Sonderdruck PDF Basis Neu - Heinsdorff, Markus
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Nr. 43 | 23. Oktober 2009 | Seiten 3<br />
Wochenzeitung für das gesamte Bauwesen<br />
www.allgemeinebauzeitung.de<br />
Einzelverkaufspreis: 4,60 · PVSt., „Entg. bez.“ · 1567<br />
Künstler arbeitet mit Traditionsmaterial:<br />
Deutsche erregen mit Pavillons<br />
aus Bambus Aufmerksamkeit<br />
Von Rainer G. P. DUMPFF<br />
Bambus ist nicht nur das<br />
Symbol der Redlichkeit für die<br />
Chinesen, sondern auch ein<br />
wichtiger Exportartikel. Darüber<br />
hinaus wird leicht vergessen,<br />
dass Bambus ein vielseitig<br />
anwendbares und damit außerordentlich<br />
nützliches Material<br />
ist, bei dem es sich nicht um ein<br />
modernes Technologieprodukt<br />
handelt, sondern um ein<br />
gewöhnliches Gras. Mittlerweile<br />
werden von Forstwissenschaftlern<br />
bis zu 500 unterschiedliche<br />
Arten benannt.<br />
BERLIN. – Etwa zwei Prozent der gesamten<br />
aufgeforsteten Fläche Chinas sind mit<br />
Bambus bepflanzt. In zwei Monaten schafft<br />
es der Moso-Bambus, eine Höhe von 20 m<br />
zu erreichen. Etwa sechs Millionen Menschen<br />
im Land der Mitte sind unmittelbar<br />
mit Bambus beschäftigt. Wegen seiner großen<br />
ökologischen und ökonomischen Bedeutung<br />
fördert China Anbau und Verarbeitung.<br />
Und doch ist in städtischen Bereichen<br />
Chinas Bambus auch heute noch in Fachkreisen<br />
als Baumaterial kaum ein Thema –<br />
gerade gut genug für Gerüstbau und Ess-<br />
stäbchen. In ländlichen Gebieten dahingegen<br />
ein traditionell akzeptiertes Material,<br />
mit dem auch Häuser gebaut werden.<br />
Nach einem Entwurf des Objektkünstlers<br />
<strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong> waren Ausstellungspavillons<br />
aus Bambus für eine bedeutende<br />
deutsche Industrie- und Kulturpromenade,<br />
die seit drei Jahren durch chinesische Metropolen<br />
reist, vorgesehen. Es ist nicht verwunderlich,<br />
dass die chinesische Seite mit<br />
Zurückhaltung reagierte als das Konzept<br />
der „Bambus-Pavillons“ für die deutsch-chinesische<br />
Promenade vorgestellt wurde. Zumal<br />
die Veranstaltung „Deutschland und<br />
China – gemeinsam in Bewegung“ unter<br />
der Schirmherrschaft von Bundespräsident<br />
Horst Köhler und dem chinesischen Staatspräsidenten<br />
Hu Jintao steht. Von einer Industrienation<br />
hatte man wohl eher Pavillons<br />
aus Kunststoff, Stahl, Aluminium und<br />
Glas erwartet.<br />
<strong>Heinsdorff</strong>s Idee, sich durch Bambus inspirieren<br />
zu lassen und in spannender Weise<br />
zu verwenden, passt jedoch bei näherer<br />
Betrachtung in das chinesische Bestreben,<br />
nachhaltig zu bauen und dabei die Umwelt<br />
einzubeziehen. Das deutsche Modell hat<br />
auch in China inzwischen große Zustimmung<br />
gefunden.<br />
Den Startschuss für „Deutschland und<br />
China – gemeinsam in Bewegung“ gab Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel in Anwesenheit<br />
von Ministerpräsident Wen Jiabao<br />
2007 in Peking. In halbjährlichem Abstand<br />
hat sich die Promenade seither in regionalen<br />
Zentren, die wirtschaftlich, kulturell<br />
und im Wissenschafts- und Bildungsbereich<br />
zu den Entwicklungsmotoren des<br />
Landes gehören, einem breiten Publikum<br />
vorgestellt. Bisher haben rund eine dreiviertel<br />
Millionen Chinesen die Promenade<br />
auf seinen Stationen in Nanjing, Chongqing,<br />
Kanton und Shenyang besucht. Neben<br />
Kulturprogrammen nimmt der Dialog zur<br />
nachhaltigen Stadtentwicklung einen breiten<br />
Raum ein.<br />
Für die Deutsche Bauindustrie eine äußerst<br />
interessante Plattform. Vom 24. bis<br />
31. Oktober wird die deutsch-chinesische<br />
Promenade in Wuhan sein. Auch hier stehen<br />
Themen wie nachhaltige Urbanisierung<br />
und städtische Mobilität im Mittelpunkt<br />
der Veranstaltung. 2010 endet die<br />
Präsentationsreihe auf der Expo in Shanghai.<br />
<strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong> hat hierfür bereits<br />
futuristisch anmutende Entwürfe erarbeitet.<br />
Im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen in<br />
Berlin ist im Lichthof des Auswärtigen<br />
Amts eine Ausstellung zu den Bambuspavillons<br />
und der Promenade „Deutschland<br />
und China – gemeinsam in Bewegung“ bis<br />
Ende Oktober 2009 zu sehen.<br />
Freiherr von Reibnitz vom Auswärtigen<br />
Amts wies in seiner Eröffnungsrede darauf<br />
hin, dass diese Veranstaltung die größte ihrer<br />
Art sei, die bisher Deutschland im Ausland<br />
zusammen mit der Industrie durchgeführt<br />
hat.<br />
Bis zur letzten Minute<br />
selbst Hand anlegen<br />
ABZ-Korrespondent Rainer Dumpff hatte<br />
am Rande der Eröffnung Gelegenheit, mit<br />
dem Münchner Installationskünstler <strong>Markus</strong><br />
<strong>Heinsdorff</strong>, der der deutschen Promenade<br />
ein Gesicht gegeben hat, über Pavillons,<br />
Bambus und seine Zukunftspläne zu<br />
sprechen.<br />
Wie jeder Künstler wollte auch <strong>Heinsdorff</strong><br />
bis zur letzten Minute selbst Hand anlegen,<br />
um die Exponate in Berlin in das<br />
richtige Licht zu rücken. „Eigentlich bin ich<br />
Bildhauer. Mein Vater war Architekt, und<br />
davon steckt auch eine Portion in meinem<br />
Blut“ – mit diesen Worten begann das Gespräch.