Latente Steuern im internationalen Vergleich
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der Periode seiner wirtschaftlichen Verursachung zugeordnet<br />
wird. 1 Während die zeitliche Begrenzung<br />
der Ergebnisdifferenz bisher mit „t<strong>im</strong>ing“ zum Ausdruck<br />
gebracht wurde, gehen die jüngeren Bilanzierungsvorschriften<br />
(SFAS No. 109, IAS 12 (rev.)) von<br />
einem neuen Verständnis der Abgrenzungsgrundlage<br />
aus. Durch das Zugrundelegen von „temporary differences“<br />
werden nun <strong>im</strong> Gegensatz zum GuV-orientierten<br />
Begriff der „t<strong>im</strong>ing differences“ alle bilanzierungs-<br />
oder bewertungsbedingten Diskrepanzen zwischen<br />
handels- und steuerrechtlichen Ansätzen erfaßt.<br />
Damit beinhalten die bilanzorientierten „temporary<br />
differences“ neben den erfolgswirksam entstandenen<br />
Ergebnisunterschieden auch erfolgsneutral<br />
zustande gekommene Wertdifferenzen, die später zu<br />
steuerlichen Wirkungen führen. 2 Dieser Verständniswechsel<br />
soll anhand des folgenden Beispiels über die<br />
unterschiedliche Erfolgswirksamkeit einer Neubewertung<br />
verdeutlicht werden, wobei von konkreten<br />
rechtlichen Vorschriften abstrahiert wird.<br />
Beispiel:<br />
Ein Gebäude, das 19X0 für 80.000 GE angeschafft<br />
wurde, wird handelsrechtlich über 20 Jahre und<br />
steuerlich über 10 Jahre hinweg linear abgeschrieben.<br />
Zum 1. 1. 19X5 wird das Gebäude in der Handelsbilanz<br />
erfolgsneutral auf 90.000 GE aufgewertet<br />
und das Unternehmen schätzt die restliche Nutzungsdauer<br />
auf weitere 20 Jahre. Die jeweiligen<br />
Buchwerte entwickeln sich wie folgt:<br />
Handelsbilanz<br />
Jahr Anschaffungskosten/ Kumulierte Buchwert<br />
Neubewertung Afa<br />
31. 12. 19X3 80.000 16.000 64.000<br />
31. 12. 19X4 80.000 20.000 60.000<br />
Aufwertung zum 1. 1. 19X5 + 30.000<br />
31. 12. 19X5 90.000 * 4.500 85.500<br />
31. 12. 19X6 90.000 9.000 81.000<br />
* = Abschreibung auf Basis des aufgewerteten Gebäudes und der erhöhten Restnutzungsdauer<br />
Steuerbilanz<br />
Jahr Anschaffungskosten Kumulierte<br />
Afa<br />
Buchwert<br />
31.12.19X3 80.000 32.000 48.000<br />
31.12.19X4 80.000 40.000 40.000<br />
31.12.19X5 80.000 48.000 32.000<br />
31.12.19X6 80.000 56.000 24.000<br />
<strong>Vergleich</strong> der handelsrechtlichen und steuerlichen Buchwerte:<br />
Die Ergebnisdifferenzen der Jahre 19X3/4 resultieren<br />
infolge unterschiedlicher Abschreibungsmethoden<br />
in Handels- und Steuerbilanz aus der abweichenden<br />
erfolgswirksamen Aufwandserfassung und<br />
stellen somit „t<strong>im</strong>ing differences“ dar. Die Abweichung<br />
in 19X5/X6 beruht dagegen zum Teil auf der<br />
erfolgsneutralen Neubewertung des Gebäudes: Der<br />
entsprechende Anteil von 29.500/29.000 stellt eine<br />
„temporary difference“ dar, während der Restbetrag<br />
beiden Definitionen gerecht wird. Bei der Neubewertung<br />
dient folglich eine höhere Bemessungsgrundlage<br />
zur Ermittlung der latenten <strong>Steuern</strong>, die<br />
jedoch um die auf den Aufwertungsbetrag (30.000<br />
GE) entfallenden latenten <strong>Steuern</strong>, die <strong>im</strong> Gegenzug<br />
von der Neubewertungsrücklage abzuziehen sind,<br />
wieder reduziert wird. 3 Die erfolgswirksame Behandlung<br />
des Neubewertungsvorgangs führt dagegen<br />
zur erneuten Einstufung des Unterschiedsbetrages<br />
als „t<strong>im</strong>ing difference“. Dieser Fall tritt z.B. in<br />
Großbritannien auf, wenn der bei der Veräußerung<br />
des neubewerteten Vermögensgegenstandes erzielte<br />
Gewinn/Verlust steuerpflichtig ist. 4<br />
III. <strong>Vergleich</strong> nationaler Vorschriften<br />
1. Rechtsgrundlagen<br />
Jahr handelsrechtlicher steuerlicher Differenz Kategorie<br />
Buchwert Buchwert<br />
31.12.19X3 64.000 48.000 16.000 „t<strong>im</strong>ing“ und „temporary“<br />
31.12.19X4 60.000 40.000 20.000 „t<strong>im</strong>ing“ und „temporary“<br />
31.12.19X5 ohne NB 57.000 32.000 ohne NB 24.000 „t<strong>im</strong>ing“ und „temporary“<br />
Anteil NB 28.500 Anteil NB 29.500 „temporary“<br />
mit NB 85.500 mit NB 53.500<br />
31.12. 19X6 ohne NB 52.000 24.000 ohne NB 28.000 „t<strong>im</strong>ing“ und „temporary“<br />
Anteil NB 29.000 Anteil NB 29.000 „temporary“<br />
mit NB 81.000 mit NB 57.000<br />
Da die US-amerikanische Rechnungslegung kein<br />
Maßgeblichkeitsprinzip kennt, stellt die Steuerabgrenzung<br />
dort schon seit über 40 Jahren ein geläufiges<br />
Bilanzierungsinstrument dar. Die Überarbeitung<br />
früherer Vorschriften (APB No. 11, SFAS No. 96)<br />
führte zur Verabschiedung des „Statement<br />
of Financial Accounting Standards No.<br />
109 (SFAS No. 109)“, das seit dem<br />
1 Zu Grundlagen und Methoden der Steuerabgrenzung<br />
vgl. Coenenberg, Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse,<br />
17. Aufl., Landsberg am Lech 1997, S. 264ff.,<br />
S. 535ff.; Coenenberg/Hille in: HdJ, „<strong>Latente</strong> <strong>Steuern</strong>“,<br />
Rn. 2ff; Hille, <strong>Latente</strong> <strong>Steuern</strong> <strong>im</strong> Einzel- und<br />
Konzernabschluß, Frankfurt 1982, S. 16ff.; Lührmann,<br />
<strong>Latente</strong> <strong>Steuern</strong> <strong>im</strong> Konzernabschluß, Düsseldorf<br />
1997; Tschopp, Rechnungslegung von Ertragsteuern<br />
<strong>im</strong> Konzernabschluß in der Schweiz, Winterthur 1993,<br />
S. 70ff.; Baumann in: HdR, § 274 Rn. 21ff.; Laser in:<br />
Beck‘sches Handbuch der Rechnungslegung, “<strong>Latente</strong><br />
<strong>Steuern</strong>”, Rn. 40ff.<br />
2 Vgl. Westermann, WPg 1989, S. 259; Tschopp, a.a.O.<br />
(Fußnote 1), S. 73; Cotting, Der Schweizer Treuhänder<br />
1995, S. 789f. Eine weitgehende Übereinst<strong>im</strong>mung der<br />
beiden Begriffe sehen Hauck/Michel, WPg 1992,<br />
S. 452. Vgl. dazu die unter III.2.<br />
angeführten Beispiele i.S.d.<br />
SFAS No. 109.<br />
3In Anlehnung an IAS 12 (revised),<br />
Appendix 2/Beispiel 2.<br />
4 Vgl. § 20 SSAP 15; Pereira/Paterson/Wilson,<br />
UK/US GAAP<br />
comparison, 2. Aufl., London<br />
1992, S. 314f.; Köhler/Rotter,<br />
Britische Rechnungslegung, in:<br />
Gräfer/Demming, Internationale<br />
Rechnungslegung, Stuttgart<br />
1994, S. 392f. und S. 409.<br />
480 Die Wirtschaftsprüfung, Heft 14/1997