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Ein berühmtes Faultier

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ken präziser zu fassen und in der Selektion<br />

den Schlüssel für die Artbildung zu finden.<br />

D’Altons Abbildungen waren so gut, dass sie<br />

von Cuvier für sein <strong>berühmtes</strong> Werk „Recherches<br />

sur les Ossemens Fossiles“ in den<br />

Auflagen ab 1821 verwendet wurden. Solches<br />

„Abkupfern“ war damals weit verbreitet,<br />

aber Cuvier gab d’Alton immerhin als<br />

Zeichner an.<br />

Richard Owen und das Megatherium<br />

Darwin schickte seine Aufsammlungen, darunter<br />

auch die Knochen von Megatherium,<br />

mit Handelsschiffen zurück nach London.<br />

Der berühmte Zoologe Richard Owen<br />

(1804-1892), Begründer des Natural History<br />

Museums in London, bearbeitete die von<br />

Darwin übersandten fossilen Knochen in<br />

vier Aufsätzen von 1838-1840. Dem Megatherium<br />

wandte er sich mehrfach zu und veröffentlichte<br />

umfassende Beschreibungen mit<br />

prächtigen Tafeln (Owen 1851, 1855, 1856,<br />

1858, 1859). Darin interpretierte er dessen<br />

Lebensweise aufgrund der Zähne als Laubfresser,<br />

wie es auch schon von Cuvier angenommen<br />

worden war. Cuvier war von einem<br />

kleinen Rüssel ausgegangen, womit das Tier<br />

an das Laub der Bäume herankam. Owen<br />

glaubte, dass sich das Megatherium aufrichten<br />

konnte. Das große, becherförmige Becken,<br />

die kräftigen Hinterbeine und den<br />

muskulösen Schwanz deutete er als eine stabile<br />

Dreibeinkonstruktion, über der sich das<br />

Tier aufrichten konnte (Abb. 3). Dadurch<br />

war es in der Lage, mit den sehr beweglichen<br />

Armen besser nach den Ästen zu greifen und<br />

sie mit den Krallen herunterzuziehen. Pander<br />

& d’Alton hatten noch vermutet, dass<br />

das Megatherium die Krallen vornehmlich<br />

zum Graben nach Pflanzen eingesetzt hätte.<br />

Owen wandte sich rigoros gegen die Herleitung<br />

der heutigen <strong>Faultier</strong>e vom Megatherium,<br />

wie sie Pander & d’Alton angenommen<br />

hatten, und argumentierte, dass die großen<br />

Tiere ausgestorben seien, weil sie bei ungünstigen<br />

Umweltbedingungen in Bedrängnis<br />

geraten wären. Owen hatte zwar Recht,<br />

dass die beiden heutigen Gattungen nicht<br />

von Megatherium abstammen, sondern nur<br />

auf gemeinsame Ahnen zurückgehen. Aber<br />

Owen lehnte auch diesen Gedanken ab, weil<br />

er sich nie mit der Vorstellung einer Evolution<br />

im Sinne von Darwin anfreunden konnte.<br />

Owens Rekonstruktion, nach der sich das<br />

Megatherium aufrichten konnte, wurde 1898<br />

in der Pariser Weltausstellung übersteigert.<br />

Nach einer Idee von Jean Albert Gaudry,<br />

Professor für Paläontologie am Muséum<br />

National d’Histoire Naturelle in Paris, wurde<br />

das Skelett fast voll aufgerichtet montiert,<br />

so dass der Kopf eine Höhe von 3,15 m erreichte<br />

(Argot 2008). Diese sensationelle, das<br />

Publikum begeisternde Aufstellung des Skelettes<br />

wurde zum Vorbild für fast alle späteren<br />

Montagen<br />

Neue Fragestellungen?<br />

Das Lebensbild, das Owen entworfen hatte,<br />

wurde allgemein akzeptiert, und man könnte<br />

sich fragen, ob es bei einem schon so lange<br />

bekannten Tier überhaupt noch neue Aspekte<br />

geben kann, die zu erforschen oder zu<br />

diskutieren sind.<br />

Wer sind die nächsten Verwandten?<br />

Megatherium americanum ist zwar das bekannteste<br />

der Riesenfaultiere, aber keineswegs<br />

die einzige Art dieser Gruppe, die auch<br />

im südlichen Nordamerika vorkam. Schon<br />

Cuvier (1796) hatte richtig erkannt, dass die<br />

kleinen, baumlebenden <strong>Faultier</strong>e die nächstverwandten<br />

Formen in der heutigen Fauna<br />

sind. Computergestützte Merkmalsanalysen<br />

ergaben inzwischen, dass es drei verschiedene<br />

Familien von Riesenfaultieren gegeben<br />

hat, die Megalonychidae, Mylodontidae und<br />

die Megatheriidae (Gaudin 2004). Zu letzteren<br />

gehört auch Megatherium. Zu den Megalonychidae<br />

gehört auch der heutige Choloepus.<br />

Bradypus, die zweite noch existierende<br />

Gattung, ist dagegen zu einer eigenständigen<br />

vierten Familie zu rechnen, die allen anderen<br />

<strong>Faultier</strong>en gegenübersteht. Die Ähnlichkeit<br />

der beiden rezenten Gattungen, die sich beide<br />

an Ästen hängend fortbewegen, geht also<br />

nicht auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück,<br />

sondern ist konvergent entstanden.<br />

Wie bewegte sich das Megatherium?<br />

Über die Art und Weise, wie sich Megatherium<br />

fortbewegte, geben neue Funde Auskunft.<br />

Bei Bru, Cuvier und Pander & d’Alton<br />

war das Megatherium ein Vierbeiner, was bei<br />

einem Gewicht von vier Tonnen nicht verwunderlich<br />

ist. Pander & d’Alton beschrieben<br />

seinen Gang als „langsam und schleppend“.<br />

Die heutigen <strong>Faultier</strong>e sind, wie ihr<br />

Name sagt, auch nicht gerade flink. Wegen<br />

der starken Beine (Abb. 4), der enormen Beckenschaufeln<br />

und des muskulösen Schwanzes<br />

nahm Owen (1851) an, dass sich Megatherium<br />

wie ein Bär aufgerichtet habe, um an<br />

zusammengestellt von Mitgliedern der Paläontologischen Gesellschaft<br />

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