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Brennpunkt Sportverweigerer – eine ... - Hofmann Verlag

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Inklusion <strong>–</strong> vom Umgang mit Vielfalt im Sportunterricht<br />

Gruppen“ bezeichnet. Die von Kurz<br />

herausgearbeiteten sechs pädagogisch<br />

bedeutsamen Sinnperspektiven<br />

des Sports <strong>–</strong> Leistung, Miteinander,<br />

Eindruck, Ausdruck, Wagnis<br />

und Gesundheit <strong>–</strong> sollen in <strong>eine</strong>m<br />

von Mehrperspektivität geprägten<br />

Unterricht nebeneinander und<br />

gleichwertig ihre Entfaltung finden.<br />

Schülerinnen und Schüler sollen<br />

auf diesem Weg unterschiedliche<br />

Sinnzuschreibungen und damit die<br />

Verschiedenartigkeit von Sport kennen<br />

lernen. Der in aktuellen Richtlinien<br />

verschiedener Bundesländer<br />

aufgenommenen Mehrperspektivität<br />

ist das sinngeleitete Tun immanent.<br />

Der Ansatz hebt deutlich hervor,<br />

dass es im Sport um mehr gehen<br />

muss als nur um sportarten-<br />

bezogene Fähigkeiten. Für den<br />

Sportunterricht in <strong>eine</strong>r vielfältigen<br />

Gruppe ergibt sich, dass „durch die<br />

größere Bandbreite pädagogischer<br />

Zielsetzungen vielfältigere Förderungsmöglichkeiten“<br />

(Fediuk 2008,<br />

126) erschlossen werden können.<br />

Unabhängig von der individuellen<br />

Besonderheit, zum Beispiel <strong>eine</strong>r<br />

krankheitsbedingten körperlichen<br />

Einschränkung, haben im inklusiven<br />

Sportunterricht alle das Recht,<br />

die gleichwertigen Sinnperspektiven<br />

in gleichrangiger Gewichtung<br />

kennen zu lernen. Die alleinige Betonung<br />

<strong>–</strong> oft sogar Überbetonung<br />

des sozialen Miteinanders der vermeintlich<br />

„Leistungsstarken“ mit<br />

den vermeintlich „Schwachen“, wie<br />

sie in der Praxis besonders im Kontext<br />

des gemeinsamen Unterrichts<br />

von Kindern und Jugendlichen mit<br />

und ohne Behinderung immer wieder<br />

zu beobachten ist, wird dieser<br />

Forderung allerdings nicht gerecht.<br />

Obwohl soziale Lernziele im inklusiven<br />

Unterricht von sehr großer<br />

Bedeutung sind, müssen alle Perspektiven,<br />

beispielsweise auch Leistung<br />

und Wagnis, für alle Schülerinnen<br />

und Schüler erlebbar gemacht<br />

werden. Dass dies durchaus<br />

möglich ist, zeigen Unterrichtsbeispiele<br />

(u. a. Györfi 2004; Tiemann<br />

2008; Wurzel 2008).<br />

Diese belegen des Weiteren, dass<br />

sich die Anwendung <strong>eine</strong>s mehrperspektivischen<br />

Ansatzes nicht<br />

nur auf einige wenige ausgewählte<br />

Sportarten beziehen muss. In Gesprächen<br />

mit Sportlehrerinnen und<br />

-lehrern ist jedoch oft die Überzeugung<br />

vorherrschend, manche Sportarten<br />

würden sich für den Unterricht<br />

nicht eignen, wenn zum Beispiel<br />

Kinder mit körperlichen oder<br />

kognitiven Besonderheiten in der<br />

Klasse sind.<br />

Methodische Grundsätze<br />

aufgezeigt am Beispiel<br />

von Sportspielen<br />

Die Durchführung von Sportspielen<br />

wird in heterogenen Gruppen<br />

häufig als schwierig erachtet. Vom<br />

jeweiligen Spiel unabhängig verknüpfen<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

vor allem mit populären Sportspielen<br />

meist konkrete Vorstellungen in<br />

Bezug auf das anzuwendende Regelwerk.<br />

Die Beteiligten wollen<br />

„richtig“ spielen und sich nicht aufgrund<br />

von „einigen wenigen“, denen<br />

körperlich relativ enge Leistungsgrenzen<br />

gesetzt sind, auf<br />

„spielentstellende Veränderungen“<br />

einlassen. Dieses Problemfeld bedenkend<br />

sollten auf die Vielfalt der<br />

Schülerschaft angepasste Modifikationen<br />

<strong>eine</strong>s Sportspiels wesentliche<br />

Charakteristika des Originalspiels<br />

weiterhin berücksichtigen,<br />

beispielsweise die direkte Konfrontation<br />

mit <strong>eine</strong>m Gegenspieler oder<br />

<strong>eine</strong>r Gegenspielerin. Eine Möglichkeit,<br />

auf diese methodische Herausforderung<br />

zu reagieren und die sich<br />

besonders im Kontext Fußball, Basketball<br />

und Hockey gut umsetzen<br />

lässt, ist die Aufteilung des Spiel-<br />

felds in unterschiedliche Spielzonen.<br />

Bewährt haben sich beispielsweise<br />

vier das Feld querteilende<br />

Zonen: Zwei Tor- und zwei Mittelfeldzonen.<br />

In jeder einzelnen spielen<br />

Schülerinnen und Schüler aus<br />

den gegeneinander spielenden<br />

Teams. Ihre durch die Zonierung<br />

begrenzten „individuellen Spielfelder“<br />

dürfen sie nicht verlassen.<br />

Bevor aus der Torzone ein Torschuss<br />

erfolgt, muss der Ball vorher<br />

in allen Zonen gespielt worden<br />

sein. Durch diese starre Aufteilung<br />

der Spielräume ist es möglich, dass<br />

nur Spielerinnen und Spieler ähnlicher<br />

Spielstärke gegeneinander<br />

spielen. Des Weiteren müssen nicht<br />

alle Zonen gleich groß sein. Dürfen<br />

sich einzelne Mitglieder <strong>eine</strong>r<br />

Mannschaft aus gesundheitlichen<br />

Gründen beispielsweise nur begrenzt<br />

körperlich belasten, wird für<br />

sie <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong>re Zone eingerichtet.<br />

AR’in Dr. Heike<br />

Tiemann<br />

Sportpädagogik<br />

Pädagogische<br />

Hochschule<br />

Ludwigsburg<br />

Fakultät für<br />

Sonderpädagogik<br />

Reutlingen<br />

in Verbindung mit<br />

der Universität<br />

Tübingen<br />

Anschrift<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

Pestalozzistraße 53<br />

72762 Reutlingen<br />

Tel. 07121-271 9340<br />

tiemann@ph-ludwigsburg.de<br />

174 sportunterricht, Schorndorf, 58 (2009), Heft 6

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