15.01.2013 Aufrufe

Brennpunkt Sportverweigerer – eine ... - Hofmann Verlag

Brennpunkt Sportverweigerer – eine ... - Hofmann Verlag

Brennpunkt Sportverweigerer – eine ... - Hofmann Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Inklusion <strong>–</strong> vom Umgang mit Vielfalt im Sportunterricht<br />

Heike Tiemann<br />

In den letzten Jahren haben der Begriff<br />

der Inklusion und die damit<br />

verbundene pädagogische Grundidee<br />

auch im deutschsprachigen<br />

Raum zunehmend Einzug in pädagogische<br />

Diskurse gehalten. In angloamerikanischen<br />

Ländern seit<br />

den 90er Jahren im Wesentlichen<br />

im Zusammenhang mit dem gemeinsamen<br />

Unterricht von Kindern<br />

mit und ohne Behinderung diskutiert,<br />

erweitert sich inzwischen in<br />

vielen Ländern der Blickwinkel in<br />

Bezug auf weitere Heterogenitätsdimensionen,<br />

die im Kontext der Inklusion<br />

mitgedacht werden.<br />

Im Gegensatz zur Integration, die<br />

zunächst von <strong>eine</strong>r Segregation ausgeht<br />

und dann die als unterschiedlich<br />

bezeichneten Menschen in das<br />

dominierende Ganze integriert,<br />

wird bei der Inklusion direkt von<br />

der Vielfalt der Menschen ausgegangen,<br />

die als kennzeichnend für<br />

ein soziales Gefüge verstanden<br />

wird. Eine Aussonderung aus diesem<br />

sozialen Gefüge findet zu k<strong>eine</strong>m<br />

Zeitpunkt statt. Vielfalt ist <strong>eine</strong><br />

Qualität, die hierbei nicht nur hingenommen,<br />

sondern anerkannt,<br />

wertgeschätzt und als Bereicherung<br />

des Lebens verstanden wird. Unabhängig<br />

vom Geschlecht, der ethnischen<br />

Zugehörigkeit, des sozialen<br />

Milieus, der kognitiven oder körperlichen<br />

Leistungsfähigkeit <strong>–</strong> um nur<br />

einige Dimensionen der Vielfalt<br />

hervorzuheben <strong>–</strong> gehört jedes Individuum<br />

gleichwertig zu <strong>eine</strong>m sozialen<br />

Ganzen.<br />

Inklusion in Schule und Unterricht<br />

ist ohne <strong>eine</strong> inklusive Pädagogik<br />

nicht umsetzbar. Diese Pädagogik<br />

der Vielfalt (1) zielt darauf ab, Kate-<br />

gorien, die einzelnen Menschen zugewiesen<br />

werden und mit denen<br />

meist konkrete Vorstellungen z. B.<br />

über deren wiederum an Normen<br />

gemessene Leistungsfähigkeit verknüpft<br />

werden, k<strong>eine</strong> Bedeutung<br />

zukommen zu lassen. Die individuelle<br />

Bedürfnislage von Schülern<br />

und Schülerinnen ist leitend für das<br />

pädagogische Handeln von Lehrerinnen<br />

und Lehrern. Dreher (1997)<br />

charakterisiert inklusive Pädagogik<br />

zusammenfassend als<br />

● basal, da sie sich auf alle Entwicklungsniveaus,<br />

Denk- und Handlungskompetenzen<br />

bezieht;<br />

● kindzentriert, da sie Individuum<br />

und Heterogenität anerkennt;<br />

● allgemein, da sie k<strong>eine</strong>n Menschen<br />

ausschließt.<br />

Auch ein inklusiver Sportunterricht<br />

geht von der Heterogenität der<br />

Schülerschaft aus, die „als Anregung<br />

und Bereicherung für die Lern- und<br />

Entwicklungsprozesse aller gilt“<br />

(Merz-Atalik 2008, 26). In Bezug auf<br />

die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen<br />

mit chronischen Erkrankungen<br />

im Sportunterricht bedeutet<br />

das, dass ihr gleichberechtigtes<br />

Aktivsein trotz möglicher krankheitsbedingter<br />

physischer oder psychischer<br />

Besonderheiten als selbstverständlich<br />

erachtet und wertgeschätzt<br />

wird. Eine solche pädagogische<br />

Grundhaltung von Lehrerinnen<br />

und Lehrern ist <strong>eine</strong><br />

wichtige Voraussetzung für <strong>eine</strong>n<br />

bereichernden Umgang mit der<br />

„Realität Vielfalt“ im Sportunterricht.<br />

Die Aufgabe, den individuellen Bedürfnislagen<br />

sehr unterschiedlich<br />

„leistungsfähiger“ Kinder <strong>eine</strong>r<br />

Klasse, beispielsweise von Vereinssportlerinnen<br />

und -sportlern, adipösen<br />

Kindern und Kindern, die<br />

zum Beispiel aufgrund von Erkrankungen<br />

körperlich beeinträchtig<br />

sind, gerecht zu werden und ein gemeinsames,<br />

für alle Beteiligten befriedigendes<br />

Sporttreiben zu initiieren,<br />

stellt jedoch <strong>eine</strong> pädagogische<br />

Herausforderung dar. Aufgrund der<br />

individuellen Voraussetzungen aller<br />

Schülerinnen und Schüler, selbst innerhalb<br />

<strong>eine</strong>r scheinbar homogenen<br />

Gruppe, erzielen methodische<br />

„Rezepte“ oft nicht die erwünschte<br />

Wirkung. Unterschiedliche<br />

Kinder, die sich zum Beispiel<br />

wegen <strong>eine</strong>r körperlichen Beeinträchtigung<br />

mit Hilfe <strong>eine</strong>s Rollstuhls<br />

fortbewegen, können wiederum<br />

ganz unterschiedliche Bewegungsmöglichkeiten<br />

aufweisen.<br />

Während manche <strong>eine</strong>n Basketball<br />

zielsicher in den Korb werfen, ist es<br />

für andere schwierig, <strong>eine</strong>n Ball<br />

über Kopfhöhe zu halten.<br />

Inklusive sport-<br />

pädagogische Ansätze?<br />

Die Orientierung an ausgewählten<br />

sportpädagogischen Ansätzen, methodischen<br />

Strategien und Herangehensweisen<br />

können Lehrerinnen<br />

und Lehrern helfen, „Vielfalt“ erfolgreich<br />

zu bewältigen. Von besonderer<br />

Bedeutung in diesem Kontext<br />

ist der von Kurz (1992; 1995; 2000)<br />

entwickelte Ansatz <strong>eine</strong>s „mehrperspektivischen<br />

Sportunterrichts“,<br />

den Wurzel (2001, 260) als <strong>eine</strong><br />

„hervorragende Grundlage für <strong>eine</strong>n<br />

Unterricht in heterogenen<br />

sportunterricht, Schorndorf, 58 (2009), Heft 6 173

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!