paderborn:<br />

Junfermann.<br />

I. Copi & C. Cohen (1998). Introduction to logic. Tenth edition. Upper Saddle River: Prentice<br />

Hall.<br />

R. B. Dilts (2001). Die Magie der Sprache. Sleight of Mouth. Angewandtes NLP. Paderborn:<br />

Junfermann.<br />

K. Grochowiak (1996). Das NLP Practitioner Handbuch. Paderborn: Junfermann.<br />

Kontakt<br />

Mario Giesel<br />

Aachener Straße 165<br />

B-4730 Hauset<br />

mario.giesel@yahoo.de<br />

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