15.01.2013 Aufrufe

Protokoll zum Arbeitstreffen vom 15. Juni 2011 - Deutsches Global ...

Protokoll zum Arbeitstreffen vom 15. Juni 2011 - Deutsches Global ...

Protokoll zum Arbeitstreffen vom 15. Juni 2011 - Deutsches Global ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Protokoll</strong> <strong>zum</strong> <strong>Arbeitstreffen</strong> des Deutschen <strong>Global</strong> Compact Netzwerks (DGCN)<br />

<strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong>, GIZ-Haus Berlin<br />

An dem <strong>Arbeitstreffen</strong> nahmen über 70 Personen aus Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und<br />

Wissenschaft teil. Übersicht über die Agenda:<br />

I.<br />

Einleitung und Begrüßung<br />

• Referent: Arno Tomowski (Leiter Geschäftsstelle DGCN)<br />

Plenum<br />

• Referent: Klaus Burmeister (Z_punkt)<br />

II. Themenworkshops<br />

III.<br />

1a. “Innovation und Nachhaltigkeit: Methoden zur Lenkung von Innovationen”<br />

• Thementische: Siegfried Behrendt (IZT – Institut für Zukunftsstudien und<br />

Technologiebewertung), Gerd-Ulrich Spohr (Siemens AG), Holger Glockner<br />

(Z_punkt)<br />

• Moderation: Jürgen Janssen (Geschäftsstelle DGCN)<br />

1b. „Innovation und Nachhaltigkeit: Konzeptbeispiele“<br />

• ReferentInnen: Klaus Zahn (ecoaudit/DGNB Auditoren), Karl Christoph Keller<br />

(KSB Aktiengesellschaft)<br />

• Moderation: Jürgen Janssen (Geschäftsstelle DGCN)<br />

2a. “Wirtschaft und Menschenrechte: Human Rights due diligence dilemmas“<br />

• Referent und Moderation: Luke Wilde (TwentyFifty Ltd.)<br />

2b. “Wirtschaft und Menschenrechte: Business examples for ‚human rights due<br />

diligence‘“<br />

• ReferentInnen: Charlotte Wolff (ArcelorMittal), Christian Frutiger (Nestlé S.A)<br />

• Moderation: Luke Wilde (TwentyFifty Ltd.)<br />

Plenum:<br />

Neues aus dem DGCN und dem <strong>Global</strong> Compact<br />

• Referent: Arno Tomowski (Leiter Geschäftsstelle DGCN)<br />

Zur Überarbeitung der OECD-Leitsätze für international tätige<br />

Unternehmen: Bekannte Prozesse und neue Themen<br />

• Referent: Joachim Steffens (Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Technologie)<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

3<br />

6


I. Einleitung und Begrüßung / Plenum 1<br />

Arno Tomowski (DGCN) begrüßte die Teilnehmer des <strong>Arbeitstreffen</strong>s in seiner Funktion als<br />

Leiter der DGCN-Geschäftsstelle. Er gab einen kurzen Überblick über die Agenda und<br />

hieß die 12 Unternehmen willkommen, die seit dem letzten <strong>Arbeitstreffen</strong> neu am DGCN<br />

teilnehmen.<br />

Im Rahmen des diesjährigen DGCN-Schwerpunktthemas „Innovation und Nachhaltigkeit“<br />

diskutiert das DGCN unter anderem nachhaltige Strategien für den Umgang mit globalen<br />

Megatrends. Klaus Burmeister (Z_punkt) erläuterte anhand des Instrumentariums von<br />

Corporate Foresight, wie Unternehmen neue Herausforderungen identifizieren, darauf<br />

reagieren und konkrete Chancen für nachhaltiges Wirtschaften nutzen könnten. Wichtig<br />

wäre, so Burmeister, dass bei den Unternehmen die Bereitschaft bestehe, Veränderungen<br />

hin zu einer nachhaltigen und wirtschaftlich erfolgreichen Zukunft mitzugestalten. Wie<br />

können Unternehmen also in Zeiten rapider und oft nicht erwarteter Veränderungen verantwortungsvoll<br />

und nachhaltig agieren? Zur Strukturierung dieser Herausforderungen spannte<br />

er eine Matrix zwischen bekanntem und unbekanntem Wissen sowie bekanntem und unbekanntem<br />

Unwissen auf. Das größte Risiko gehe dabei von Entwicklungen aus, über die man<br />

nicht einmal wisse, dass es sie geben könne. Die Corporate Foresight Toolbox liefere<br />

Instrumente <strong>zum</strong> Umgang mit diesen unterschiedlichen Herausforderungen und den damit<br />

verbundenen Risiken. Eine wichtige, aber keinesfalls hinreichende Methode stelle dabei die<br />

Analyse von Megatrends dar. Die Megatrendanalyse könne für die Strategieentwicklung für<br />

Unternehmen aber nur dann wirklich hilfreich sein, wenn sie verbunden würde mit der Entwicklung<br />

spezifischer Szenarien und der Berücksichtigung unerwarteter Disruptionen. Abschließend<br />

ging Herr Burmeister auf eine Studie im Auftrag des BDI ein, in der Fragen <strong>zum</strong><br />

Paradigmenwechsel in der Wertschöpfung und zu Charakteristika nachhaltiger Zukunftsmärkte<br />

beleuchtet werden. Darin zeige sich, dass Nachhaltigkeit als Querschnittsthema in<br />

immer mehr Branchen <strong>zum</strong> zentralen Erfolgsfaktor werde.<br />

In der anschließenden Diskussion merkten die Teilnehmer an, dass die soziale Komponente<br />

der Nachhaltigkeit stärker berücksichtigt werden und der Fokus auf der Umsetzung der Erkenntnisse<br />

in konkreten Unternehmensstrategien liegen müsse. Kritisch betrachtet wurde die<br />

z.T. undifferenzierte und inflationäre Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffes.<br />

II. Themenworkshops<br />

1a. Innovation und Nachhaltigkeit: Methoden zur Lenkung von Innovationen<br />

Moderation: Jürgen Janssen (Geschäftsstelle DGCN)<br />

Siegfried Behrendt (IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung) präsentierte<br />

die Methode des Integrierten Roadmappings. Da technisch heute nahezu alles möglich<br />

sei, dienten Roadmaps als Entscheidungsgrundlage dafür, welche Technologien und Geschäftsmodelle<br />

marktstrategisch sinnvoll und sozial wie ökologisch zukunftsfähig und nachhaltig<br />

seien. Das Instrument des Roadmappings sei in seiner klassischen Form jedoch stark<br />

auf spezifische Technologien ausgerichtet. Auf der Grundlage relevanter Trends schließe<br />

das Integrierte Roadmapping demgegenüber auch weitere Aspekte der Nachhaltigkeit mit<br />

ein, insbesondere die gesellschaftlichen Herausforderungen und Anforderungen an Technologie.<br />

Integrierte Roadmpas zeigten Verbänden und Unternehmen Handlungsoptionen auf<br />

und konkretisiere diese über eine Vielzahl von Stakeholder-Dialogen und Abstimmungspro-<br />

1 Alle Präsentationen finden Sie unter http://www.globalcompact.de/index.php?id=254&L=0%252525252F<br />

<strong>Protokoll</strong> DGCN-<strong>Arbeitstreffen</strong> <strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />

2


zessen. Ziel sei es, Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen, Technologie-, Standardisierungs-<br />

und Fortschrittsbedarfe zu identifizieren und unterschiedliche Akteursperspektiven<br />

einzubinden. Wie das Beispiel der Integrierten Technologie Roadmap „Automation 2020 und<br />

Megacities“ des ZVEI zeige, könnten Verbände damit die branchenweite Grundlage für die<br />

spezifische Innovationsplanung von Unternehmen schaffen.<br />

Gerd-Ulrich Spohr (Siemens AG) leitet einen Ausschuss des ZVEI, der sich u.a. mit Fragen<br />

zu den Herausforderungen und Chancen der künftigen Märkte für Automatisierungstechnik<br />

beschäftigt. Vor allem Wasser und Energie seien Märkte, in die in Zukunft erhebliche Investitionen<br />

fließen würden. Integrierte Roadmaps definieren und quantifizieren zukünftige Technologiebedarfe<br />

in diesen Märkten. Dieses Wissen sei bis zu einem gewissen Punkt wettbewerbsneutral<br />

und könne der Branche zur Verfügung gestellt werden. Unternehmen könnten<br />

auf dieser Grundlage spezifische Unternehmensstrategien entwickeln. Häufig führten aber<br />

vor allem größere Unternehmen noch zusätzliche Untersuchungen durch, so auch Siemens.<br />

Holger Glockner (Z_punkt) erörterte, wie man mit Hilfe der Szenariotechnik künftige Marktumfelder<br />

analysieren könne. Szenarien würden genutzt, um bei der Strategieentwicklung mit<br />

kritischen Unsicherheiten und Disruptionen aus dem ökologischen, gesellschaftlichen und<br />

ökonomischen Umfeld umgehen zu können. Für Unternehmen sei dabei vor allem wichtig,<br />

den Einfluss der Szenarien auf den Unternehmenserfolg realistisch einzuschätzen und strategische<br />

Entscheidungen zu treffen. Glockner machte deutlich, dass Nachhaltigkeitsaspekte<br />

integraler Bestandteil dieser Prozesse seien und eine Analyse der Auswirkungen unternehmerischer<br />

Aktivitäten auf einzelne dieser Aspekte im Rahmen von Portfoliobewertungen vorgenommen<br />

werden könnten. Beispielhaft sei hier das Vorgehen der Bayer AG.<br />

An den anschließenden Thementischen verdeutlichten die Referenten, dass Roadmaps nicht<br />

das entschlossene Handeln und eigenverantwortliche Entscheidungen von Unternehmen<br />

ersetzen könnten. Ebenso seien Szenarien immer unvollständige Momentaufnahmen, die<br />

unter Einbeziehung neuer Entwicklungen stets aktualisiert werden müssten. Die Einbeziehung<br />

relevanter Akteure und Stakeholder könne die Qualität der entwickelten Szenarien<br />

erhöhen und sei auch bei der Übersetzung in Unternehmensstrategien ein wichtiger Erfolgsfaktor.<br />

In der Diskussion merkten die Teilnehmer an, dass die Disruptionen in den vorgestellten<br />

Szenarien ausschließlich negativer Natur seien. Unternehmen sollten sich auch auf<br />

unerwartete positive technologische und gesellschaftliche Entwicklungen einstellen. Mit Blick<br />

auf die Förderung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit merkten Diskussionsteilnehmer<br />

an, dass ein Benchmarking im Bereich der Zukunftsszenarien hilfreich wäre, die Unternehmen<br />

aber ihre Untersuchungsergebnisse dazu kaum zur Verfügung stellten. Verbandslösungen<br />

wie bei den Integrierten Technologie Roadmaps seien deshalb zu begrüßen.<br />

1b. Innovation und Nachhaltigkeit: Konzeptbeispiele<br />

Moderation: Jürgen Janssen (Geschäftsstelle DGCN)<br />

Klaus Zahn (ecoaudit/DGNB Auditoren) stellte das Konzept „Cradle to Cradle“ vor. Nachhaltigkeit<br />

im Sinne eines lediglich effizienteren Handelns sei explizit nicht Gegenstand dieses<br />

Ansatzes. So sei eine verbesserte Ökoeffizienz nicht hinreichend, um die lokalen und globalen<br />

Herausforderungen anzugehen, da diese die Produkte nicht gut, sondern durch Verzicht<br />

lediglich weniger schädlich für Mensch, Umwelt und zukünftige Generationen machten.<br />

Cradle to Cradle als Konzept einer abfallfreien und energieneutralen Produktion wolle mehr:<br />

Prozesse, Produkte und Dienstleistungen müssten so gestaltet werden, dass selbst ein<br />

<strong>Protokoll</strong> DGCN-<strong>Arbeitstreffen</strong> <strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />

3


verschwenderischer Umgang mit Ressourcen unproblematisch sei, da diese vollständig in<br />

biologische und/oder technische Kreisläufe überführt werden könnten. Vor diesem Hintergrund<br />

empfiehl Zahn eine umfassendere Definition von Nachhaltigkeit, bei der es nicht<br />

darum gehe „weniger schlecht zu sein“ sondern „mehr gut“; „Schlechte“ Produkte und Prozesse<br />

müssten völlig vermieden werden. In der Diskussion macht Zahn deutlich, dass Cradle<br />

to Cradle zwar zunächst höhere Investitionen erfordern könne, dass sich diese aber bezogen<br />

auf den Lebenszyklus und mögliche positive Auswirkungen etwa auf die Mitarbeiterbindung<br />

für Unternehmen fast immer rentierten. Er führte dazu erfolgreiche Beispiele aus der Textilindustrie,<br />

der Möbelproduktion und dem Baubereich an. Mit Cradle to Cradle Innovationen<br />

werde Geld verdient, so Zahn, und die Nische wachse rasant.<br />

Karl Christoph Keller macht Corporate Foresight für das mittelständische Unternehmen KSB<br />

AG umsetzbar. Kleinere Unternehmen könnten mit umfangreichen Zukunfts- und Trendanalysen<br />

oft wenig anfangen. Häufig fehlten die Fähigkeiten und Kapazitäten im<br />

Unternehmen, die Prognosen in Innovationen umzusetzen. Nicht selten werde innovatives<br />

Denken und Handeln durch etablierte Planungsprozesse und Hierarchien unterdrückt. Wenn<br />

man Foresight in Unternehmen umsetzen wolle, müsse man aber die Mitarbeiter einbinden<br />

und auch unorthodoxe Ideen und Wege zulassen. Nur so könne man das gesamte Unternehmen<br />

mitnehmen. Für die Auswahl vielversprechender und nachhaltiger Produkte und<br />

Geschäftsfelder böte sich das Business Opportunity Scanning (BOS) an, eine Methode, die<br />

eine Vielzahl verschiedener Dimensionen betrachten und quantifizieren könne und bei der<br />

Mitarbeiter verschiedenster Abteilungen eingebunden seien. Erfolgreiche Innovationen, bei<br />

denen BOS eingesetzt würde, hätten dann auch organisatorische Lerneffekte zur Folge. In<br />

der anschließenden Diskussion stellten die Teilnehmer heraus, dass viele Mittelständler<br />

auch auf die soziale Akzeptanz ihrer Innovationen angewiesen seien (z.B. bei der Benutzung<br />

der Produkte durch Handwerker). Zudem wurde hinterfragt, ob KMU Corporate Foresight<br />

überhaupt einsetzen könnten, oder ob wichtige Themen nicht eher auf verbandsebene<br />

angegangen werden sollten.<br />

2a. Wirtschaft und Menschenrechte: Human Rights due diligence dilemmas<br />

Moderation: Luke Wilde (TwentyFifty Ltd.)<br />

Zu Beginn des Workshops gab Luke Wilde (TwentyFifty Ltd.) einen Überblick über die Arbeit<br />

des UN-Sonderbeauftragten für Wirtschaft und Menschenrechte, John Ruggie, und die “UN<br />

Guiding Principles on Business & Human Rights”. 2 Diese sind zwar rechtlich nicht bindend,<br />

doch verdeutlichten sie neue Erwartungen an Unternehmen. So sollten Unternehmen fortwährend<br />

besondere Sorgfalt in Bezug auf die Menschenrechte walten lassen (ongoing due<br />

diligence), d.h. die Auswirkungen ihrer Unternehmenstätigkeit und der eigenen Geschäftsbeziehungen<br />

analysieren und entsprechend handeln sowie Beschwerdemöglichkeiten einrichten<br />

und auf Beschwerden früh und angemessen reagieren. 3 Die „Guiding Principles“ wurden <strong>2011</strong><br />

verabschiedet und stünden erst am Anfang, so Wilde. Es sei abzusehen, dass sich das Konzept<br />

der „due diligence“ in den nächsten Jahren weiterentwickeln würde. Gegenwärtig gäbe<br />

es Kritik an den „Guiding Principles“, da sie keine allgemeinen menschenrechtlichen Ver-<br />

2 Die Prinzipien wurden am 16. <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong> <strong>vom</strong> UN-Menschenrechtsrat angenommen. Siehe hierzu:<br />

http://www.globalcompact.de/index.php?id=44&tx_ttnews[tt_news]=207&tx_ttnews[year]=<strong>2011</strong>&tx_ttnews[month]=06&tx_ttnews<br />

[day]=17&cHash=b0ab09697b1a0620c5393aaf7d6a60f2<br />

3 Mehr Informationen zur Entstehung der Guiding Principles und den Elementen von Due Diligence finden Sie in unserem<br />

Hintergrundpapier <strong>zum</strong> Jahresthema, unter:<br />

http://www.globalcompact.de/fileadmin/PDFs/ST_<strong>2011</strong>/DGCN_ST<strong>2011</strong>_Wirtschaft_und_Menschenrechte_Hintergrundpapier.pd<br />

f.<br />

<strong>Protokoll</strong> DGCN-<strong>Arbeitstreffen</strong> <strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />

4


pflichtungen für Unternehmen auf dem internationalen Level vorschrieben. Des Weiteren<br />

seien Mechanismen um Beschwerden einzureichen noch zu technisch formuliert und nicht<br />

an die Realität angepasst.<br />

Anschließend erarbeiteten die Workshopteilnehmer für drei konkrete Dilemmata unterschiedliche<br />

Unternehmens- und Menschenrechtsrisiken sowie adäquate Reaktionsmöglichkeiten.<br />

Im Fokus der Szenarien standen (1) angemessene Löhne und Gewerkschaftsfreiheit (2)<br />

Diskriminierung, Meinungsfreiheit und die Reputation des Unternehmens sowie (3) Rechte<br />

von Indigenen gegenüber denen der Großstadtbevölkerung. Aus der Arbeit an den Szenarien<br />

wurde deutlich, dass die Perspektive auf Unternehmensrisiken sich oft stark von dem<br />

Blick auf die konkreten Menschenrechtsrisiken der Betroffenen unterscheidet. Die unternehmerische<br />

Verantwortung die Menschenrechte zu respektieren (corporate responsibility to<br />

respect human rights) Ernst zu nehmen, bedeutet sich auf diesen Perspektivwechsel einzulassen,<br />

so Luke Wilde. Der Dialog mit verschiedenen Stakeholdern sei wichtig, damit jedes<br />

Unternehmen individuell den richtigen Fokus in Bezug auf Menschenrechte setze.<br />

2b. Wirtschaft und Menschenrechte: Business examples for human rights due<br />

diligence<br />

Moderation: Luke Wilde (TwentyFifty Ltd.)<br />

In seinem Beitrag stellte Christian Frutiger (Nestlé S.A) das Engagement von Nestlé im Bereich<br />

Menschenrechte vor. Die Grundlage der sozialen Verantwortung von Nestlé sei die<br />

Gemeinsame Wertschöpfung (Creating Shared Value), das heißt, nicht nur Wert für das Unternehmen<br />

zu schaffen, sondern auch für die Bevölkerung vor Ort. Dabei sei es besonders<br />

wichtig, Stakeholder einzubeziehen und ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Nestlé<br />

habe 2010 seine Unternehmensgrundsätze (‚Nestlé Corporate Business Principles‘) überarbeitet<br />

und dabei die Menschenrechtspolitik ausgebaut sowie die unternehmerische Verantwortung<br />

die Menschenrechte zu respektieren und das Recht auf Wasser anerkannt. Als weiteres<br />

wichtiges Prinzip sei festgehalten, dass in Fällen eines Konflikts zwischen den eigenen<br />

Grundsätzen und der lokalen Gesetzgebung der höhere Standard angewendet werden solle.<br />

Außerdem wurde ein Umsetzungsprozess angestoßen, der Trainings, Menschenrechts-<br />

Auswirkungsanalysen, Überprüfungsprozesse und Berichterstattung umfasst. Herr Frutiger<br />

betonte, dass es schwierig sei, den Umfang der menschenrechtlichen Verpflichtung von<br />

Unternehmen allgemeingültig festzulegen und somit jede Firma ihre Grenzen selbst definieren<br />

müsse. Gleichzeitig sei es essentiell einfache Trainingsunterlagen für alle Mitarbeiter zu<br />

entwickeln, um die Menschenrechtsstrategie ins Unternehmen zu kommunizieren. Die<br />

Ergebnisse von Menschenrechts-Risikoanalysen könnten neben der Risikobewertung auch<br />

dazu genutzt werden, neue Möglichkeiten des Engagements zu definieren, die über den<br />

Respekt für die Menschenrechte hinauszugehen (beyond respect).<br />

Charlotte Wolff (ArcelorMittal) präsentierte die Entwicklung und Umsetzung der Menschenrechtsstrategie<br />

von ArcelorMittal. Von Bedeutung hierbei seien runde Tische mit verschiedenen<br />

Stakeholdern sowie Experten-Treffen gewesen, um ArcelorMittal dabei zu unterstützen,<br />

den richtigen Fokus in der Arbeit mit Menschenrechten zu definieren. ArcelorMittal erkenne<br />

seine Verpflichtung an alle Menschenrechte zu respektieren und setze Prioritäten auf zwölf<br />

Themen, die Frau Wolff kurz einzeln vorstellte. Um diese Policy erfolgreich zu implementieren,<br />

würden die Mitarbeiter und Zulieferer entlang der Wertschöpfungskette mit einbezogen.<br />

Frau Wolff betonte, dass die Entwicklung von Trainingsmaterialien den Mitarbeitern dabei<br />

helfen solle, die Menschenrechtsgrundsätze anzuerkennen und umzusetzen. Dabei sei es<br />

<strong>Protokoll</strong> DGCN-<strong>Arbeitstreffen</strong> <strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />

5


wichtig, auf kulturelle Unterschiede einzugehen. Außerdem müsse ein solides „Human<br />

Rights Governance Framework“ etabliert werden.<br />

In der Diskussion standen u.a. Fragen nach der konkreten Ausgestaltung von Human Rights<br />

Impact Assessments und Beschwerdemechanismen sowie nach den Kosten der vorgestellten<br />

Menschenrechtsprogramme im Vordergrund. Die Referenten betonten, wie wichtig Vertraulichkeit<br />

im Umgang mit den Ergebnissen von Menschenrechtsanalysen sowie ein glaubwürdiges<br />

Monitoring der Implementierung der eigenen Aktivitäten sei. Darüber hinaus unterstrichen<br />

sie die Bedeutung von echter Partizipation und Mitarbeiterschulungen.<br />

III. Plenum<br />

Arno Tomowski (Geschäftsstelle DGCN) stellte das neue DGCN-Instrument zu Wirtschaft<br />

und Menschenrechte 4 vor. Aus den DGCN-Coachings 5 habe sich eine Unternehmensgruppe<br />

gebildet, die zweimal jährlich Herausforderungen der eigenen Arbeit zu Menschenrechten<br />

diskutiere und dabei Feedback <strong>vom</strong> Coach und anderen Teilnehmern erhalte. Mit Luke Wilde<br />

(TwentyFifty Ltd.) habe die Gruppe ein „Organisational Capacity Assessment“ Instrument<br />

entwickelt, das Unternehmen dabei unterstütze, ihre Aktivitäten im Bereich Wirtschaft und<br />

Menschenrechte zu analysieren und zu bewerten. Dieses „Benchmarking“ orientiere sich an<br />

dem gegenwärtig wichtigsten Prozess auf globaler Ebene, den „UN Guiding Principles“ 6 . Alle<br />

DGCN-Unternehmen seien eingeladen, das Instrument zu nutzen. Britta Sadoun (Deutsche<br />

Post AG) bekräftigte, dass die Deutsche Post das Instrument in den nächsten Monaten anwenden<br />

und „road-testen“ würde.<br />

Herr Tomowski berichtete über die <strong>Global</strong> Compact Woche 7 (16.-20. Mai) in Kopenhagen.<br />

Diese hätte <strong>zum</strong> ersten Mal mit ca. 500 Unternehmen, lokalen GC-Netzwerken und weiteren<br />

Institutionen stattgefunden. Besonderer Fokus sei auf die Bedeutung und Kooperationsmöglichkeiten<br />

der lokalen GC-Netzwerke in der Gesamtinitiative gelegt worden. Wichtigster Teil<br />

der Woche sei der Austausch der Teilnehmer gewesen, etwa zu Fragen wie der <strong>Global</strong><br />

Compact in 2020 eine Teilnehmerzahl von 20 000 erreichen und wie der Beitrag der Wirtschaft<br />

zu Rio+20 organisiert werden könne, welche Möglichkeiten der Kooperation es<br />

zwischen lokalen GC-Netzwerke und LEAD-Teilnehmern gäbe, und wie Finanzierungskonzepte<br />

für den <strong>Global</strong> Compact aussehen könnten. Neben Berichten aus bestehenden<br />

Arbeitsgruppen, etwa zu Wirtschaft und Menschenrechten, verantwortlichem Investieren in<br />

Risikogebieten sowie Lieferketten seien neue Themen wie die „Women‘s Empowerment<br />

Principles“ und die „Children's Rights and Business Principles“ 8 vorgestellt worden. Die GC-<br />

Woche 2012 würde im Rahmen von Rio +20 stattfinden. Das DGCN sei <strong>vom</strong> GC aufgefordert,<br />

sich aktiv einzubringen. Die DGCN-Geschäftsstelle würde in Kürze mit entsprechenden<br />

Vorschlägen auf das Netzwerk zukommen.<br />

Weiterer wichtiger Punkt der <strong>Global</strong> Compact Woche sei das „Differentiation Programme“ 9<br />

für die Fortschrittsberichterstattung (COPs) gewesen. Dessen Erarbeitung wurde von Teilnehmern<br />

im Publikum als wenig konsultativ bewertet, etwa seien mit GC-Teilnehmern<br />

4<br />

Das Instrument können Sie unter https://www.globalcompact.de/fileadmin/getfile_de.php runterladen.<br />

5<br />

Den Flyer <strong>zum</strong> Coaching Wirtschaft und Menschenrechte können Sie unter http://www.globalcompact.de/index.php?id=112<br />

runterladen.<br />

6<br />

http://www.business-humanrights.org/media/documents/ruggie/ruggie-guiding-principles-21-mar-<strong>2011</strong>.pdf<br />

7<br />

Weitere Informationen finden Sie unter http://www.unglobalcompact.org/NewsAndEvents/global_compact_week.html.<br />

8<br />

Die Principles aufnehmend organisiert das GC-Netzwerk Niederlande gegenwärtig eine „Child Labour Platform“, zu der interessierte<br />

Unternehmen eingeladen sind. Bei Fragen können Sie sich an den Focal Point des Netzwerks Huib Klamer wenden<br />

(Klamer@vno-ncw.nl) rsp. An Marieke Abcouwer als Koordinatoren der Plattform (Abcouwer@duurzamehandel.com).<br />

9<br />

http://www.unglobalcompact.org/COP/differentiation_programme.html<br />

<strong>Protokoll</strong> DGCN-<strong>Arbeitstreffen</strong> <strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />

6


erarbeitete Orientierungsdokumente nicht in das Programm eingeflossen. Herr Kronen<br />

(Siemens AG) schlug vor, diesbezüglich eine gemeinsame Rückmeldung des DGCN an den<br />

<strong>Global</strong> Compact zu geben. Herr Kronen bereitet einen Textvorschlag vor, der über die<br />

Geschäftsstelle an die DGCN-Teilnehmer zur Mitzeichnung versendet wird. Da bezüglich der<br />

Fortschrittsberichterstattung vermehrt Fragen entstünden, so Herr Tomowski, plane das<br />

DGCN für den Vortag des kommenden <strong>Arbeitstreffen</strong>s einen COP-Workshop.<br />

Abschließend informierte Herr Tomowski, darüber, dass die GC-Unternehmen in den nächsten<br />

Wochen den Annual Review 2010 des <strong>Global</strong> Compact zugeschickt bekämen, begleitet<br />

von einem Anschreiben zur finanziellen Unterstützung der Initiative. Teilnehmer, die <strong>2011</strong><br />

bereits gespendet hätten, müssten dieses Schreiben nicht beachten. Über Spenden würden<br />

sich die DGCN-Stiftung und die GC-Foundation jederzeit sehr freuen.<br />

Jürgen Janssen (Geschäftsstelle DGCN) stellte ein Qualifizierungsprogramm des DGCN für<br />

kleinere und mittelständische GC-Teilnehmer vor 10 .<br />

Joachim Steffens (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) stellte die überarbeiteten<br />

und am 25. Mai verabschiedeten „OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“ 11<br />

vor. Die Leitsätze seien Empfehlungen für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten<br />

im Auslandsgeschäft und beinhalten u.a. Kapitel zu Arbeitsbeziehungen, <strong>zum</strong> Umwelt-<br />

und Verbraucherschutz, Korruptionsbekämpfung und Wettbewerb und neuerdings auch <strong>zum</strong><br />

Thema Wirtschaft und Menschenrechte mit deutlichem Bezug zur Arbeit von John Ruggie.<br />

Als Querschnittsthema wurde die Sorgfaltspflicht von Unternehmen auch im Hinblick auf ihre<br />

Lieferkette aufgenommen. Weiterhin sei der Beschwerde- und Mediationsprozess konkreter<br />

definiert worden 12 . Verstöße gegen die Leitsätze könnten über nationale Kontaktstellen<br />

(NKS) gemeldet werden. In Deutschland sei die NKS beim BMWi angesiedelt, was zwar von<br />

der Zivilgesellschaft kritisiert werde, aber insbesondere auch unter Effizienzgesichtspunkten<br />

eine gute Lösung sei. Bisher hätte es, so Herr Steffens, nur 17 Beschwerden in Deutschland<br />

gegeben. Für Rückfragen und Anmerkungen steht Herr Steffens gerne zur Verfügung 13 .<br />

10<br />

Aufgrund zu geringer Nachfrage wurde das Qualifizierungsprojekt zurück gestellt (Ergänzung der Geschäftsstelle Stand 24.<br />

<strong>Juni</strong>).<br />

11<br />

http://www.oecd.org/document/3/0,3746,de_34968570_39907066_41979843_1_1_1_1,00.html<br />

12<br />

Das DGCN und die Nationale Kontaktstelle in Deutschland haben 2006 eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Bei<br />

Zweifelsfällen über die Berücksichtigung der zehn GC-Prinzipien kann das DGCN auf den Beschwerdemechanismus der<br />

OECD-Leitsätze in Deutschland zurückgreifen.<br />

13<br />

Kontakt siehe: http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/aussenwirtschaft,did=177082.html<br />

<strong>Protokoll</strong> DGCN-<strong>Arbeitstreffen</strong> <strong>15.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!