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Global Compact Deutschland Jahrbuch 2011 - GC Yearbook

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global <strong>Deutschland</strong><br />

compact<br />

<strong>2011</strong>


Herausgegeben mit freundlicher Unterstüzung durch:<br />

Grußwort<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

Das rasche Wachstum der Weltbevölkerung geht angesichts<br />

begrenzter natürlicher Ressourcen mit zunehmenden<br />

Herausforderungen einher – in ökonomischer, ökologischer und<br />

ethischer Hinsicht. Um für alle Menschen, heutigen wie kommenden<br />

Generationen, dem Anspruch auf ein Leben in Würde gerecht<br />

werden zu können, muss wirtschaftliche Leistungskraft mit sozialer<br />

Verantwortung und dem Schutz von Umwelt und Natur in Einklang<br />

gebracht werden. Nur so bieten sich für Entwicklungs- und<br />

Schwellenländer wie für Industriestaaten Chancen dauerhaften<br />

Wirtschaftswachstums und Wohlstands. Denn wirtschaftlicher<br />

Erfolg und Nachhaltigkeit bedingen sich gegenseitig.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten Nationen ist Ausdruck dafür,<br />

dass die Zeichen der Zeit erkannt und ernst genommen werden. Er<br />

erweist sich mit seinen Prizipien zur Bewahrung der Menschenrechte<br />

und Umsetzung von Arbeitsnormen, Umweltschutz und<br />

Korruptionsbekämpfung als globale Richtschnur und wichtige<br />

Diskussionsplattform für Unternehmen, die sich ihrer gesellschaftlichen<br />

Verantwortung bewusst sind.<br />

Es freut mich, dass deutsche Unternehmen maßgebend zur Weiterentwicklung des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> beitragen.<br />

Hier engagieren sich neben großen, international agierenden Unternehmen zunehmend auch kleine und mittelständische<br />

Betriebe. Viele von ihnen setzen Ziele nachhaltigen Wirtschaftens in ihre Unternehmensstrategien<br />

gewinnbringend ein – sei es durch umweltschonenden und kostensparenden Energie- und Ressourceneinsatz<br />

oder durch Innovationen zur Sicherung langfristiger Wettbewerbsstärke. Die Bundesregierung unterstützt das<br />

Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk und fördert im Rahmen ihrer nationalen Corporate Social Responsibilitiy-<br />

Strategie auch vorbildliche internationale Initiativen.<br />

Wichtige Impulse für verantwortungsbewusstes Wirtschaften erwarte ich mir insbesondere von der Konferenz<br />

der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Juni 2012. Sie knüpft an den dortigen Weltgipfel vor 20 Jahren<br />

an, auf dem nachhaltige Entwicklung als globales Leitbild definiert wurde. Gemeinsam mit der Europäischen<br />

Union spricht sich <strong>Deutschland</strong> für einen Fahrplan für nachhaltiges Wirtschaften aus. Zudem werben wir für<br />

eine stärkere Stellung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und ihrer Kommission für nachhaltige<br />

Entwicklung.<br />

Durch Vorbilder und Kooperationen in Initiativen und Netzwerken können wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit<br />

auch als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> eine<br />

wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die sich in diese weltweite Initiative einbringen, sage ich von Herzen Dank.


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Grußwort von<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Die Gier ist es nicht<br />

Christoph Pfluger<br />

Plädoyer für ein neues Wohlstandskonzept<br />

Daniela Kolbe, MdB<br />

Der Nationale Wohlfahrtsindex<br />

Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser, Roland Zieschank<br />

Wohlstandsquintett des Denkwerks Zukunft<br />

Stefanie Wahl und Martin Schulte<br />

Alternative Methoden der Wohlfahrtsmessung<br />

Dr. Jan Schumacher<br />

Info: Die zehn wichtigen nationalen und<br />

internationalen Ansätze, Literaturtipps<br />

Reporting<br />

Nachhaltigkeitsberichte bald obligatorisch?<br />

Katrin Gaupmann<br />

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex –<br />

Vorbild für Europa?<br />

Dr. Frank Simon und Jonas Gebauer<br />

Höchste Zeit für Integrated Reporting<br />

Von Prof. Dr. Norbert Winkeljohann und Nicolette Behncke<br />

EU-Kommission stellt neue CSR-Strategie vor<br />

Differenzierungsprogramm des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Info: Weiterführende Literatur<br />

Innovation<br />

Mit Nachhaltigkeitsinnovationen zur Green Economy<br />

Dr. Jens Clausen<br />

Nachhaltiges Handeln spielerisch fördern<br />

Integriertes Technologie-Roadmapping<br />

Dr. Siegfried Behrendt<br />

Inhalt<br />

Transgovernance – Nachhaltigkeit neu betrachtet<br />

Dr. Louis Meuleman und Falk Schmidt<br />

Info: Tools und Bücher<br />

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Reporting<br />

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Jenseits des BIP –<br />

Fortschritt ohne Wachstum?<br />

44Innovation<br />

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Rückblick Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Aus der Arbeit des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerks <strong>2011</strong><br />

Dr. Jürgen Janssen<br />

Info: LEAD: Neue Plattform für Leadership<br />

Info: Erstes weltweites Verbraucher-Gütesiegel<br />

für Windenergie<br />

Best PRaCtICe<br />

Übersicht<br />

aBB<br />

Kontinuierliches Mitarbeiterengagement hilft<br />

Menschen in Not<br />

BasF<br />

Weltweit für den Klimaschutz<br />

Bayer<br />

Intelligente Technologien für den Klimaschutz<br />

Bertelsmann<br />

Orchester der Leseförderung<br />

Bosch<br />

Energieeffiziente Gebäude<br />

BsH Bosch und siemens Hausgeräte<br />

Weniger ist mehr<br />

CeWe COLOR<br />

Wie nachhaltige wirtschaftliche Verantwortung zur<br />

Zukunftssicherung beiträgt<br />

Daimler<br />

Starke Verbindung: <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität und<br />

Nachhaltigkeit<br />

Deutsche Post DHL<br />

GoTeach: Für gerechtere Bildungschancen in der Welt<br />

Deutsche telekom<br />

Das Experiment <strong>Deutschland</strong><br />

enBW<br />

Stromerzeugung im Wandel<br />

ernst & Young<br />

Integrated Reporting – Unternehmensberichterstattung<br />

vor einem grundlegenden Wandel?<br />

evonik<br />

Weltweiter Einkauf verpflichtet<br />

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Info: Drei Initiativen:<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – ISO 26000 – OECD-Leitsätze<br />

Info: Neue Publikationen<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

FaI rent-a-jet<br />

Grüner Hangar am Flughafen Nürnberg<br />

Forest Carbon Group<br />

Wertvolles muss einen Wert erhalten<br />

GIZ<br />

Innovationen: Türöffner für neue Märkte<br />

Heraeus<br />

Mit Know-how erneuerbare Energien optimieren<br />

und Ressourcen sparen<br />

HOCHtIeF<br />

Power & Innovation – Der Beitrag von HOCHTIEF<br />

zur Energiewende<br />

HypoVereinsbank<br />

Wert schaffen, Werte leben<br />

Lavaris technologies<br />

Einfach besseres Wasser<br />

MaN<br />

Talente entdecken und begeistern<br />

Merck<br />

Hilfe im Kofferformat: Ein Minilabor, das Leben rettet<br />

Miele<br />

Energiemanagement im Dialog mit dem Mitarbeiter<br />

PwC<br />

Wasserknappheit: Unternehmen überprüfen ihre<br />

internationalen Lieferketten<br />

RWe<br />

Energie intelligent und damit nachhaltig nutzen<br />

teCtuM Group<br />

Nachhaltige Personal-entwicklung in modernen<br />

Contact Centern<br />

Volkswagen<br />

Eins und eins gleich drei<br />

Wilkhahn<br />

„Responsible Furniture“ für Mensch und Umwelt


Agenda<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Fortschritt ohne Wachstum?<br />

Macht Wirtschaftswachstum die Menschen zufriedener oder gar glücklicher? Sowohl empirische Studien als auch<br />

Lebenserfahrung lehren uns, dass dem nicht so ist. Dennoch messen und bewerten wir traditionell die Entwicklung von<br />

Wohlstand und Wohlfahrt mit Hilfe des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Doch diese Verknüpfung birgt zwei fundamentale<br />

Probleme: Das Wirtschaftssystem kann aus sich heraus a priori nicht alle relevanten Indikatoren zur Wohlstandsmessung<br />

bereitstellen. Der Bundestag hat daher eine Enquete-Kommission einberufen, die ergänzende Kriterien benennen soll.<br />

Das zweite Problem ist der Wachstumsglaube. Wir leben auf einem endlichen Planeten. Ein grenzenloses, dauerhaftes<br />

Wachstum ist daher schon rein physikalisch nicht möglich. Dennoch verbraucht die Weltbevölkerung inzwischen eineinhalb Mal<br />

so viele Ressourcen, wie die Erde bieten kann. Die Folgen werden jeden Tag spürbarer – ob Klimawandel, Ressourcenkonflikte<br />

oder Armutsbekämpfung. Die Probleme spitzen sich zu. Aber es gib auch Lösungsansätze: Neue Methoden versprechen, die<br />

ökologisch und soziale Abwärtsspirale aus Wirtschaft = Wachstum = Wohlstand zu durchbrechen.<br />

6 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> 7


Von Christoph Pfluger<br />

Agenda<br />

ist es nicht<br />

Das Rätsel des ewigen Wachstums. Während die Menschheit<br />

jahrtausendelang mehr oder weniger nachhaltig lebte, setzte ab<br />

etwa 1750 eine verheerende Dynamik ein – mit exponentiellem<br />

Wachstum der Bevölkerung, des Verbrauchs und der Zerstörung.<br />

Was ist eigentlich mit uns geschehen?<br />

Die Wachstumskritik ist sich einig: Weil der Mensch immer<br />

mehr will, müssen wir ständig wachsen. Das klingt plausibel,<br />

aber stimmt es auch? Der Mensch hat schon immer versucht,<br />

seine Lebensbedingungen zu verbessern, ohne damit gleich<br />

eine zerstörerische, exponentielle Dynamik loszutreten. Zwar<br />

hatten die Römer zur Beheizung ihrer luxuriösen Thermen<br />

Italien abgeholzt – aber insgesamt blieb die menschliche<br />

Zivilisation einigermaßen nachhaltig. Das Auf und Ab der<br />

natürlichen Zyklen wies sie in ihre Grenzen.<br />

Wenn die Wachstumskritik also fordert, wir müssten weniger<br />

wollen, greift sie zu kurz, und vor allem macht sie keine<br />

Aussagen über die Ursache der verhängnisvollen Dynamik,<br />

die den Planeten Erde an den Rand des Abgrunds drängt.<br />

Exponentielles Wachstum hatten wir nicht schon immer, es<br />

plagt uns erst seit neuerer Zeit. Das Verheerende an dieser<br />

Form von Wachstum ist unsere Blindheit für seinen naturfremden<br />

Charakter. Exponentielles Wachstum kommt in der<br />

Biosphäre, wo alles wächst, gedeiht und wieder zerfällt, nur<br />

in kurzen Phasen vor – und bei wucherndem Krebs. Aber<br />

ewiges Wachstum in einer endlichen Welt ist nicht möglich,<br />

und deshalb können wir es mit unserer an der Evolution<br />

geschulten Wahrnehmung auch nicht erkennen.<br />

Der größte Fehler des Menschen ist sein Unvermögen, die<br />

Exponentialkurve zu verstehen. Davon ist der emeritierte<br />

amerikanische Physikprofessor Alfred Bartlett überzeugt und<br />

illustriert dies mit seiner mittlerweile berühmt gewordenen<br />

Geschichte von der Flasche, in der sich die Zahl der Bakterien<br />

jede Minute verdoppelt und die nach einer Stunde voll ist. Die<br />

Bakterien merken zwei Minuten vor zwölf – die Flasche ist zu<br />

diesem Zeitpunkt zu einem Viertel gefüllt –, dass es eng wird<br />

und schicken Kundschafter aus. Nach einer Minute kehren sie<br />

mit der frohen Botschaft von drei leeren Flaschen zurück, die<br />

das Wachstumsproblem ein für alle Mal lösen würden. Die<br />

Erleichterung währt nicht lange: Zwei Minuten nach zwölf sind<br />

auch diese voll und das Desaster bricht über die Population<br />

herein. Was man über exponentielles Wachstum wissen muss:<br />

• Das Wesentliche findet ganz am Schluss statt, wenn es zu<br />

spät ist die Entwicklung zu beeinflussen.<br />

• Auch ein vergleichsweise bescheidenes Wachstum von<br />

jährlich zwei Prozent ist exponentiell. Zur Berechnung<br />

der ungefähren Verdoppelungszeit dividiert man 70 durch<br />

den Prozentwert; bei zwei Prozent ergibt dies 35 Jahre, bei<br />

4,3 Prozent, dem aktuellen globalen Wirtschaftswachstum<br />

gemäß Internationalem Währungsfonds, sind es 16 Jahre.<br />

• Verdoppelung bedeutet eine markante Erhöhung des absoluten<br />

Wachstums. Wenn die Weltbevölkerung um ein<br />

Prozent pro Jahr wachsen würde, ein Wert, den sie erst im<br />

20. Jahrhundert erreichte, dann brauchte es 694 Jahre, um<br />

von einer Million auf eine Milliarde zu kommen. Die zweite<br />

Milliarde wäre in hundert Jahren erreicht, die dritte in 41,<br />

die vierte in 29, die fünfte in 22 und die sechste in 18 Jahren.<br />

Der jährliche Zuwachs beträgt zur Zeit 1,14 Prozent und die<br />

siebte Milliarde wurde im Oktober <strong>2011</strong> offiziell erreicht.<br />

Die Blindheit des Menschen für diese unheilvolle Entwicklung<br />

hat noch einen anderen Grund, und der versteckt sich im<br />

Konzept des „shifting baseline syndrome“ des kanadischen<br />

Fischereiwissenschaftlers Daniel Pauly: „Jede Generation von<br />

Fischereifachleuten akzeptiert die zu Beginn ihrer Karriere<br />

bestehenden Fischbestände als Basis für die Bewertung von<br />

Veränderungen. Wenn die nächste Generation antritt, werden<br />

die bis dann gesunkenen Bestände als Grundlinie angenommen.<br />

Das Resultat ist eine schrittweise Verschiebung der<br />

Grundlinie, eine stufenweise Anpassung an das schleichende<br />

Verschwinden der Arten.“<br />

Fazit: Der mit dem exponentiellen Wachstum einhergehende<br />

Wandel kann zwar wahrgenommen werden, aber seine dramatischen<br />

Auswirkungen zeigen sich erst nach Generationen.<br />

Wenn wir verstehen wollen, was heute auf der Erde geschieht,<br />

müssen wir also größere Zeiträume betrachten. Aber da fehlen<br />

uns weitgehend die empirischen Daten. Von den großen<br />

Indikatoren der Menschheitsentwicklung – Bevölkerung,<br />

Produktivität und Naturverbrauch – gibt es nur über die<br />

Bevölkerungszahl einigermaßen verlässliche Zahlen. Immerhin.<br />

Da entdeckt man im 18. Jahrhundert eine markante<br />

Trendwende, das vorher langsame Bevölkerungswachstum<br />

beginnt zu steigen. Was ist da geschehen?<br />

Einen sich selbst begründenden Anstieg des Bevölkerungswachstums<br />

können wir ausschließen. Warum auch sollte die<br />

Bevölkerungszahl plötzlich ansteigen, wenn sie es Jahrtau-<br />

sende zuvor nicht getan hat? Welche neue Kraft hat also im<br />

18. Jahrhundert die Bühne der Zivilisation betreten, sodass<br />

sich die Lebensgrundlagen der Menschheit fundamental<br />

änderten? In Frage kommen die Demokratisierung, die Industrialisierung<br />

und die Einführung des Kreditgeldes. Die<br />

Identifikation einer einzigen Ursache – wenn es denn eine<br />

gibt – geht über die Möglichkeiten dieser kurzen Untersuchung<br />

hinaus. Aber ein paar plausible Feststellungen lassen<br />

sich dennoch machen. Demokratien hat es im antiken Griechenland<br />

bereits gegeben, ohne dass sie die Lebensgrundlagen<br />

hätten angreifen können. Im Falle Roms ist dies allerdings<br />

weniger eindeutig. Die römische Demokratie war fast so<br />

expansiv wie später das Cäsarentum. Den Römern fehlte es<br />

jedoch nicht nur an technischen Möglichkeiten – die Zahl<br />

Null war noch nicht erfunden – es mangelte vor allem ein<br />

Zwang zur Effizienzsteigerung. Sklaven waren zur Genüge<br />

vorhanden, den Hunger der Aristokraten nach Luxus zu<br />

befriedigen. Demokratie als hinreichenden Grund für den<br />

im 18. Jahrhundert einsetzenden Zeitenwandel können wir<br />

also ausschließen.<br />

Kommt die Industrialisierung dafür in Frage? Auch da sind<br />

Zweifel angebracht, die sich ausgerechnet am Beispiel der<br />

Dampfmaschine, dem Motor der Industrialisierung schlechthin,<br />

manifestieren. Der Historiker Tamim Ansary schreibt<br />

in „Die unbekannte Mitte der Welt – <strong>Global</strong>geschichte<br />

aus islamischer Sicht“: „In der muslimischen Welt gab es<br />

die Dampfmaschine schon drei Jahrhunderte, bevor sie im<br />

Westen erfunden wurde. Dort löste sie allerdings rein >><br />

8 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

9


Agenda<br />

gar nichts aus. Die Dampfmaschine wurde erfunden, um<br />

beim Festbankett eines reichen Mannes einen Drehspieß<br />

anzutreiben und ein Schaf von allen Seiten knusprig braun<br />

zu grillen; eine Beschreibung des Geräts findet sich in einem<br />

Buch des türkischen Ingenieurs Taqi al-Din aus dem Jahr 1551.<br />

Nach dem Fest fiel niemandem eine weitere Verwendungsmöglichkeit<br />

für den Apparat ein, und er wurde wieder vergessen.“<br />

Überhaupt war die orientalische Welt, wie viele Jahrhunderte<br />

zuvor das chinesische Reich, dem Westen in technischer und<br />

wissenschaftlicher Hinsicht weit überlegen, ohne dass dies zu<br />

einem fatalen Angriff auf die Nachhaltigkeit geführt hätte.<br />

Die technisch-industrielle Innovation allein führt also nicht<br />

zu einer sich selbst verstärkenden Entwicklung, auch nicht<br />

in Verbindung mit Gier, von der vermutlich weder Orientalen<br />

noch Chinesen verschont geblieben sind.<br />

Wir kommen der Sache näher, wenn wir die Innovationen<br />

im Geldwesen des 18. Jahrhunderts näher betrachten. Die<br />

Gründung der Bank of England 1694, der Mutter aller Zentralbanken,<br />

gilt allgemein als Geburtsstunde des modernen<br />

Geldwesens. Vorher wurden die Zahlungsmittel, vornehmlich<br />

Münzen, von der Obrigkeit herausgegeben und waren durch<br />

den Wert des Edelmetalls einigermaßen gedeckt. Die Schöpfung<br />

von Zahlungsmitteln durch den Kredit war marginal<br />

und beschränkte sich im Wesentlichen auf Wechsel zur Finanzierung<br />

des Handels ohne Münzgeld und die Herausgabe<br />

von ungedeckten Goldquittungen durch die Goldschmiede,<br />

die damit gleichzeitig Bankiers waren. Diese Zahlungsmittel<br />

waren privat, d.h. sie eigneten sich nur mit Einverständnis des<br />

Gläubigers zur Bezahlung von Schulden. Mit der Gründung<br />

der Bank of England wurde dies anders.<br />

Ihre Gründung geht übrigens auf einen historischen Demokratisierungsschritt<br />

zurück, was allerdings keineswegs bedeutet,<br />

dass sie demokratisch legitimiert wäre. 1688 wurde nämlich<br />

der calvinistische Holländer Wilhelm III. von Oranien von<br />

den Protestanten im englischen Parlament um Hilfe gegen<br />

die Rekatholisierungsversuche von König Jakob II. gebeten.<br />

Wilhelm kam, vertrieb seinen Schwiegervater und bestieg<br />

mit seiner Frau, Maria II., den englischen Thron, allerdings<br />

erst, nachdem er die „Bill of Rights“ unterschrieben hatte, das<br />

Gesetz der Rechte, in dem er sich dem Parlament weitgehend<br />

unterwarf. Unter anderem wurde ihm verboten, ohne Zustimmung<br />

des Parlamentes Steuern zu erheben. Um seinen Krieg<br />

gegen Frankreich finanzieren zu können, wurde deshalb die<br />

Bank of England gegründet. Als guter Calvinist war er der<br />

Zinswirtschaft nicht abgeneigt, auch wenn er, wie in diesem<br />

Fall, selber Zinsen zu zahlen hatte.<br />

Die Gründungsakte verlieh dem privaten, übrigens weitgehend<br />

unbekannten Konsortium, das Recht, nur teilweise durch Gold<br />

gedeckte Banknoten als offizielles Zahlungsmittel herauszugeben.<br />

Sofort setzte intensives Schuldenmachen ein, das 1720 im<br />

berüchtigten Südseeschwindel seinen vorläufigen Höhepunkt<br />

bzw. seinen jähen Absturz fand. Durch die brutale Entwertung<br />

der Papiere auf noch knapp 20 Prozent ihres ursprünglichen<br />

Wertes blieben Aktiengesellschaften noch fast hundert Jahre<br />

in England suspekt.<br />

Ebenfalls 1720 endete in Frankreich John Laws Papiergeld-<br />

Euphorie. Seine Banque Royale hatte massenhaft durch königliche<br />

Ländereien gedeckte Noten herausgegeben, mit denen<br />

Anteile an der Mississippi-Compagnie gekauft wurden und<br />

ihren Wert in schwindelerregende Höhen trieb. Nach dem<br />

verheerenden Platzen der Blase blieb Papiergeld in Frankreich<br />

noch über Generationen verdächtig. Fast wäre der Kapitalismus<br />

an seinen Kinderkrankheiten gestorben.<br />

Aber die Magie der neuen Geldschöpfung war stärker. Der<br />

Schotte William Paterson, auf den die Lizenz der Bank of<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Der größte Fehler des Menschen<br />

ist sein Unvermögen,<br />

die Exponentialkurve zu<br />

verstehen: Das Wesentliche<br />

findet ganz am Schluss statt,<br />

wenn es zu spät ist, die Entwicklung<br />

zu beeinflussen.<br />

England ausgestellt worden war, brachte es bereits 1694 in<br />

einem Prospekt auf den Punkt: „Die Bank erhält den Zinsgewinn<br />

von all den Geldern, die sie, die Bank, aus dem Nichts<br />

erzeugt.“ Einer solchen Versuchung ist natürlich schwer zu<br />

widerstehen.<br />

Das Problem dieser Form der Geldschöpfung, und damit wollen<br />

wir die historischen Streifzüge abschließen, zeigt gleichzeitig<br />

die enorme Wachstumsdynamik, die sie auslöst. Geld, das<br />

als Kredit entsteht, ist damit nicht mehr ein vorhandener<br />

Wert, sondern einer, der erst noch geschaffen werden muss.<br />

Zudem reicht das in der Volkswirtschaft zirkulierende Geld<br />

nur zur Rückzahlung des Kredits, nicht aber von Zins und<br />

Zinseszins. Damit ein solches Geld seinen Wert behält, müssen<br />

nicht nur die versprochenen Werte geschaffen, sondern<br />

auch ständig neue Kreditnehmer gefunden werden, die die<br />

Geldmenge wachsen lassen. Ein solches Schneeballsystem ist<br />

zum Wachstum verurteilt, sonst bricht es zusammen. Und<br />

weil die Schulden exponentiell steigen, wird der Ausstieg aus<br />

diesem Teufelskreis immer schwieriger.<br />

Wer in einer kapitalistischen Gesellschaft lebt, steigert seine<br />

Leistung nicht freiwillig – er muss! Das ist der Schlüssel<br />

zum Verständnis der industriellen Revolution, die Europa ab<br />

1750 überrollte, zuerst langsam, dann getreu dem Gesetz der<br />

Exponentialfunktion, immer schneller.<br />

Zwar bremste die nach wie vor erforderliche teilweise Golddeckung<br />

die Geldschöpfung, aber nicht nach den Bedürfnissen<br />

der Volkswirtschaft, sondern nach der Verfügbarkeit von Gold.<br />

Wurden neue Goldvorräte entdeckt, stieg die Geldmenge und<br />

die Wirtschaft wuchs, sank sie, folgte eine Rezession.<br />

Eine wichtige Marke in der Geldgeschichte ist die Aufhebung<br />

des Goldstandards in den europäischen Ländern am Vorabend<br />

des Ersten Weltkrieges. Damit wurden die finanziellen Fesseln<br />

zur Bezahlung dieses schrecklichen Abenteuers gelöst, auf<br />

Kredit natürlich, der im Wesentlichen von <strong>Deutschland</strong> mit<br />

den Reparationen des Versailler Friedensvertrages beglichen<br />

werden musste – mit verheerenden Folgen für das Land, die<br />

Demokratie und letztlich für die ganze Welt.<br />

Seit Nixon 1971 die letzte Bindung des Dollars an das Gold<br />

aufheben musste, weil sich die USA mit dem Vietnamkrieg<br />

in übergroße Schulden stürzten, wird die Geldschöpfung<br />

nur noch beschränkt durch die Zahl der Kreditnehmer, die<br />

ein finanzielles Wachstum versprechen und durch die kaum<br />

vorhandene Spardisziplin von Staaten, die bis vor kurzem erst<br />

noch im Ruf standen, nie bankrott gehen zu können. Ob dieses<br />

Wachstum den Bedürfnissen der Menschen entspricht, ist<br />

dabei sekundär. Ein illustratives Beispiel dafür ist das Auto mit<br />

seinen horrenden Kosten, den Millionen von Verkehrsopfern<br />

und den unübersehbaren Umweltschäden. Es wird gefördert,<br />

weil es unwirtschaftlich ist. In der Tat: Wer auf das Fahrrad<br />

umsteigt, kommt schneller voran, wenn man die Arbeitszeit<br />

zur Finanzierung des Autos und der Strassen mitrechnet. Und<br />

er lebt gesünder und spart Kosten, die die Gesellschaft für den<br />

motorisierten Verkehr übernimmt. Das Problem des Umstiegs<br />

ist die Infrastruktur, die an vielen Orten mittlerweile ein Leben<br />

ohne Auto erheblich erschwert. >><br />

10 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

11


Agenda<br />

Das Auto illustriert im übrigen den sich gegenseitig verstärkenden<br />

Effekt exponentieller Dynamiken: Während sieben<br />

Milliarden still sitzende Menschen vielleicht kaum auffallen,<br />

erzeugen sieben Milliarden Menschen, die sich mit immer<br />

höherer Geschwindigkeit bewegen, eine viel größere Wirkung.<br />

Man muss nicht viel von Physik verstehen, um zu wissen, dass<br />

Bewegung Druck erzeugt. Je höher das Tempo, desto mehr<br />

Platz braucht der Mensch.<br />

Volkswirtschaftlicher Unsinn sind auch die zentrale Energieversorgung<br />

durch fossile oder atomare Großkraftwerke oder<br />

das Gesundheitswesen mit seiner Fokussierung auf teure<br />

Reparaturen anstatt günstiger Prävention. Und bei den meisten<br />

Konsumartikeln ist die Antwort auf die Schlüsselfrage<br />

eindeutig: Existieren sie, weil jemand ein Geschäft machen<br />

will (oder muss) oder entsprechen sie einem realen Bedürfnis?<br />

Eine Nachfrage, die erst mit milliardenteurem Marketing<br />

angekurbelt werden muss, ist weitgehend synthetisch. Die<br />

Förderung der Gier ist eben nicht umsonst.<br />

Die Echtheit synthetischer Bedürfnisse in einer solchen Wirtschaft<br />

ist nicht einfach zu beurteilen. Legendär sind die<br />

Einschätzungen von Daimler-Benz um 1900, es bestehe ein<br />

Markt für maximal hunderttausend Automobile, da es gar<br />

nicht mehr Kutscher gäbe oder des IBM-Chefs Thomas Watson,<br />

der in den 50er Jahren von einem weltweiten Bedarf von<br />

vielleicht fünf Computern sprach. Heute ist die Notwendigkeit<br />

von Autos und Computern so groß, dass die zivilisierte Welt<br />

ohne sie augenblicklich zusammenbrechen würde. So schafft<br />

sich das Kreditgeld die Welt, die es für sein ewiges Wachstum<br />

braucht. Wir wollen nicht wachsen, wir müssen! Und wir<br />

zerstören fortlaufend die Brücken, zu einem menschlichen<br />

Maß zurückzukehren. Die Welt des Wachstums macht sich<br />

unentbehrlich.<br />

Dieses wirtschaftliche Schneeballsystem ist natürlich kein Ort<br />

für zarte Gemüter. Je weiter es gedeiht, desto größer ist der<br />

Schaden für die Allgemeinheit und desto mehr egoistische<br />

Energie braucht es, um darin zu überleben oder gar erfolgreich<br />

zu sein. Die Gier ist in dieser Hinsicht bloß der Treibstoff,<br />

mit dem die fatale Maschine betrieben wird. Und die Gier<br />

als Ursache der Finanzkrise oder des Wachstumszwangs zu<br />

bezeichnen, ist etwa so stichhaltig wie Verkehrsunfälle durch<br />

Benzinrationierung zu bekämpfen. Dass ein erwünschtes Resultat<br />

erreicht wird, bedeutet noch längst nicht eine korrekte<br />

Identifikation der Ursache.<br />

So sitzen wir tatsächlich in einer Wachstumsfalle. Drei Wege<br />

scheinen kurzfristig aus dem durch Schulden getrieben Wachstumszwang<br />

zu führen, und alle drei sind letztlich versperrt:<br />

• Wenn wir die Schulden durch Rückzahlung reduzieren,<br />

verringern wir den Geldumlauf. Geld verdienen wird<br />

schwieriger, das Gewicht der Schulden proportional höher,<br />

die Erholung erschwert. Dies ist der deutsche Weg, der den<br />

Menschen immer höhere Opfer abverlangt und der nur<br />

„funktioniert“, wenn über den Außenhandel Gewinne zu<br />

machen sind. Das ist ein Nullsummenspiel, in dem nur die<br />

Starken profitieren.<br />

• Wenn wir in der Hoffnung auf Beseitigung der Schulden<br />

das Wachstum mit Krediten befeuern, vergrößern wir nur<br />

die Schulden und treiben uns tiefer in den Teufelskreis.<br />

Dies ist der amerikanische Weg, der in die Hyperinflation<br />

führt.<br />

• Wenn wir die Produktion drosseln, sinken die Mittel zur<br />

Bezahlung der Schulden und Zinsen und damit auch die<br />

Werte der Finanzanlagen. Dieser Weg untergräbt die Basis<br />

unseres Geldwertes und hebt in letzter Konsequenz die<br />

rechtlichen Grundlagen unserer Gesellschaft auf. Ohne<br />

verlässlichen Wert beginnen alle Vertragsverhältnisse zu<br />

wanken, in denen Geld eine Rolle spielt. Dies ist die „Gefahr“<br />

des Negativwachstums.<br />

Es scheint, als würde der österreichische Nationalökonom<br />

Ludwig von Mises mit seinem Diktum Recht bekommen: „Es<br />

gibt kein Mittel, den finalen Zusammenbruch eines Booms<br />

zu verhindern, der auf der Kreditausweitung beruht. Die<br />

Alternative ist nur, ob die Krise früher durch eine freiwillige<br />

Aufgabe der Kreditexpansion eintritt oder später als finale<br />

und totale Katastrophe des betreffenden Währungssystems.“<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Den Boom, den er zwar nicht meinte, aber um den es hier<br />

geht, ist die industriell-kapitalistische Revolution, die den<br />

Planeten Erde seit ungefähr 1750 in eine gigantische Maschine<br />

umgebaut hat und die zwanghaft immer mehr natürliche<br />

und menschliche Ressourcen in gewinnträchtige Elemente<br />

verwandelt. Das ist die ultimative Blase, die wie jede ihrer<br />

kleinen Vorgängerinnen platzen muss.<br />

Bei den drei gewaltigen exponentiellen Wachstumsdynamiken<br />

Bevölkerung, Produktion/Verbrauch und Umweltzerstörung<br />

innert nützlicher Frist eine Trendwende zu erreichen, scheint<br />

unwahrscheinlich. Konferenzen, Steuern, Technologien, Gesetze,<br />

Appelle – so gut gemeint sie auch sind, sie werden die<br />

historischen Kräfte, die sich über die letzten Jahrhunderte<br />

aufgebaut haben, nicht in zehn oder zwanzig Jahren neutralisieren<br />

können, zumal der dahinter stehende Antrieb, unser<br />

Geldsystem, seinerseits mit exponentieller Wucht zuschlägt.<br />

Und: wenn wir es zähmen, wird es zusammenbrechen.<br />

Ungewollt, aber gezwungenermaßen sind wir damit bei einer<br />

apokalyptischen Perspektive angelangt. Sie müsste allerdings<br />

nicht nur bedrohlich sein. Je größer der Schaden, desto größer<br />

könnte auch die daraus erwachsende Klugheit sein. Nichts<br />

spricht dagegen, eine hyperexponentielle Lernfähigkeit zu<br />

postulieren.<br />

Wenn das Geldsystem auseinanderfällt, die zerbrechlichste der<br />

großen Wachstumsdynamiken, dann wird sich die Erkenntnis<br />

über die Wirkungen des Kreditgeldes und eines zinsfreien,<br />

nachhaltigen Geldes leichter verbreiten. Denn einen großen<br />

Vorteil hatte die technisch-industrielle Entwicklung der letzten<br />

250 Jahre. Sie hat das Know-how und die Infrastruktur zur<br />

Überwindung des Mangels geschaffen, der die Menschheit seit<br />

Beginn der Evolution begleitet hat. Bei gerechter Verteilung<br />

und intelligenter Umnutzung, und da gehört ein gerechtes<br />

Geld zwingend dazu, ist genug für alle da.<br />

Dürfen wir einen hyperexponentiellen Lernprozess erwarten?<br />

Ich glaube ja. Nicht nur wird uns der Schaden die Augen<br />

öffnen, auch die Quantenphysik könnte eine Entwicklung<br />

ermöglichen, für die es nur einen Begriff gibt: Quantensprung.<br />

Nach den Erkenntnissen der Quantenphysik existieren Phänomene,<br />

die es nach konventioneller Physik gar nicht geben<br />

darf, z.B. Gleichzeitigkeit oder die Beeinflussbarkeit der Materie<br />

durch Information. Diese durch Experimente untermauerten<br />

Erkenntnisse bestätigen alte religiöse Mythen, alles sei eins<br />

und Trennung letztlich eine Illusion. Für die Stichhaltigkeit<br />

dieses Glaubens gibt es erstaunliche Hinweise, z.B. von den<br />

amerikanischen GEOS-Satelliten (Geostationary Operational<br />

Environmental Satellites), die kontinuierlich wetterrelevante<br />

Daten, unter anderem auch den Zustand des Erdmagnetfeldes<br />

übermitteln. Just am 11. September 2001, eine Viertelstunde<br />

nach der ersten Attacke auf das World Trade Center, registrierten<br />

die Satelliten eine Veränderung des Erdmagnetfeldes<br />

von bisher unbekannter Stärke. Die weltweite emotionale<br />

Hochspannung beeinflusste ganz offensichtlich das Erdmagnetfeld.<br />

Und dieses, das weiß man aus anderen psychologischen<br />

Forschungen, hat einen Einfluss auf den mentalen<br />

Zustand der Menschen. Diese Zusammenhänge können auch<br />

im Positiven wirken. Je mehr Menschen aufwachen und die<br />

Verbindung erkennen, die alles vereint, desto eher werden<br />

wir in der Lage sein, das unvermeidliche Ende des materiellen<br />

Wachstums positiv zu nutzen. Im Geistigen können wir dann<br />

wieder weiter wachsen. Meinetwegen gerne auch unendlich.<br />

Bis es so weit ist, müssen wir auf individueller Ebene aus<br />

dem Wachstumszwang aussteigen, das Glück des einfachen<br />

Lebens kultivieren und uns mindestens teilweise gegen die<br />

Risiken eines suizidalen Wirtschaftssystems schützen, durch<br />

Ausbau der Selbstversorgung und Pflege nachbarschaftlicher<br />

Beziehungen. Auch hier können wir hemmungslos wachsen.<br />

Ohne Zwang, und mit umso mehr Freude.<br />

ÜBeR DeN autOR<br />

Christoph Pfluger befasst sich als Journalist und Verleger seit 24 Jahren mit<br />

Fragen des Geldsystems. Der Text ist die bearbeitete Fassung eines Artikels aus<br />

dem „Zeitpunkt“, einer Zweimonatszeitschrift „für intelligente Optimistinnen<br />

und konstruktive Skeptiker“.<br />

12 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

13


Agenda<br />

Plädoyer Für ein neues<br />

Soziale Gerechtigkeit, sinkender Umweltverbrauch, individuelle Lebensqualität und auch qualitativer wirtschaftlicher Erfolg:<br />

Diese Aspekte könnten zukünftig den wirklichen Wohlstand unserer Gesellschaft messen. Bislang gilt noch das Bruttoinlandsprodukt<br />

(BIP) pro Kopf und sein Wachstum als gängiger Wohlstandsmaßstab. Doch der Tunnelblick auf das BIP ignoriert, unter<br />

welchen sozialen und ökologischen Bedingungen das Wachstum entsteht. Und er ignoriert, dass Wachstum für Zufriedenheit<br />

nicht reicht. Was wirklich zum gesellschaftlichen Fortschritt beiträgt, wie wir nachhaltig wirtschaften und welchen Indikator wir<br />

dann brauchen, wird bereits diskutiert. Auch die neu eingesetzte Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages „Wachstum,<br />

Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der sozialen Marktwirtschaft“<br />

sucht Antworten.<br />

Von Daniela Kolbe, MdB<br />

In den letzten Jahren hat die Debatte um die Wachstumsgesellschaft<br />

an Tempo gewonnen. Sie ist nicht nur in der OECD,<br />

der UNO oder der EU-Kommission angekommen, sondern wird<br />

auch intensiv in Ländern wie Großbritannien oder Frankreich<br />

geführt. Seit Anfang <strong>2011</strong> beschäftigt sich auch in <strong>Deutschland</strong><br />

ein parlamentarisches Gremium damit. 17 Abgeordnete und<br />

17 von den jeweiligen Fraktionen benannte Sachverständige<br />

aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften bilden<br />

gemeinsam die Enquête-Kommission. Abseits des politischen<br />

Alltagsgeschäfts diskutieren sie fünf Themen: den Stellenwert<br />

von Wachstum, einen neuen Wohlstandsindikator, die<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung des Wachstums<br />

vom Ressourcenverbrauch, eine nachhaltig gestaltende<br />

Ordnungspolitik und schließlich den Bereich Arbeitswelt,<br />

Konsumverhalten und Lebensstile. Mindestens ein Mal im<br />

Monat tagt die Kommission in großer Runde, zusätzlich zu<br />

den Arbeitsgruppensitzungen. Am Ende der Wahlperiode wird<br />

dann 2013 ein umfangreicher Enquête-Bericht mit konkreten<br />

Empfehlungen stehen.<br />

Geringeres Wachstum fordert heraus<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Dass gerade jetzt Fragen nach dem Sinn der Wachstumsfixierung<br />

westlicher Gesellschaften in den Fokus rücken, ist kein Zufall.<br />

Schließlich ist nicht klar, ob und wie wir bei schrumpfender<br />

und alternder Bevölkerung überhaupt eine hohe wirtschaftliche<br />

Leistung halten können. Und es ist auch ungewiss, ob sich das<br />

Wachstum bei drückenden staatlichen Schulden oder einer<br />

kollabierenden Finanzwirtschaft nicht selbst abstellt. Diese Möglichkeiten<br />

führen in einer wachstumsorientierten Gesellschaft<br />

zu Problemen: für Beschäftigung, Sozialversicherungssysteme<br />

und Staatshaushalte. Entweder schafft man daher rechtzeitig<br />

vernünftige Bedingungen für weiteres nachhaltiges Wachstum<br />

oder stellt sich auf geringeres ein.<br />

Wachstum, aber kein gesellschaftlicher Fortschritt<br />

Zusätzlich gerät unser Wachstumsmodell durch seine Nebenwirkungen<br />

und blinden Flecken unter Druck. Jahrzehntelang<br />

schien zu gelten, dass wirtschaftlicher und gesellschaftlicher<br />

Fortschritt zusammengehören – doch das gilt nicht mehr<br />

voraussetzungslos. Trotz wirtschaftlichen Wachstums erhöhen<br />

sich Wohlstand und Lebensqualität in den westlichen Ländern<br />

in den letzten zwei Jahrzehnten nicht: Die soziale Ungleichheit<br />

wächst (auch global), das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft<br />

sinkt, die natürlichen Lebensgrundlagen werden überfordert<br />

und einige Menschen sind sogar weniger glücklich.<br />

Obwohl wir seit Mitte der neunziger Jahre ein BIP-Wachstum<br />

von mehr als 20 Prozent haben, gibt es in <strong>Deutschland</strong> heute<br />

weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, und deutlich<br />

mehr in prekärer und niedrig entlohnter Arbeit. Nur das obere<br />

Zehntel der Einkommen ist materiell wohlhabender geworden.<br />

In vielen Ländern Europas sind die Menschen konfrontiert mit<br />

unsicheren Jobs, Sozialabbau und steigenden Lebenskosten bei<br />

real sinkenden Löhnen. Sie eint das Gefühl, dass es in ihren<br />

wohlhabenden Gesellschaften ungerecht zugeht. Dabei empfinden<br />

viele diese Gerechtigkeitslücke seit der Finanzmarktkrise<br />

noch verstärkt. Denn Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft<br />

scheinen außer Kraft gesetzt. Risiko und Haftung gehören kaum<br />

noch zusammen. Gewinne werden privatisiert, Verluste über<br />

Steuern und Sparprogramme vergemeinschaftet. Das Vertrauen<br />

in die Märkte schwindet. Das Zutrauen, dass die Politik noch in<br />

der Lage ist im Sinne der Menschen zu gestalten, auch. Zugleich<br />

überfordert unserer heutiges Wachstumsmodell unsere natürlichen<br />

Lebensgrundlagen. Doch Energie- und Ressourcenverbrauch,<br />

Emissionen und Abfallmengen steigen weiter und gefährden<br />

die Ökosysteme und damit die Grundlagen unseres Lebens und<br />

Wirtschaftens. Daneben beklagen immer mehr Menschen, dass<br />

sich ihr Alltag beschleunigt, sozialer Zusammenhalt verloren<br />

geht und sie sich entfremdet fühlen. Mehr Wirtschaftsleistung<br />

führt nicht dazu, dass jeder einzelne automatisch zufriedener<br />

ist. Ab einem bestimmten materiellen Niveau sind insbesondere<br />

Gesundheit und intakte soziale Beziehungen bestimmend für<br />

das individuelle Wohlergehen.<br />

Wohlstand neu denken und messen<br />

Wenn man wirklich etwas substanziell über gesellschaftlichen<br />

Fortschritt sagen will, dann ist es nötig, diese Entwicklungen<br />

einzubeziehen. Einig ist sich die Enquête-Kommission, dass<br />

sowohl der soziale als auch ökologische Zustand einer Gesellschaft<br />

zum Wohlstand gehören. Doch das BIP als bisher<br />

gängiges Wohlstandsmaß, sagt dazu nichts, und es hat unstrittige<br />

Schwächen. Während ehrenamtliche und unentgeltliche<br />

Familienarbeit als Leistung herausfallen, wirken eigentlich<br />

negative Effekte wie die Reparaturkosten von Umweltschäden<br />

positiv. Die Enquête-Kommission will deshalb einen neuen<br />

Wohlstandsindikator oder ein Indikatorenbündel entwickeln<br />

und materielle Wohlstandsaspekte um immaterielle ergänzen.<br />

Doch wie umfangreich der Indikator sein soll, was und vor<br />

allem wodurch gemessen wird, ist noch offen. Ist soziale Gerechtigkeit<br />

beispielsweise an der Armuts- oder der Abgabenquote,<br />

der Einkommens- oder der Vermögensverteilung oder sogar<br />

dem Ganztagsbereuungsangebot und der Studierendenzahl<br />

abzulesen? Was sind gesundheits- und beziehungsfördernde<br />

Bedingungen? Wann können wir von ökologisch verträglichem<br />

Verhalten ausgehen und wie kommen wir dorthin –<br />

mit Wachstum nur in umweltschonenden Bereichen, einer<br />

Effizienzrevolution oder geänderten individuellen Konsummustern<br />

und politischen Strukturen? Klar wird, dass viele der<br />

Antworten darauf, mit welchen Messwerten wir Wohlstand<br />

zukünftig messen wollen, davon abhängen, welche Lösungen<br />

wir jeweils anpeilen und damit davon, was wir eigentlich<br />

unter gesellschaftlichem Fortschritt und nachhaltigem Wirtschaften<br />

verstehen.<br />

Bei Vielem werden sich die Mitglieder über die Parteigrenzen<br />

hinweg verständigen. Einiges wird am Ende dann jedoch auch<br />

eine Frage politischer Wertentscheidungen bleiben.<br />

ÜBeR DIe autORIN<br />

Daniela Kolbe (SPD) ist Mitglied des Deutschen Bundestags und Vorsitzende der<br />

Enquête-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“.<br />

14 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

15


Agenda<br />

der nationale<br />

Bis Mitte dieses Jahrhunderts sollte die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft in den entwickelten Ländern<br />

weitgehend abgeschlossen sein, wenn Zukunftsfähigkeit nach der Definition des Brundtland-Berichtes erhalten bleiben soll.<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, kommt der periodischen Berichterstattung über die ökonomischen, ökologischen und sozialen<br />

Entwicklungen eine entscheidende Rolle zu. Denn nur mit deren Hilfe kann festgestellt werden, ob eine Gesellschaft auf dem<br />

Weg ist, das Gesamtziel und die vielen damit verbundenen Einzelziele zu erreichen. Erforderlichenfalls müssten politische<br />

Korrekturen, neue Maßnahmen und Instrumente eingesetzt werden, wenn die Gefahr besteht, die Ziele zu verfehlen – wenn sich<br />

also eine so genannte „Nachhaltigkeitslücke“ auftut.<br />

Von Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser und Roland Zieschank<br />

In weiten Bereichen der Politik, der Medien und der Öffentlichkeit<br />

ist es üblich – wie auch im Mainstream der Wirtschaftswissenschaften<br />

selbst – weiterhin die traditionellen<br />

makroökonomischen Kennziffern als Maßstab für Erfolg und<br />

Misserfolg in der Gesellschaft zu nehmen, in erster Linie das<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP), in zweiter Linie die Zahl der Arbeitslosen<br />

in der traditionellen Form der Erwerbswirtschaft,<br />

die Außenhandelsbilanz und die Inflationsrate.<br />

An dieser Stelle muss gesagt werden, dass in einer Diskussion<br />

zu Anfang der 1970er Jahre über die Verwertbarkeit des Bruttosozialprodukts<br />

(BSP) [ab 1999 Bruttonationaleinkommen (BNE)<br />

genannt, Anm. der Red.] – das damals noch anstelle des BIP<br />

als Leitindex verwendet wurde – von Seiten einiger Statistiker<br />

immer betont wurde, dass das BSP nie als Wohlfahrtsindex gedacht<br />

oder als solcher konzipiert worden war. Allerdings kamen<br />

einige der Autoren, die in dieser Zeit Wohlfahrtsmaße konstruiert<br />

und berechnet hatten, zu dem Schluss, dass diese durchaus<br />

mit dem BSP korrelierten, sodass das BSP sich dann doch als<br />

Wohlfahrtsmaß eignen würde. In den diesen Veröffentlichungen<br />

folgenden wissenschaftlichen Debatten blieb jene These aber<br />

nicht unwidersprochen, und einige der ursprünglichen Arbeiten<br />

können auch als empirisch widerlegt angesehen werden. Von<br />

dieser Diskussion völlig unberührt hat jedoch in den letzten<br />

Jahrzehnten eine zunehmende Engführung der politischen und<br />

öffentlichen Wahrnehmung von volkswirtschaftlichem Erfolg<br />

oder Misserfolg auf das BIP stattgefunden.<br />

Es ist durchaus problematisch, wenn dem BIP eine solche zentrale<br />

Rolle zugemessen wird. Die grundlegenden Kritikpunkte<br />

an BIP und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) sind<br />

auch mittlerweile fast schon Allgemeinwissen, und es muss<br />

auch hier konstatiert werden, dass seit mittlerweile 35 (!) Jahren<br />

als „state of the art“ der entsprechenden wissenschaftlichen<br />

Literatur meist folgende Punkte aufgeführt werden:<br />

• Das BSP berücksichtigt nicht, wie der materielle Reichtum<br />

in einem Land verteilt ist. Weder Einkommens- noch Vermögensverteilung<br />

eines Landes gehen in die Berechnung<br />

des BSP ein.<br />

• Die Höhe des jeweiligen BSP ist davon unabhängig, inwieweit<br />

bei der Wertschöpfung Kapital unwiederbringlich verbraucht<br />

wird oder nicht. Kapital wird überhaupt nur in einem sehr<br />

eingeschränkten Sinne betrachtet. Ressourcen, Grund und<br />

Boden sowie Humankapital werden in ihrer Bestandsveränderung<br />

nicht bewertet.<br />

• Der informelle Teil der Ökonomie geht in das BSP nicht ein:<br />

Selbsthilfetätigkeiten, Nachbarschaftshilfe, vor allem aber<br />

die Hausarbeit werden nicht berücksichtigt – es sei denn,<br />

sie wird von bezahlten Hausangestellten geleistet. Im Bereich<br />

der gesamten informellen Ökonomie werden im Regelfall<br />

nur jene Güter und Dienstleistungen bewertet, die über den<br />

Markt abgewickelt werden.<br />

• Die „Leistungen der Natur“ werden in der BSP-Rechnung als<br />

unentgeltliche Leistungen betrachtet. Weder die Rohstoffe,<br />

die der Natur entnommen werden, noch deren Leistungen<br />

als Aufnahmemedium für Schadstoffe, weder ihre Funktion<br />

als „Entwicklungsreservoir“ für künftige Generationen noch<br />

ihre Nutzung im privaten Konsumbereich werden im BSP<br />

berücksichtigt.<br />

• Auch die Kosten der Umweltzerstörung werden nicht angemessen<br />

erfasst, im Gegenteil: Die Schäden durch Umweltverschmutzung<br />

und durch andere negative externe Effekte<br />

wirtschaftlicher Aktivitäten schlagen, soweit sie „behoben“<br />

werden und dabei Kosten in monetarisierter Form anfallen, als<br />

positive Faktoren zu Buche. Sowohl die Restaurierung eines<br />

von Schadstoffen in der Luft angegriffenen Gebäudes als auch<br />

die Reparaturausgaben nach einem Verkehrsunfall – um<br />

zwei häufig angeführte Beispiele zu nennen – erhöhen in<br />

der Messung des BSP die volkswirtschaftliche Wertschöpfung.<br />

• Im BSP wird nicht zwischen wohlfahrtssteigernden und<br />

-mindernden oder zumindest fragwürdigen Gütern und<br />

Dienstleistungen unterschieden. Natürlich ist in vielen<br />

Fällen eine Einordnung problematisch; man denke nur<br />

an den Konsum von Tabak oder Alkohol. Aber auch alle<br />

Defensivausgaben – Ausgaben, die getätigt werden müssen,<br />

damit sich ein bestimmter, einmal erreichter Zustand nicht<br />

verschlechtert – erscheinen im BSP als Wohlfahrtssteigerung.<br />

• Immaterielle Wohlfahrtskomponenten – darauf wurde<br />

bereits hingewiesen – können im BSP prinzipiell nicht<br />

beachtet werden: Dazu gehören etwa der Wert von Freizeit,<br />

der ästhetische Wert einer unzerstörten Landschaft, das<br />

Ausmaß von Lärmbelästigungen und vieles andere mehr.<br />

Um das BIP als Zentralindex zu relativieren oder zumindest zu<br />

ergänzen, werden schon fast ebenso lange alternative Indices<br />

diskutiert. Am häufigsten wurde in den letzten beiden Jahrzehnten<br />

der Index for Sustainable Economic Welfare (ISEW),<br />

über den es auch für Polen eine Fallstudie gibt, oder der Genuine<br />

Progress Indicator (GPI) verwendet; für <strong>Deutschland</strong> ist<br />

nun auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Auswertung<br />

unterschiedlicher Ansätze der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI)<br />

entwickelt worden.<br />

Der Nationale Wohlfahrtsindex wurde im Rahmen eines vom<br />

Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium geförderten<br />

Projekts von Hans Diefenbacher und Roland Zieschank 2009 entwickelt<br />

und für die Jahre 1990 bis 2007 berechnet; hier liegt mit<br />

den Werten für 2008 und 2009 nun die erste Fortschreibung vor,<br />

durch die zum Teil aber auch zurückliegende Werte korrigiert<br />

werden mussten: Einige Daten wie die Einkommensverteilung,<br />

auf denen auch der NWI beruht, wurden durch die Statistik<br />

rückwirkend korrigiert.<br />

Der NWI stellt eine monetäre Kenngröße dar, dass heißt,<br />

alle einbezogenen Komponenten liegen bewertet in Euro als<br />

jährliche Größe vor. Insgesamt umfasst der NWI in seiner<br />

Grundvariante 19 Komponenten. Die Berechnung geht von<br />

der Basisgröße „Privater Verbrauch“ aus. Dieser Ausgangspunkt<br />

beruht auf der Annahme, dass der Private Verbrauch<br />

– der Konsum von Gütern und Dienstleistungen durch die<br />

Haushalte – einen positiven Nutzen stiftet und damit zur<br />

Wohlfahrt der Menschen beiträgt. Da ein zusätzliches Einkommen<br />

für einen armen Haushalt eine höhere zusätzliche >><br />

16 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

17


Agenda<br />

Wohlfahrt stiftet als für einen reichen Haushalt, wird der<br />

Private Verbrauch mit der Einkommensverteilung gewichtet.<br />

Je ungleicher verteilt das Einkommen einer Gesellschaft ist,<br />

desto niedriger ist – unter sonst gleichen Bedingungen –<br />

der NWI. Außerdem wird die nicht über den Markt bezahlte<br />

Wertschöpfung durch Hausarbeit und Ehrenamt einbezogen,<br />

was im BIP/BNE nicht geschieht.<br />

Sechs Komponenten bilden zusätzliche soziale Faktoren ab,<br />

wobei einerseits Wohlfahrt stiftende Ausgaben des Staates<br />

für Gesundheit und Bildung addiert, andererseits Kosten<br />

etwa von Kriminalität oder Verkehrsunfällen abgezogen<br />

werden. Ökologische Faktoren werden durch neun Komponenten<br />

berücksichtigt: Ausgaben zur Kompensation von<br />

Umweltschäden, Schadenkosten aufgrund unterschiedlicher<br />

Umweltbelastungen und Ersatzkosten für den Verbrauch<br />

nicht erneuerbarer Ressourcen. Eine zusätzlich ausgewiesene<br />

Variante des NWI, die aber noch nicht mit empirischen Daten<br />

unterlegt werden konnte, bezieht darüber hinaus als negative<br />

Position die Nettoneuverschuldung öffentlicher Haushalte<br />

ein und positiv die öffentlichen Ausgaben zum ökologischen<br />

Umbau der Wirtschaft.<br />

Die zentrale Erkenntnis des Vergleichs von BNE und NWI<br />

ergibt sich aus dem Verlauf der Kurven, an dem sich ablesen<br />

lässt, ob das BNE die Richtung von Wohlfahrtsänderungen<br />

korrekt anzeigt. Unterschiedliche Entwicklungen der beiden<br />

Indizes weisen darauf hin, dass dies möglicherweise nicht der<br />

Fall ist: Während das BNE über die gesamte Periode bis 2008<br />

BNe/NWI-aktuaLIsIeRuNG 2008/2009<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

85<br />

80<br />

75<br />

70<br />

NWI (neu) BNE real<br />

recht stetig ansteigt, erreicht der modifizierte NWI um das Jahr<br />

2000 seinen Höhepunkt und nimmt in den letzten Jahren in<br />

der Tendenz wieder ab. Verantwortlich für das Sinken des NWI<br />

sind insbesondere die zunehmende Ungleichheit der Einkommensverteilung<br />

in <strong>Deutschland</strong> und die negativen externen<br />

Effekte im Umweltbereich, deren quantitativ größter Posten die<br />

Ersatzkosten für den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen<br />

darstellen. Positiv eingehende Faktoren, insbesondere der Wert<br />

der Hausarbeit und ehrenamtlicher Tätigkeiten, die ebenfalls<br />

zunehmen, können dies nicht ausgleichen.<br />

Im November <strong>2011</strong> konnten nun Ergebnisse des NWI für die<br />

Jahre 2008 und 2009 vorgelegt werden. Die Ergebnisse sind<br />

bemerkenswert (siehe Schaubild). Der NWI wird 2008 und<br />

2009 durch die Finanz- und Wirtschaftskrise erheblich weniger<br />

beeinflusst als BNE und BIP. Gerade von 2008 bis 2009 ist ein<br />

erheblicher Rückgang beim BNE zu verzeichnen, während<br />

der NWI in diesem Zeitraum dagegen sogar leicht zunimmt.<br />

Die Ergebnisse des NWI für <strong>Deutschland</strong> für 2008 und 2009<br />

zeigen zum einen, dass die Wirtschaftskrise in diesen Jahren<br />

den Konsumbereich weit weniger betroffen hat als den Bereich<br />

der Produktion. Die gegenläufige Entwicklung zum BNE lässt<br />

sich aber zu einem guten Teil auch darauf zurückführen, dass<br />

die im NWI berücksichtigten negativen externen Effekte der<br />

Produktion – der Verbrauch von Ressourcen und die Belastung<br />

der Umwelt mit Schadstoffen – durch den Rückgang<br />

der Wirtschaftsaktivitäten ebenfalls deutlich zurückgegangen<br />

sind: bei den Luftschadstoffen beispielsweise auf das Niveau<br />

der 1970er Jahre.<br />

1990<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt (BNE), eigene Berechnung (NWI)<br />

Dass eine Steigerung der Wohlfahrt – wie der NWI sie definiert<br />

– ohne ein Wachstum des BIP/BNE möglich sein kann,<br />

zeigte bereits der Verlauf des NWI bis 2007. Doch vor allem<br />

die Entwicklungen der vergangenen beiden Jahre bestätigen<br />

dies eindringlich: Der NWI kann sogar in Jahren steigen, in<br />

denen das BNE sinkt. Natürlich ist es in jedem Fall notwendig,<br />

den Einfluss der einzelnen Komponenten des NWI genau<br />

zu analysieren und zu erläutern, welche vor allem für diese<br />

Entwicklungen maßgeblich sind. Insgesamt bestätigt sich<br />

die anfängliche Arbeitshypothese, dass die Berechnung eines<br />

komplexen monetären Wohlfahrtsmaßes unter Nutzung von<br />

Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR)<br />

einen tatsächlichen Mehrwert bietet, den eine Rechnung wie<br />

das BIP nicht leisten kann und soll.<br />

Die Entwicklung der Jahre 2008 und 2009 macht deshalb<br />

besonders deutlich, dass eine Gegenüberstellung von BIP und<br />

NWI eine wichtige Funktion erfüllen kann, derentwegen der<br />

NWI entwickelt wurde: Die Zahlen zeigen, dass ein anderes<br />

Verständnis von Wohlfahrt möglich ist, und dass der NWI als<br />

Beobachtungs- und Analyseinstrument für eine Politik dienen<br />

kann, die sich am Leitbild der ökologischen Tragfähigkeit und<br />

der sozialen Gerechtigkeit orientiert.<br />

Es ist beabsichtigt, den NWI in den nächsten Jahren weiter<br />

fortzuschreiben und auch die Berechnung der Komponenten<br />

durch neue Daten und erweiterte Rechenverfahren zu verbessern.<br />

Die Werte des NWI für 2010 können voraussichtlich im<br />

Frühjahr 2012 vorgelegt werden. Dann soll auch eine aktualisierte<br />

Berechnungsmethode im Detail veröffentlicht werden.<br />

Der NWI zeigt, dass eine andere Betrachtung der gesellschaftlichen<br />

Entwicklung möglich ist, und er entspricht damit dem<br />

Anliegen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Er unterstützt<br />

die Diskussion um Wachstum und Wohlfahrt durch empirische<br />

Ergebnisse, über welchen materiellen Wohlstand wir in<br />

<strong>Deutschland</strong> wirklich verfügen und welche Art von Wohlfahrt<br />

und gesellschaftlichem Fortschritt angestrebt werden könnte.<br />

Denn immer deutlicher wird, dass nicht alle vom BIP erfassten<br />

Aktivitäten zur Steigerung von Umsatz im Ergebnis auch zu<br />

einer Sicherung und Erweiterung des wirtschaftlichen, sozialen<br />

und ökologischen Kapitals beitragen.<br />

ÜBeR DIe autOReN<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Dipl.Volksw. Benjamin Held und Dorothee<br />

Rodenhäuser M.A. arbeiten alle an der Forschungsstätte der Evangelischen<br />

Studiengemeinschaft – Institut für interdisziplinäre Forschung (FEST), Heidelberg.<br />

Roland Zieschank arbeitet am Forschungszentrum für Umweltpolitik<br />

(FFU), Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, Freie Universität Berlin.<br />

ÜBRIGeNs ...<br />

Die Kritik am Wachstumskonzept ist eng verbunden<br />

mit der Sehnsucht nach Glück. Einige Staaten<br />

haben diesem Streben sogar einen Verfassungsrang<br />

eingeräumt: So ist im Himalaja-Staat Buthan nicht<br />

Wirtschaftswachstum der wichtigste Auftrag<br />

der Regierung, sondern die Steigerung des<br />

„Bruttonationalglücks“ („Gross National Happiness“).<br />

Nicht ganz so bekannt ist, dass auch die USA in der<br />

Unabhängigkeitserklärung das Streben nach Glück<br />

(Pursuit of Happiness) als Staatsauftrag proklamiert<br />

haben. Doch was ist eigentlich Glück? Diese Frage<br />

beschäftigt weise Autoren seit Menschengedenken.<br />

Etymologisch stammt das Wort aus dem<br />

mittelhochdeutschen „gelücke“ und bedeutet soviel<br />

wie „Art, wie etwas endet/gut ausgeht“. Dafür<br />

bedarf es weder Talent noch Engagement. Es<br />

beschreibt sicher manchen „Glückspilz“, ist aber als<br />

Definition selbst zu kurz gegriffen. Weiser erscheint<br />

da die Meinung des großen antiken Philosophen<br />

Aristoteles: Um das Glück zu erlangen, so heißt es<br />

bei ihm, muss ein Individuum nicht nur Vernunft<br />

besitzen, sondern diese auch gebrauchen.<br />

18 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

19


Agenda<br />

des denkwerks Zukunft<br />

Nach wie vor wird der Wohlstand von Gesellschaften vor allem durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen. Dahinter steht<br />

die Vorstellung, dass, wenn die Wirtschaft wächst, sich die Lebensbedingungen der Menschen insgesamt verbessern.<br />

Lange Zeit war diese Sichtweise durchaus plausibel. Insbesondere in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

stiegen mit dem BIP nicht nur Einkommen und Konsummöglichkeiten breiter Bevölkerungsschichten, sondern die Menschen<br />

profitierten auch von sichereren Arbeitsplätzen, mehr Freizeit, höherer Bildung, größeren politischen und individuellen<br />

Freiheiten, besserer Gesundheit und anderem mehr.<br />

Von Stefanie Wahl und Martin Schulte<br />

Seit geraumer Zeit haben sich allerdings viele dieser Zusammenhänge<br />

gelockert und teilweise sogar in ihr Gegenteil verkehrt.<br />

Obwohl das BIP in den meisten westlichen Industrieländern<br />

weiter wächst, verschlechtern sich die Lebensbedingungen<br />

großer Teile der Bevölkerung. Die Realeinkommen sinken, die<br />

Armutsquoten steigen, die Arbeitsbelastung nimmt zu, Familienstrukturen<br />

zerbrechen, Zivilisationskrankheiten breiten sich<br />

aus und Natur und Umwelt werden zunehmend geschädigt. In<br />

einigen Ländern wie den USA deutet sich sogar ein Rückgang<br />

der Lebenserwartung an.<br />

Um den Wohlstand realitätsnäher zu messen, schlägt das<br />

Denkwerk Zukunft deshalb vor, dem BIP vier weitere Indikatoren<br />

zur Seite zu stellen. Gemeinsam ergeben sie das<br />

Wohlstandsquintett:<br />

1 | Das Pro Kopf-BIP ist im Wohlstandsquintett der Indikator für<br />

die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes und die<br />

Versorgung seiner Bevölkerung mit Gütern und Diensten.<br />

2 | Um zu erkennen, ob von diesem materiellen Wohlstand<br />

große oder nur kleine Bevölkerungsschichten profitieren,<br />

wird die so genannte 80/20-Relation herangezogen. Sie misst<br />

das Verhältnis der verfügbaren Einkommen des wirtschaftlich<br />

stärksten zum wirtschaftlich schwächsten Fünftel der<br />

Bevölkerung.<br />

3 | Die gesellschaftliche Ausgrenzungsquote ist im Wohlstandsquintett<br />

der Gradmesser für den sozialen Zusammenhalt.<br />

Sie gibt den Bevölkerungsanteil wieder, der sich aus der<br />

Gesellschaft ausgeschlossen und von ihr an den Rand gedrängt<br />

fühlt.<br />

4 | Als Korrektiv zum BIP wird der Substanzverzehr, der mit<br />

der Produktion und dem Konsum von Gütern und Diensten<br />

einhergeht, in die Wohlstandsbetrachtung einbezogen. Hierfür<br />

wird – jeweils pro Kopf – der ökologische Fußabdruck<br />

ins Verhältnis zur global verfügbaren Biokapazität gesetzt.<br />

Die Relation zeigt an, wie stark der Verbrauch natürlicher<br />

Ressourcen die ökologische Tragfähigkeit der Erde überschreitet.<br />

5 | Die Schuldenquote der öffentlichen Hand als Verhältnis der<br />

öffentlichen Schulden zum BIP zeigt schließlich an, ob und<br />

wie stark der materielle Wohlstand auf Kosten der Zukunft<br />

erwirtschaftet wird.<br />

Ziel des Wohlstandsquintetts ist, das Wohlstandsverständnis<br />

zu erweitern und den Blick auf Bereiche zu lenken, die für<br />

das Wohlbefinden der Menschen besonders wichtig sind. Das<br />

Wohlstandsquintett zielt nicht darauf ab, den Wohlstand der<br />

Gesellschaft in seiner ganzen Breite und Vielfalt detailgetreu<br />

wiederzugeben. Hierfür müssten wesentlich mehr als nur<br />

fünf Indikatoren betrachtet werden. Von einer größeren Zahl<br />

an Indikatoren – wie bei den meisten Indikatorensets üblich<br />

– wurde jedoch abgesehen, weil dies die Übersichtlichkeit<br />

und Handhabbarkeit für Politik und Öffentlichkeit erheblich<br />

einschränkt.<br />

Ebenso wurde darauf verzichtet, die Indikatoren des Wohlstandsquintetts<br />

zu einem einheitlichen Index zusammenzufassen. Zum<br />

einen gibt es hierfür kein allgemein anerkanntes Verfahren.<br />

Insbesondere bei der Normierung und der Gewichtung von<br />

Indikatoren gehen wichtige Informationen verloren. Zum anderen<br />

können die Menschen durch die getrennte Darstellung<br />

der Indikatoren ein Bewusstsein für Bedeutung und Verlauf<br />

nicht materieller Wohlstandsindikatoren entwickeln. Die Verwendung<br />

eines einzigen Wohlstandsindex würde das Erreichen<br />

dieses Ziels erschweren.<br />

Wird der Wohlstand in <strong>Deutschland</strong> und anderen EU-Ländern<br />

mit dem Wohlstandsquintett gemessen, verschlechtert sich<br />

deren Wohlstandsbilanz im Vergleich zum BIP beträchtlich.<br />

So finden sich das Vereinigte Königreich und Frankreich, die<br />

aufgrund des hohen Pro-Kopf-BIPs in der öffentlichen Wahrnehmung<br />

in der Rangfolge wohlhabender Länder weit oben<br />

liegen, im Mittelfeld der EU-Länder wieder, wenn die übrigen<br />

Indikatoren in die Bewertung einbezogen werden. Umgekehrt<br />

werden Länder aufgewertet, die wie Slowenien oder die Slowakei<br />

zwar über bescheidenen materiellen Wohlstand verfügen, dafür<br />

aber geringe Einkommensungleichheiten, gesellschaftliche<br />

Ausgrenzungs- und Schuldenquoten aufweisen.<br />

<strong>Deutschland</strong> ist im europäischen Vergleich insgesamt wohlhabend.<br />

Der materielle Wohlstand ist hier überdurchschnittlich.<br />

Zudem fühlen sich deutlich weniger Menschen gesellschaftlich<br />

ausgegrenzt als im Durchschnitt der EU. Auch die Einkommensungleichheit<br />

liegt – wenn auch knapp – unter dem<br />

europäischen Mittel. Sie ist jedoch in den zurückliegenden<br />

Jahren deutlich stärker gestiegen als in den anderen EU-Ländern.<br />

Hält dieser Trend an, könnte dies den sozialen Frieden in<br />

<strong>Deutschland</strong> früher oder später gefährden. Überdurchschnittlich<br />

ist allerdings die Schuldenquote der öffentlichen Hand.<br />

Zusammen mit anderen flächen- und bevölkerungsreichen<br />

Ländern wie dem Vereinigten Königreich und Frankreich hat<br />

<strong>Deutschland</strong> ein Schuldenniveau erreicht, das den politischen<br />

Handlungsspielraum erheblich einschränkt und die wirtschaftliche<br />

Entwicklung zunehmend beeinträchtigt.<br />

Wie im übrigen Europa wird auch in <strong>Deutschland</strong> der materielle<br />

Wohlstand durch eine massive Ausbeutung natürlicher Lebensgrundlagen<br />

erwirtschaftet. Würden alle Menschen so leben wie<br />

die Deutschen, würden sie knapp dreimal so viele natürliche<br />

Ressourcen verbrauchen, wie die Erde zur Verfügung stellt.<br />

Oder anders gewendet: Deutsche und Europäer haben heute<br />

einen hohen materiellen Wohlstand, weil sie die Grundlagen<br />

ihres künftigen Wohlstands zerstören. Die Indikatoren des<br />

Wohlstandsquintetts dienen somit auch als Frühwarnsystem.<br />

ÜBeR DIe autOReN<br />

Stefanie Wahl ist Geschäftsführerin des Bonner Denkwerks Zukunft – Stiftung<br />

kulturelle Erneuerung. Martin Wahl ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.<br />

20 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

21


Agenda<br />

alternative methoden der<br />

Der anhaltende Klimawandel, die Auswirkungen der Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise und auch die aktuellen Bestrebungen in <strong>Deutschland</strong>,<br />

eine Wende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung zu<br />

vollziehen, verdeutlichen, dass gesellschaftliches Wohlergehen<br />

nicht allein auf wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gründet,<br />

sondern von weiteren Faktoren maßgeblich bestimmt wird.<br />

Verteilungsfragen, das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung<br />

und ökologische sowie soziale Nebeneffekte wirtschaftlichen<br />

Wachstums rücken zunehmend in das Blickfeld der Öffentlichkeit.<br />

Dennoch bilden zentrale politische und wirtschaftliche Steuergrößen<br />

wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch immer primär<br />

die ökonomische Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ab<br />

und beleuchten somit nur einen Ausschnitt gesellschaftlicher<br />

Wohlfahrt.<br />

einordnung und BeWertung<br />

sYsteMatIsIeRuNG uNteRsCHIeDLICHeR aNsätZe DeR WOHLFaHRtsMessuNG (GRaFIk 1)<br />

Aggregation zu einem einzelnen<br />

Indikator („wohlfahrtsindizes“)<br />

In Geldeinheiten bewertete<br />

Indizes („BIP-revisionen“)<br />

• Measure of Economic Welfare<br />

• Index of Sustainable Economic Welfare<br />

• Genuine Progress Indicator<br />

• Nationaler Wohlfahrtsindex<br />

Alternative wohlfahrtsmaße<br />

dimensionslose Indizes<br />

(„Composite Indices“)<br />

Verzicht auf Aggregation<br />

(„Indikatorenbündel“)<br />

• Eurostat Social Indicators<br />

• Wohlfahrtsquartett des Denkwerks Zukunft<br />

• Indikatorenbündel des Sachverständigenrats<br />

• Indikatorenbericht zur Nachhaltigkeitsstrategie<br />

der Bundesregierung<br />

„Objektive Indizes“ Gemischte Indizes subjektive Indizes<br />

• Human Development Index<br />

• Index of social Progress<br />

• Bergheim-Fortschrittsindex<br />

• KfW-Nachhaltigkeitsindikator<br />

• Happy Years Index<br />

• Index of Living Conditions<br />

• Gross National Happiness<br />

• Australian Wellbeing Index<br />

• Happiness Equation<br />

Quelle: Lerbs, van Suntum (<strong>2011</strong>)<br />

Von Dr. Jan Schumacher<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Zurzeit bemühen sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft,<br />

durch die Bereitstellung zusätzlicher Messgrößen ein vollständigeres<br />

Bild vom Zustand der Gesellschaft zu erhalten. Jüngst<br />

hat sich auch der Deutsche Bundestag mit der Einsetzung einer<br />

Enquête-Kommission in die Debatte eingeschaltet. Ihr Auftrag<br />

umfasst u. a. die Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands-<br />

und Forschrittsindikators.<br />

Systematisierung unterschiedlicher Ansätze in der<br />

Praxis<br />

Um ein Bild von der Wohlfahrt einer Gesellschaft zu erhalten,<br />

identifiziert und misst man die sie bestimmenden relevanten<br />

Einflussfaktoren. Grafik 1 systematisiert die aktuell diskutierten<br />

Ansätze zur praktischen Wohlfahrtsmessung. Man unterscheidet<br />

zwischen aggregierten Wohlfahrtsmaßen und Indikatorenbündeln.<br />

Aggregierte Wohlfahrtsmaße können in Geldeinheiten<br />

ausgedrückt oder als dimensionslose Indizes berechnet werden.<br />

Dimensionslose Indizes beruhen auf verschiedenen statistischen<br />

Kennzahlen, es stellt sich das Problem ihrer relativen Gewichtung<br />

zueinander. Die dimensionslosen Indizes lassen sich wiederum<br />

in „objektive“, subjektive oder gemischte Indizes unterteilen.<br />

Im Gegensatz zu aggregierten Wohlfahrtsmaßen verzichten<br />

Indikatorenbündel auf die Zusammenführung mehrerer Wohlfahrtskomponenten<br />

zu einem einzelnen Index. Ihr Nachteil<br />

besteht vor allem in der schlechteren Kommunizierbarkeit<br />

gegenüber Politik und Öffentlichkeit, da „eindeutige“ Richtungsaussagen<br />

fehlen. Dafür werden aber methodisch nicht<br />

vollkommen befriedigend lösbare Bewertungs- und Gewichtungsprobleme<br />

vermieden.<br />

Anspruchsvolle Konstruktion von Wohlfahrtsmaßen<br />

Nach Ansicht der sozialwissenschaftlichen Indikatorenforschung<br />

sollte ein Wohlfahrtsmaß in sich widerspruchsfrei und theoretisch<br />

fundiert sein (theoretische Konsistenz). Es sollte ferner<br />

die relevanten Wohlfahrtsdimensionen unter Vermeidung<br />

von Doppelzählungen möglichst vollständig abdecken. Eine<br />

hohe Objektivität kann einem Wohlfahrtsmaß zugesprochen<br />

werden, wenn bei der Konstruktion in möglichst geringem<br />

Umfang normative Werturteile einfließen. Die Ergebnisse<br />

eines Wohlfahrtsmaßes sollten sinnvoll interpretierbar sein,<br />

das heißt, es sollte eine in der Richtung eindeutige und nachvollziehbare<br />

Aussage über die Erhöhung bzw. Verminderung<br />

der Wohlfahrt ermöglichen. Weitere wichtige Aspekte zur<br />

Beurteilung der Güte eines Wohlfahrtsmaßes sind die Qualität<br />

und zeitnahe Verfügbarkeit geeigneter Daten. Da es sich bei<br />

der gesellschaftlichen Wohlfahrt letztlich um eine politische<br />

Zielgröße handelt, gehören zusätzlich zu wissenschaftlichen<br />

Gütekriterien auch Kommunizierbarkeit, Anpassbarkeit und<br />

(wirtschafts-)politische Anwendungsbreite zu den wichtigen<br />

Beurteilungskriterien alternativer Wohlfahrtsmaße.<br />

Die Grafiken 2 und 3 bewerten in diesem Sinn internationale<br />

und nationale Ansätze zur Wohlfahrtsmessung. Ein Vergleich<br />

dieser Ansätze zeigt, dass sie nicht nur unterschiedliche Herangehensweisen<br />

wählen, sondern sich auch in ihrer Aussagekraft<br />

bzw. Verwendbarkeit stark voneinander unterscheiden.<br />

Breites Spektrum an Ansätzen zur Wohlfahrtsmessung<br />

Seit Beginn der 1990er-Jahre haben sowohl Regierungen in verschiedenen<br />

Ländern als auch supranationale Institutionen und<br />

Organisationen begonnen, neue Wohlfahrtsmaße zu entwickeln.<br />

Viel beachtete internationale Vorschläge für neue Messverfahren<br />

sind die „OECD Headline Social Indicators“, die Eurostat-<br />

Indikatoren für nachhaltige Entwicklung, das vom deutschen<br />

Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen<br />

Entwicklung und dem französischen Conseil d’Analyse<br />

Economique entwickelte Indikatorenbündel sowie der Inequality-<br />

Adjusted Human Development Index, eine Weiterentwicklung<br />

des Human Development Index’ der Vereinten Nationen. >><br />

22 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

23


Agenda<br />

Diese Messansätze weisen, wie in Grafik 2 veranschaulicht,<br />

erwartungsgemäß spezifische Vor- und Nachteile auf. Beispielsweise<br />

zeigt sich im Vergleich von Inequality Adjusted Human<br />

Development Index und Indikatorenbündel der Sachverständigenräte<br />

der Zielkonflikt zwischen einer möglichst vollständigen<br />

Abbildung aller Wohlfahrtsdimensionen und einer leichten<br />

Kommunizierbarkeit.<br />

Wesentliche deutsche Initiativen zur Entwicklung alternativer<br />

Wohlstandsmaße sind der „Indikatorenbericht zur nachhaltigen<br />

Entwicklung in <strong>Deutschland</strong>“ des Statistischen Bundesamtes,<br />

der im Auftrag des Umweltbundesamtes entwickelte „Nationale<br />

Wohlfahrtsindex (NWI)“, der „Fortschrittsindex“ des Zentrums<br />

für gesellschaftlichen Fortschritt (Frankfurt), das „Wohlstandsquartett“<br />

des Denkwerks Zukunft (Bonn) [Anm. der Red.: heute<br />

„Wohlstandsquintett“], das vom CAWM entwickelte „Glücks-BIP“<br />

und der „KfW-Nachhaltigkeitsindikator.“ Die verschiedenen<br />

Ansätze werden in Grafik 3 gegenübergestellt. Für den KfW-<br />

Nachhaltigkeitsindikator ergibt sich beispielsweise aus diesem<br />

Vergleich die Überlegung, auch den Wohlfahrtsaspekt der<br />

Verteilungsgerechtigkeit zusätzlich aufzugreifen.<br />

ReLatIVe stäRkeN uND sCHWäCHeN DeR GeNaNNteN MessaNsätZe aus INteRNatIONaLeN INItIatIVeN<br />

(GRaFIk 2)<br />

grunddaten<br />

• Typ<br />

• Dimension<br />

• Einzelkomponenten<br />

Theroretische Konsistenz<br />

Vollständigkeit<br />

• Materielle private Güter<br />

• Immaterielle private Güter<br />

• Materielle öffentliche Güter<br />

• Immaterielle öffentliche<br />

güter<br />

• Gerechtigkeit (Verteilung)<br />

• Nachhaltigkeit<br />

Objektivität<br />

Interpretierbarkeit<br />

Qualität und Verfügbarkeit<br />

der verwendeten Daten<br />

Kommunizierbarkeit<br />

Anpassbarkeit<br />

Anwendungsbreite<br />

OeCd Headline<br />

social Indicators<br />

Bündel<br />

–<br />

9<br />

Indikatoren für nachhaltige<br />

entwicklung<br />

von eurostat<br />

Bündel<br />

–<br />

12<br />

Indikatorenbündel<br />

der sachverständigenräte<br />

Bündel<br />

–<br />

25<br />

Inequality-adjusted<br />

Human development<br />

Index<br />

index<br />

dimensionslos<br />

4<br />

Quelle: Lerbs, van Suntum (<strong>2011</strong>)<br />

ReLatIVe stäRkeN uND sCHWäCHeN DeR GeNaNNteN MessaNsätZe DeutsCHeR INstItutIONeN (GRaFIk 3)<br />

grunddaten<br />

• Typ<br />

• Dimension<br />

• Einzelkomponenten<br />

Theroretische Konsistenz<br />

Vollständigkeit<br />

• Materielle private Güter<br />

• Immaterielle private Güter<br />

• Materielle öffentliche Güter<br />

• Immaterielle öffentliche<br />

güter<br />

• Gerechtigkeit (Verteilung)<br />

• Nachhaltigkeit<br />

Fazit und Ausblick<br />

Die große Anzahl von Initiativen, die sich mit der Frage einer<br />

umfassenden Wohlfahrtsmessung befassen, ist der sich vielerorts<br />

durchsetzenden Erkenntnis geschuldet, dass wirtschaftliches<br />

Wachstum allein nur begrenzt Rückschlüsse auf das Wohlergehen<br />

einer Volkswirtschaft erlaubt. Zwar kommt traditionellen<br />

ökonomischen Steuer- und Zielgrößen (wie z. B. dem BIP) nach<br />

wie vor eine zentrale Bedeutung zu, gleichzeitig steigt jedoch<br />

das Interesse an einer stärkeren Berücksichtigung zusätzlicher<br />

Aspekte gesellschaftlicher Wohlfahrt.<br />

Obwohl einer objektiven, repräsentativen und verlässlichen<br />

Wohlfahrtsmessung zum Teil erhebliche methodische Hürden<br />

entgegenstehen, existieren bereits heute auf nationaler und<br />

internationaler Ebene zahlreiche viel versprechende Vorschläge.<br />

Spannend ist vor allem auch die Frage, inwiefern sich alternative<br />

Wohlfahrtsmaße tatsächlich in Politik und Wirtschaft als<br />

Entscheidungsgrundlagen werden durchsetzen können. Bereits<br />

heute ist weitgehend Konsens, dass sie eine wichtige Ergänzung<br />

traditioneller ökonomischer Messgrößen darstellen, sie aber<br />

dennoch nicht vollständig ersetzen können.<br />

In jedem Fall haben die teils dramatischen Folgen der Wirtschafts-<br />

und Finanzkrise nochmals verdeutlicht: Für eine Gesellschaft<br />

mindestens ebenso wichtig wie die Messung ihrer ökonomischen<br />

Leistungsfähigkeit und die Quantifizierung ihres Wirtschaftswachstums<br />

ist das Wissen um die Quellen der Wohlfahrt, die<br />

Verteilung des Erwirtschafteten und die Auswirkungen heutiger<br />

Aktivitäten auf zukünftige Generationen.<br />

24 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

25<br />

Objektivität<br />

Interpretierbarkeit<br />

Qualität und Verfügbarkeit<br />

der verwendeten Daten<br />

Kommunizierbarkeit<br />

Anpassbarkeit<br />

Anwendungsbreite<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

nationaler<br />

wohlfahrts-<br />

index<br />

index<br />

Geldeinheiten<br />

21<br />

fortschritts-<br />

index<br />

index<br />

dimensionslos<br />

4<br />

wohlstands-<br />

quartett<br />

Bündel<br />

–<br />

4<br />

QueLLe<br />

Glücks-BIP<br />

index<br />

dimensionslos<br />

11<br />

Indikatorenbericht<br />

zur nachhaltigkeitstrategie<br />

Bündel<br />

–<br />

29<br />

kfw-nach-<br />

haltigkeits-<br />

indikator<br />

index<br />

dimensionslos<br />

37<br />

Quelle: Lerbs, van Suntum (<strong>2011</strong>)<br />

Der Artikel von Dr. Jan Schumacher ist eine gekürzte Version eines Beitrags in<br />

Akzente Nr. 42 vom Mai <strong>2011</strong>, Hrsg. KfW-Research. Einen ausführlichen Überblick<br />

über Chancen und Herausforderungen einer umfassenderen Wohlfahrtsmessung<br />

und über wesentliche aktuelle Initiativen liefert eine im Auftrag der KfW Bankengruppe<br />

durch das Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung Münster<br />

(CAWM) erstellte Studie.


Agenda<br />

Alternative Wohlfahrtsmessung<br />

DIe ZeHN WICHtIGeN NatIONaLeN<br />

uND INteRNatIONaLeN aNsätZe<br />

1 OECD Headline Social<br />

Indicators<br />

Der OECD-Ansatz geht zurück<br />

auf die „Istanbul-Deklaration“ von<br />

2007, in der sich die Organisation<br />

zur Messung und Förderung<br />

der Wohlfahrt verpflichtete. In<br />

2009 wurden dazu erstmals<br />

acht Leitindikatoren (Headline<br />

Social Indicators) veröffentlicht.<br />

Der gemeinsame Charakter der<br />

Indikatoren ist ihre internationale<br />

Vergleichbarkeit und die<br />

Verfügbarkeit von dazu passenden<br />

Daten. Die Datenlage offenbart<br />

allerdings auch die Schwäche<br />

des Ansatzes: Durchaus wichtige<br />

Aspekte, zu denen es eben keine<br />

flächendeckenden Kennzahlen<br />

gibt, werden ausgeblendet.<br />

Überraschend ist zudem, dass<br />

das Thema Nachhaltigkeit wenig<br />

beachtet wird.<br />

2 EU Beyond-GDP-Initiative<br />

Seit 2009 beschäftigt sich<br />

auch die EU-Kommission mit<br />

der Beurteilung von Wohlfahrt.<br />

Auslöser war eine Konferenz<br />

„Beyond GDP (Gross Domestic<br />

Product oder Bruttoinlandprodukt)“<br />

in 2007, die das EU-Parlament<br />

gemeinsam mit dem WWF,<br />

Club of Rome und der OECD<br />

veranstaltete. Die Initiative hat<br />

aus über 100 Einzelindikatoren elf<br />

sogenannte Leitindikatoren für ein<br />

entsprechendes Indikatorenbündel<br />

ausgewählt. Damit soll künftig<br />

der Zielerreichungsgrad der<br />

EU-Strategie für nachhaltige<br />

Entwicklung (Lissabon Strategie)<br />

gemessen werden. Statt<br />

absoluter Werte werden also eher<br />

Fortschritte beschrieben.<br />

3 Stiglitz-Sen-Fitoussi-<br />

Kommission<br />

Die Kommission wurde 2008 vom<br />

französischen Präsidenten Nicolas<br />

Sarkozy einberufen. Ihr Auftrag<br />

besteht darin, neue Wege der<br />

Wohlstandsmessung jenseits des<br />

BIP als Leitindikator auszuloten.<br />

Bekannteste Persönlichkeit<br />

des Gremiums ist der US-<br />

Wirtschaftswissenschaftler Joseph<br />

Stiglitz. Der Nobelpreisträger gilt<br />

als scharfer Kritiker neoliberaler<br />

<strong>Global</strong>isierung und vor allem der<br />

Bankenlandschaft. Die Kommission<br />

brachte einen wichtigen Aspekt<br />

in die Diskussion: Bei der<br />

Wohlfahrtsmessung dürfen nicht<br />

nur die Aktivitäten zählen, die<br />

auf Märkten stattfinden, sondern<br />

genauso auch Tätigkeiten im<br />

Haushalt oder Ehrenamt.<br />

4 UN Human Development Index<br />

(Inequity-adjusted)<br />

Der Human Development Index<br />

(HDI) der Vereinten Nationen wird<br />

seit 1990 publiziert und ist weltweit<br />

bekannt und akzeptiert. In einer<br />

modifizierten Fassung werden<br />

jetzt auch verstärkt Aspekte der<br />

Ungleichheit gemessen. In die<br />

Berechnungen fließen Pro-Kopf-<br />

Einkommen, Lebenserwartung,<br />

Ausbildungsdauer und Verteilung<br />

dieser Aspekte ein. Dass<br />

Verteilungsgerechtigkeit nicht nur<br />

auf Einkommen, sondern auch<br />

auf Bildungschancen angewandt<br />

wird, ist beachtenswert. Einige<br />

Experten kritisieren allerdings,<br />

dass es sinnvoller sei, das<br />

Netto-Einkommen statt des<br />

Brutto-Einkommens auszuweisen.<br />

Dennoch: Der UN Index wird sicher<br />

auch in Zukunft die Debatte prägen<br />

und beflügeln.<br />

5 Nationaler Wohlfahrtsindex<br />

Der Index entstand im Auftrag des<br />

Umweltbundesamtes und setzt auf<br />

eine Ergänzung der BIP-Messwerte.<br />

So werden auch solche Güter<br />

und Aktivitäten erfasst, die auf<br />

dem herkömmlichen Markt nicht<br />

gehandelt bzw. falsch bewertet<br />

werden. Das gilt vor allem für<br />

informelle Tätigkeiten wie etwa<br />

Hausarbeit sowie für zahlreiche<br />

Umweltfolgeschäden, z.B. durch<br />

Lärm, Bodenbelastung oder Verlust<br />

von Ackerflächen. Die Auswahl<br />

ist dabei stark auf ökologische<br />

Werte ausgerichtet. Die Annahme,<br />

dass bestimmte Themenfelder<br />

traditionell unterbewertet sind,<br />

zeigt allerdings auch schon<br />

den normativen Unterton des<br />

Indexes. So nützt er vor allem<br />

als argumentative Hilfe für einen<br />

Politikwechsel.<br />

(-> Beitrag Diefenbacher ab S. 16)<br />

6 Fortschrittsindex<br />

Bevor Stefan Bergheim den<br />

Fortschrittsindex entwickelte, war er<br />

als Volkswirt bei Investmentbanken<br />

wie etwa Merrill Lynch sowie<br />

der Deutschen Bank Research<br />

beschäftigt. Heutet leitet er das<br />

Zentrum für gesellschaftlichen<br />

Fortschritt, der den Index publiziert.<br />

Der Fortschrittindex ist so designt,<br />

dass er für <strong>Deutschland</strong> im Jahr<br />

2000 den Ausgangswert 1,0<br />

festlegt. Künftige Veränderungen<br />

werden von diesem Basispunkt<br />

aus gemessen. Insofern dient der<br />

Fortschrittindex vor allem der<br />

Darstellung eines dynamischen<br />

Verlaufs über einen Zeitraum hinaus.<br />

7 Wohlstandsquintett<br />

Das Wohlstandsquintett des<br />

Denkwerks Zukunft, eines Bonner<br />

Think Tanks unter Leitung von<br />

Meinhard Miegel, empfiehlt die<br />

Messung von Wohlfahrt anhand von<br />

fünf Themenfeldern: Materieller<br />

Wohlstand, Gerechtigkeit, sozialer<br />

Zusammenhalt, ökologische<br />

Nachhaltigkeit und neuerdings der<br />

Staats-Schuldenquote. Die Kriterien<br />

sind pragmatisch ausgewählt, weil<br />

sie einen hohen gesellschaftlichen<br />

Konsens widerspiegeln. Allerdings<br />

ist anzumerken, dass Aspekte<br />

wie Gesundheit und Bildung<br />

fehlen. Dennoch eignet sich das<br />

Wohlstandsquintett nach Aussagen<br />

der Autoren sehr gut zur Beurteilung<br />

von Wohlstandsnationen wie etwa<br />

<strong>Deutschland</strong>.<br />

(-> Beitrag Wahl/Schulte ab S. 20)<br />

Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

8 Glücks-BIP<br />

Das Glücks-BIP wurde vom<br />

Centrum für angewandte<br />

Wirtschaftsforschung (CAWM<br />

Münster) im Auftrag der Initiative<br />

Neue Soziale Marktwirtschaft<br />

entwickelt. Es handelt sich<br />

um einen im wesentlichen<br />

subjektiven Indikator, der die<br />

Lebenszufriedenheit in einer nach<br />

oben offenen Skala darstellt.<br />

Zur Ermittlung des „Glücks-<br />

Zustands“ werden Fragen zu<br />

Beruf und Arbeitszeiten gestellt,<br />

und es kommen u.a. Sorgen zur<br />

Arbeitsplatz- und finanziellen<br />

Sicherheit zu Wort. Insgesamt ist der<br />

Glücks-BIP kein verallgemeinbarer<br />

Wohlstandsindikator, sondern<br />

macht eher individuelle Aussagen.<br />

Offen bleibt sicher auch die Frage,<br />

ob die Messkriterien in anderen<br />

Kulturen anwendbar oder „typisch<br />

deutsch“ sind.<br />

9 Indikatorenbericht des<br />

Statistischen Bundesamtes<br />

Auch das Statistische Bundesamt<br />

beteiligt sich an der Suche nach<br />

Wohlstand. Alle zwei Jahre werden<br />

Indikatoren aus 21 Bereichen<br />

erhoben. Der Indikatorenbericht<br />

dient zur Überprüfung der<br />

Nachhaltigkeitsstrategie der<br />

Bundesregierung. Als solcher<br />

nimmt er eine Sonderstellung<br />

ein, da die Auswahl der Kriterien<br />

eindeutig politischen Maßgaben und<br />

nicht so sehr wissenschaftlichen<br />

Überlegungen folgen. Die<br />

Beurteilung der Zielerreichung<br />

erfolgt durch kleine Symbole,<br />

wobei die strahlende Sonne<br />

gut ist und Gewitterwolken für<br />

Fehlentwicklungen stehen. Trotz<br />

der großen Detailtiefe sorgen<br />

diese Symbole für ein schnelles<br />

Verständnis der Ergebnisse.<br />

10 KfW-Nachhaltigkeitsindikator<br />

Um das abstrakte Konzept der<br />

Nachhaltigkeit zu konkretisieren<br />

und die verschiedenen Dimensionen<br />

von Nachhaltigkeit abzubilden,<br />

hat die KfW Anregungen aus der<br />

wissenschaftlichen Literatur und<br />

der Umsetzungspraxis aufgegriffen.<br />

Für die Bereiche Wirtschaft,<br />

Umwelt und Gesellschaftlicher<br />

Zusammenhalt wurden geeignete<br />

Schlüsselthemen identifiziert und<br />

mit passenden Basisindikatoren<br />

unterlegt, die die Entwicklung<br />

in den Themenbereichen<br />

quantifizieren. Insgesamt<br />

wurden 20 Schlüsselthemen<br />

mit 37 Basisindikatoren<br />

ausgewählt. Fortschritte der<br />

Nachhaltigkeitssituation werden<br />

anhand von Veränderungen dieser<br />

Basisindikatoren im Zeitablauf<br />

gemessen.<br />

Quelle:<br />

Ulrich van Suntum (Hrsg.):Theoretische<br />

Fundierung und Bewertung alternativer<br />

Methoden der Wohlfahrtsmessung,<br />

Centrum für angewandte<br />

Wirtschaftsforschung, Münster 2010<br />

26 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

27


LIteRatuRtIPPs<br />

Dennis L. Meadows u.a.:<br />

„Die Grenzen des Wachstums.“<br />

Bericht des Club of Rome zur Lage der<br />

Menschheit. Deutsche Verlags-Anstalt<br />

1972, 183 S. ISBN-13: 978-3421026330<br />

vergriffen<br />

Hans Diefenbacher, Roland<br />

Zieschank:<br />

„Woran sich Wohlstand wirklich<br />

messen lässt.“<br />

oekom Verlag <strong>2011</strong>, 112 S.<br />

ISBN-13: 978-3-86581-215-5<br />

€ 12,95<br />

Was macht das BIP? Nicht nur Wohl<br />

und Wehe der Republik, auch unser<br />

aller Glück und Unglück scheinen<br />

von diesem Kürzel abzuhängen: Das<br />

Bruttoinlandsprodukt ist bis heute<br />

die heilige Kuh der herrschenden<br />

Ökonomie, die Politik misst ihre<br />

Erfolge an seinen Wachstumsraten.<br />

Seit Jahren gilt es als der Indikator<br />

für Wirtschaftskraft und Wohlstand<br />

schlechthin – dabei ist es blind für<br />

vieles, was unser Leben bereichert:<br />

ehrenamtliche Leistungen, gesunde<br />

Umwelt, gerechte Chancenverteilung<br />

oder Zugang zu medizinischer<br />

Versorgung. Hans Diefenbacher und<br />

Roland Zieschank ergänzen dieses<br />

einseitige Maß und erläutern,<br />

warum Wohlstand anders gemessen<br />

werden muss. Der von ihnen<br />

entwickelte Nationale<br />

Wohlfahrtsindex berücksichtigt<br />

insbesondere ökologische und<br />

soziale Aspekte.<br />

Agenda Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />

Alternative Wohlfahrtsmessung<br />

Tim Jackson:<br />

„Wohlstand ohne Wachstum.<br />

Leben und Wirtschaften in einer<br />

endlichen Welt.“<br />

oekom verlag <strong>2011</strong>, 242 S.<br />

ISBN-13: 978-3865812452<br />

€ 19,95<br />

Der britische Wirtschaftsexperte<br />

Tim Jackson hat schon früh<br />

erkannt, dass unsere derzeitige<br />

Wirtschaftsordnung einen neuen,<br />

anderen Motor benötigt, um langfristig<br />

laufen zu können. 2009 stellte er die<br />

Ergebnisse seiner Studie unter dem<br />

Titel „Prosperity without Growth“<br />

auf dem Klimagipfel in Kopenhagen<br />

vor – eine überzeugende Kritik eines<br />

rein auf hemmungslosem Wachstum<br />

basierenden Wirtschaftsmodells<br />

und gleichzeitig die Suche nach<br />

einem anderen Wohlstandskonzept.<br />

Doch wie lässt sich das Dilemma<br />

von gesellschaftlich notwendigem<br />

wirtschaftlichen Wachstum und<br />

dem dadurch drohenden Kollaps<br />

der ökologischen Grundlagen lösen?<br />

Brauchen wir wirklich Wachstum um<br />

jeden Preis? Tim Jackson geht dieser<br />

Frage nach. Er gibt eine anschauliche<br />

und gut verständliche Einführung<br />

in die komplexen Hintergründe der<br />

aktuellen gesellschaftlichen Debatte<br />

und untersucht Alternativen zum<br />

Wachstumszwang.<br />

Seine Forderung: Die Entwicklung<br />

einer neuen Wirtschaftsordnung,<br />

die auf einem anderen<br />

Wohlstandsbegriff beruht, die<br />

Bedürfnisse und Wünsche der<br />

Menschen befriedigt, ohne die<br />

ökologischen Grundlagen unserer<br />

Existenz zu zerstören.<br />

Meinhard Miegel:<br />

„Exit: Wohlstand ohne Wachstum“<br />

List Taschenbuch <strong>2011</strong>, 304 S.<br />

ISBN-13: 978-3548610313<br />

€ 9,99<br />

Dass die beispiellose<br />

Wachstumsepoche, die die westliche<br />

Welt seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt<br />

hat, zu Ende geht, sieht Miegel als<br />

Herausforderung und Chance zugleich.<br />

Denn längst mehrt dieses Wachstum<br />

nicht mehr unseren Wohlstand,<br />

sondern verzehrt ihn. Es überlastet die<br />

natürlichen Ressourcen, die Umwelt<br />

und nicht zuletzt die Menschen.<br />

Dringend geboten ist ein intelligenterer<br />

Umgang mit den Gütern der Erde, die<br />

Achtung von Umwelt und Natur, vor<br />

allem aber ein grundlegend verändertes<br />

Verständnis unserer Möglichkeiten<br />

und Bedürfnisse. Es geht um nichts<br />

Geringeres als ein zukunftsfähiges<br />

Lebenskonzept. Miegel bietet eine<br />

bestechende Zeitdiagnose und einen<br />

überzeugenden Entwurf dessen, was zu<br />

tun ist.<br />

Ernst Ulrich von Weizsäcker:<br />

„Faktor Fünf: Die Formel für<br />

nachhaltiges Wachstum“<br />

Droemer Verlag 2010, 432 S. ISBN-13:<br />

978-3426274866<br />

€ 22,99<br />

Eine Revolution des Wirtschaftens<br />

kündigt sich an. Die Welt wird sich<br />

im 21. Jahrhundert grundlegend<br />

verändern. Entweder lernt die<br />

Menschheit, nachhaltig mit der Erde<br />

umzugehen, oder die Natur wird<br />

zurückschlagen.<br />

Mit Faktor Fünf stellen Ernst Ulrich<br />

von Weizsäcker und seine Koautoren<br />

das Konzept eines zukunftssicheren,<br />

umweltschonenden Wirtschaftens<br />

vor. Sie zeigen, wie wir die Rohstoffe<br />

effizienter nutzen und mit dem Einsatz<br />

neuer Technologien sogar Wohlstand<br />

und Lebensqualität wachsen lassen<br />

können. Dieser neue Bericht an den<br />

Club of Rome ist eine überzeugende<br />

Antwort auf die gegenwärtigen<br />

ökologischen Herausforderungen.<br />

Nicholas Stern:<br />

„Der <strong>Global</strong> Deal: Wie wir dem<br />

Klimawandel begegnen und ein<br />

neues Zeitalter von Wachstum und<br />

Wohlstand schaffen“<br />

München 2009: Beck Verlag, 287 S.<br />

ISBN-13: 978-3406591761<br />

€ 19,90<br />

„Ein Welt-Klimaabkommen muss<br />

effektiv, effizient und gerecht die<br />

Treibhausgasemissionen reduzieren.<br />

Der Kampf gegen den Klimawandel<br />

und der Kampf gegen die globale<br />

Armut werden zusammen gewonnen<br />

oder verloren.“ Unter den zentralen<br />

Gesichtspunkten Klimawandel –<br />

Wirtschaftswandel – Politikwandel<br />

entwirft Lord Stern ein realistisches<br />

Szenario, den CO 2 -Ausstoß bis 2050 um<br />

80 Prozent (im Vergleich zu 1990) zu<br />

reduzieren. Dieses notwendige Ziel ist<br />

nur zu schaffen, wenn eine Technologie-<br />

Revolution zu Gunsten erneuerbarer<br />

Energien einsetzt, in diesen<br />

Wirtschaftssektor massiv investiert<br />

wird und neue Jobangebote entstehen.<br />

Sterns Buch fasst die zentralen<br />

Erkenntnisse für alle verständlich<br />

zusammen und bietet Einblick in die<br />

Pläne der führenden Ökonomen, einen<br />

Weg aus Klima- und Wirtschaftskrise<br />

zu finden. Wer den Wunsch hat, diesen<br />

Planeten in halbwegs bewohnbarer<br />

Form unseren Kindern und<br />

Kindeskindern zu hinterlassen, sollte<br />

Sterns Fahrplan für eine Politik für die<br />

Zukunft, den „<strong>Global</strong> Deal“, kennen.<br />

Zukünftige Technologien<br />

Consulting:<br />

„Mehr Wohlstand – weniger<br />

Ressourcen. Instrumente für mehr<br />

Ressourceneffizienz in Wirtschaft<br />

und Gesellschaft“<br />

Band 94 in der ZTC-Reihe „Zukünftige<br />

Technologien“<br />

Erscheinungstermin 2012<br />

Das Einsparpotenzial bei Ressourcen<br />

wird für Unternehmen in <strong>Deutschland</strong><br />

auf 27 bis 60 Milliarden Euro<br />

pro Jahr geschätzt. Dennoch ist<br />

Ressourceneffizienz kein Selbstläufer.<br />

Was muss passieren, damit die<br />

Erschließung dieser Potenziale an<br />

Dynamik gewinnt? Die Studie „Mehr<br />

Wohlstand – weniger Ressourcen“<br />

von Zukünftige Technologien<br />

Consulting zeigt, wie Maßnahmen<br />

aus den Bereichen Markt, Regulation,<br />

Information und Selbstorganisation<br />

der Ressourceneffizienz zum<br />

Durchbruch verhelfen können. Darüber<br />

hinaus sollten Instrumente offen für<br />

Innovationen sein, Rebound-<br />

Effekte berücksichtigen und globale<br />

Wertschöpfungsketten adressieren.<br />

Dabei muss eine grenzüberschreitende<br />

Wirkung von Instrumenten<br />

nicht zwangsläufig langwierige<br />

Verhandlungen um internationale<br />

Abkommen nach sich ziehen. Allein<br />

die Marktgröße der EU kann durchaus<br />

Anreize für Zulieferer weltweit bieten,<br />

ihre Produktion EU-weit gültigen<br />

Gesetzen anzupassen.<br />

Fritz Reheis:<br />

„Die Kreativität der Langsamkeit:<br />

Neuer Wohlstand durch<br />

Entschleunigung“<br />

Frankfurt 2008: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 281 S.<br />

ISBN-13: 978-3534220021<br />

€ 24,90<br />

Stress, Atemlosigkeit, Erschöpfung<br />

sind vertraute Symptome unseres<br />

Lebensstils. Das Leben wird vom<br />

Takt der Uhr bestimmt, und wer<br />

sich diesem nicht beugt, wird zum<br />

Verlierer. Damit einher geht die<br />

scheinbar unaufhaltsame Abkoppelung<br />

des Lebens von natürlichen und<br />

traditionellen Rhythmen. Wir müssen<br />

uns mehr Zeit lassen! Denn: Zu<br />

gravierend sind die zerstörerischen<br />

Folgen des permanenten<br />

Beschleunigungszwangs für Mensch,<br />

Gesellschaft und Umwelt. Und zu<br />

offensichtlich sind die Ursachen,<br />

als dass ihnen nicht mit einem<br />

bewussteren Umgang mit der Zeit zu<br />

begegnen wäre. Entdecken wir das<br />

Gegenbild einer entschleunigten und<br />

selbstbestimmten Gesellschaft, die die<br />

Eigenzeiten und Rhythmen von Mensch,<br />

Kultur und Natur zum Maßstab erhebt,<br />

die Arbeitshetze, Fremdbestimmung<br />

und Konsumzwang durchbricht<br />

und sich vom immer schnelleren<br />

Produzieren um des Produzierens<br />

willen löst.<br />

28 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

29


Agenda<br />

NaCHHaLTIGKEITSBERICHTE<br />

BALD<br />

OBLIGATORISCH?<br />

Immer mehr Unternehmen legen ihre CSR-Aktivitäten offen. Während im Jahr 1992 noch kaum Nachhaltigkeitsberichte<br />

veröffentlicht wurden, gehen aktuelle Studien davon aus, dass mittlerweile jährlich rund 4.000 Nachhaltigkeitsberichte weltweit<br />

erscheinen. Nach den Richtlinien der <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) wurden im Jahr 2010 über 1.800 Berichte verfasst. Im<br />

selben Jahr reichten 2.800 Betriebe ihren Fortschrittsbericht (Communication on Progress, COP) beim UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ein,<br />

das sind 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Weltweit gibt es bereits rund 12.000 COP-Berichte. Diese Zahlen zeigen, dass das<br />

Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Nichtsdestotrotz berichtet bislang nur ein kleiner<br />

Teil an Unternehmen über seine soziale und ökologische Performance.<br />

30<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> 31<br />

Reporting


Von Katrin Gaupmann<br />

Agenda<br />

Verpflichtende CSR-Berichterstattung innerhalb Europas<br />

Von Seiten der Europäischen Kommission sind Unternehmen<br />

seit dem Jahr 2005 nach der Europäischen Modernisierungsrichtlinie<br />

verpflichtet, nicht finanzielle Key Performance Indikatoren<br />

(KPI), die für ein bestimmtes Unternehmen relevant sind,<br />

in ihre Berichterstattung aufzunehmen und zu analysieren.<br />

Darunter fallen zum Beispiel Umwelt- und Arbeitnehmeraspekte.<br />

Die Mitgliedsstaaten können allerdings entscheiden,<br />

ob sie Klein- und Mittelbetriebe von diesen Berichtspflichten<br />

ausnehmen möchten.<br />

Neben der Umsetzung dieser Modernisierungsrichtlinie haben<br />

einige europäische Länder zusätzlich Gesetze und Bestimmungen<br />

verabschiedet, um der Thematik noch mehr Nachdruck<br />

zu verleihen. Frankreich hat diesbezüglich eine Vorreiterrolle<br />

übernommen, als es im Jahr 2001 börsennotierte Unternehmen<br />

zur Aufnahme von ESG-Kriterien (environmental, social<br />

& governance) in ihren Finanzbericht verpflichtete. Im Jahr<br />

2010 ging die französische Regierung noch einen Schritt weiter<br />

und dehnte mit dem Grenelle 2-Gesetz die Berichtspflicht auf<br />

alle Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen sowie<br />

mehr als 43 Mio. EUR Umsatz aus. In Dänemark müssen seit<br />

2009 die 1.100 größten Betriebe sowie auch alle staatlichen<br />

Unternehmen in ihren jährlichen Finanzberichten Angaben<br />

über ihre CSR-Politik machen. Dabei wird die C-Regel („Comply<br />

or Explain“) angewendet. Das heißt, dass CSR zwar freiwillig<br />

ist, Unternehmen aber angeben müssen, wenn sie keine<br />

dementsprechenden Maßnahmen setzen. Dänemark verweist<br />

auf die Verwendung von internationalen Berichtsstandards<br />

wie den Fortschrittsbericht des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> (COP), die<br />

GRI-Leitlinien sowie die OECD-Leitsätze für multinationale<br />

Unternehmen. Die nationale Gesetzgebung war ein wichtiger<br />

Auslöser für eine verstärkte CSR-Berichterstattung. Auch in<br />

Schweden wird von allen Unternehmen in Staatsbesitz die<br />

Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts verlangt. Das<br />

Besondere am schwedischen Modell ist die externe Prüfung,<br />

wonach die Nachhaltigkeitsberichte von einer unabhängigen<br />

Stelle auf ihre Qualität hin überprüft werden müssen. Europaweit<br />

gesehen hat das ESG-Reporting staatlicher Unternehmen<br />

deutlich zugenommen. Vergleicht man die Zahl an GRI-<br />

Berichten, nimmt Schweden im europäischen Vergleich den<br />

zweiten Platz ein – vor den Niederlanden und hinter Spanien.<br />

Die CSR-Berichtspflicht in den Niederlanden bezieht sich auf<br />

den Vorstand börsennotierter sowie der größten staatlichen<br />

Unternehmen, der gegenüber dem Aufsichtsrat und den Teilhabern<br />

über CSR-Angelegenheiten zur Rechenschaft verpflichtet<br />

ist. Die Bestimmungen wurden im Jahr 2008 in den niederländischen<br />

Kodex für Corporate Governance aufgenommen.<br />

Nach dem „Companies Act“ des Vereinigten Königreichs aus<br />

dem Jahr 2006 müssen alle börsennotierten Unternehmen in<br />

ihren Jahresberichten Angaben über Umwelt-, Arbeitsplatz-,<br />

Sozial- und Gemeinschaftsbelange machen, sofern dies für ihre<br />

Geschäftstätigkeit relevant ist. Das jüngste Beispiel kommt aus<br />

Spanien: Ab dem Jahr 2012 müssen auch hier alle staatlichen<br />

Betriebe Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Mit diesem<br />

Gesetz sollen diese eine Vorbildfunktion einnehmen.<br />

Auch andere Länder unterstützen Unternehmen im Bereich<br />

der Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Beispiel in Form<br />

von Leitfäden oder freiwilligen Standards und Richtlinien.<br />

Die französische Beobachtungsstelle für CSR (http://www.<br />

orse.org/) erstellte beispielsweise für die Regierung eine<br />

webbasierte Plattform (http://www.reportingcsr.org) über<br />

CSR-Berichterstattung. Die Inhalte der Webseite werden<br />

kontinuierlich von einem Expertenkomitee überprüft und<br />

aktualisiert. Auch Rankings und Auszeichnungen im Bereich<br />

der Nachhaltigkeitsberichterstattung spielen eine wesentliche<br />

Rolle. Nur wenige Länder jedoch setzen Finanz- oder Wirtschaftsinstrumente<br />

zur Förderung von CSR-Reporting ein.<br />

Beispiele hierfür sind Anreizsysteme oder eine nachhaltige<br />

Beschaffungspolitik. Ein Vorreiter in diesem Bereich sind<br />

die Niederlande: Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel<br />

gesetzt, bei allen öffentlichen Ausschreibungen soziale und<br />

ökologische Kriterien zu berücksichtigen.<br />

Unzufriedenheit mit derzeitiger Situation<br />

Insgesamt betrachtet wird der Ruf nach öffentlichen Initiativen<br />

im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend<br />

lauter. Um die Debatte auch auf europäischer Ebene weiterzubringen,<br />

hielt die Europäische Kommission im Zeitraum<br />

September 2009 bis Februar 2010 mehrere Multistakeholder-<br />

Workshops zu ESG-Reporting ab, um die unterschiedlichen<br />

Ansichten zu diskutieren sowie Vorschläge für eine europäische<br />

Politik zu erarbeiten. Im Rahmen des „Single Market Act“<br />

befragte die Kommission im Zeitraum November 2010 bis<br />

Januar <strong>2011</strong> 259 Stakeholder (Unternehmen, KonsumentInnen,<br />

NGOs, Behörden, Wissenschaft, RechnungsprüferInnen<br />

und AuditorInnen) zu dieser Thematik. Demnach bewerteten<br />

50 Prozent der Befragten die nationalen Bestimmungen zur<br />

Nachhaltigkeitsberichterstattung als „poor or very poor“.<br />

Shareholder und Investoren wiederum kritisierten vor allem<br />

die mangelnde Vergleichbarkeit der Berichte.<br />

Neue Vorgaben der Europäischen Kommission<br />

Die Europäische Kommission hat ihre neue CSR-Strategie<br />

vorgestellt, die die Transparenz von Unternehmen hinsichtlich<br />

ihrer sozialen und ökologischen Performance über alle<br />

Sektorgrenzen hinweg fördern soll. Zudem soll Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

als Managementtool zur Etablierung<br />

von CSR innerhalb und außerhalb des Unternehmens dienen.<br />

Es ist angedacht, dass Unternehmen ab einer gewissen Größe<br />

und/oder öffentliche Unternehmen zur Berichterstattung<br />

verpflichtet werden. Dabei könnte ein ähnliches Modell<br />

wie in Dänemark („Comply or Explain“) angestrebt werden.<br />

Klein- und Mittelunternehmen werden voraussichtlich von<br />

der Verpflichtung ausgenommen sein. Es ist dabei so, dass die<br />

Kommission keine neuen Standards vorgeben möchte, sondern<br />

auf bereits etablierte Prinzipien wie GRI, UN<strong>GC</strong>, OECD und<br />

ISO 26 000 verweist.<br />

Verpflichtende Berichterstattung könnte also bald auch für<br />

jene Länder ein Thema werden, die sich bislang noch nicht<br />

damit auseinandergesetzt haben.<br />

ÜBeR DIe autORIN<br />

Katrin Gaupmann arbeitet bei respACT – austrian business council for sustainable<br />

development.<br />

32 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

33<br />

Reporting<br />

Die Europäische Kommission hat ihre<br />

neue CSR-Strategie vorgestellt, die die<br />

Transparenz von Unternehmen<br />

hinsichtlich ihrer sozialen und ökologischen<br />

Performance über alle Sektorgrenzen<br />

hinweg fördern soll.


Agenda<br />

dEr dEutschE<br />

NaCHHaLTIGKEITSKODEx –<br />

Vorbild für Europa?<br />

Mit der Veröffentlichung seiner fünften und nunmehr finalen Version des Deutschen<br />

Nachhaltigkeitskodex (DNK) setzte der Rat für Nachhaltige Entwicklung im<br />

Oktober <strong>2011</strong> einen Schlusspunkt unter einen knapp zwei Jahre andauernden<br />

Prozess, Empfehlungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in<br />

<strong>Deutschland</strong> zu formulieren. Unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

wurde 2009 damit begonnen, ein Instrument zu schaffen, die Kernanforderungen<br />

an das Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen zu benennenund deren<br />

Nachhaltigkeitsleistung transparenter und vergleichbarer darzustellen.<br />

Von Dr. Frank Simon und Jonas Gebauer<br />

Als Leitbild dient der Corporate Governance Kodex, dessen Grundprinzip<br />

des „comply or explain“ auch auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

angewandt werden soll. Inhaltlich orientiert sich<br />

der DNK an den Prinzipien des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, den OECD<br />

Guidelines für multinationale Unternehmen, dem Leitfaden ISO<br />

26000 sowie an den Berichterstattungsstandards der <strong>Global</strong> Reporting<br />

Initiative (G3) und des europäischen Analystenverbandes<br />

EFFAS. Wesentlicher Adressat dieser Informationen sollen die<br />

Akteure auf den Finanzmärkten sein. Sie sollen besser in die Lage<br />

versetzt werden, die Chancen und Risiken der unternehmerischen<br />

Tätigkeit auf sozialem und ökologischem Gebiet zu beurteilen,<br />

ihre Mitverantwortung für verantwortungsvolles Handeln wahrzunehmen<br />

und durch ihre Investitionsentscheidungen Nachhaltigkeit<br />

in Unternehmen zu honorieren. Gleichzeitig soll den<br />

Unternehmen ein verlässlicher Rahmen geboten werden, ihre<br />

Nachhaltigkeitsleistung in standardisierter Form darzustellen<br />

und somit Mehrarbeiten aufgrund der Anfragen von Investoren<br />

unterschiedlichster Art zu reduzieren.<br />

Nach zwei nicht öffentlichen Diskussionsrunden mit Investoren,<br />

Analysten und Unternehmensvertretern wurde im November<br />

2010 ein erster Diskussionsentwurf bekannt gemacht und zur<br />

öffentlichen Stellungnahme freigegeben. Mehr als 75 Personen<br />

und Organisationen machten hiervon Gebrauch. Ihre Anregungen<br />

und Kritik wurden in zwei Konferenzen behandelt und führten zu<br />

einem zweiten und dritten Entwurf, der dann anschließend von 28<br />

Unternehmen freiwillig auf Anwendbarkeit getestet wurde. Ihre<br />

Erfahrungen wurden in einer vierten Version berücksichtigt, die<br />

schließlich nach einem letzten Workshop zur Frage der Verbindlichkeit<br />

des Kodex in die nun vorliegende Endfassung mündete.<br />

Im Laufe des Prozesses erfuhr der ursprüngliche Entwurf zahlreiche<br />

gravierende Veränderungen. Sie betreffen neben der Anzahl<br />

und der Tiefe der zu berichtenden Aspekte unternehmerischer<br />

Verantwortung in erster Linie die Verbindlichkeit des Kodex<br />

sowie den Kreis seiner Anwender. Zunächst war die Verankerung<br />

im Aktiengesetz vorgesehen, die alle börsennotierten<br />

Aktiengesellschaften zur Abgabe einer Entsprechenserklärung<br />

verpflichtet hätte. Dagegen wurden erhebliche Haftungsrisiken<br />

geltend gemacht, die sich aus den Spielräumen und ethischen<br />

Bewertungen von Nachhaltigkeitsfragen ergeben. Auch wurde<br />

befürchtet, dass eine gesetzliche Verpflichtung eher einem<br />

Formalismus als einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit<br />

Nachhaltigkeitsfragen Vorschub leiste. Auch alternative Vorschläge,<br />

die Verbindlichkeit des Kodex durch Prüfungs- oder<br />

Veröffentlichungspflichten (selbst unter Berücksichtigung der<br />

verschiedenen Unternehmensgrößen) zu erhöhen, wurden in<br />

den endgültigen Entwurf nicht aufgenommen. Somit hat sich<br />

der DNK im Laufe des Prozesses von einer rechtlichen Vorschrift<br />

in ein rein freiwillig anzuwendendes Instrument gewandelt und<br />

nimmt damit eher eine orientierende als eine verpflichtende<br />

Funktion ein. Dies entspricht der Grundauffassung des nationalen<br />

CSR-Forums, nach der CSR im Kerngeschäft freiwillig,<br />

aber nicht beliebig ist. Im Vergleich zu den bestehenden Regelungen<br />

der <strong>Global</strong> Reporting Initiative oder des EFFAS wird<br />

damit jedoch kein Neuland betreten. Im Gegenzug wurde der<br />

Anwenderkreis erweitert. Sollten zunächst nur die börsennotieren<br />

Aktiengesellschaften den DNK anwenden, so wird nun<br />

ähnlich des Geltungsbereichs der ISO 26000 die Anwendung für<br />

alle Organisationen empfohlen, die im Sinne einer freiwilligen<br />

Selbstauskunft die Öffentlichkeit über ihr Nachhaltigkeitsengagement<br />

informieren möchten.<br />

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung misst dem DNK bereits<br />

durch die Form seiner Entstehung in einem öffentlichen Stakeholderprozess<br />

hohe politische Bedeutung bei, da es auch „ohne<br />

staatliche Mitwirkung zu einer wirksamen Vereinbarung“ gekommen<br />

sei. Inwieweit diese Beurteilung zutreffend ist, wird<br />

sich erst in der Zukunft zeigen, wenn verstärkt Unternehmen<br />

und andere Organisationen eine Entsprechenserklärung abgeben<br />

werden. Darüber hinaus ist kritisch zu beurteilen, dass<br />

nach der ersten öffentlichen Diskussion nicht transparent<br />

dargestellt wurde, welche Argumente im Laufe des Prozesses<br />

zu der stetigen Abschwächung der Anforderungen geführt<br />

haben. Die Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Prozesses<br />

wurden dadurch erheblich eingeschränkt. Mit dem Verzicht<br />

auf jegliche gesetzliche Regelung ist (leider) gleichzeitig auch<br />

die Legitimation des Kodex in Frage gestellt. Weder der Rat für<br />

Nachhaltige Entwicklung noch die zahlreichen öffentlich und<br />

nicht öffentlich Stellung beziehenden Diskussionsteilnehmer<br />

können diese Legitimation herstellen. Die Politik sollte ihre<br />

Verantwortung für die Gestaltung der Bedingungen unserer<br />

sozialen Marktwirtschaft gerecht werden und ein solches Instrument<br />

der Diskussion und Prüfung durch den Gesetzgeber<br />

unterziehen.<br />

Die Unternehmen sollen ihre Nachhaltigkeitsleistung anhand<br />

von 20 Kriterien aus den Bereichen Strategie, Prozessmanagement,<br />

Umwelt sowie Gesellschaft darlegen und diese anhand<br />

von insgesamt 25 Leistungsindikatoren (KPI) konkretisieren.<br />

Weitere, z. B. branchenspezifische Indikatoren können hinzugefügt<br />

werden. Die Anzahl der KPI ist im Laufe des Prozesses<br />

von 75 auf 25 reduziert worden, was mit der Absenkung der<br />

Eintrittsbarrieren für die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

gerade mittlerer und kleiner Unternehmen begründet wurde.<br />

So nachvollziehbar dieses Argument ist, so bleibt offen, warum<br />

der Umfang der Berichterstattung nicht mit der Größe des<br />

Unternehmens verbunden wurde und größeren Unternehmen<br />

auch eine umfangreichere Berichterstattung zugemutet wird.<br />

Mit der stetig verminderten Anzahl von erläuternden KPI erhöht<br />

sich die Gefahr des Missverständnisses, dass mit der Behandlung<br />

einzelner weniger KPI schon eine umfassende Berücksichtigung<br />

des Kodexkriteriums erfolgt sei. Darüber hinaus bleibt offen,<br />

warum trotz Anlehnung an die ISO 26000 der Bereich der Konsumentenbelange<br />

als dem Interessenfeld einer der wichtigsten<br />

Stakeholdergruppen völlig unbeachtet bleibt.<br />

In seiner Empfehlung schlägt der Rat für Nachhaltige Entwicklung<br />

der Bundesregierung vor, den Kodex schnellstmöglich in<br />

die EU-Debatte zur Berichterstattung über nicht-finanzielle<br />

Leistungsindikatoren und die unternehmerische Verantwortung<br />

einzubringen. In wieweit der Kodex hier ergänzend oder als<br />

Gegenposition Wirkung entfalten kann und ob ein „spezifisch<br />

deutscher Beitrag“ in dieser Debatte notwendig war, bleibt abzuwarten.<br />

Dem Vernehmen nach werden dort durchaus schärfere<br />

und umfangreichere Berichterstattungspflichten gefordert.<br />

ÜBeR DIe autOReN<br />

Dr. Frank Simon und Jonas Gebauer engagieren sich im Deutschen Netzwerk<br />

für Wirtschaftsethik (DNWE).<br />

34 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

35<br />

Reporting<br />

RePORtINGFeLDeR Des DeutsCHeN<br />

NaCHHaLtIGkeItskODex<br />

Strategie<br />

• Strategische Analyse, Strategie und Ziele<br />

Prozessmanagement<br />

• Regeln und Prozesse<br />

• Anreizsysteme<br />

• Stakeholderengagement<br />

• Innovations- und Produktmanagement<br />

Umwelt<br />

• Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen<br />

Gesellschaft<br />

• Arbeitnehmerrechte und Diversity<br />

• Menschenrechte<br />

• Gemeinwesen<br />

• Politische Einflussnahme<br />

• Korruption


Agenda<br />

höchstE ZEit für<br />

integrated rePorting<br />

Von Prof. Dr. Norbert Winkeljohann und Nicolette Behncke<br />

Unternehmensberichterstattung im Wandel<br />

Die Unternehmen haben erkannt, dass die Informationen, die<br />

sie über sich selbst zur Verfügung stellen, von vielen und sehr<br />

verschiedenen Interessenten wahrgenommen werden. Wer ein<br />

berechtigtes Interesse an Information über (unterschiedliche)<br />

Aspekte der unternehmerischen Tätigkeit hat, wird als Stakeholder<br />

(Anspruchsgruppe) bezeichnet. Die Stakeholder fordern zu<br />

Recht, dass die Berichterstattung der Unternehmen ihnen ein<br />

umfassendes und klares Bild von der Lage und den Perspektiven<br />

des Unternehmens vermitteln muss. Als Anteilseigner müssen<br />

sie beispielsweise wissen, ob die von ihnen als Eigenkapital zur<br />

Verfügung gestellten Mittel in ihrem Sinne verwendet werden<br />

und zur Wertsteigerung des Unternehmens beitragen. Als Öffentlichkeit<br />

interessiert es, ob die Verlautbarungen zu umweltfreundlichen<br />

Produktionsverfahren den Tatsachen entsprechen.<br />

Allerdings herrscht Unzufriedenheit bei allen Beteiligten: Die<br />

Stakeholder bemängeln Inhalt, Verständlichkeit, Qualität und<br />

mangelnde Fokussierung der Unternehmensberichterstattung.<br />

Das ist überraschend, denn die Berichterstattung der Unternehmen<br />

unterliegt einer Fülle von regulatorischen Anforderungen<br />

und wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich freiwillig<br />

ausgeweitet. Heute veröffentlichen viele Unternehmen umfassende<br />

Berichte zu Finanzen, Nachhaltigkeit und Corporate<br />

Governance. Gleichzeitig beklagen sich die Unternehmen<br />

über die hohe Regulierungsdichte und die Notwendigkeit der<br />

Veröffentlichung unterschiedlicher Berichte. Auch wenn den<br />

Stakeholdern umfangreiche Informationen zur Verfügung<br />

stehen, scheinen diese deren Informationsbedürfnis nicht<br />

angemessen zu befriedigen. Schließlich sind auch Regulierer<br />

und Standardsetter – insbesondere nach den Erkenntnissen<br />

aus der Finanzkrise – verunsichert und fragen nach dem richtigen<br />

Maß an Regulierung. Seit Entwicklung erster Reporting-<br />

Standards hat sich die Geschäftswelt und das Umfeld, in dem<br />

Unternehmen agieren, grundlegend verändert. <strong>Global</strong>isierung,<br />

demographischer Wandel, Ressourcenknappheit, Urbanisierung,<br />

Umweltbelange und technologischer Fortschritt prägen als<br />

36 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

37<br />

Reporting<br />

Megatrends die Entwicklung von Unternehmen schon heute.<br />

Nur noch knapp ein Fünftel des Marktwerts der Unternehmen<br />

im Standard & Poor´s-500-Index erklärt sich durch das<br />

produktive Kapital bzw. das Finanzkapital. Maßgeblich sind<br />

zu über 80 Prozent andere Faktoren, wie das Geschäftsmodell,<br />

die Unternehmensstrategie und -führung, die Zukunftsfähigkeit<br />

und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens. Dieses<br />

veränderte Umfeld macht eine vollkommen neue Art der<br />

Berichterstattung notwendig.<br />

Internationale Standardsetzer wie das IASB (International<br />

Accounting Standards Board) und FASB (Financial Accounting<br />

Standards Board) arbeiten bereits seit einiger Zeit daran, die<br />

klassische Finanzberichterstattung zu optimieren. Im Juli 2010<br />

stellten sie ihr „Financial Statement Presentation Project“ vor,<br />

das die Darstellung der Finanzinformationen auf völlig neue<br />

Prinzipien gründet und Investoren wie Analysten bessere<br />

und tiefergehende Informationen bereit stellen will. Daneben<br />

hat sich die <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) die Entwicklung<br />

von Prinzipien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die<br />

Fahnen geschrieben.<br />

Diese Initiativen sind wichtig und gehen in die richtige Richtung.<br />

Aber sie stoßen auch relativ schnell an ihre Grenzen.<br />

Solange nur einzelne Elemente der Berichte jeweils getrennt<br />

voneinander angepasst und optimiert werden, ohne Interdependenzen<br />

zu berücksichtigen, kann eine wirklich umfassende<br />

und belastbare Berichterstattung nicht erreicht werden. An<br />

einer integrierten Berichterstattung geht deshalb kein Weg<br />

vorbei. Nur wenn die Finanzberichterstattung, den Lagebericht<br />

eingeschlossen, der Nachhaltigkeits- und der Corporate-<br />

Governance-Bericht miteinander verzahnt werden, können<br />

die bestehenden und zu Recht beklagten Informationslücken<br />

wirklich geschlossen werden.<br />

PwC hat in <strong>Deutschland</strong> bei verschiedenen Stakeholdern<br />

(Investoren, Analysten, Kreditgeber, NGOs, Presse/Medien,<br />

Gesetzgeber) und Unternehmensvertretern im Rahmen einer<br />

Studie nachgefragt und festgestellt, dass es noch kein einheitliches<br />

Verständnis von integrierter Berichterstattung gibt. Die<br />

Stakeholder sind sich aber darin einig, dass integrierte Berichterstattung<br />

mehr ist und sein muss als eine reine Addition von<br />

finanziellen und nichtfinanziellen Informationen. Sie wünschen<br />

sich eine Standardisierung und klare Richtungsweisung.<br />

Die Unternehmensvertreter selbst jedoch, auch das zeigte<br />

unsere Befragung deutlich, fühlen sich hingegen oft damit<br />

überfordert, die für die verschiedenen Stakeholder relevanten<br />

Informationen adäquat zusammenzustellen.<br />

Das im August 2010 gegründete International Integrated<br />

Reporting Committee (IIRC) hat sich zum Ziel gesetzt, einer<br />

integrierten Unternehmensberichterstattung zum Durchbruch<br />

zu verhelfen. Im September <strong>2011</strong> stellte das IIRC seine Ideen<br />

in Form eines Diskussionspapiers der Öffentlichkeit vor.<br />

Darin schlägt das IIRC ein auf klaren Prinzipien beruhendes<br />

Rahmenkonzept vor, das nicht nur den Horizont der externen<br />

Berichterstattung erweitert, sondern auch die bisher voneinander<br />

unabhängigen Informationen konsequent miteinander<br />

verzahnt.<br />

Das IIRC nennt fünf Grundsätze, an denen sich die moderne<br />

Berichterstattung ausrichten soll:<br />

1 | Fokus auf Strategie und Geschäftsmodell des Unternehmens<br />

legen.<br />

2 | Informationen nicht nur nebeneinander stellen, sondern<br />

erkennbar und mit Mehrwert miteinander verknüpfen.<br />

3 | Berichterstattung durchgängig zukunftsorientiert gestalten.<br />

4 | Berichterstattung flexibel an die Interessen der Stakeholder<br />

anpassen.<br />

5 | Umfassend berichten, dabei auf wesentliche Informationen<br />

beschränken.<br />

Andere Länder sind schon deutlich weiter: In Südafrika verlangt<br />

die JSE (Johannesburg Securities Exchange Commission) >>


Agenda<br />

von ihren gelisteten Unternehmen bereits integrierte Berichte<br />

für Geschäftsjahre, die nach dem 1. März <strong>2011</strong> beginnen.<br />

Welchen Einfluss haben diese Entwicklungen auf die Praxis?<br />

Schon heute fordern nicht nur institutionelle Anleger immer<br />

lauter Informationen über Nachhaltigkeitsaktivitäten. Auch<br />

Finanzanalysten beziehen in ihre Voten die Nachhaltigkeitsberichte<br />

der Unternehmen ein, und Sustainability-Experten<br />

nutzen verstärkt auch Finanzinformationen für ihre Beurteilungen.<br />

Entsprechend vernetzt und synchronisiert müssen<br />

Unternehmen diese Informationen anbieten. Eine integrierte<br />

Berichterstattung ist aber keine neue Ära der Nachhaltigkeitsberichterstattung,<br />

sondern die Zukunft des Corporate Reporting.<br />

Sie muss also weit über eine einfache Zusammenfügung der<br />

Inhalte des Finanz- und des Nachhaltigkeitsberichts hinausgehen.<br />

Entscheidend sind eine gleiche Datenbasis, zeitgleiche<br />

Verfügbarkeit und gleiche Qualität. Die wohl größte Herausforderung<br />

in der Umsetzung einer vollumfänglich integrierten<br />

Berichterstattung ist deshalb ein „integrated thinking“, ohne<br />

das eine integrierte Unternehmenssteuerung und darauf<br />

auf bauend eine integrierte Berichterstattung ein nicht erreichbares<br />

Ziel bleiben wird. Erst wenn die Steuerung des<br />

Unternehmens integriert geleistet wird, also so ausgerichtet<br />

ist, dass weiche und harte Faktoren gleichberechtigt nebeneinander<br />

durch die Analysen des Controllings betrachtet werden<br />

und damit auch gemeinsam die Basis für unternehmerische<br />

Entscheidungen bilden, sind die Voraussetzungen für eine<br />

integrierte Berichterstattung wirklich geschaffen. Dazu müssen<br />

Verantwortlichkeiten in den Unternehmen angepasst, ggf.<br />

Zuständigkeiten neu vergeben werden. Der gesamte Prozess<br />

der Informationserhebung, -analyse und -verteilung muss<br />

neu gestaltet werden, denn eine integrierte Berichterstattung<br />

verlangt die Synchronisation aller Informationskanäle in<br />

inhaltlicher, zeitlicher und qualitativer Sicht. Dazu gehören<br />

die Unternehmensfunktionen Rechnungswesen, Controlling,<br />

Investor Relations, Governance und Nachhaltigkeit an einen<br />

Tisch, um entsprechende Lösungen erarbeiten zu können.<br />

Das IIRC-Papier liefert nicht auf alle offenen Fragen in Sachen<br />

integrated reporting eine Antwort. Es bietet jedoch eine erste,<br />

notwendige Orientierung und steckt den Rahmen für die<br />

Arbeit der nächsten Monate und Jahre ab. Umso erfreulicher<br />

ist es, wie viele Unternehmen seit Veröffentlichung des IIRC-<br />

Papiers ihre bisherige Berichterstattung auf den Prüfstand<br />

gestellt haben und sich Gedanken über ihre künftige Unternehmensberichterstattung<br />

machen. Das IIRC hat damit den<br />

entscheidenden Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen,<br />

leistungsstarken und an den Interessen der Stakeholder orientierten<br />

Unternehmensberichterstattung angestoßen. Es ist<br />

höchste Zeit, die Diskussion um neue Reporting-Modelle zu<br />

führen und praxisgerechte Umsetzungswege zu erarbeiten.<br />

ÜBeR DIe autOReN<br />

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann ist Sprecher des Vorstands von PwC <strong>Deutschland</strong>,<br />

Nicolette Behncke ist Expertin für integrierte Berichterstattung bei PwC.<br />

eu-kommission stellt<br />

neue CsR-strategie vor<br />

Die europäische Kommission hat Ende Oktober ihre lang<br />

erwartete CSR-Strategie vorgestellt. Darin überdenkt<br />

sie ihr bisheriges Konzept von reiner Freiwilligkeit hin<br />

zu einem deutlichen Mehr an Verbindlichkeit: Ein Gesetz<br />

ist zunächst zwar vom Tisch, dafür soll künftig<br />

das Mitwirken an bestimmten Initiativen verpflichtend<br />

werden. Die EU-Kommission fordert dazu stärkere<br />

Koregulierung durch Organisationen wie den UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>, ISO oder die OECD. Eine Beteiligung an<br />

einer dieser drei Plattformen soll ab 2014 für große<br />

Unternehmen Pflicht sein.<br />

Die EU-Kommission hat jetzt ihre eigene Definition<br />

vorgelegt, wonach CSR „die Verantwortung von Unternehmen<br />

für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“<br />

ist. Nur wenn die geltenden Rechtsvorschriften und die<br />

zwischen Sozialpartnern bestehenden Tarifverträge<br />

eingehalten werden, kann diese Verantwortung wahrgenommen<br />

werden, heißt es in dem Papier. Begleitend<br />

dazu soll es daher ab 2012 einen von der Kommission<br />

angestoßenen Prozess geben, der klarere Verhaltenskodizes<br />

erarbeitet.<br />

Bis zum Schluss unklar war das Maß an Regulierung,<br />

das Brüssel den Unternehmen auferlegen würde. Im<br />

EU-Positionspapier heißt es dazu nun: Zur Schaffung<br />

gemeinsamer Werte werden alle größeren Unternehmen<br />

in Europa aufgefordert, ein langfristiges CSR-Konzept<br />

einzuführen und Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer<br />

Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle<br />

auszuloten, die zum Wohlergehen der Gesellschaft<br />

und zur Schaffung hochwertigerer und produktiverer<br />

Arbeitsplätze beitragen. Damit wird zwar kein hartes<br />

Gesetz gefordert, aber bestimmte freiwillige Vereinbarungen<br />

(sogenannte „soft laws“) werden nicht mehr<br />

ganz freiwillig, sondern verpflichtend.<br />

Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung<br />

in vollem Umfang gerecht werden, sollten sie auf<br />

ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale,<br />

ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange<br />

in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern<br />

in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie<br />

integriert werden. Auf diese Weise soll die Schaffung<br />

gemeinsamer Werte für die Eigentümer/Aktionäre der<br />

Unternehmen sowie die übrigen Stakeholder und die<br />

gesamte Gesellschaft optimiert werden und etwaige<br />

negative Auswirkungen aufgezeigt, verhindert und<br />

abgefedert werden.<br />

Daher müssen große Unternehmen sowie Unternehmen,<br />

die von derartigen Auswirkungen besonders betroffen<br />

38 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

39<br />

Reporting<br />

sein könnten, künftig verstärkt eine risikobasierte Sorgfaltsprüfung,<br />

auch auf der Ebene der Lieferketten, vornehmen.<br />

Für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist ein strategischer<br />

CSR-Ansatz von zunehmender Bedeutung. Er kann<br />

das Risikomanagement fördern, Kosteneinsparungen bringen<br />

sowie den Zugang zu Kapital, die Kundenbeziehungen, das<br />

Management von Humanressourcen und die Innovationskapazitäten<br />

verbessern, heißt es aus dazu aus der Kommission.<br />

„Wenn sich die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung<br />

stellen, können sie bei den Beschäftigten, den Verbrauchern<br />

und den Bürgern allgemein dauerhaftes Vertrauen<br />

als Basis für nachhaltige Geschäftsmodelle aufbauen. Mehr<br />

Vertrauen wiederum trägt zur Schaffung eines Umfeldes bei,<br />

in dem die Unternehmen innovativ arbeiten und wachsen<br />

können.“<br />

DIe kOMMIssION FORDeRt ...<br />

... von den Mitgliedsstaaten Pläne zur CSR-Förderung und<br />

konkrete Listen mit einschlägigen Maßnahmen;<br />

... alle großen europäischen Unternehmen auf, sich bis 2014 zu<br />

verpflichten, zumindest eines der nachstehenden Regelwerke<br />

bei der Entwicklung ihres CSR-Konzepts zu berücksichtigen:<br />

OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, „<strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>“ der Vereinten Nationen oder ISO-Norm 26000 zur<br />

sozialen Verantwortung;<br />

... alle in Europa ansässigen multinationalen Unternehmen<br />

auf, sich bis 2014 zu verpflichten, die Dreigliedrige Grundsatzerklärung<br />

des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) über<br />

multinationale Unternehmen und Sozialpolitik zu beachten;<br />

... zudem die EU-Mitgliedstaaten auf, bis Ende 2012 nationale<br />

Pläne für die Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten<br />

Nationen zu erstellen.


Agenda<br />

diFFerenzierungsProgramm<br />

dEs uN <strong>Global</strong> compact<br />

Von Dr. Elmer Lenzen<br />

Mit der Einführung des Differenzierungsprogramms im Frühjahr<br />

<strong>2011</strong> hat der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ein neues Rahmenwerk<br />

in die jährliche Fortschritt-Berichterstattung (COP) eingeführt.<br />

Unternehmen können nun künftig differenziert darüber Auskunft<br />

geben, in welchem Umfang und Ausmaß sie die zehn<br />

Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und verwandte Themenfelder<br />

konkret umsetzen.<br />

Auch weiterhin werden die Teilnehmer, sobald sie einen vollständigen<br />

COP einreichen, von New York als „<strong>GC</strong> Aktiv“ kategorisiert<br />

werden. Sie können sich jetzt darüber hinaus als „<strong>GC</strong><br />

Fortgeschritten“ erklären beziehungsweise als „<strong>GC</strong> Erweitert“,<br />

wenn sie das auch entsprechend in ihren Erläuterungen im<br />

Rahmen der COP-Berichterstattung nachweisen konnten. Ziel<br />

des Programms ist es, dass die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Teilnehmer so<br />

die Nachhaltigkeitsperformance innerhalb der Geschäftsprozesse<br />

verbessern und transparenter machen.<br />

Unternehmen, deren COPs nicht die Mindestanforderungen<br />

erfüllen, um den Status „<strong>GC</strong> Aktiv“ zu erreichen, wird ein Zeitraum<br />

von zwölf Monaten eingeräumt, um die Versäumnisse<br />

nachzuholen. Während dieser Zeit müssen die betroffenen<br />

Firmen an einer Lernplattform mitwirken, die entwickelt wurde,<br />

um Unternehmen zu helfen, das Niveau der Offenlegung und<br />

Transparenz für die <strong>GC</strong>-Aktiv-Ebene zu erreichen.<br />

„Das ist ein signifikanter Schritt für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“, sagt<br />

Georg Kell, Executive Director der UN Initiative. „Es wird umfassende<br />

Anreizsysteme an beiden Enden des Performace-Spektrums<br />

geben und Stakeholdern dabei helfen, die Performance und den<br />

Fortschritt unserer teilnehmenden Unternehmen besser zu bewerten.“<br />

Das Differenzierungsprogramm will nämlich Transparenz<br />

nicht nur bei kleineren und weniger erfahrenen Teilnehmer<br />

verbessern, sondern auch für kontinuierlichen Fortschritt und<br />

Leistungsverbesserung bei den weiter fortgeschrittenen Unternehmen<br />

sorgen. Das Programm ist so entworfen, dass es Anreize<br />

und Anerkennung (basierend auf Selbsttests) für Unternehmen<br />

auf allen Ebenen bietet, um gezielte Fortschritte in den Bereichen<br />

Governance, Strategie und Operationalisierung zu erzielen.<br />

„Dies läutet eine neue Phase in den Transparenz- und Offenlegungsbemühungen<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ein“, sagt Jerome Lavigne-<br />

Delville, Head of Communication on Progress des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

„Eines der wichtigsten Ergebnisse der Differenzierung auf der<br />

„<strong>GC</strong> Forgeschrittenen“-Ebene wird sein, dass nun eine Reihe von<br />

Stakeholdern – einschließlich der Gruppe der Investoren – den<br />

Unternehmensfortschritt besser beurteilen können – gerade,<br />

wenn sie den COP als Plattform für einen Benchmark-Vergleich<br />

mit weltweit sonst üblichen Praktiken nutzen.“<br />

Darüber hinaus behält der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> seine klaren Sanktionsmechanismen<br />

bei der Einhaltung der COP-Abgabepflicht:<br />

Unternehmen, die der Offenlegung und Kommunikation ihrer<br />

Aktivitäten nicht nachkommen, werden weiterhin ausgeschlossen.<br />

Bisher waren davon rund 2.000 Firmen betroffen.<br />

Neue <strong>GC</strong> Levels im Überblick<br />

Seit dem 25. Februar <strong>2011</strong> werden die COPs von allen teilnehmenden<br />

Unternehmen in zwei Kategorien eingeteilt, basierend<br />

auf einer Selbsteinschätzung des Inhalts:<br />

Die „<strong>GC</strong> Aktiv“-Ebene ist prinzipiell für alle Unternehmen gedacht,<br />

die alle <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Themenbereiche adressieren und<br />

40 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

41<br />

Reporting<br />

direkt mit ihren jeweiligen Anspruchsgruppen kommunizieren.<br />

Auf dieser Ebene erfolgt die Offenlegung und Transparenz der<br />

Umsetzung anhand von anerkannten Standards, wie sie etwa<br />

die <strong>Global</strong> Reporting Initiative festgelegt hat.<br />

Die „<strong>GC</strong> Fortgeschrittenen“-Ebene wiederum ist für jene Unternehmen<br />

gedacht, die sich selbst als Top-Performer begreifen und<br />

über Best Practices in den Bereichen Nachhaltigkeit, Governance<br />

und Management verfügen. Diese Unternehmen orientieren sich<br />

dabei am Themenkanon des „Blueprint for Corporate Sustainability<br />

Leadership“ und dem „UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Management Model“.<br />

Die jeweiligen Differenzierungs-Ebenen werden jährlich auf der<br />

Grundlage der aktuellen COPs festgelegt. Entscheidend ist für<br />

die Entwickler des Konzeptes, dass eindeutige Fortschritte in<br />

zwei als kritisch markierten Dimensionen erreicht werden: In<br />

erster Linie geht es natürlich um die unmittelbare Umsetzung<br />

aller Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Im Idealfall erreichen die<br />

Unternehmen dann Beispiele für komplexe Best Practices, wie sie<br />

der Blueprint for Corporate Sustainability Leadership beschreibt.<br />

Die zweite wichtige Dimension umfasst die Themenfelder Transparenz<br />

und Offenlegung. Es wird erwartet, dass die Unternehmen<br />

direkt und offen mit ihren Stakeholdern kommunizieren und<br />

dabei transparent Einblick geben, wie sie Nachhaltigkeits-Risiken<br />

und Chancen managen. Von diesen Unternehmen wird darüber<br />

hinaus erwartet, dass sie folgende Reporting-Instrumente<br />

und Regeln einhalten: Eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

gemäß der Richtlinien der <strong>Global</strong> Reporting Initiative, eine<br />

Verifizierung der Angaben durch unabhängige Dritte sowie<br />

schließlich die Entwicklung von integrierter Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung.<br />

ÜBeR 2.000 FIRMeN ausGesCHLOsseN –<br />

GLOBaL COMPaCt uNteRstReICHt DIe<br />

RePORtINGPFLICHt<br />

2.048 Unternehmen aus der ganzen Welt wurden bisher<br />

vom UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ausgeschlossen. Als Begründung<br />

nennt die UN Initiative das wiederholte Versäumen der<br />

Bekanntmachung von Fortschrittsberichten, die Auskunft<br />

darüber geben könnten, wie diese Firmen die zehn Prinzipien<br />

in ihre Strategien und Geschäftsprozesse einbinden. Nach<br />

den jüngsten Ausschlüssen umfasst der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

6.066 Unternehmen aus 132 Ländern.<br />

Die ausgeschlossenen Unternehmen stammen nicht nur<br />

aus Industrienationen, sondern auch aus Entwicklungsländern.<br />

Im Dezember 2010 lief ein Moratorium aus, welches<br />

den Ausschluss für Teilnehmer aus Entwicklungsländern<br />

zunächst zurückstellte, um vorher Gründe und Lösungen für<br />

einen systemischen Mangel an Offenlegung in bestimmten<br />

Märkten zu erkunden.<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> fordert von den teilnehmenden Unternehmen,<br />

dass diese jedes Jahr einen Fortschrittsbericht<br />

vorlegen. Geschieht dies über den Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden<br />

Jahren nicht, so wird das Unternehmen<br />

ausgeschlossen. Ein erneuter Beitritt zum <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

ist durchaus möglich, muss aber beantragt werden.<br />

„Wir entwickeln Transparenz und Offenlegung durch einen<br />

doppelten, ergänzenden Ansatz“, sagt Jerome Lavigne-<br />

Delville, Head of Communication on Progress des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Office. „Auf der einen Seite treiben wir eine strikte<br />

Durchsetzung unserer Integritätsmaßnahmen voran, um<br />

sicherzustellen, dass jedes Unternehmen seine Fortschritte<br />

in jedem Jahr offenlegt. Auf der anderen Seite setzen wir<br />

Anreize und Anerkennung und bieten damit Unternehmen<br />

auf allen Ebenen Anknüpfungspunkte zur sinnvollen<br />

Umsetzung der Prinzipien in den Bereichen Strategie und<br />

Geschäftstätigkeit.“<br />

Um die bestehenden Synergien zwischen dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und der <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) noch deutlicher<br />

hervorzuheben, arbeiten beide Initiativen eng zusammen,<br />

damit künftig die GRI Sustainability Reporting Guidelines<br />

(„GRI Guidelines“) ohne Aufwand in die jeweiligen Ebenen<br />

des Differenzierungsprogramms eingebettet werden können.<br />

ÜBeR DeN autOR<br />

Dr. Elmer Lenzen ist Herausgeber der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Jahrbücher.


Reporting<br />

Agenda<br />

WeIteRFÜHReNDe LIteRatuR<br />

The Transparent Economy: Six<br />

tigers stalk the global recovery –<br />

and how to tame them<br />

The report presents trends that<br />

will drive or constrain greater<br />

transparency and accountability.<br />

That need to rebuild trust after the<br />

financial crisis and the apparent<br />

reorientation towards a sustainable<br />

economy is being translated to<br />

calls for unprecedented levels of<br />

transparency. Within this context, The<br />

Transparent Economy explores how<br />

sustainability reporting, boosted by<br />

technology and the changing roles of<br />

top executives in organizations can<br />

help to deliver the information needed<br />

for a transparent and sustainable<br />

economy. Recommendations are made<br />

for business, financial institutions,<br />

governments and individuals. The<br />

Transparent Economy summarizes<br />

six challenges, nicknamed “TIGERS”,<br />

to which reporting and the reporting<br />

landscape need to respond. These<br />

challenges were then tested through<br />

an online survey to the GRI community.<br />

The GRI Sustainability Reporting<br />

Cycle: a handbook for<br />

small and not-so-small<br />

organizations<br />

If you are responsible for the<br />

implementation of a reporting process<br />

you must read this one! The first<br />

publication in the Learning Publication<br />

Series, The GRI sustainability reporting<br />

cycle: A handbook for small and<br />

not-so-small organizations is a stepby-step<br />

handbook providing expert<br />

guidance on the whole sustainability<br />

reporting process. Useful for<br />

beginners and experienced reporters<br />

alike.<br />

Let‘s report! Step-by-step<br />

guidance to prepare a basic GRI<br />

report<br />

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Publication Series, The GRI<br />

sustainability reporting cycle:<br />

A handbook for small and<br />

not-so-small organizations is a<br />

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expert guidance on the whole<br />

sustainability reporting process.<br />

Useful for beginners and experienced<br />

reporters alike.<br />

Alle Bücher erhalten Sie unter www.<br />

globalreporting.org<br />

Practical Guide to Communication<br />

on Progress<br />

The first version of the Practical Guide<br />

to Communication on Progress was<br />

launched in 2005. This current revised<br />

edition of the guide contains updated<br />

information about creating, sharing and<br />

posting of a COP as well as practical<br />

examples of how companies are<br />

communicating progress. Also included<br />

are helpful definitions, tips on where<br />

to begin, examples and relevant GRI<br />

indicators. (UN<strong>GC</strong>, 2009)<br />

Making The Connection – Using GRI‘s<br />

G3 Guidelines for the COP<br />

This guide, produced in partnership<br />

with the <strong>Global</strong> Reporting Initiative,<br />

introduces and explores ways to<br />

address <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI)<br />

and <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Communication<br />

on Progress (COP) requirements<br />

simultaneously. By linking the GRI<br />

G3 Guidelines to the ten principles<br />

of the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Making the<br />

Connection assists companies in<br />

bridging the gap between the COP and<br />

other sustainability reporting vehicles.<br />

(UN<strong>GC</strong>/GRI, 2007)<br />

IIRC: The world is changing –<br />

reporting must too<br />

The Integrated Reporting Discussion<br />

Paper, Towards Integrated Reporting<br />

– Communicating Value in the 21st<br />

Century was launched on Monday 12th<br />

September <strong>2011</strong>. Integrated Reporting<br />

will provide more comprehensive<br />

and meaningful information about<br />

all aspects of an organization´s<br />

performance and position, presented<br />

in a much clearer, more concise and<br />

more user friendly format. In particular<br />

it will demonstrate the links between<br />

an organization´s financial performance<br />

and the social, environmental and<br />

economic context within which<br />

it operates. The development of<br />

Integrated Reporting is designed to<br />

enhance and consolidate existing<br />

reporting practices to move towards<br />

a reporting framework that provides<br />

the information needed to develop<br />

the global economic model to meet<br />

the challenges of the 21st century.<br />

Integrated Reporting will be clear and<br />

comprehensible, providing a meaningful<br />

assessment of the long term viability<br />

of an organization, meeting the<br />

information needs of investors and<br />

other stakeholders and supporting<br />

the effective allocation of financial,<br />

manufactured, human, intellectual,<br />

natural and social capital.<br />

Mehr unter www.theiirc.org<br />

Leading the Way in Communication<br />

on Progress<br />

This booklet provides inspiration and<br />

ideas on how to communicate progress<br />

in implementing the ten principles. It<br />

is the result of an ongoing dialogue<br />

between the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office and<br />

participating companies, and it reflects<br />

experiences and perspectives shared<br />

during a two-day workshop in March<br />

2006 in Geneva. (UN<strong>GC</strong>, 2006)<br />

Blueprint for Corporate<br />

Sustainability Leadership<br />

The Blueprint offers companies a<br />

model for achieving higher levels<br />

of performance and generating<br />

enhanced value through the <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>. It provides an action plan<br />

in three core areas: (i) integrating the<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ten principles into<br />

strategies and operations; (ii) taking<br />

action in support of broader UN goals<br />

and issues; and (iii) engaging with<br />

the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. The Blueprint<br />

identifies best practices in each of<br />

these dimensions, with a total of 50<br />

criteria for leadership.<br />

Designed to inspire advanced<br />

performers to reach the next level<br />

of sustainability, the Blueprint sets<br />

targets that all companies should work<br />

towards in order to ascend the learning<br />

and performance curve.<br />

The <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Self<br />

assessment Tool<br />

Translates the basic expectations<br />

raised by the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

principles into a number of practical<br />

self-assessment questions and<br />

performance indicators for companies.<br />

The tool enables companies to<br />

diagnose their performance across all<br />

four issue areas, inspire continuous<br />

improvement, and assist in the<br />

development of a Communication<br />

on Progress. (UN<strong>GC</strong>/DI/Ministry for<br />

Economic and Business Affairs of<br />

Denmark/IFU, 2010)<br />

Alle Bücher erhalten Sie unter<br />

www.unglobalcompact.org<br />

WeIteRFÜHReNDe LINks<br />

<strong>Global</strong> Reporting Initiative:<br />

http://globalreporting.org<br />

Integrated Reporting Initiative:<br />

http://theiirc.org<br />

Deutscher Nachhaltigkeitskodex:<br />

http://nachhaltigkeitsrat.de/deutschernachhaltigkeitskodex<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Differentiation<br />

Programme:<br />

http://unglobalcompact.org/COP/<br />

differentiation_programme.html<br />

Corporate Social Responsibility<br />

(CSR) in the EU:<br />

http://ec.europa.eu/social/main.<br />

jsp?catId=331&langId=en<br />

42 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

43<br />

Reporting


Agenda<br />

mit NAchhAlTIGKEITsINNOVATIONEN<br />

ZuR GReeN eCONOMY<br />

44 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

45<br />

Innovation<br />

Gegenwärtig entwickelt sich auf europäischer und internationaler<br />

Ebene ein neues Wirtschaftsleitbild: die Green Economy. Durch die<br />

UNEP wurde die Green Economy „als Wirtschaftsform definiert, die zu<br />

mehr Wohlfahrt und sozialer Gleichheit führt und dabei Umweltrisiken<br />

und ökologische Knappheiten deutlich reduziert“.


Von Dr. Jens Clausen<br />

Agenda<br />

Das Konzept der Green Economy verbindet gesellschaftliche<br />

Verantwortung von Unternehmen mit der Orientierung auf<br />

Märkte. Konkret entwirft die UNEP in <strong>2011</strong> ein neues Bild der<br />

Märkte für erneuerbare Energien, Bauen, Transport, Tourismus,<br />

Städte sowie Produktionstechnologien und Abfallwirtschaft.<br />

In allen diesen Bereichen soll sich viel ändern: Herstellung,<br />

Distribution und Konsum von Gütern und Dienstleistungen.<br />

Dabei spielen Nachhaltigkeitsinnovationen und ihre Durchsetzung<br />

an den Märkten eine wesentliche Rolle: Eine Nachhaltigkeitsinnovation<br />

ist die Durchsetzung solcher technischer oder<br />

sozialer Neuerungen, die zum Erhalt kritischer Naturgüter<br />

und zu global und langfristig übertragbaren Wirtschafts- und<br />

Konsumstilen und -niveaus beitragen.<br />

Beispiele für Nachhaltigkeitsinnovationen sind vielfältig. Da<br />

gibt es die Verbesserungsinnovationen, durch die Gebrauchsgüter<br />

wie Waschmaschinen oder Elektroherde energieeffizienter,<br />

Farben umweltverträglicher oder Nahrungsmittel<br />

umweltfreundlicher produziert werden. Deutlich stärker<br />

im Licht der Öffentlichkeit stehen Grundlageninnovationen<br />

wie Windkraftwerke oder Photovoltaik, die gegenwärtig die<br />

Stromerzeugung radikal verändern und immer wieder als<br />

Erfolgsbeispiel herangezogen werden, weil mit dem EEG ein<br />

so wirksames politisches Förderinstrument ersonnen wurde.<br />

Aber es gibt auch die Wärmewirtschaft, deren ökologische<br />

Technologien längst nicht so florieren wie die regenerative<br />

Stromerzeugung. Nahwärmenetze, tiefe Geothermie und<br />

Mehrebenenmodell zur analyse von transformationsprozessen<br />

Zunehmende Strukturierung<br />

lokaler Praktiken<br />

Megatrends<br />

Dominierendes<br />

soziotechnisches<br />

Regime<br />

Nischenniveau<br />

Märkte und Präferenzen<br />

der Nutzer<br />

Industrie<br />

Wissenschaft<br />

Politik<br />

Kultur<br />

Technologie<br />

Langzeitwärmespeicher sind Technologien, die die Zukunft<br />

der Wärmeversorgung der Zukunft prägen sollen, deren Entwicklung<br />

aber nicht annähernd so dynamisch verläuft, wie die<br />

der regenerativen Stromerzeugung. Und dann sind da noch<br />

die Innovationen mit Dienstleistungscharakter: Carsharing<br />

und Mitfahrzentrale, Biokisten-Lieferservice, serverbasierte<br />

Computersysteme oder neue Segeltechnologien für Seeschiffe.<br />

Bei all diesen Neuerungen muss sich das Nutzungsverhalten<br />

grundlegend umstellen. Und dies ist eine wesentliche Problematik<br />

für den Wandel.<br />

Das Spektrum der Nachhaltigkeitsinnovationen ist also weit:<br />

von relativ einfachen Verbesserungen bekannter Produkte<br />

über erfolgreiche Star-Innovationen bis in die Poor Dog Ecke<br />

derjenigen Neuerungen, für die die Veränderungskraft der<br />

Gesellschaft noch nicht komplett ausreicht.<br />

Wie kommt es zu Nachhaltigkeitsinnovationen?<br />

Im neuen Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der<br />

Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen (WBGU)<br />

wird die anstehende, große Transformation des Wirtschaftssystems<br />

zu einer Green Economy beschrieben. Die Transformation<br />

des dominierenden Regimes findet in diesem Modell<br />

durch zwei Einflüsse statt: durch Megatrends, die die Umwelt<br />

des Wirtschaftssystems verändern, und aus der Nische heraus<br />

durch „Pioniere des Wandels“.<br />

Zeit<br />

Plötzliches Ereignis<br />

Neues Regime<br />

beeinflusst Megatrends<br />

Quelle: WBGU <strong>2011</strong><br />

In der deutschen „Gründerzeit“ um 1870 hatte z.B. der Staat<br />

eine zentrale Rolle in der Unterstützung des Wandels, indem<br />

er vor allem die Gründung von Forschungseinrichtungen<br />

unterstützte und günstige Rahmenbedingungen für Unternehmensgründer<br />

schuf, die eine rasche Erschließung von neuen<br />

Geschäftsfeldern ermöglichten. Die „Wirtschaftszweige von<br />

Übermorgen“ wurden so schneller und effektiver erschlossen<br />

als in anderen Ländern. Vor genau dieser Herausforderung<br />

stehen Europa und die Welt auch heute. Und genau die oben<br />

beschriebenen zwei Dynamiken scheinen auch die Genese<br />

von Nachhaltigkeitsinnovationen zu fördern.<br />

Nachhaltigkeitsinnovationen haben ihren Ursprung nicht zuletzt<br />

im „dominierenden Regime“. Denn auch die etablierten<br />

Unternehmen spüren die Megatrends der Nachhaltigkeit und<br />

richten ihre Produktstrategie, wenn auch langsam, nach ihnen<br />

neu aus. Eine Vielzahl kleiner Verbesserungsinnovationen<br />

führte dazu, dass Produkte des täglichen Gebrauchs im Laufe<br />

der Jahre ressourceneffizienter, besser recyclebar oder in anderer<br />

Weise umweltfreundlicher geworden sind. Viele dieser<br />

Produkte werden von Unternehmen hergestellt und immer<br />

wieder verbessert, die seit über 100 Jahren am Markt sind. Als<br />

Beispiel sei hier das Unternehmen Miele genannt, dessen Maxime<br />

„Immer besser“ auf die Gründer des Unternehmens Miele,<br />

Carl Miele und Reinhard Zinkann, im Jahr 1899 zurückgeht.<br />

Gründer und ihre meist noch kleinen Unternehmen sind<br />

überhaupt für Innovationen wichtig. Sie sind diejenigen,<br />

auf die über die Hälfte aller Innovationen – genau 67 Prozent<br />

– und 95 Prozent der Grundsatzinnovationen seit dem<br />

zweiten Weltkrieg zurückgeführt werden können. Auch an<br />

den Nachhaltigkeitsinnovationen waren und sind Erfinder,<br />

Unternehmensgründer und kleine Unternehmen beteiligt. Solarthermie<br />

und Wärmepumpen, Windkraftanlagen und kleine<br />

Wasserkraft, Passivhäuser und Holzfertigbau: diese und noch<br />

viele weitere Nachhaltigkeitsinnovationen gehen auf Menschen<br />

zurück, denen der Umweltschutz nicht nur Lebens- sondern<br />

auch Unternehmensziel ist. Sie streben, wie in der Grafik des<br />

WBGU gezeigt, aus der Nische heraus die Veränderung des<br />

herrschenden Regimes an. Und spätestens heute, im zweiten<br />

Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, ist deutlich, dass sie es auch<br />

schon in einigen Branchen geschafft haben. Letztlich sind aber<br />

die Wege, auf denen Nachhaltigkeitsinnovationen entstehen,<br />

vielfältig. Die drei wichtigsten Pfade seien kurz beschrieben:<br />

1| Nachhaltigkeit als dominantes Ausgangsziel des Innovationsprozesses:<br />

Ausgangspunkt dieses Entstehungsweges sind Bedarfe<br />

und Missstände, die zumeist von Nicht-Regierungsorganisationen<br />

oder visionären Unternehmern als dringende<br />

Nachhaltigkeits probleme eingestuft werden. Die Deckung<br />

von Bedarfen oder die Beseitigung von Missständen als expliziter<br />

Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung bilden<br />

das dominante Ausgangsziel des Innovationsprozesses und<br />

prägen diesen über die gesamte Dauer der Realisierung.<br />

Die Genese des Windkraftsektors in Europa ist ein Beispiel<br />

für diesen Pfad.<br />

2| Nachhaltigkeit als integrales Unternehmensziel und<br />

strategischer Erfolgsfaktor:<br />

Nachhaltigkeit bildet hier nicht eine dominante und alles<br />

überragende Zielsetzung, sondern ist bei den involvierten<br />

Unternehmen als ein wichtiges und formal gleichrangiges<br />

Element in ein unternehmenspolitisches Zielbündel<br />

integriert. Die unternehmens politische Verankerung geht<br />

dem Innovationsprozess voraus. Nachhaltigkeit wird von<br />

relevanten Machtpromotoren als strategischer Erfolgsfaktor<br />

betrachtet, bildet eine normative Vorgabe und wird<br />

im Verlauf des Innovationsprozesses durch verschiedene<br />

Methoden und Instrumente geprüft und reflektiert. Viele<br />

Verbesserungsinnovationen von elektrischen Geräten, seien<br />

es Haushaltsgeräte, IT oder Produktionsanlagen, sind auf<br />

diesem Weg entstanden.<br />

3| Nachhaltigkeitsanforderungen als mögliches Korrektiv<br />

im laufenden Innovationsprozess:<br />

Nachhaltigkeitsaspekte rücken hier erst im Verlauf des<br />

Innovationsprozesses ins Bewusstsein der innovierenden<br />

Akteure, z.B. durch neue staatliche Vorschriften oder öffentliche<br />

Kritik. Wesentliche Erkenntnisse können auch<br />

aus Stakeholderdialogen hervorgegangen oder durch die<br />

CSR-Abteilung gewonnen worden sein. Die sukzessive Eliminierung<br />

von FCKWs und anderen umweltgefährlichen<br />

Stoffen, wie sie z.B. in der europäischen REACH-Verordnung<br />

aufgeführt sind, stellen Beispiele für diesen Innovationspfad<br />

dar.<br />

>><br />

46 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

47<br />

Innovation


Agenda<br />

Eine Nachhaltigkeitsinnovation ist die<br />

Durchsetzung solcher technischer oder sozialer<br />

Neuerungen, die zum Erhalt kritischer<br />

Naturgüter und zu global und langfristig<br />

übertragbaren Wirtschafts- und Konsumstilen<br />

und -niveaus beitragen.<br />

Nachhaltigkeitsinnovationen im Unternehmen fördern<br />

Eine Reihe von Erfolgfaktoren sind für die Entstehung und<br />

Durchsetzung von Nachhaltigkeitsinnovationen in Unternehmen<br />

wesentlich. Für die individuelle Bedeutung einzelner<br />

Erfolgsfaktoren kommt es aber ganz zentral darauf an, in<br />

welchem Markt das Unternehmen tätig ist. An drei Beispielen<br />

sei dies kurz gezeigt:<br />

So gibt es Unternehmen, die getragen von einer ökologisch<br />

motivierten Erfindung oder Innovation entstanden sind und<br />

diese in den Markt tragen wollen. Hier verkörpert das Unternehmen<br />

als ganzes die Nachhaltigkeitsinnovation, deren Erfolg<br />

sich aber daran bemisst, wie erfolgreich es dem Unternehmen<br />

gelingt, die Innovation in den Markt einzuführen. Gutes Management<br />

ist hier der Weg, die Innovation in der Gesellschaft<br />

wirksam zu machen. Falls nötig, muss über Partnerschaften<br />

oder strategische Allianzen nachgedacht werden, um die nötige<br />

wirtschaftliche Stärke zu Produktion und Vermarktung<br />

zu gewinnen. Der Erfinder des Smart, Nicolas G. Hayek, der<br />

Gründer der Swatch-Gruppe, ging eine solche Allianz mit<br />

Daimler Benz ein. So konnte der erste „Smartfortwo“ 1998<br />

erfolgreich in Serie gehen, ohne dass jedoch alle Ideen Hayeks<br />

im marktreifen „Smart“ noch enthalten gewesen waren.<br />

Andere Unternehmen produzieren ein breites Spektrum an<br />

Produkten, die ständig weiterentwickelt werden. Ein Vertreter<br />

von Henkel formulierte es einmal so: „Persil bleibt Persil, weil<br />

Persil nicht Persil bleibt.“ In großen Unternehmen ist es daher<br />

nötig, planmäßig in allen wesentlichen Entwicklungsteams<br />

Menschen zu platzieren, die den ökologischen Aspekt im<br />

Entwicklungsprozess betonen, die Anforderungen aus Vor-<br />

schriften und von Stakeholdern kennen und dafür sorgen, dass<br />

auch Nachhaltigkeitsziele im Entwicklungsprozess definiert,<br />

kontrolliert und erreicht werden.<br />

Wieder andere Unternehmen stellen irgendwann fest, dass sich<br />

neue Anbieter nicht mehr wie eine lästige Fliege verscheuchen<br />

lassen, sondern deren Marktanteile zusammen schon 10 Prozent<br />

des Gesamtmarktes überschritten haben und schnell weiter<br />

wachsen. Eine solche Entwicklung brachte Siemens zum Kauf<br />

des Windenergieanlagenherstellers Bonus und zur Gründung<br />

der Sparte Siemens Wind Power. In solchen Fällen ist es wichtig,<br />

den Markt zu beobachten und die richtigen strategischen<br />

Entscheidungen bei Mergers & Akquisitions zu treffen.<br />

Je nach Situation und Branche kann also die Herausforderung<br />

völlig unterschiedlich sein. Wichtig ist, die Vision der<br />

Nachhaltigkeit, die Idee der Green Economy zu begreifen, in<br />

der Firma zu verankern und in strategische Entscheidungen<br />

und Innovationen umzusetzen. Dabei ist für etablierte Firmen<br />

auch der Kontakt zum Umfeld des Unternehmens, den<br />

Stakeholdern und kritischen Anspruchsgruppen, wesentlich.<br />

Ökologisch orientierte Unternehmensgründer verstehen sich<br />

oft selbst als Teil dieses Umfeldes. Für sie ist daher vielleicht<br />

gerade der Kontakt zu anderen Unternehmen und der Aufbau<br />

von Partnerschaften in der Wissenschaft und die Entwicklung<br />

des Unternehmensnetzwerks von Bedeutung.<br />

ÜBeR DeN autOR<br />

Dr. Jens Clausen arbeitet im Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit<br />

gGmbH.<br />

48 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

49<br />

Innovation<br />

Nachhaltiges Handeln<br />

spielerisch fördern<br />

Social Games sind nicht nur ein beliebter Zeitvertreib und<br />

weit verbreiteter Freizeitspaß. So manches Online-Spiel<br />

hat zudem einen durchaus seriösen Hintergrund. Die Anwendungen<br />

können etwa das Umweltbewusstsein der User<br />

erhöhen und sie im Alltag zu einem „grüneren“ Verhalten<br />

bewegen. Anhand von Spieltechniken nach dem Vorbild der<br />

Serious Games – Lernspiele mit Unterhaltungswert – kann<br />

der Nachhaltigkeitsgedanke an die Massen herangetragen<br />

werden.<br />

Noch wird den nützlichen Nebenwirkungen der sozialen<br />

Spiele für PC, Smartphones oder auch Tablets eher wenig<br />

Beachtung geschenkt. Im beruflichen Alltag erweisen sie sich<br />

beispielsweise nicht nur als Arbeitszeitvernichter, sondern<br />

auch als Förderer der Produktivität, kommen als solche<br />

bislang aber kaum zum Einsatz. Durch den Gebrauch der<br />

Anwendungen in einem für Games untypischen Umfeld<br />

können die User den Angaben nach jedoch dazu ermuntert<br />

werden, gewünschte Verhaltensweisen anzunehmen und<br />

diese zu trainieren.<br />

Angesichts der sozialen Vernetzung entstehen im Web<br />

schnell Massenphänomene. Social Games mit Lernfaktor<br />

können daher einen durchaus bedeutenden Einfluss ausüben<br />

– etwa auf die Motivation der User, sich über einen<br />

nachhaltigeren Lebensstil zu informieren oder mit kleinen<br />

„grünen“ Handlungen im Alltag zum Umweltschutz beizutragen.<br />

So steigern sie das Bewusstsein über ein positives<br />

Umweltverhalten laut Studie bei 97 Prozent der Anwender.<br />

Knapp 60 Prozent der User ändern nach eigenen Angaben<br />

ihre eigenen Einstellungen.<br />

Die Social Games haben den Erkenntnissen zufolge die<br />

Macht, auf die tatsächlichen „grünen“ und nachhaltigen<br />

Verhaltensweisen der Menschen einzuwirken. Sie können<br />

somit einen gewissen erzieherischen Effekt haben. User<br />

versuchen nach entsprechenden Spielerfahrungen beispielsweise,<br />

weniger Strom zu verbrauchen und drehen das<br />

Licht ab, nutzen eher Energiesparlampen, gehen weniger<br />

verschwenderisch mit Wasser um oder kaufen vermehrt<br />

Produkte lokaler Anbieter.<br />

So suchte beispielsweise 2010 die Weltbank Lösungen für<br />

Afrika in einem Online-Game: Das Social-Online-Game „Urgent<br />

Evoke“ adressierte die dringlichsten globalen Probleme und<br />

begab sich mit dem Potenzial der Spieler auf die Suche nach<br />

Lösungen. Im Fokus standen die Entwicklungsprobleme in<br />

Afrika, die mit Vorschlägen und konkreten Taten durch die<br />

Gaming-Community bekämpft werden sollten. Die Weltbank<br />

hat das Projekt mit 500.000 Dollar unterstützt und hofft,<br />

in den Ergebnissen innovative und kreative Ansätze für die<br />

reale Welt zu finden.<br />

In einem Zeitraum von zehn Wochen arbeiteten die Urgent-<br />

Evoke-Spieler gemeinsam an zehn verschiedenen Szenarien<br />

und Problemstellungen, die Afrika und andere Erdteile in<br />

der realen Welt betreffen. Armut, die Verschlechterung<br />

der wirtschaftlichen Verhältnisse, Hunger, Wassermangel,<br />

Menschenrechte, nachhaltige Energien, Gesundheitsfürsorge<br />

oder Gewalt wurden dabei in Form eines Online-Comics<br />

thematisiert, in dem die Gamer um Hilfe gebeten werden.<br />

Punkte gab es für die Bewältigung von Aufgaben im realen<br />

Leben, die entsprechende Lösungsansätze liefern sollten.<br />

Dazu zählten etwa ehrenamtliche Tätigkeiten.<br />

Nach Abschluss aller zehn Aufgaben erhielten die Spieler<br />

ein Zertifikat von der Weltbank. Als Sieger gingen am<br />

Ende die Teilnehmer mit den meisten Punkten hervor. Am<br />

wertvollsten seien jedoch die Erfahrungen, die die User aus<br />

dem Spiel mitnehmen könnten, betonen die Betreiber. Auch<br />

könne Afrika so etwa zu einem höheren Innovationsgrad<br />

verholfen werden. Durch die geförderte Zusammenarbeit<br />

in der Gaming-Community könnte die Gesellschaft in Zukunft<br />

zudem mit großen Problemen leichter fertig werden.<br />

Der Erfolg des Spiels in der realen Welt soll im Anschluss<br />

anhand von Studien gemessen werden.


Agenda<br />

INteGRIeRtes<br />

technologie-roadmaPPing<br />

Angesichts der gestiegenen Dynamik und Komplexität<br />

der Umfeldbedingungen für Unternehmen<br />

kommt der Früherkennung und dem Monitoring<br />

technologischer, marktwirtschaftlicher,<br />

politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen<br />

eine immer größere Bedeutung für den Innovationserfolg<br />

zu. Die gestiegene Dynamik und Komplexität<br />

von Innovationsprozessen zeigen sich bei<br />

„nachhaltigen“ Innovationen in besonderer Weise,<br />

zumindest dann, wenn diese nicht ein „zufälliges<br />

Nebenprodukt“ betriebswirtschaftlicher Kalküle<br />

oder politischer Vorgaben, sondern das Resultat<br />

bewusster Zielsetzungen im Innovationsprozess<br />

sein sollen. Ein leistungsfähiges Instrument zur<br />

Beantwortung dieser Kernfragen sind Roadmaps.<br />

Sie sind eine Art Landkarte im erweiterten Sinne,<br />

die viele Einzelthemen bündeln, Handlungsoptionen<br />

identifizieren und Prioritäten benennen.<br />

Ausgehend vom Stand der Technik liefern Roadmaps<br />

Aussagen über Art, Geschwindigkeit und<br />

Richtung möglicher Technologieentwicklungen<br />

in einem Innovationskontext.<br />

Von Dr. Siegfried Behrendt<br />

50 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

51<br />

Innovation<br />

Allerdings greift angesichts der hohen Veränderungsdynamik der<br />

marktlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Entwicklungen<br />

eine Verengung des Roadmapping auf eine Technologievorausschau<br />

zunehmend zu kurz. Innovationen entziehen sich immer<br />

deutlicher einer nur technologischen Sichtweise und einem zu<br />

eng verstandenen unternehmerischen Kontext. Es geht nicht<br />

nur darum, Technikbilder zu produzieren, die das technisch<br />

Machbare fortschreiben, sondern vielmehr um eine Erweiterung<br />

der Perspektive durch sozioökonomische Aspekte und einen<br />

frühen Einbezug von Stakeholderanforderungen. Mit Blick auf<br />

eine frühzeitige Steuerung von Nachhaltigkeitseffekten reicht<br />

die Analyse von Marktsog und Technologiedruck nicht aus,<br />

vielmehr ist die Einbeziehung weiterer Push- und Pull-Faktoren<br />

notwendig, um frühzeitig nicht-intendierte gesundheitliche,<br />

ökologische oder soziale Nebenfolgen sowie nutzerbedingte<br />

Nachhaltigkeitseffekte identifizieren und steuern zu können.<br />

Dazu gehört insbesondere<br />

• die Beachtung rechtlicher Entwicklungen, gesellschaftlicher<br />

Leitbilder und von Visionen proaktiver Unternehmen.<br />

• die Frage nach Lösungsbeiträgen von Technologien zur Bewältigung<br />

sozio-ökonomischer Trends und gesellschaftlicher<br />

Herausforderungen.<br />

• das Suchfeld nicht nur auf Technologien oder Produkte zu<br />

begrenzen, sondern die Frage nach Nutzungs- und Funktionssystemen<br />

in den Vordergrund zu rücken.<br />

• neue Technologien und Applikationen über ihren Lebensweg<br />

zu analysieren und zu bewerten.<br />

Mit Blick auf diese Aufgabe wurde vom Institut für Zukunftsstudien<br />

und Technologiebewertung das Konzept der „Integrierten<br />

Technologie-Roadmap“ entwickelt. Mit der Integrierten<br />

Technologie-Roadmap (ITR) wird es möglich, mehrere<br />

Dimensionen zukunftsfähigen Wirtschaftens in dynamischen<br />

Technologiefeldern simultan zu betrachten. Sie fragt auch<br />

nach technologischen Lösungsbeiträgen zur Bewältigung von<br />

gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen und ökologischen<br />

Herausforderungen und rückt die Sicht der Stakeholder und<br />

Anwender in den Mittelpunkt. Beides hilft, Unsicherheiten bei<br />

Technologieentwicklung, Markteinführung und Geschäftsmodellen<br />

zu minimieren und die Richtungssicherheit zu erhöhen.<br />

Roadmapping als Instrument in Innovationsprozessen<br />

Roadmaps sind ein Instrument der Forschungs- und Entwicklungsplanung<br />

und können dort den intuitiv-strukturierten<br />

Suchverfahren zugeordnet werden. Die Bedeutung des Roadmapping<br />

besteht in der Bündelung vieler Einzelthemen, dem<br />

Identifizieren von Handlungsoptionen und dem Setzen von<br />

Prioritäten. Der Hauptnutzen liegt in der Bereitstellung mittel-<br />

bzw. langfristigen Orientierungswissens für unternehmerische<br />

und/oder politische Akteure. Mit der Weiterentwicklung des<br />

Konzeptes seit Mitte der 80er Jahre findet das Konzept immer<br />

stärkere Anwendung bei Unternehmen bis hin zu Industriezweigen,<br />

für gemeinsame, unternehmensübergreifende Technologieziele<br />

und bei der Bereitstellung von Orientierungen für<br />

die Forschungs- und Entwicklungspolitik.<br />

Soll über eine technikzentrierte, mehr oder weniger eindimensionale<br />

Betrachtung hinausgegangen werden und sollen<br />

darüber hinaus konkrete und praktische Ergebnisse erbracht<br />

werden, muss die Roadmap mehrere Anforderungen erfüllen:<br />

Erstens muss die Roadmap bezüglich des Umfangs der betrachteten<br />

Bereiche ein genügend großen Rahmen bieten, der<br />

die Komplexität übergeordneter Trends und Entwicklungen in<br />

ihrem Wirkungsgefüge abbildet und eine Orientierung (Auslöser,<br />

Triebkräfte, Veränderungsdynamik bei Märkten, Lebensstilen<br />

und Technologien etc.) bietet.<br />

Zweitens ist den komplexen Umwelten, der Unsicherheit von<br />

Trendaussagen und ungewissen Handlungsfolgen durch eine<br />

Komplexitätsreduktion entsprechend Rechnung zu tragen.<br />

Hierzu müssen Schwerpunkte gesetzt werden, um konkrete<br />

und über ohnehin bekannte Herausforderungen (Geschäftsfelder,<br />

Potenziale, Standardisierungsfragen etc.) hinausgehende<br />

Einsichten gewinnen zu können. Auf diese Fokusthemen, die<br />

wichtige Teilbereiche abdecken, müssen die verfügbaren Ressourcen<br />

mit Priorität konzentriert werden, weil dort konkrete<br />

Umsetzungen am ehesten erreichbar sind.<br />

Drittens stellt ein nachhaltigkeitsorientiertes Roadmapping<br />

besondere Anforderungen an die Komplexität von Systembetrachtungen,<br />

an die Abschätzung ökologischer und sozialer<br />

Wirkungen und den Umgang mit auftretenden Konflikten<br />

zwischen ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen<br />

Zielsetzungen. Da unter Bedingungen hoher Unsicherheit<br />

möglichst konkrete Aktivitäten aus Roadmaps abzuleiten<br />

sind, sind Expertenbefragungen (Unternehmen, Kunden,<br />

Wissenschaft), Szenario- und Modellierungstechniken als<br />

Strategien des „(Nicht)-Wissensmanagements“ zu nutzen,<br />

um Zukunftsbilder und Korridore möglicher Entwicklungen<br />

identifizieren zu können.<br />

Viertens stellt die Integration von Kunden und anderen Stakeholdern<br />

besondere Anforderungen an leistungsfähige Dialogstrukturen.<br />

Dies betrifft auch die Frage, welche künftigen<br />

Bedarfe und Bedürfnisse existieren könnten, die sich naturgemäß<br />

nicht vorhersehen lassen.<br />

Fünftens muss der unmittelbare und spätere Nutzen eines<br />

erweiterten Roadmapping deutlich und praxisnah vermittelbar<br />

sein. Sozio-ökonomische Zukunftsbilder müssen konkrete,<br />

neue Geschäftsmöglichkeiten oder Forschungsfelder sichtbar<br />

machen oder in Meilensteine, Aktivitäten und Maßnahmen<br />

für unternehmerisches bzw. politisches Handeln überführt<br />

werden können. Es geht um die Klärung der Frage: Welche<br />

Innovationen können eine Schlüsselposition auf dem Weg<br />

zu mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft einnehmen? >>


Agenda<br />

sCHRItte ZuR eRsteLLuNG eINeR NaCHHaLtIGkeItsORIeNtIeRteN ROaDMaP<br />

Die Erstellung der Roadmap besteht aus einem mehrstufigen Prozess, der mit der Eingrenzung des Suchfeldes beginnt und<br />

mit der Identifikation von Wertschöpfungsmöglichkeiten und Herausforderungen endet.<br />

sCOPING FOReCastING BaCkCastING ROaDMaP ReVIeW<br />

schritt 1: schritt 2: schritt 3: schritt 4: schritt 5:<br />

Bestimmung des<br />

Suchraums<br />

• Definition der<br />

Roadmap-Ziele<br />

• Auswahl von<br />

Suchfeldern<br />

• Festlegung des<br />

Filters<br />

• Skalierung der<br />

Zeitachse<br />

• Eingrenzung des<br />

geografischen<br />

Raumes<br />

Neue Rolle von Wirtschaftsverbänden<br />

Identifikation von<br />

Trends, Bedarfs-/<br />

Potenzialanalyse<br />

• Scanning von Literatur,<br />

Internet,<br />

Datenbanken<br />

• Ist-, Trend-, und<br />

Wirkungsanalyse<br />

• Selektion der<br />

wichtigsten<br />

Trends,<br />

Treiber etc.<br />

• Interviews mit<br />

Marktteilnehmern,Technologie-/Umfeld-<br />

Experten,<br />

Stakeholdern<br />

• Erstellung von<br />

Profilen mit Blick<br />

auf Trends,<br />

Visionen, Herausforderungen<br />

Für eine erfolgreiche Früherkennung von Innovationschancen<br />

und Risiken, neuen Geschäftsfeldern und Märkten kommt kooperativen<br />

Branchennetzwerken eine zunehmende Bedeutung<br />

zu. Wirtschaftsverbände können eine wesentliche Rolle für<br />

eine kooperative Technologiefrüherkennung spielen, indem<br />

sie eine Plattform für einen moderierten und strukturierten<br />

Erfahrungs- und Ergebnisaustausch schaffen. Daraus ergeben<br />

sich Chancen für effektivere Austauschbeziehungen, die weit<br />

über unternehmensorientierte Marktsignale und Technologieprognosen<br />

hinausgehen und Risiken identifizieren helfen<br />

können. Verbände fungieren zunehmend als neue „Intermediäre“<br />

und „Prozess- bzw. Beziehungspromotoren“. Sie können eine<br />

zentrale Bedeutung für eine kooperative Technologiefrüherkennung<br />

spielen, indem sie eine Plattform für einen moderierten<br />

und strukturierten Suchprozess sowie einen Erfahrungs- und<br />

Ergebnisaustausch schaffen. Eine systematische Zusammenarbeit<br />

von Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und<br />

Wissenschaft stellt eine neue Form des Roadmappings dar, die<br />

Identifikation von<br />

Chancen und<br />

Risiken<br />

• Entwicklung von<br />

Zukunfsbildern<br />

• Bildung von<br />

Arbeitsgruppen<br />

(Unternehmen,<br />

Experten, Stakeholder)<br />

• Indentifikation<br />

neuer Technologien,Applikationen<br />

und<br />

Dienstleistungen<br />

• Auswertung in<br />

Bezug auf:<br />

- F&E-Bedarfe<br />

- Standardisierungsbedarf<br />

- Akzeptanzfragen<br />

- Sicherheitsaspekte<br />

- Zeitliche Relevanz<br />

- Risiken<br />

Erstellung der<br />

Roadmap<br />

• Überführung der<br />

Ergebnisse in<br />

Meilensteine mit<br />

Zeithorizonten<br />

• Visiualisierung<br />

• Ableitung von<br />

Empfehlungen<br />

• Festlegung von<br />

Aktivitäten<br />

• Transfer und<br />

Kommunikation<br />

Validierung<br />

• VollständigkeitsundKonsistenzanalyse<br />

mehrfach erfolgreich erprobt wurde. Solche Roadmaps wurden<br />

beispielsweise für die Photovoltaik als einem relativ jungen<br />

dynamischen Technologiefeld und für die Informations- und<br />

Kommunikationstechnik als besonders relevanter Querschnittstechnologie<br />

erarbeitet. Dabei wurde auf den besonders wichtigen<br />

und dynamisch wachsenden Bereich arbeitsplatzbezogener<br />

Computerlösungen fokussiert. Eine besonders große Resonanz<br />

haben die Integrierten Roadmaps „Automation 2020+“ des<br />

Zentralverbands der Elektrotechnik und Elektronikindustrie<br />

(ZVEI) gefunden. Gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft,<br />

Investoren, Projektentwicklern und Infrastrukturbetreibern<br />

wurden Technologiebedarfe und Anforderungen identifiziert,<br />

um so die Potentiale dieser Märkte besser einschätzen und<br />

erschließen zu können. Diese Roadmaps fokussierten auf<br />

nachhaltigkeitsrelevante Zukunftsmärkte, unter anderem auf<br />

regenerative Kraftwerke, Bioraffinerien, Smart Grids, Wasserstoff<br />

als Energiespeicher, die Eliminierung von Mikroschadstoffen<br />

aus dem Abwasser oder stoffliche und energetische Nutzung<br />

von Klärschlamm. Der Fachverband Automation des ZVEI führt<br />

deshalb seine Roadmapping-Aktivitäten fort.<br />

Was kann das integrierte Roadmapping leisten?<br />

Als Fazit kann festgehalten werden, dass mit dem Roadmapping<br />

ein bewährtes und zunehmend verbreitetes Instrument zur<br />

Erzeugung von Orientierungswissen bei der Technologiefrüherkennung<br />

zur Verfügung steht, das in erweiterter Form zur<br />

innovationsstrategischen und forschungspolitischen Nachhaltigkeitsorientierung<br />

fruchtbar gemacht werden kann. Das<br />

integrierte Roadmapping kann dabei folgendes leisten:<br />

• Langfristperspektive: Früherkennung von Chancen und Risiken<br />

(z.B. von Rohstoffengpässen, Technologieanforderungen).<br />

• Potenzialabschätzung: Ermittlung der Nachhaltigkeitspotenziale<br />

(z.B. Marktrelevanz, Ressourceneffizienz).<br />

• Einbindung unterschiedlicher Akteursperspektiven z.B.<br />

Anwender, Investoren, Behörden und Wissenschaft.<br />

• Innovationsfahrplan: Entwicklung konkreter Maßnahmen zur<br />

Erschließung der Nachhaltigkeitspotenziale mit konkreten<br />

Zielsetzungen, Zeitplänen, Meilensteinen und Zuständigkeiten.<br />

• Identifizierung von Technologiebedarfen, Standardisierungsbedarfen,<br />

Forschungsbedarfen, Qualifizierungserfordernisse,<br />

Anwenderanforderungen und Bedingungen zur Erschließung<br />

von besonders relevanten Zukunftsmärkten.<br />

• Bündelung von Kompetenzen: Im Roadmapping werden<br />

spezifische Kompetenzen und Know-how aus Forschungseinrichtungen,<br />

Unternehmen, Verbänden und gesellschaftlichen<br />

Gruppen gebündelt. Dies kann von einzelnen Firmen,<br />

insbesondere KMU allein nicht geleistet werden. Sie erhalten<br />

einen direkten Zugang zu interdisziplinärem Wissen und<br />

zu spezifischem Know-how.<br />

• Einbindung von Branchenverbänden: Einbindung, Sensibilisierung<br />

und Aktivierung von Branchen- und Fachverbänden<br />

als (bisher wenig genutzte) Plattform zur Entwicklung von<br />

abgestimmten Innovationsfahrplänen zur Ressourceneffizienz<br />

und als potenzielle Multiplikatoren für den Transfer der<br />

Ergebnisse in das Innovationsmanagement von Unternehmen<br />

(mit Pilotcharakter).<br />

• Marktchancen: Aufzeigen von Möglichkeiten und Strategien<br />

zur Schaffung und Erweiterung von Märkten für Effizienztechnologien<br />

und Identifikation von Pilotprojekten für<br />

deutsche Unternehmen auf zentralen Zukunftsmärkten.<br />

• Innovationsimpulse für Unternehmen: Impulse zur Verknüpfung<br />

der Roadmap mit operativen Aktivitäten in Innovationspolitik<br />

und -management der Unternehmen zur<br />

Erschließung von Nachhaltigkeitspotenzialen.<br />

Die Erfahrungen aus den verschiedenen Roadmappingprojekten<br />

können auch auf andere Technologiefelder übertragen und<br />

als wesentliches Element einer nachhaltigkeitssorientierten<br />

Innovationspolitik genutzt werden.<br />

ÜBeR DeN autOR<br />

Dr. Siegfried Behrendt, Dipl.-Politologe, Dipl.-Biologe, ist Koordinator und Projektleiter<br />

am Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung IZT gGmbH.<br />

52 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

53


Agenda<br />

tRaNsGOVeRNaNCe –<br />

NAchhAlTIGKEIT NEu BETrAchTET<br />

In diesem Artikel stellen wir Überlegungen vor, Nachhaltigkeitsgovernance neu zu betrachten.<br />

Ein halbes Jahr vor der großen UN Nachhaltigkeitskonferenz in Rio de Janeiro ist es geboten,<br />

dass wir uns fragen, warum wir bislang in zentralen Fragen nachhaltiger Entwicklung so langsam<br />

vorankommen. Wir wissen alle, dass wir dringend nachhaltigere Prozesse und Lebensstile<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft brauchen.<br />

Von Dr. Louis Meuleman und Falk Schmidt<br />

Ein besseres Gleichgewicht zwischen Umwelt, sozialem Wohlergehen<br />

und Wohlstand beinhaltet auch die Verantwortung für<br />

zukünftige Generationen, und Viele stimmen mit diesem Ziel<br />

überein. Aber gleichzeitig wissen wir auch, dass Ökonomien,<br />

Regierungen und das Verhalten der Bürger oft noch nicht nachhaltig<br />

sind. Wir verbrauchen mehr Ressourcen als wir sollten,<br />

verursachen den Klimawandel und andere globale Krisen in<br />

einem gefährlichen Ausmaß, und wir sind mitverantwortlich für<br />

Hunger, extreme Wetterereignisse und soziale Ungleichheiten.<br />

Andererseits gibt es auch viele Möglichkeiten: Die Menschheit hat<br />

mehr Wissen und Instrumente als jemals zuvor, um Lösungen<br />

für die Menschen und den Planeten zu finden.<br />

Governance<br />

Die derzeitigen Regelungen für gemeinsame Entscheidungen<br />

führen nicht zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Deshalb<br />

brauchen wir Veränderungen bzw. Transformationen. Diese<br />

Governance-Frage haben wir im TransGov-Projekt des Institute<br />

for Advanced Sustainability Studies (IASS), Potsdam, untersucht.<br />

Unser Ergebnis ist, dass unser bisheriges Scheitern durch eine<br />

Reihe von Engführungen im Denken und Handeln verursacht<br />

wird. So zum Beispiel der Glaube, dass zentralisierte und allein<br />

rechtlich-verbindliche Regelungen immer die besten oder<br />

sogar einzigen Möglichkeiten sind, dass die Umsetzung einer<br />

54 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

55<br />

Innovation<br />

nachhaltigen Entwicklung unter Berücksichtigung kultureller<br />

Vielfalt oft als ein Hindernis angesehen wird und ‚hegemoniales<br />

Denken‘ damit Vorschub geleistet wird, dass es keine belastbare<br />

Alternative zum Mainstream der heute geforderten Formen von<br />

Wirtschaftswachstum gibt, dass die Wissenschaft immer objektiv<br />

und unbestritten sein kann und sollte, dass die Beteiligung der<br />

Zivilgesellschaft und der Wirtschaft an wichtigen politischen<br />

Entscheidungen eher eine ‚Mode‘ denn notwendige Gelingensbedingung<br />

ist. Neue Governance-Ideen sollten sich mit diesen<br />

Vorstellungen auseinandersetzen, weil darüber zwar schon oft<br />

geschrieben worden ist, derlei Vorstellungen aber weiterhin tief<br />

im vorherrschenden Denken und Handeln verwurzelt sind.<br />

Komplexität als Herausforderung<br />

Bisherige Governance-Konzepte scheinen die Komplexität unserer<br />

Zeit nicht adressieren zu können. Im TransGov-Projekt haben<br />

wir drei zeitgenössische Gesellschaftskonzepte miteinander<br />

verbunden, die beyond mainstream sich dieser Frage annehmen.<br />

Die erste theoretische Linse rankt sich um das Phänomen Reflexivität.<br />

Wir erkennen, dass soziale Systeme inhärent reflexiv sind<br />

und sich linearem Denken per se verschließen. Jeder Versuch,<br />

zukünftige Entwicklung zu prognostizieren, sollte mit einem<br />

gehörig Maß an Bescheidenheit auftreten und einen hohen<br />

Grad an Unsicherheit akzeptieren. Dies klingt trivial und wird<br />

dennoch häufig missachtet.<br />

Das zweite Konzept ist die Wissensdemokratie: Wir leben in<br />

Zeiten zunehmender Spannungen zwischen alten und neuen<br />

Formen der Politik, Wissenschaft und Medien. Zunehmend wird<br />

die repräsentative Demokratie mit einer partizipatorischen Demokratie<br />

gemischt, es ko-existieren klassische und soziale Medien<br />

(social media), mit oder ohne Kooperation, und die Wissenschaft<br />

befindet sich ebenfalls inmitten eines Konfliktes, einerseits immer<br />

bessere disziplinäre Forschung zu generieren, andererseits den<br />

gemeinsamen Prozess von Wissenschaft und Praxis für die Erörterung<br />

von Fragen wie der einer nachhaltigen Entwicklung zu<br />

akzeptieren und in transdisziplinäre Forschung zu überführen.<br />

Der dritte Kontext ist der der Zweiten Modernität (Ulrich Beck).<br />

Wir leben in einer Welt, in der Lösungen nicht länger eine Frage<br />

von bottom-up oder top-down, von Regierungs- oder Nichtregierungsorganisationen,<br />

von detaillierten oder umfassenden Regulierungsansätzen<br />

sind. Es geht vielmehr um die „Kunst“, beides<br />

zu verbinden. Das bedeutet aber auch, dass tabula rasa keine<br />

Option ist. Die Komplexität der Zweiten Moderne, die scheinbar<br />

und tatsächlich widersprüchliche Anforderungen an uns richtet,<br />

erfordert Pluralität in unseren Antworten und Governance-Formen.<br />

Transgovernance: Pluralität statt Simplizität<br />

Wir sind davon überzeugt, dass Entscheidungsträger in Politik,<br />

Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft<br />

anfangen sollten, sich neuen Governance-Arrangements zu<br />

öffnen und über herkömmliche Fixierungen und Stereotype<br />

hinausgehen müssen. Widersprüchliches bietet Chancen. Die<br />

Elimination von Widersprüchen und andersartigen Denkanstößen<br />

durch viele klassische Konzepte unseres Denkens und<br />

Handelns hat uns nicht zur Nachhaltigkeit geführt, oft zum<br />

Gegenteil. Nachhaltigkeit erfordert „Governance beyond...“<br />

oder Transgovernance. Dies bedeutet, Transgovernance muss<br />

sich stützen auf eine kulturell sensiblen Metagovernance, die<br />

situationsspezifisch Governance- und Führungsformen zur<br />

Anwendung kommen lässt; auf mehr Transdisziplinarität, also<br />

eine immer schon bestehende Verquickung von Theorie und<br />

Praxis; auf Grenzen überschreitende Ansätze; auf neuen und<br />

interaktiven Methoden, zum Beispiel zur Neubewertung von<br />

„Fortschritt“ – oder allgemeiner in Richtung Verantwortlichkeit,<br />

Zuverlässigkeit und Führung.<br />

Unsere Überlegungen sind, in Zeiten wo allenthalben nach<br />

großen, umfassenden Lösungen gerufen wird, gerade deshalb<br />

eine Herausforderung, weil sie bescheiden sind: Grundlegende<br />

Veränderungen in sozialen Systemen werden nur allmählich<br />

und schrittweise eine transformative Kraft entfalten. Eine Transformation<br />

unserer nicht nachhaltigen Systeme und Prozesse<br />

wiederum ist unausweichlich geboten. In einer Wissensdemokratie<br />

ist es besser zu überzeugen, als zu befehlen. Auch wenn<br />

man sich Einsichten in der Tat bisweilen nicht mehr entziehen<br />

kann, klafft zwischen Erkennen und Handeln oft eine Lücke,<br />

die durch gemeinsame Praxis geschlossen werden muss.<br />

Wir sollten Verschiedenheit als etwas Positives in Besitz nehmen<br />

und nicht als eine Belastung für unser Streben nach mehr<br />

Nachhaltigkeit ansehen. Obwohl Effizienz und Standardisierungen<br />

ein mächtiges Werkzeug sind, können sie auch die<br />

Innovationskraft von Vielfalt ausschalten. Über die Rolle von<br />

Vielfalt in Bezug auf innovatives Denken und Handeln hinaus ist<br />

kulturelle Vielfalt eine der wichtigsten Schätze der Menschheit,<br />

der unsere besondere Beachtung verdient.<br />

Transgovernance ist ein „Ansatz“ statt ein „Rezept“. Im ausführlichen<br />

TransGov-Bericht haben wir einige vorgeschlagen, zum<br />

Beispiel globale Innovationsnetzwerke von Regierungen und<br />

Unternehmen, Innovationswettbewerbe für kleine und mittlere<br />

Unternehmen, Nationalstaaten in einer neuen Rolle als Prozessarchitekten,<br />

eine neue Diplomatie für internationale Abkommen.<br />

Doch die Governance-Herausforderungen für Nachhaltigkeit<br />

gehen über das Entwerfen von einzelnen Lösungsstrategien<br />

hinaus. Wesentlich ist es, eine langfristige Orientierung zu<br />

entwickeln, die die Komplexität unserer Zeit – nicht selten in<br />

quasi-paradoxen Ergebnissen wie zum Beispiel „Glocalisation“<br />

vorliegend – zu verstehen imstande ist. Damit einhergehend<br />

müssen wir anerkennen, dass erfolgreiche Veränderungen<br />

oft nur von innen (Intraventionen) kommen, statt von außen<br />

(Interventionen) auferlegt werden.<br />

Kulturelle Vielfalt und wirtschaftliche Akteure<br />

Mit Beispielen von Unternehmen kann konkreter illustriert<br />

werden, worum es hier geht. Mehr und mehr Firmen sind für<br />

nachhaltige Entwicklung engagiert. „Frontrunner“ vereinen<br />

sich, z. B. in Initiativen wie dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> oder dem<br />

World Business Council for Sustainable Development, und<br />

unterstützen, komplementieren und fordern nationale Regierungen<br />

und internationale Organisationen heraus, Politik für<br />

eine nachhaltige Entwicklung zu implementieren. Transgovernance<br />

bedeutet, dies nicht nur „zuzulassen“, sondern weiter zu<br />

stimulieren. Private Unternehmen haben dabei oft schon >>


Agenda<br />

die Innovationskraft von Vielfalt erkannt. Unter Bezugnahme<br />

auf Edward de Bono‘s Eintreten für „Querdenken“ und andere<br />

nicht-lineare Ansätze von Innovation, hat die kanadischen<br />

Firmenchefin Singer gesagt, dass kulturell vielfältigen Organisationen<br />

sehr innovativ sein können, wenn ihre „kulturelle<br />

Intelligenz“ auch verwendet wird. Sie argumentiert weiter,<br />

dass auch multinationale Konzerne wie Procter & Gamble<br />

dies mittlerweile verstehen und Ansätze implementieren, in<br />

denen Vielfalt Homogenität übertrifft. Viele Unternehmen sind<br />

beispielsweise in Indien (oder nahezu beliebig vielen anderen<br />

Ländern) gescheitert, weil sie mit ihren Strategien gegenüber<br />

geltenden Normen und Werte nicht sensitiv waren bzw. sind.<br />

Die Herausforderung, kulturelle Vielfalt von einem Hindernis<br />

in eine Chance umzuwandeln, war der Grund, warum IBM<br />

vor mehr als 30 Jahren den Soziologen Hofstede beauftragte,<br />

100.000 IBM Mitarbeitern systematisch zu befragen, um kulturelle<br />

Unterschiede zu finden und für Lösungsstrategien nutzbar<br />

zu machen. Verschiedene Corporate-Governance-Theoretiker<br />

haben belegt, dass nationale Kulturen als „Mutter von Pfadabhängigkeiten“<br />

in Corporate Governance-Systeme gesehen<br />

werden können. Will man dies ändern, müssen ganz im Sinne<br />

der oben genannten intraventions diese System (von innen her)<br />

verstanden und umgebaut werden.<br />

Offene Innovationsnetzwerke<br />

Viele Unternehmen haben nicht nur die positive Kraft kultureller<br />

Diversität entdeckt, auch technologische Innovationen<br />

liegen zu großen Teilen in ihren Händen. Wir wollen hier mit<br />

einem Beispiel für Transgovernance-Denken schließen und<br />

ein institutionelles Arrangement kurz zusammenfassen, das<br />

auch für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> von Interesse sein kann: die Idee<br />

globaler Innovationsnetzwerke für Nachhaltigkeit. In vielen<br />

Märkten und deren Segmenten sind es eine begrenzte Anzahl<br />

von Unternehmen, die dominierend sind. Diese Unternehmen<br />

arbeiten oft mit Universitäten und anderen (wissenschaftlichen)<br />

tRaNsGOVeRNaNCe<br />

Dieser Artikel fasst einige Schlussfolgerungen zusammen<br />

aus dem TransGov-Projekt und dessen Schlussbericht:<br />

„Transgovernance: The Quest for Sustainability<br />

Governance“, ein Projekt des Institute for Advanced<br />

Sustainability Studies (IASS), Potsdam. Der Bericht wurde<br />

von Prof. Dr. Roeland J. in ´t Veld zusammengestellt,<br />

mit Beiträgen von den anderen TransGov-Mitgliedern<br />

der Lenkungsgruppe Prof. Dr. Klaus Töpfer, Dr. Louis<br />

Meuleman (Projektleiter) und Dr. Günther Bachmann<br />

und den Forschungsstipendiaten Dr. Stefan Jungcurt,<br />

Dr. Jamel Napolitano, MSC Alexander Perez-Carmona<br />

und Falk Schmidt.<br />

Dieser Bericht wird in gedruckter Form und auch als<br />

Open-Source-Veröffentlichung zum Download unter<br />

www.iass-potsdam.de/ erhältlich sein.<br />

Akteuren zusammen und haben eine Führungsrolle bei technologischen<br />

Entwicklungen inne. In vielen Fällen operieren sie<br />

in business-to-business Ketten mit Zulieferern und Subunternehmen.<br />

Sie berichten heutzutage an die breitere Öffentlichkeit<br />

über ihre Nachhaltigkeitsperformance. Viele Mitarbeiter<br />

insbesondere in höheren Rängen größerer Unternehmen sind<br />

offen gegenüber Fragen der Nachhaltigkeit. Innerhalb von<br />

R & D-Abteilungen entwickeln Fachleute Positionen und Werte,<br />

die häufig eng mit jenen wichtiger NGOs in vergleichbaren<br />

Fragen verbunden sind. Zunehmend sind Arbeitgeber mit<br />

einem hohen Nachhaltigkeitsprofil auch besonders attraktiv<br />

für kompetente Fachleute, und umgekehrt.<br />

Die öffentliche Hand kann versuchen, nicht nachhaltige Entwicklungen<br />

zu stoppen, kann aber nur begrenzt Einfluss auf die<br />

Pfade technologischer Entwicklung von solchen Unternehmen<br />

ausüben. Regierungen sollten daher ein Regulierungssystem<br />

entwickeln, das Wettbewerbsvorteile dann entstehen lässt,<br />

wenn Unternehmen nachhaltiger wirtschaften und nicht, wie<br />

derzeit noch allzu oft gegeben, wenn gerade nicht nachhaltig<br />

gewirtschaftet wird. Man kann sich gut vorstellen, dass große<br />

Unternehmen – vielleicht auch unter dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> –<br />

ein Netzwerk formen, das bevorzugte Muster der technologischen<br />

Entwicklung im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit beurteilt. So<br />

ein (globales) Netzwerk würde ein Indikatorensystem liefern,<br />

der Kommunikation dienen, Möglichkeiten für naming, faming<br />

and shaming produzieren. Solch ein Netzwerk wäre aber auch<br />

zu verbinden mit communities der Kunden und NGOs, die in<br />

den Dialog treten und Informationen über unternehmerische<br />

Praktiken sammeln. Crowd Sourcing diente hierbei dem „Faktencheck“,<br />

um sowohl vergleichbare Bewertungsgrundlagen zu<br />

haben als auch Betrug zu entdecken. Die Macht der Kunden<br />

und Konsumenten würde dann voll mobilisiert – in einem<br />

mit Transgovernance verstandenem Regulierungsansatz auch<br />

und insbesondere zum Vorteil der an Transformationen hin zu<br />

mehr Nachhaltigkeit interessierten Unternehmen.<br />

ÜBeR DIe autOReN<br />

Dr. Louis Meuleman und Falk Schmidt arbeiten am Potsdamer Institute for Advanced<br />

Sustainability Studies am Transgov-Projekt. Bis 2010 war Dr. Meuleman<br />

Generälsekretär des niederländischen „Advisory Council for Research on Spatial<br />

Planning, Nature and Environment“ (RMNO) in Den Haag.<br />

56 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

57<br />

Innovation<br />

Innovations-Tools<br />

tOOLs uND BÜCHeR<br />

Fichter, K.; Beucker, S.;<br />

Noack, T.; Springer, S. (2007):<br />

„Entstehungspfade von<br />

Nachhaltigkeitsinnovationen“<br />

nova-net Werkstattreihe, Stuttgart<br />

Online unter www.borderstep.de<br />

vom 19.10.<strong>2011</strong><br />

Louis Meuleman (Hrsg):<br />

„Transgovernance: advancing<br />

Sustainability Governance“<br />

Frankfurt 2012: Springer Verlag<br />

(in Vorbereitung)<br />

antoni-Komar, I.; Lehmann-<br />

Waffenschmidt, M.; Pfriem, R.;<br />

Welsch, H. (2010):<br />

„Wenke 2 – Wege zum nachhaltigen<br />

Konsum“<br />

Metropolis, Marburg<br />

Pfriem, R.; antes, R.; Fichter, K. et al.<br />

(Hrsg. 2006):<br />

„Innovationen für eine Nachhaltige<br />

Entwicklung“<br />

Deutscher Universitäts Verlag,<br />

Wiesbaden<br />

Kauffman Center for Entrepreneurial<br />

Leadership (1999):<br />

„<strong>Global</strong> Entrepreneurship Monitor:<br />

National Entrepreneurship<br />

assessment – United States of<br />

america“<br />

Kansas City, MO<br />

UNEP (2010):<br />

„Driving a Green Economy through<br />

public finance and fiscal policy<br />

reform“<br />

Online unter www.unep.org<br />

vom 17.10.<strong>2011</strong><br />

Behrendt, S.:<br />

„Integriertes Roadmapping“<br />

Springer Verlag, Heidelberg, Berlin,<br />

New York 2010<br />

Timmons, Jeffrey a. (1998):<br />

„america’s Entrepreneurial<br />

Revolution:<br />

The demise of Brontosaurus<br />

Capitalism“<br />

Babson College, F.W. Olin Graduate<br />

School of Business<br />

UNEP (<strong>2011</strong>):<br />

„Towards a Green Economy.<br />

Pathways to Sustainable<br />

Development and Poverty<br />

Eradication.“<br />

Online unter www.unep.org<br />

vom 17.10.<strong>2011</strong><br />

WBGU (<strong>2011</strong>):<br />

„Welt im Wandel.<br />

Gesellschaftsvertrag für eine<br />

Große Transformation“<br />

Hauptgutachten <strong>2011</strong>, Berlin<br />

Online unter www.wbgu.de<br />

vom 19.10.<strong>2011</strong><br />

ZVEI:<br />

„Integrierte Roadmap<br />

automation 2020+:<br />

Zukunftsmärkte und<br />

Technologieanforderungen“<br />

Frankfurt/Main 2010<br />

zu den Themenfeldern Energie, Wasser<br />

und Abwasser sowie Megacities<br />

Loew, T.; Clausen, J.; Hall, M.; Braun,<br />

S. (2009):<br />

„Fallstudien zu CSR und Innovation:<br />

Praxisbeispiele aus <strong>Deutschland</strong> und<br />

den USa“<br />

Berlin, Münster, Hannover<br />

Online unter www.borderstep.de<br />

vom 19.10.<strong>2011</strong><br />

Bundesministerium für<br />

Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorischerheit (BMU Hrsg. 2008):<br />

„Megatrends der Nachhaltigkeit –<br />

Unternehmensstrategie neu denken“<br />

Berlin<br />

Online unter www.borderstep.de<br />

vom 19.10.<strong>2011</strong><br />

Clausen, J.; Fichter, K.; Winter, W.<br />

(<strong>2011</strong>):<br />

„Diffusionsverläufe von<br />

Nachhaltigkeitsinnovationen:<br />

eine empirische analyse von 100<br />

Diffusionsfällen“<br />

Berlin<br />

Online unter www.borderstep.de<br />

ab Anfang 2012


Best Practice<br />

Menschenrechte<br />

ABB<br />

Bertelsmann<br />

Deutsche Post DHl<br />

entwicklUng & PArtnerschAft<br />

GIZ<br />

lavaris Technologies<br />

Merck<br />

csr MAnAgeMent<br />

Cewe Color<br />

Daimler<br />

ernst & Young<br />

HypoVereinsbank<br />

PwC<br />

Volkswagen<br />

wilkhahn<br />

Für die redaktionellen Beiträge dieser rubrik sind ausschließlich die unternehmen und ihre Autoren selbst verantwortlich.<br />

ArbeitsnorMen<br />

evonik<br />

MAN<br />

TeCTuM Group<br />

UMweltschUtz<br />

BASF<br />

Bayer<br />

Bosch<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Deutsche Telekom<br />

enBw<br />

FAI rent-a-jet<br />

Forest Carbon Group<br />

Heraeus<br />

HoCHTIeF<br />

Miele<br />

rwe<br />

ABB<br />

BASF<br />

Bayer<br />

Bertelsmann<br />

Bosch<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Cewe Color<br />

Daimler<br />

Deutsche Post DHl<br />

Deutsche Telekom<br />

enBw<br />

ernst & Young<br />

evonik<br />

FAI rent-a-jet<br />

Forest Carbon Group<br />

GIZ<br />

Heraeus<br />

HoCHTIeF<br />

HypoVereinsbank<br />

lavaris Technologies<br />

MAN<br />

Merck<br />

Miele<br />

PwC<br />

rwe<br />

TeCTuM Group<br />

Volkswagen<br />

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114<br />

wilkhahn


ABB<br />

Kontinuierliches<br />

Mitarbeiterengagement<br />

hilft<br />

Menschen in Not<br />

Von Alexander Vogler<br />

Verantwortungsvolles Handeln ist Teil der ABB-unternehmensstrategie.<br />

So fördert die deutsche ABB aktiv das soziale<br />

engagement ihrer Mitarbeiter. Bei Spendenaktionen im rahmen<br />

humanitärer Hilfe beispielsweise verdoppelt das unternehmen<br />

den von den Mitarbeitern eingebrachten Betrag. Bereits<br />

seit 2004 unterstützt ABB die Hilfsorganisation CAre.<br />

„Alleine in den vergangenen zwei Jahren<br />

organisierte ABB <strong>Deutschland</strong> drei<br />

Spendenaktionen: für die Opfer des Erdbebens<br />

in Haiti, für die Betroffenen der<br />

Flutkatastrophe in Pakistan und für die<br />

Erdbeben- und Tsunamiopfer in Japan.<br />

„Das Außergewöhnliche bei ABB ist das<br />

kontinuierliche Mitarbeiterengagement“,<br />

sagt Dr. Anton Markmiller, Generalsekretär<br />

von CARE <strong>Deutschland</strong>-Luxemburg<br />

e.V. „Diese Solidarität ist beeindruckend!“<br />

Soziale, ökologische und ökonomische<br />

Ziele miteinander in Einklang zu<br />

bringen, bestimmt das Handeln von<br />

ABB. „Wir helfen unseren Kunden mit<br />

marktgerechten Produkten und Dienstleistungen,<br />

ihre Leistung zu verbessern<br />

und gleichzeitig die Umweltbelastung<br />

zu reduzieren“, so Personalchef Volker<br />

Barzyk. „Darüber hinaus setzen wir alles<br />

daran, unserer sozialen Verantwortung<br />

gerecht zu werden.“<br />

Um Menschen in verheerenden Notsituationen<br />

effektiv und spürbar zu helfen,<br />

greift das Unternehmen auf sein seit<br />

vielen Jahren bewährtes Spendenkon-<br />

zept zurück. Im Kern sieht dies vor, dass<br />

die deutsche ABB den von den Mitarbeitern<br />

gespendeten Betrag aufrundet<br />

und verdoppelt. „Oft ist es sogar so, dass<br />

viele Mitarbeiter schon privat gespendet<br />

haben und die Verdopplung der Spende<br />

durch den Arbeitgeber sie motiviert,<br />

einen weiteren Beitrag zu leisten“, sagt<br />

Wilhelm Kuper, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats<br />

von ABB <strong>Deutschland</strong><br />

und einer der Geschäftsführer der ABB<br />

Unterstützungseinrichtung (UE), über<br />

die die Hilfsaktionen koordiniert werden.<br />

Die Aktionen werden grundsätzlich<br />

kommunikativ begleitet. Regelmäßige<br />

Beiträge im firmeneigenen Intranet informieren<br />

über den aktuellen Spendenstand<br />

und den Verwendungszweck der<br />

Gelder. Die hohe Spendenbereitschaft<br />

erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass<br />

die Mitarbeiter wissen, dass das Geld da<br />

ankommt, wo es gebraucht wird.<br />

Bereits seit acht Jahren arbeitet ABB<br />

mit CARE zusammen. „Über die Zeit<br />

hinweg hat sich ein Vertrauensverhält-<br />

nis zwischen beiden Seiten aufgebaut“,<br />

so Kuper. „Wir wissen, wie gut diese<br />

Hilfsorganisation aufgestellt ist. CARE<br />

setzt die Spendengelder effizient ein<br />

und bewirkt damit nachhaltig Gutes“,<br />

ergänzt Barzyk. So zum Beispiel auch<br />

in Haiti, Pakistan und Japan, wo große<br />

Katastrophen bis heute Spuren der Zerstörung<br />

hinterlassen und viele Menschen<br />

um ihr Hab und Gut gebracht haben.<br />

Das Erdbeben in Haiti im Januar 2010<br />

forderte mehr als 220.000 Tote, über 1,5<br />

Millionen Menschen wurden obdachlos.<br />

Einige Monate später brach zudem die<br />

Cholera aus und verbreitet sich rasend<br />

schnell im ganzen Land. Nothilfe und<br />

Wiederauf bau gehen Hand in Hand:<br />

Während CARE die Menschen dabei unterstützt,<br />

sanitäre Einrichtungen, Übergangshäuser<br />

oder Schulen zu bauen,<br />

werden an Cholera erkrankte Menschen<br />

in Gesundheitszentren versorgt.<br />

Die ABB-Mitarbeiter unterstützten CARE<br />

mit Spenden in Höhe von insgesamt<br />

25.336,12 Euro. Der Arbeitgeber ließ<br />

CARE insgesamt 52.000 Euro zukommen.<br />

60 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

61<br />

Best Practice<br />

In Pakistan sind über 14 Millionen Menschen<br />

von der Flutkatastrophe betroffen,<br />

die sich Mitte 2010 ereignete. CARE<br />

konzentriert sich hier vor allem auf die<br />

medizinische Versorgung der Bevölkerung<br />

und den Wiederauf bau des Landes. Die<br />

Hilfsorganisation hilft mit Notunterkünften,<br />

Medikamenten, Lebensmitteln, Trinkwasser,<br />

schafft neue Einkommensquellen,<br />

etabliert Zentren zur Traumabewältigung<br />

und fördert die Landwirtschaft. Die Mitarbeiter<br />

von ABB und das Unternehmen<br />

insgesamt setzten mit 35.000 Euro ihr<br />

Zeichen für Humanität.<br />

In Japan verwüsteten ein Erdbeben und<br />

ein folgender Tsunami im März <strong>2011</strong><br />

einen großen Teil der Ostküste. Über das<br />

havarierte Atomkraftwerk Fukushima ist<br />

fast in Vergessenheit geraten, dass noch<br />

heute zehntausende Menschen unter<br />

den Folgen der Naturkatastrophe leiden<br />

und in Notunterkünften leben müssen.<br />

CARE versorgt Betroffene mit Lebensmitteln,<br />

Hygiene-Paketen, Küchenutensilien,<br />

Matratzen und Decken. Ferner werden<br />

soziale Einrichtungen wie Schulen und<br />

Heime mit Transportdiensten, Rollstühlen<br />

und anderen Gerätschaften unterstützt.<br />

54.000 Euro waren das Ergebnis<br />

der Japan-Spendenaktion bei ABB.<br />

„Ich danke den Mitarbeitern und dem<br />

Management für ihre großartige Unterstützung<br />

über all die Jahre hinweg“, so<br />

CARE-Generalsekretär Markmiller. „Ich<br />

wünsche mir, dass ABB weiterhin unsere<br />

Arbeit unterstützt, denn gemeinsam<br />

können wir viel bewegen!“<br />

Links: Über 14 Millionen Menschen<br />

in Pakistan waren von den schweren<br />

Überflutungen im Sommer 2010 betroffen.<br />

Mit mobilen Kliniken versorgte CAre die<br />

Bevölkerung in entlegenen Gebieten und<br />

konnte so dem Ausbruch von Seuchen<br />

vorbeugen.<br />

CAre ABB<br />

CAre <strong>Deutschland</strong>-luxemburg<br />

e.V.: CAre wurde 1945 in den uSA<br />

gegründet, um Hunger und Ver-<br />

zweiflung in europa mit mehr als<br />

100 Millionen CAre-Paketen<br />

zu lindern. Heute ist CAre eine<br />

international tätige Hilfsorganisation.<br />

unabhängig von<br />

politischer Anschauung, reli-<br />

giösem Bekenntnis oder ethnischer<br />

Herkunft setzt CAre sich<br />

weltweit für Not leidende, arme<br />

und ausgegrenzte Bevölkerungs-<br />

gruppen ein. Mit Projekten zur<br />

langfristigen entwicklung werden<br />

die ursachen der Armut bekämpft.<br />

Mitte: Nach dem verheerenden<br />

erdbeben in Haiti im Januar 2010 verteilte<br />

CAre unmittelbar Hygiene-Pakete an die<br />

obdachlosen Menschen. Sie enthielten<br />

Seife, wasserbehälter und das Nötigste, um<br />

in den Zeltlagern gesund zu bleiben.<br />

Rechts: Tausende Menschen wurden durch<br />

den Tsunami in Japan obdachlos. CAre bot<br />

in evakuierungszentren warme Mahlzeiten<br />

an und leistete psychosoziale unterstützung,<br />

vor allem für Kinder und Frauen.<br />

ABB in <strong>Deutschland</strong> erzielte<br />

im Jahr 2010 einen umsatz<br />

von 3,03 Milliarden euro und<br />

beschäftigte zum 30. Juni <strong>2011</strong><br />

knapp 10.000 Mitarbeiter. ABB<br />

ist führend in der energie- und<br />

Automationstechnik. Das<br />

unternehmen ermöglicht<br />

seinen Kunden in der<br />

energieversorgung, der<br />

Industrie und im Handel, ihre<br />

leistung zu verbessern und die<br />

umweltbelastung zu reduzieren.<br />

Der ABB-Konzern beschäftigt<br />

etwa 130.000 Mitarbeiter in rund<br />

100 ländern.


BASF<br />

weltweit für den<br />

Klimaschutz<br />

wird in den nächsten Jahren in die entsprechenden Technologien investiert, lassen sich laut<br />

weltklimarat im Jahr 2030 global rund 31 Milliarden Tonnen Co 2 -emissionen vermeiden.<br />

Die chemische Industrie bietet bereits heute Produkte und lösungen für Klimaschutz und<br />

energieeffizienz in zahlreichen unterschiedlichen Bereichen. Forschung und entwicklung spielen<br />

für die entwicklung künftiger Technologien eine wesentliche rolle: Bei BASF fließen derzeit<br />

beispielsweise etwa ein Drittel der Forschungs- und entwicklungsinvestitionen in Produkte und<br />

Technologien zur Steigerung der energieeffizienz.<br />

Von Dr. Cordula Mock-Knoblauch und Antje Schabacker<br />

Vielfältige Chancen für Unternehmen<br />

bieten energieeffiziente sowie ressourcenschonende<br />

Produktionsprozesse –<br />

und Produkte, die helfen, das Klima<br />

zu schützen. Die BASF-Produkte für<br />

den Klimaschutz vermeiden bei ihrer<br />

BASF Co 2 -Bilanz 2010<br />

Wir reduzieren<br />

Emissionen entlang der<br />

Wertschöpfungskette.<br />

Emissionen entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette (Mio. t CO 2 e/a):<br />

Verwendung mindestens doppelt so<br />

viele Emissionen wie sie durch ihre<br />

Herstellung und Entsorgung verursachen.<br />

So unterstützt BASF ihre Kunden<br />

bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen.<br />

Ob Energiegewinnung,<br />

Weitere Quellen 3<br />

Transport 4<br />

Entsorgung 29<br />

Nutzung von<br />

BASF-Endprodukten 56<br />

BASF Produktion 25<br />

Rohstoffe 43<br />

CO 2 e-Emissionen BASF Produktion (GHG Protocol Scope 1&2)<br />

CO 2 e-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (GHG Protocol Scope 3)<br />

Mobilität oder Wohnungsbau: Die in<br />

2010 verkauften Produkte reduzieren<br />

die Treibhausgasemissionen von BASF-<br />

Kunden von 1.720 Millionen Tonnen auf<br />

rund 1.400 Millionen Tonnen – also<br />

etwa 320 Millionen Tonnen vermiedene<br />

Wir helfen unseren Kunden,<br />

ihren „CO 2 -Footprint“ zu<br />

verkleinern.<br />

Emissionsvermeidungen:<br />

322 Mio. t CO 2 e/a<br />

CO 2 e-Emissionen bei Kunden (Mio. t CO 2 e/a):<br />

Ohne Nutzung der BASF Produkte: 1720<br />

Mit Nutzung der BASF Produkte: 1398<br />

62 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

63<br />

Best Practice<br />

Klimaschutz: Bei BASF ein bedeutender Teil der<br />

Strategie<br />

Seit 2008 hat BASF als erstes global tätiges Industrieunternehmen einen<br />

Klimaschutzbeauftragten. Der leiter des Kompetenzzentrums umwelt,<br />

Gesundheit & Sicherheit, Dr. ulrich von Deessen, ist Mitglied im Nachhaltigkeitsrat<br />

der BASF und koordiniert weltweit alle Klimaschutz-bezogenen<br />

unternehmensaktivitäten. „Klimaschutz ist als eine der zentralen<br />

gesellschaftlichen und unternehmerischen Herausforderungen ein integraler<br />

Bestandteil der BASF-Nachhaltigkeitsstrategie“, sagt von Deessen.<br />

Emissionen. Mit rund 260 Millionen<br />

Tonnen leisten Produkte für den Sektor<br />

Bauen und Wohnen wie zum Beispiel<br />

Dämmstoffe und Beton-Additive dabei<br />

den größten Beitrag.<br />

Auch in der eigenen Produktion ist<br />

nachhaltiges, verantwortungsvolles<br />

Wirtschaften wichtiger Bestandteil der<br />

BASF-Unternehmensstrategie. Über die<br />

gesetzlichen Vorgaben hinaus engagiert<br />

sich das Chemieunternehmen seit Langem<br />

mit globalen Zielen für energieeffiziente<br />

und ressourcenschonende Produktionsprozesse.<br />

Den wesentlichen Beitrag der<br />

BASF zur weltweiten Reduktion von Treibhausgasemissionen<br />

zeigt die CO 2 -Bilanz.<br />

CO 2 -Bilanz der BASF<br />

Als weltweit erstes Unternehmen veröffentlicht<br />

BASF seit 2008 regelmäßig eine<br />

umfassende CO 2 -Bilanz. Sie verdeutlicht,<br />

wie viele Treibhausgase ausgestoßen,<br />

aber auch vermieden werden. „Dazu<br />

erfassen wir nicht nur die Emissionen<br />

an den eigenen Standorten, sondern<br />

zum Beispiel auch jene, die bei unseren<br />

Lieferanten durch die Herstellung der<br />

Rohstoffe und Vorprodukte entstehen.<br />

Links: Der blaue Fußabdruck stellt<br />

alle Co -emissionen entlang der BASF-<br />

2<br />

wertschöpfungskette dar. Der orangefarbende<br />

Fußabdruck zeigt, dass sich durch<br />

die Nutzung der im Jahr 2010 verkauften<br />

BASF-Produkte für den Klimaschutz der<br />

Co -Fußabdruck der Kunden merklich<br />

2<br />

verkleinert.<br />

Wir berücksichtigen die gesamte Wertschöpfungskette“,<br />

erläutert Ulrich von<br />

Deessen, Leiter des Kompetenzzentrums<br />

Umwelt, Gesundheit & Sicherheit und<br />

Klimaschutzbeauftragter bei BASF (siehe<br />

auch Kasten).<br />

Die Berichterstattung basiert auf dem<br />

„Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting<br />

and Reporting Standard“ der<br />

Greenhouse Gas Protocol Initiative. Im<br />

Rahmen dieser Initiative haben Nachhaltigkeitsexperten<br />

aus mehr als 60<br />

Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen<br />

unter der Leitung des<br />

World Business Council for Sustainable<br />

Development sowie des World Resources<br />

Institute in einem mehrjährigen<br />

Prozess den Standard, der im Oktober<br />

<strong>2011</strong> veröffentlich wurde, erarbeitet.<br />

Die BASF-Experten haben ihr Know-how<br />

aus der Entwicklung der Methodik zur<br />

Erstellung der CO 2 -Bilanz eingebracht.<br />

„Mit der CO 2 -Bilanz machen wir unsere<br />

Leistungen beim Klimaschutz messbar<br />

und können unsere Aktivitäten effektiv<br />

steuern“, so von Deessen. „Kunden,<br />

Aktionäre und die breite Öffentlichkeit<br />

können nachvollziehen, wie wir die<br />

Treibhausgaseffizienz unserer Aktivitäten<br />

entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />

steigern und welchen Beitrag<br />

unsere Produkte zum Schutz des Klimas<br />

leisten.“<br />

Anspruchsvolle Ziele für die Zukunft<br />

Um als energieintensives Industrieunternehmen<br />

ökologische und wirtschaftliche<br />

Vorteile zu verbinden, ist für BASF eine<br />

Energie- und Treibhausgas-effiziente<br />

Produktion zentraler Schlüssel zum Erfolg.<br />

BASF setzt sich darum seit 2002<br />

globale Ziele für Energieeffizienz und<br />

Klimaschutz. So soll die Energieeffizienz<br />

der Produktionsprozesse bis zum<br />

Jahr 2020, verglichen mit 2002, um 25<br />

Prozent verbessert werden. 23 Prozent<br />

konnten bereits in 2010 erreicht werden.<br />

Zugleich sollen die spezifischen<br />

Emissionen von Treibhausgasen pro<br />

Tonne Verkaufsprodukt um mindestens<br />

25 Prozent sinken. Dieses Ziel wurde in<br />

2010 erstmals erreicht. Neue Ziele zur<br />

Reduktion der Emission von Treibhausgasen<br />

werden darum derzeit erarbeitet.<br />

Die wichtigsten Beiträge zur Steigerung<br />

der Treibhausgaseffizienz sind BASFeigene<br />

Katalysatoren, die in Anlagen<br />

klimaschädliche Gase zersetzen sowie<br />

die hocheffiziente Energieerzeugung<br />

und -nutzung. Die zur eigenen Energieerzeugung<br />

überwiegend genutzten<br />

Gas- und Dampfturbinen in Kraft-Wärme-<br />

Kopplungsanlagen erzeugen Energie mit<br />

einem Wirkungsgrad von nahezu 90 Pro-<br />

zent. Die Kopplung von Produktionsanlagen<br />

im Verbundsystem der BASF ermöglicht<br />

die Nutzung von überschüssiger<br />

Wärme in einer Anlage zur Beheizung<br />

eines Prozesses in einer anderen Anlage.<br />

Die wesentlichen Zukunftsthemen beim<br />

Klimaschutz sind für BASF die Weiterentwicklung<br />

des Klimaschutz-Produktportfolios<br />

und die Reduktion der Treibhausgasemissionen<br />

entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette. „Bei unseren Be-<br />

mühungen zur Emissionsreduktion entlang<br />

der gesamten Wertschöpfungskette<br />

nimmt die Logistik derzeit einen Schwerpunkt<br />

ein. Zudem analysieren wir die<br />

Emissionen, die mit dem Einkauf von<br />

Rohstoffen und Vorprodukten verbunden<br />

sind“, betont von Deessen.


BAYer<br />

Intelligente Technologien<br />

für den Klimaschutz<br />

Klimaschutz und ressourcenschonung stellen die welt vor große Herausforderungen. Innovative<br />

lösungen für effizientere ressourcennutzung und reduktion von Treibhausgasemissionen<br />

sind Beispiele, wie Bayer Verantwortung für Klima und umwelt übernimmt. Mit seinem einsatz<br />

für die entwicklung umweltfreundlicher Technologien unterstützt unser unternehmen die umweltprinzipien<br />

des uN<strong>GC</strong>. ein aktuelles Projekt betrifft die Nutzung des Treibhausgases Co 2 als<br />

rohstoff für die Kunststoffherstellung.<br />

Von Dr. Wolfgang Große Entrup<br />

Jahr für Jahr erreicht die Kohlendioxid-<br />

Konzentration in der Atmosphäre einen<br />

neuen Höchstwert. Vor dem Hintergrund<br />

des drohenden Klimawandels ist daher<br />

jede Maßnahme wertvoll, die hilft, weitere<br />

CO 2 -Emissionen in die Atmosphäre<br />

zu vermeiden.<br />

Genau das gelingt uns in einem aktuellen<br />

Projekt. Mehr noch: Gemeinsam mit<br />

Partnern gehen wir dabei noch einen<br />

Schritt weiter. Wir helfen nicht nur,<br />

Emissionen zu verhindern. Wir zeigen<br />

darüber hinaus sogar, dass man aus dem<br />

Abgas CO 2 einen Rohstoff machen kann.<br />

Wir nutzen ihn für die Herstellung eines<br />

Vorprodukts hochwertiger Polyurethane.<br />

Dieser vielseitig verwendbare Werkstoff<br />

findet sich in zahlreichen Gegenständen<br />

des täglichen Lebens – in Sitzmöbeln,<br />

eine realistische Zukunftsvision: Polster für<br />

Matratzen aus Schaum, der unter anderem<br />

aus Kohlendioxid produziert wird.<br />

Matratzen und Leichtbauteilen ebenso<br />

wie in Lacken, Klebstoffen oder hocheffizienten<br />

Dämmstoffen.<br />

Um das klimaschädliche Kohlendioxid<br />

als Rohstoff für hochwertige Materialien<br />

nutzbar zu machen, war zuvor allerdings<br />

ein historischer technologischer Durchbruch<br />

nötig. Bis vor kurzem war es nämlich<br />

extrem energieaufwändig, CO 2 für<br />

die Polymer-Synthese zu nutzen. Unter<br />

Chemikern galt dieses Unterfangen daher<br />

jahrzehntelang als „Traumreaktion“.<br />

Ein Traum wird Wirklichkeit<br />

Doch dann gelang Bayer-Forschern ein<br />

wichtiger Schritt in der Katalyseforschung.<br />

Im Rahmen des Projekts „Dream<br />

Reaction“ fanden sie einen Katalysator,<br />

der die Verwendung von CO 2 in Kunststoffprodukten<br />

erst möglich macht. Zusammen<br />

mit Partnern von der RWTH<br />

Aachen und vom CAT Catalytic Center<br />

in Aachen wurde die einstige Traumreaktion<br />

damit schließlich Wirklichkeit.<br />

Inzwischen läuft das Folgeprojekt:<br />

„Dream Production“ – eine Gemeinschaftsinitiative<br />

von Chemieindustrie<br />

und Energiewirtschaft, eine Kooperation<br />

von Wissenschaft und Wirtschaft. Das<br />

ungewöhnliche Konsortium bildet in<br />

einzigartiger Weise die gesamte Wertschöpfungskette<br />

ab – vom Rohstoff hin<br />

zum fertigen Produkt. Unter der Projektleitung<br />

von Bayer können Synergien in<br />

Bereichen wie Rohstoffverfügbarkeit<br />

und Katalyse so ideal genutzt werden.<br />

Der Teilkonzern Bayer MaterialScience<br />

betreibt seit Februar <strong>2011</strong> im Chempark<br />

Leverkusen eine Pilotanlage, in der CO 2<br />

mithilfe des Katalysators in ein chemisches<br />

Vorprodukt für Polyurethane eingebaut<br />

wird. Das Kohlendioxid stammt<br />

aus dem Abgas eines Kohlekraftwerks<br />

des Projektpartners RWE Power AG. Das<br />

Unternehmen trennt das CO 2 dafür mit-<br />

64 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

65<br />

Best Practice<br />

tels der sogenannten Rauchgaswäsche<br />

ab. Die Folge: Das klimaschädliche Gas<br />

entweicht nicht mehr in die Atmosphäre.<br />

Und es dient sogar noch als Rohstoff für<br />

Polyurethan-Produkte.<br />

Der Gewichtsanteil des Kohlendioxids<br />

in dem Polyurethan-Vorprodukt liegt<br />

deutlich im zweistelligen Prozentbereich.<br />

Üblicherweise basiert diese Vorstufe auf<br />

chemischen Grundstoffen, die aus Erdöl<br />

oder Erdgas gewonnen werden. In dem<br />

Maße, in dem das Kohlendioxid genutzt<br />

wird, können also fossile Rohstoffe eingespart<br />

werden. Ein echter Beitrag zur<br />

Ressourcenschonung.<br />

Und natürlich ein Beitrag zum Klimaschutz.<br />

Allerdings darf dieser auch<br />

nicht überschätzt werden. Denn die<br />

Mengen CO 2 , die auf diese Art und<br />

Weise produktiv genutzt werden, sind<br />

vor dem Hintergrund der weltweiten<br />

Treibhausgas-Emissionen relativ gering.<br />

Gleichwohl ist die Dream Production ein<br />

erster wichtiger Schritt bei der industriellen<br />

Verwertung von CO 2 in chemischen<br />

Produkten. Und es geht bereits weiter.<br />

Inzwischen versuchen Bayer-Forscher,<br />

Kohlendioxid auch für die Synthese eines<br />

weiteren Vorprodukts (Isocyanat) von<br />

Polyurethanen zu verwenden.<br />

Weniger Strom für die<br />

Chlorherstellung<br />

Eine andere Technologieverbesserung hilft<br />

ebenfalls, CO 2 -Emissionen zu reduzieren.<br />

Und auch dabei war Bayer der maßgebliche<br />

Initiator. Es geht um die Herstellung<br />

von Chlor. Dieser in der chemischen Industrie<br />

außerordentlich wichtige Rohstoff<br />

wird insbesondere für die Produktion von<br />

Kunststoffen benötigt. Doch die Chlorherstellung<br />

gehört zu den energieintensivsten<br />

chemischen Prozessen. So verschlingt der<br />

dazu benötigte Strom etwa die Hälfte der<br />

Produktionskosten.<br />

Schon vor einigen Jahren machte Bayer<br />

gemeinsam mit Partnern die elektrolytische<br />

Chlorgewinnung aus Salzsäure<br />

deutlich energieeffizienter. Mit Hilfe der<br />

sogenannten Sauerstoffverzehrkathoden-<br />

Technologie gelang es, den Strombedarf<br />

– und damit auch die CO 2 -Emissionen –<br />

um 30 Prozent zu senken. Nach einer<br />

Pilotanlage in Brunsbüttel haben wir<br />

mittlerweile in China eine großtechnische<br />

Anlage in Betrieb genommen.<br />

Bayer testet die Herstellung von<br />

Kunststoffen mithilfe von Co . In dieser<br />

2<br />

neuen Pilotanlage im Stammwerk<br />

in leverkusen wird das Co in einen<br />

2<br />

chemischen rohstoff eingebunden.<br />

Und inzwischen ist es sogar gelungen,<br />

diese Technologie auch auf das mengenmäßig<br />

bedeutendste Verfahren für<br />

die Chlorherstellung zu übertragen: auf<br />

die Elektrolyse von Kochsalz. Auch dort<br />

gelingt es nun, den Stromverbrauch –<br />

und damit die Treibhausgasemissionen<br />

– um bis zu 30 Prozent zu reduzieren.<br />

Eine erste großtechnische Anlage ging<br />

<strong>2011</strong> an unserem Standort in Krefeld-<br />

Uerdingen in Betrieb.<br />

Käme diese Technologie in ganz <strong>Deutschland</strong><br />

flächendeckend zum Einsatz, ließe<br />

sich allein dadurch so viel elektrische<br />

Energie einsparen, wie die gesamte Millionenstadt<br />

Köln benötigt. Noch größer<br />

ist das globale Potenzial. Schließlich<br />

werden derzeit weltweit jedes Jahr rund<br />

60 Millionen Tonnen Chlor hergestellt.<br />

Entsprechend hoch sind die energiebedingten<br />

Treibhausgas-Emissionen. Wir<br />

werden unser neues Verfahren daher<br />

auch anderen Chlorproduzenten anbieten,<br />

um hier zu einem möglichst großen<br />

Einspareffekt zu verhelfen.<br />

Innovation fördert nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

Die Herausforderungen, die noch vor uns<br />

liegen, sind groß. Doch unsere Erfolge in<br />

der Vergangenheit haben gezeigt, dass<br />

wir mit vielen kleinen Schritten etwas<br />

erreichen können. Auch unsere Kooperationen<br />

und Partnerschaften rund um<br />

Forschung und Entwicklung bilden eine<br />

entscheidende Grundlage, um global<br />

umweltfreundliche Technologien und<br />

klimagerechtere Lösungen mit jeweils<br />

spezifischer regionaler Wirkung zu entwickeln.<br />

Viele Ideen und Projekte stecken erst in<br />

den Kinderschuhen. Aber wir sind auf<br />

dem Weg! Und so viel ist klar: Ohne weitere<br />

Innovationen wird es nicht gehen,<br />

wenn wir in unserem Tun nachhaltiger<br />

werden wollen. Und genau an diesen Innovationen<br />

wird Bayer weiter forschen.


BerTelSMANN<br />

orchester der<br />

leseförderung<br />

Gemeinsam mit der Stiftung lesen und dem Goethe-Institut<br />

konzipierte die Bertelsmann AG 2010 eine bundesweit einzigartige<br />

leseförder-Initiative: „lesespaß“ in Gütersloh. Bewährte<br />

und innovative Maßnahmen werden modular miteinander<br />

verzahnt, um mit einem ganzheitlichen Ansatz größtmögliche<br />

effekte zu erzielen. Schon nach einem Jahr steht fest: Das<br />

Konzept geht auf – und empfiehlt sich zur Nachahmung.<br />

Von Stephan Knüttel<br />

Lesen ist auch im Zeitalter des Internets<br />

die Grundlage für Kommunikationskompetenz:<br />

Nur wer lesen kann, kann im<br />

Beruf mithalten und an der Gesellschaft<br />

teilhaben. Angesichts dieser Tatsache ist<br />

es erschreckend, dass es in <strong>Deutschland</strong><br />

7,5 Mio. funktionale Analphabeten gibt.<br />

Jeder vierte Deutsche liest nicht einmal ein<br />

einziges Buch pro Jahr und die PISA-Studie<br />

(2001-2009) ergab, dass ein Fünftel aller<br />

Jugendlichen überhaupt nicht lesen kann.<br />

Diesem Zustand versuchen Bertelsmann AG,<br />

Stiftung Lesen und Goethe-Institut mit<br />

der gemeinsamen Initiative „Lesespaß“<br />

entgegenzuwirken. Zu ihrem 175. Firmengeburtstag<br />

hat die Bertelsmann AG<br />

die Initiative der Stadt Gütersloh zum<br />

Geschenk gemacht, um den „Lesespaß“ am<br />

Stammsitz von Bertelsmann zu steigern.<br />

Das Besondere an der Initiative ist die<br />

zeitliche und räumliche Konzentration<br />

vieler aufeinander auf bauender Lesefördermaßnahmen<br />

für verschiedenste<br />

Zielgruppen – ein Orchester der Leseförderung.<br />

Dabei richtet sich das Programm<br />

besonders an so genannte leseferne<br />

Schichten, also beispielsweise Familien<br />

mit Migrationshintergrund oder Haushalte<br />

mit formal niedriger Bildung. Um<br />

diese Zielgruppen zu erreichen, geht die<br />

Initiative unterschiedlichste Wege: „Wir<br />

nutzen auch ungewöhnliche Herangehensweisen<br />

wie Theaterspiel, Lesungen<br />

mit Liegestützen und Rap-Musik, um die<br />

Lesefreude zu wecken und zu fördern“, erklärt<br />

Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des<br />

Goethe-Instituts. Den ganzheitlichen Ansatz<br />

stärkt, dass eng mit Partnern vor Ort<br />

zusammengearbeitet wird, beispielsweise<br />

66 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

67<br />

Best Practice<br />

Links: lesen macht Spaß – dies versucht<br />

die Initiative in verschiedenen Projekten zu<br />

vermitteln.<br />

Unten: rTl-Moderatorin Nina Moghaddam<br />

gab 2010 bei einem großen Kinderfest den<br />

Startschuss zur Initiative „lesespaß“.<br />

mit Schulen, Kindertagesstätten, Sportvereinen,<br />

Kinder- und Jugendärzten sowie<br />

den Institutionen der Stadt Gütersloh.<br />

„Eine Vielzahl an Förderprojekten ist gut<br />

– ihr systematisches Zusammenspiel ungleich<br />

besser. Das belegt eindrucksvoll<br />

die Initiative ‚Lesespaß‘ in Gütersloh: Als<br />

konzertierte Aktion bündelt sie rund 25<br />

Projekte und erreicht damit insbesondere<br />

leseferne Zielgruppen“, so Jörg Maas,<br />

Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen.<br />

Die Projekte decken dabei ein breites<br />

Spektrum ab: So heißt es beispielsweise<br />

jeden Monat „Eintritt frei“ in den<br />

Gütersloher Kinos, wenn aktuelle und<br />

altbekannte Literaturverfilmungen für<br />

Familien mit Kindern gezeigt werden.<br />

Mehr als ein Dutzend Unternehmen<br />

bieten wöchentlich eine fürs abendliche<br />

Vorlesen geeignete Geschichte an. Und<br />

als Unterstützung des ehrenamtlichen<br />

Vorlese-Engagements in Kitas und Schulen<br />

wurden bereits über 100 Vorlesepaten<br />

ausgebildet, zum Teil sogar zweisprachig.<br />

Schüler können sich schon ab der fünften<br />

Klasse zu Lesescouts ausbilden lassen<br />

und eigene Leseaktionen an ihren Schulen<br />

anbieten. Leseförderungs-Profis wie<br />

Lehrkräfte und Erzieherinnen erhalten<br />

durch Fortbildungen die Möglichkeit,<br />

sich neues Know-how anzueignen. Zum<br />

Start der Initiative gab es ein großes<br />

Kinderfest in der Gütersloher Stadtbibliothek,<br />

das von RTL-Moderatorin Nina<br />

Moghaddam moderiert wurde.<br />

Wie erfolgreich das Zusammenspiel<br />

all dieser verschiedenen Maßnahmen ist,<br />

lässt sich dabei in Zahlen messen: Obwohl<br />

das Lese-Niveau in Gütersloh verglichen<br />

mit dem Bundesschnitt auch vor dem Start<br />

der Initiative schon relativ hoch war, hat<br />

„Lesespaß“ die Begeisterung fürs Lesen in<br />

der Stadt noch einmal gesteigert. So sagten<br />

beispielsweise im Sommer dieses Jahres<br />

76 Prozent der Eltern in Gütersloh, ihre<br />

Kinder „lesen gern Bücher“. 2010 waren<br />

es bei den Eltern 6- bis 9-Jähriger noch<br />

68 Prozent. Positive Signale in punkto<br />

Lesebegeisterung zeigten sich darüber<br />

hinaus gerade bei Familien aus lesefer-<br />

nen Schichten. Von dem großen Erfahrungsschatz<br />

der Projektpartner sollen<br />

nun auch Kinder und Jugendliche aus<br />

anderen Regionen profitieren. „Die Erfolge<br />

bestärken uns in der Ansicht, mit<br />

‚Lesespaß‘ ein Projekt initiiert zu haben,<br />

das Modell für andere Städte sein kann“,<br />

sagt Barbara Kutscher, Projektleiterin „Lesespaß“<br />

bei Bertelsmann. Und genau dafür<br />

ist „Lesespaß“ auch konzipiert worden<br />

– als Blaupause für weitere Städte und<br />

Kommunen.<br />

In Gütersloh jedenfalls ist der „Lesespaß“<br />

noch lange nicht vorbei: Aufgrund<br />

der messbaren Erfolge der Initiative werden<br />

Bertelsmann und seine beiden Partner,<br />

die Stiftung Lesen und das Goethe-<br />

Institut, die erfolgreichsten Aktivitäten<br />

zur Leseförderung auch nach Juni 2012<br />

fortführen. Ursprünglich war „Lesespaß“<br />

auf eine Dauer von zwei Jahren angelegt.<br />

„‚Lesespaß‘ hat unsere Erwartungen<br />

übertroffen. Kinder in Gütersloh haben<br />

heute nachweislich mehr Lust am Lesen<br />

Starke Partner:<br />

als vor einem Jahr – da ist es für uns als<br />

Medienkonzern selbstverständlich, ein<br />

so erfolgreiches Projekt fortzuführen“,<br />

so Barbara Kutscher. Dementsprechend<br />

werden viele der einzelnen Maßnahmen<br />

weitergehen, was besonders Kinder und<br />

Jugendliche freuen dürfte. Für „Lesespaß“<br />

kann es jedenfalls kein größeres Lob<br />

geben, als wenn – wie bei einer Veranstaltung<br />

mit dem Kinderbuchautor<br />

Armin Pongs geschehen – ein Junge<br />

begeistert erklärt: „Ich habe extra mein<br />

Fußballtraining ausfallen lassen – und<br />

es hat sich gelohnt.“<br />

Die Bertelsmann AG kooperiert als Initiatorin von „lesespaß“ bei der Initiative<br />

mit zwei starken und kompetenten Partnern im Bereich der lese- und Sprachförderung:<br />

der Stiftung lesen und dem Goethe-Institut.<br />

Die Stiftung lesen entwickelt Projekte, um das lesen in der Medienkultur zu<br />

stärken. Als „Bewegung für das lesen“ ist es ihr Ziel, lesefreude zu wecken<br />

und so lesekompetenz zu vermitteln. Mit zahlreichen Projektideen bringt sie<br />

sich in die „lesespaß“-Initiative ein.<br />

Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong>. Die weltweit rund 150 Institute fördern die Kenntnis der<br />

deutschen Sprache im Ausland und pflegen die internationale kulturelle<br />

Zusammenarbeit – auch im Inland, wenn es um die Vermittlung von Deutsch<br />

als Zweitsprache für Menschen mit Migrationshintergrund geht.<br />

Diese unterschiedlichen Kernkompetenzen formen das ideale Team, um<br />

allen Zielgruppen gerecht zu werden und eine besonders effektive lese- und<br />

Sprachförderung zu betreiben.


BoSCH<br />

energieeffiziente Gebäude<br />

weltweit treiben das Bevölkerungswachstum und der steigende wohlstand die waren- und<br />

energieströme. Dieses gilt gleichermaßen auch für den Gebäudesektor, da speziell die boomende<br />

Bautätigkeit in ländern wie China oder Indien mit steigendem energiebedarf gekoppelt ist.<br />

In vielen ländern stehen Gebäude für rund 40 Prozent des gesamten energieverbrauchs, denn<br />

zum Heizen, Kühlen, Kochen, Beleuchten oder zur Nutzung elektrischer Geräte ist der einsatz<br />

von Strom oder Primärenergieträgern wie Gas, Öl oder Kohle erforderlich.<br />

Von Bernhard Schwager<br />

Solange Energie noch nicht regenerativ<br />

erzeugt wird, ist dies mit schädlichen<br />

CO 2 -Emissionen verbunden, die<br />

den Treibhauseffekt fördern. Um die<br />

Erhöhung der Temperatur – wie vom<br />

Intergovernmental Panel of Climate<br />

Change (IPCC) gefordert – im weltweiten<br />

Mittel auf zwei Grad Erderwärmung zu<br />

beschränken, müssen unterschiedliche<br />

Maßnahmen in den verschiedenen Be-<br />

reichen von Wirtschaft und Verwaltung,<br />

aber auch beim privaten Verbraucher<br />

durchgeführt werden. Durch die Optimierung<br />

von Gebäuden kann ein großer<br />

Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs<br />

und damit zum Klimaschutz<br />

geleistet werden. Die erforderlichen<br />

Maßnahmen könnten sofort beginnen,<br />

da das Wissen und die erforderlichen<br />

Techniken und Produkte bereits heute<br />

auf dem Markt zur Verfügung stehen.<br />

Es muss das Ziel sein, den Wärme- und<br />

Primärenergiebedarf von Gebäuden weitgehend<br />

zu senken, ohne den Komfort für<br />

die Nutzer zu beeinträchtigen. Gleichzeitig<br />

lässt sich mit solchen Maßnahmen<br />

häufig der Wert der Immobilien steigern.<br />

Weltweite Gebäude-Analysen zeigen,<br />

dass mit 300 Mrd. US$ jährlich 52 Prozent<br />

aller CO 2 -Emissionen im Gebäudesektor<br />

bis zum Jahr 2050 eingespart werden<br />

können. Studien des World Business<br />

Council for Sustainable Development<br />

(WBCSD) belegen, dass die Summe aller<br />

Energieeffizienz-Projekte in Gebäuden<br />

– mit Amortisationszeiten bis zu<br />

zehn Jahren – Einsparungen auf dem<br />

Niveau der heutigen Emissionen des<br />

Transportsektors erreichen würden. Dieses<br />

Energiespar-Potenzial lässt sich aber<br />

nur heben, wenn eine ganzheitliche<br />

Herangehensweise an Technik und Hülle<br />

eines Gebäudes erfolgt.<br />

Neben den Verbesserungen im<br />

Gebäudebestand spielt aber auch der<br />

Neubau eine wesentliche Rolle. Die Versäumnisse<br />

der Vergangenheit dürfen<br />

zukünftig nicht mehr vorkommen. So ist<br />

eine ausgeglichene Primärenergiebilanz<br />

gut, noch besser ist es aber, wenn ein<br />

Gebäude mehr Primärenergie erzeugt,<br />

als seine Bewohner verbrauchen – es<br />

68 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

69<br />

Best Practice<br />

also eine positive Primärenergiebilanz erzielt.<br />

Der Gebäudestandard der Zukunft<br />

erfordert deshalb beispielsweise hocheffiziente<br />

Heizsysteme, eine gute Wärmedämmung<br />

mit Wärmeschutzverglasung<br />

und sparsame Haushaltsgeräte, um den<br />

Energiebedarf weiter deutlich zu reduzieren.<br />

Mit einer Photovoltaik-Anlage<br />

kann außerdem Strom mit Sonnenlicht<br />

gewonnen werden und in Verbindung<br />

mit einer thermischen Solaranlage lässt<br />

sich eine positive Primärenergiebilanz<br />

realisieren.<br />

Zur Nutzung Regenerativer Energien<br />

und zur Erhöhung der Energieeffizienz<br />

bei Gebäuden zeigen Beispiele wie das<br />

Modellhaus EcoPlusHome in Kanada oder<br />

das neue Bosch-Hauptquartier in Singapur<br />

den Weg in die richtige Richtung,<br />

sowohl im privaten Wohnungsbau als<br />

auch bei Verwaltungsgebäuden.<br />

Beispiel Wohngebäude<br />

Im prämierten EcoPlusHome zeigt Bosch,<br />

dass ein emissionsfreies Haus ohne<br />

Zugeständnisse beim Komfort und zu<br />

erschwinglichen Kosten erreichbar ist.<br />

Das EcoPlusHome wurde mit dem von<br />

der Scotiabank verliehenen EcoLiving-<br />

Preis <strong>2011</strong> in der Sparte „Innovation“<br />

ausgezeichnet. Gewürdigt werden Unternehmen,<br />

Innovatoren und Studierende<br />

in ganz Kanada für herausragende<br />

Leistungen bei der Entwicklung von<br />

Produkten, Diensten oder Lösungen für<br />

energieeffizientes Wohnen. Sie gelten als<br />

die wichtigste Auszeichnung Kanadas für<br />

Innovationen in diesem Bereich.<br />

Bosch hat das EcoPlusHome zusammen<br />

mit kanadischen Partnern entwickelt.<br />

Von Dezember 2009 bis Dezember<br />

2010 verbrauchte eine darin lebende<br />

sechsköpfige Familie etwa 14.000 Kilowattstunden<br />

(kWh). In demselben<br />

Links: Mit dem in der ostkanadischen Provinz<br />

New Brunswick errichteten Musterhaus<br />

ecoPlusHome soll gezeigt werden, dass<br />

eine nahezu Co -freie energieversorgung<br />

2<br />

allein aus erneuerbaren energien ohne<br />

einschränkung des lebensstils gelingen kann.<br />

Rechts: Das neue regionale Hauptquartier<br />

von Bosch für Südostasien ist für seine<br />

energieeffizienz und umweltfreundlichkeit<br />

zweifach ausgezeichnet.<br />

Zeitraum erzeugte das Haus jedoch<br />

rund 15.000 kWh. Das EcoPlusHome<br />

reduziert somit nicht nur die Abhängigkeit<br />

von fossilen Brennstoffen, sondern<br />

verursachte auch weniger Emissionen<br />

und trug zu einem gesünderen Lebensumfeld<br />

und saubererer Luft bei. Durch<br />

Bereitstellung einer hocheffizienten<br />

geothermischen Wärmepumpe, einer<br />

solarthermischen Anlage, Fotovoltaikmodulen<br />

und Haushaltsgeräten für das<br />

EcoPlusHome beweist Bosch, dass Klimaschutz<br />

sich bezahlt macht und dass ein<br />

Leben mit einer positiven Energiebilanz<br />

ohne Zugeständnisse beim Komfort und<br />

zu akzeptablen Kosten erreichbar ist.<br />

Mithilfe der Bosch-Technologie bestand<br />

das EcoPlusHome-Testhaus im<br />

ostkanadischen New Brunswick auch<br />

extreme Temperaturen, die von -35 °C im<br />

Winter bis zu +35 °C im Sommer reichten.<br />

Für die Warmwasserbereitung wurde<br />

eine Solarthermie-Anlage installiert. Die<br />

solarthermischen Kollektoren nutzen<br />

die Energie der Sonne für die Erhitzung<br />

des Warmwassertanks. Ein elektrisches<br />

Zusatzelement gewährleistet die ganzjährige<br />

Verfügbarkeit heißen Wassers,<br />

auch an kalten oder wolkigen Tagen. Die<br />

insgesamt geringere Abhängigkeit von<br />

fossilen Brennstoffen macht das EcoPlus-<br />

Home praktisch immun gegen schwankende<br />

Brennstoffpreise, die gerade in den<br />

Spitzennachfragezeiten oft steigen, und<br />

sorgt so für eine bessere Planbarkeit der<br />

Kosten für den Hausbesitzer. Das Endergebnis<br />

ist Energieeffizienz zu einem<br />

erschwinglichen Preis. Angesichts der<br />

weiter steigenden Energiekosten sind<br />

Netto-Nullenergiehäuser notwendiger<br />

denn je zuvor.<br />

Beispiel Bürogebäude<br />

Das neue Hauptquartier von Bosch für<br />

Südostasien in Singapur wurde bereits<br />

vor seiner Fertigstellung im Jahr 2009<br />

für seine Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit<br />

ausgezeichnet. Vom Staat<br />

Singapur bekam das Gebäude im Rahmen<br />

seines „Green Mark“ Programms<br />

die höchste Auszeichnung in Platin, und<br />

vom nationalen „Clean Energy Program“<br />

wurde das Gebäude mit dem „Solar Pioneer<br />

Award“ honoriert.<br />

Als eines der ersten Gebäude in Singapur<br />

ist das neue Hauptquartier mit<br />

einem beweglichen, außen liegenden<br />

Sonnenschutz ausgestattet. Dieser vermindert<br />

die Hitzeeinstrahlung um 20<br />

bis 25 Prozent und reduziert damit den<br />

Energiebedarf für die Kühlung erheblich.<br />

Das ist wichtig in einer Stadt nahe am<br />

Äquator. Das Gebäude wurde zudem<br />

mit Photovoltaik von Bosch Solar Energy<br />

ausgerüstet. Auch weitere Faktoren<br />

tragen zur Umweltfreundlichkeit bei.<br />

Die Rückgewinnung von Energie in der<br />

Lüftung reduziert die für die Kühlung<br />

benötigte Energie um weitere 20 Prozent.<br />

Das grüne Hauptquartier in Singapur<br />

ist dabei nur ein Beispiel, wie Bosch bei<br />

seinen eigenen Bautätigkeiten auf eine<br />

effiziente Nutzung der Energie achtet.<br />

Auch das neue China-Hauptquartier in<br />

Shanghai deckt beispielsweise die Hälfte<br />

seines Heiz- und Kühlbedarfs mit Erdwärmepumpen.


BSH BoSCH uND SIeMeNS HAuSGeräTe<br />

weniger ist mehr<br />

Von Fridolin Weindl<br />

weniger ist mehr. Das gilt ganz besonders für die umwelt: weniger Stromverbrauch ist mehr<br />

Klimaschutz. Denn der effiziente umgang mit energie ist der am schnellsten und am einfachsten<br />

zu realisierende Hebel, um energie zu sparen und Co 2 -emissionen zu vermeiden. Das gilt für<br />

alle lebensbereiche – auch im vermeintlich Kleinen. Jeder Haushalt kann mit supereffizienten<br />

Hausgeräten seinen Strom- und wasserverbrauch deutlich reduzieren. Das nutzt dem Klima und<br />

schont den Geldbeutel.<br />

Weil Hausgeräte durchschnittlich 10 bis<br />

15 Jahre ihren Dienst in Küche, Bad und<br />

Keller verrichten, erschließt sich somit<br />

weltweit ein enormes Einsparpotenzial.<br />

Moderne Kühl-Gefrierkombinationen<br />

beispielsweise verbrauchen heute rund<br />

70 Prozent weniger Strom als vergleichbare<br />

Geräte noch vor 15 Jahren. Auch<br />

moderne Waschmaschinen und Geschirrspüler<br />

brauchen heute im Vergleich zu<br />

15 Jahre alten Geräten nur noch halb<br />

so viel Strom. Grund sind die enormen<br />

technischen Verbesserungen und die<br />

innovativen Technologien, die in den<br />

Geräten stecken. Dabei bedeutet weniger<br />

Stromverbrauch bei Kühlschrank,<br />

Waschmaschine und Geschirrspüler<br />

aber keineswegs Verzicht auf Komfort,<br />

Leistung oder Qualität. Moderne Hausgeräte<br />

bieten heute höchsten Komfort<br />

und beste Qualität bei niedrigsten Verbrauchswerten.<br />

Um Verbrauchern eine klare Orientierung<br />

bei ihrer Kaufentscheidung<br />

zu geben, sind Hausgeräte in Europa<br />

seit vielen Jahren verbindlich mit dem<br />

Energielabel der Europäischen Union<br />

gekennzeichnet. Damit können die Verbraucher<br />

auf einen Blick erkennen, ob<br />

das Gerät wenig Energie verbraucht oder<br />

ein Stromfresser ist. Seit Dezember 2010<br />

gilt für die sparsamsten Waschmaschinen,<br />

Geschirrspüler und Kältegeräte die<br />

neue Energieeffizienzklasse A+++. Die<br />

Anzahl der Pluszeichen auf dem Gerät<br />

ist entscheidend. Ein Gerät der besten<br />

Effizienzklasse A+++ braucht nämlich<br />

60 Prozent weniger Strom als ein Gerät<br />

der Effizienzklasse A und ist immer<br />

noch um die Hälfte sparsamer als ein A+<br />

Gerät. So kann ein durchschnittlicher<br />

Haushalt, der komplett mit supereffizienten<br />

Geräten ausgestattet ist, bis zu<br />

270 Euro Stromkosten im Jahr sparen.<br />

Die Mehrkosten bei der Anschaffung<br />

supereffizienter Geräte amortisieren<br />

sich durch die geringeren Verbrauchskosten<br />

innerhalb weniger Jahre. Mit<br />

dem Kauf eines Hausgerätes treffen die<br />

Verbraucher also auch die Entscheidung<br />

über ihre Stromrechnung der nächsten<br />

15 Jahre.<br />

Wie wichtig das Thema Energieeffizienz<br />

ist, haben auch die Regulierungsbehörden<br />

erkannt: Von Mitte 2012 an dürfen in<br />

Europa keine Geräte der Effizienzklasse<br />

A oder schlechter mehr auf den Markt<br />

gebracht werden. Trotzdem stehen in<br />

europäischen Haushalten heute immer<br />

noch mehr als 190 Millionen Geräte, die<br />

zehn Jahre oder älter sind und somit deutlich<br />

mehr Strom verbrauchen als nötig.<br />

Würden diese Geräte durch moderne<br />

effiziente Geräte ersetzt, könnten jedes<br />

Jahr bis zu 44 Milliarden Kilowattstunden<br />

Strom eingespart werden. Das entspricht<br />

dem Jahresstromverbrauch von Portugal.<br />

Europas führender Hausgerätehersteller,<br />

die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

GmbH, hat das Thema Energieeffizienz<br />

schon seit vielen Jahren fest in ihrer<br />

Produktpolitik und Geschäftsstrategie<br />

verankert. Die BSH-Ingenieure arbeiten<br />

täglich daran, Bedienkomfort und<br />

Leistungsfähigkeit der Geräte stetig zu<br />

verbessern und gleichzeitig den Energie-<br />

und Wasserverbrauch kontinuierlich<br />

zu senken. Um diese Fortschritte<br />

sichtbar und messbar zu machen, hat<br />

die BSH als erster Hausgerätehersteller<br />

ihre sparsamsten Geräte zu einem<br />

so genannten Supereffizienz Portfolio<br />

zusammengefasst und die Zahlen von<br />

Wirtschaftsprüfern bestätigen lassen.<br />

In dieses Portfolio werden jedes Jahr<br />

nur die sparsamsten auf dem Markt<br />

verfügbaren Geräte aufgenommen. 2010<br />

stammte bereits jedes vierte von der BSH<br />

in Europa verkaufte Gerät aus diesem<br />

Portfolio. Gerechnet über die durchschnittliche<br />

Nutzungsdauer der Geräte<br />

bedeutet das eine Einsparung von 1,9<br />

Milliarden Kilowattstunden. Das entspricht<br />

dem Jahresstromverbrauch von<br />

mehr als 500.000 privaten Haushalten<br />

in <strong>Deutschland</strong>. Supereffiziente Hausgeräte<br />

mit minimalen Verbrauchswerten<br />

sind längst keine Marktnische mehr<br />

und tragen deshalb entscheidend zum<br />

Klimaschutz bei. Das zeigt auch der<br />

Blick auf den Produktlebenszyklus: je<br />

nach Gerätekategorie entfallen 80 bis 95<br />

Prozent der Umweltbelastungen auf die<br />

Nutzungsphase der Geräte in den Haus-<br />

70 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

71<br />

Best Practice<br />

halten. Deshalb ist es besonders wichtig,<br />

dass veraltete Geräte rasch ausgetauscht<br />

werden und überall energieeffiziente<br />

Geräte zum Einsatz kommen. Die Verantwortung<br />

für den sparsamen Umgang<br />

mit Ressourcen ist ein gemeinschaftlicher<br />

Auftrag. „Es ist mir unverständlich,<br />

warum Energieeffizienz bei politischen<br />

Maßnahmen keine größere Rolle<br />

spielt“, sagt Dr. Kurt-Ludwig Gutberlet,<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />

BSH. Er appelliert deshalb an die Politik,<br />

die Verbraucher beim Thema<br />

Energieeffizienz stärker anzusprechen.<br />

„Es wäre energie- und klimapolitisch<br />

wünschenswert, wenn die Politik mit<br />

entsprechenden Anreizprogrammen den<br />

Absatz besonders energieeffizienter Geräte<br />

fördern würde“, so der BSH-Chef.<br />

„Denn der beste Strom ist immer noch<br />

der, der nicht verbraucht wird!“<br />

Stichwort Supereffizienz<br />

Supereffiziente Hausgeräte tragen maßgeblich dazu bei, den energie-<br />

und ressourcenverbrauch in privaten Haushalten deutlich zu reduzieren.<br />

Moderne Hausgeräte brauchen bis zu 73 Prozent weniger Strom als<br />

vergleichbare Geräte vor 15 Jahren und bieten somit ein enormes<br />

Potenzial zur reduzierung von energieverbrauch und Co 2 -emissionen.<br />

Als erster Hausgerätehersteller hat die BSH Bosch und Siemens<br />

Hausgeräte GmbH ihre sparsamsten Geräte in einem Supereffizienz-<br />

Portfolio zusammengefasst und dieses in den vergangenen beiden Jahren<br />

systematisch erweitert. Allein die 2010 in europa von der BSH abgesetzten<br />

supereffizienten Geräte führen zu einer Stromeinsparung von 1,9 Milliarden<br />

Kilowattstunden. „Mit unseren supereffizienten Hausgeräten leisten wir<br />

einen messbaren Beitrag zum Klimaschutz“, sagt BSH-Chef Dr. Kurt-ludwig<br />

Gutberlet. „energieeffiziente Hausgeräte bieten ein enormes Potenzial<br />

für den Klimaschutz, ohne dass die Verbraucher dabei auf Komfort<br />

verzichten müssen.“


Cewe Color<br />

Cewe Color: wie nachhaltige<br />

wirtschaftliche<br />

Verantwortung zur Zukunfts-<br />

sicherung beiträgt<br />

Der Dreiklang aus ökologischer, sozialer und ökonomischer Verantwortung bestimmt die Firmengeschicke<br />

von Cewe Color. was mit welchen Mitteln zu wessen wohl geschieht und welche<br />

Auswirkungen dies auf morgen hat, beschäftigt europas führenden Anbieter für Fotodienstleistungen<br />

seit der Firmengründung vor fünf Jahrzehnten.<br />

Von Oliver Thomsen<br />

Weil Veränderungen in Unternehmensprozessen<br />

deutlich und messbar im Sinne<br />

der Nachhaltigkeit sein müssen, ist<br />

Andreas F. L. Heydemann, Mitglied des<br />

Vorstandes, verantwortlich und sorgt –<br />

gemeinsam mit Spezialisten aus dem<br />

Koordinierungskreis Nachhaltigkeit –<br />

für unternehmensweite Verbindlichkeit.<br />

Da es beim Thema Nachhaltigkeit<br />

insbesondere um die nachfolgenden<br />

Generationen geht, ist CEWE anlässlich<br />

des diesjährigen Fortschrittsberichtes in<br />

den Dialog mit den Kindern von Mitarbeitern<br />

getreten. Auf die Frage, was<br />

Nachhaltigkeit bedeute, antwortete der<br />

15-jährige Tilman: „Etwas, das später<br />

noch hält.“<br />

CEWE hält. Wie Nachhaltigkeit und<br />

Wirtschaftlichkeit Hand in Hand zur<br />

Unternehmenssicherung beigetragen<br />

haben, ist beispielhaft. In den vergangenen<br />

Jahrzehnten hat die Fotobranche<br />

einen großen Transformationsprozess<br />

durchlebt. Das, wovon CEWE jahrzehntelang<br />

gelebt hatte – die Entwicklung<br />

analoger Filme – fiel Anfang des neuen<br />

Jahrtausends plötzlich weg.<br />

Bereits in den Neunzigerjahren,<br />

als der Bereich der Analogfotos noch<br />

wuchs, erkannte CEWE den Trend<br />

zur Digitalfotografie und investierte<br />

in Produkte, Produktionstechnologie<br />

und Software. 1997 hat CEWE als welt-<br />

72 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

73<br />

Best Practice<br />

weit erstes Unternehmen eine Ordersta-<br />

tion für Digitalfotos in Ladengeschäften<br />

installiert. 1998 folgte die Einführung<br />

einer Bestellplattform für Digitalfotos<br />

im Internet. CEWE erschloss sich mit<br />

dem Internet neue Vertriebswege und<br />

verstärkte damit die über Jahrzehnte<br />

aufgebauten Kontakte zum stationären<br />

Handel. Durch die innovative Erfindung<br />

des DigiFoto Makers eröffneten sich den<br />

Handelspartnern in den Läden weitere<br />

Umsatzchancen. Von nun an hatten<br />

viele der Partner die Möglichkeit, die<br />

Speicherkarten ihrer Kunden auszulesen<br />

und später die fertigen Abzüge im<br />

Ladengeschäft zur Abholung anzubieten.<br />

Allein seit 2002 hat das Unternehmen<br />

250 Millionen Euro in neue Technologien<br />

investiert – über 50 moderne<br />

Digitaldruckmaschinen, industrielle<br />

Buchbinde-Produktionsstraßen und<br />

25.000 Orderterminals. Der Technologiewandel<br />

hat viele Neuerungen und<br />

Anpassungen erforderlich gemacht.<br />

Parallel mit den Investitionen veränderten<br />

sich auch die Bereiche, in denen<br />

CEWE aktiv zum Umweltschutz beiträgt.<br />

Links: Andreas F. l. Heydemann,<br />

kaufmännischer Vorstand der Cewe Color<br />

Holding AG, im Gespräch mit Kindern von<br />

Mitarbeitern<br />

Eine erfolgreiche Umweltpolitik wurde<br />

definiert, die bis heute vier Themenbereiche<br />

im Fokus hat: Energie sparen,<br />

Wasser schützen, Ressourcen schonen<br />

und Arbeitsschutz sichern. Aufgrund<br />

der guten Qualität und Offenheit der<br />

veröffentlichten Zahlen im Bereich der<br />

Kohlendioxid-Emissionen wurde CEWE<br />

als einziges SDAX-Unternehmen in den<br />

Carbon Disclosure Leadership Index<br />

2010 aufgenommen.<br />

Neben dem Einsatz modernster Produktionsmaschinen<br />

setzte CEWE auf<br />

die Einführung innovativer Produkte.<br />

Angetrieben durch die starke Expansion<br />

im Segment der Digitalkameras, wurden<br />

immer mehr individualisierte, hochwertige<br />

Mehrwert-Produkte entwickelt.<br />

Auf Fotokalendern und Fotoleinwänden,<br />

Grußkarten und Fotogeschenken<br />

wie bedruckten Tassen, Mousepads und<br />

Brotdosen finden die digitalen Motive<br />

der Kunden ihren Platz.<br />

Den schönsten Platz für schöne Geschichten<br />

erfand CEWE vor etwas über<br />

fünf Jahren. Seitdem gibt es das CEWE<br />

FOTOBUCH, das inzwischen als führende<br />

europäische Fotobuchmarke etabliert ist.<br />

Mit der Einführung der Marke gelang es,<br />

neue Zielgruppen zu aktivieren und Preisstabilität<br />

in einem Wachstumsmarkt zu<br />

etablieren. Strategischer Markenauf bau<br />

und konsistente Markenpflege führen<br />

diese neue Form des individualisierten<br />

Fotobuchs zum Erfolg. Im Oktober 2010<br />

wurde das zehnmillionste Exemplar an<br />

eine Kundin übergeben.<br />

Der erfolgreich bewältige Technologiewandel<br />

fiel auf: Die Wirtschaftswoche<br />

und A. T. Kearney kürten CEWE „ ...als<br />

ein hervorragendes Beispiel für die Innovation<br />

eines Geschäftsmodells“ zum<br />

Best Innovator 2010 in der Kategorie<br />

Mittelstand. Das Beratungs und Wirtschaftsprüfungsunternehmen<br />

Deloitte<br />

zeichnete CEWE COLOR mit dem Preis für<br />

wegweisende Innovationskraft 2010 in<br />

Norddeutschland aus. Beim renommierten<br />

Marken Award der Absatzwirtschaft<br />

und des Deutschen Marketing Verbandes<br />

erzielt das CEWE FOTOBUCH 2010 einen<br />

Finalplatz als „Beste Neue Marke“.<br />

Umsatz in Mio. Euro<br />

Veränderung zum Vorjahr<br />

2006<br />

396,0<br />

–8,1%<br />

2007<br />

413,5<br />

+4,4%<br />

Heute ist CEWE COLOR mit rund 2.700<br />

Mitarbeitern der führende Fotodienstleister<br />

in Europa. 120 Softwareentwickler<br />

sichern den Entwicklungsvorsprung der<br />

CEWE FOTOBUCH- und Bestell-Software.<br />

Für die Menschen bei CEWE fühlt sich<br />

das Management im hohen Maße verantwortlich.<br />

Die Sicherung der sozialen<br />

Zukunft der Mitarbeiter ist eine zentrale<br />

Aufgabe, der durch verantwortungsvolles<br />

Unternehmertum, qualifiziertes Personalmanagement,<br />

die Förderung von<br />

Nachwuchs und mit einer modernen<br />

und sicheren Arbeitsplatzgestaltung<br />

Rechnung getragen wird. Mit den umfangreichen<br />

Investments in die digitale<br />

Zukunft ist CEWE zusätzlich eine hohe<br />

Arbeitsplatzsicherung gelungen.<br />

Das Jahr 2010 erbringt ein Wachstum<br />

um 9 Prozent einen Rekordumsatz von<br />

447 Millionen Euro. Europaweit kaufen<br />

die Kunden 2,5 Milliarden Fotos, 4,3 Millionen<br />

CEWE FOTOBÜCHER und zahlreiche<br />

Fotogeschenkartikel. Das Ergebnis je Aktie<br />

steigt von 1,00 auf 2,02 Euro. Ein nachhaltiger<br />

wirtschaftlicher Erfolg, der auch<br />

dazu führt, dass CEWE der Gesellschaft<br />

etwas zurück gibt. An den 12 Standorten<br />

und in allen 24 Vertriebsländern engagiert<br />

sich das Unternehmen im sozialen,<br />

kulturellen und sportlichen Bereich.<br />

„CEWE COLOR blickt im Jubiläumsjahr<br />

auf fünf Jahrzehnte erfolgreiches<br />

und nachhaltiges Handeln zurück.“, so<br />

Andreas F. L. Heydemann. Seit dem vergangenen<br />

Jahr ist CEWE Mitglied im UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. „Weil unternehmerische<br />

Verantwortung immer mit der Verantwortung<br />

für das Gemeinwohl einhergeht.<br />

Die überprüfbare Übernahme von<br />

Eigenverantwortung im Rahmen der 10<br />

Prinzipien ist eine sinnvolle Verzahnung<br />

mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie.“<br />

2008<br />

420,0<br />

+1,6%<br />

2009<br />

409,8<br />

–2,4%<br />

2010<br />

446,8<br />

+9,0%


DAIMler<br />

Starke Verbindung: <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>, Integrität und<br />

Nachhaltigkeit<br />

Daimler wurde 2000 Gründungsmitglied des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und ist seit <strong>2011</strong> als eines der<br />

ersten <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-unternehmen Mitglied in dessen leAD Gruppe. In den vier Handlungsfeldern<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – Menschen- und Arbeitnehmerrechte, umweltschutz und Korruptionsvermeidung<br />

– ist es der Anspruch des unternehmens, höchste Standards zu setzen. „Diese<br />

Ziele sind anspruchsvoll, aber wir sind es auch: bei der Arbeits- und Geschäftsethik genauso wie<br />

bei der Arbeit und dem Geschäft selbst“, bekräftigt Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der<br />

Daimler AG, auf der Hauptversammlung der Daimler AG. In der operativen umsetzung seiner<br />

Grundsätze und werte verknüpft der Automobilkonzern den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> mit seinen Grundsätzen<br />

zu Integrität und Nachhaltigkeit. Denn profitables unternehmenswachstum und soziale,<br />

ethische und ökologische Verantwortung gehören bei Daimler zusammen.<br />

Von Dr. Wolfram Heger<br />

Mit seiner Unternehmenskultur möchte<br />

Daimler nicht nur die gesetzlichen<br />

Anforderungen erfüllen, sondern auch<br />

höchsten ethischen Ansprüchen genügen<br />

und branchenweit ein Beispiel<br />

setzen. Es ist daher mehr als nur der<br />

Ausdruck einer wachsenden Bedeutung<br />

nachhaltigen unternehmerischen Handelns,<br />

dass Daimler mit der früheren<br />

Bundesverfassungsrichterin Dr. Christine<br />

Hohmann-Dennhardt an der Spitze das<br />

Vorstandsressort „Integrität und Recht“<br />

etabliert hat. Dabei liegen die Verbindungen<br />

von <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und Integrität<br />

auf der Hand: Beide fordern über die<br />

Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben<br />

hinaus auch die Einhaltung gesellschaftlicher<br />

und normativer Verhaltensweisen.<br />

Dr. Hohmann-Dennhardt integriert den<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unmittelbar in ihren<br />

Auftrag, denn „die Initiative, weltweit<br />

gültige Prinzipien zu definieren und<br />

Unternehmen freiwillig für deren Umsetzung<br />

und Einhaltung zu gewinnen, hat<br />

mir von Beginn an imponiert“, erklärte<br />

sie bei einer Daimler-LEAD-Veranstaltung<br />

mit <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Direktor Georg Kell<br />

im Mai in Berlin.<br />

Integrität ist neben Begeisterung, Wertschätzung<br />

und Disziplin einer der vier<br />

grundlegenden Unternehmenswerte bei<br />

Daimler. Für Führungskräfte und Mitarbeiter<br />

in aller Welt bedeutet dies neben<br />

74 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

75<br />

Best Practice<br />

dem Einhalten von Regeln und Gesetzen,<br />

ihrem inneren Kompass zu folgen und<br />

das Richtige aus eigener Überzeugung<br />

heraus zu tun. Mit dem Bekenntnis zum<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bestätigt das Unternehmen<br />

seinen Anspruch, verantwortlich<br />

zu handeln und den Wert Integrität<br />

nachhaltig für alle Führungskräfte, Mitarbeiter<br />

und Partner in ihrer täglichen<br />

Arbeit zu verankern.<br />

Die spezifische Daimler-Übersetzung<br />

für Integrität, welche den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

zudem unternehmensintern noch<br />

bekannter und zu einem gelebten und<br />

motivierenden Instrument macht, folgt<br />

dessen Fokusbereichen: Die Menschenrechte<br />

sind das unumstößliche Fundament,<br />

das unser Handeln leitet. Die<br />

Prinzipien zu Arbeitsnormen stehen<br />

stellvertretend für die Beschreibung<br />

unseres Umgangs miteinander. Der<br />

Umweltschutzansatz als Leitlinie zum<br />

Umgang mit Ressourcen aller Art. Und<br />

das Prinzip zur Korruptionsbekämpfung<br />

als Verpflichtung zur Einhaltung von<br />

Gesetzen und Regeln weltweit. Damit<br />

wird eine starke Verbindung zwischen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität und Nachhaltigkeit<br />

geschaffen. Eine Verbindung,<br />

die eine Verankerung von Integrität im<br />

Unternehmen unterstützt – sowohl im<br />

Bewusstsein der Mitarbeiter als auch<br />

in den Strukturen und Prozessen der<br />

Unternehmensführung. Das Engagement<br />

von Daimler im Thema Integrität<br />

leistet zudem einen wichtigen Beitrag<br />

zu Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit<br />

– Grundvoraussetzungen für unser<br />

operatives Handeln – in verschiedenen<br />

Ländern.<br />

Durch Kommunikation, Qualifizierung<br />

und Anreize wollen wir integres Verhalten<br />

im Dialog mit unseren Mitarbeitern<br />

und im Austausch zwischen verschiedenen<br />

Gremien und Stakeholdern weiterentwickeln.<br />

Integrität lässt sich von<br />

Seiten der Unternehmensleitung jedoch<br />

nicht verordnen, nur fördern. Deshalb<br />

hat Daimler bewusst einen partnerschaftlichen<br />

und dialogbasierten Diskussions-<br />

und Implementierungsprozess gewählt<br />

– mit allen Stakeholdern.<br />

Ob <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität oder Nachhaltigkeit<br />

– die damit verbundenen<br />

Ansprüche lassen sich nicht von heute<br />

auf morgen, sondern nur kontinuierlich<br />

entwickeln und in einer langfristig strategischen<br />

Dimension umsetzen. Und so ist<br />

es kein Zufall, dass sich das langfristige<br />

Engagement für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

nahtlos in die Feierlichkeiten für das<br />

nachhaltige, 125-jährige Jubiläum von<br />

Daimler einpasst. Es zeigt, dass Daimler<br />

das langfristige Gesamtbild im Blick<br />

hat. Und dies unter der Maxime, dass<br />

nicht nur das „Was“ – die Zahlen –<br />

entscheidend sind, sondern auch, „wie“<br />

wir diese Ziele erreichen. Der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> und insbesondere die LEAD<br />

Gruppe des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sind für uns<br />

Baustein sowie Handreichung, dabei aber<br />

gleichzeitig auch Ansporn für die stetige<br />

Weiterentwicklung unserer Geschäftstätigkeit.<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität und<br />

Nachhaltigkeit – das ist eine starke<br />

Verbindung.


DeuTSCHe PoST DHl<br />

GoTeach: Für gerechtere<br />

Bildungschancen in der welt<br />

Mit rund 470.000 Mitarbeitern ist Deutsche Post DHl einer der größten privaten Arbeitgeber der<br />

welt. Als führender logistikkonzern, ist Deutsche Post DHl in der Verantwortung, einen Beitrag<br />

für unternehmen und Gesellschaft zu leisten – das ist die Idee hinter living responsibility. unter<br />

diesem Motto ist unternehmensverantwortung (Corporate responsibility) ein fester Bestandteil<br />

der unternehmensstrategie. Der Konzern setzt drei Schwerpunkte: umweltschutz (GoGreen),<br />

Katastrophenmanagement (GoHelp) und Bildungsförderung (GoTeach). Außerdem unterstützen<br />

wir das ehrenamtliche engagement unserer Mitarbeiter.<br />

Von Ralf Dürrwang<br />

Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung<br />

für ein eigenständiges und erfolgreiches<br />

Leben. Deshalb fördert und<br />

entwickelt Deutsche Post DHL zahlreiche<br />

Initiativen weltweit, die Kindern und<br />

Jugendlichen zu besseren Startchancen<br />

für ihr späteres Berufsleben verhelfen.<br />

Eine davon ist die Partnerschaft mit<br />

Teach First <strong>Deutschland</strong>.<br />

Unsere Partnerschaft mit Teach<br />

First <strong>Deutschland</strong><br />

Das Konzept dahinter: Die gemeinnützige<br />

Bildungsinitiative Teach First <strong>Deutschland</strong><br />

setzt persönlich und fachlich herausragende<br />

Hochschulabsolventen unterschiedlicher<br />

Fachrichtungen zwei Jahre<br />

an Schulen in sozialen Brennpunkten ein.<br />

Dort fördern die so genannten Fellows als<br />

zusätzliche Lehrkräfte auf Zeit die Schüler<br />

individuell und bringen zusätzliche<br />

Angebote an die Schulen. Sie arbeiten<br />

im Unterricht, indem sie beispielsweise<br />

Kleingruppen leiten oder durch Einzelförderung<br />

unterstützen und schaffen<br />

Nachmittagsangebote, wie zum Beispiel<br />

Förderkurse, Hausaufgabenbetreuung,<br />

Schülerfirmen und Sport AGs. Nach den<br />

zwei Jahren verfolgen Fellows verschiedene<br />

berufliche Wege. Geprägt durch ihre<br />

Erfahrungen in den Schulen engagieren<br />

sie sich in der Regel auch weiterhin für<br />

die Bildungschancen von Kindern und<br />

Jugendlichen mit schlechten Startchancen<br />

und können so langfristig Veränderungen<br />

im Bildungssystem bewirken.<br />

Deutsche Post DHL ist der größte<br />

Unternehmensförderer von Teach First<br />

<strong>Deutschland</strong>. Der Konzern unterstützt<br />

die Organisation finanziell und durch das<br />

ehrenamtliche Engagement von Mitarbeitern.<br />

Zwei Mentorenprogramme binden<br />

die Mitarbeiter ein. Beim Programm Chance4you<br />

stehen die Mentoren jeweils einem<br />

Schüler der Klassen 8 bis 10 für etwa<br />

15 Monate als Unterstützung zur Seite.<br />

Gemeinsam entwickeln sie persönliche<br />

Ziele und helfen bei der Umsetzung. Der<br />

Mentor fördert die Sozialkompetenz des<br />

Schülers und unterstützt ihn bei Berufswahl<br />

und Bewerbungen. Im Jahr 2010<br />

bildeten sich insgesamt 25 Mentoren-<br />

Tandems aus Mitarbeitern und Schülern<br />

aus acht Schulen in Berlin, Hamburg und<br />

Nordrhein-Westfalen. Nach dem erfolgreichen<br />

Auftakt in 2010 sind für <strong>2011</strong> rund<br />

100 neue Mentoren-Tandems geplant.<br />

Das zweite Mentorenprogramm – Engage4change<br />

– spricht Führungskräfte<br />

des Konzerns an. Sie übernehmen für 15<br />

Monate ein Mentoring für einen Fellow.<br />

Ziel dieses Mentorings ist es, die Fellows<br />

in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung<br />

zu fördern. Bei der Reflektion<br />

über Themen wie Motivation, Führung,<br />

Selbstmanagement und Erfolg können<br />

die Führungskräfte nicht nur eigene Erfahrungen<br />

einbringen, sondern auch<br />

von den Erfahrungen der Fellows lernen.<br />

Ein weiteres Element der Partnerschaft<br />

mit Teach First <strong>Deutschland</strong> sind<br />

die jährlichen Camp4us Summercamps.<br />

Gemeinsam mit Teach First <strong>Deutschland</strong><br />

und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung<br />

(DKJS) hat Deutsche Post DHL ein<br />

innovatives Campkonzept entwickelt,<br />

um Kinder und Jugendliche zu fördern<br />

und gleichzeitig die Fellows auf ihren<br />

Schuleinsatz vorzubereiten. Während die<br />

Fellows unter pädagogischer Anleitung<br />

Praxiserfahrung sammeln, werden die<br />

Kinder und Jugendlichen in Projekten bei<br />

76 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

77<br />

Best Practice<br />

Links: Seit 2010 begleiten Konzern-<br />

Mitarbeiter ehrenamtlich Schüler im rahmen<br />

unseren Mentoring-Programms Chance4you.<br />

Oben: TFD Mitarbeiter, Fellows und Förderer<br />

der Initiative trafen sich zur feierlichen<br />

Verabschiedung des 2009er Jahrgangs in<br />

lüneburg.<br />

ihrer schulischen und persönlichen Entwicklung<br />

unterstützt. Jährlich nehmen<br />

rund 250 Kinder von Postmitarbeitern<br />

und Teach First <strong>Deutschland</strong>-Partnerschulen<br />

an den Camps teil.<br />

Angebote für potenzielle<br />

Nachwuchskräfte<br />

Das Unternehmen bietet den Fellows<br />

Personalentwicklungsmaßnahmen an.<br />

Interessierte Fellows können beispielsweise<br />

am einwöchigen Business4Fellows-Seminar<br />

teilnehmen. Am jährlich<br />

stattfindenden Fellow-Tag werden die<br />

Fellows nach Bonn eingeladen, um den<br />

Logistikkonzern näher kennen zu lernen.<br />

Dabei besuchen sie ein Logistikzentrum,<br />

das DHL Innovation Center und haben<br />

die Gelegenheit, Mitarbeiter und Führungskräfte<br />

des Konzerns zu treffen und<br />

sich mit ihnen auszutauschen.<br />

Durch den regelmäßigen Kontakt<br />

zu den Fellows konnten sie Deutsche<br />

Post DHL als attraktiven Arbeitgeber<br />

kennenlernen. Im Jahr <strong>2011</strong> haben sich<br />

sechs Fellows für einen Job im Konzern<br />

entschieden.<br />

Übersicht Bildungsinitiativen bei Deutsche Post DHl:<br />

Teach For All<br />

In 2010 hat Deutsche Post DHL eine<br />

globale Partnerschaft mit Teach For All<br />

begründet, einem Netzwerk von zurzeit<br />

23 nationalen Partnerorganisationen in<br />

Europa, Asien, Amerika und dem Mittleren<br />

Osten. Entstanden ist die Partnerschaft<br />

aus der erfolgreichen Zusammenarbeit<br />

mit Teach First <strong>Deutschland</strong>, die<br />

bereits seit 2009 besteht. Im Rahmen der<br />

Partnerschaft unterstützt der Konzern<br />

Teach For All Länderorganisationen in<br />

<strong>Deutschland</strong> (Teach First <strong>Deutschland</strong>),<br />

Indien (Teach For India), Argentinien<br />

(Enseñá por Argentina), Chile (Enseña<br />

Chile), Peru (Enseña Peru), Spanien (Empieza<br />

por Educar) und Brasilien (Ensina!).<br />

Deutsche Post DHL ist größter Förderer<br />

von Teach For All und leistet damit einen<br />

nachhaltigen Beitrag beim Auf- und<br />

Ausbau der Initiative – sowohl für die<br />

Dachorganisation als auch für die Länderorganisation,<br />

mit denen Deutsche<br />

Post DHL partnerschaftlich verbunden ist.<br />

Partnerschaft mit SOS-Kinderdorf<br />

In vielen Ländern haben junge Menschen<br />

unzureichenden Zugang zu einer<br />

soliden Schul- und Berufsausbildung.<br />

Gemeinsam mit der Hilfsorganisation<br />

SOS-Kinderdorf will Deutsche Post DHL<br />

die Berufschancen junger Menschen<br />

erhöhen. Die Initiative richtet sich an 15-<br />

bis 25-Jährige, die bei der Vorbereitung<br />

auf ein unabhängiges, selbstbestimmtes<br />

Leben unterstützt und begleitet werden.<br />

Die Zusammenarbeit mit SOS-Kinderdorf<br />

setzt dabei stark auf das Engagement<br />

der Konzern-Mitarbeiter vor Ort in den<br />

Ländern. Gemeinsame Projekte haben<br />

beide Partner bereits in Brasilien, Madagaskar,<br />

Südafrika und Vietnam realisiert.<br />

Mittelfristig kommen mehr Länder hinzu.<br />

UPstairs<br />

So heißt das Stipendienprogramm für<br />

Mitarbeiterkinder. Oft können Kinder<br />

und Jugendliche keine höhere Schule oder<br />

Universität besuchen, weil das Geld in der<br />

Familie dafür nicht reicht. Mit Hilfe des<br />

Stipendiatenprogramms UPstairs erhalten<br />

Kinder aus Mitarbeiterfamilien die Chance,<br />

einen höheren Schul- oder einen Studienabschluss<br />

zu erreichen. Im Frühjahr<br />

<strong>2011</strong> sind Pilotprojekte mit 50 Stipendien<br />

in Südafrika, Mexiko, Indonesien und<br />

Rumänien gestartet. Bis 2014 wird das<br />

Programm weltweit ausgerollt und die<br />

Zahl der Stipendien auf rund 600 erhöht.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.dp-dhl.de/verantwortung und<br />

www.teachfirst.de


DeuTSCHe TeleKoM<br />

Das experiment<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Die deutsche regierung hat den Atomausstieg beschlossen<br />

und behält gleichzeitig die Klimaschutzziele bei. Dies bedeutet<br />

für alle, dass wir die Anstrengungen für mehr energieeffizienz<br />

verstärken und nach weiteren Potenzialen suchen müssen, um<br />

die gesetzten Klimaschutzziele auch mit dem Atomausstieg zu<br />

erreichen. Denn die Co 2 -emissionen steigen global unvermindert<br />

weiter. Daraus ergibt sich für uns alle eine Verantwortung,<br />

derer wir uns bewusst werden müssen.<br />

Dr. Ignacio Campino, Vorstandsbeauftragter<br />

für Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei der<br />

Deutschen Telekom<br />

Im Jahr 1995 haben wir, die Deutsche<br />

Telekom, als erstes DAX30-Unternehmen<br />

uns dem Klimaschutz verpflichtet<br />

und verbindliche CO 2 -Reduktionsziele<br />

für <strong>Deutschland</strong> in unseren Unternehmenszielen<br />

festgeschrieben. Wir sind<br />

uns unserer unternehmerischen Verantwortung<br />

bewusst und setzen uns eigene,<br />

ambitionierte Klimaschutzziele.<br />

So sah unsere Klimaschutzstrategie<br />

aus dem Jahr 2005 vor, dass wir die<br />

CO 2 -Emissionen unseres Konzerns in<br />

<strong>Deutschland</strong> von 1995 bis 2020 um 20<br />

Prozent senken. Dieses Ziel konnten<br />

wir bereits erreichen und haben daher<br />

unsere Zielsetzungen aktualisiert: Eine<br />

Reduktion der CO 2 -Emissionen um 40<br />

Prozent bis 2020. Weder die Bundesregierung,<br />

noch die Europäische Union<br />

78 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

79<br />

Best Practice<br />

hat solch ambitionierte Ziele. Und dank<br />

konkreter Maßnahmen sind wir auf<br />

dem richtigen Weg auch diese Marke<br />

zu erreichen.<br />

Eine dieser Maßnahmen der Deutschen<br />

Telekom ist die Green-Car-Policy für<br />

nachhaltige Mobilität innerhalb des Unternehmens.<br />

Bis zum Jahr 2015 sollen<br />

die CO 2 -Emissionen neuer PKW in der<br />

deutschen Fahrzeugflotte bei gerade<br />

einmal 110 Gramm pro Kilometer liegen.<br />

Zum Vergleich: die Europäische Union<br />

fordert eine Reduzierung auf 120 Gramm<br />

bis 2015.<br />

Mittelfristig wollen wir durch die Umstellung<br />

des bis jetzt noch teilweise analogen<br />

Telefonnetzes auf die Internet-Protokoll-<br />

Technologie das gesamte deutsche Telefonnetz<br />

energieeffizienter und gleichzeitig<br />

fit für die Zukunft machen.<br />

Zudem arbeiten wir derzeit an der Internationalisierung<br />

unserer Klimaschutzstrategie.<br />

Hierfür wollen wir auf Basis<br />

konzernweiter Vorgaben und lokaler<br />

Potenziale für unsere Auslandsgesellschaften<br />

individuelle Reduktionsziele<br />

definieren. Außerdem prüfen wir<br />

die Möglichkeit, Klimaschutzkriterien<br />

bei Investitionen zu berücksichtigen.<br />

Zusätzlich wollen wir in Zukunft den<br />

CO 2 -Ausstoß innerhalb der gesamten<br />

Wertschöpfungskette unserer Produkte<br />

– von Ressourcengewinnung über<br />

Produktion bis hin zum Vertrieb an den<br />

Endkunden – beachten.<br />

Sowohl unsere neue Klimaschutzstrategie<br />

als auch die Internationalisierung<br />

dieses Vorgehens wird in unserem Unternehmen<br />

seit 2009 federführend von der<br />

Climate Change Group, einem internen<br />

Expertengremium, umgesetzt und beaufsichtigt.<br />

Gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsbereich<br />

des Unternehmens<br />

etabliert und treibt Dr. Ignacio Campino,<br />

Vorstandsbeauftragter für Nachhaltigkeit<br />

und Klimaschutz bei der Deutschen Telekom,<br />

dieses Projekt voran.<br />

„Gegenwärtig ist Klimaschutz eine der<br />

größten Herausforderungen, denen wir<br />

uns stellen müssen. Als Telekommunikationsunternehmen<br />

haben wir die<br />

Möglichkeit, Lösungen anzubieten, mit<br />

denen CO 2 -Emissionen reduziert werden.<br />

Diese können dazu beitragen, dass viele<br />

Millionen Menschen eine Zukunft ohne<br />

gravierende Konsequenzen durch den<br />

Klimawandel haben“, so beschreibt Dr.<br />

Ignacio Campino seine Motivation, das<br />

Thema Klimaschutz auch über die Unternehmensgrenzen<br />

hinaus zu fördern.<br />

Das große Potenzial<br />

Eine von der Deutschen Telekom, dem<br />

BMWi, GeSI, dem Potsdam Institut, SAP,<br />

Huawei, Siemens, der Boston Consulting<br />

Group sowie verschiedenen Partnerorganisationen<br />

geförderte Studie zum Thema<br />

Einsparpotenziale im Bereich Informations-<br />

und Kommunikationstechnologie<br />

(IKT) mit dem Namen „SMART 2020“ aus<br />

dem Jahr 2009 fasst die Möglichkeiten<br />

unserer Branche zusammen:<br />

Telekommunikationsunternehmen könnten<br />

alleine in <strong>Deutschland</strong> bis zum Jahr<br />

2020 rund 13 Megatonnen CO 2 -Emissionen<br />

einsparen. Und dies umfasst lediglich<br />

die direkten Einsparungen aus der eigenen<br />

Geschäftstätigkeit. Dazu zählen unter<br />

anderem Einsparungen durch energieeffiziente<br />

Rechenzentren, Virtualisierung<br />

bzw. Cloud Computing, sowie sparsame<br />

Telekommunikationsendgeräte.<br />

Als „Enabler“ könnte die IKT-Industrie bei<br />

nachhaltiger und konsequenter Umsetzung<br />

in den nächsten neun Jahren sogar<br />

Reduktionspotenziale von bis zu 194<br />

Megatonnen CO 2 -Emissionen realisieren.<br />

Dies entspricht einer Verringerung von<br />

bis zu 25 Prozent der gesamtdeutschen<br />

Emissionen. Das identifizierte indirekte<br />

Reduktionspotenzial beziffert ein theoretisch<br />

mögliches Maximum, und der<br />

Geschäftswert dieses Potenzials wird mit<br />

bis zu 84 Milliarden Euro bis zum Jahr<br />

2020 beziffert.<br />

Wir erkennen, dass wir als einer der<br />

größten Telekommunikationsanbieter<br />

weltweit die Pflicht und das Potenzial<br />

haben, auch unseren Kunden klimafreundliche<br />

Produkte und Dienstleistungen<br />

anzubieten und ihnen die<br />

Möglichkeit zu geben, einen eigenen<br />

Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.<br />

Dienste wie unsere Web-, Video- und<br />

Telefonkonferenzen erleichtern die<br />

ortsunabhängige Kommunikation, können<br />

Arbeitsprozesse effizienter gestalten<br />

und sind dabei deutlich nachhaltiger<br />

als reale Meetings mit Anreisen via<br />

Flugzeug, PKW und Bahn. In einer Zeit,<br />

in der flexible Arbeitsplätze – auch in<br />

unserem Unternehmen – eine zunehmend<br />

wichtigere Rolle spielen, geben<br />

wir unseren Kunden die Möglichkeit<br />

jederzeit und überall vor Ort zu sein<br />

– ohne eine langwierige und klimaschädliche<br />

Anreise.<br />

In unserer Strategie erweitern wir die<br />

geschäftliche Basis unseres Unternehmens<br />

und verankern darin nachhaltige<br />

Themen wie Klimaschutz. Beispielhaft<br />

sei hier das Wachstumsfeld Energie<br />

genannt: Der Auf bau intelligenter<br />

Stromnetze (Smart Grid) und der Einsatz<br />

intelligenter Stromzähler (Smart<br />

Metering) könnte einen ersten Beitrag<br />

zur Reduzierung des CO 2 -Ausstoßes<br />

leisten. Da Stromzähler beispielsweise<br />

ihre Werte jederzeit an die Energieversorger<br />

senden können, entfällt die<br />

Fahrt der Servicemitarbeiter, um die<br />

Werte abzulesen. Gleichzeitig gestalten<br />

wir den Stromverbrauch für unsere<br />

Kunden transparenter und effizienter<br />

und helfen ihnen so, aktiv Strom und<br />

Geld zu sparen.<br />

Damit wollen wir nicht nur unser grünes<br />

Gewissen beruhigen. Durch den Einsatz<br />

„grüner“ Innovationen kann eine nachhaltige<br />

Reduzierung der operativen Ausgaben<br />

(OPEX) die Folge sein. Die Fähigkeit,<br />

durch eine konsequente OPEX-Reduktion<br />

Klimaschutz und unternehmerischen<br />

Erfolg nicht nur zu vereinbaren sondern<br />

miteinander zu verbinden, unterstreicht<br />

die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.<br />

Das Experiment <strong>Deutschland</strong> – gemeinsam<br />

können wir es zum Erfolg<br />

führen. Klimaschutz und Atomausstieg<br />

bedeutet eine große Herausforderung<br />

für alle.


eNBw<br />

erneuerbare energien machen derzeit knapp 11 Prozent im erzeugungsportfolio der enBw<br />

aus. rein rechnerisch können damit rund zwei Millionen Haushalte mit Co 2 -frei erzeugtem<br />

Strom versorgt werden. Tendenz steigend, denn das energieunternehmen will die energiewende<br />

aktiv mitgestalten. Dazu sind in den kommenden zehn Jahren Investitionen von rund<br />

acht Milliarden euro in wasser- und windkraft sowie in Fotovoltaik und Bioenergie geplant.<br />

Trotzdem werden Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke noch geraume Zeit eine wichtige rolle<br />

spielen. oder spielen müssen – um die Balance zu halten zwischen umweltverträglichkeit,<br />

wirtschaftlichkeit und Versorgungsicherheit.<br />

Von Bernhard Graeber, Dr. Lothar Rieth und Sylvia Straetz<br />

Die fossil befeuerten Anlagen im EnBW-<br />

Kraftwerkspark haben – verglichen mit<br />

internationalen Standards – bereits hohe<br />

Wirkungsgrade und sehr niedrige spezifische<br />

Emissionen. Durch hochmoderne<br />

neue Blöcke und durch Effizienzprogramme<br />

in den bestehenden Anlagen optimiert<br />

die EnBW diese Technik ständig weiter.<br />

enBw windpark Baltic 1 in der ostsee<br />

Stromerzeugung im wandel<br />

Die konventionellen Kraftwerke werden<br />

uns noch über Jahrzehnte hinweg „begleiten“.<br />

Schließlich müssen sie nicht nur die<br />

Grundlast decken; sie sollen auch hocheffizient<br />

jenen Strombedarf ausgleichen,<br />

der zwischen der Stromnachfrage einerseits<br />

und der fluktuierenden Erzeugung<br />

aus erneuerbaren Energien andererseits<br />

80 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

81<br />

Best Practice<br />

rheinkraftwerk Iffezheim<br />

gedeckt werden muss. Hocheffizient und<br />

mit höchsten Sicherheitsstandards werden<br />

auch die verbleibenden Kernkraftwerke<br />

bis zum Ende ihrer Laufzeit weiterbetrieben.<br />

Sie arbeiten CO 2 -frei und können<br />

einen Teil der Investitionsmittel erwirtschaften,<br />

die die EnBW für die Energiewende<br />

investieren will.<br />

Wasserkraft – eine altbewährte<br />

Technologie mit Potenzial<br />

Die Stromerzeugung aus Wasserkraft hat<br />

bei der EnBW eine über hundertjährige<br />

Tradition. Entsprechend hoch – verglichen<br />

mit dem Bundesdurchschnitt<br />

– ist ihr Anteil am Erzeugungsmix. Der<br />

Energiekonzern betreibt 65 Laufwasserkraftwerke<br />

und zwei eigene Pumpspeicherkraftwerke,<br />

dazu kommen zahlreiche<br />

Beteiligungen und Bezugsverträge.<br />

In der Summe verfügt die EnBW momentan<br />

über mehr als 2.700 Megawatt<br />

installierter Leistung aus Wasserkraft.<br />

Zudem prüft die EnBW in drei konkreten<br />

Projekten, teilweise in Zusammenarbeit<br />

mit ihren Partnerunternehmen, wie die<br />

Pumpspeicherkapazität künftig noch<br />

deutlich gesteigert werden kann – für<br />

einen weiterhin starken Ausbau der<br />

erneuerbaren Energie aus Wind und<br />

Sonne sowie stabile Übertragungsnetze.<br />

Einen Meilenstein im Portfolio stellt<br />

das Wasserkraftwerk Rheinfelden dar,<br />

das modernste europäische Laufwasserkraftwerk.<br />

Das deutsch-schweizerische<br />

Gemeinschaftsprojekt wurde nach rund<br />

acht Jahren Bauzeit Mitte September <strong>2011</strong><br />

offiziell in Betrieb genommen. Es ist viermal<br />

so leistungsstark wie die alte Anlage<br />

und kann rechnerisch etwa 170.000 3-Personen-Haushalte<br />

mit Ökostrom versorgen.<br />

Eine zweite große Ausbaumaßnahme der<br />

EnBW ist das Rheinkraftwerk Iffezheim.<br />

Bisher produziert es CO 2 -freien Strom für<br />

etwa 155.000 Haushalte. Erweitert um<br />

eine fünfte Turbine, soll das Laufwasserkraftwerk<br />

voraussichtlich ab 2013 weitere<br />

25.000 Haushalte versorgen.<br />

Daneben wird auch das Potenzial<br />

der sogenannten „kleinen“ Wasserkraft<br />

gehoben, sei es durch Optimierungen<br />

an bereits bestehenden Objekten oder<br />

durch Neubau.<br />

Windkraft – eine technologische<br />

Herausforderung<br />

Mit vier großen Offshore-Projekten (offshore<br />

= auf See) realisiert die EnBW<br />

einige der derzeit größten Windenergievorhaben<br />

in <strong>Deutschland</strong>: Als bundesweit<br />

erster kommerzieller Windpark<br />

nahm im Mai <strong>2011</strong> EnBW Baltic 1 offiziell<br />

den Betrieb auf. Die 21 Anlagen<br />

stehen etwa 16 Kilometer nördlich der<br />

Halbinsel Darß/Zingst und produzieren<br />

emissionsfrei Strom für rechnerisch<br />

rund 50.000 Haushalte. Etwa 32 km<br />

nördlich der Insel Rügen ist 2012 der<br />

Baubeginn für EnBW Baltic 2 geplant.<br />

Auf 27 Quadratkilometern sollen sich<br />

dann 80 Rotoren drehen. Ihre prognostizierte<br />

Jahresproduktion entspricht<br />

dem rechnerischen Bedarf von circa<br />

340.000 Haushalten. Neben den beiden<br />

Windparks in der Ostsee sind auch zwei<br />

Nordsee-Projekte geplant: EnBW Hohe<br />

See und EnBW He Dreiht.<br />

Bereits in den 80er Jahren führte die<br />

EnBW erste Versuche und Pilotprojekte<br />

mit Windkraftanlagen zu Land (onshore)<br />

durch. Es folgte ein sukzessiver Zubau,<br />

und seit 2009 wurde das Portfolio von 28<br />

auf rund 170 Megawatt in etwa versechsfacht,<br />

Tendenz auch hier weiter steigend.<br />

Der derzeit größte Onshore-Windpark<br />

der EnBW liegt im niedersächsischen<br />

Buchholz; die gewonnene Windenergie<br />

aus den 18 Anlagen genügt, um circa<br />

22.000 Haushalte zu versorgen.<br />

Bio- und Solarenergie – eine<br />

Zukunftstechnologie<br />

Die EnBW investiert bereits seit 1984<br />

in die Sonnenenergie. Inzwischen sind<br />

über 40 Fotovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung<br />

von rund 11 Megawatt am<br />

Netz. Die größten Solarparks befinden<br />

sich in Ulm-Eggingen, in Leibertingen<br />

im Landkreis Sigmaringen und in March-<br />

Neuershausen.<br />

Die EnBW besitzt und betreibt zwei<br />

Biogasauf bereitungsanlagen in Burgrieden<br />

bei Laupheim und in Blaufelden-<br />

Emmertsbühl. Mit ihrer Leistung können<br />

derzeit rechnerisch etwa 2.500 Haushalte<br />

versorgt werden. In Blaufelden-Emmertsbühl<br />

kommt zudem ein neues wegweisendes<br />

Netzanschlusskonzept zum Zuge:<br />

Das Biogas wird direkt in das nahe gelegene<br />

Ortsverteilnetz eingespeist. Dieses<br />

von der EnBW zum Patent angemeldete<br />

Verfahren ermöglicht zukünftig deutlich<br />

mehr Anschlussmöglichkeiten und kann<br />

damit die Leitungsbaumaßnahmen vor<br />

Ort reduzieren – und damit auch die<br />

Kosten sowie die Eingriffe in die Natur.<br />

Mit dem Erwerb der Projektrechte<br />

an zwölf Biogasanlagen ist die EnBW<br />

auch in die Stromproduktion aus Biogas<br />

eingestiegen.<br />

Biodiversität – eine große<br />

Verantwortung<br />

Die Geschäftsfelder der EnBW bedingen<br />

die unterschiedlichsten Eingriffe in die<br />

Natur – etwa durch den Bau und Erhalt<br />

von Anlagen, Netzen oder den Anbau von<br />

Biomasse. In Kooperation mit Forschungsinstituten<br />

und Naturschutzverbänden<br />

werden Lösungen zum Schutz der vielfältigen<br />

Tier- und Pflanzenwelt erarbeitet.<br />

Weitere Forschungsprojekte dienen dem<br />

Ziel, das Spannungsfeld zwischen „Tank<br />

und Teller“ bestmöglich zu lösen.<br />

Im Netzbereich liegt ein Schwerpunkt<br />

auf der ökologischen Trassenpflege unter<br />

Berücksichtigung von Brutzeiten und<br />

Vegetationsperioden. In der Planungsphase<br />

neuer Windparks laufen – neben<br />

Studien über Bodenversiegelung,<br />

Schallentwicklung und Schattenwurf<br />

– Monitorings, um das Verhalten von<br />

Fledermäusen und Vögeln zu erfassen.<br />

Im Bereich der Wasserkraft liegt das<br />

Hauptaugenmerk bei Neubau wie Modernisierung<br />

auf Fischaufstiegs- und<br />

Umgehungsgewässern sowie Renaturierungsmaßnahmen.


erNST & YouNG<br />

Integrated reporting –<br />

unternehmensbericht-<br />

erstattung vor einem<br />

grundlegenden wandel?<br />

Das Thema Nachhaltigkeit ist zwar mittlerweile in vielen unternehmen angekommen, doch der<br />

Großteil der unternehmen berichtet losgelöst von der Finanzberichterstattung in gesonderten<br />

Formaten über ihr Verständnis, ihre Ziele und erfolge im Bereich Nachhaltigkeit. Seit der umgang<br />

mit Nachhaltigkeitsaspekten für die finanzielle entwicklung von unternehmen immer mehr<br />

an Bedeutung gewinnt und zudem die Nachfrage von Investoren und Analysten nach belastbaren<br />

nicht-finanziellen leistungsindikatoren weiter steigt, werden die Stimmen nach einer integrierten<br />

Berichterstattung, dem sog. „Integrated reporting“, allerdings immer lauter.<br />

Von Nicole Richter<br />

Integrated Reporting bedeutet jedoch<br />

keineswegs, einfach Nachhaltigkeits- und<br />

Finanzbericht in einem einzigen Format<br />

zu veröffentlichen. Vielmehr gilt es, die<br />

Integration von Nachhaltigkeit in die<br />

Unternehmensstrategie zu unterstreichen.<br />

Ziel ist es, den Bericht nicht nur als Kommunikationstool<br />

zu nutzen, sondern auch<br />

intern auf best practices im Bereich Nachhaltigkeit<br />

zu fokussieren und die Auswirkungen<br />

von Nachhaltigkeitsthemen und<br />

-risiken auf die finanzielle Entwicklung<br />

des Unternehmens zu verdeutlichen.<br />

Der größte Vorteil für Unternehmen<br />

ist, dass durch die integrierte Berichterstattung<br />

die Zusammenhänge zwischen<br />

ihren Finanz- und Nachhaltigkeitsdaten<br />

transparenter werden, und die verbesserte<br />

Transparenz eine umfassendere<br />

Entscheidungsgrundlage für das Unternehmen<br />

selbst wie auch für seine<br />

Stakeholder liefert.<br />

Nicole richter ist als Senior Managerin im<br />

Bereich Climate Change and Sustainability<br />

Services (CCaSS) bei ernst & Young in<br />

Stuttgart tätig.<br />

Regulatorische Entwicklungen<br />

Das Konzept des Integrated Reporting wird<br />

vorerst nur von sehr wenigen Unternehmen<br />

praktiziert. Einer der Gründe hierfür<br />

ist ein bislang fehlendes Framework als<br />

Grundlage für die integrierte Berichterstattung.<br />

Im August 2010 wurde daher<br />

das „International Integrated Reporting<br />

Committee“ (IIRC) gegründet, dessen Ziel<br />

es ist, ein global akzeptiertes Framework<br />

für die Berichterstattung im Bereich Nachhaltigkeit<br />

zu etablieren. Auf der Basis<br />

dieses Frameworks sollen Informationen<br />

zur sozialen, finanziellen, Umwelt- und<br />

Governance-Performance eines Unternehmens<br />

in kohärenter, konsistenter und<br />

klarer Weise miteinander verbunden und<br />

besser vergleichbar werden.<br />

Im Herbst <strong>2011</strong> präsentierte der IIRC<br />

den Diskussionsentwurf und eröffnete<br />

eine 2-jährige Phase zur Erprobung des<br />

entwickelten Frameworks. Unterstützt<br />

wird das IIRC durch das „Prince‘s Accounting<br />

for Sustainability Project“ sowie<br />

die <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI), die<br />

mit der dritten Version ihrer Guidelines<br />

zur Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

derzeit den Quasi-Standard in diesem<br />

Bereich herausgibt. Die GRI sieht Inte-<br />

82 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

83<br />

Best Practice<br />

regulatorische entwicklungen in ausgewählten Staaten<br />

(Grafik 1)<br />

US-Börsenaufsicht verpflichtet<br />

Unternehmen zu Offenlegung<br />

ihrer Klimarisiken<br />

grated Reporting als eines der wichtigsten<br />

Themen, die derzeit die Agenda im<br />

Bereich Nachhaltigkeit bestimmen. So<br />

ist weltweit der Trend zu mehr gesetzlicher<br />

Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

und teilweise sogar<br />

hin zur integrierten Berichterstattung<br />

zu beobachten – wie in der Grafik 1<br />

dargestellt.<br />

Prinzipien der integrierten<br />

Berichterstattung<br />

Die FEE (Fédération des Experts-comptables<br />

Européens – Federation of European<br />

Accountants), der Zusammenschluss der<br />

führenden Berufsorganisationen der<br />

Wirtschaftsprüfer in Europa, hat im<br />

Februar <strong>2011</strong> acht Prinzipien für die integrierte<br />

Berichterstattung veröffentlicht.<br />

Herausforderungen<br />

Die größte Herausforderung des Integrated<br />

Reporting besteht sicher darin,<br />

den Zusammenhang zwischen Strategie,<br />

Zielen, Maßnahmen einerseits und<br />

messbaren Leistungskriterien im Bereich<br />

Nachhaltigkeit andererseits zu identifizieren<br />

und entsprechende Schlussfolgerungen<br />

für die Berichterstattung<br />

”The GRI believes that the urgency of<br />

the transition to a sustainable economy<br />

requires standardized integrated<br />

Reporting to be developed, tested and<br />

commonly adopted by 2020.”<br />

(Conference 2010)<br />

Gründung BRC<br />

Nachhaltigkeitsexperten halten<br />

“Integrated Reporting” für die zukunftsweisende<br />

Form der Berichterstattung<br />

(Nachhaltigkeitsrat)<br />

zu ziehen. Darüber hinaus müssen die<br />

Nachhaltigkeitsdaten eines Unternehmens<br />

genauso valide und belegbar sein<br />

wie seine Finanzdaten – ein geringerer<br />

Anspruch würde die Glaubwürdigkeit<br />

des Integrated Reporting von Anfang<br />

an untergraben.<br />

Eine weitere Hürde besteht nicht zuletzt<br />

auch in der zeitlichen Ballung des Arbeitsaufwands,<br />

um sowohl die Finanz-,<br />

als auch die Nachhaltigkeitsdaten zum<br />

Stichtag des Jahresabschlusses bereitzustellen.<br />

Fraglich ist auch, ob und in welcher<br />

Form (limited versus reasonable) die<br />

Gesamtinformationen des Integrierten<br />

Reporting einer externen Prüfung un-<br />

Verankerung<br />

von Nachhaltigkeit<br />

in die Gesamt-<br />

strategie<br />

Lagebericht § 289 und 315 HGB<br />

Basis: Richtlinie 2003/51/EG<br />

Reporting<br />

Governance<br />

Dänemark verpflichtet als erstes<br />

Land seine Großunternehmen zur<br />

Integration nicht-finanzieller Daten<br />

in den Geschäfts bericht<br />

EU-Konsultation Binnenmarkt über<br />

die Offenlegung von Informationen<br />

nicht-finanzieller Art durch Unternehmen<br />

King III Code: Integrated<br />

Reporting verpflichtend für<br />

JSE-gelistete Unternehmen<br />

terliegen werden, sei es auf dem Prinzip<br />

der Freiwilligkeit begründet, oder aber<br />

aufgrund von gesetzlicher Vorgaben.<br />

Fazit<br />

Insgesamt ist die integrierte Berichterstattung<br />

einer der derzeit wichtigsten<br />

Trends im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

– sowohl im europäischen<br />

als auch im außereuropäischen<br />

Ausland. Die Zusammenführung von finanzorientierten<br />

Geschäftsberichten und<br />

Informationen zur Nachhaltigkeitsperformance<br />

könnte also der entscheidende<br />

Wendepunkt im unternehmerischen<br />

Reporting sein.<br />

weg zur erstellung eines integrierten Berichts<br />

(Grafik 2)<br />

Wesentlich-<br />

keitsanalyse<br />

Verbindung von Nachhaltigkeits- und Finanzperformance<br />

Prozesse<br />

zur Datenerfassung<br />

Steuerung, Kontrolle, Anreizgestaltung<br />

Sicherung der<br />

Datenqualität<br />

Bestimmung<br />

des Berichts-<br />

inhaltes<br />

Integrated<br />

Report


eVoNIK<br />

weltweiter einkauf<br />

verpflichtet<br />

evonik Industries ist überzeugt, dass Verantwortung für Menschen,<br />

umwelt und Geschäft unverzichtbare Basis für eine<br />

erfolgreiche Zukunft ist. Verantwortliches Handeln muss sich<br />

deshalb in allen unternehmensbeziehungen widerspiegeln, vor<br />

allem auch in jenen zu Kunden, Partnern und lieferanten. Das<br />

unternehmen arbeitet intensiv daran, umwelt- und Sozialstandards<br />

konzernweit in seine lieferantenbeziehungen zu integrieren.<br />

Denn das schafft Vertrauen auf beiden Seiten und ist Kern<br />

einer erfolgreichen Zusammenarbeit.<br />

Von Ingrid de Wilde und Gerald Breyer<br />

Die Corporate Responsibility (CR)-Strategie<br />

von Evonik soll dazu beitragen, die globalen<br />

Herausforderungen zu erkennen,<br />

aufzugreifen und mit innovativen Lösungen<br />

das Geschäft auszubauen. Dafür<br />

müssen alle Geschäftsprozesse weltweit<br />

an hohen Umwelt- und Sozialstandards<br />

ausgerichtet sein. Ein besonderes Augenmerk<br />

gilt dabei den Schwellen- und<br />

Entwicklungsländern, in denen Evonik als<br />

eines der weltweit führenden Unternehmen<br />

der Spezialchemie mit Standorten<br />

oder als Einkäufer tätig ist. Denn hier<br />

zeigen sich die Herausforderungen der<br />

Zukunft wie unter einem Brennglas: Das<br />

Bevölkerungswachstum führt zu einem<br />

rasch steigenden Bedarf an Ressourcen,<br />

Flächen und Arbeitskräften. Gleichzeitig<br />

vergrößert sich der Konflikt zwischen dem<br />

notwendigem wirtschaftlichen Wachstum<br />

und der Verantwortung für Umwelt und<br />

Mitarbeiter. Das Bewusstsein, dass das<br />

Eine nicht ohne das Andere funktionieren<br />

kann, wächst indessen, und Evonik trägt<br />

auch dazu seinen Teil bei.<br />

Zentraler Stellhebel für<br />

Verantwortung<br />

Mit einem jährlichen Beschaffungsvolumen<br />

von über neun Milliarden Euro<br />

ist Evonik ein bedeutender Einkäufer<br />

weltweit und in den Regionen, in denen<br />

das Unternehmen tätig ist. Die systematische<br />

Integration von CR in das<br />

konzernweite Lieferantenmanagement<br />

ist daher ein wichtiges Ziel. Es reicht<br />

von der Lieferantenauswahl über den<br />

Einkaufsprozess bis hin zur Bewertung<br />

der Lieferantenbeziehungen. Im letzten<br />

Jahr konnte Evonik bereits einiges<br />

erreichen: So wurde im Juli 2010 eine<br />

neue Beschaffungsrichtlinie verabschiedet,<br />

die künftig den Umgang mit den<br />

Lieferanten weltweit regelt. Sie ergänzt<br />

die bestehenden CR-Anforderungen, die<br />

im Evonik Code of Conduct, der <strong>Global</strong><br />

84 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

85<br />

Best Practice<br />

Social Policy und den Unternehmenswerten<br />

für Umwelt, Sicherheit, Gesundheit<br />

und Qualität ausführlich beschrieben<br />

sind. Die neue Beschaffungsrichtlinie<br />

legt unter anderem fest, dass Evonik<br />

bei der Auswahl von Lieferanten darauf<br />

achtet, dass diese die Grundsätze des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und die Standards<br />

der Internationalen Arbeitsorganisation<br />

(ILO) einhalten. Diese Erwartungen<br />

wurden nun auch in den Allgemeinen<br />

Einkaufsbedingungen festgeschrieben.<br />

Damit schafft Evonik Transparenz und<br />

sorgt für ein einheitliches CR-Verständnis<br />

entlang der Lieferkette. Zugleich begegnet<br />

das Unternehmen damit den Erwartungen<br />

seiner Kunden, die ihrerseits eine<br />

transparente und bis zu den Vorlieferanten<br />

reichende Lieferkette dargestellt<br />

haben wollen. Vor allem aber will sich<br />

Evonik damit verlässliche und langfristig<br />

stabile Lieferantenbeziehungen sichern –<br />

ein Aspekt, der auch im Hinblick auf das<br />

Management zentraler Geschäftsrisiken<br />

von wachsender Bedeutung ist.<br />

Risikoanalyse als Basis<br />

Im Rahmen des Pilotprojekts CR@Procurement<br />

führte Evonik Mitte 2010 eine<br />

umfassende Analyse zu Umwelt- und Sozialrisiken<br />

bei seinen Lieferanten durch.<br />

Dabei konzentrierte sich das Unternehmen<br />

insbesondere auf Herkunftsländer,<br />

die gemäß dem United Nations Human<br />

Development Index (HDI) und dem<br />

Transparency International Corruption<br />

Perception Index (CPI) als Risikoländer<br />

einzustufen sind – wo also folglich<br />

der größte Handlungsbedarf bestehen<br />

könnte. Die auf diese Weise identifizierten,<br />

vornehmlich in China sowie<br />

Süd- und Osteuropa ansässigen über 200<br />

Lieferanten wurden dann anhand eines<br />

klar definierten Bewertungsverfahrens<br />

überprüft. Themen der Befragung waren<br />

unter anderem Umweltschutz, Sicherheit,<br />

Korruptionsbekämpfung und soziale<br />

Aspekte. Die Fragen dafür waren zuvor<br />

mit den konzernweiten CR-Anforderungen<br />

sowie anerkannten Umwelt- und<br />

Sozialstandards abgeglichen worden,<br />

darunter auch die Prinzipien des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, denen sich Evonik im<br />

Sommer 2009 verpflichtet hat. Parallel<br />

zur Lieferantenbefragung begann Evonik<br />

auch damit, seine Einkäufer zu schulen:<br />

In Präsenz- und Online-Trainings wurden<br />

sie über die CR-Ziele informiert, die sich<br />

das Unternehmen im Bereich des Lieferantenmanagements<br />

gesetzt hat. Und<br />

sie erhielten die nötigen Informationen,<br />

um den Lieferanten als kompetenter<br />

Ansprechpartner zum Thema CR zur<br />

Seite zu stehen. In China, einem der<br />

wichtigsten Beschaffungsmärkte von<br />

Evonik, wurde das Programm noch durch<br />

spezielle Trainingseinheiten für die dortigen<br />

Einkäufer ergänzt.<br />

Ausbau von Audits und Trainings<br />

Insgesamt ergab die Lieferantenbefragung<br />

bei Evonik ein erfreuliches Bild: 74<br />

Prozent der befragten Lieferanten haben<br />

ökologische und soziale Kriterien bereits<br />

in ihre Managementsysteme integriert.<br />

Vereinzelt wiesen Lieferanten selbst auf<br />

noch bestehende Schwachstellen hin.<br />

Dies betraf insbesondere Umweltschutzmaßnahmen<br />

und die systematische<br />

Verankerung von sozialen Aspekten.<br />

Rüdiger Eberhard, Chief Procurement<br />

Officer bei Evonik Industries, war ob<br />

der guten Ergebnisse erfreut, aber nicht<br />

wirklich überrascht: „Für Evonik hat die<br />

Verlässlichkeit seiner Lieferanten bereits<br />

seit langem einen hohen Stellenwert.<br />

Ein professionelles Management von<br />

Nachhaltigkeitsaspekten ist dafür Grundvoraussetzung.<br />

Dieses Bewusstsein teilen<br />

wir nicht nur innerhalb von Evonik,<br />

sondern auch mit unseren Zulieferern.“<br />

Anhand der Befragungsergebnisse tritt<br />

Evonik nun an seine Lieferanten heran,<br />

um gemeinsam mit ihnen Verbesserungsmaßnahmen<br />

zu entwickeln und umzusetzen.<br />

Bis Ende <strong>2011</strong> sollen im Rahmen<br />

eines Pilotprojekts zudem mehr als zehn<br />

Lieferantenaudits in China durchgeführt<br />

werden, bei denen Vertreter von<br />

Evonik sich vor Ort über die Einhaltung<br />

der CR-Standards informieren. Bis Ende<br />

2012 soll CR systematisch in die Beschaffungsstrategie<br />

von Evonik eingebettet<br />

sein. Deshalb arbeitet das Unternehmen<br />

zurzeit auch daran, bestehende Prozesse<br />

zum Management von CR-Risiken in das<br />

IT-gestützte Lieferantenmanagement<br />

zu integrieren. Vorgesehen ist zudem<br />

der flächendeckende Ausbau des bestehenden<br />

Trainings-Angebots zur CR-<br />

Kompetenz der Einkäufer. Dabei wird,<br />

wie bei allen Maßnahmen von Evonik,<br />

weiterhin insbesondere die Zusammenarbeit<br />

im Mittelpunkt stehen.


FAI reNT-A-JeT<br />

FAI rent-a-jet AG:<br />

Grüner Hangar am<br />

Flughafen Nürnberg<br />

Von Petra Polster<br />

Als weltweit operierender Anbieter von Air Ambulance, Public Service und executive Charter<br />

gilt die FAI rent-a-jet AG als eines der größten unternehmen der Allgemeinen luftfahrt (General<br />

Aviation). Seit der Gründung im Jahr 1986 ist die FAI rent-a-jet AG (dba Flight Ambulance<br />

International) für die Versicherungs- und Assistance-wirtschaft, regierungsstellen, Nichtregierungsorganisationen,<br />

Krankenhäuser, wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen tätig. luftverkehr<br />

wird auch in der Zukunft unverzichtbar sein, insbesondere im Ambulanzbereich (speziell<br />

evakuierungen aus Krisengebieten) und der unterstützung von Friedensmissionen der Vereinten<br />

Nationen. FAI zählt hier zu den größten europäischen Flugdienstleistern und operiert learjets im<br />

Auftrag der uN derzeit auf Stationen im Sudan, der elfenbeinküste, dem Senegal sowie uganda.<br />

Luftverkehr und Umweltschutz in Einklang<br />

zu bringen, war FAI ein Bedürfnis<br />

beim Bau des neuen grünen Hangar- und<br />

Funktionsgebäudes mit einer Nutzfläche<br />

von mehr als 6.000 Quadratmetern am<br />

Flughafen Nürnberg. FAI stellt sich den<br />

aus dem Flugverkehr negativ resultierenden<br />

Auswirkungen und hat deshalb<br />

als aktiven Beitrag zum Umweltschutz<br />

größten Wert auf erneuerbare Energien<br />

gesetzt.<br />

Uns allen ist der anthropogene Treibhauseffekt<br />

ein sehr bekannter Begriff. Die<br />

Wissenschaft warnt vor der gravierenden<br />

Klimaveränderung in den nächsten<br />

Jahrzehnten: das Abschmelzen der Pole,<br />

der steigende Meeresspiegel, Schlammlawinen<br />

und zunehmend starke Stürme<br />

sind nur einige der wahrscheinlich zu<br />

erwartenden Probleme. Hauptursache<br />

für diese Klimaveränderung ist die Anreicherung<br />

der Atmosphäre mit Gasen, die<br />

den Treibhauseffekt verstärken. Hierzu<br />

gehören hauptsächlich CH4 (Methan)<br />

und CO 2 (Kohlendioxid). Der Gehalt von<br />

CO 2 in der Atmosphäre ist seit Beginn<br />

der Industrialisierung stark gestiegen.<br />

Über 30 Prozent der CO 2 -Emissionen<br />

in der EU stammen aus der Erzeugung<br />

von Elektrizität. Solarsysteme benötigen<br />

keine Kohle, Gas oder Strom, bei deren<br />

Verbrennung Unmengen an CO 2 frei<br />

werden. In 10 Jahren spart eine Anlage<br />

zur Gewinnung von Solarenergie pro<br />

kWp ca. 5 Tonnen CO 2 ein.<br />

Der mit einer 100 kWp-Solaranlage ausgerüstete<br />

neue Hangar 6 am Flughafen<br />

Nürnberg speist mehr sauberen Solarstrom<br />

in das Netz ein, als der laufende<br />

Betrieb des Hangar- und Funktionsgebäudes<br />

verbraucht. Die sogenannte „Carbon<br />

Von links: Henry Marx (Geschäftsführer<br />

Flughafen Nürnberg GmbH),<br />

FAI-Gründer Dr. Siegfried Axtmann,<br />

Innenminister Joachim Herrmann und<br />

Karl-Heinz Krüger (Geschäftsführer<br />

Flughafen Nürnberg GmbH).<br />

86 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

87<br />

Best Practice<br />

Außenansicht des neuen „Hangar 6“ der<br />

FAI rent-a-jet AG am Flughafen Nürnberg<br />

Photovoltaik-Anlage der FAI rent-a-jet AG<br />

auf dem Flughafen Nürnberg<br />

neutral Ground-Operation“ ist ein bisher<br />

auf deutschen Flughäfen einmaliges,<br />

zukunftsweisendes Projekt. Zusätzlich<br />

zur Stromerzeugung und dem wirtschaftlichen<br />

Betrieb der Anlage ergeben sich<br />

weitere Vorteile wie die Verbesserung<br />

des Gebäudeklimas durch weniger Hitzeeintrag<br />

oder die längere Lebensdauer<br />

der Dachhaut durch Verringerung der<br />

Sonneneinstrahlung. Die FAI rent-a-jet<br />

AG speist ihren durch die Photovoltaikanlage<br />

gewonnenen Solarstrom direkt in<br />

das Stromnetz der Homebase am Standort<br />

Nürnberg ein.<br />

Das neue Hangar- und Funktionsgebäude<br />

garantiert wirtschaftlichen Betrieb<br />

bei hohem Komfort und umfassender<br />

Sicherheit durch die Ausstattung mit<br />

verschiedenen BUS-Systemen, welche<br />

selbstständig auf sich wandelnde Umweltbedingungen<br />

reagieren. Die Steuerung<br />

von Licht, Heizung sowie Kühlung<br />

wird somit je nach Bedarf geregelt.<br />

Die verschiedenen Regen-, Licht- und<br />

Windsensoren wurden so programmiert,<br />

dass beispielsweise bei Sonneneinstrahlung<br />

die Außenjalousie herunterfährt<br />

und somit die Klimaanlage entlastet wird.<br />

Die Außenbeleuchtung ist an diverse<br />

Lichtsensoren gekoppelt, die entsprechend<br />

automatisch ab einem bestimmten<br />

Lux-Wert gesteuert wird.<br />

In der Werft hat man sich für die Installation<br />

einer teilungsfähigen Trennwand<br />

entschieden, welche die Teilung in 2/3<br />

und 1/3 ermöglicht. Die Trennwände<br />

sind die Lösung für Probleme, wenn unterschiedliche<br />

Arbeitsvorgänge zeitweise<br />

voneinander getrennt oder Teilbereiche<br />

unterschiedlich genutzt werden. Die<br />

Energiekosten für Heizung, Kühlung,<br />

Lüftung oder Beleuchtung können hierdurch<br />

reduziert werden.<br />

Darüber hinaus leistet FAI einen zusätzlichen<br />

Beitrag zum Umweltschutz,<br />

indem ausschließlich batteriebetriebene<br />

Flugzeugschlepper und Elektro-Cars zum<br />

Personentransport auf dem Vorfeld des<br />

Flughafens eingesetzt werden.<br />

FAI hat besonders im Bereich IT bei der<br />

Neuanschaffung sowie dem effizienten<br />

Einsatz von Geräten auf die Nachhaltigkeit<br />

Wert gelegt.<br />

Der Klimawandel hat sich zu einer der<br />

größten Herausforderungen für die<br />

Menschheit und unser Ökosystem entwickelt.<br />

Verantwortlich dafür ist der<br />

schnell ansteigende Ausstoß der Treibhausgasemissionen<br />

in die Atmosphäre.<br />

Die Reduzierung des Carbon Footprints /<br />

CO 2 - Fußabdrucks ist der Schlüssel, um<br />

dieser Entwicklung gegenzusteuern.<br />

Die Lösung liegt in der Steigerung der<br />

Energieeffizienz, der Senkung von CO 2 -<br />

Emissionen durch den Einsatz grüner<br />

Energie und dem langfristigen Ziel einer<br />

vollständigen CO 2 - Neutralität von Produkten<br />

im Unternehmen. Die bei FAI neu<br />

installierten Computer-Monitore sind mit<br />

dem ECO GREEN IT-Label ausgezeichnet,<br />

ein Carbon Footprint Meter ermittelt<br />

in Echtzeit, wie viel Kohlendioxid der<br />

jeweilige Monitor einspart.<br />

Die HP Switches sind Miercom Greenzertifiziert.<br />

Die Switches wurden auf<br />

ihre Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit<br />

untersucht. Der geringere<br />

Verbrauch sorgt für eine Reduktion<br />

der Wärmeabgabe, was wiederum die<br />

Kühlvorgänge im Datenzentrum und<br />

die damit verbundenen Energiekosten<br />

reduziert.<br />

Verbrauchte Tonerkartuschen werden<br />

zugunsten des Vereins Rockefeller Economies<br />

e. V. gespendet. Zweck des Vereins<br />

ist die Verminderung der Umweltbelastung<br />

und gleichzeitige Beschaffung<br />

von Mitteln für die Verwirklichung der<br />

steuerbegünstigten Zwecke für andere<br />

in <strong>Deutschland</strong> anerkannte gemeinnützige<br />

Körperschaften, welche derzeit die<br />

„UNESCO-Kinder in Not“ sowie der Verein<br />

„GRD-Gesellschaft zur Rettung der<br />

Delphine“ sind.


ForeST CArBoN GrouP<br />

wertvolles muss einen<br />

wert erhalten<br />

wälder sind für wirtschaft und Gesellschaft überlebenswichtig.<br />

Ihre Dienstleistungen müssen daher einen wert erhalten, um<br />

den Anreiz für ihren Schutz zu erhöhen. Projekte und Geschäft<br />

der Forest Carbon Group schaffen diesen Mehrwert für wälder.<br />

Von Alexander Zang<br />

13 Millionen Hektar Wald verliert die<br />

Erde jährlich, überwiegend in Schwellen-<br />

und Entwicklungsländern. Entwaldung<br />

verursacht etwa 20 Prozent der weltweiten<br />

CO 2 -Emissionen. Der Waldschwund<br />

hat weitreichende Konsequenzen für Klima,<br />

Wasserkreisläufe, Biodiversität und<br />

Ressourcennutzung. Ohne Waldschutz<br />

gibt es keinen Klima- und Artenschutz,<br />

aber auch der Kampf gegen die Armut<br />

kann nicht gelingen. Schließlich leben<br />

rund eine Milliarde Menschen von der<br />

Waldnutzung.<br />

Niemals zuvor in der Geschichte haben<br />

Länder das Roden gestoppt, bis sie eine<br />

bestimmte Stufe der Modernisierung<br />

erreicht hatten. Herkömmlicher Natur-<br />

schutz, bei dem Zäune um Wälder gezogen<br />

wurden, musste daher scheitern. In<br />

der internationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />

genoss das Thema zwar einen<br />

hohen Stellenwert, doch es gelang lange<br />

nicht, an den entscheidenden Stellen den<br />

Hebel anzusetzen. Zu komplex sind die<br />

Wirkungskräfte (Landwirtschaft, Armut,<br />

überforderte Staatsorgane, Infrastrukturausbau),<br />

zu gering ist der ökonomische<br />

Anreiz, der die Wälder auf die Ressource<br />

Holz reduziert und auf die der Säge<br />

nachfolgenden Landwirtschaft.<br />

Wälder sind jedoch für Wirtschaft und<br />

Gesellschaft lebensnotwendig. Der UN-<br />

Bericht „Millenium Ecosystem Assessment“<br />

benennt 24 unentbehrliche sogenannte<br />

Ökosystemdienstleistungen<br />

88 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

89<br />

Best Practice<br />

wie Regenbildung, Erosions- und Bodenschutz,<br />

die überwiegend von Wäldern<br />

erbracht werden. Keine davon ist heute<br />

jedoch im wirtschaftlichen Handeln<br />

eingepreist.<br />

Das multilaterale und von der UN mit<br />

geförderte Projekt „The Economics of<br />

Ecosystems and Biodiversitiy“ beziffert<br />

den Gegenwert für den weltweiten<br />

Waldverlust auf zwei bis vier Billionen<br />

US-Dollar jährlich. Der stehende Wald<br />

muss daher einen Wert erhalten, der<br />

höher ist als der Wert, der durch Abholzen<br />

erreicht wird. Konkret: Bauern<br />

oder Unternehmen, die Bäume fällen<br />

wollen, müssen dafür entschädigt werden,<br />

dies nicht zu tun. Dafür gilt es, die<br />

Opportunitätskosten zu ermitteln. Sie<br />

bestehen aus den Einkommensverlusten<br />

entweder aus dem Verzicht auf den<br />

Holzverkauf oder beispielsweise dem<br />

Soja, das auf den gerodeten Parzellen<br />

angebaut werden kann.<br />

Dieser Wert braucht eine fungible Währung.<br />

Hier setzen Emissionsminderungszertifikate,<br />

auch CO 2 -Zertifikate genannt,<br />

an. Sie stellen die Währung im wachsenden<br />

Kohlenstoffmarkt dar. Ihr Preis<br />

sorgt dafür, dass der Wert eines Waldstückes<br />

über dem Ertragspotential von<br />

Brenn- und Bauholz oder der gerodeten<br />

Ackerfläche liegt. Der Verkauf von und<br />

Handel mit CO 2 -Zertifikaten aus Waldprojekten<br />

ist ein erster Meilenstein auf<br />

dem Weg, Ökosystemdienstleistungen<br />

zu bepreisen.<br />

Solche Waldprojekte, die über CO 2 Zertifikate<br />

ko-finanziert werden, initiiert,<br />

entwickelt und steuert die Forest Carbon<br />

Group AG – überwiegend in Nord- und<br />

Zentralamerika sowie Afrika mit renommierten<br />

Umweltschutzorganisationen<br />

wie der Nature Conservancy oder Wildlife<br />

Works als Partner. Hierbei werden<br />

zerstörte Wälder renaturiert und intakte<br />

Wälder erhalten. Neben Waldschutz und<br />

ökonomischen Entwicklungsperspektiven<br />

für die beteiligten Kommunen und<br />

Regionen zielt dies darauf, Unternehmen<br />

aus Industriestaaten im Rahmen ihrer<br />

Nachhaltigkeitsstrategien Lösungen für<br />

Investitionen in Ökosysteme und den<br />

natürlichen CO 2 -Ausgleich anzubieten.<br />

Zukunftsorientierten Unternehmen wird<br />

somit ermöglicht, ihrer Verantwortung<br />

beim Klimaschutzes gerecht zu werden,<br />

ihre unvermeidbaren klimaschädlichen<br />

Emissionen ihrer Produktion und Produkte<br />

auszugleichen und klimaneutral<br />

zu gestalten.<br />

Das zugrunde liegende Prinzip dabei ist<br />

einfach: Wälder sind neben den Ozeanen<br />

die größten CO 2 -Speicher der Welt.<br />

Wird der Waldbestand erweitert, wird<br />

der Atmosphäre zusätzlich Kohlendioxid<br />

entzogen. Auf der anderen Seite verhin-<br />

dert der Schutz gefährdeter Wälder, dass<br />

klimawirksame Treibhausgase in die<br />

Atmosphäre gelangen. Dadurch werden<br />

Wälder langfristig als natürliche Kohlenstoffspeicher<br />

gesichert und können so<br />

einen entscheidenden Beitrag im Kampf<br />

gegen den Klimawandel leisten.<br />

Für ihre Aufforstungs- und Waldschutzvorhaben<br />

bedient sich die Forest Carbon<br />

Group des freiwilligen Kohlenstoffmarktes.<br />

Dieser existiert neben dem regulierten<br />

Emissionshandel, auch im Vorgriff<br />

und als Experimentierfeld auf zu erwartende<br />

internationale und nationale Regulierungen<br />

zum Klimaschutz, wie sie auf<br />

den UN-Klimaverhandlungen debattiert<br />

werden oder aber bereits in Kalifornien<br />

oder Australien beschlossen sind.<br />

Sicher sind Emissionsminderungszertifikate<br />

kein Allheilmittel. Damit Waldschutz<br />

gelingt, sind in vielen Ländern<br />

der Auf bau einer funktionsfähigen<br />

Forstverwaltung und Reformen im<br />

Staatswesen notwendig. Zudem muss<br />

es Marktvorteile geben für Produkte<br />

wie Soja oder Kakao, wenn sie Wald<br />

schonend erzeugt wurden. Denn in den<br />

großen Waldländern Lateinamerikas<br />

und Afrikas gehen über 60 Prozent der<br />

Entwaldung auf das Konto neuer Ackerflächen.<br />

Farmer sind dabei das unterste<br />

Glied der Produktionskette. Ihr Verdienst<br />

ist gering, aber sie sind diejenigen, die<br />

den Wald erhalten können. Also müssen<br />

sie dafür belohnt werden und dies<br />

auch in der Geldbörse spüren. Auch hier<br />

kann der Handel mit CO 2 Zertifikaten<br />

ein Finanzierungshebel sein.<br />

Der CO 2 -Zertifikatehandel kann eine Brücke<br />

bauen, um Entwicklung ohne Kahlschlag<br />

zu ermöglichen. Er stellt zudem<br />

überhaupt erst signifikante finanzielle<br />

Mittel bereit. Denn nach Schätzungen<br />

sind jährlich zwischen 17 und 30 Milliarden<br />

US-Dollar nötig, um Waldschutz<br />

weltweit zu finanzieren. Ohne das finanzielle<br />

Engagement des Privatsektors wird<br />

Waldschutz nicht gelingen.<br />

Und anders als das verfahrenstechnisch<br />

aufwändige und weitgehend unerprobte<br />

Abspalten von Kohlendioxid und sein unterirdisches<br />

Verpressen (CCS-Verfahren)<br />

ist die biologische CO 2 -Speicherung nicht<br />

nur billiger und sicherer, sondern bietet<br />

darüber hinaus einen immensen Nutzen<br />

für Natur und Gesellschaft.


GIZ<br />

Innovationen:<br />

Türöffner für neue Märkte<br />

Viele Herausforderungen, vor denen entwicklungs- und Schwellenländer heute stehen, erfordern<br />

kreative Herangehensweisen und neuartige lösungsansätze. Immer häufiger erkennt die<br />

Privatwirtschaft dies als Geschäftspotenzial: In Afrika, Asien und lateinamerika entwickeln<br />

unternehmen innovative Produkte und Dienstleistungen, die sie den Menschen vor ort anbieten.<br />

So erschließen sie neue Märkte und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Armutsbekämpfung.<br />

Von Stefanie Klein und Lisa Süß<br />

In der Diskussion um globale Themen wie<br />

Armut und Klimawandel sind nachhaltige<br />

Lösungsansätze gefragt. Immer öfter zeigt<br />

sich, dass Innovationen eine zentrale Rolle<br />

spielen, um wirtschaftliches Wachstum<br />

in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

sozial- und umweltfreundlich und damit<br />

nachhaltig zu gestalten. So verbessert<br />

sich beispielsweise durch den Transfer<br />

von klimaschonenden Technologien oder<br />

die Umstellung auf intelligente Produktionsmethoden<br />

und Geschäftsmodelle die<br />

Lebenssituation der Menschen vor Ort,<br />

und es entstehen Arbeitsplätze. Gleichzeitig<br />

eröffnet dies vielen Unternehmen die<br />

Möglichkeit, erfolgreich im Ausland zu<br />

investieren und dabei unternehmerisch<br />

verantwortungsvoll und im Sinne des<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu handeln.<br />

Produktideen für den kleinen<br />

Geldbeutel<br />

Innovative Ideen entstehen vor allem dort,<br />

wo lokale Bedürfnisse berücksichtigt und<br />

als Marktchance verstanden werden. Daher<br />

entwickelt die Deutsche Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />

GmbH in enger Zusammenarbeit mit<br />

der Wirtschaft Lösungsansätze, die die<br />

Interessen der Unternehmen mit entwicklungspolitischen<br />

Ansätzen verbin-<br />

den. Einige davon basieren auf dem „Base<br />

of the Pyramid“-Konzept des indischen<br />

Wissenschaftlers C. K. Prahalad. Er versteht<br />

die rund vier Milliarden Menschen<br />

am unteren Ende der globalen Einkommenspyramide<br />

als Konsumenten und Produzenten,<br />

für die bisher kaum geeignete<br />

Produkte angeboten werden, obwohl sie<br />

eine jährliche Kaufkraft von insgesamt<br />

fünf Billionen US-Dollar haben.<br />

Indem Unternehmen ihre Angebote auf<br />

die Bedürfnisse, das Umfeld und das verfügbare<br />

Einkommen der Menschen in<br />

ärmeren Bevölkerungsschichten anpassen,<br />

entstehen oftmals ganz neue Ideen für<br />

Produkte und Geschäftsmodelle. Nicht<br />

selten können solche spezialisierten Lösungen<br />

später auch in andere Regionen<br />

übertragen oder einer kaufkräftigeren<br />

Klientel angeboten werden. Die Beschäftigung<br />

mit den Kunden am Sockel der<br />

Wohlstandspyramide führt damit aus<br />

betriebswirtschaftlicher Sicht zu innovativen<br />

Geschäftsmodellen, die sich rechnen.<br />

Und sie liefert wertvolle Impulse für<br />

nachhaltige Entwicklung, indem sie den<br />

Menschen vor Ort eine höhere Lebensqualität<br />

und bessere Einkommensmöglichkeiten<br />

schafft. Wie ein solches Modell<br />

in der Praxis aussehen kann, zeigt eine<br />

Allianz der GIZ mit der INENSUS GmbH<br />

im Bereich der Windenergie.<br />

Windenergiewirtschaft als<br />

Erfolgsmodell<br />

Die INENSUS GmbH ist auf Produkte und<br />

Dienstleistungen für Kleinwindanlagen<br />

spezialisiert und damit auf dem europäischen<br />

Markt sehr erfolgreich. Doch auch<br />

in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

90 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

91<br />

Best Practice<br />

sind sogenannte Inselsysteme, die unabhängig<br />

vom öffentlichen Netz arbeiten,<br />

gefragt. Denn sie eignen sich bestens für<br />

die Stromversorgung ländlicher Regionen.<br />

Im Jahr 2007 schloss sich das Unternehmen<br />

daher mit der GIZ in einer Entwicklungspartnerschaft<br />

zusammen. Beide<br />

Partner bringen ihre Kompetenzen und<br />

ihr Know-how sowie finanzielle Mittel<br />

in die Partnerschaft ein, wobei die für<br />

das Projekt gegründete INENSUS West<br />

Afrika S.A.R.L. 60 Prozent der Kosten trägt.<br />

Für das gemeinsame Projekt wurde nach<br />

Windmessungen und sozioökonomischen<br />

Studien ein Dorf im Senegal ausgewählt.<br />

Zudem wurde es in ein Programm zur<br />

Förderung erneuerbarer Energien und<br />

ländlicher Elektrifizierung integriert, das<br />

die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) durchführt.<br />

Erneuerbare Energien per Chipkarte<br />

Im Dorf Sine Moussa Abdou im Westen<br />

Senegals leben 70 Familien und damit<br />

rund 900 Menschen. Zum Projektstart<br />

gründeten sie zunächst ein Dorfstromkomitee,<br />

das mit INENSUS einen Vertrag<br />

über den Strompreis und die zu liefernde<br />

Energiemenge aushandelte. Heute fließt<br />

der Strom verlässlicher als in der Stadt:<br />

ein Minikraftwerk erzeugt die Energie aus<br />

Wind, Sonne und bei hohem Bedarf auch<br />

mit einem Dieselgenerator. Jede Familie<br />

legt fest, welche Energiemenge sie pro<br />

Woche benötigt und lädt ein entsprechendes<br />

Guthaben auf eine Chipkarte, um den<br />

Strom abzuholen. Alle sechs Monate wird<br />

der Strompreis neu verhandelt.<br />

Das Projekt ist nicht nur durch die verhältnismäßig<br />

einfache Technik, sondern<br />

vor allem durch das innovative Betreibermodell<br />

ein Erfolg. Der Geschäftsführer<br />

von INENSUS, Nico Peterschmidt, erläutert<br />

das Konzept dahinter: „Wir stellen<br />

uns dem Wettbewerb auf Dorfebene<br />

– die Bewohner müssen unser Modell<br />

wollen und sich dazu auch organisieren.<br />

Die Idee ist, die Dorfwirtschaft mit dem<br />

Zugang zu Energie anzukurbeln.“ Am<br />

Ende profitieren davon nicht nur die<br />

Investoren, sondern es entstehen auch<br />

neue Einkommensmöglichkeiten im<br />

Dorf. Derzeit ist ein Laden mit Kühlbereich<br />

geplant, und der Schneider kann<br />

Aufträge mit einer elektronischen Nähmaschine<br />

viel schneller bearbeiten.<br />

Nachhaltig und preisgekrönt<br />

Das Gemeinschaftsprojekt wurde <strong>2011</strong><br />

mit dem Innovationspreis für Klima und<br />

Umwelt des Bundesumweltministeriums<br />

und des Bundesverbands der Deutschen<br />

Industrie ausgezeichnet. Und auch die<br />

Fortsetzung ist bereits gesichert: Der niederländische<br />

Daey Ouwens Fund stellt<br />

öffentliche Mittel bereit, um 30.000 wei-<br />

tere Menschen in 30 Dörfern mit Strom<br />

zu versorgen. Zudem interessieren sich<br />

immer mehr Privatinvestoren für die Idee.<br />

Peterschmidt blickt zuversichtlich in die<br />

Zukunft: „Wir müssen unser Gesamtpaket<br />

günstig anbieten, und dazu müssen wir es<br />

oft verkaufen. Die Margen halten wir gering,<br />

denn wir wissen, dass die Bewohner<br />

in den Dörfern unsere Gewinne bezahlen<br />

können müssen. Dennoch ist unser Modell<br />

privatwirtschaftlich und marktgetrieben<br />

und genau deshalb nachhaltig!“<br />

Innovationen als Marktlücke<br />

Die Entwicklungspartnerschaft mit der<br />

INENSUS GmbH ist nur ein Beispiel für<br />

viele innovative Projekte, die die GIZ<br />

gemeinsam mit unterschiedlichen Unternehmen<br />

realisiert. Im Rahmen des<br />

develoPPP-Programms im Auftrag des BMZ<br />

stößt sie jährlich rund 50 neue Partnerschaften<br />

an und fördert dadurch die Ziele<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Als kompetenter<br />

Partner verbindet sie die Anliegen der<br />

Wirtschaft mit nachhaltiger Entwicklung<br />

vor Ort – sie berät Unternehmen<br />

zu Corporate Social Responsibility (CSR)<br />

oder unterstützt bei der Umsetzung neuer<br />

Geschäftsmodelle. Durch die langjährigen,<br />

weltweiten Erfahrungen und intensive<br />

lokale Kontakte macht sie Innovationen<br />

gemeinsam mit der Wirtschaft zum Türöffner<br />

für nachhaltige Entwicklung und<br />

neue Märkte.


HerAeuS<br />

Mit Know-how erneuerbare<br />

energien optimieren und<br />

ressourcen sparen<br />

ob Photovoltaik oder energiesparende Fenster – Produkte von Heraeus erhöhen die effizienz bei<br />

der energiegewinnung und senken den -verbrauch.<br />

Von Dr. Jörg Wetterau<br />

Der Energieverbrauch der Bevölkerung<br />

steigt weltweit an. Doch Erdöl, Erdgas,<br />

Kohle und Atomkraft stehen als Energieträger<br />

nur begrenzt zur Verfügung.<br />

Die Sonne dagegen ist eine dauerhaft<br />

verfügbare Energiequelle. Die umweltfreundliche<br />

Gewinnung von Solarstrom<br />

wird daher immer wichtiger. Für die<br />

Photovoltaik hat der weltweit tätige<br />

Edelmetall- und Technologiekonzern<br />

Heraeus – 1851 in Hanau gegründet –<br />

zahlreiche Produkte entwickelt, wie z. B.<br />

Infrarot-Strahler zur Wärmebehandlung<br />

von Solarzellen. Auch zur Energieeinsparung<br />

im täglichen Leben und in der Industrieproduktion<br />

trägt Heraeus bei. So<br />

verringern spezielle Beschichtungen auf<br />

Fenstern den Energieverbrauch. Temperatursensoren<br />

von Heraeus ermöglichen<br />

in der Stahl- und Aluminiumindustrie<br />

durch sekundenschnelle und hochpräzise<br />

Temperaturmessung erhebliche Energieeinsparungen<br />

im Produktionsprozess.<br />

Silberpasten erhöhen den<br />

Wirkungsgrad von Solarzellen<br />

Der Anteil der erneuerbaren Energie wird<br />

in den nächsten Jahren deutlich zunehmen.<br />

Die Gestaltung des Energiemix wird<br />

daher dauerhaft im Fokus des öffentlichen,<br />

politischen aber auch wirtschaftlichen<br />

Interesses stehen. Der Blick ist dabei vor allem<br />

darauf gerichtet, wie die erneuerbaren<br />

Energien mit immer besseren Wirkungsgraden<br />

gewonnen werden können. Für<br />

die umweltfreundliche Solarstromerzeugung<br />

werden bereits zahlreiche Heraeus<br />

Produkte genutzt. Dazu gehören auch<br />

silberhaltige Pasten zur Herstellung sehr<br />

feiner, hochleitfähiger Kontaktbahnen auf<br />

den Solarzellen, die den Linien- und Übergangswiderstand<br />

verringern, bei möglichst<br />

minimalem elektrischen Widerstand und<br />

geringer Verschattung der Solarzelle. Die<br />

silberhaltigen Pasten tragen maßgeblich<br />

zur Verbesserung des Wirkungsgrades<br />

der Solarzellen bei. Heraeus entwickelt<br />

kontinuierlich neue Rezepturen, um die<br />

Kontaktierung der Solarzellen und damit<br />

deren Effizienz zu steigern.<br />

92 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

93<br />

Best Practice<br />

Ultraviolett- und Infrarot-Spezialstrahler<br />

machen Solarzellen ebenfalls effizienter.<br />

Solarzellen und Solarmodule müssen<br />

getestet werden, um die Produktionsqualität<br />

zu kontrollieren, die Zellen zu<br />

charakterisieren und in Leistungsklassen<br />

einzuteilen. Dazu benötigt man zuverlässige<br />

und reproduzierbare Lichtquellen,<br />

die dem Spektrum der Sonne möglichst<br />

nahe kommen. Xenon-Blitzlampen, klein<br />

und ringförmig oder linear bis zu zwei<br />

Meter Länge, leisten dies. Bei der Herstellung<br />

von Solarzellen werden meist<br />

Infrarot-Strahler mit einem speziellen<br />

Nanoreflektor aus Quarzglas eingesetzt,<br />

die Prozesse im Vakuum oder unter<br />

Hochtemperaturbedingungen besonders<br />

stabil und damit energieeffizient<br />

verwirklichen.<br />

Links: Aufgebracht auf Fensterglas<br />

reduzieren Metall- und edelmetalllegierungen<br />

wärmeverluste.<br />

Rechts: Silberpasten erhöhen den<br />

wirkungsgrad von Solarzellen.<br />

Dünne Edelmetallschichten<br />

auf Fensterglas reduzieren<br />

Wärmeverlust<br />

Wer in Städten aufmerksam Bürogebäude<br />

und Hochhäuser betrachtet, stellt<br />

fest, dass die großflächigen Glasscheiben<br />

bräunlich, bläulich oder grünlich<br />

schimmern. Die Ursache hierfür<br />

ist eine feine, nur wenige Nanometer<br />

dünne Beschichtung aus Metall- und<br />

Edelmetalllegierungen, die durch ein<br />

Vakuumbeschichtungsverfahren auf<br />

den Glasflächen aufgebracht wird. Die<br />

Beschichtung kann innen und außen auf<br />

dem Glas aufgebracht werden. Sie erfüllt<br />

damit nicht nur die individuellen Design-<br />

ansprüche der Architekturbranche, sondern<br />

liefert durch die Absenkung der<br />

Wärmeverluste und Energiekosten auch<br />

einen handfesten Beitrag zum Klima-<br />

und Umweltschutz. Die Glasindustrie<br />

nutzt meterlange Flach- und Rohrtargets<br />

(Sputtertargets) von Heraeus zur funktionalen<br />

Großflächenbeschichtung von<br />

Architekturglas.<br />

Beschichtetes Fensterglas ist heute<br />

integraler Bestandteil für die Energieeinsparung<br />

in modernen Büro- und<br />

Wohngebäuden im Sommer wie im<br />

Winter. So genanntes Solar-Control-<br />

Glas sorgt dafür, dass im Sommer die<br />

Wärmestrahlung der Sonne die Räume<br />

nicht aufheizt und so den Energieverbrauch<br />

durch Klimaanlagen verringert.<br />

Umgekehrt ermöglicht eine gezielte<br />

Beschichtung der Glasinnenfläche<br />

(Low-Emissivity-Glas), dass im Winter<br />

die Heizungswärme in den Raum reflektiert<br />

und somit der Wärmeverlust<br />

durch die Fensterscheibe stark reduziert<br />

wird. Insbesondere Silber enthaltende<br />

Schichtpakete senken den Wärmeverlust<br />

und tragen zur Energieeinsparung<br />

in modernen Gebäuden bei.<br />

Infrarot-Wärme macht Trocknung<br />

von Oberflächen energieeffizienter<br />

Ob als Korrosionsschutz großer Metallteile,<br />

Klarlack auf Kunststoffprodukten<br />

oder farbiger Dekor auf Steinen – die unterschiedlichsten<br />

Beschichtungen müssen<br />

auf vielerlei Produkten getrocknet<br />

werden. Die Herausforderung dabei ist:<br />

Lacke und Farben sollen immer schneller,<br />

aber trotzdem in brillanter Qualität bei<br />

minimalem Energieeinsatz getrocknet<br />

werden. Durch gestiegene Anforderungen<br />

und veraltete Wärmequellen kann<br />

dieser Prozess für Anwender leicht zu<br />

einem teuren und energiefressenden<br />

Produktionsengpass werden.<br />

Jedem Beschichtungsprozess ist gemeinsam,<br />

dass Lacke und Farben in<br />

gleichbleibend guter Qualität möglichst<br />

rasch getrocknet werden sollen. Mit<br />

Infrarot-Strahlern kann die Qualität<br />

einer Beschichtung verbessert werden.<br />

Zudem hilft die Infrarot-Wärme, die<br />

Kosten zu senken und die Energieeffizienz<br />

einer Anlage zu steigern. Die<br />

Reduzierung der Energie- und Materialkosten<br />

wiederum ist ein wichtiger<br />

Baustein für Industrieunternehmen, um<br />

ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten<br />

oder zu steigern.<br />

Platinsensoren messen hochpräzise<br />

Temperaturdifferenzen<br />

Die Durchsetzung von Energiesparmaßnahmen<br />

gilt als eine der größten<br />

Herausforderungen Chinas. So hat<br />

die chinesische Regierung in ihrem<br />

Fünf-Jahres-Plan Energiesparen auf die<br />

Agenda gesetzt, mit dem Ziel, den Energieverbrauch<br />

der Haushalte exakt zu<br />

erfassen. Bereits Ende der 1990er-Jahre<br />

wurde nach europäischem Vorbild die<br />

Heizkostenabrechnung nach tatsächlichem<br />

Verbrauch eingeführt. In den hierfür<br />

genutzten Wärmemengenzählern<br />

kommen hochsensible Platintemperatursensoren<br />

in Dünnschichttechnologie<br />

von Heraeus zum Einsatz. Die Funktionsweise<br />

des Wärmemengenzählers<br />

basiert auf der Temperaturdifferenz<br />

von zwei Platintemperatursensoren,<br />

die im Heizkreisvorlauf und Heizkreisrücklauf<br />

installiert sind. In Verbindung<br />

mit einem Volumenzähler und einer<br />

Elektronikeinheit errechnet der Wärmezähler<br />

die tatsächlich verbrauchte<br />

Energie.


HoCHTIeF<br />

Power & Innovation –<br />

Der Beitrag von HoCHTIeF<br />

zur energiewende<br />

Von Verena Blaschke<br />

Die von der Bundesregierung beschlossene energiewende eröffnet der wirtschaft in <strong>Deutschland</strong><br />

große Potenziale – und ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. ein massiver<br />

Aus- und umbau der Infrastruktur ist nötig. Die Baubranche wird daran einen hohen Anteil haben.<br />

HoCHTIeF als traditionsreiches unternehmen und mit weltweiter erfahrung in komplexen<br />

Infrastrukturprojekten will sich hier mit wirtschaftlichen, innovativen und nachhaltigen lösungen<br />

einbringen. unter der Maxime „Power & Innovation“ bündelt der internationale Baudienstleister<br />

seine leistungen in diesem Bereich.<br />

94 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

95<br />

Best Practice<br />

Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie<br />

steht <strong>Deutschland</strong> vor einem grundlegenden<br />

Umbau seiner Energieversorgung. Bis<br />

zum Jahr 2020, so das Ziel der Bundesregierung,<br />

soll der Anteil erneuerbarer<br />

Energien an der Stromerzeugung von<br />

heute 17 Prozent auf 35 Prozent steigen.<br />

2030 soll ihr Anteil sogar bei 50 Prozent<br />

liegen. Dafür wird ein Mix aus erneuerbaren<br />

Energien benötigt – laut einer Studie<br />

der Fraunhofer-Gesellschaft besteht eine<br />

zuverlässige, kostengünstige und robuste<br />

Energieversorgung aus den erneuerbaren<br />

Quellen Wasser- und Windkraft, Fotovoltaik,<br />

solarthermischer Wärmeerzeugung,<br />

Biomasse und Geothermie. Eine solche<br />

dezentrale Energieversorgung erfordert<br />

erhebliche Investitionen in die Infrastruktur:<br />

in Ausbau und Entwicklung von<br />

Stromerzeugungsanlagen ebenso wie in<br />

Speichermedien und Versorgungsnetze.<br />

Innovationen realisieren<br />

Hier ist die Industrie gefragt – und zwar<br />

als Investor, Errichter und Betreiber von<br />

Infrastruktur. HOCHTIEF tut genau dies:<br />

Mit vielfältigen Leistungen und innovativen<br />

Lösungen ist der Konzern bereits<br />

heute auf dem Markt der regenerativen<br />

Energien tätig und hat sich als Innovationstreiber<br />

und Know-how-Träger<br />

etabliert – zum Beispiel im Bereich<br />

der Offshore-Windenergie. Die auf dem<br />

Wasser errichteten Windkraftanlagen<br />

sollen einen entscheidenden Beitrag zur<br />

nachhaltigen Energieversorgung leisten:<br />

Ziel ist es, bis 2020 in den deutschen<br />

Offshore-Windkraftwerken bis zu 10.000<br />

Megawatt Leistung zu installieren, bis<br />

2030 bereits 35.000 Megawatt. Die Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau unterstützt<br />

den Ausbau der ersten zehn Windfarmen<br />

vor der deutschen Küste mit einem<br />

Förderprogramm in Höhe von fünf Mrd.<br />

Euro. Der Hauptverband der deutschen<br />

Bauindustrie rechnet mit Bauinvestitionen<br />

in Höhe von 25 bis 30 Mrd. Euro für<br />

Windparks in Nord- und Ostsee.<br />

HOCHTIEF ist am Auf bau fast aller<br />

deutschen Offshore-Windparks beteiligt.<br />

Mit eigenem Spezialgerät können die<br />

Fundamente der Anlagen in Rekordzeit<br />

gegründet sowie Messmasten und Windenergieanlagen<br />

sicher installiert und<br />

gewartet werden. Die Maxime „Power<br />

& Innovation“ ist dabei gelebte Realität:<br />

2012 wird das von HOCHTIEF mit einem<br />

Partner entwickelte Kranhubschiff „In-<br />

novation“ in See stechen, das in Wassertiefen<br />

von bis zu 50 Metern operieren<br />

kann. Zudem arbeitet das Unternehmen<br />

derzeit mit einem weiteren Partner an<br />

einem neuen Gründungsverfahren. Beim<br />

„Offshore Foundation Drilling“ werden<br />

die Gründungsstrukturen der Windanlagen<br />

nicht wie üblich gerammt, sondern<br />

durch ein schonendes Bohrverfahren im<br />

Seeboden verankert. Dadurch werden<br />

die Lärmbelästigung und die Auswirkungen<br />

auf die Meeresfauna erheblich<br />

verringert.<br />

Kompetenzen einbringen<br />

Die in <strong>Deutschland</strong> vorhandene Netzstruktur<br />

ist nicht auf die angestrebte<br />

dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren<br />

Quellen ausgerichtet. Es muss<br />

sichergestellt werden, dass der Strom den<br />

Nutzern bedarfsgerecht, verlässlich und<br />

wirtschaftlich effizient zur Verfügung<br />

steht. Dafür sind zirka 3.600 Kilometer<br />

neue Leitungsnetze notwendig. 2010<br />

wurden 180 Kilometer neu errichtet. Es<br />

gibt also erheblichen Bedarf. Dabei sollten<br />

die Lösungen bevorzugt werden, die auch<br />

die Akzeptanz der Bürger finden und bezahlbar<br />

bleiben. Technisch möglich sind<br />

oberirdische ebenso wie unterirdische<br />

Leitungen. Für beides ist HOCHTIEF der<br />

richtige Partner für Entwicklung und<br />

Umsetzung: Im Konzern gibt es die Kompetenz<br />

für den Bau von Freilandleitungen<br />

ebenso wie für unterirdische Versorgungstunnel,<br />

sogenannten Powertunneln.<br />

Diese bieten sich insbesondere in dicht<br />

besiedelten Regionen an. Bei solchen<br />

Bauprojekten kann das Unternehmen<br />

sein Know-how aus dem Tunnel- und<br />

Kraftwerksbau optimal einsetzen.<br />

In den kommenden Jahren muss zudem<br />

immer mehr Energie zwischengespeichert<br />

werden, da regenerativ erzeugter<br />

Strom oftmals Schwankungen unterliegt<br />

– im Fall der Windkraft zum Beispiel<br />

wetterabhängig ist. Bei den Speichertechnologien<br />

herrscht allerdings noch<br />

großer Forschungsbedarf. Potenziale sieht<br />

HOCHTIEF insbesondere bei Pumpspeicherkraftwerken.<br />

Dies ist eine großtechnisch<br />

erprobte Speichertechnologie mit<br />

bestem Wirkungsgrad. Dabei wird bei<br />

geringer Energienachfrage Wasser von<br />

einem niedrigen Niveau auf ein höheres<br />

gepumpt. In Spitzenlastzeiten wird das<br />

Wasser dann aus dem oberen Becken<br />

in das untere Becken abgelassen, um<br />

über Generatoren Strom zu produzieren.<br />

Große Pumpspeicherkraftwerke werden<br />

jedoch nur in Ausnahmefällen genehmigt<br />

und sind deshalb in <strong>Deutschland</strong> kaum<br />

vorhanden. HOCHTIEF verfolgt daher<br />

die Idee, kleine und mittlere dezentrale<br />

Pumpspeicherkraftwerke an geeigneten<br />

Standorten zu realisieren und zu betreiben.<br />

Auch stillgelegte Bergwerke wie Kies-<br />

und Kalksandsteingruben könnten dafür<br />

in Frage kommen. HOCHTIEF setzt hier<br />

die langjährige Erfahrung aus dem Bau<br />

von Dämmen und Wasserkraftwerken ein.<br />

Ganzheitlich denken<br />

Die Herausforderung besteht allerdings<br />

nicht allein darin, eine verbesserte Energieinfrastruktur<br />

zu schaffen. Betrachtet<br />

man die Energiewende ganzheitlich, so<br />

muss auch intensiv über eine effizientere<br />

Nutzung der Energie und Einsparmaßnahmen<br />

nachgedacht werden. Diese<br />

können in erheblichem Umfang bei Bau<br />

und Betrieb von Immobilien und Anlagen<br />

erzielt werden – wodurch zirka<br />

30 Prozent der gesamten CO 2 -Emissionen<br />

in <strong>Deutschland</strong> verursacht werden.<br />

HOCHTIEF ist führend bei der Entwicklung<br />

und Realisierung nachhaltig gestalteter<br />

Gebäude, die möglichst wenig Energie<br />

verbrauchen und Ressourcen schonen.<br />

Zusätzliches Potenzial realisiert HOCHTIEF<br />

bei jenen Kunden, für die der Baudienstleister<br />

Immobilien oder Industriebetriebe<br />

betreibt. In verschiedenen Geschäftsmodellen<br />

erarbeiten die Energieexperten<br />

Lösungen, wie die Kunden ihre Betriebskosten<br />

senken, ihre Energieanlagen effizienter<br />

betreiben und den CO 2 -Ausstoß<br />

reduzieren können. Allein im Jahr 2010<br />

sparte HOCHTIEF für seine Kunden so<br />

über 100.000 Tonnen CO 2 -Emissionen<br />

ein. „Power & Innovation“ – unter dieser<br />

Maxime wird sich der Konzern auch in<br />

der Zukunft weltweit engagieren.


HYPoVereINSBANK<br />

wert schaffen, werte leben<br />

Das Vertrauen der Kunden ist das wichtigste Kapital einer Bank. wie lässt sich dieses Vertrauen<br />

dauerhaft sichern, angesichts turbulenter Finanzmärkte und globaler Herausforderungen wie dem<br />

Klimawandel? Voraussetzung ist, dass Banken ihre rolle als Mittler im wirtschaftssystem integer<br />

ausüben und für die sozialen und ökologischen Folgen ihrer Geschäftstätigkeit gerade stehen. und<br />

zudem Verantwortung für Mitarbeiter, umwelt und Gesellschaft übernehmen. Die HypoVereinsbank<br />

hat die Prinzipien unternehmerischer Nachhaltigkeit bereits vor Jahren in ihrer Geschäftsstrategie<br />

verankert – und langfristige wertschöpfung damit zum unternehmensziel erklärt.<br />

Von Stefan Löbbert<br />

Hochwertige und innovative Finanzprodukte<br />

bilden das Geschäft der Hypo-<br />

Vereinsbank, damit Gewinn zu erwirtschaften,<br />

ist Voraussetzung für ihren<br />

Fortbestand. Das übergeordnete Ziel des<br />

Unternehmens aber lautet: dauerhaft<br />

Wert schaffen – für Kunden, Mitarbeiter,<br />

Anteilseigner und die Gesellschaft. Diesen<br />

Anspruch hat die UniCredit, zu der<br />

die HypoVereinsbank seit 2005 gehört, in<br />

ihrem Leitbild festgeschrieben und damit<br />

zum Kompass für ihr unternehmerisches<br />

Handeln gemacht. Zugrunde liegt die<br />

Überzeugung, dass Unternehmen nur<br />

dann langfristig erfolgreich sein können,<br />

wenn sie verantwortungsbewusst wirt-<br />

schaften und die berechtigten Erwartungen<br />

ihrer Stakeholder im Kerngeschäft<br />

berücksichtigen.<br />

Organisatorisch hat die HypoVereinsbank<br />

das Modell des nachhaltigen<br />

Geschäftserfolgs fest verankert: Zentrale<br />

ökologische und soziale Leistungen<br />

erhebt sie anhand von Kennzahlen<br />

und steuert diese über entsprechende<br />

Managementsysteme. Ein umfassendes<br />

Wertesystem schafft den Rahmen für<br />

eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur:<br />

Die in der Integrity Charter<br />

festgeschriebenen Werte Fairness, Transparenz,<br />

Respekt, Gegenseitigkeit, Freiheit<br />

und Vertrauen gelten als Richtschnur für<br />

alle Mitarbeiter. Ein Verhaltenskodex<br />

sowie Compliance-Richtlinien regeln<br />

den Umgang mit Interessenskonflikten<br />

und beugen Korruption, Bestechung und<br />

Geldwäsche vor – und sichern somit die<br />

Umsetzung der Prinzipien des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>, denen sich die UniCredit verpflichtet<br />

hat. Bei Verdacht auf Verstöße<br />

können sich die Mitarbeiter vertraulich<br />

an einen Ombudsmann wenden.<br />

Individuelle Verantwortung ist auch<br />

gefragt, wenn es um die Reputation der<br />

Bank geht. Birgt ein Geschäft mögliche<br />

Risiken, sind die Mitarbeiter aufgefordert,<br />

es dem Reputational Risk Council zu<br />

melden. Dieses prüft in Abstimmung mit<br />

96 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

97<br />

Best Practice<br />

der Corporate Sustainability-Abteilung,<br />

ob das Geschäft umgesetzt wird. Kein<br />

Profit zulasten der Reputation – diese<br />

Maxime gilt auch bei der Kreditvergabe.<br />

Entscheidungsgrundlage bilden die<br />

ökologischen und sozialen Standards der<br />

Weltbank sowie die „Equator Principles“,<br />

deren gleichnamiger Bankinitiative die<br />

HypoVereinsbank als Gründungsmitglied<br />

angehört.<br />

Wie es aktuell um seine Reputation<br />

bestellt ist und welche Haltung verschiedene<br />

Stakeholder zu bestimmten<br />

Themen haben, ermittelt das Unternehmen<br />

in regelmäßigen Befragungen. Die<br />

Ergebnisse wirken sich unmittelbar auf<br />

die Vergütung der Vorstände aus.<br />

Verantwortung für Kunden und<br />

Klimaschutz<br />

Wert schaffen will die HypoVereinsbank<br />

in erster Linie für ihre Kunden. Neben<br />

einer fundierten und möglichst unkomplizierten<br />

Beratung setzt sie dazu auf<br />

Transparenz: Die Kunden sollen in der<br />

Lage sein, Abläufe und Produkte zu verstehen<br />

und überlegte Entscheidungen<br />

zu treffen. Ausführliche Beratungsgespräche<br />

zahlen darauf ebenso ein wie<br />

standardisierte Produktinformationen.<br />

Das Finanzwissen der Verbraucher zu<br />

stärken, bildet auch einen Schwerpunkt<br />

des sozial-gesellschaftlichen Engagements<br />

der Bank.<br />

Rendite mit ökologischem oder sozialem<br />

Mehrwert bietet die HypoVereinsbank<br />

ihren Kunden über ein umfassendes<br />

Portfolio an nachhaltigen Produkten.<br />

Über verschiedene Anlageprodukte können<br />

sie sich am Emissionshandel der Eu-<br />

Nachhaltigkeitsrahmen der UniCredit<br />

Business<br />

Sustainability<br />

Ausgezeichnete<br />

Leistung<br />

gegenüber<br />

dem Kunden<br />

Stakeholder<br />

Ordentliche<br />

Unternehmensführung<br />

- Mitarbeiter<br />

- Kunden<br />

- Aktionäre<br />

- Aufsichtsbehörden<br />

Durchgängige<br />

Risikokultur<br />

ropäischen Union beteiligen. Produktverantwortung<br />

beweist die Bank auch in der<br />

Finanzierung: Mit einem Kreditportfolio<br />

von rund fünf Milliarden Euro zählt sie<br />

zu den wichtigsten Finanzierern von<br />

erneuerbaren Energien in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Privatkunden vermittelt sie Sonderkredite<br />

für ökologische Investitionen und<br />

unterstützt sie bei der Identifizierung<br />

eigener Energiesparpotenziale.<br />

Klimaschutz ist für die HypoVereinsbank<br />

nicht nur ein Geschäftsfeld, sondern<br />

auch ethische Verpflichtung und<br />

strategisches Ziel. Dafür setzt sie sich<br />

als Mitglied verschiedener Brancheninitiativen<br />

ein und achtet auch im Bankbetrieb<br />

auf einen sparsamen Ressourcenverbrauch.<br />

Das Klimaschutzziel der<br />

UniCredit, die eigenen CO 2 -Emissionen<br />

bis 2020 gegenüber 2008 um 30 Prozent<br />

zu senken, hat die HypoVereinsbank<br />

durch ein konsequentes Umweltmanagement<br />

bereits erreicht. Nächster<br />

Schritt ist es, den Gebäudebetrieb und<br />

Dienstreisen CO 2 -neutral zu stellen.<br />

Dazu dienen interne Umweltstandards<br />

für Fuhrpark, Beschaffung und Event-<br />

- Medien und Meinungsführer<br />

- Nichtregierungsorganisationen<br />

- Verbraucher- und Branchenverbände<br />

- Gewerkschaften und Betriebsräte<br />

Wertschöpfungsprozesse<br />

People<br />

Engagement<br />

Investitionen<br />

in unsere<br />

Mitarbeiter<br />

Corporate<br />

Citizenship<br />

Gesellschaftliche<br />

Entwicklung<br />

Compliance · Rentabilität und Eigenkapitalausschüttung · Gelebte Werte · Leitbild · Marke · Reputation<br />

management. Ihren Strom bezieht die<br />

Bank bereits seit 2010 vollständig aus<br />

regenerativen Quellen, die Heizenergie<br />

kompensiert sie mit stillgelegten CO 2 -<br />

Zertifikaten. Unterstützt wird sie bei der<br />

Umsetzung ihrer Klimaschutzziele von<br />

der Umweltorganisation WWF, mit der<br />

die UniCredit eine strategische Partnerschaft<br />

unterhält.<br />

Menschen im Mittelpunkt<br />

Erzielen lässt sich nachhaltiger Geschäftserfolg<br />

nur mit motivierten Mitarbeitern.<br />

Als Voraussetzung dafür bietet ihnen die<br />

HypoVereinsbank verschiedene Maßnahmen<br />

zur besseren Vereinbarkeit von Beruf<br />

und Familie sowie Entwicklungsmöglichkeiten<br />

mit spezifischen Programmen für<br />

Fach- und Führungskräfte. Die Verschiedenheit<br />

ihrer Mitarbeiter schätzt sie als<br />

Wert. Insbesondere Frauen, die in den<br />

Top-Etagen der Bank noch unterrepräsentiert<br />

sind, werden durch spezielle Programme<br />

gefördert. Damit die Mitarbeiter<br />

auch dauerhaft leistungsfähig bleiben,<br />

sensibilisiert sie das Unternehmen für<br />

einen achtsamen Umgang mit sich selbst<br />

und anderen.<br />

Wert schaffen will die HypoVereinsbank<br />

nicht zuletzt auch für die Gesellschaft,<br />

als deren Teil sie sich versteht<br />

und von der sie profitiert – sei es durch<br />

eine gute Infrastruktur oder ein hohes<br />

Ausbildungsniveau. Eine Corporate<br />

Citizenship-Strategie gewährleistet, dass<br />

die sozial-gesellschaftlichen Aktivitäten<br />

in Bezug zum Kerngeschäft stehen und<br />

Geschäftsbereiche wie auch Mitarbeiter<br />

einbinden. Dafür sorgen Instrumente<br />

wie Employee Volunteering und Gift<br />

Matching. Weiterhin setzt die Bank auf<br />

Spenden und Leuchtturmprojekte in<br />

den Bereichen Soziales, Financial Education,<br />

Umwelt und Kultur und arbeitet<br />

dabei eng mit der UniCredit Foundation<br />

zusammen.<br />

Mit ihrer langjährigen und konsequenten<br />

strategischen Ausrichtung<br />

nimmt die HypoVereinsbank innerhalb<br />

der Finanzwelt eine führende Rolle im<br />

nachhaltigen Wirtschaften ein. Dies spiegeln<br />

nicht nur zahlreiche Auszeichnungen<br />

wider, sondern auch hervorragende<br />

Ratingergebnisse. Womit sich bestätigt:<br />

Verantwortungsbewusstes Wirtschaften<br />

zahlt sich aus.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.hvb.de/nachhaltigkeit


lAVArIS TeCHNoloGIeS<br />

einfach besseres wasser<br />

wasser ist ein Menschenrecht – das steht seit vergangenem Jahr auch in den Statuten der<br />

Vereinten Nationen. Doch die wirklichkeit sieht in einigen regionen der welt anders aus:<br />

rund 1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 8 Millionen<br />

Menschen sterben jährlich an den Folgen von wassermangel, darunter 1,6 Millionen Kinder.<br />

Von Stephan Heuser<br />

Schätzungen besagen, dass bis ins Jahr<br />

2025 der globale Süßwasserverbrauch<br />

um 300 Prozent steigen wird und 3,1<br />

Milliarden Menschen vom Mangel betroffen<br />

sein werden. Die Erde hat zwar<br />

enorme Mengen Wasser, aber nur ca.<br />

0,4 Prozent davon sind trinkbar. Somit<br />

ist Trinkwasser die knappste Ressource<br />

der Welt – und die einzig unersetzliche.<br />

Das weltweite Wasservorkommen reicht<br />

weder quantitativ noch qualitativ aus,<br />

um alle Menschen zu versorgen. Deshalb<br />

wird Wasser auf bereitet. Bei den herkömmlichen<br />

Methoden sind der Energiebedarf<br />

und die Kosten insgesamt derart<br />

hoch, dass hochwertiges Trinkwasser<br />

für einige Teile der Weltbevölkerung<br />

nicht erschwinglich ist. In vielen der<br />

betroffenen Regionen steht aus diesem<br />

Grund entweder kein Trinkwasser oder<br />

nur Wasser in schlechter und mitunter<br />

gesundheitsgefährdender Qualität zur<br />

Verfügung.<br />

Ein weiteres Problem bei der herkömmlichen<br />

Wasseraufbereitungstechnologie<br />

besteht darin, dass Korrosion zur Zerstörung<br />

der wasserführenden Systeme führt.<br />

Fast jeder zweite, aufwendig produzierte<br />

Liter Wasser versickert. Aktuell werden<br />

weltweit jährlich 480 Milliarden US-<br />

Dollar für Wasser ausgegeben. Mit der<br />

heute eingesetzten Technik müssten für<br />

eine gesicherte Trinkwasseraufbereitung<br />

aber 800 Milliarden US-Dollar eingesetzt<br />

werden.<br />

Einfach besseres Wasser für alle –<br />

LAVARIS hat die Lösung<br />

Die Technologie der Lavaris Technologies<br />

GmbH wäre in der Lage, einen wichtigen<br />

Beitrag zur Sicherung der weltweiten<br />

Trinkwasserversorgung zu leisten. Damit<br />

hätten alle Menschen Zugang zu Wasser.<br />

Das Unternehmen kann mit seiner<br />

patentierten und umweltfreundlichen<br />

Technologie kostengünstig weltweit<br />

hervorragendes und qualitativ gleichbleibendes<br />

Trinkwasser produzieren.<br />

Die Lavaris Technologies GmbH entwickelt,<br />

plant, errichtet und vertreibt<br />

komplette Auf bereitungsanlagen für<br />

Trink- und Abwasser. Dafür nutzt sie<br />

patentierte Stoffe (CarbonAdd®) sowie<br />

patentierte Technologie (Anlagentechnik<br />

und Software). Das Unternehmen<br />

besitzt über 100 Patente im Bereich der<br />

Wasseraufbereitung. Die Lavaris-Prozesse<br />

haben Substanz und sind fundiert –<br />

beispielsweise sind alle Prozesse unter<br />

der Projektierungs- und Leistungsphase<br />

gemäß DIN EN ISO 9001:2008 vollständig<br />

dokumentiert.<br />

Der Ansatz von Lavaris ist es, die Wasserversorgung<br />

zu dezentralisieren und<br />

Wasser insgesamt besser und billiger<br />

zu machen. Somit möchte das Unternehmen<br />

einen relevanten Beitrag zur<br />

Versorgung der Menschen mit gutem<br />

Wasser leisten.<br />

Die Lösung für das Wasserproblem<br />

heißt „CarbonAdd®“<br />

Mit dem Verfahren CarbonAdd® kann<br />

Wasser zu einwandfreiem Trinkwasser<br />

auf bereitet werden. In <strong>Deutschland</strong><br />

werden bereits seit Jahren einige kommunale<br />

Anlagen mit dieser Technologie<br />

fehlerfrei betrieben. CarbonAdd® eignet<br />

sich für die Behandlung und Reinigung<br />

von Trinkwasser, Oberflächenwasser,<br />

industriellen Prozesswassern und Bergbauabwasser.<br />

Mit CarbonAdd® auf bereitetes<br />

Wasser ist nicht mehr korrosiv,<br />

es kann also nicht mehr mit anderen<br />

Stoffen chemisch reagieren. In der Folge<br />

bleiben Wasserleitungen, Behälter<br />

und Pumpen länger intakt und weniger<br />

Wasser versickert.<br />

Alle Verunreinigungen im Wasser sind<br />

grundsätzlich chemischer Natur. Und<br />

chemische Prozesse können jederzeit<br />

rückgängig gemacht werden. CarbonAdd®<br />

kann die Selbstreinigungskräfte aktivieren,<br />

kontrollieren und stabilisiert das<br />

Wasser nachhaltig. Ein weiterer Vorteil<br />

ist, dass alle Prozesse bei der Auf bereitung<br />

unabhängig voneinander steuerbar<br />

sind, da sie parallel ablaufen.<br />

CarbonAdd® entsäuert das Wasser, stabilisiert<br />

den pH-Wert durch Ausbildung<br />

eines Carbonat-Puffersystems, entfernt<br />

Schadmetalle wie Eisen, Kupfer, Aluminium<br />

und Mangan, härtet das Wasser<br />

und kann das notwendige Gleichgewicht<br />

der Stoffkonzentrationen im Wasser<br />

innerhalb von etwa 90 Sekunden herstellen.Damit<br />

bietet CarbonAdd® die<br />

Lösung für ca. 70 Prozent der typischen<br />

Wasserauf bereitungsaufgaben.<br />

Ein Großteil der Weltwasservorkommen<br />

kann mit diesem Verfahren unter Einhaltung<br />

der „Europäischen Richtlinie<br />

über die Qualität von Wasser für den<br />

menschlichen Gebrauch“ (RL 98/83/EG<br />

von 1998) zu Trinkwasser auf bereitet<br />

98 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

99<br />

Best Practice<br />

werden. Das Wasser, das nach dem Verfahren<br />

hergestellt ist, erfüllt alle nationalen<br />

und internationalen Anforderungen.<br />

Deshalb wird es auch für die Wasseraufbereitung<br />

mit der „Water Box“ eingesetzt.<br />

Die „Water Box“ wurde speziell für Katastrophengebiete<br />

und Entwicklungsprojekte<br />

konzipiert und kann überall<br />

auf der Welt bezahlbares Trinkwasser<br />

mit hoher Qualität gewährleisten. Die<br />

kompakte Anlage ist besonders sparsam<br />

im Stromverbrauch und kann etwa 1.400<br />

Menschen (bei maximal 28.000 Liter/Tag)<br />

mit Trinkwasser versorgen.<br />

Die Besonderheit: Die „Water Box“ ist<br />

aufgrund ihrer geringen Größe – sie<br />

passt auf eine Europalette – und des geringen<br />

Gewichts von nur 120 Kilogramm<br />

transportabel und vor Ort sehr einfach,<br />

schnell und mit geringem Platzbedarf zu<br />

installieren. Sie liefert sofort reines Trinkwasser.<br />

Die Technik ist langlebig und<br />

günstig, sie funktioniert autark, ist auch<br />

ohne Vorkenntnisse einfach zu bedienen<br />

und produziert dezentral Wasser auch<br />

unter schwierigsten Voraussetzungen.<br />

Um Wasserwerte, Belastungen und die<br />

Qualität schnell, einfach und günstig<br />

bestimmen zu können, hat Lavaris den<br />

„WaterScout“ entwickelt. Das innovative<br />

Gerät ist hochpräzise, tragbar und<br />

schnell. Es ist einfach zu handhaben<br />

und liefert zuverlässige und hochgenaue<br />

Ergebnisse. WaterScout ist ein Photometer,<br />

für das man keine Küvetten benötigt<br />

und dennoch laborgenaue Messwerte<br />

erhält.Er ist etwa 25 Zentimeter lang<br />

und knapp 5 Zentimeter breit. Das Menü<br />

wird über zwei Tasten gesteuert. Es ist<br />

netzunabhängig und arbeitet auf Batteriebasis.<br />

Mit dem „WaterScout“ können<br />

die wichtigsten Parameter innerhalb<br />

weniger Minuten bestimmt werden.<br />

Antriebsfeder ihres Denkens und Arbeitens<br />

ist die gesellschaftliche Verantwortung,<br />

in der sich die Lavaris Technologies<br />

GmbH sieht. Denn nur wenn Wasser<br />

global gesund, verfügbar und preiswert<br />

ist, kann sich die Welt nachhaltig wirtschaftlich<br />

und sozial entwickeln.<br />

Installation „wasser ist leben“ von Bärbel<br />

und Horst Kießling, Marktredwitz


MAN<br />

Talente entdecken<br />

und begeistern<br />

Von Yvonne Benkert<br />

Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter bestimmen den erfolg der MAN Gruppe mit. Die kontinuierliche<br />

Förderung der rund 48.000 Beschäftigen durch Job rotation, individuelle entwicklungspläne<br />

und die MAN executive Academy gehört daher zum Kern des Personalmanagements.<br />

Damit schafft MAN attraktive Arbeitsbedingungen, was das CrF Institut jährlich mit der Auszeichnung<br />

als „ToP Arbeitgeber“ bestätigt. um auch zukünftig die besten Köpfe zu gewinnen,<br />

setzt MAN zusätzlich auf globales Talentmanagement.<br />

Bei der Rekrutierung von Fachkräften<br />

konzentriert sich MAN längst auch auf<br />

die boomenden BRIC-Staaten. Schließlich<br />

leben 83 Prozent der Hochqualifizierten<br />

außerhalb Europas, darunter<br />

zunehmend Frauen. „Unternehmen,<br />

die ihren Erfolg aus Innovationskraft<br />

ziehen, können es sich nicht leisten,<br />

den globalen Talentpool zu ignorieren“,<br />

unterstreicht Jörg Schwitalla, Personalvorstand<br />

der MAN SE. „Unser Personalmanagement<br />

ist daher global ausgerichtet.<br />

Die Managementpositionen an unseren<br />

Standorten besetzen wir vorwie-<br />

Auszubildende zum Mechaniker im<br />

SoS Vocational Training College Kality in äthiopien.<br />

gend mit lokalen Fach- und Führungs-<br />

kräften.“<br />

Starthilfe für Jugendliche aus<br />

Schwellenländern<br />

Nicht nur die eigenen Mitarbeiter werden<br />

gefördert: Jugendliche ohne optimalen<br />

Start ins Leben unterstützt MAN<br />

im Rahmen der seit 2008 bestehenden<br />

Partnerschaft mit dem SOS Kinderdorf<br />

e.V. In der äthiopischen Hauptstadt Addis<br />

Abeba ermöglicht MAN Jugendlichen aus<br />

schwierigen Familienverhältnissen eine<br />

Berufsausbildung. Im „Vocational Trainingscenter<br />

Kality“ absolvieren sie eine<br />

Ausbildung zum Automobilmechaniker,<br />

Mechaniker oder in der Holzverarbeitung.<br />

MAN stellt jährlich 200.000 Euro sowie<br />

Werkzeuge und Exponate für Trainingszwecke<br />

zur Verfügung und bildet die<br />

Lehrer vor Ort aus. Durch das technische<br />

Know-how haben die Schüler deutlich<br />

höhere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Für die Weitergabe von Wissen setzt<br />

sich MAN auch in Brasilien ein. Das Projekt<br />

„Formare“ ermöglicht jährlich 14 Jugendlichen<br />

aus armen Verhältnissen eine<br />

100 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

101<br />

Best Practice<br />

einjährige Ausbildung als Techniker in<br />

der Montagelinie im MAN-Werk in Resede.<br />

Parallel dazu arbeiten sie selbstständig an<br />

einem Projekt: Eine Klasse entwickelte<br />

zum Beispiel eine Solarheizung aus Plastikflaschen,<br />

Milchschachteln und anderen<br />

Recyclingmaterialien und spendete die<br />

Anlage einer gemeinnützigen Organisation.<br />

Bislang hat MAN Latin America mit<br />

„Formare“ 136 benachteiligten Jungen und<br />

Mädchen ausgebildet. Alle haben heute<br />

einen Job und mehr als ein Drittel hat<br />

sogar ein Studium absolviert.<br />

Mehr Frauen in Führungspositionen<br />

Schwellenländer wie Brasilien bilden<br />

inzwischen mehr Hochqualifizierte aus<br />

als Europa und Nordamerika. Weltweit<br />

legen mehr Frauen als Männer einen Universitätsabschluss<br />

ab. Dennoch bewerben<br />

sich bedeutend mehr Männer als Frauen<br />

für technische Berufe. Um das Potenzial<br />

weiblicher Nachwuchskräfte auszuschöpfen,<br />

hat MAN gezielte Förderprogramme<br />

etabliert. Die Recruiting-Kampagne<br />

„Personalities wanted“ adressiert explizit<br />

auch Expertinnen. Das Unternehmen<br />

bietet seinen Mitarbeiterinnen Mentoring<br />

und Coaching und pflegt einen<br />

Kandidatinnenpool für die Auswahl von<br />

Führungsnachwuchs. Derzeit sind acht<br />

Prozent der Managementpositionen in<br />

der MAN Gruppe mit Frauen besetzt. Bis<br />

2014 sollen es zwölf Prozent werden –<br />

das entspricht dem Anteil von Frauen<br />

an der Gesamtbelegschaft. Die angemessene<br />

Berücksichtigung von Frauen<br />

ist in der Leitlinie für die Besetzung von<br />

Führungspositionen festgeschrieben.<br />

Auch ein familienfreundliches Arbeitsumfeld<br />

unterstützt Frauen auf ihrem Karriereweg.<br />

Dazu bietet die MAN Gruppe<br />

flexible Arbeitszeiten und Teilzeitarbeit<br />

an. Auch für die Kinderbetreuung ist<br />

gesorgt: Am Standort München werden<br />

im Betriebskindergarten „MAN Löwenkinder“<br />

86 Kinder von deutsch- und<br />

englischsprachigen Erziehern betreut.<br />

An anderen Standorten sind die Kleinen<br />

ebenfalls gut aufgehoben – so stehen in<br />

Augsburg seit Oktober <strong>2011</strong> die Türen<br />

für 76 Kinder offen.<br />

Nachwuchs frühzeitig begeistern<br />

Wer bereits während des Studiums Praxis-<br />

erfahrung sammelt, hat später gute Jobaussichten.<br />

Auch für Unternehmen lohnt<br />

sich die Einbindung des Nachwuchs: Sie<br />

Jörg Schwitalla, Personalvorstand<br />

der MAN Se (rechts) und Jürgen Dorn,<br />

Konzernbetriebsratsvorsitzender der<br />

MAN Se, bei der Auftaktveranstaltung<br />

zum freiwilligen Mitarbeiterengagement<br />

im SoS Kinderdorf in Nürnberg.<br />

stellen sich früh als potenzieller Arbeitgeber<br />

vor. Aus diesem Grund hat MAN im<br />

Jahr 2007 die Campus Initiative ins Leben<br />

gerufen. Durch Stipendien, Vorlesungen<br />

und Projektarbeiten entstehen enge Kontakte<br />

zwischen den Hochschulabsolventen<br />

und MAN. Der Technologiekonzern<br />

fördert im Rahmen seiner Partnerschaft<br />

mit der Technischen Universität München<br />

die Fachbereiche Maschinenbau sowie<br />

Elektro- und Informationstechnik. In der<br />

Vorlesungsreihe „Innovative Unternehmer“<br />

berichten jährlich vier MAN-Vorstandsmitglieder<br />

über aktuelle Unternehmensentwicklungen.<br />

Noch konkretere Unternehmenseinblicke<br />

erhalten die Studierenden<br />

über die Arbeit an Praxisprojekten bei<br />

MAN. Die Konzernbereiche stellen Aufgaben,<br />

die innerhalb von drei Monaten<br />

zu lösen sind. Dieser Herausforderung<br />

stellen sich die Studenten gerne: Viele<br />

der ehemaligen Teilnehmer der Campus<br />

Initiative arbeiten inzwischen bei MAN.<br />

Mitarbeiter engagieren sich vor Ort<br />

Bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber<br />

berücksichtigen junge Talente zunehmend<br />

weiche Faktoren wie ein positives<br />

Betriebsklima oder die Wahrnehmung<br />

unternehmerischer Verantwortung. Die<br />

Führungskräfte von morgen wollen sich<br />

Die MAN Cr-Strategie<br />

mit persönlichem Engagement einbringen<br />

und Verantwortung (er)leben. Deshalb<br />

startete MAN <strong>2011</strong> ein Projekt zur<br />

Förderung des freiwilligen Mitarbeiterengagements:<br />

MAN-Mitarbeiter können<br />

sich an Projekten des SOS-Kinderdorf<br />

e.V. beteiligen. Die Unterstützer packen<br />

beispielsweise bei der Renovierung von<br />

Jugendeinrichtungen an, lesen Vorschulkindern<br />

vor oder bieten Bewerbertrainings<br />

für zukünftige Azubis im SOS-Berufsausbildungszentrum<br />

in Nürnberg<br />

an. Dafür erhalten sie einen halben Tag<br />

Sonderurlaub pro Jahr. „So ermöglichen<br />

wir unseren Mitarbeitern, die Kooperation<br />

von MAN mit SOS-Kinderdorf aktiv<br />

mitzugestalten“, erklärt Jörg Schwitalla,<br />

Schirmherr der Initiative. In den kommenden<br />

Jahren werden weitere Standorte<br />

und Projekte aufgenommen.<br />

Seit mehr als 250 Jahren sichern Innovationskraft,<br />

Wandlungsfähigkeit und in<br />

die Zukunft gerichtetes Denken den Erfolg<br />

von MAN. Damit das so bleibt, beweist<br />

sich MAN immer wieder als attraktiver<br />

Arbeitgeber und begeistert Menschen.<br />

unternehmerische Verantwortung ist bei MAN Teil der unternehmens-<br />

und Führungskultur. MAN hat sich verpflichtet, langfristig wirtschaftlich<br />

erfolgreich zu sein und seine Verantwortung für die umwelt sowie gegenüber<br />

den Stakeholdern wahrzunehmen. Mit seinem Handeln sichert MAN nicht<br />

nur die Zukunft des unternehmens, sondern stiftet auch gesellschaftlichen<br />

Nutzen – als Arbeitgeber, Ausbilder und Auftraggeber sowie als guter<br />

unternehmensbürger an allen Standorten. Dazu bestehen seit vielen Jahren<br />

zahlreiche zentrale und regionale Aktivitäten. In rahmen eines Cr-Programms<br />

werden konkrete Ziele bis 2015 verfolgt.


MerCK<br />

Hilfe im Kofferformat: ein<br />

Minilabor, das leben rettet<br />

In vielen ländern Afrikas und Asiens werden täglich zahlreiche Menschen opfer von Arzneimittelfälschungen.<br />

Sichtbare unterschiede zwischen Fälschung und original gibt es häufig nicht.<br />

ein koffergroßes Minilabor geht gegen dieses Problem vor.<br />

Von Kira-Tatjana Schmidt<br />

In vielen tropischen Ländern werden<br />

Medikamente nicht in der Apotheke,<br />

sondern auf dem Markt oder am Kiosk<br />

um die Ecke erstanden. Gefälschte und<br />

technisch mangelhaft hergestellte Mittel<br />

zur Behandlung von Infektionskrankheiten<br />

finden immer wieder ihren Weg in<br />

den legalen Arzneimittelhandel. Einzig<br />

chemische Analysen können die Fälschungen<br />

identifizieren. Allerdings fehlt<br />

es in Entwicklungsländern an Laboren,<br />

und zudem benötigen die Tests viel Zeit<br />

und Geld. Der vom Darmstädter Pharma-<br />

und Chemieunternehmen Merck<br />

getragene <strong>Global</strong> Pharma Health Fund<br />

(GPHF) hat es sich zum Ziel gemacht,<br />

Arzneimittelfälschern das Handwerk<br />

zu legen.<br />

Die Ursachen für Arzneimittelfälschungen<br />

sind hauptsächlich struktureller<br />

Art. Die Produktion von gefälschten<br />

Arzneimitteln ist preisgünstig, der Bedarf<br />

an Medikamenten ist hoch – der<br />

Absatzmarkt für Fälscherbanden und<br />

die Gewinne sind entsprechend riesig.<br />

Viele Menschen in Entwicklungsländern<br />

können sich keine Krankenversicherung<br />

leisten und bezahlen Medikamente selbst.<br />

Deshalb werden billige Medikamente<br />

auch über informelle Kanäle gekauft,<br />

ohne ihre Herkunft zu hinterfragen.<br />

Kontrollbehörden und -mechanismen gibt<br />

es kaum. Viel zu wenig Apotheken und<br />

Krankenhäuser sind mit geschulten Fach-<br />

102 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

103<br />

Best Practice<br />

kräften ausgestattet. Eine geringe Anzahl<br />

an Prüflaboren verhindert zusätzlich, dass<br />

Medikamente zeitnah auf ihre Wirkstoffe<br />

und Qualität getestet werden können.<br />

Eine Analyse im nächstgelegenen Labor<br />

und der Erhalt der Ergebnisse können<br />

Wochen oder Monate in Anspruch nehmen<br />

– Zeit, in der ein nicht wirksames<br />

Medikament erheblichen Schaden bei<br />

den Erkrankten anrichten kann.<br />

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO sind derzeit 10 bis<br />

30 Prozent aller Medikamente weltweit<br />

gefälscht oder von minderwertiger Qua-<br />

lität. Oftmals ist der Wirkstoff dabei<br />

nicht nur fehlerhaft dosiert, sondern<br />

fehlt komplett. Ein gefälschtes Medikament<br />

kann somit ohne Wirkung sein.<br />

Im schlimmsten Fall enthält es giftige<br />

Substanzen. Beide Möglichkeiten können<br />

lebensgefährliche Konsequenzen für die<br />

Patienten haben. So gibt es viele Fälle, bei<br />

denen vermeintliche Antibiotika nicht<br />

wirkten und die eigentlich behandelbare<br />

Erkrankung tödlich endete.<br />

Hier setzt das Kernstück des GPHF, das<br />

„Minilab“, an. Das mobile Kompaktlabor<br />

besteht aus zwei transportablen Einheiten,<br />

die jeweils die Größe von Reisekoffern<br />

haben und in denen sich alle<br />

benötigten Ressourcen und Gegenstände<br />

befinden, um Medikamente vor Ort<br />

auf ihre Zusammensetzung zu prüfen.<br />

Richard Jähnke, Projektleiter des GPHF,<br />

hat an der Entwicklung des Minilabs<br />

gearbeitet und ist auch weiterhin für<br />

die Entwicklung neuer Testverfahren<br />

verantwortlich. Vor allem die Erstellung<br />

des Handbuchs mit den Anleitungen für<br />

die Testdurchführung war eine besondere<br />

Herausforderung: „Die Anleitungen<br />

müssen für Jeden verständlich sein. Ich<br />

habe sie wie ein Rezept geschrieben, die<br />

Handbücher sind so einfach zu verstehen<br />

wie ein Kochbuch.“ Um mit den Testmethoden<br />

vertraut zu werden, bietet der<br />

GPHF allen Empfängern des Minilabs<br />

zusätzlich eine mehrtätige Schulung an.<br />

Für 57 Arzneistoffe, die unter Berücksichtigung<br />

der „Essential Medicines List“<br />

der WHO ausgewählt wurden, gibt es<br />

bereits Testmethoden im Minilab. Und<br />

es wird stetig an neuen Tests für weitere<br />

Wirkstoffe gearbeitet.<br />

Das eigens für den Einsatz in Entwicklungsländern<br />

entwickelte Konzept des<br />

Minilabs ist so seit mehr als 12 Jahren<br />

erfolgreich. Der Inhalt der Koffer reicht<br />

für rund 1.000 Testläufe, wobei ein Test<br />

etwa zwei Euro kostet. Der große Vorteil<br />

des Minilabs besteht darin, dass es<br />

unabhängig von externer Energieversorgung<br />

ist und mit einem Gewicht von 40<br />

Kilogramm leicht transportiert werden<br />

kann. „Es ist nichts Überflüssiges dabei“,<br />

erklärt Jähnke.<br />

Merck und der GPHF setzen mit dem<br />

Minilab ganz bewusst auf eine mobile<br />

Einheit, die überall dort zum Einsatz<br />

kommen kann, wo Menschen unmittelbar<br />

vor falschen Arzneimitteln geschützt<br />

werden müssen: in Gesundheitsprojek-<br />

ten in ländlichen Regionen oder auch in<br />

Regionalkrankenhäusern, in denen keine<br />

Kontrolleinrichtungen für Medikamente<br />

vorhanden sind. Unterstützt wird der<br />

GPHF außerdem durch nationale und internationale<br />

Partner, wie der Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit in<br />

Eschborn bei Frankfurt, der WHO in Genf<br />

oder der United States Pharmacopeia,<br />

der amerikanischen Arzneibuchbehörde.<br />

Bis heute konnten mehr als 450 GPHF-<br />

Minilabs in über 70 Ländern Afrikas,<br />

Asiens und Lateinamerikas zum Einsatz<br />

kommen. Im Jahr 2012 soll der 500. Kof-<br />

fer ausgeliefert werden. Ein kleiner Erfolg<br />

im Kampf gegen die Fälscherbanden.<br />

Das GPHF-Minilab ist jedoch nur ein<br />

akutes Hilfsmittel und bietet keine<br />

strukturelle Lösung gegen die kriminellen<br />

Machenschaften der Fälscher.<br />

Um dem wirksam zu begegnen, ist es<br />

notwendig, effektive Mechanismen für<br />

die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsorganisationen,<br />

Polizei, Zoll, Justiz,<br />

Produzenten, Großhändlern, Vertreibern<br />

und Gesundheitspersonal zu entwickeln.<br />

Unterstützend wirkt die Aufklärung<br />

und Warnung der Bevölkerung vor den<br />

Gefahren gefälschter Arzneimittel.


MIele<br />

energiemanagement im<br />

Dialog mit dem Mitarbeiter<br />

ein funktionierendes energiemanagement macht ökonomisch und ökologisch Sinn und hat<br />

außerdem eine motivierende wirkung auf die Mitarbeiter zu eigeninitiative und Verantwortung.<br />

Miele betreibt daher schon seit vielen Jahren entsprechende Systeme an den werkstandorten.<br />

Nun hat das unternehmen die eigene Gießerei und die spanabhebende Fertigung am Stammwerk<br />

in Gütersloh nach der energiemanagement-Norm DIN eN 16001 zertifizieren lassen und<br />

plant dies auch für weitere werke. So will Miele kontinuierliche Verbesserungsprozesse zur effizienten<br />

und nachhaltigen energienutzung auch organisatorisch fest verankern.<br />

Von Ursula Wilms<br />

Zweck der Norm ist grundsätzlich, Unternehmen<br />

beim Auf bau eines umfassenden<br />

Energiemanagementsystems und<br />

der kontinuierlichen Verbesserung ihrer<br />

Energieeffizienz zu unterstützen. Miele<br />

konnte dabei auf bereits vorhandene<br />

Prozesse und Strukturen auf bauen,<br />

die es mit Hilfe der Norm weiter zu<br />

verbessern galt. Der Hausgerätehersteller<br />

verfolgt schon sehr lange das Ziel,<br />

Energieverbräuche in der Produktion<br />

zu reduzieren und verzeichnet dabei<br />

gute Erfolge. Die Zertifizierung ist nun<br />

das Werkzeug, um das Thema noch systematischer<br />

anzugehen und weiter in<br />

die Prozesse zu integrieren. Audits und<br />

Maßnahmenpläne helfen dabei – vor<br />

allem aber die Mitarbeiter selbst.<br />

Genau 117 Mitarbeiter sind es in der Gießerei,<br />

in der Gussteile hergestellt werden.<br />

Die eigene Gießerei ist eine Besonderheit<br />

in der Branche, die ihren Ursprung<br />

im hohen Qualitätsanspruch von Miele<br />

hat. Denn aus Qualitätsgründen setzt<br />

das Unternehmen statt des ansonsten<br />

meist üblichen Betons lieber Grauguss ein,<br />

etwa bei Massenausgleichsgewichten für<br />

Waschmaschinen. Die Gießerei ist naturgemäß<br />

energieintensiv. Rund 25 Gigawattstunden<br />

verbraucht dieser Bereich pro Jahr.<br />

Aufgrund dieser Größenordnung steht<br />

hier die ständige Energieverbrauchsoptimierung<br />

besonders im Fokus.<br />

Bei der Zertifizierung der Gießerei – die<br />

aufgrund der bestehenden Ausgangsbasis<br />

in nur zwei Monaten durchgeführt werden<br />

konnte – wurden die Mitarbeiter<br />

durch Gespräche, Arbeitsplatzbegehungen<br />

und Schulungen sensibilisiert. Sie<br />

erfuhren, welch hohen Einfluss sie selbst<br />

auf den Energiebedarf einer Anlage haben<br />

und was sie tun können, um den<br />

Energieverbrauch zu senken. Durch eine<br />

persönliche Identifizierung mit dem Thema<br />

kamen die Erfolge. „Natürlich haben<br />

wir den Mitarbeitern vermittelt, welche<br />

Größenordnung wir in Richtung Energiekostensteigerung<br />

erwarten“, erklärt<br />

Hubert Hermelingmeier, Energiemanager<br />

im Werk Gütersloh. „Aber wir haben zusätzlich<br />

auch erläutert, wie sich dies auf<br />

die Position des Unternehmens im Wettbewerb<br />

auswirkt und wie die Mitarbeiter<br />

in ihrem persönlichen Arbeitsumfeld<br />

darauf Einfluss nehmen können.“ Dabei<br />

sei der direkte Bezug zur täglichen Arbeit<br />

wichtig. „Wir halten nichts davon, pauschal<br />

Energiesparziele zu diktieren, wie<br />

sie überall publiziert werden.“ Stattdessen<br />

steht die Kommunikation im Vordergrund,<br />

im Verbund mit der Überwachung der<br />

relevanten Kennzahlen, die kontinuierlich<br />

abgerufen und überprüft werden.<br />

Diese Strategie fügt sich harmonisch in<br />

die Unternehmenskultur, die auf offenen<br />

Dialog und Kommunikation bei flachen<br />

Hierarchien Wert legt.<br />

Hubert Hermelingmeier ist als energiemanager<br />

für das werk Gütersloh<br />

verantwortlich und berät die weiteren werke<br />

des unternehmens zum Thema energie und<br />

einsparpotenziale. Die einbeziehung und<br />

Motivation von Mitarbeitern ist ihm wichtig.<br />

104 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

105<br />

Best Practice<br />

Besprechung vor ort: energiemanager<br />

Hubert Hermelingmeier (Mitte) diskutiert<br />

mit Gießerei-Meister Jens Mollitor (rechts)<br />

und Vorarbeiter Carsten Hütt die neuesten<br />

Daten. es geht um die Verbrauchswerte<br />

des Vergießofens.<br />

Diese Gestaltung des Energiemanagements<br />

funktioniert gut. Erfolge sind<br />

sichtbar. Daher wird das System jetzt<br />

auch auf die anderen Werke übertragen.<br />

Energiemanager Hermelingmeier berät<br />

die Fachkollegen vor Ort, direkt an ihrem<br />

Arbeitsplatz. Er hat die Energieverbräuche<br />

im Blick, identifiziert Optimierungspotenziale<br />

und zeigt Lösungswege auf.<br />

Zertifizierungen nach DIN EN 16001 in<br />

weiteren Werken oder die Umsetzung<br />

über die Umweltmanagementnorm<br />

ISO 14001 sind geplant. „Man muss das<br />

Energiemanagement nicht unbedingt<br />

im Rahmen der Norm 16001 umsetzen,<br />

sondern kann es auch über die ISO<br />

14001 lösen, denn das ist organisatorisch<br />

weniger aufwendig.“ Miele hat für eine<br />

Zertifizierung umfassend vorgearbeitet.<br />

Hermelingmeier: „Wir analysieren die<br />

Verbräuche verschiedenster Abteilungen,<br />

stellen Wochenlastgänge dar und<br />

veröffentlichen sie im Intranet, wo sie<br />

die Funktionsverantwortlichen einsehen<br />

können. Zudem gehen wir auch auf die<br />

Verantwortlichen der Werke zu, wenn<br />

es zum Beispiel Abweichungen in den<br />

Wochenlastgängen gibt und versuchen<br />

herauszufinden, was dazu geführt hat.<br />

Insofern müssen wir in der Praxis gar<br />

nicht sehr viel tun. Es geht vielmehr<br />

um die organisatorische Einbindung<br />

und vor allem um die Mitarbeitersensibilisierung.“<br />

So soll die nachhaltige Energienutzung<br />

auch in den übrigen Miele-Werken verbessert<br />

werden. Vor allem bei der Führung<br />

von Anlagen und der Handhabung<br />

einzelner Verfahrensschritte wird dort<br />

der Optimierungsbedarf untersucht.<br />

Mit einer systematischen Herangehensweise<br />

ist es möglich, hier Potenziale zu<br />

nutzen und bei den Mitarbeitern Motivation<br />

zu wecken. Gemeinsam werden<br />

Prozesse genau betrachtet und diskutiert,<br />

welchen Einfluss Bedienung und<br />

Wartung auf den Energiebedarf einer<br />

Anlage haben und was jeder Einzelne<br />

tun kann, um diesen Bedarf zu reduzieren.<br />

So wird der Mitarbeiter aktiv in<br />

die Optimierung seines Einflussbereichs<br />

einbezogen, Verantwortung übertragen<br />

und Bewusstsein für größere Zusammenhänge<br />

geweckt.<br />

Neben diesem alltäglichen Energiemanagement<br />

gibt es natürlich auch die spezielle<br />

Organisation großer Projekte, die<br />

weite Kreise ziehen. So hat das Team um<br />

Hubert Hermelingmeier beispielsweise<br />

im Werk Gütersloh ein Abwärmekataster<br />

aufgestellt, das vorhandene Abwärmepotenziale<br />

darstellt – also Energie,<br />

die bisher nicht oder nicht vollständig<br />

genutzt wird. Im Sommer <strong>2011</strong> begann<br />

man damit, eines dieser Potenziale zu<br />

nutzen. Vorhandene Kältemaschinen,<br />

die zur Klimatisierung verschiedener<br />

Betriebsstätten dienten, wurden durch<br />

neue, hocheffiziente Kälteanlagen ersetzt.<br />

Die Abwärme, die diese Anlagen<br />

erzeugen, fließt nun in die Heizung.<br />

Diese Maßnahme führt zu Primärenergieeinsparungen<br />

von ca. 1.420 MWh/a<br />

und damit zu einer CO 2 -Reduzierung<br />

von etwa 350 Tonnen pro Jahr.


PwC<br />

wasserknappheit:<br />

unternehmen überprüfen<br />

ihre internationalen<br />

lieferketten<br />

Die hochentwickelte deutsche Industrie kauft weltweit rohstoffe<br />

und in noch komplexeren Maße Zwischenprodukte ein.<br />

30.000 Zulieferer pro unternehmen sind dabei keine Seltenheit,<br />

was den einkauf insbesondere im Hinblick auf die unternehmerische<br />

Verantwortung vor Herausforderungen stellt.<br />

Dies gilt einmal mehr für Aspekte der weltweiten wasserknappheit.<br />

wohl sind derartige Aspekte durch enge Beziehungen<br />

und professionelle Audits für die wichtigsten lieferanten<br />

identifiziert – doch zwei Fragen bleiben in der regel unbeantwortet:<br />

In welchem Teil einer komplexen lieferkette ist der<br />

durch die Geschäftstätigkeit und durch geographische Gegebenheiten<br />

bedingte wasserstress besonders hoch? wo lohnt es<br />

sich, vor dem Hintergrund eines nachhaltigen wassermanagements<br />

einmal genauer hinzuschauen?<br />

weitere Informationen unter<br />

www.pwc.de/de/sustainability<br />

Von Barbara Wieler und Dr. Matthias Retter<br />

Das rasante wirtschaftliche Wachstum<br />

der Emerging Markets, die Zunahme der<br />

Weltbevölkerung und der Klimawandel<br />

belasten die Ressource Süßwasser in<br />

zunehmendem Maße. Im Wettbewerb<br />

um das weltweit knapper werdende<br />

Süßwasser bieten sich daher Vorteile<br />

für diejenigen Unternehmen, die<br />

frühzeitig wasserbezogene Daten in<br />

ihrer Lieferkette erfassen und sich für<br />

eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer<br />

Wasserressourcen einsetzen. Außerdem<br />

sichern sie sich durch einen verantwortungsvollen<br />

Umgang mit Wasser den<br />

Zugang zu den Kapitalmärkten. Denn<br />

auch der Druck am Finanzmarkt wächst<br />

– so erwarten z.B. sowohl die norwegi-<br />

106 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

107<br />

Best Practice<br />

sche Investitionsgesellschaft NBIM als<br />

auch der Dow Jones Sustainability Index<br />

von Unternehmen eine Identifikation<br />

der Wasserrisiken in der Lieferkette.<br />

Und auch deutsche Rating-Agenturen<br />

wie imug und oekom research haben<br />

diese Erwartungen im Blick. Wie die<br />

europäischen Unternehmen hierzu<br />

aufgestellt sind bzw. wie sie darauf<br />

reagieren, das zeigt sich im CDP Water<br />

Disclosure. Diese kapitalmarktorientierte<br />

Einschätzung zu den Wasserrisiken<br />

in den Lieferketten gibt dabei ein klares<br />

Bild wieder:<br />

Ist Ihr unternehmen in der lage,<br />

die wasserintensiven Inputs in<br />

der lieferkette zu bestimmen, die<br />

aus Gebieten mit wasserstress<br />

kommen?*<br />

Nein<br />

56%<br />

Ja<br />

44%<br />

*(siehe CDP water Disclosure 2010, Frage unter<br />

Ziffer 6.1)<br />

Quelle: CDP water Disclosure 2010. Daten<br />

stammen von 41 unternehmen mit öffentlichem<br />

Disclosure aus dem eu-raum und der Schweiz.<br />

Wohl ist diese Darstellung noch nicht differenziert<br />

nach Sektoren; die unterschiedliche<br />

Relevanz für unterschiedliche Sektoren<br />

bzw. der Technologisierungsgrad oder<br />

die Höherwertigkeit der Produkte ist hier<br />

nicht aufgeschlüsselt. Doch das Ergebnis<br />

zeigt eines klar: Während Unternehmen<br />

ihre Analyse der Treibhausgasemissionen<br />

in der Lieferkette (sog. upstream; Scope 3)<br />

pro-aktiv vorantreiben und beherrschen,<br />

so fehlt eine derartiges Verständnis zum<br />

Thema Wasserknappheit bei einer Vielzahl<br />

europäischer Unternehmen. Einzelne<br />

Unternehmen haben die Bedeutung der<br />

Ressource Wasser in ihrer Lieferkette<br />

bereits erkannt so z.B. der Nahrungsmittelkonzern<br />

Nestlé, der in diesem Zusammenhang<br />

mit dem Stockholm Industry<br />

Water Award ausgezeichnet wurde.<br />

Wasser – wichtige Frage nach der<br />

Versorgungssicherheit<br />

Im Kontrast zu Nahrungsmittelkonzernen,<br />

bei welchen die Ermittlung des<br />

Water Footprinting eine gängige Analysemöglichkeit<br />

darstellt, geht es bei<br />

anderen Unternehmen nicht unbedingt<br />

um kurze landwirtschaftlich geprägte<br />

Lieferketten. Sie nutzen vielmehr eine<br />

Vielzahl an höherwertigen Zwischenprodukten<br />

und sektoralen Handelsgütern,<br />

die für ihre Wertschöpfung in Chemie,<br />

Pharma, Maschinenbau oder Elektronik<br />

benötigt werden. Immer entscheidender<br />

für diese Unternehmen wird die Frage<br />

nach der Versorgungssicherheit mit<br />

Zwischenprodukten. Wohlbemerkt umfasst<br />

diese Versorgungssicherheit auch<br />

klassische Rohstoffe. Die immer wieder<br />

diskutierten seltene Erden und Metalle<br />

sind dabei nur die Spitze des Eisberges.<br />

Auch beim Buntmetall Kupfer müssen<br />

sich deutsche Industrie-Unternehmen<br />

um die Versorgungssicherheit Gedanken<br />

machen. Denn gerade im Bergbau<br />

ist Wasserknappheit ein immer größer<br />

werdendes Risiko. Für Chile z.B. zeigt<br />

eine Analyse von PwC deutliche Unterschiede<br />

in der Wassereffizienz der<br />

kupferfördernden Bergbauunternehmen.<br />

Diese Aspekte können unvorsichtigen<br />

Einkäufer einen Strich durch die<br />

Rechnung machen und können bis zu<br />

Lieferengpässen in deutschen Produktionsstätten<br />

der Elektroindustrie führen.<br />

Für die Begutachtung der Versorgungsicherheit<br />

ist lokaler Wasserstress demnach<br />

ein zentraler Faktor, den es gilt<br />

für Rohstoffe, Zwischenprodukte und<br />

sektorale Handelsgüter zu identifizieren.<br />

Einkaufsdaten bestimmen<br />

Herkunftsanteil aus Gebieten mit<br />

akutem Wasserstress<br />

Ein erstes Bild zu den verborgenen Wasserrisiken<br />

in den Lieferketten von einer<br />

großen Anzahl von direkten Zulieferern<br />

und den beliebig weiteren verborgenen<br />

Zulieferern lässt sich mit einem ersten<br />

Screening durchführen. Dabei werden<br />

die Daten sämtlicher vom Unternehmen<br />

nachgefragten Leistungen in weltweiten<br />

Einkaufsländern in den Kontext gesetzt<br />

mit den internationalen Handelsströmen.<br />

Durch deren Klassifizierung in Außenhandelsbilanzen<br />

können folglich auch<br />

sekundäre Nachfrageeffekte modelliert<br />

werden. So entsteht ein erstes Verständ-<br />

nis zu den verborgenen Gliedern der<br />

weltweiten Lieferkette (sogenannte tier<br />

2, tier 3, etc.). Und dieses Verständnis ist<br />

für viele Unternehmen neu. Eine sehr<br />

ähnliche Methode wird übrigens für die<br />

Bestimmung der unternehmerischen<br />

Treibhausgasemissionen (sog. upstream;<br />

nach Scope 3) angewandt. Wobei eine<br />

derartige Methode die Anforderungen<br />

des dortigen Greenhouse Gas Protocol<br />

erfüllt. Informationen zu den verborgenen<br />

Gliedern der Lieferkette lassen<br />

sich anschliessend mit einem anerkannten<br />

Modell zur Nutzung der weltweiten<br />

Wasserressourcen koppeln. Damit lassen<br />

sich im Ergebnis die Herkunftsanteile<br />

des unternehmerischen Gesamteinkaufs<br />

aus Gebieten mit keinem, mittlerem und<br />

hohem Wasserstress weltweit bestimmen.<br />

Dabei hat dieses Verfahren noch einen<br />

entscheidenden Vorteil: Wasserstress und<br />

dazugehöriger monetärer Einkaufswert<br />

werden gemeinsam dargestellt und erlauben<br />

dem Unternehmen so ein deutlich<br />

verbessertes Risikomanagement. Aber<br />

damit nicht genug, auch Bilanzierungen<br />

im Stil einer umfassenden ökologischen<br />

Gewinn- und Verlustrechnung können mit<br />

der Zusatzinformation (Gefährdung durch<br />

Wasserstress) ihre Aussagekraft erhöhen.<br />

Screening gibt Aufschluss über<br />

Risiko- und Effizienzpotenziale in<br />

der Lieferkette<br />

Mit den Ergebnissen dieses Screening<br />

können in einem zweiten Schritt weitere<br />

Analysen und Maßnahmen eingeleitet<br />

werden. Es bleibt zu vermuten, dass<br />

solche weitere Analysen besonders für<br />

die Emerging Markets notwendig werden.<br />

Insgesamt stehen im Rahmen der CR-Aktivitäten<br />

von Unternehmen verschiedene<br />

Möglichkeiten zur Verfügung. Fragebögen,<br />

Supplier Audits und hydrologische<br />

Gutachten an den Standorten sind dabei<br />

nur einige Möglichkeiten, um das Risiko<br />

der Wasserknappheit gezielter und vor<br />

allem lokaler zu analysieren.


we<br />

energie intelligent und<br />

damit nachhaltig nutzen<br />

Die energiewende ist eine große Herausforderung: nicht nur für die energiewirtschaft sondern<br />

auch für die Gesellschaft. Der Ausstieg aus der Kernenergie muss aufgefangen und die ambitionierten<br />

Ziele beim Klimaschutz weiter verfolgt werden. Gleichzeitig muss energie für Industrie-<br />

und Haushaltskunden bezahlbar bleiben und jederzeit verfügbar sein. eine anspruchsvolle<br />

Aufgabe, wenn umweltschutz, wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit nicht gegeneinander<br />

ausgespielt werden sollen.<br />

Von Joachim Löchte<br />

Intelligente Lösungen – eine<br />

Zukunftsaufgabe für RWE<br />

RWE will mit konkreten Lösungen dazu<br />

beitragen, dass die Energiewende gelingt.<br />

Große Szenarien und Pläne gibt<br />

es in Fülle. Was nun zählt, sind Produkte<br />

und Anwendungen, die sich heute<br />

oder morgen am Markt durchsetzen,<br />

auf gesellschaftliche Akzeptanz stoßen<br />

und nachhaltig sind. Es geht um verbesserte<br />

und neue Technologien zur<br />

Stromerzeugung und -verteilung, aber<br />

auch um intelligente Haustechnik für<br />

mehr Wohnkomfort und effizienteren<br />

Einsatz von Energie.<br />

Dafür hat RWE ein neues unternehmensinternes<br />

Gütesiegel entwickelt:<br />

„voRWEg gehen mit intelligenter Energie“.<br />

Es zeichnet alle RWE-Produkte, Dienstleistungen<br />

und Technologien aus, die<br />

zu diesem Ziel beitragen. Maßstab sind<br />

drei Kriterien.<br />

• Die Produkte sind sowohl innovativ<br />

als auch zukunftsorientiert und entsprechen<br />

somit dem neuesten Stand<br />

der Entwicklung.<br />

• Sie sind effizient und erfüllen damit<br />

die bestmöglichen ökonomischen und<br />

ökologischen Standards.<br />

• Sie sind dialogfähig und können so intelligent<br />

miteinander vernetzt werden,<br />

dass sich daraus zusätzliche Synergien<br />

ergeben.<br />

Das Gütesiegel bekommen nur RWE-Angebote,<br />

-Services und -Technologien, die<br />

mindestens zwei von diesen Anforderun-<br />

gen erfüllen: Dazu gehören Pilotprojekte,<br />

Anlagen in der Entwicklung, aber auch<br />

Lösungen, die bereits markttauglich sind.<br />

Intelligente Nutzung – das<br />

Energiehaus der Zukunft<br />

Ein solches Pilotprojekt ist das „Energiehaus<br />

der Zukunft.“ Ein erstes Versuchshaus<br />

steht bereits bei Kalkar am<br />

Niederrhein. Dort erforscht RWE neue<br />

Energieeffizienztechnologien. Mit dabei<br />

sind das Fraunhofer Institut und das Kieswerk<br />

Maas-Roeloffs. Erprobt werden zum<br />

Beispiel eine spezielle Wärmepumpe,<br />

eine Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung<br />

oder eine Hightech-Photovoltaikanlage.<br />

Zentrale Steuerungstechnik ist<br />

das SmartHome-System von RWE. Dieses<br />

computerbasierte System ist gewissermaßen<br />

das Hirn der unterschiedlichen<br />

Anwendungen, indem es für eine Verknüpfung<br />

und Abstimmung der gesamten<br />

Haustechnik sorgt.<br />

SmartHome selbst ist dabei keine<br />

Zukunftsmusik, sondern heutiger Stand<br />

der Technik. Schon jetzt lassen sich ganze<br />

Szenarien programmieren, mit denen die<br />

einzelnen Geräte und die Gewohnheiten<br />

der Bewohner aufeinander abgestimmt<br />

werden, im Sinne von mehr Effizienz<br />

und Komfort. So lässt sich einstellen, dass<br />

zu einer bestimmten Zeit die Jalousien<br />

hochfahren und die Kaffeemaschine anspringt<br />

– zum Beispiel, wenn der Wecker<br />

klingelt. Oder dass die Heizung ihre Leistung<br />

drosselt, sobald ein Fenster geöffnet<br />

wird. Das System eignet sich nicht nur<br />

für Neubauten. SmartHome kann auch<br />

nachträglich in bestehende Häuser und<br />

Wohnungen eingebaut werden.<br />

Intelligente Vernetzung –<br />

Marktplätze der Zukunft<br />

Intelligenter Umgang mit Energie geht<br />

zugleich über isolierte Wohneinheiten<br />

hinaus. Ein weiterer Schritt ist die Vernetzung<br />

von Haushalten untereinander.<br />

Künftig werden immer häufiger Energienutzer<br />

auch zu Stromerzeugern – zum<br />

Beispiel, indem sie Solaranlagen betreiben,<br />

Erdwärme im eigenen Garten nutzen oder<br />

ein kleines Kraftwerk im Keller haben. Darauf<br />

ist das traditionelle Energievermarktungssystem<br />

nicht eingestellt. In diesem<br />

floss der Strom in eine Richtung – vom<br />

Großkraftwerk zum Abnehmer. Im Energiesystem<br />

der Zukunft ist dies nur noch<br />

eine Möglichkeit unter vielen. Das Ziel:<br />

Der Kunde soll seinen Stromverbrauch<br />

selbst steuern, außerdem Strom selbst<br />

produzieren und diesen ins Netz speisen<br />

können. Herzstück dafür ist ein Mess- und<br />

Steuerungsgerät, das über eine Informations-<br />

und Kommunikations-Schnittstelle<br />

mit dem heimischen PC verbunden wird.<br />

108 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

109<br />

Best Practice<br />

rückgrat der intelligenten energie: Das neue Gas- und<br />

Dampfturbinenkraftwerk (GuD) in lingen, das über eine<br />

leistung von 887 Mw verfügt.<br />

Mithilfe der neuen Technik können die<br />

Nutzer über das Internet verfolgen, wie<br />

hoch gerade die Strompreise sind. Zu<br />

dieser Anwendung führt RWE gerade mit<br />

Kooperationspartnern in Mülheim an der<br />

Ruhr den Feldtest E-DeMa durch – ein<br />

Projekt, das von den Bundesministerien<br />

für Wirtschaft und für Umwelt gefördert<br />

wird. Im Rahmen von E-DeMa vernetzen<br />

sich 1.100 private Haushalte und Stromanbieter<br />

über einen Internet-Marktplatz. Er<br />

bietet die Möglichkeit, Energie intelligent<br />

auszutauschen. Die Teilnehmer können<br />

entscheiden, ob es sich gerade lohnt, den<br />

selbst produzierten Strom einzuspeisen<br />

oder lieber selbst zu nutzen. So kann Wäsche<br />

künftig bevorzugt dann gewaschen<br />

werden, wenn draußen der Wind kräftig<br />

weht und die Strompreise damit gering<br />

sind. Diese Anwendung wird gerade gemeinsam<br />

mit dem Hausgerätehersteller<br />

Miele getestet. Eine solche Verknüpfung<br />

von Angebot und Nachfrage wird immer<br />

wichtiger. Über das Stromangebot aus erneuerbaren<br />

Energien entscheidet nicht der<br />

Bedarf, sondern die Wetterlage. Deshalb<br />

wächst die Bedeutung von intelligenten<br />

Lösungen, solange Strom noch nicht wirtschaftlich<br />

speicherbar ist.<br />

Intelligente Erzeugung – die<br />

Zukunft der Großkraftwerke<br />

Bei aller Förderung dezentraler und kundennaher<br />

Anlagen: Auch in Zukunft<br />

stellen große Stromerzeugungsanlagen<br />

einen wichtigen Baustein der Energieversorgung<br />

dar. Nur werden diese heute<br />

vielfach anders betrieben als früher.<br />

Während Großkraftwerke ursprünglich<br />

rund um die Uhr im Einsatz waren, müssen<br />

viele von ihnen heute einspringen,<br />

wenn erneuerbare Energien wenig und<br />

gar nicht zur Verfügung stehen. Das<br />

erfordert ein neues Maß an Flexibilität.<br />

Dafür investiert RWE vor allem in<br />

kombinierte Gas- und Dampfkraftwerke,<br />

die aus technischen Gründen besonders<br />

flexibel hoch- und runtergefahren werden<br />

können und dabei hohe Wirkungsgrade<br />

erreichen. Dazu zählt auch das<br />

Gas- und Dampfkraftwerk in Lingen.<br />

Links: wohnen 2.0: Mit SmartHome kann<br />

der energieverbrauch intelligent gesteuert<br />

werden.<br />

Zwei Gasturbinen stellen zusammen<br />

eine Leistung von 887 Megawatt (MW)<br />

bereit – das reicht, um vier Millionen<br />

Menschen mit Strom zu versorgen. Das<br />

GuD-Kraftwerk Lingen gehört zu den<br />

effizientesten Anlagen weltweit, denn<br />

es wandelt die Energie aus dem Gas<br />

zu fast 60 Prozent in Strom um – ein<br />

Wert, der einen Spitzenplatz im globalen<br />

Vergleich einnimmt.<br />

Dies sind nur drei von vielen Bausteinen,<br />

mit denen RWE bei der Energiewende<br />

mithilft. Der Umbau der Energieinfrastruktur<br />

ist ein langer Weg – die<br />

Entwicklung und Vermarktung von<br />

intelligenten Lösungen eine zentrale<br />

Zukunftsaufgabe für RWE.


TeCTuM GrouP<br />

Nachhaltige Personalentwicklung<br />

in modernen<br />

Contact Centern<br />

wer in der heutigen Zeit Informationen zu Telefon- und energietarifen<br />

benötigt oder Vertragsfragen hat, ist häufig auf Servicemitarbeiter<br />

im Dialogmarketing angewiesen. Bundesweit beantworten<br />

6.700 Callcenter mit 500.000 Mitarbeitern sämtliche<br />

Anfragen via Telefon, e-Mail oder Chat, so der Call Center Verband<br />

<strong>Deutschland</strong> e. V. und die Branche wächst und entwickelt<br />

sich stetig weiter. Ihr ruf allerdings leidet noch heute unter den<br />

schlechten Arbeitsbedingungen, die einige schwarze Schafe in<br />

den 90er Jahren etablierten. Mit Niedriglöhnen, hohen Arbeitsbelastungen<br />

und geringen entwicklungsperspektiven nutzten<br />

Billiganbieter ihre Mitarbeiter aus. Der Preiskampf unter den<br />

Anbietern erhöhte den Druck auf die Gehälter. Hohe Fluktuation<br />

und geringere Qualität der Dienstleistung waren die Folge.<br />

Mittlerweile hat die Branche sich mehrfach<br />

konsolidiert. Zudem greifen gesetzliche<br />

Vorschriften. Viele der fragwürdigen<br />

Anbieter sind vom Markt verschwunden.<br />

„Mit den Vorurteilen gegenüber der Branche<br />

und dem schlechten Image haben<br />

wir allerdings noch heute zu kämpfen“,<br />

erklärt Theo Reichert, CEO der TECTUM<br />

Group, die international mit elf Standorten<br />

und mehr als 3.000 Mitarbeitern<br />

zu den Branchenführern gehört. Zudem<br />

stehen die Dienstleister immer noch in<br />

einem harten Preiskampf. Gleichzeitig<br />

fordern Auftraggeber immer höhere<br />

Qualität. Denn moderne Contact Center<br />

übernehmen heute zusätzlich zur<br />

klassischen Hotline auch das Kampagnen-<br />

Management und stehen den Auftraggebern<br />

als strategischer Partner zur Seite.<br />

„Viele unserer Teams bestehen daher aus<br />

hervorragend ausgebildeten Fachkräften<br />

beispielsweise für die Medizintechnik-<br />

und IT-Branche, die gemeinsam mit unseren<br />

Kunden Problemlösungsstrategien<br />

entwickeln“, so Andreas Alex, Geschäftsführer<br />

der TECTUM Business Solutions.<br />

Die hohen Ansprüche an Qualität, Service<br />

und Kompetenz der Dienstleister stellen<br />

die Branche vor ein weiteres Problem:<br />

„Durch den wirtschaftlichen Aufschwung<br />

fehlt es zunehmend an Personal auf<br />

allen Ebenen.“<br />

Personalmangel entgegenwirken<br />

Aus diesem Grund setzt die TECTUM<br />

Group gezielt auf die Förderung der Mitarbeiter<br />

und Aufstiegsmöglichkeiten. „Der<br />

Mensch steht bei uns im Mittelpunkt. Wir<br />

stellen Bewerber ein, die motiviert und<br />

kommunikativ sind. Das nötige Fachwissen<br />

erhalten sie bei uns in intensiven<br />

Schulungen. Herkunft, Alter und Schulbildung<br />

stehen nicht im Vordergrund“,<br />

erklärt CEO Reichert. Durch individuelle<br />

Trainings- und Schulungsprogramme<br />

bietet TECTUM Chancen für Menschen<br />

aus allen Bildungs- und Gesellschaftsschichten.<br />

„Jeder wird aufgenommen,<br />

der das Potential dazu hat, mit Kunden<br />

zu sprechen und sich zutraut, mit Konfliktsituationen<br />

am Telefon umzugehen.<br />

Welches Aussehen oder welchen Hintergrund<br />

er hat, das ist zweitrangig“, so die<br />

stellvertretende Betriebsrats- und Personalausschussvorsitzende<br />

bei TECTUM.<br />

Von Adrian Hahn<br />

Potenziale fördern<br />

110 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

111<br />

Best Practice<br />

„Entscheidend ist zudem, dass einmal<br />

ausgebildete Mitarbeiter im Unternehmen<br />

bleiben und sich weiterentwickeln“,<br />

erklärt Andreas Alex. Dies sei nur mit<br />

nachhaltiger Personalentwicklung zu<br />

gewährleisten. Denn nur ein Mitarbeiter,<br />

der Entwicklungsperspektiven geboten<br />

bekomme, setze sich voll und ganz für<br />

das Unternehmen ein und könne diese<br />

Begeisterung auch an den Kunden weitergeben.<br />

„Zusätzlich zu einem attraktiven<br />

Gehalt sind Faktoren wie das Arbeitsumfeld,<br />

das Verhältnis zu Vorgesetzten und<br />

der Abwechslungsreichtum der Tätigkeit<br />

ausschlaggebend“, so der Geschäftsführer.<br />

Zur Förderung und Ausbildung der<br />

Führungskräfte aus den eigenen Reihen<br />

hat TECTUM ein vierstufiges Talent Management<br />

Programm für alle Mitarbeiter<br />

entwickelt. Ein Assessment gibt Auskunft<br />

über die fachlichen, persönlichen und sozialen<br />

Fähigkeiten der Bewerber. Zudem<br />

fließen die Wünsche der Mitarbeiter in<br />

einem individuellen Entwicklungspfad<br />

zusammen, der aus Schulungen und<br />

Kursen sowie regelmäßigen persönlichen<br />

Coachings besteht. Festgelegte Kriterien,<br />

unter anderem Tests und Prüfungen,<br />

geben Rückmeldung, ob definierte Entwicklungsstufen<br />

erreicht wurden. Durch<br />

diese Kriterien macht das Unternehmen<br />

die Weiterbildungsprozesse transparent<br />

und sorgt so für mehr Akzeptanz neuer<br />

Führungskräfte bei den Teams.<br />

Führungskräfte aus den eigenen<br />

Reihen<br />

Ein Konzept, das aufgeht, denn 80 Prozent<br />

der Führungskräfte stammen aus den<br />

eigenen Reihen. „Ich bin einer davon“,<br />

berichtet Janni Gortsas, Geschäftsführer<br />

der TECTUM Sales GmbH. Der gebürtige<br />

Grieche begann seine Karriere bei TEC-<br />

TUM vor acht Jahren als Mitarbeiter in der<br />

Inbound-Line, wurde dann Bereichsleiter<br />

und leitet nun vom Standort Gelsenkirchen<br />

aus alle vertriebsorientierten In- und<br />

Outbound-Aktivitäten sowie das gesamte<br />

Backoffice. „Integration und Gleichberechtigung<br />

sollten für jedes Unternehmen<br />

selbstverständlich sein. Heute arbeiten<br />

Menschen aus über 30 unterschiedlichen<br />

Nationen bei uns, die Hälfte der Führungspositionen<br />

am Standort Schwetzingen<br />

ist mit Frauen besetzt“, so Andreas Alex.<br />

„Die Entwicklung ist spürbar und sichtbar.“<br />

Nach einer aktuellen Mitarbeiterbefragung<br />

können sich mehr als 60 Prozent<br />

der Mitarbeiter vorstellen, langfristig<br />

bei TECTUM zu arbeiten – vor einem<br />

Jahr lag dieser Wert noch deutlich unter<br />

40 Prozent.<br />

„Unserem Ziel, der Branche als Vorbild<br />

zu dienen, sind wir in den vergangenen<br />

zwölf Monaten wieder ein gutes Stück<br />

näher gekommen. Darüber freuen wir<br />

uns. Dennoch ist uns bewusst, dass noch<br />

viel Arbeit vor uns liegt“, erklärt CEO<br />

Theo Reichert.<br />

Die TeCTuM Group<br />

Die TeCTuM Group, einer der deutschenTop-Dialogmarketing-spezialisten,<br />

steht mit 3000 Mitarbeitern<br />

und Standorten in Gelsenkirchen,<br />

essen, Dortmund, oberhausen,<br />

Duisburg und Schwetzingen sowie<br />

in Belgien, Bulgarien, Polen, Spanien<br />

und der Schweiz für kompetente<br />

Dienstleistungen im Customer<br />

Care Management und Business<br />

Process outsourcing (BPo).<br />

In den Branchen Telekom-munikation,<br />

Finanzdienstleistung, IT und<br />

energie gilt das unter-nehmen als<br />

feste Größe im Dialogmarketing.<br />

Allein im Geschäftsjahr 2010/<strong>2011</strong><br />

erwirtschaftete TeCTuM mit monatlich<br />

rund 1,4 Mio. ausgehenden<br />

sowie etwa 2,6 Mio. eingehenden<br />

Anrufen einen Gesamtumsatz von<br />

100 Mio. euro. Der hohe Qualitätsanspruch<br />

des unternehmens<br />

wurde mit zahlreichen Auszeichnungen<br />

sowie bereits ende 2000<br />

mit der Zertifizierung nach DIN eN<br />

ISo 9001:2000 und der rezertifizierung<br />

2010 bestätigt.


VolKSwAGeN<br />

So gern Nachhaltigkeit und Verantwortung<br />

all überall reklamiert werden –<br />

Kooperationen zwischen Unternehmen<br />

und Umweltverbänden sind immer noch<br />

selten. Volkswagen und der NABU arbeiten<br />

seit über zehn Jahren zusammen.<br />

Nicht Papier beschreiben, sondern Ideen<br />

und Energie bündeln, lautet das Credo<br />

der Partner.<br />

Kostenlose Spritspartrainings für jedermann<br />

waren lange das Rückgrat der<br />

Kooperation. Unter dem Motto „Clever<br />

fahren – Sprit sparen“ finden zwischen<br />

Flensburg und Garmisch jährlich bis<br />

zu 20 Aktionstage statt. So lässt sich<br />

im Wortsinn erfahren, wie man bis zu<br />

25 Prozent an Kraftstoff sparen und<br />

damit Klima und Geldbeutel gleichzeitig<br />

schonen kann. Bei der Organisation<br />

der Trainingstage arbeiten<br />

lokale NABU-Gruppen, VW-Händler<br />

und ein Stab von Fahrlehrern („Volkswagen<br />

driving experience“) Hand in<br />

Hand.<br />

„Mobil im Dialog“ ist das zweite Standbein<br />

der Partnerschaft. Zweimal im Jahr<br />

diskutieren VW-Manager und NABU-<br />

Vertreter mit Politikern und Experten<br />

über die Probleme von Biokraftstoffen,<br />

Wege zum Klimaschutz oder die Perspektiven<br />

der Elektromobilität. Der Mut<br />

zur öffentlichen Debatte zahlt sich aus<br />

– „Mobil im Dialog“ ist in Berlin längst<br />

zur eigenen Marke geworden.<br />

Eine kleine Erfolgsgeschichte ist auch<br />

die Initiative „Willkommen Wolf!“, eine<br />

mit pfiffigen Aktionsideen gespickte Informationskampagne,<br />

die darauf aus ist,<br />

den zu Unrecht verteufelten Isegrim zu<br />

rehabilitieren. Das Projekt, das auch von<br />

eins und eins<br />

gleich drei<br />

Volkswagen und der NABu pflegen eine Dialog- und Projektpartnerschaft<br />

eigener Art<br />

anderen Wolfs(!)burgern, dem VfL und<br />

der Stadt, mitgetragen wird, hat dazu<br />

beigetragen, dass sich in Ostdeutschland<br />

eine stabile Wolfs-Population aufbauen<br />

konnte – Zeichen der Hoffnung für alle<br />

Artenschützer.<br />

Tief in die Gestaltung des automobilen<br />

Kerngeschäfts zielt das Grüne-Flotten-<br />

Programm, eine Art Drei-Wege-Katalysator<br />

für nachhaltige Mobilität, das<br />

sich an kosten- und umweltbewusste<br />

Fuhrparkmanager richtet, die die besonders<br />

verbrauchseffizienten Konzern-<br />

Modelle leasen wollen. Für jedes dieser<br />

Fahrzeuge leistet Volkswagen einen<br />

emissionsbezogenen Beitrag an den<br />

NABU, der ausgewählten Projekten<br />

zur Renaturierung von Mooren zugutekommt,<br />

den besten Kohlenstoffspeichern<br />

überhaupt. Wer seinen Fuhrpark<br />

ökologisch umbaut, kann sich obendrein<br />

um den Award „Die Grüne Flotte“ bewerben,<br />

der alljährlich in Berlin ausgelobt<br />

wird.<br />

Konfliktfrei ist die Kooperation dennoch<br />

nicht, kann sie gar nicht sein. Schließlich<br />

ist das Unternehmen in erster Linie seinen<br />

Kunden, der Umweltverband seinen<br />

Mitgliedern verpflichtet. Im kritischen<br />

Dialog ist jedoch „über die Jahre ein<br />

112 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

113<br />

Best Practice<br />

Klima des Vertrauens entstanden, das<br />

beiderseitige Lernprozesse begünstigt“,<br />

so Jörg Waldeck, Leiter Konzern-Außenbeziehungen<br />

bei Volkswagen. Als sie<br />

die Kooperation in der Kategorie Public<br />

Sponsoring (<strong>2011</strong>) auszeichneten, waren<br />

die Juroren des Fachverbands Sponsoring<br />

gleichfalls überzeugt, dass das Beispiel<br />

VW/NABU zeigt, „wie ein sinnvolles und<br />

nachvollziehbares Engagement zwischen<br />

einem führenden Automobilhersteller<br />

und einer Umweltinstitution ausgestaltet<br />

werden kann – zum Nutzen beider<br />

Partner“.<br />

Infos zum<br />

unternehmen<br />

Die Volkswagen AG mit Sitz<br />

in wolfsburg ist einer der<br />

führenden Automobilhersteller<br />

weltweit. Das unternehmen<br />

beschäftigt über 430.000<br />

Mitarbeiter. Zum Konzern<br />

gehören neun Marken, sein<br />

Marktanteil im Segment<br />

Pkw beträgt 11,4 Prozent.<br />

Geschäftsfelder des unter-<br />

nehmens sind: Fahrzeugproduktion,<br />

logistik- und<br />

Finanzdienstleistungen. Der<br />

Konzern sieht seine Aufgabe<br />

darin, attraktive, sichere und<br />

umweltschonende Fahrzeuge<br />

anzubieten.<br />

Dietmar oeliger (rechts) ist leiter Verkehrs-<br />

politik beim NABu-Bundesverband, Michael<br />

Scholing-Darby leitet die Politische Kommuni-<br />

kation und Stakeholderdialoge im Bereich<br />

Außenbeziehungen des Volkswagen Konzerns.<br />

Beide sind die Projektkoordinatoren für die<br />

Kooperation zwischen der Volkswagen AG und<br />

dem Naturschutzbund <strong>Deutschland</strong> e.V.<br />

Mehr Kooperation statt nur Konfrontation<br />

Herr Oeliger, NGOs sollten sich als kritische<br />

Watchdogs von Unternehmen verstehen, nicht<br />

als brave Kooperationspartner, oder?<br />

Oeliger: Watchdog unbedingt. Aber<br />

warum sollte man nicht auch zusammenarbeiten,<br />

sofern Umwelt und Klima<br />

konkret davon profitieren!? Wenn<br />

der NABU dazu beitragen kann, dass<br />

ein Unternehmen mehr als bisher eine<br />

wirklich nachhaltige Entwicklung fördert,<br />

dann ergreifen wir die Chance gern.<br />

Dabei bleiben wir kritischer Begleiter<br />

– Volkswagen hat das erlebt, als es um<br />

die Nachrüstung von Pkw mit Dieselpartikelfiltern<br />

ging oder auch um die<br />

Begrenzung von CO 2 -Emissionen.<br />

Herr Scholing, ist die NABU-Kooperation nicht<br />

am Ende doch Greenwashing?<br />

Scholing: Greenwashing ist ein echtes<br />

Totschlagargument. Die gemeinsamen<br />

Projekte von VW und NABU haben<br />

alle messbaren und nachprüfbaren Nutzen<br />

für den Schutz von Klima oder Natur<br />

– ob es die Spritspartrainings sind, die<br />

Moorrenaturierung, die Grünen Flotten<br />

oder das Wolfs-Projekt. Wir waschen uns<br />

nicht grün, bieten – eher umgekehrt<br />

– mit öffentlichen politischen Dialogforen<br />

eine Kommunikationsplattform<br />

für unsere schärfsten Kritiker.<br />

Herr Oeliger und Herr Scholing, was gilt es<br />

zu beachten, wenn Unternehmen und NGO<br />

zusammenarbeiten?<br />

Oeiliger: Zu beachten ist unbedingt,<br />

dass Unternehmen und NGO unter-<br />

schiedliche Anspruchsgruppen haben:<br />

hier in erster Linie Kunden, dort Mitglieder<br />

und Aktivisten. Es geht folglich um<br />

klar definierte Ziele und Projekte, die<br />

beiden Partnern etwas bringen. Ohne<br />

Verständnis für die Motive und Handlungszwänge<br />

des Partners schließlich<br />

wird man wenig Erfolg haben.<br />

Scholing: Je größer die Nähe der<br />

Projekte zum unternehmerischen Kerngeschäft,<br />

desto eher werden von ihnen<br />

Impulse ausgehen für nachhaltigere<br />

Produktion und Konsum.<br />

Was ist so einzigartig an Ihrer Kooperation?<br />

Oeliger: Der Dreiklang aus Beratung,<br />

öffentlichem politischen Dialog und<br />

konkreten Mitmachaktionen...<br />

Scholing: ...und dies für Mitarbeiter,<br />

Mitglieder und die Öffentlichkeit.<br />

Nach zehn Jahren Zusammenarbeit – gibt es<br />

noch Projektideen für die Zukunft?<br />

Scholing: Allemal. Volkswagen will<br />

bis 2018 zum wirtschaftlich und ökologisch<br />

führenden Mobilitätsanbieter der<br />

Welt werden. Ein ehrgeiziges Ziel, bei<br />

dem der ständige Ansporn eines großen<br />

Umweltverbands und seine Expertise<br />

nur helfen können.<br />

Oeliger: Ob alternative Antriebe,<br />

Kraftstoffe oder Mobilitätsdienstleistungen<br />

– da kann man sehr viel richtig<br />

machen, oder auch nicht. Es gilt, hier<br />

unbedingt die Weichen zu stellen, sowohl<br />

für die Umwelt als auch für ein<br />

globales Unternehmen wie Volkswagen.


wIlKHAHN<br />

„responsible Furniture“ für<br />

Mensch und umwelt<br />

Von Burkhard Remmers<br />

wie kaum ein anderer<br />

Büromöbelhersteller steht<br />

wilkhahn international für<br />

das Qualitätslabel „Design<br />

made in Germany“. und das<br />

meint mehr als nur exzellent<br />

gestaltete und qualitätsvolle<br />

Produkte: Der unternehmensleitsatz<br />

„responsible furniture<br />

for a professional life“<br />

gilt sowohl für die Gestaltung<br />

der Produkte als auch für die<br />

sozialen und ökologischen<br />

Dimensionen der Produktions-<br />

und Geschäftsprozesse.<br />

Das familiengeführte Unternehmen<br />

wurde 1907 bei Bad Münder gegründet.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte<br />

es sich zum Pionierunternehmen für<br />

moderne Möbelgestaltung. Heute ist<br />

Wilkhahn auf Entwicklung, Produktion<br />

und Vertrieb von hochwertigen Bürostühlen,<br />

Konferenzeinrichtungen und<br />

Möbeln für informelle Kommunikationsbereiche<br />

spezialisiert. Mit eigenen<br />

Standorten, Vertriebsgesellschaften und<br />

Dreidimensional beweglich,<br />

ausgezeichnet in Form und<br />

ökologisch verantwortlich: Der<br />

oN-Bürostuhl gilt weltweit als neuer<br />

Standard für gesundes Sitzen.<br />

Partnern auf allen Kontinenten zählt das<br />

Unternehmen zu den führenden Marken<br />

der Branche. Der internationale Erfolg<br />

zeigt, dass die Verbindung von Ökonomie<br />

mit sozial-ökologischer Verantwortung<br />

und kulturellem Anspruch weltweit<br />

an Bedeutung und Akzeptanz gewinnt.<br />

Denn auch in Sachen Umwelt- und<br />

Sozialorientierung gilt Wilkhahn seit<br />

Jahrzehnten als Vorreiter der Corporate-<br />

Social-Responsibility-Bewegung.<br />

Langlebige Produkte als Schlüssel<br />

zur Nachhaltigkeit<br />

Was bedeutet Responsible Furniture<br />

für die Produkte? Beeinflusst durch das<br />

Bauhaus und in enger Zusammenarbeit<br />

mit der Ulmer Hochschule für Gestaltung<br />

wurde schon in den 1950er und -60er<br />

Jahren der Grundstein für eine nachhaltige<br />

Produktentwicklung gelegt: Die<br />

Zielsetzung war, „langlebige Produkte<br />

114 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

115<br />

Best Practice<br />

Mit Biogas-Fernwärme, Blockheizkraftwerk<br />

und Solarthermie ist wilkhahn auf dem weg<br />

zur Co -neutralen Fertigung.<br />

2<br />

zu entwickeln, den Gebrauchswert zu<br />

erhöhen und die Verschwendung zu<br />

reduzieren“. Das gilt bis heute. Denn je<br />

länger und je besser ein Möbel genutzt<br />

wird, desto höher ist sein Beitrag zur<br />

Ressourcenschonung. Im Mittelpunkt der<br />

Neuentwicklungen steht der Mehrwert<br />

im Gebrauch. So geht es am Anfang<br />

einer Produktentwicklung nicht um<br />

einen neuen Stuhl, sondern um besseres<br />

Sitzen, nicht um einen Konferenztisch,<br />

sondern um die Förderung zwischenmenschlicher<br />

Interaktionen. Übersetzt<br />

in zeitstabile Formensprache und langlebige<br />

Qualität entstehen auf diese Weise<br />

immer wieder Produkte, die viele Jahre<br />

Gültigkeit haben und internationalen<br />

Vorbildcharakter erwerben. So setzt zum<br />

Beispiel der Bürostuhlklassiker FS-Linie<br />

seit dreißig Jahren Maßstäbe für das gesunde<br />

Bewegungssitzen. In den 1990er<br />

Jahren kreierte Wilkhahn die weltweit<br />

ersten, mobilen und faltbaren Konferenz-<br />

und Seminartische, die sehr einfach eine<br />

vielseitige Raumnutzung ermöglichen<br />

und dadurch Gebäudeflächen und deren<br />

Unterhalt einsparen. Ganz aktuell ist der<br />

neue Bürodrehstuhl ON mit seiner dreidimensionalen<br />

Beweglichkeit internationaler<br />

Benchmark, um Rückenschmerzen<br />

vorzubeugen und die Leistungsfähigkeit<br />

zu verbessern. Er wird von führenden<br />

Experten als derzeit bester Bürostuhl<br />

weltweit gesehen.<br />

Neben der innovativen Funktion sorgen<br />

zeitstabile Gestaltung und dauerhafte<br />

Qualität für den Mehrwert, der durch<br />

die Reparaturfähigkeit für Jahrzehnte<br />

sichergestellt ist. FS-Kunden können<br />

ihre Stühle beispielsweise jederzeit auf<br />

den aktuellen Stand bringen, wobei alle<br />

materialstrom- und energieintensiven<br />

Bauteile weitergenutzt werden. Last but<br />

not least wird den Wertstoffkreisläufen<br />

große Bedeutung beigemessen: So besteht<br />

der ON-Bürostuhl zu 55 Prozent<br />

aus Recycling-Material, und am Ende<br />

des Lebenszyklus kann er selbst wieder<br />

zu 97 Prozent recycelt werden.<br />

Fairness gegenüber Mensch<br />

und Umwelt als umfassendes<br />

Unternehmensprinzip<br />

Die Unternehmensverantwortung beweist<br />

sich auch im partnerschaftlichen Umgang<br />

und in ökologisch optimierten Produktionsprozessen.<br />

Die interne und externe<br />

Zusammenarbeit ist von Offenheit, Verantwortung,<br />

Beteiligung und Partnerschaft<br />

geprägt. Die Potenziale der Menschen bei<br />

Wilkhahn zu fordern und zu fördern, ist<br />

Grundlage der Unternehmenskultur, die<br />

auf fest verankerten Unternehmenswerten<br />

basiert. Mitarbeiterbeteiligung, betriebliche<br />

Alterversorgung und umfassender<br />

Gesundheitsschutz sind selbstverständlich.<br />

Wilkhahn wirkt aber auch extern<br />

mit an der Durchsetzung internationaler<br />

Arbeits- und Sozialnormen und damit an<br />

einer menschenwürdigen Gestaltung der<br />

<strong>Global</strong>isierung. 2008 trat Wilkhahn dem<br />

„<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“ bei, 2009 wurde ein<br />

Rahmenabkommen mit der internationalen<br />

Gewerkschaft Bau- und Holzarbeiter<br />

Internationale, BHI, unterzeichnet, das<br />

die Förderung und das Monitoring von<br />

Arbeitnehmerrechten bei Zulieferern,<br />

Lizenz- und Vertriebspartnern beinhaltet.<br />

Für Wilkhahn gehören Verantwortung für<br />

Mensch und Umwelt zusammen. Schon<br />

1989 wurde der ökologische Wandel per<br />

Verwaltungsratsbeschluss zum Unternehmensprogramm.<br />

1992 implementierte<br />

Wilkhahn Umweltkriterien in den<br />

Design- und Entwicklungsprozess. Sie<br />

schreiben die ökologische Verträglichkeit<br />

von Materialien, Konstruktionsprinzipien,<br />

Verarbeitungstechnologien sowie die<br />

Reparaturfähigkeit und Rückführung der<br />

Produkte fest. 1996 wurde die ganzheitliche<br />

Unternehmensverantwortung von<br />

Wilkhahn mit dem Deutschen Umweltpreis<br />

ausgezeichnet.<br />

Seit 2001 hat Wilkhahn neben dem<br />

Qualitätsmanagementsystem ISO 9001<br />

auch die Umweltmanagementsysteme<br />

ISO 14001 und EMAS (Eco-Management<br />

and Audit Scheme) im Unternehmen<br />

etabliert. Seitdem werden Ressourcen-<br />

und Energieverbrauch, Emissionen<br />

und Abfälle systematisch reduziert. Das<br />

Umwelt-Managementsystem setzt außerdem<br />

Standards zu Transport, Montage,<br />

Reparatur und Instandsetzung bis hin<br />

zur Rückführung in den Materialkreislauf.<br />

Die Maßnahmen und Fortschritte<br />

des Umweltprogramms veröffentlicht<br />

Wilkhahn seit 2001 in konsolidierten<br />

Umwelterklärungen.<br />

Besondere Herausforderung<br />

Klimaschutz<br />

Angesichts der globalen Erderwärmung<br />

und der auch dramatischen sozialen<br />

Folgen des Klimawandels legt Wilkhahn<br />

ein besonderes Augenmerk auf den Klimaschutz.<br />

Schon 1992 wurden Industriehallen<br />

aus Holz mit Dachbegrünung<br />

und Photovoltaik-Anlage erstellt. Zur<br />

weiteren Senkung der CO 2 -Emissionen<br />

nahm die eigens gegründete Wilkhahn<br />

Energie GmbH 2008 ein Blockheizkraftwerk<br />

in Betrieb, in dem nachwachsende<br />

Energieträger verwendet werden. In<br />

<strong>2011</strong> wurden weitere solarthermische<br />

Anlagen installiert und die Energiezentrale<br />

an die Fernwärme einer Biogasanlage<br />

angeschlossen. Das sorgt in den<br />

Verwaltungs- und Fertigungsgebäuden<br />

des Hauptsitzes in Bad Münder für CO 2 -<br />

neutrale Heizenergie.<br />

Ökonomisch oder sozial oder ökologisch<br />

oder ästhetisch? Wilkhahn zeigt,<br />

dass sich die unterschiedlichen Perspektiven<br />

in einem ganzheitlichen Konzept<br />

überzeugend verbinden lassen!


Agenda<br />

116<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

117<br />

D<strong>GC</strong>N<br />

aus dEr arbEit dEs deutsCHen<br />

GlOBAl COmPACt netZwerks<br />

<strong>2011</strong><br />

Von Dr. Jürgen Janssen<br />

Das Jahr <strong>2011</strong> war für das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(D<strong>GC</strong>N) von einer Reihe personeller Veränderungen gekennzeichnet.<br />

Zu Beginn des Jahres übernahm Arno Tomowski<br />

die Leitung der Geschäftsstelle des D<strong>GC</strong>N. Er führte bis dato<br />

die japanische Niederlassung eines bedeutenden deutschen<br />

Industrieunternehmens und hatte zum Jahresende 2010<br />

die Geschäftseinheit Zusammenarbeit mit der Wirtschaft<br />

der GIZ übernommen. Auch im D<strong>GC</strong>N-Lenkungskreis gibt<br />

es neue Gesichter. Zur ersten Sitzung des Jahres trat Klaus<br />

Milke von Germanwatch ein, zur Mitte des Jahres übernahm<br />

Susanne Dorasil, BMZ, eine der beiden Regierungspositionen,<br />

und gegen Ende des Jahres fand dann die Wahl der Unternehmensvertreter<br />

statt. Als neue Mitglieder engagieren sich<br />

seither Ulrike Mühlberg, Deutsche Post DHL, und Thorsten<br />

Pinkepank, BASF, im Lenkungskreis. Die Zahl der teilnehmenden<br />

deutschen Unternehmen hat sich vor allem gegen<br />

Ende des Jahrs sehr dynamisch entwickelt, so dass das D<strong>GC</strong>N<br />

mittlerweile fast 200 Unternehmen umfasst. Hinzu kommen<br />

über 50 Organisationen und Institutionen vorwiegend aus<br />

der Zivilgesellschaft, aber auch aus Politik und Wissenschaft.<br />

Damit wird das D<strong>GC</strong>N seinem Charakter als das wichtigste<br />

Multi-Stakeholderforum für Nachhaltigkeit und verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung weiterhin gerecht: Es vereint<br />

Akteure, die aus unterschiedlichen Richtungen kommend<br />

dieselben Ziele erreichen wollen.<br />

>>


Agenda<br />

Die Arbeit des D<strong>GC</strong>N wird von der Bundesregierung und den<br />

teilnehmenden Unternehmen unterstützt. Seit 2004 koordiniert<br />

die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH<br />

die Geschäftsstelle des D<strong>GC</strong>N im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ). Die Unternehmen beteiligen sich über Spenden an die<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk an den Kosten der<br />

verschiedenen Aktivitäten. Obwohl sich die Spenden zusammen<br />

mit der Mitgliederzahl erfreulich entwickelt haben, trägt die<br />

Bundesregierung über den Haushalt des BMZ immer noch über<br />

zwei Drittel der Gesamtkosten des D<strong>GC</strong>N.<br />

Wie in den Jahren zuvor hat das D<strong>GC</strong>N auch in <strong>2011</strong> drei Arbeitstreffen<br />

zu den Schwerpunktthemen und daran anschließend<br />

öffentliche Fachgespräche organisiert. Mit jeweils etwa<br />

100 Teilnehmern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren<br />

diese wichtigen Lern- und Dialogforen sehr gut besucht. Als<br />

weitere Formate wurden Gruppencoachings zu den Themen<br />

„Wirtschaft und Menschenrechte“ sowie „Sustainability in the<br />

Supply Chain“ und erstmals ein Workshop zur Einführung in die<br />

Fortschrittsberichterstattung (Communication on Progress – CoP)<br />

angeboten. Auch diese Lernformate wurden mit großem Interesse<br />

aufgenommen und werden in 2012 fortgeführt und ausgebaut.<br />

Auf internationaler Ebene waren für das D<strong>GC</strong>N im Mai das<br />

Annual Local Networks Forum in Kopenhagen und im Oktober<br />

das European Local Networks Meeting in Rom von besonderer<br />

Bedeutung. In Kopenhagen standen zum einen Kooperationsmöglichkeiten<br />

zwischen den Netzwerken und zum anderen<br />

das Thema Wirtschaft und Menschenrechte für das D<strong>GC</strong>N im<br />

Vordergrund. Das Treffen in Rom war ganz den Vorbereitungen<br />

auf die Rio+20 Konferenz 2012 und der möglichen Rolle<br />

gewidmet, die lokale Netzwerke dort spielen können.<br />

Inhaltlich erhielt die internationale Nachhaltigkeitsdebatte in<br />

<strong>2011</strong> vor allem durch die Verabschiedung der neuen UN-Leitlinien<br />

zur Unternehmensverantwortung für die Menschenrechte einen<br />

“PROteCt, ResPeCt, ReMeDY” FRaMeWORk<br />

State Duty to Protect<br />

Staaten haben eine klare völkerrechtliche<br />

Pflicht, die Menschenrechte<br />

zu schützen und zu fördern.<br />

Sie sind dafür verantwortlich, ihre<br />

Einhaltung auch durch andere Akteure<br />

zu gewährleisten, etwa durch<br />

angemessene Strategiesetzung,<br />

Regulierung und Rechtsprechung.<br />

Corporate Responsibility to Respect<br />

Unternehmen haben die Verantwortung,<br />

alle Menschenrechte zu<br />

respektieren. Dies umfasst auch<br />

eine Sorgfaltspflicht (due diligence)<br />

und die Vermeidung der Verletzung<br />

der Rechte anderer.<br />

wichtigen Impuls. Für die Umsetzung in Unternehmen waren<br />

darüber hinaus die Veröffentlichung der neuen Norm ISO<br />

26000, die Verabschiedung der überarbeiteten OECD-Leitsätze<br />

für Multinationale Unternehmen und zuletzt die Mitteilung der<br />

EU-Kommission zur CSR-Strategie <strong>2011</strong>-2014 von besonderer<br />

Bedeutung. Im Rahmen von Arbeitstreffen, Diskussionsrunden<br />

und Veröffentlichungen hat das D<strong>GC</strong>N diese Entwicklungen für<br />

die Teilnehmer aufbereitet und zugänglich gemacht.<br />

Schwerpunkt: Wirtschaft & Menschenrechte<br />

Man kann das Jahr <strong>2011</strong> als das „Ruggie“-Jahr für das D<strong>GC</strong>N<br />

bezeichnen. Obwohl das Thema Wirtschaft & Menschenrechte<br />

bereits seit vielen Jahren ganz oben auf der Agenda steht, hat<br />

die Veröffentlichung der überarbeiteten Ruggie-Prinzipien der<br />

Arbeit des D<strong>GC</strong>N in diesem Bereich neue Impulse und eine noch<br />

größere Bedeutung verliehen. Wie das D<strong>GC</strong>N seine Vorreiterrolle<br />

bei der Umsetzung der Unternehmensverantwortung für die<br />

Menschenrechte ausgefüllt hat, stellt Madeleine Koalick, die<br />

das D<strong>GC</strong>N bei diesem Thema unterstützt, im Folgenden vor.<br />

Die menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen<br />

wurde 2008 erstmals als Schwerpunktthema festgelegt und in<br />

seinen Grundlagen bearbeitet. In 2009 folgte eine Fokussierung<br />

auf „Menschenrechte und Wasser“ und in 2010 rückten dann<br />

Fragen nach Nachhaltigkeit und Menschenrechten in Liefer- und<br />

Wertschöpfungsketten in den Mittelpunkt der Betrachtung. <strong>2011</strong><br />

stand ganz im Zeichen der Verabschiedung der UN-Leitlinien<br />

für Wirtschaft und Menschenrechte, die das „Protect, Respect,<br />

Remedy“ Framework des UN-Sonderbeauftragten für Wirtschaft<br />

und Menschenrechte John Ruggie (siehe Kasten) in konkrete<br />

Handlungsanweisungen für Unternehmen und Staaten übersetzen.<br />

In diesem Kontext konnten auch Herausforderungen<br />

thematisiert werden, denen sich Unternehmen im Hinblick auf<br />

Konfliktregionen, Frieden und Sicherheit ausgesetzt sehen. Die<br />

Geschäftsstelle hat diese Themen in einem Hintergrundpapier<br />

aufbereitet und veröffentlicht.<br />

access to Remedies<br />

Opfer von Menschenrechtsverletzungen<br />

durch Unternehmen sollen<br />

einen verbesserten Zugang zu<br />

Beschwerde- und Sanktionsmechanismen<br />

juristischer und nicht-juristischer<br />

Art erhalten.<br />

Die Umsetzung des Schwerpunktthemas erfolgte im Rahmen<br />

von Themenworkshops bei den drei Arbeitstreffen sowie in<br />

Fachgesprächen, Coachings und im Rahmen der Menschenrechts-Lerngruppe<br />

für Unternehmen. Der Auftakt zum Schwerpunktthema<br />

beim Arbeitstreffen im März widmete sich den<br />

konkreten Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen<br />

bei Aktivitäten in Konfliktgebieten konfrontiert sehen, sei es<br />

durch eigene Produktion vor Ort oder Beschaffung. Neben der<br />

Sensibilisierung für die Auswirkungen unternehmerischen<br />

Handelns in Risikogebieten wurden dabei vor allem Instrumente<br />

für konfliktsensibles Handeln diskutiert. Referenten aus Unternehmen,<br />

NGOs, der Wissenschaft, Investoren, dem UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Office und dem kolumbianischen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk lieferten Einblicke und beschrieben Strategien und<br />

Maßnahmen, mit denen Unternehmen in solchen Risikogebieten<br />

und Situationen verantwortungsbewusst handeln können. Den<br />

Abschluss des Arbeitstreffens bildete ein vom D<strong>GC</strong>N zusammen<br />

mit der Mediengruppe macondo organisiertes und hochkarätig<br />

besetztes Fachgespräch zur Rolle der Corporate Responsibility<br />

bei weltweiten Ressourcenkonflikten.<br />

Beim Arbeitstreffen im Juni lag der Schwerpunkt dann auf den<br />

frisch veröffentlichten UN-Leitlinien über die Verantwortung,<br />

die Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte haben.<br />

„Schützen, achten, Rechtsschutz gewähren“ (Protect, Respect,<br />

Remedy), die drei Säulen der Ruggie-Prinzipien stellen Unternehmen<br />

vor große Herausforderungen bei der Umsetzung<br />

ihrer Menschenrechtsverantwortung sowohl auf strategischer<br />

Ebene als auch im täglichen Geschäft. In den Workshops wurden<br />

daher möglichst realistische Dilemma-Situationen entwickelt,<br />

anhand derer die teilnehmenden Unternehmensvertreter<br />

konkrete Menschenrechtsrisiken identifizieren und adäquate<br />

Reaktionsmöglichkeiten durchspielen konnten. Im Rahmen<br />

des anschließenden, öffentlichen Fachgesprächs wurden die<br />

allgemeine Bedeutung der Ruggie-Prinzipien und entsprechende<br />

Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung von Vertretern<br />

aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik diskutiert.<br />

Das November-Arbeitstreffen widmete sich dann unternehmerischen<br />

Beschwerdemechanismen und der Berichterstattung zu<br />

Menschenrechten im Rahmen der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien.<br />

Hier zeigten Praxisbeispiele aus dem In- und Ausland, wie Un-<br />

ternehmen Beschwerdewege für ihre Mitarbeiter und andere<br />

Stakeholder bereitstellen und wie Prozesse im Umgang mit<br />

Beschwerden effektiv und legitim gestaltet werden können.<br />

Das Thema Wirtschaft & Menschenrechte bildete auch in <strong>2011</strong><br />

wieder den wichtigsten Bestandteil des Coaching-Programms des<br />

D<strong>GC</strong>N. Dieses führt das D<strong>GC</strong>N seit vier Jahren in Kooperation<br />

mit einem renommierten Beratungsunternehmen durch. Die<br />

Coachings ermöglichen es den Teilnehmern im kleinen Kreis,<br />

anhand konkreter Fallbeispiele und vor dem Hintergrund der<br />

eigenen Erfahrungen zu lernen, wie sie Menschenrechtsrisiken<br />

identifizieren und erfolgreich im eigenen Unternehmen angehen<br />

können. Teilnehmer der Coachings haben die Möglichkeit, sich<br />

im Rahmen der Menschenrechte-Lerngruppe des D<strong>GC</strong>N über die<br />

eigenen Projekte, Erfolge und Herausforderungen fortlaufend<br />

auszutauschen. In <strong>2011</strong> fanden zwei moderierte Treffen der<br />

Lerngruppe statt, bei denen auch Unternehmen aus Dänemark,<br />

Italien und England teilnahmen und über die Aktivitäten in<br />

ihren lokalen Netzwerken berichteten und diskutieren. Ein<br />

wertvolles Ergebnis der Lerngruppenarbeit ist das Organisational<br />

Capacity Assessment Instrument (OCAI), das die Teilnehmer<br />

zusammen mit TwentyFifty Limited entwickelt und getestet<br />

haben. Es wird Anfang 2012 in deutscher und englischer Sprache<br />

in einer Online-Version veröffentlicht. Das OCAI unterstützt<br />

Unternehmen dabei, ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht<br />

(due diligence) zu konkretisieren, die entsprechenden eigenen<br />

Managementkapazitäten zu analysieren und aufbauend darauf<br />

Strategien für das weitere Vorgehen zu entwickeln.<br />

Die Ergebnisse der intensiven Arbeit am Thema Wirtschaft &<br />

Menschenrechte wurden mit einer Reihe anderer <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerke im Rahmen von Webinaren und während des Annual<br />

Local Network Forums in Kopenhagen ausgetauscht. Hier bestehen<br />

mittlerweile gute Kontakte zu den Netzwerken in Bangladesch,<br />

Kolumbien, den Niederlanden, Spanien und Australien sowie zur<br />

Human Rights Working Group des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

Auch in 2012 wird das D<strong>GC</strong>N das Thema Menschenrechte weiter<br />

als Schwerpunkt bearbeiten. Parallel dazu werden neue Entwicklungen<br />

rund um die UN-Leitlinien aufgegriffen, die Kooperation<br />

mit anderen Netzwerken vorangetrieben und Coachings sowie<br />

Lerngruppentreffen organisiert.<br />

>><br />

118 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

119<br />

D<strong>GC</strong>N<br />

Die menschenrechtliche Verantwortung<br />

von Unternehmen wurde 2008<br />

erstmals als Schwerpunktthema des<br />

Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes<br />

festgelegt.


Agenda<br />

Beim Fachgespräch „Die Rolle von CSR bei Ressourcenkonflikten”<br />

im Februar <strong>2011</strong> diskutierten Vertreter aus Politik, Wirtschaft,<br />

Zivilgesellschaft und Forschung, wie in Risikogebieten verantwortungsvoll<br />

gehandelt werden kann. V.l.n.r.: Dr. Elmer Lenzen<br />

(Mediengruppe macondo), Monika Lüke (Generalsekretärin Amnesty<br />

International <strong>Deutschland</strong>), Prof. Dr. Klaus Dieter Wolf (Vorstand der<br />

Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung), Heidemarie<br />

Wieczorek-Zeul, MdB (Bundesministerin a.D.), Oliver Wieck (BDI<br />

Ausschuss Außenwirtschaft) und Angelika Pohlenz (ICC, Deutschen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk).<br />

Schwerpunkt: Innovation & Nachhaltigkeit<br />

Innovation und Nachhaltigkeit, zwei Begriffe, die zum Arbeitsalltag<br />

vieler Unternehmen gehören und als Kernfelder der<br />

Unternehmensstrategie auch umgesetzt werden. Doch nur ihre<br />

gemeinsame Betrachtung und Bearbeitung ermöglicht eine Umsetzung<br />

der 10 Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und kennzeichnet<br />

damit jene Unternehmen, die auch in Zukunft erfolgreich am<br />

Markt positioniert und in die Gesellschaft integriert sein wollen.<br />

Das D<strong>GC</strong>N hat sich daher als zweitem Schwerpunktthema der<br />

Verankerung der Nachhaltigkeit in Innovations- und Strategieprozessen<br />

gewidmet.<br />

Ist Nachhaltigkeit der Motor für Innovationen oder umgekehrt?<br />

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage konnte auch in drei<br />

Workshop-Serien nicht gefunden werden. Es stellte sich heraus,<br />

dass Nachhaltigkeit sowohl Ergebnis von als auch Triebfeder<br />

für Innovationen sein kann. Aus einem anderen Blickwinkel<br />

zeigte sich Nachhaltigkeit als strategisches Unternehmensziel<br />

und Innovationen als Treiber, der die Erreichung dieses Ziels<br />

überhaupt erst ermöglicht. Einigkeit bestand allerdings darüber,<br />

dass Nachhaltigkeitsinnovationen mit Blick auf die globalen<br />

Megatrends wie demografischer Wandel, Klimawandel, Rohstoffverknappung,<br />

Urbanisierung und neue Mobilität sowie die<br />

fortschreitenden <strong>Global</strong>isierung an Bedeutung gewinnen werden.<br />

In einer Vielzahl von Beiträgen haben Unternehmen ihre Strategien<br />

und Aktivitäten mit Blick auf die Einführung und Verankerung<br />

von Nachhaltigkeitsinnovationen vorgestellt und<br />

anschließend mit den Teilnehmern diskutiert. Die Beispiele<br />

umfassten so unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen<br />

wie radikale Innovationen im Bereich der Mobilität, Schrittfür-Schritt<br />

Innovationen vor dem Hintergrund vielfältiger<br />

Beschränkungen im Konsumgütergeschäft, Open-Innovation<br />

in der Telekommunikation, Roadmappping und Szenarios für<br />

die Planung und Steuerung von Innovationen, Cradle-to-Cradle<br />

Ansätze als radikale Änderung hin zu einer Kreislaufwirtschaft,<br />

die Einbeziehung kritischer Stakeholder in Innovations- und<br />

Strategieprozesse sowie Möglichkeiten der Unterstützung der<br />

breiten Einführung von Nachhaltigkeitsinnovationen im In- und<br />

Ausland. Als Ergebnisse kristallisierten sich einige Erfolgsfaktoren<br />

für Nachhaltigkeitsinnovationen heraus:<br />

• Corporate Foresight ist eine wichtige Grundlage für die Entwicklung<br />

und Umsetzung nachhaltiger Geschäftsmodelle.<br />

• „Vision-Pull“: Die Geschäftsführung muss voll hinter der<br />

Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens stehen.<br />

• Gleichzeitig sollte das Change-Management behutsam betrieben<br />

werden, damit die gesamte Organisation mitgenommen<br />

wird.<br />

• Alle relevanten Stakeholder, auch die kritischen, sollten<br />

im Rahmen eines Open Innovation Prozesses eingebunden<br />

werden.<br />

• Die Nachhaltigkeitsziele sollten möglichst konkret gefasst,<br />

herunter gebrochen und schließlich auch in Key Performance<br />

Indicators (KPI) übersetzt werden. Der Personalpolitik kommt<br />

bei der erfolgreichen Umsetzung eine besondere Bedeutung<br />

zu.<br />

• Unternehmen sollten Unternehmensnetzwerke und Verbände<br />

für die Planung ihrer Nachhaltigkeitsinnovationen, aber auch<br />

staatliche Unterstützung bei deren Einführung nutzen.<br />

Über diese ersten Ergebnisse hinaus bleibt „Innovation &<br />

Nachhaltigkeit“ dem D<strong>GC</strong>N als Querschnittsthema erhalten, da<br />

die erfolgreiche Umsetzung der 10 <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien<br />

immer mit Veränderungen und Innovationen in der Organisation<br />

verbunden sein wird. Darüber hinaus konnte das D<strong>GC</strong>N<br />

im Rahmen der Bearbeitung dieses Schwerpunktes vielfältige<br />

Kooperationen mit anderen, häufig Technologie-getriebenen<br />

Netzwerken und Organisationen aufbauen, die wertvolle Impulse<br />

für die Arbeit in den kommenden Jahren liefern und mit<br />

denen die Umsetzung der Nachhaltigkeitsagenda gemeinsam<br />

weiter vorangetrieben werden kann.<br />

120 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

121<br />

Ausblick<br />

UN<strong>GC</strong> D<strong>GC</strong>N Inside<br />

Die Arbeit des D<strong>GC</strong>N in 2012 wird wesentlich vom Rio+20 Prozess<br />

bestimmt werden. So hat der Lenkungskreis beschlossen,<br />

die Schwerpunktthemen 2012 in diesen Kontext einzuordnen<br />

und ggf. flexibel Entwicklungen aus Rio+20 aufzunehmen<br />

und umzusetzen. Als Schwerpunkte wurden Wirtschaft &<br />

Menschenrechte, dann mit einem Fokus auf Diversität, sowie<br />

Sustainable Finance ausgewählt. Zusätzlich zur Umsetzung der<br />

Schwerpunktthemen wird das D<strong>GC</strong>N die Teilnehmer stärker bei<br />

der Fortschrittsberichterstattung unterstützen und Webinare und<br />

Coachings etwa zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement,<br />

Menschenrechten für KMU und Anti-Korruption anbieten.<br />

Im Umfeld der Rio+20 Konferenz wird das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Office den lokalen Netzwerken ein Forum schaffen, auf dem<br />

sie ihre Ansätze zur Förderung der 10 Prinzipien einer breiten<br />

Fachöffentlichkeit aus Vertretern von Unternehmen, der Zivilgesellschaft<br />

und Regierungen vorstellen können. Das D<strong>GC</strong>N<br />

plant mit Unterstützung von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen<br />

eine aktive Beteiligung an diesem Cor-<br />

porate Sustainability Forum. Erklärtes Ziel des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

dabei ist nicht allein die Förderung des Austausches zwischen<br />

den Netzwerken. Vielmehr soll den Regierungsvertretern im<br />

Vorfeld der Verhandlungen zu Rio+20 anhand konkreter Beispiele<br />

gezeigt werden, dass ein gemeinsames Vorgehen von<br />

Unternehmen, Zivilgesellschaft und Politik große Fortschritte<br />

bei der Bewältigung lokaler und globaler Herausforderungen<br />

ermöglicht und wie die Politik derartige positive Entwicklungen<br />

aktiv unterstützen kann.<br />

Die Nachhaltigkeitsdebatte geht in 2012 in eine neue Runde.<br />

Ob Rio+20 vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen<br />

ein Erfolg wird, ist nicht sicher. Ähnliches gilt für die<br />

Entwicklung des europäischen Rahmens für nachhaltige und<br />

verantwortungsvolle Unternehmensführung. Das D<strong>GC</strong>N wünscht<br />

sich erfolgreiche Verhandlungen und förderliche Rahmenbedingungen<br />

für mehr Nachhaltigkeit. Es wird in seinem Anspruch<br />

und seinen Aktivitäten aber nicht darauf warten, sondern ganz<br />

im Sinne des Frontrunner-Konzeptes die Umsetzung der 10<br />

Prinzipien weiter vorantreiben.<br />

Weitere Informationen unter www.globalcompact.de<br />

ÜBeR DeN autOR<br />

Dr. Jürgen Janssen ist Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Deutschen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerks.


Agenda<br />

Neue Initiativen<br />

LeaD:<br />

Neue PLattFORM FÜR<br />

LeaDeRsHIP<br />

<strong>Global</strong>e Herausforderungen wie Klimawandel,<br />

Armutsbekämpfung oder Hilfe<br />

bei humanitären Katastrophen lassen<br />

sich nur in gemeinsamen Anstrengungen<br />

mit der Wirtschaft lösen. Vor<br />

diesem Hintergrund hat UN-Generalsekretär<br />

Ban Ki-moon die LEAD-Initiative<br />

ins Leben gerufen. Ihr gehören 54<br />

Unternehmen aus aller Welt an, die<br />

Teilnehmer des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

sind. „Die Einführung des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> LEAD betont die Schlüsselrolle,<br />

die führende <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Teilnehmer angesichts der Förderung<br />

unternehmerischer Verantwortung<br />

auf der ganzen Welt innehaben“, sagte<br />

Georg Kell, Executive Director des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, bei der Präsentation<br />

von LEAD.<br />

LEAD ermöglicht es <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>erfahrenen<br />

Unternehmen, ihre unternehmerische<br />

Verantwortung weiter zu<br />

verbessern. Dies geschieht durch die<br />

Umsetzung des neuen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

„Blueprint for Corporate Sustainability“.<br />

Der Blueprint soll Orientierung für die<br />

Integration des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ins Un-<br />

ternehmen bringen, bedeutet aber keine<br />

weiteren Verpflichtungen für Unternehmen.<br />

Die an LEAD teilnehmenden<br />

Unternehmen erklären sich dazu bereit,<br />

ihre Erfahrungen mit anderen Unternehmen<br />

zu teilen. Dies geschieht auch<br />

durch die jährlichen Fortschrittsberichte.<br />

Die Teilnahme an <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

LEAD stellt kein Gütesiegel seitens der<br />

Vereinten Nationen dar.<br />

Bis Ende 2012 befindet sich LEAD in<br />

der Pilotphase. Dies ermöglicht den<br />

Teilnehmern von LEAD, die Plattform<br />

weiter zu gestalten. Es ist angedacht,<br />

den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> LEAD in andere<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Aktivitäten zu integrieren,<br />

unter anderem auch in die lokalen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerke. LEAD zielt<br />

hauptsächlich auf Unternehmen; es ist<br />

jedoch geplant, andere UN-Instanzen,<br />

zivilgesellschaftliche Organisationen,<br />

akademische Institutionen sowie weitere<br />

Interessierte zu beteiligen.<br />

Bei der praktischen Umsetzung orientieren<br />

sich die beteiligten Unternehmen<br />

am „Blueprint for Corporate<br />

Sustainability Leadership“. Diese in<br />

2010 vorgestellte Publikation umfasst<br />

50 konkrete Maßnahmen, die<br />

Unternehmen ergreifen können, um<br />

mehr Nachhaltigkeit zu erreichen. Der<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> „Blueprint“ bietet<br />

Orientierung und Inspiration, alle<br />

Möglichkeiten des Engagements im<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> für eine nachhaltigere<br />

Unternehmensstrategie zu nutzen.<br />

Der Blueprint bietet eine Vertiefung<br />

bisheriger Bekenntnisse im Rahmen<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – er formuliert<br />

keine neuen Themen und Anforderungen.<br />

Seine Umsetzung erfolgt in drei<br />

Bereichen: Integration der zehn <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>-Prinzipien in die Unternehmenstätigkeit,<br />

Unterstützung von<br />

weiteren UN Zielen sowie Engagement<br />

in thematischen Arbeitsgruppen des<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und seinen lokalen<br />

Netzwerken. Der Blueprint kann als<br />

Basis für die Fortschrittsmitteilung<br />

über die Umsetzung der zehn <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>-Prinzipien dienen (Communication<br />

on Progress – COP). Weitere<br />

Informationen dazu finden Sie im Differentiation<br />

Framework (siehe Seite 40) .<br />

122 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

123<br />

UN<strong>GC</strong> D<strong>GC</strong>N Inside<br />

eRstes WeLtWeItes<br />

VeRBRauCHeR-GÜtesIeGeL<br />

FÜR WINDeNeRGIe<br />

Der <strong>Global</strong> Wind Energy Council, die<br />

Umweltschutzorganisation WWF, der<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sowie die Unternehmen<br />

Lego, Vestas Wind Systems,<br />

PricewaterhouseCoopers und Bloomberg<br />

haben gemeinsam die WindMade-<br />

Initiative ins Leben gerufen. WindMade<br />

hat das Ziel, ein erstes weltweites<br />

Verbraucher-Label für Unternehmen<br />

und Produkte, die Windenergie herstellen<br />

oder mithilfe dieser produziert<br />

werden, zu entwickeln. Die Initiative ist<br />

eine direkte Reaktion auf die zunehmende<br />

Nachfrage der Verbraucher nach<br />

nachhaltigen Produkten.<br />

„Die Regierungen zaudern, aber die Verbraucher<br />

wollen Veränderungen sehen.<br />

Der private Sektor muss sich verstärkt<br />

um Lösungen für die globale Energie-<br />

und Klimakrise bemühen. Mit Wind-<br />

Made wollen wir etwas ändern und der<br />

Forderung der Öffentlichkeit Rechnung<br />

tragen“, sagt Steve Sawyer, Generalsekretär<br />

des <strong>Global</strong> Wind Energy Council,<br />

und Interims-CEO von WindMade.<br />

Eine weltweite Umfrage von mehr als<br />

25.000 Verbrauchern in 20 Märkten<br />

zeigte zuvor, dass 92 Prozent der<br />

Befragten glauben, dass die erneuerbaren<br />

Energien eine gute Lösung zur<br />

Minderung des Klimawandels sind, und<br />

dass viele Verbraucher, wenn sie die<br />

entsprechende Wahl haben, Windenergie-Produkte<br />

bevorzugen – auch wenn<br />

dies mit einem Preisaufschlag verbunden<br />

ist.<br />

Doch während viele Unternehmen<br />

bereits mutige Schritte in ihrem<br />

Engagement für erneuerbare Energien<br />

gemacht haben, haben Verbraucher<br />

weltweit kaum Möglichkeiten zur Überprüfung,<br />

woher ihre jeweilige Energiebezugsquelle<br />

stammt. Genau hier setzt<br />

WindMade an und will entsprechende<br />

Transparenz schaffen.<br />

„Wir wollen eine Brücke zwischen Verbrauchern<br />

und Unternehmen schlagen,<br />

die auf der eine Seite saubere Energie<br />

erzeugen und auf der anderen Seite den<br />

Verbrauchern die Möglichkeit geben,<br />

diese nachhaltigen Produkte gezielt<br />

nachzufragen. Wir hoffen, dass dies das<br />

Tempo des Ausbaus der Windenergie<br />

weltweit beschleunigt“, sagt Ditlev<br />

Engel, CEO und President für Vestas<br />

Wind Systems, einer der Vorreiter der<br />

WindMade-Initiative.<br />

Das WindMade-Konsortium hofft, führende<br />

Consumer-Brands als Mitglieder<br />

zu gewinnen. Bevor die WindMade-Mitglieder<br />

jedoch das WindMade-Label für<br />

ihre Kommunikation bzw. Produktkennzeichnung<br />

verwenden dürfen, müssen<br />

sie jeweils eine Zertifizierung ihrer<br />

Windenergieanlagen durchlaufen. Der<br />

Standard der Zertifizierung wird derzeit<br />

von einer technischen Expertengruppe<br />

entwickelt. Das nachfolgende Ziel wird<br />

die Entwicklung von neuen, deutlich leis-<br />

tungsfähigeren Windkraftanlagen sein.<br />

„Es ist entscheidend, dass die WindMade-<br />

Kriterien so ausgestaltet werden, dass<br />

die hohen Erwartungen der Verbraucher<br />

erfüllt werden, die Auswirkungen greifbar<br />

gemacht werden und der Anteil an<br />

sauberen erneuerbaren Energien gesteigert<br />

wird. Wir glauben, dass die freiwillige<br />

Zertifizierung ein Schlüssel ist, um die<br />

Messlatte für Mainstream-Performance<br />

anzulegen. WindMade soll als gutes<br />

Beispiel Standard für alle Unternehmen<br />

werden“, sagt James Leape, Generaldirektor<br />

des WWF.<br />

Zum ersten Mal beteiligt sich auch der<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> an einer gezielt an<br />

Endverbraucher adressierten Branchenlösung.<br />

Dazu sagt Georg Kell, Executive<br />

Director des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>: „Als<br />

Markt-basierte Initiative unterstützt<br />

der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> WindMade und<br />

dessen Potenzial, eine starke Kraft bei<br />

der Förderung erneuerbarer Energien<br />

zu werden.“<br />

www.windmade.org


Agenda<br />

Neue Publikationen<br />

DReI INItIatIVeN:<br />

GLOBaL COMPaCt – IsO 26000 –<br />

OeCD-LeItsätZe<br />

Von Dr. Jürgen Janssen<br />

An Initiativen, Ratgebern und Regelwerken<br />

zum Thema verantwortungsvolle<br />

und nachhaltige Unternehmensführung<br />

herrscht mittlerweile kein Mangel mehr.<br />

Teilweise nehmen sie aufeinander Bezug,<br />

teilweise scheinen sie aber auch völlig<br />

unabhängig voneinander zu bestehen.<br />

Aufgrund der wachsenden Bedeutung<br />

dieses Themas für Unternehmen,<br />

Gesellschaft und Politik ist zu erwarten,<br />

dass ihre Anzahl weiter ansteigt und die<br />

Übersichtlichkeit entsprechend abnimmt.<br />

Vor diesem Hintergrund hat das<br />

Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(D<strong>GC</strong>N) drei bedeutende internationale<br />

Initiativen vorgestellt und zueinander<br />

in Bezug gesetzt: den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

der Vereinten Nationen, die ISO-Norm<br />

26000 sowie die OECD-Leitsätze für<br />

multinationale Unternehmen. Alle<br />

Themenbereiche des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

– Menschenrechte, Arbeitsnormen,<br />

Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung<br />

und Offenlegung von Informationen –<br />

werden auch in der ISO-Norm und den<br />

OECD-Leitsätzen abgedeckt. ISO 26000<br />

und OECD-Leitsätze befassen sich<br />

darüber hinaus explizit mit weiteren<br />

Themen, etwa dem Verbraucherschutz,<br />

Wettbewerbsregeln, Steuerzahlungen<br />

und dem gesellschaftlichen Engagement.<br />

Auf Wunsch der teilnehmenden<br />

Unternehmen können diese Nachhaltigkeitsthemen<br />

auch im Rahmen des<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bearbeitet werden.<br />

Gemeinsam ist allen drei Initiativen<br />

ebenfalls das Prinzip der Freiwilligkeit:<br />

Unternehmen und Organisationen entscheiden,<br />

ob sie dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

beitreten, ob und in welchem Umfang<br />

sie die Empfehlungen der ISO-Norm in<br />

den eigenen Strukturen und Prozessen<br />

Broschuere-D<strong>GC</strong>N_221011-V6:D<strong>GC</strong>N 24.10.<strong>2011</strong> 12:21 Uhr Seite 9<br />

Drei Initiativen<br />

für verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung<br />

GLOBAL COMPACT<br />

ISO 26000<br />

OECD-LEITSÄTZE<br />

umsetzen und ob sie in ihrem Auslandsgeschäft<br />

die OECD-Leitsätze beachten.<br />

Die Unterschiede zwischen den drei<br />

Initiativen ergeben sich aus ihrem unterschiedlichenAnwendungszusammenhang<br />

und der spezifischen Zielsetzung:<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist ein Netzwerk<br />

von Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen<br />

und Regierungsstellen. In<br />

dessen Rahmen werden internationale<br />

Nachhaltigkeitsthemen diskutiert und<br />

den Unternehmen über verschiedene<br />

Formate nahe gebracht. Der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> fordert von seinen Teilnehmern<br />

die regelmäßige Veröffentlichung<br />

von Fortschrittsberichten. Unternehmen<br />

treten dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bei, wenn<br />

sie ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele<br />

und -instrumente an aktuellen internationalen<br />

Entwicklungen ausrichten und<br />

sich entsprechend vernetzen wollen.<br />

ISO 26000 ist ein Normendokument, das<br />

mit Beteiligung aller wichtigen Anspruchsgruppen<br />

unter dem Dach der ISO<br />

entwickelt wurde. ISO bzw. das deutsche<br />

Mitglied DIN verfügt über keine Beratungs-<br />

und Implementierungsstrukturen.<br />

Unterstützung bei der Umsetzung der<br />

ISO 26000 finden Unternehmen bei spe-<br />

zialisierten Beratungsfirmen. Unternehmen<br />

nutzen diesen Leitfaden, wenn sie<br />

Nachhaltigkeit für sich definieren, gesellschaftliche<br />

Verantwortung strategisch<br />

planen und umsetzen und ihre Prozesse,<br />

Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger<br />

gestalten wollen.<br />

Die OECD-Leitsätze sind Empfehlungen<br />

für nachhaltiges und verantwortungsbewusstes<br />

Verhalten im Auslandsgeschäft.<br />

Sie basieren auf einer vertraglichen<br />

Vereinbarung zwischen Staaten und verfügen<br />

mit den Nationalen Kontaktstellen<br />

sowie dem Beschwerde- und Schlichtungsverfahren<br />

über einen Mechanismus<br />

zur Durchsetzung. Die Leitsätze gelten<br />

„automatisch“ für alle Unternehmen<br />

mit Sitz in den Unterzeichnerstaaten,<br />

eine Wahlmöglichkeit wie beim <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> besteht somit nicht. Unternehmen<br />

orientieren sich an diesem Code of<br />

Conduct, wenn sie die Erwartungen der<br />

Gesellschaft an eine verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung im internationalen<br />

Geschäft erfüllen wollen.<br />

http://www.globalcompact.de/fileadmin/PDFs/D<strong>GC</strong>N_Broschuere_-_Drei_Initiativen.pdf<br />

NaCHHaLtIGe eNeRGIe<br />

FÜR aLLe<br />

124 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

125<br />

D<strong>GC</strong>N<br />

Angesichts weltweit wachsender<br />

Bevölkerung und Wirtschaft gewinnt<br />

die Frage nach einer gesicherten<br />

Energieversorgung an Bedeutung. UN<br />

Generalsekretär Ban Ki-moon hat in<br />

diesem Zusammenhang nachhaltige<br />

Versorgungsansätze eingefordert. Eine<br />

neue globale Initiative für nachhaltige<br />

Energieversorgung („Sustainable Energy<br />

for All“) setzt daher an genau dieser<br />

Stelle an und hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, gemeinsam mit Regierungen,<br />

dem Privatsektor und zivilgesellschaftlichen<br />

Partnern bis zum Jahr 2030<br />

folgende Ziele zu erreichen:<br />

• einen universellen Zugang zu modernen<br />

Energiedienstleistungen ermöglichen;<br />

• Die Verbesserung der Energieeffizienz;<br />

• Erhöhung des Anteils erneuerbarer<br />

Energien.<br />

Zur Implementierung der Ziele wurde<br />

ein Rahmenprogramm für die Wirtschaft<br />

(Business Action Framework)<br />

verabschiedet, das das Ziel hat, 1) zu<br />

motivieren, inspirieren und privatwirtschaftliches<br />

Engagement zur Unterstützung<br />

der nachhaltigen Energie für alle<br />

anzuleiten, und 2) zu identifizieren, in<br />

welchen Bereichen verschiedene Branchen<br />

den größten Einfluss haben können.<br />

Das Engagement der beteiligten<br />

Stakeholder reicht vom Kerngeschäft<br />

über soziale Investitionen und Philanthropie<br />

bis hin zu Partnerschaften und<br />

gemeinsamen Aktionen.<br />

Die Treiber für die Entwicklung des<br />

Business Action Ansatzes sind klar:<br />

Nachhaltige Energie ist ein Thema, das<br />

jedes Unternehmen betriff und zu dem<br />

jedes Unternehmen etwas beitragen<br />

kann. Die Herausforderungen liegen<br />

jedoch darin, nicht nur die Rolle des<br />

privaten Sektors insgesamt zu bestimmen,<br />

sondern gezielt die Rolle einzelner<br />

Branchen basierend auf Märkten,<br />

Geschäftsmodellen, Produkten und<br />

Dienstleistungen sowie der operativen<br />

Ausrichtung aufzuzeigen.<br />

http://www.sustainableenergyforall.org/<br />

aRMutsBekäMPFuNG IN DeR<br />

ZuLIeFeRkette<br />

Welche Rolle spielen die Zulieferketten<br />

von internationalen Unternehmen bei<br />

der Armutsbekämpfung? Ein aktueller<br />

Bericht der Hilfsorganisation Oxfam<br />

America in Zusammenhang mit der Coca-Cola<br />

Company und SABMiller geht<br />

dieser Frage nach. „Exploring the Links<br />

between International Business and<br />

Poverty Reduction“ dokumentiert die<br />

Ergebnisse einer umfassenden Studie<br />

über die wirtschaftlichen und sozialen<br />

Auswirkungen von Coca Cola´s und<br />

SABMiller´s Wertschöpfungsketten auf<br />

Gemeinden in El Salvador und Sambia.<br />

Der Bericht basiert auf einer „Armut<br />

Footprint“-Methodik von Oxfam, die<br />

ganz konkret die Auswirkungen des privaten<br />

Sektors auf Gemeinden beleuchtet.<br />

Dabei untersucht der methodische<br />

Ansatz gezielt alle Wertschöpfungsketten<br />

und zeigt auf, wie sich das Verhalten<br />

von Unternehmen auswirkt auf die<br />

Lebenssituationen, Gesundheit und<br />

Wohlbefinden, Diversity und Gender-Aspekte,<br />

Mitbestimmung, Sicherheit und<br />

Stabilität sowie viele weitere Dimensionen<br />

der Armutsbekämpfung. Der Be-<br />

Exploring the links between international<br />

business and poverty reduction<br />

The Coca-Cola/SABMiller value chain impacts in Zambia and El Salvador<br />

By Oxfam America, The Coca-Cola Company and SABMiller<br />

richt beschreibt positive Auswirkungen<br />

der Coca-Cola Company und SABMiller<br />

in beiden Ländern, einschließlich der<br />

Schaffung von Arbeitsplätzen, der Entwicklung<br />

von unternehmerischen Fähigkeiten<br />

und technischer Ausbildung. Der<br />

Bericht enthält auch Empfehlungen für<br />

Verbesserungen am Arbeitsplatz sowie<br />

Verbesserungen in Themenbereichen<br />

wie Gleichstellung, Wasser und Chancen<br />

für kleine Unternehmen.<br />

„Die Tatsache, dass The Coca-Cola<br />

Company und SABMiller sich diesem<br />

detaillierten ´Footprinting´ unterzogen<br />

haben, ist an sich bemerkenswert und<br />

ein echtes Beispiel für die Einbeziehung<br />

von Stakeholdern“, sagte Georg<br />

Kell, Executive Director des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>. „Der wahre Wert dieser Anstrengungen<br />

wird in zwei, drei oder fünf<br />

Jahren erkannt werden, wenn wir sehen,<br />

wie diese Organisationen auf Basis des<br />

Berichts diese Fragen adressieren.“<br />

http://www.thecoca-colacompany.com/<br />

citizenship/pdf/poverty_footprint_report.<br />

pdf


Agenda<br />

Neue Publikationen<br />

LeItFaDeN FÜR VeRaNtWORtuNGsBeWusstes<br />

INVestMeNt<br />

IN ROHstOFFe<br />

Die Principles for Responsible Investment<br />

und das Schweizer Bundesamt<br />

für auswärtige Angelegenheiten haben<br />

in einem gemeinsamen Report Hilfestellungen<br />

für institutionelle Investoren<br />

veröffentlicht, damit sich diese bei<br />

ökologischen, sozialen und Governance-<br />

Fragen bei Rohstoffgeschäften besser<br />

zurecht finden.<br />

Die Bedeutung von Investoren in Rohstoffmärkten<br />

hat in den vergangenen<br />

Jahren stark zugenommen. Über 400<br />

Milliarden US-Dollar haben institutionelle<br />

und private Kapitalanleger<br />

derzeit in Rohstoffe investiert. Zum<br />

Vergleich: Vor zehn Jahren betrug der<br />

Betrag gerade einmal sechs Milliarden<br />

US-Dollar. Das ruft zunehmend die<br />

Politik auf den Plan, die die Anleger<br />

mit prüfenden Blicken beobachtet.<br />

Sorgen bereiten aber auch höhere<br />

Preisschwankungen mit negativen<br />

Folgen auf die Realwirtschaft und<br />

einkommensschwache Bevölkerungs-<br />

gruppen.<br />

Donald MacDonald, Trustee des British<br />

Telecom Pensionsfonds und Gründungsvorsitzender<br />

der Principles for<br />

Responsible Investment, sagte dazu:<br />

„Der globale Wettbewerb um knappe<br />

natürliche Ressourcen wird einer der<br />

zentralen Aspekte des 21. Jahrhunderts.<br />

Politische Entscheidungsträger<br />

akzeptieren dringend benötigte<br />

Investitionen des privaten Sektors in<br />

diesem Bereich, solange es als positiver<br />

Beitrag zur Entwicklung und Stabilität<br />

unserer Wirtschaft und Gesellschaft<br />

angesehen wird. Anleger müssen daher<br />

soziale Befindlichkeiten und Bedenken<br />

respektieren, auch wenn sie manchmal<br />

als ungerecht und nicht auf absoluter<br />

Gewissheit beruhend wahrgenommen<br />

werden.“<br />

„Angesichts steigender Sorgen über<br />

die Volatilität der Rohstoffmärkte und<br />

deren negative Auswirkungen auf<br />

Volkswirtschaften und Gemeinwesen,<br />

ist dieser Bericht sehr aktuell und wichtig“,<br />

sagte Gavin Power, stellvertretender<br />

Direktor des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

„Wir versuchen damit, all jene Märkte<br />

mit langfristigerer Perspektive und<br />

entsprechenden Zeithorizonten einzubetten,<br />

und dabei ist es entscheidend,<br />

dass alle Asset-Klassen – und das<br />

bedeutet auch Rohstoffe – aufgenommen<br />

werden.“<br />

Anleger kommen mit Rohstoffgeschäften<br />

auf unterschiedliche Weise<br />

in Kontakt: Durch Derivate, physische<br />

Rohstoffe, Sachwerte wie Wälder und<br />

Ackerland, sowie durch Fremd- und<br />

Eigenkapital von Unternehmen aus<br />

diesen Sektoren. Der Bericht bietet<br />

daher spezifische Best-Practice-<br />

Empfehlungen für jede dieser Asset-<br />

Klassen sowie Kommentare zu den<br />

strategischen Allokationen zwischen<br />

Rohstoffen im Zusammenhang<br />

mit Vermögenswerten aus der<br />

Perspektive eines verantwortlichen<br />

Investors.<br />

Donald MacDonald fügte hinzu:<br />

„Anleger sollten proaktiv Maßnahmen<br />

zur Beachtung von ökologischen<br />

und sozialen Risiken im Zusammenhang<br />

mit Rohstoffanlagen ergreifen<br />

und die Empfehlungen des Handbuchs<br />

berücksichtigen. Es ist entscheidend,<br />

dass die Anleger ihre „license<br />

to invest“ in diesen Märkten er-<br />

halten.“<br />

http://unglobalcompact.org/docs/issues_doc/Financial_markets/Commodities_Guide.pdf<br />

The Responsible<br />

invesToR’s<br />

Guide To<br />

CommodiTies<br />

An overview of best prActices<br />

Across commodity-exposed<br />

Asset clAsses<br />

126 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

127<br />

D<strong>GC</strong>N<br />

stiftung Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Mit der Stiftung hat das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk (D<strong>GC</strong>N) im Frühsommer 2009 ein Instrument<br />

geschaffen, über das sich die Teilnehmer auch finanziell<br />

an den kontinuierlich zunehmenden Aktivitäten des<br />

Netzwerks beteiligen können. Bis dato wurde das D<strong>GC</strong>N<br />

vor allem von der deutschen Bundesregierung aus<br />

dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert. Mit<br />

der Stiftung soll sich dies ändern: Die überwiegende<br />

Mehrheit der beteiligten Unternehmen hat zugestimmt,<br />

die gemeinsamen Aufgaben künftig zu möglichst gleichen<br />

Teilen aus privaten und öffentlichen Geldern zu finanzieren<br />

– und so dem Anspruch einer unternehmensgetriebenen<br />

Multi-Stakeholder-Initiative voll gerecht zu werden.<br />

Die stiftung fördert die tätigkeiten des uN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> und des D<strong>GC</strong>N.<br />

Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige<br />

Zwecke. Die Stiftung ist weder rechtlich noch<br />

organisatorisch mit der in den USA registrierten <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Foundation verbunden, welche das New Yorker<br />

Büro und weltweite Aktivitäten des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

unterstützt. Finanzierungsentscheidungen der D<strong>GC</strong>N-<br />

Stiftung werden vom Lenkungskreis des D<strong>GC</strong>N getroffen,<br />

der auch die drei Beiratsmitglieder stellt. Rechtliche<br />

Trägerin der Stiftung ist die Macenata Management GmbH.<br />

Die Stiftung ist damit unabhängig vom Focal Point des<br />

D<strong>GC</strong>N.<br />

An der Ausrichtung und Arbeitsteilung der Arbeit im<br />

Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk ändert sich dadurch<br />

nichts: Alle inhaltlichen Entscheidungen verbleiben<br />

im Lenkungskreis mit Vertretern von Unternehmen,<br />

der Zivilgesellschaft und den Bundesministerien. Der<br />

Lenkungskreis arbeitet nach dem Konsensverfahren. Dies<br />

gilt auch für die Verabschiedung des Budgets. Darüber<br />

hinaus werden wichtige Entscheidungen im Verlauf der<br />

D<strong>GC</strong>N-Arbeitstreffen vorbereitet und diskutiert. Die<br />

operative Realisierung der Aktivitäten des D<strong>GC</strong>N, z.B.<br />

Veranstaltungen und Publikationen, verantwortet wie<br />

bisher der „Focal Point“ als Sekretariat des D<strong>GC</strong>N, der von<br />

der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />

gestellt wird. Aktuelle Informationen zur Stiftung und<br />

ihrem Budget finden Sie im internen Bereich der D<strong>GC</strong>N-<br />

Webseite.<br />

Deutsche unternehmen können entscheiden, wie<br />

sie am besten den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unterstützen<br />

möchten.<br />

Sie können an die nach deutschem Recht gemeinnützige<br />

und daher steuerlich begünstigte D<strong>GC</strong>N-Stiftung<br />

spenden, die hauptsächlich die Arbeit in <strong>Deutschland</strong><br />

fördert. Eine andere Möglichkeit ist die Unterstützung<br />

der US-amerikanischen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation,<br />

welche in <strong>Deutschland</strong> steuerlich nicht begünstigt<br />

ist. Die Stiftung empfiehlt, beides zu kombinieren: Sie<br />

spenden einen Betrag in die deutsche D<strong>GC</strong>N-Stiftung und<br />

veranlassen die Stiftungsverwaltung, einen von Ihnen<br />

bestimmten Teilbetrag als zweckgebundene Spende<br />

an die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation weiter zu leiten. Auf<br />

diese Weise bedeutet Ihre Unterstützung einen minimalen<br />

administrativen Aufwand für Ihr Unternehmen.<br />

kontoinhaber:<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Kto. Nr. 138412000<br />

BLZ: 700 303 00 (Bankhaus Reuschel)<br />

IBAN: DE75700303000138412000<br />

S.W.I.F.T-BIC: REUCDEMMXXX


128<br />

Agenda Impressum<br />

Verlag:<br />

Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel.: +49 (0) 251 – 200782-0<br />

Fax: +49 (0) 251 – 200782-22<br />

Mail: info@macondo.de<br />

URL: www.macondo.de<br />

USt-Id-Nr.: DE214683825<br />

Herausgeber:<br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Redaktion:<br />

Judith Bomholt, Dennis Lohmann,<br />

Malte Klingenhäger<br />

Bildredaktion:<br />

Marion Book<br />

Gestaltung:<br />

Katja Montag<br />

Lektorat:<br />

Marion Book<br />

klimaneutralität:<br />

Das vorliegende Druckerzeugnis ist<br />

durch anerkannte Klimaschutzprojekte<br />

klimaneutral gestellt worden.<br />

(Nature Office Gold Standard Portfolio -<br />

GS, VER)<br />

Papier:<br />

Plano® Art, FSC zertifiziert<br />

Grußwort:<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

autoren dieser ausgabe<br />

(in alphabetischer Reihenfolge):<br />

Nicolette Behncke, Dr. Siegfried<br />

Behrendt, Yvonne Benkert, Verena<br />

Blaschke, Gerald Breyer, Dr. Ignacio<br />

Campino, Dr. Jens Clausen, Prof. Dr.<br />

Hans Diefenbacher, Ralf Dürrwang,<br />

Katrin Gaupmann, Jonas Gebauer,<br />

Bernhard Graeber, Dr. Wolfgang Große<br />

Entrup, Adrian Hahn, Dr. Wolfram<br />

Heger, Benjamin Held, Stephan<br />

Heuser, Dr. Jürgen Janssen, Stefanie<br />

Klein, Stephan Knüttel, Daniela Kolbe,<br />

Dr. Elmer Lenzen, Stefan Löbbert,<br />

Joachim Löchte, Dr. Louis Meuleman,<br />

Dr. Cordula Mock-Knoblauch, Christoph<br />

Pfluger, Petra Polster, Burkhard<br />

Remmers, Dr. Matthias Retter, Nicole<br />

Richter, Dr. Lothar Rieth, Dorothee<br />

Rodenhäuser, Antje Schabacker,<br />

Bernhard Schwager, Kira-Tatjana<br />

Schmidt, Falk Schmidt, Martin Schulte,<br />

Dr. Frank Simon, Sylvia Straetz, Lisa<br />

Süß, Oliver Thomsen, Alexander Vogler,<br />

Stefanie Wahl, Fridolin Weindl, Dr. Jörg<br />

Wetterau, Barbara Wieler, Ingrid de<br />

Wilde, Ursula Wilms, Prof. Dr. Norbert<br />

Winkeljohann, Alexander Zang, Roland<br />

Zieschank<br />

Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge geben nicht die Meinung des<br />

Herausgebers wieder.<br />

Bildnachweis:<br />

Bundesbildstelle/Bundeskanzleramt<br />

(S. 3), SVLuma/Fotolia.com (S. 4 oben,<br />

6/7, 9, 10, 12, 14, 17, 21), morchella/<br />

Fotolia.com (S. 4 Mitte, 30/31),<br />

Christian Lambiotte/EC (S. 32), Marcus<br />

Wagenknecht/photocase (S. 34/35),<br />

Elenathewise/Fotolia.com (S. 36/37),<br />

cirquedesprit/Fotolia.com (S. 40/41),<br />

Mike Kiev/Fotolia (S. 4 unten, 44/45),<br />

Alexander Raths/Fotolia.com (S. 47),<br />

virtua73/Fotolia.com (S. 50), Yuri<br />

Arcurs/Fotolia.com (S. 53), 3desc/<br />

Fotolia.com (S. 54), CARE/Wolfgang<br />

Gressmann (S. 60), CARE/Evelyn<br />

Hockstein (S. 61 links), CARE/ Yoshio<br />

Kondo (S. 61 rechts), Andreas<br />

Pohlmann/BASF (S. 63), Bayer (S. 64),<br />

Michael Rennertz/Bayer (S. 65), Corbis<br />

(S. 66), Bertelsmann (S. 67), Bosch<br />

(S. 68/69), BSH Bosch und Siemens<br />

Hausgeräte (S. 71), CEWE COLOR<br />

(S. 72), Daimler (S. 74/75), Rudolf<br />

Wichert (S. 76), Deutsche Post DHL<br />

(S. 77), Deutsche Telekom (S. 78), EnBW<br />

(S. 80/81), Nicole Richter/Ernst&Young<br />

(S. 82), Stefan Wildhirt/Evonik<br />

(S. 84/85), Karen Köhler (S. 86), FAIrent-a-jet<br />

(S. 87), De La Haye/Forest<br />

Carbon Group (S. 88/89), GIZ/INENSUS<br />

(S. 90/91), Heraeus (S. 92/93),<br />

HOCHTIEF (S. 94), †cult˙ra/Akzekte/<br />

HVB (S. 96), Lavaris (S. 99), MAN<br />

(S. 100/101), Merck (S. 102/103), Miele<br />

(S. 104/105), Pete Atkinson/Getty<br />

Images (S. 106), Helmut Kramer (S. 109<br />

oben), RWE (S. 109 unten), TECTUM<br />

Group (S. 110/111), Volkswagen (S. 112),<br />

Detlev Wecke/Volkswagen (S. 113),<br />

Wilkhahn (S. 114/115), GIZ (S. 116/117),<br />

UN Photo/Eskinder Debebe (S. 122),<br />

WindMade/Vestas (S. 123) sowie Marion<br />

Book (S. 39, 120/121)<br />

titelbild:<br />

Joshua Hodge Photography/iStockphoto<br />

Bezugspreis:<br />

€ 30,00 zzgl. Porto:<br />

[D] + € 1,00<br />

[CH] + € 3,50<br />

[EU] + € 2,00<br />

[Int.] + € 5,50<br />

Rechte:<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck,<br />

Aufnahme in Online-Dienste und<br />

Internet sowie Vervielfältigung jeglicher<br />

Art nur nach vorheriger schriftlicher<br />

Zustimmung des Herausgebers.<br />

Für unverlangt eingeschickte<br />

Manuskripte, Fotos und Illustrationen<br />

übernehmen wir keine Gewähr.<br />

ISSN 1614-7685<br />

ISBN-13: 978-3-9813540-2-7<br />

Printed in Germany © 2012<br />

Nützliche adressen:<br />

Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk (D<strong>GC</strong>N)<br />

Stabsstelle Zusammenarbeit mit<br />

der Wirtschaft<br />

Deutsche Gesellschaft für<br />

Internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ) GmbH<br />

Reichpietschufer 20<br />

10785 Berlin<br />

Tel.: +49 (0) 30 72614-204<br />

Fax.: +49 (0) 30 72614-130<br />

Mail: globalcompact@giz.de<br />

URL: www.globalcompact.de<br />

United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office<br />

DC2-618<br />

New York, NY 10017, USA<br />

Tel.: +1 (212) 963 - 1490<br />

Fax: +1 (212) 963 - 1207<br />

Mail: name@un.org<br />

URL: www.unglobalcompact.org<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />

I call on business leaders to embrace<br />

the <strong>Compact</strong> as an organizing tool<br />

for your global operations. Ensure that<br />

your boards, subsidiaries and supply chain<br />

partners use the <strong>Compact</strong> as both a<br />

management guide and a moral compass.<br />

25,00 EUR<br />

Ban Ki-moon,<br />

Secretary General of the United Nations<br />

<br />

SGS-COC-1349<br />

Der Druck wurde realisiert von<br />

BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />

Mediengruppe macondo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />

Bisherige Ausgaben<br />

»<br />

Titel_2005_RZ 06.01.2006 15:02 Uhr Seite 2<br />

Let us choose to unite the power<br />

of markets with the authority of<br />

universal ideals. Let us choose to<br />

reconcile the creative forces of private<br />

entrepeneurship with the needs of the<br />

disadvantaged and the requirements<br />

of future generations.<br />

BESTELLANSCHRIFT<br />

mediengruppe macondo<br />

Hüfferstr.25 | 48149Münster<br />

Tel.: +49(0)251/48449340<br />

Fax: +49(0)251/48449342<br />

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global<br />

Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

2007<br />

25 | 30 US$<br />

SGS-COC-1349<br />

Der Druck wurde realisiert von<br />

Falzmarken Rücken<br />

«<br />

Ich freue mich, dass die Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />

<strong>Jahrbuch</strong> über<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

ihre Aktivitäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />

mehr Unternehmen anspornt, sich zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />

und diese mit Engagement umzusetzen – im eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />

Grenzen hinaus. Wir brauchen dieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich compact<br />

und Gerechtigkeit der internationalen Ordnung.<br />

I am pleased that the members of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />

activities in a yearbook. I hope that this book will encourage even more companies to<br />

adopt the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Principles and carry them out with commitment – in their own<br />

operations and beyond their boundaries. We need this involvement of<br />

companies for more balance and justice in the international order.<br />

Dr. Horst Köhler,<br />

Deutscher Bundespräsident<br />

German Federal President<br />

gc07_umschlag_rz.indd 1<br />

27.12.2007, 16:59<br />

Unternehmerische<br />

Verantwortung muss ein<br />

Eckpfeiler werden für ethische<br />

und stabile Märkte.<br />

30,00 EUR<br />

UN Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

Bestellanschrift<br />

Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel: +49 (0) 2 51 - 200 782 -0<br />

Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />

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global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />

Ich wünsche dem deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Jahrbuch</strong> einen großen Leserkreis.<br />

Möge es zu weiteren Anstrengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />

animieren, die der <strong>Global</strong>isierung nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />

allem deren vielfältige Chancen und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />

I wish the German <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Yearbook</strong> a large readership. May it<br />

animate further efforts towards creative and successful partnerships that not only give<br />

globalisation a friendly face but, above all, make it possible to experience<br />

concretely its many opportunities and positive developments.<br />

Dr. Angela Merkel,<br />

Deutsche Bundeskanzlerin<br />

German Federal Chancellor<br />

30,00 EUR<br />

www.kod-druck.de<br />

BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />

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<strong>Deutschland</strong> global<br />

compact<br />

2010<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />

<strong>Deutschland</strong> global<br />

compact<br />

Today it is increasingly clear<br />

that UN objectives – peace,<br />

security, development go hand-inhand<br />

with prosperity and growing<br />

markets.<br />

If societies fail, so will markets.<br />

2005<br />

Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25,00 EUR<br />

SGS-COC-1349<br />

Der Druck wurde realisiert von<br />

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global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />

<strong>Deutschland</strong> global<br />

compact<br />

2006<br />

gc06_umschlag_rz.indd 1<br />

20.12.2006, 20:56<br />

<strong>Deutschland</strong> global<br />

compact<br />

2008<br />

<strong>Deutschland</strong> global<br />

compact<br />

2009


Die 10 Prinzipien<br />

des United Nations<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Im Mittelpunkt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Initiative stehen zehn Prinzipien zu Menschenrechten,<br />

Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ruft<br />

weltweit Unternehmen dazu auf, sich zu diesen Prinzipien öffentlich zu bekennen und aktiv für<br />

ihre Umsetzung einzusetzen.<br />

MeNsCHeNReCHte<br />

Prinzip 1: Unterstützung<br />

und Respektierung<br />

der internationalen<br />

Menschenrechte im eigenen<br />

Einflussbereich<br />

Prinzip 2: Sicherstellung,<br />

dass sich das eigene<br />

Unternehmen nicht an<br />

Menschenrechtsverletzungen<br />

beteiligt<br />

aRBeItsNORMeN<br />

Prinzip 3: Wahrung der<br />

Vereinigungsfreiheit und<br />

wirksame Anerkennung<br />

des Rechts zu<br />

Kollektivverhandlungen<br />

Prinzip 4: Abschaffung jeder<br />

Art von Zwangsarbeit<br />

Prinzip 5: Abschaffung der<br />

Kinderarbeit<br />

Prinzip 6: Beseitigung von<br />

Diskriminierung bei Anstellung<br />

und Beschäftigung<br />

uMWeLt<br />

Prinzip 7: Unterstützung eines<br />

vorsorgenden Ansatzes im<br />

Umgang mit Umweltproblemen<br />

Prinzip 8: Ergreifung von<br />

Schritten zur Förderung einer<br />

größeren Verantwortung<br />

gegenüber der Umwelt<br />

Prinzip 9: Hinwirkung<br />

auf die Entwicklung und<br />

Verbreitung umweltfreundlicher<br />

Technologien<br />

kORRuPtIONsBekäMPFuNG<br />

Prinzip 10: Unternehmen sollen<br />

gegen alle Arten der Korruption<br />

eintreten, einschließlich<br />

Erpressung und Bestechung<br />

130 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>


Durch Vorbilder und Kooperationen<br />

in Initiativen und Netzwerken können<br />

wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />

als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />

schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />

sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />

sage ich von Herzen Dank.<br />

30,00 EUR<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

Bestellanschrift<br />

Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel: +49 (0) 2 51 - 200 782 -0<br />

Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />

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