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GASTBEITRAG: REGION VOITSBERG NACH ENDE DER KOHLEWIRTSCHAFT<br />
Bezirk im Wandel<br />
Studentisches Forschungsprojekt untersucht regionalkulturellen Wandel<br />
Koren<br />
12 | 01/2008 <strong>SGK</strong> Journal<br />
Was macht ein Bergmann, der nicht<br />
mehr gebraucht wird? Warum sitzen<br />
die Kraftwerker noch immer in der<br />
Blockwarte beisammen, obwohl die<br />
letzte Schicht schon vor fast zwei<br />
Jahren gefahren wurde? Worauf<br />
warten sie dort? Und warum stehen<br />
in Köflach eigentlich so viele Geschäfte<br />
leer? Aus welchem Grund ist<br />
Maria Lankowitz selbst zum Krampuslauf<br />
so seltsam leer? Fahren alle<br />
zur Arbeit nach Graz? Weshalb<br />
steigt der Stromverbrauch, obwohl<br />
die Einwohnerzahl von Voitsberg<br />
rückläufig ist? Wer zieht hier eigentlich<br />
weg und wer wird auf alle Fälle<br />
bleiben – und warum?<br />
Wohin nach 200 Jahren Kohle?<br />
Seit einiger Zeit interessieren sich<br />
Wissenschafter und Studenten der<br />
Architekturfakultät an der TU Graz<br />
für die Region Voitsberg. Die forscherische<br />
Auseinandersetzung mit<br />
den fünf weststeirischen Gemeinden<br />
Voitsberg, Köflach, Bärnbach, Maria<br />
Lankowitz und Rosental hatte mit<br />
einem Projekt über Bergbaufolgenutzungen<br />
auf der Bärnbacher Tagebau-<br />
Brache begonnen und hat sich in-<br />
zwischen umfassend erweitert: Welche<br />
Entwicklung ist sinnvoll in einer<br />
Region, die nach 200 Jahren aus der<br />
fossilen Wirtschaftsweise austritt?<br />
Kann man eine Wiederinbetriebnahme<br />
des Kraftwerkes Voitsberg III gut<br />
heißen, allein weil es im Vergleich<br />
zur Konkurrenz besonders energieeffizient<br />
und emissionsarm arbeitet?<br />
Oder haben jene Recht, die es als<br />
Störgröße in einer auf Touristen<br />
wartenden Landschaft betrachten?<br />
Andere wiederum sehen das monumentale<br />
Kraftwerk als den Nabel<br />
der Region. Von weitem zu sehen,<br />
stellt es eine Landmarke da, nach<br />
der man die Gegend identifiziert.<br />
Wie der Eifelturm in Paris oder der<br />
Fernsehturm von Berlin markiert es<br />
das kohlereiche Becken, in dem lange<br />
Österreichs Energiehunger gestillt<br />
wurde. Was den einen ein stolzer<br />
Verweis auf die Tradition des Bergbaus<br />
ist, verdirbt den anderen indes<br />
die Lust auf das eigene Haus. Sieht<br />
es doch einem Atomkraftwerk zum<br />
Verwechseln ähnlich. Sofort sprengen,<br />
schleifen, einebnen! Zurück zur<br />
Natur, zu den Pferden und den Naturprodukten<br />
der Lipizzanerheimat!<br />
Wie viel Vergangenheit brauchen wir?<br />
Die Region Voitsberg steht vor einer<br />
Wegscheide und wird sich entscheiden<br />
müssen, wie viel industrielle<br />
Vergangenheit und Erinnerung sie<br />
braucht, um die richtige Wahl zu<br />
treffen. Noch ist offen, welcher Zukunft<br />
die Region entgegen geht, die<br />
einmal stolz war auf ihre bergmännische<br />
Kultur. Es ist nicht sicher, ob<br />
es sich bei dem wirtschaftspolitischund<br />
regionalplanerisch zu gestaltenden<br />
Entwicklungsprojekt nur um einen<br />
wirtschaftlichen Strukturwandel<br />
handelt, eine sektorale Anpassungsleistung<br />
im Übergang von der alten,<br />
kohle- und dampfgestützten Industriegesellschaft<br />
hin zur telematischen<br />
Dienstleistungswirtschaft oder<br />
ob nicht vielleicht doch eine Ära beginnt,<br />
die historisch tiefgreifendere,<br />
weit umstürzendere Qualitäten aufweisen<br />
wird.<br />
Das Phänomen Schrumpfung<br />
In Deutschland – wo der Epochenwandel<br />
infolge der deutschen<br />
Wiedervereinigung besonders dramatische<br />
und eindrucksvolle Konsequenzen<br />
zeitigt, beschäftigen sich<br />
Forschungsinstitute, Verbände und<br />
Regierungskommissionen seit gut<br />
sechs Jahren mit einem Phänomen,<br />
das „Schrumpfung“ genannt wird.<br />
Dieser Begriff stammt vom englischen<br />
„shrinkage“ und wurde in den<br />
Vereinigten Staaten in den 80er Jahren<br />
zuerst gebraucht, um rückläufige<br />
Haushalte von Städten und Gemeinden<br />
zu thematisieren.<br />
Gemeint war das Ärmerwerden der<br />
öffentlichen Hand, die zwangsläufige<br />
Schließung von Bibliotheken oder<br />
die Privatisierung von Schwimmhallen,<br />
weil die Steuereinnahmen durch<br />
Abwanderung von Unternehmen<br />
nachließen. Und in der Tat ist es ein<br />
Politikum ersten Ranges, sobald das<br />
schrumpfungsbedingte Wegnehmen,<br />
Kleinerwerden, Zurückbauen öffentliche<br />
Güter selbstverständlich gewordenen<br />
Leistungen bedroht. Deshalb<br />
war die Abwehr gegenüber den