Umstellung der verbleibenden - Das Magazin der Bibliotheken in ...
Umstellung der verbleibenden - Das Magazin der Bibliotheken in ...
Umstellung der verbleibenden - Das Magazin der Bibliotheken in ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
110 // <strong>Bibliotheken</strong> <strong>in</strong> Sachsen<br />
Spurensuche<br />
Im April 2009 startete an <strong>der</strong> SLUB e<strong>in</strong> Projekt<br />
zur Provenienzerschließung<br />
von JANA KOCOUREK und NORMAN KÖHLER<br />
Varianten des Exlibris<br />
<strong>der</strong> Kurfürstlichen<br />
Bibliothek zu Dresden,<br />
zwei- bzw. dreizeilig.<br />
Nahezu täglich sehen sich Museen und<br />
<strong>Bibliotheken</strong> mit Nachfragen von Erben<br />
o<strong>der</strong> Journalisten konfrontiert, die nach<br />
dem Verbleib von Kulturgut forschen. Dabei stehen<br />
verschiedene Interessen im H<strong>in</strong>tergrund: für die<br />
Erben die Suche nach Spuren von Vorfahren, die<br />
wohl unmittelbarer nicht se<strong>in</strong> können als e<strong>in</strong> Autogramm<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e handschriftliche Widmung,<br />
genauso wie auf journalistischer Seite die Suche<br />
nach e<strong>in</strong>er unerhörten Geschichte. Provenienzforschung<br />
ist heute e<strong>in</strong> gern gebrauchtes Schlagwort <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> deutschen Bibliothekslandschaft, aber nicht nur<br />
dort. Bund und Län<strong>der</strong> haben mit <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsstelle<br />
für Kulturgutdokumentation und Kulturgutverluste<br />
<strong>in</strong> Magdeburg e<strong>in</strong>e zentrale E<strong>in</strong>richtung<br />
geschaffen, die die verschiedenen Bemühungen<br />
im Bereich <strong>der</strong> Provenienzrecherche seitens kultureller<br />
E<strong>in</strong>richtungen im deutschsprachigen Raum<br />
bündelt. Mit <strong>der</strong> Lost-Art-Internetdatenbank steht<br />
e<strong>in</strong> Instrument zur Verfügung, das die weltweite<br />
Recherche nach Kunstwerken und Büchern und<br />
ihren Verlustumständen ermöglicht und darauf<br />
abzielt, die entsprechenden Objekte zweifelsfrei zu<br />
identifizieren und den rechtmäßigen Eigentümern<br />
zurückzuerstatten (http://www.lostart. de).<br />
„Verlustumstände“ s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Kontext nach<br />
landläufiger Me<strong>in</strong>ung wi<strong>der</strong>rechtliche Enteignungen<br />
im Zuge <strong>der</strong> nationalsozialistischen Verfolgung<br />
bzw. Veräußerungen o<strong>der</strong> Zurücklassen von Kunstgegenständen<br />
bei Flucht und Emigration. H<strong>in</strong>zu<br />
kommen jedoch Verlustumstände, die <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
im Osten Deutschlands e<strong>in</strong>e Rolle spielen und die<br />
weit über das Jahr 1945 h<strong>in</strong>ausreichen: Beschlagnah-<br />
mungen, Plün<strong>der</strong>ungen, Auslagerungen <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Bodenreform enteigneten Schlösser und Herrenhäuser.<br />
Der euphemistische Fachbegriff dafür lautet<br />
„Schlossbergung“.<br />
Die Umstände des Zugangs an Büchern <strong>in</strong> Zeiten<br />
totalitärer Herrschaft restlos zu klären, ist e<strong>in</strong>erseits<br />
e<strong>in</strong>e von außen an die <strong>Bibliotheken</strong> herangetragene<br />
Aufgabe. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite besteht Interesse,<br />
Spuren jener Bücher o<strong>der</strong> Objekte (Musikalien,<br />
Handschriften, Karten), welche die <strong>Bibliotheken</strong><br />
nach 1945 verlassen haben, von den Besatzern<br />
beschlagnahmt und über Län<strong>der</strong>grenzen h<strong>in</strong>weg<br />
ausgelagert wurden, nachzuzeichnen. Auch die Verlustumstände<br />
dieser sogenannten Beutekunst gilt es<br />
sensibel und gründlich zu klären.<br />
Ohne Zweifel besteht die moralische Verpflichtung,<br />
alle Exemplare, welche unrechtmäßig <strong>in</strong> den Besitz<br />
von Museen und <strong>Bibliotheken</strong> gelangt s<strong>in</strong>d, umfassend<br />
zu dokumentieren. Um diese Verpflichtung zu<br />
erfüllen, genügt es nicht, auf Zufallsfunde, Stichproben<br />
o<strong>der</strong> anlassbezogene Recherche zu setzen;<br />
e<strong>in</strong>e systematische Recherche ist unabd<strong>in</strong>gbar. Die<br />
zweifelsfreie Identifizierung <strong>der</strong> betreffenden Ob -<br />
jekte bedenklicher Provenienz und die Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Verlustumstände s<strong>in</strong>d nur im Zusammenspiel<br />
verschiedener Quellen möglich. Auskunft über<br />
Vorbesitzer geben Zugangsbücher, Bibliotheksakten<br />
etc., die häufig jedoch unvollständig, schwer zu -<br />
gänglich o<strong>der</strong> aber von m<strong>in</strong><strong>der</strong>wertiger Qualität<br />
s<strong>in</strong>d, sogar verlorengegangen se<strong>in</strong> können. Wichtigste<br />
Quelle für H<strong>in</strong>weise auf frühere Besitzer bleiben<br />
daher die Exemplare selbst.<br />
Neben <strong>der</strong> moralischen Verpflichtung bestehen<br />
zw<strong>in</strong>gende juristische Umstände, die e<strong>in</strong> systematisches<br />
Vorgehen erfor<strong>der</strong>lich machen: Die Ämter zur<br />
Regelung offener Vermögensfragen im Freistaat<br />
Sachsen s<strong>in</strong>d mit zahlreichen Restitutionsfor<strong>der</strong>ungen<br />
bezüglich beweglichen Besitzes konfrontiert,<br />
die zum größten Teil auf die Bodenreform/Schlossbergung<br />
zurückgehen. Die gesetzliche Grundlage<br />
für diese Verfahren bildet das Ausgleichsleistungsgesetz<br />
(AusglLeistGes) vom 1.12.1994, speziell die §§ 5<br />
und 6. Erst nach <strong>in</strong>tensiven Recherchen über die