Global Compact Deutschland Jahrbuch 2011 - GC Yearbook
Global Compact Deutschland Jahrbuch 2011 - GC Yearbook
Global Compact Deutschland Jahrbuch 2011 - GC Yearbook
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global <strong>Deutschland</strong><br />
compact<br />
<strong>2011</strong>
Herausgegeben mit freundlicher Unterstüzung durch:<br />
Grußwort<br />
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />
Das rasche Wachstum der Weltbevölkerung geht angesichts<br />
begrenzter natürlicher Ressourcen mit zunehmenden<br />
Herausforderungen einher – in ökonomischer, ökologischer und<br />
ethischer Hinsicht. Um für alle Menschen, heutigen wie kommenden<br />
Generationen, dem Anspruch auf ein Leben in Würde gerecht<br />
werden zu können, muss wirtschaftliche Leistungskraft mit sozialer<br />
Verantwortung und dem Schutz von Umwelt und Natur in Einklang<br />
gebracht werden. Nur so bieten sich für Entwicklungs- und<br />
Schwellenländer wie für Industriestaaten Chancen dauerhaften<br />
Wirtschaftswachstums und Wohlstands. Denn wirtschaftlicher<br />
Erfolg und Nachhaltigkeit bedingen sich gegenseitig.<br />
Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten Nationen ist Ausdruck dafür,<br />
dass die Zeichen der Zeit erkannt und ernst genommen werden. Er<br />
erweist sich mit seinen Prizipien zur Bewahrung der Menschenrechte<br />
und Umsetzung von Arbeitsnormen, Umweltschutz und<br />
Korruptionsbekämpfung als globale Richtschnur und wichtige<br />
Diskussionsplattform für Unternehmen, die sich ihrer gesellschaftlichen<br />
Verantwortung bewusst sind.<br />
Es freut mich, dass deutsche Unternehmen maßgebend zur Weiterentwicklung des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> beitragen.<br />
Hier engagieren sich neben großen, international agierenden Unternehmen zunehmend auch kleine und mittelständische<br />
Betriebe. Viele von ihnen setzen Ziele nachhaltigen Wirtschaftens in ihre Unternehmensstrategien<br />
gewinnbringend ein – sei es durch umweltschonenden und kostensparenden Energie- und Ressourceneinsatz<br />
oder durch Innovationen zur Sicherung langfristiger Wettbewerbsstärke. Die Bundesregierung unterstützt das<br />
Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk und fördert im Rahmen ihrer nationalen Corporate Social Responsibilitiy-<br />
Strategie auch vorbildliche internationale Initiativen.<br />
Wichtige Impulse für verantwortungsbewusstes Wirtschaften erwarte ich mir insbesondere von der Konferenz<br />
der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Juni 2012. Sie knüpft an den dortigen Weltgipfel vor 20 Jahren<br />
an, auf dem nachhaltige Entwicklung als globales Leitbild definiert wurde. Gemeinsam mit der Europäischen<br />
Union spricht sich <strong>Deutschland</strong> für einen Fahrplan für nachhaltiges Wirtschaften aus. Zudem werben wir für<br />
eine stärkere Stellung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und ihrer Kommission für nachhaltige<br />
Entwicklung.<br />
Durch Vorbilder und Kooperationen in Initiativen und Netzwerken können wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit<br />
auch als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> eine<br />
wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die sich in diese weltweite Initiative einbringen, sage ich von Herzen Dank.
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Grußwort von<br />
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Die Gier ist es nicht<br />
Christoph Pfluger<br />
Plädoyer für ein neues Wohlstandskonzept<br />
Daniela Kolbe, MdB<br />
Der Nationale Wohlfahrtsindex<br />
Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser, Roland Zieschank<br />
Wohlstandsquintett des Denkwerks Zukunft<br />
Stefanie Wahl und Martin Schulte<br />
Alternative Methoden der Wohlfahrtsmessung<br />
Dr. Jan Schumacher<br />
Info: Die zehn wichtigen nationalen und<br />
internationalen Ansätze, Literaturtipps<br />
Reporting<br />
Nachhaltigkeitsberichte bald obligatorisch?<br />
Katrin Gaupmann<br />
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex –<br />
Vorbild für Europa?<br />
Dr. Frank Simon und Jonas Gebauer<br />
Höchste Zeit für Integrated Reporting<br />
Von Prof. Dr. Norbert Winkeljohann und Nicolette Behncke<br />
EU-Kommission stellt neue CSR-Strategie vor<br />
Differenzierungsprogramm des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Dr. Elmer Lenzen<br />
Info: Weiterführende Literatur<br />
Innovation<br />
Mit Nachhaltigkeitsinnovationen zur Green Economy<br />
Dr. Jens Clausen<br />
Nachhaltiges Handeln spielerisch fördern<br />
Integriertes Technologie-Roadmapping<br />
Dr. Siegfried Behrendt<br />
Inhalt<br />
Transgovernance – Nachhaltigkeit neu betrachtet<br />
Dr. Louis Meuleman und Falk Schmidt<br />
Info: Tools und Bücher<br />
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Reporting<br />
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Jenseits des BIP –<br />
Fortschritt ohne Wachstum?<br />
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Rückblick Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
Aus der Arbeit des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Netzwerks <strong>2011</strong><br />
Dr. Jürgen Janssen<br />
Info: LEAD: Neue Plattform für Leadership<br />
Info: Erstes weltweites Verbraucher-Gütesiegel<br />
für Windenergie<br />
Best PRaCtICe<br />
Übersicht<br />
aBB<br />
Kontinuierliches Mitarbeiterengagement hilft<br />
Menschen in Not<br />
BasF<br />
Weltweit für den Klimaschutz<br />
Bayer<br />
Intelligente Technologien für den Klimaschutz<br />
Bertelsmann<br />
Orchester der Leseförderung<br />
Bosch<br />
Energieeffiziente Gebäude<br />
BsH Bosch und siemens Hausgeräte<br />
Weniger ist mehr<br />
CeWe COLOR<br />
Wie nachhaltige wirtschaftliche Verantwortung zur<br />
Zukunftssicherung beiträgt<br />
Daimler<br />
Starke Verbindung: <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität und<br />
Nachhaltigkeit<br />
Deutsche Post DHL<br />
GoTeach: Für gerechtere Bildungschancen in der Welt<br />
Deutsche telekom<br />
Das Experiment <strong>Deutschland</strong><br />
enBW<br />
Stromerzeugung im Wandel<br />
ernst & Young<br />
Integrated Reporting – Unternehmensberichterstattung<br />
vor einem grundlegenden Wandel?<br />
evonik<br />
Weltweiter Einkauf verpflichtet<br />
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Info: Drei Initiativen:<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – ISO 26000 – OECD-Leitsätze<br />
Info: Neue Publikationen<br />
Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
FaI rent-a-jet<br />
Grüner Hangar am Flughafen Nürnberg<br />
Forest Carbon Group<br />
Wertvolles muss einen Wert erhalten<br />
GIZ<br />
Innovationen: Türöffner für neue Märkte<br />
Heraeus<br />
Mit Know-how erneuerbare Energien optimieren<br />
und Ressourcen sparen<br />
HOCHtIeF<br />
Power & Innovation – Der Beitrag von HOCHTIEF<br />
zur Energiewende<br />
HypoVereinsbank<br />
Wert schaffen, Werte leben<br />
Lavaris technologies<br />
Einfach besseres Wasser<br />
MaN<br />
Talente entdecken und begeistern<br />
Merck<br />
Hilfe im Kofferformat: Ein Minilabor, das Leben rettet<br />
Miele<br />
Energiemanagement im Dialog mit dem Mitarbeiter<br />
PwC<br />
Wasserknappheit: Unternehmen überprüfen ihre<br />
internationalen Lieferketten<br />
RWe<br />
Energie intelligent und damit nachhaltig nutzen<br />
teCtuM Group<br />
Nachhaltige Personal-entwicklung in modernen<br />
Contact Centern<br />
Volkswagen<br />
Eins und eins gleich drei<br />
Wilkhahn<br />
„Responsible Furniture“ für Mensch und Umwelt
Agenda<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Fortschritt ohne Wachstum?<br />
Macht Wirtschaftswachstum die Menschen zufriedener oder gar glücklicher? Sowohl empirische Studien als auch<br />
Lebenserfahrung lehren uns, dass dem nicht so ist. Dennoch messen und bewerten wir traditionell die Entwicklung von<br />
Wohlstand und Wohlfahrt mit Hilfe des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Doch diese Verknüpfung birgt zwei fundamentale<br />
Probleme: Das Wirtschaftssystem kann aus sich heraus a priori nicht alle relevanten Indikatoren zur Wohlstandsmessung<br />
bereitstellen. Der Bundestag hat daher eine Enquete-Kommission einberufen, die ergänzende Kriterien benennen soll.<br />
Das zweite Problem ist der Wachstumsglaube. Wir leben auf einem endlichen Planeten. Ein grenzenloses, dauerhaftes<br />
Wachstum ist daher schon rein physikalisch nicht möglich. Dennoch verbraucht die Weltbevölkerung inzwischen eineinhalb Mal<br />
so viele Ressourcen, wie die Erde bieten kann. Die Folgen werden jeden Tag spürbarer – ob Klimawandel, Ressourcenkonflikte<br />
oder Armutsbekämpfung. Die Probleme spitzen sich zu. Aber es gib auch Lösungsansätze: Neue Methoden versprechen, die<br />
ökologisch und soziale Abwärtsspirale aus Wirtschaft = Wachstum = Wohlstand zu durchbrechen.<br />
6 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> 7
Von Christoph Pfluger<br />
Agenda<br />
ist es nicht<br />
Das Rätsel des ewigen Wachstums. Während die Menschheit<br />
jahrtausendelang mehr oder weniger nachhaltig lebte, setzte ab<br />
etwa 1750 eine verheerende Dynamik ein – mit exponentiellem<br />
Wachstum der Bevölkerung, des Verbrauchs und der Zerstörung.<br />
Was ist eigentlich mit uns geschehen?<br />
Die Wachstumskritik ist sich einig: Weil der Mensch immer<br />
mehr will, müssen wir ständig wachsen. Das klingt plausibel,<br />
aber stimmt es auch? Der Mensch hat schon immer versucht,<br />
seine Lebensbedingungen zu verbessern, ohne damit gleich<br />
eine zerstörerische, exponentielle Dynamik loszutreten. Zwar<br />
hatten die Römer zur Beheizung ihrer luxuriösen Thermen<br />
Italien abgeholzt – aber insgesamt blieb die menschliche<br />
Zivilisation einigermaßen nachhaltig. Das Auf und Ab der<br />
natürlichen Zyklen wies sie in ihre Grenzen.<br />
Wenn die Wachstumskritik also fordert, wir müssten weniger<br />
wollen, greift sie zu kurz, und vor allem macht sie keine<br />
Aussagen über die Ursache der verhängnisvollen Dynamik,<br />
die den Planeten Erde an den Rand des Abgrunds drängt.<br />
Exponentielles Wachstum hatten wir nicht schon immer, es<br />
plagt uns erst seit neuerer Zeit. Das Verheerende an dieser<br />
Form von Wachstum ist unsere Blindheit für seinen naturfremden<br />
Charakter. Exponentielles Wachstum kommt in der<br />
Biosphäre, wo alles wächst, gedeiht und wieder zerfällt, nur<br />
in kurzen Phasen vor – und bei wucherndem Krebs. Aber<br />
ewiges Wachstum in einer endlichen Welt ist nicht möglich,<br />
und deshalb können wir es mit unserer an der Evolution<br />
geschulten Wahrnehmung auch nicht erkennen.<br />
Der größte Fehler des Menschen ist sein Unvermögen, die<br />
Exponentialkurve zu verstehen. Davon ist der emeritierte<br />
amerikanische Physikprofessor Alfred Bartlett überzeugt und<br />
illustriert dies mit seiner mittlerweile berühmt gewordenen<br />
Geschichte von der Flasche, in der sich die Zahl der Bakterien<br />
jede Minute verdoppelt und die nach einer Stunde voll ist. Die<br />
Bakterien merken zwei Minuten vor zwölf – die Flasche ist zu<br />
diesem Zeitpunkt zu einem Viertel gefüllt –, dass es eng wird<br />
und schicken Kundschafter aus. Nach einer Minute kehren sie<br />
mit der frohen Botschaft von drei leeren Flaschen zurück, die<br />
das Wachstumsproblem ein für alle Mal lösen würden. Die<br />
Erleichterung währt nicht lange: Zwei Minuten nach zwölf sind<br />
auch diese voll und das Desaster bricht über die Population<br />
herein. Was man über exponentielles Wachstum wissen muss:<br />
• Das Wesentliche findet ganz am Schluss statt, wenn es zu<br />
spät ist die Entwicklung zu beeinflussen.<br />
• Auch ein vergleichsweise bescheidenes Wachstum von<br />
jährlich zwei Prozent ist exponentiell. Zur Berechnung<br />
der ungefähren Verdoppelungszeit dividiert man 70 durch<br />
den Prozentwert; bei zwei Prozent ergibt dies 35 Jahre, bei<br />
4,3 Prozent, dem aktuellen globalen Wirtschaftswachstum<br />
gemäß Internationalem Währungsfonds, sind es 16 Jahre.<br />
• Verdoppelung bedeutet eine markante Erhöhung des absoluten<br />
Wachstums. Wenn die Weltbevölkerung um ein<br />
Prozent pro Jahr wachsen würde, ein Wert, den sie erst im<br />
20. Jahrhundert erreichte, dann brauchte es 694 Jahre, um<br />
von einer Million auf eine Milliarde zu kommen. Die zweite<br />
Milliarde wäre in hundert Jahren erreicht, die dritte in 41,<br />
die vierte in 29, die fünfte in 22 und die sechste in 18 Jahren.<br />
Der jährliche Zuwachs beträgt zur Zeit 1,14 Prozent und die<br />
siebte Milliarde wurde im Oktober <strong>2011</strong> offiziell erreicht.<br />
Die Blindheit des Menschen für diese unheilvolle Entwicklung<br />
hat noch einen anderen Grund, und der versteckt sich im<br />
Konzept des „shifting baseline syndrome“ des kanadischen<br />
Fischereiwissenschaftlers Daniel Pauly: „Jede Generation von<br />
Fischereifachleuten akzeptiert die zu Beginn ihrer Karriere<br />
bestehenden Fischbestände als Basis für die Bewertung von<br />
Veränderungen. Wenn die nächste Generation antritt, werden<br />
die bis dann gesunkenen Bestände als Grundlinie angenommen.<br />
Das Resultat ist eine schrittweise Verschiebung der<br />
Grundlinie, eine stufenweise Anpassung an das schleichende<br />
Verschwinden der Arten.“<br />
Fazit: Der mit dem exponentiellen Wachstum einhergehende<br />
Wandel kann zwar wahrgenommen werden, aber seine dramatischen<br />
Auswirkungen zeigen sich erst nach Generationen.<br />
Wenn wir verstehen wollen, was heute auf der Erde geschieht,<br />
müssen wir also größere Zeiträume betrachten. Aber da fehlen<br />
uns weitgehend die empirischen Daten. Von den großen<br />
Indikatoren der Menschheitsentwicklung – Bevölkerung,<br />
Produktivität und Naturverbrauch – gibt es nur über die<br />
Bevölkerungszahl einigermaßen verlässliche Zahlen. Immerhin.<br />
Da entdeckt man im 18. Jahrhundert eine markante<br />
Trendwende, das vorher langsame Bevölkerungswachstum<br />
beginnt zu steigen. Was ist da geschehen?<br />
Einen sich selbst begründenden Anstieg des Bevölkerungswachstums<br />
können wir ausschließen. Warum auch sollte die<br />
Bevölkerungszahl plötzlich ansteigen, wenn sie es Jahrtau-<br />
sende zuvor nicht getan hat? Welche neue Kraft hat also im<br />
18. Jahrhundert die Bühne der Zivilisation betreten, sodass<br />
sich die Lebensgrundlagen der Menschheit fundamental<br />
änderten? In Frage kommen die Demokratisierung, die Industrialisierung<br />
und die Einführung des Kreditgeldes. Die<br />
Identifikation einer einzigen Ursache – wenn es denn eine<br />
gibt – geht über die Möglichkeiten dieser kurzen Untersuchung<br />
hinaus. Aber ein paar plausible Feststellungen lassen<br />
sich dennoch machen. Demokratien hat es im antiken Griechenland<br />
bereits gegeben, ohne dass sie die Lebensgrundlagen<br />
hätten angreifen können. Im Falle Roms ist dies allerdings<br />
weniger eindeutig. Die römische Demokratie war fast so<br />
expansiv wie später das Cäsarentum. Den Römern fehlte es<br />
jedoch nicht nur an technischen Möglichkeiten – die Zahl<br />
Null war noch nicht erfunden – es mangelte vor allem ein<br />
Zwang zur Effizienzsteigerung. Sklaven waren zur Genüge<br />
vorhanden, den Hunger der Aristokraten nach Luxus zu<br />
befriedigen. Demokratie als hinreichenden Grund für den<br />
im 18. Jahrhundert einsetzenden Zeitenwandel können wir<br />
also ausschließen.<br />
Kommt die Industrialisierung dafür in Frage? Auch da sind<br />
Zweifel angebracht, die sich ausgerechnet am Beispiel der<br />
Dampfmaschine, dem Motor der Industrialisierung schlechthin,<br />
manifestieren. Der Historiker Tamim Ansary schreibt<br />
in „Die unbekannte Mitte der Welt – <strong>Global</strong>geschichte<br />
aus islamischer Sicht“: „In der muslimischen Welt gab es<br />
die Dampfmaschine schon drei Jahrhunderte, bevor sie im<br />
Westen erfunden wurde. Dort löste sie allerdings rein >><br />
8 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
9
Agenda<br />
gar nichts aus. Die Dampfmaschine wurde erfunden, um<br />
beim Festbankett eines reichen Mannes einen Drehspieß<br />
anzutreiben und ein Schaf von allen Seiten knusprig braun<br />
zu grillen; eine Beschreibung des Geräts findet sich in einem<br />
Buch des türkischen Ingenieurs Taqi al-Din aus dem Jahr 1551.<br />
Nach dem Fest fiel niemandem eine weitere Verwendungsmöglichkeit<br />
für den Apparat ein, und er wurde wieder vergessen.“<br />
Überhaupt war die orientalische Welt, wie viele Jahrhunderte<br />
zuvor das chinesische Reich, dem Westen in technischer und<br />
wissenschaftlicher Hinsicht weit überlegen, ohne dass dies zu<br />
einem fatalen Angriff auf die Nachhaltigkeit geführt hätte.<br />
Die technisch-industrielle Innovation allein führt also nicht<br />
zu einer sich selbst verstärkenden Entwicklung, auch nicht<br />
in Verbindung mit Gier, von der vermutlich weder Orientalen<br />
noch Chinesen verschont geblieben sind.<br />
Wir kommen der Sache näher, wenn wir die Innovationen<br />
im Geldwesen des 18. Jahrhunderts näher betrachten. Die<br />
Gründung der Bank of England 1694, der Mutter aller Zentralbanken,<br />
gilt allgemein als Geburtsstunde des modernen<br />
Geldwesens. Vorher wurden die Zahlungsmittel, vornehmlich<br />
Münzen, von der Obrigkeit herausgegeben und waren durch<br />
den Wert des Edelmetalls einigermaßen gedeckt. Die Schöpfung<br />
von Zahlungsmitteln durch den Kredit war marginal<br />
und beschränkte sich im Wesentlichen auf Wechsel zur Finanzierung<br />
des Handels ohne Münzgeld und die Herausgabe<br />
von ungedeckten Goldquittungen durch die Goldschmiede,<br />
die damit gleichzeitig Bankiers waren. Diese Zahlungsmittel<br />
waren privat, d.h. sie eigneten sich nur mit Einverständnis des<br />
Gläubigers zur Bezahlung von Schulden. Mit der Gründung<br />
der Bank of England wurde dies anders.<br />
Ihre Gründung geht übrigens auf einen historischen Demokratisierungsschritt<br />
zurück, was allerdings keineswegs bedeutet,<br />
dass sie demokratisch legitimiert wäre. 1688 wurde nämlich<br />
der calvinistische Holländer Wilhelm III. von Oranien von<br />
den Protestanten im englischen Parlament um Hilfe gegen<br />
die Rekatholisierungsversuche von König Jakob II. gebeten.<br />
Wilhelm kam, vertrieb seinen Schwiegervater und bestieg<br />
mit seiner Frau, Maria II., den englischen Thron, allerdings<br />
erst, nachdem er die „Bill of Rights“ unterschrieben hatte, das<br />
Gesetz der Rechte, in dem er sich dem Parlament weitgehend<br />
unterwarf. Unter anderem wurde ihm verboten, ohne Zustimmung<br />
des Parlamentes Steuern zu erheben. Um seinen Krieg<br />
gegen Frankreich finanzieren zu können, wurde deshalb die<br />
Bank of England gegründet. Als guter Calvinist war er der<br />
Zinswirtschaft nicht abgeneigt, auch wenn er, wie in diesem<br />
Fall, selber Zinsen zu zahlen hatte.<br />
Die Gründungsakte verlieh dem privaten, übrigens weitgehend<br />
unbekannten Konsortium, das Recht, nur teilweise durch Gold<br />
gedeckte Banknoten als offizielles Zahlungsmittel herauszugeben.<br />
Sofort setzte intensives Schuldenmachen ein, das 1720 im<br />
berüchtigten Südseeschwindel seinen vorläufigen Höhepunkt<br />
bzw. seinen jähen Absturz fand. Durch die brutale Entwertung<br />
der Papiere auf noch knapp 20 Prozent ihres ursprünglichen<br />
Wertes blieben Aktiengesellschaften noch fast hundert Jahre<br />
in England suspekt.<br />
Ebenfalls 1720 endete in Frankreich John Laws Papiergeld-<br />
Euphorie. Seine Banque Royale hatte massenhaft durch königliche<br />
Ländereien gedeckte Noten herausgegeben, mit denen<br />
Anteile an der Mississippi-Compagnie gekauft wurden und<br />
ihren Wert in schwindelerregende Höhen trieb. Nach dem<br />
verheerenden Platzen der Blase blieb Papiergeld in Frankreich<br />
noch über Generationen verdächtig. Fast wäre der Kapitalismus<br />
an seinen Kinderkrankheiten gestorben.<br />
Aber die Magie der neuen Geldschöpfung war stärker. Der<br />
Schotte William Paterson, auf den die Lizenz der Bank of<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Der größte Fehler des Menschen<br />
ist sein Unvermögen,<br />
die Exponentialkurve zu<br />
verstehen: Das Wesentliche<br />
findet ganz am Schluss statt,<br />
wenn es zu spät ist, die Entwicklung<br />
zu beeinflussen.<br />
England ausgestellt worden war, brachte es bereits 1694 in<br />
einem Prospekt auf den Punkt: „Die Bank erhält den Zinsgewinn<br />
von all den Geldern, die sie, die Bank, aus dem Nichts<br />
erzeugt.“ Einer solchen Versuchung ist natürlich schwer zu<br />
widerstehen.<br />
Das Problem dieser Form der Geldschöpfung, und damit wollen<br />
wir die historischen Streifzüge abschließen, zeigt gleichzeitig<br />
die enorme Wachstumsdynamik, die sie auslöst. Geld, das<br />
als Kredit entsteht, ist damit nicht mehr ein vorhandener<br />
Wert, sondern einer, der erst noch geschaffen werden muss.<br />
Zudem reicht das in der Volkswirtschaft zirkulierende Geld<br />
nur zur Rückzahlung des Kredits, nicht aber von Zins und<br />
Zinseszins. Damit ein solches Geld seinen Wert behält, müssen<br />
nicht nur die versprochenen Werte geschaffen, sondern<br />
auch ständig neue Kreditnehmer gefunden werden, die die<br />
Geldmenge wachsen lassen. Ein solches Schneeballsystem ist<br />
zum Wachstum verurteilt, sonst bricht es zusammen. Und<br />
weil die Schulden exponentiell steigen, wird der Ausstieg aus<br />
diesem Teufelskreis immer schwieriger.<br />
Wer in einer kapitalistischen Gesellschaft lebt, steigert seine<br />
Leistung nicht freiwillig – er muss! Das ist der Schlüssel<br />
zum Verständnis der industriellen Revolution, die Europa ab<br />
1750 überrollte, zuerst langsam, dann getreu dem Gesetz der<br />
Exponentialfunktion, immer schneller.<br />
Zwar bremste die nach wie vor erforderliche teilweise Golddeckung<br />
die Geldschöpfung, aber nicht nach den Bedürfnissen<br />
der Volkswirtschaft, sondern nach der Verfügbarkeit von Gold.<br />
Wurden neue Goldvorräte entdeckt, stieg die Geldmenge und<br />
die Wirtschaft wuchs, sank sie, folgte eine Rezession.<br />
Eine wichtige Marke in der Geldgeschichte ist die Aufhebung<br />
des Goldstandards in den europäischen Ländern am Vorabend<br />
des Ersten Weltkrieges. Damit wurden die finanziellen Fesseln<br />
zur Bezahlung dieses schrecklichen Abenteuers gelöst, auf<br />
Kredit natürlich, der im Wesentlichen von <strong>Deutschland</strong> mit<br />
den Reparationen des Versailler Friedensvertrages beglichen<br />
werden musste – mit verheerenden Folgen für das Land, die<br />
Demokratie und letztlich für die ganze Welt.<br />
Seit Nixon 1971 die letzte Bindung des Dollars an das Gold<br />
aufheben musste, weil sich die USA mit dem Vietnamkrieg<br />
in übergroße Schulden stürzten, wird die Geldschöpfung<br />
nur noch beschränkt durch die Zahl der Kreditnehmer, die<br />
ein finanzielles Wachstum versprechen und durch die kaum<br />
vorhandene Spardisziplin von Staaten, die bis vor kurzem erst<br />
noch im Ruf standen, nie bankrott gehen zu können. Ob dieses<br />
Wachstum den Bedürfnissen der Menschen entspricht, ist<br />
dabei sekundär. Ein illustratives Beispiel dafür ist das Auto mit<br />
seinen horrenden Kosten, den Millionen von Verkehrsopfern<br />
und den unübersehbaren Umweltschäden. Es wird gefördert,<br />
weil es unwirtschaftlich ist. In der Tat: Wer auf das Fahrrad<br />
umsteigt, kommt schneller voran, wenn man die Arbeitszeit<br />
zur Finanzierung des Autos und der Strassen mitrechnet. Und<br />
er lebt gesünder und spart Kosten, die die Gesellschaft für den<br />
motorisierten Verkehr übernimmt. Das Problem des Umstiegs<br />
ist die Infrastruktur, die an vielen Orten mittlerweile ein Leben<br />
ohne Auto erheblich erschwert. >><br />
10 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
11
Agenda<br />
Das Auto illustriert im übrigen den sich gegenseitig verstärkenden<br />
Effekt exponentieller Dynamiken: Während sieben<br />
Milliarden still sitzende Menschen vielleicht kaum auffallen,<br />
erzeugen sieben Milliarden Menschen, die sich mit immer<br />
höherer Geschwindigkeit bewegen, eine viel größere Wirkung.<br />
Man muss nicht viel von Physik verstehen, um zu wissen, dass<br />
Bewegung Druck erzeugt. Je höher das Tempo, desto mehr<br />
Platz braucht der Mensch.<br />
Volkswirtschaftlicher Unsinn sind auch die zentrale Energieversorgung<br />
durch fossile oder atomare Großkraftwerke oder<br />
das Gesundheitswesen mit seiner Fokussierung auf teure<br />
Reparaturen anstatt günstiger Prävention. Und bei den meisten<br />
Konsumartikeln ist die Antwort auf die Schlüsselfrage<br />
eindeutig: Existieren sie, weil jemand ein Geschäft machen<br />
will (oder muss) oder entsprechen sie einem realen Bedürfnis?<br />
Eine Nachfrage, die erst mit milliardenteurem Marketing<br />
angekurbelt werden muss, ist weitgehend synthetisch. Die<br />
Förderung der Gier ist eben nicht umsonst.<br />
Die Echtheit synthetischer Bedürfnisse in einer solchen Wirtschaft<br />
ist nicht einfach zu beurteilen. Legendär sind die<br />
Einschätzungen von Daimler-Benz um 1900, es bestehe ein<br />
Markt für maximal hunderttausend Automobile, da es gar<br />
nicht mehr Kutscher gäbe oder des IBM-Chefs Thomas Watson,<br />
der in den 50er Jahren von einem weltweiten Bedarf von<br />
vielleicht fünf Computern sprach. Heute ist die Notwendigkeit<br />
von Autos und Computern so groß, dass die zivilisierte Welt<br />
ohne sie augenblicklich zusammenbrechen würde. So schafft<br />
sich das Kreditgeld die Welt, die es für sein ewiges Wachstum<br />
braucht. Wir wollen nicht wachsen, wir müssen! Und wir<br />
zerstören fortlaufend die Brücken, zu einem menschlichen<br />
Maß zurückzukehren. Die Welt des Wachstums macht sich<br />
unentbehrlich.<br />
Dieses wirtschaftliche Schneeballsystem ist natürlich kein Ort<br />
für zarte Gemüter. Je weiter es gedeiht, desto größer ist der<br />
Schaden für die Allgemeinheit und desto mehr egoistische<br />
Energie braucht es, um darin zu überleben oder gar erfolgreich<br />
zu sein. Die Gier ist in dieser Hinsicht bloß der Treibstoff,<br />
mit dem die fatale Maschine betrieben wird. Und die Gier<br />
als Ursache der Finanzkrise oder des Wachstumszwangs zu<br />
bezeichnen, ist etwa so stichhaltig wie Verkehrsunfälle durch<br />
Benzinrationierung zu bekämpfen. Dass ein erwünschtes Resultat<br />
erreicht wird, bedeutet noch längst nicht eine korrekte<br />
Identifikation der Ursache.<br />
So sitzen wir tatsächlich in einer Wachstumsfalle. Drei Wege<br />
scheinen kurzfristig aus dem durch Schulden getrieben Wachstumszwang<br />
zu führen, und alle drei sind letztlich versperrt:<br />
• Wenn wir die Schulden durch Rückzahlung reduzieren,<br />
verringern wir den Geldumlauf. Geld verdienen wird<br />
schwieriger, das Gewicht der Schulden proportional höher,<br />
die Erholung erschwert. Dies ist der deutsche Weg, der den<br />
Menschen immer höhere Opfer abverlangt und der nur<br />
„funktioniert“, wenn über den Außenhandel Gewinne zu<br />
machen sind. Das ist ein Nullsummenspiel, in dem nur die<br />
Starken profitieren.<br />
• Wenn wir in der Hoffnung auf Beseitigung der Schulden<br />
das Wachstum mit Krediten befeuern, vergrößern wir nur<br />
die Schulden und treiben uns tiefer in den Teufelskreis.<br />
Dies ist der amerikanische Weg, der in die Hyperinflation<br />
führt.<br />
• Wenn wir die Produktion drosseln, sinken die Mittel zur<br />
Bezahlung der Schulden und Zinsen und damit auch die<br />
Werte der Finanzanlagen. Dieser Weg untergräbt die Basis<br />
unseres Geldwertes und hebt in letzter Konsequenz die<br />
rechtlichen Grundlagen unserer Gesellschaft auf. Ohne<br />
verlässlichen Wert beginnen alle Vertragsverhältnisse zu<br />
wanken, in denen Geld eine Rolle spielt. Dies ist die „Gefahr“<br />
des Negativwachstums.<br />
Es scheint, als würde der österreichische Nationalökonom<br />
Ludwig von Mises mit seinem Diktum Recht bekommen: „Es<br />
gibt kein Mittel, den finalen Zusammenbruch eines Booms<br />
zu verhindern, der auf der Kreditausweitung beruht. Die<br />
Alternative ist nur, ob die Krise früher durch eine freiwillige<br />
Aufgabe der Kreditexpansion eintritt oder später als finale<br />
und totale Katastrophe des betreffenden Währungssystems.“<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Den Boom, den er zwar nicht meinte, aber um den es hier<br />
geht, ist die industriell-kapitalistische Revolution, die den<br />
Planeten Erde seit ungefähr 1750 in eine gigantische Maschine<br />
umgebaut hat und die zwanghaft immer mehr natürliche<br />
und menschliche Ressourcen in gewinnträchtige Elemente<br />
verwandelt. Das ist die ultimative Blase, die wie jede ihrer<br />
kleinen Vorgängerinnen platzen muss.<br />
Bei den drei gewaltigen exponentiellen Wachstumsdynamiken<br />
Bevölkerung, Produktion/Verbrauch und Umweltzerstörung<br />
innert nützlicher Frist eine Trendwende zu erreichen, scheint<br />
unwahrscheinlich. Konferenzen, Steuern, Technologien, Gesetze,<br />
Appelle – so gut gemeint sie auch sind, sie werden die<br />
historischen Kräfte, die sich über die letzten Jahrhunderte<br />
aufgebaut haben, nicht in zehn oder zwanzig Jahren neutralisieren<br />
können, zumal der dahinter stehende Antrieb, unser<br />
Geldsystem, seinerseits mit exponentieller Wucht zuschlägt.<br />
Und: wenn wir es zähmen, wird es zusammenbrechen.<br />
Ungewollt, aber gezwungenermaßen sind wir damit bei einer<br />
apokalyptischen Perspektive angelangt. Sie müsste allerdings<br />
nicht nur bedrohlich sein. Je größer der Schaden, desto größer<br />
könnte auch die daraus erwachsende Klugheit sein. Nichts<br />
spricht dagegen, eine hyperexponentielle Lernfähigkeit zu<br />
postulieren.<br />
Wenn das Geldsystem auseinanderfällt, die zerbrechlichste der<br />
großen Wachstumsdynamiken, dann wird sich die Erkenntnis<br />
über die Wirkungen des Kreditgeldes und eines zinsfreien,<br />
nachhaltigen Geldes leichter verbreiten. Denn einen großen<br />
Vorteil hatte die technisch-industrielle Entwicklung der letzten<br />
250 Jahre. Sie hat das Know-how und die Infrastruktur zur<br />
Überwindung des Mangels geschaffen, der die Menschheit seit<br />
Beginn der Evolution begleitet hat. Bei gerechter Verteilung<br />
und intelligenter Umnutzung, und da gehört ein gerechtes<br />
Geld zwingend dazu, ist genug für alle da.<br />
Dürfen wir einen hyperexponentiellen Lernprozess erwarten?<br />
Ich glaube ja. Nicht nur wird uns der Schaden die Augen<br />
öffnen, auch die Quantenphysik könnte eine Entwicklung<br />
ermöglichen, für die es nur einen Begriff gibt: Quantensprung.<br />
Nach den Erkenntnissen der Quantenphysik existieren Phänomene,<br />
die es nach konventioneller Physik gar nicht geben<br />
darf, z.B. Gleichzeitigkeit oder die Beeinflussbarkeit der Materie<br />
durch Information. Diese durch Experimente untermauerten<br />
Erkenntnisse bestätigen alte religiöse Mythen, alles sei eins<br />
und Trennung letztlich eine Illusion. Für die Stichhaltigkeit<br />
dieses Glaubens gibt es erstaunliche Hinweise, z.B. von den<br />
amerikanischen GEOS-Satelliten (Geostationary Operational<br />
Environmental Satellites), die kontinuierlich wetterrelevante<br />
Daten, unter anderem auch den Zustand des Erdmagnetfeldes<br />
übermitteln. Just am 11. September 2001, eine Viertelstunde<br />
nach der ersten Attacke auf das World Trade Center, registrierten<br />
die Satelliten eine Veränderung des Erdmagnetfeldes<br />
von bisher unbekannter Stärke. Die weltweite emotionale<br />
Hochspannung beeinflusste ganz offensichtlich das Erdmagnetfeld.<br />
Und dieses, das weiß man aus anderen psychologischen<br />
Forschungen, hat einen Einfluss auf den mentalen<br />
Zustand der Menschen. Diese Zusammenhänge können auch<br />
im Positiven wirken. Je mehr Menschen aufwachen und die<br />
Verbindung erkennen, die alles vereint, desto eher werden<br />
wir in der Lage sein, das unvermeidliche Ende des materiellen<br />
Wachstums positiv zu nutzen. Im Geistigen können wir dann<br />
wieder weiter wachsen. Meinetwegen gerne auch unendlich.<br />
Bis es so weit ist, müssen wir auf individueller Ebene aus<br />
dem Wachstumszwang aussteigen, das Glück des einfachen<br />
Lebens kultivieren und uns mindestens teilweise gegen die<br />
Risiken eines suizidalen Wirtschaftssystems schützen, durch<br />
Ausbau der Selbstversorgung und Pflege nachbarschaftlicher<br />
Beziehungen. Auch hier können wir hemmungslos wachsen.<br />
Ohne Zwang, und mit umso mehr Freude.<br />
ÜBeR DeN autOR<br />
Christoph Pfluger befasst sich als Journalist und Verleger seit 24 Jahren mit<br />
Fragen des Geldsystems. Der Text ist die bearbeitete Fassung eines Artikels aus<br />
dem „Zeitpunkt“, einer Zweimonatszeitschrift „für intelligente Optimistinnen<br />
und konstruktive Skeptiker“.<br />
12 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
13
Agenda<br />
Plädoyer Für ein neues<br />
Soziale Gerechtigkeit, sinkender Umweltverbrauch, individuelle Lebensqualität und auch qualitativer wirtschaftlicher Erfolg:<br />
Diese Aspekte könnten zukünftig den wirklichen Wohlstand unserer Gesellschaft messen. Bislang gilt noch das Bruttoinlandsprodukt<br />
(BIP) pro Kopf und sein Wachstum als gängiger Wohlstandsmaßstab. Doch der Tunnelblick auf das BIP ignoriert, unter<br />
welchen sozialen und ökologischen Bedingungen das Wachstum entsteht. Und er ignoriert, dass Wachstum für Zufriedenheit<br />
nicht reicht. Was wirklich zum gesellschaftlichen Fortschritt beiträgt, wie wir nachhaltig wirtschaften und welchen Indikator wir<br />
dann brauchen, wird bereits diskutiert. Auch die neu eingesetzte Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages „Wachstum,<br />
Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der sozialen Marktwirtschaft“<br />
sucht Antworten.<br />
Von Daniela Kolbe, MdB<br />
In den letzten Jahren hat die Debatte um die Wachstumsgesellschaft<br />
an Tempo gewonnen. Sie ist nicht nur in der OECD,<br />
der UNO oder der EU-Kommission angekommen, sondern wird<br />
auch intensiv in Ländern wie Großbritannien oder Frankreich<br />
geführt. Seit Anfang <strong>2011</strong> beschäftigt sich auch in <strong>Deutschland</strong><br />
ein parlamentarisches Gremium damit. 17 Abgeordnete und<br />
17 von den jeweiligen Fraktionen benannte Sachverständige<br />
aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften bilden<br />
gemeinsam die Enquête-Kommission. Abseits des politischen<br />
Alltagsgeschäfts diskutieren sie fünf Themen: den Stellenwert<br />
von Wachstum, einen neuen Wohlstandsindikator, die<br />
Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung des Wachstums<br />
vom Ressourcenverbrauch, eine nachhaltig gestaltende<br />
Ordnungspolitik und schließlich den Bereich Arbeitswelt,<br />
Konsumverhalten und Lebensstile. Mindestens ein Mal im<br />
Monat tagt die Kommission in großer Runde, zusätzlich zu<br />
den Arbeitsgruppensitzungen. Am Ende der Wahlperiode wird<br />
dann 2013 ein umfangreicher Enquête-Bericht mit konkreten<br />
Empfehlungen stehen.<br />
Geringeres Wachstum fordert heraus<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Dass gerade jetzt Fragen nach dem Sinn der Wachstumsfixierung<br />
westlicher Gesellschaften in den Fokus rücken, ist kein Zufall.<br />
Schließlich ist nicht klar, ob und wie wir bei schrumpfender<br />
und alternder Bevölkerung überhaupt eine hohe wirtschaftliche<br />
Leistung halten können. Und es ist auch ungewiss, ob sich das<br />
Wachstum bei drückenden staatlichen Schulden oder einer<br />
kollabierenden Finanzwirtschaft nicht selbst abstellt. Diese Möglichkeiten<br />
führen in einer wachstumsorientierten Gesellschaft<br />
zu Problemen: für Beschäftigung, Sozialversicherungssysteme<br />
und Staatshaushalte. Entweder schafft man daher rechtzeitig<br />
vernünftige Bedingungen für weiteres nachhaltiges Wachstum<br />
oder stellt sich auf geringeres ein.<br />
Wachstum, aber kein gesellschaftlicher Fortschritt<br />
Zusätzlich gerät unser Wachstumsmodell durch seine Nebenwirkungen<br />
und blinden Flecken unter Druck. Jahrzehntelang<br />
schien zu gelten, dass wirtschaftlicher und gesellschaftlicher<br />
Fortschritt zusammengehören – doch das gilt nicht mehr<br />
voraussetzungslos. Trotz wirtschaftlichen Wachstums erhöhen<br />
sich Wohlstand und Lebensqualität in den westlichen Ländern<br />
in den letzten zwei Jahrzehnten nicht: Die soziale Ungleichheit<br />
wächst (auch global), das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft<br />
sinkt, die natürlichen Lebensgrundlagen werden überfordert<br />
und einige Menschen sind sogar weniger glücklich.<br />
Obwohl wir seit Mitte der neunziger Jahre ein BIP-Wachstum<br />
von mehr als 20 Prozent haben, gibt es in <strong>Deutschland</strong> heute<br />
weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, und deutlich<br />
mehr in prekärer und niedrig entlohnter Arbeit. Nur das obere<br />
Zehntel der Einkommen ist materiell wohlhabender geworden.<br />
In vielen Ländern Europas sind die Menschen konfrontiert mit<br />
unsicheren Jobs, Sozialabbau und steigenden Lebenskosten bei<br />
real sinkenden Löhnen. Sie eint das Gefühl, dass es in ihren<br />
wohlhabenden Gesellschaften ungerecht zugeht. Dabei empfinden<br />
viele diese Gerechtigkeitslücke seit der Finanzmarktkrise<br />
noch verstärkt. Denn Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft<br />
scheinen außer Kraft gesetzt. Risiko und Haftung gehören kaum<br />
noch zusammen. Gewinne werden privatisiert, Verluste über<br />
Steuern und Sparprogramme vergemeinschaftet. Das Vertrauen<br />
in die Märkte schwindet. Das Zutrauen, dass die Politik noch in<br />
der Lage ist im Sinne der Menschen zu gestalten, auch. Zugleich<br />
überfordert unserer heutiges Wachstumsmodell unsere natürlichen<br />
Lebensgrundlagen. Doch Energie- und Ressourcenverbrauch,<br />
Emissionen und Abfallmengen steigen weiter und gefährden<br />
die Ökosysteme und damit die Grundlagen unseres Lebens und<br />
Wirtschaftens. Daneben beklagen immer mehr Menschen, dass<br />
sich ihr Alltag beschleunigt, sozialer Zusammenhalt verloren<br />
geht und sie sich entfremdet fühlen. Mehr Wirtschaftsleistung<br />
führt nicht dazu, dass jeder einzelne automatisch zufriedener<br />
ist. Ab einem bestimmten materiellen Niveau sind insbesondere<br />
Gesundheit und intakte soziale Beziehungen bestimmend für<br />
das individuelle Wohlergehen.<br />
Wohlstand neu denken und messen<br />
Wenn man wirklich etwas substanziell über gesellschaftlichen<br />
Fortschritt sagen will, dann ist es nötig, diese Entwicklungen<br />
einzubeziehen. Einig ist sich die Enquête-Kommission, dass<br />
sowohl der soziale als auch ökologische Zustand einer Gesellschaft<br />
zum Wohlstand gehören. Doch das BIP als bisher<br />
gängiges Wohlstandsmaß, sagt dazu nichts, und es hat unstrittige<br />
Schwächen. Während ehrenamtliche und unentgeltliche<br />
Familienarbeit als Leistung herausfallen, wirken eigentlich<br />
negative Effekte wie die Reparaturkosten von Umweltschäden<br />
positiv. Die Enquête-Kommission will deshalb einen neuen<br />
Wohlstandsindikator oder ein Indikatorenbündel entwickeln<br />
und materielle Wohlstandsaspekte um immaterielle ergänzen.<br />
Doch wie umfangreich der Indikator sein soll, was und vor<br />
allem wodurch gemessen wird, ist noch offen. Ist soziale Gerechtigkeit<br />
beispielsweise an der Armuts- oder der Abgabenquote,<br />
der Einkommens- oder der Vermögensverteilung oder sogar<br />
dem Ganztagsbereuungsangebot und der Studierendenzahl<br />
abzulesen? Was sind gesundheits- und beziehungsfördernde<br />
Bedingungen? Wann können wir von ökologisch verträglichem<br />
Verhalten ausgehen und wie kommen wir dorthin –<br />
mit Wachstum nur in umweltschonenden Bereichen, einer<br />
Effizienzrevolution oder geänderten individuellen Konsummustern<br />
und politischen Strukturen? Klar wird, dass viele der<br />
Antworten darauf, mit welchen Messwerten wir Wohlstand<br />
zukünftig messen wollen, davon abhängen, welche Lösungen<br />
wir jeweils anpeilen und damit davon, was wir eigentlich<br />
unter gesellschaftlichem Fortschritt und nachhaltigem Wirtschaften<br />
verstehen.<br />
Bei Vielem werden sich die Mitglieder über die Parteigrenzen<br />
hinweg verständigen. Einiges wird am Ende dann jedoch auch<br />
eine Frage politischer Wertentscheidungen bleiben.<br />
ÜBeR DIe autORIN<br />
Daniela Kolbe (SPD) ist Mitglied des Deutschen Bundestags und Vorsitzende der<br />
Enquête-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“.<br />
14 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
15
Agenda<br />
der nationale<br />
Bis Mitte dieses Jahrhunderts sollte die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft in den entwickelten Ländern<br />
weitgehend abgeschlossen sein, wenn Zukunftsfähigkeit nach der Definition des Brundtland-Berichtes erhalten bleiben soll.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, kommt der periodischen Berichterstattung über die ökonomischen, ökologischen und sozialen<br />
Entwicklungen eine entscheidende Rolle zu. Denn nur mit deren Hilfe kann festgestellt werden, ob eine Gesellschaft auf dem<br />
Weg ist, das Gesamtziel und die vielen damit verbundenen Einzelziele zu erreichen. Erforderlichenfalls müssten politische<br />
Korrekturen, neue Maßnahmen und Instrumente eingesetzt werden, wenn die Gefahr besteht, die Ziele zu verfehlen – wenn sich<br />
also eine so genannte „Nachhaltigkeitslücke“ auftut.<br />
Von Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser und Roland Zieschank<br />
In weiten Bereichen der Politik, der Medien und der Öffentlichkeit<br />
ist es üblich – wie auch im Mainstream der Wirtschaftswissenschaften<br />
selbst – weiterhin die traditionellen<br />
makroökonomischen Kennziffern als Maßstab für Erfolg und<br />
Misserfolg in der Gesellschaft zu nehmen, in erster Linie das<br />
Bruttoinlandsprodukt (BIP), in zweiter Linie die Zahl der Arbeitslosen<br />
in der traditionellen Form der Erwerbswirtschaft,<br />
die Außenhandelsbilanz und die Inflationsrate.<br />
An dieser Stelle muss gesagt werden, dass in einer Diskussion<br />
zu Anfang der 1970er Jahre über die Verwertbarkeit des Bruttosozialprodukts<br />
(BSP) [ab 1999 Bruttonationaleinkommen (BNE)<br />
genannt, Anm. der Red.] – das damals noch anstelle des BIP<br />
als Leitindex verwendet wurde – von Seiten einiger Statistiker<br />
immer betont wurde, dass das BSP nie als Wohlfahrtsindex gedacht<br />
oder als solcher konzipiert worden war. Allerdings kamen<br />
einige der Autoren, die in dieser Zeit Wohlfahrtsmaße konstruiert<br />
und berechnet hatten, zu dem Schluss, dass diese durchaus<br />
mit dem BSP korrelierten, sodass das BSP sich dann doch als<br />
Wohlfahrtsmaß eignen würde. In den diesen Veröffentlichungen<br />
folgenden wissenschaftlichen Debatten blieb jene These aber<br />
nicht unwidersprochen, und einige der ursprünglichen Arbeiten<br />
können auch als empirisch widerlegt angesehen werden. Von<br />
dieser Diskussion völlig unberührt hat jedoch in den letzten<br />
Jahrzehnten eine zunehmende Engführung der politischen und<br />
öffentlichen Wahrnehmung von volkswirtschaftlichem Erfolg<br />
oder Misserfolg auf das BIP stattgefunden.<br />
Es ist durchaus problematisch, wenn dem BIP eine solche zentrale<br />
Rolle zugemessen wird. Die grundlegenden Kritikpunkte<br />
an BIP und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) sind<br />
auch mittlerweile fast schon Allgemeinwissen, und es muss<br />
auch hier konstatiert werden, dass seit mittlerweile 35 (!) Jahren<br />
als „state of the art“ der entsprechenden wissenschaftlichen<br />
Literatur meist folgende Punkte aufgeführt werden:<br />
• Das BSP berücksichtigt nicht, wie der materielle Reichtum<br />
in einem Land verteilt ist. Weder Einkommens- noch Vermögensverteilung<br />
eines Landes gehen in die Berechnung<br />
des BSP ein.<br />
• Die Höhe des jeweiligen BSP ist davon unabhängig, inwieweit<br />
bei der Wertschöpfung Kapital unwiederbringlich verbraucht<br />
wird oder nicht. Kapital wird überhaupt nur in einem sehr<br />
eingeschränkten Sinne betrachtet. Ressourcen, Grund und<br />
Boden sowie Humankapital werden in ihrer Bestandsveränderung<br />
nicht bewertet.<br />
• Der informelle Teil der Ökonomie geht in das BSP nicht ein:<br />
Selbsthilfetätigkeiten, Nachbarschaftshilfe, vor allem aber<br />
die Hausarbeit werden nicht berücksichtigt – es sei denn,<br />
sie wird von bezahlten Hausangestellten geleistet. Im Bereich<br />
der gesamten informellen Ökonomie werden im Regelfall<br />
nur jene Güter und Dienstleistungen bewertet, die über den<br />
Markt abgewickelt werden.<br />
• Die „Leistungen der Natur“ werden in der BSP-Rechnung als<br />
unentgeltliche Leistungen betrachtet. Weder die Rohstoffe,<br />
die der Natur entnommen werden, noch deren Leistungen<br />
als Aufnahmemedium für Schadstoffe, weder ihre Funktion<br />
als „Entwicklungsreservoir“ für künftige Generationen noch<br />
ihre Nutzung im privaten Konsumbereich werden im BSP<br />
berücksichtigt.<br />
• Auch die Kosten der Umweltzerstörung werden nicht angemessen<br />
erfasst, im Gegenteil: Die Schäden durch Umweltverschmutzung<br />
und durch andere negative externe Effekte<br />
wirtschaftlicher Aktivitäten schlagen, soweit sie „behoben“<br />
werden und dabei Kosten in monetarisierter Form anfallen, als<br />
positive Faktoren zu Buche. Sowohl die Restaurierung eines<br />
von Schadstoffen in der Luft angegriffenen Gebäudes als auch<br />
die Reparaturausgaben nach einem Verkehrsunfall – um<br />
zwei häufig angeführte Beispiele zu nennen – erhöhen in<br />
der Messung des BSP die volkswirtschaftliche Wertschöpfung.<br />
• Im BSP wird nicht zwischen wohlfahrtssteigernden und<br />
-mindernden oder zumindest fragwürdigen Gütern und<br />
Dienstleistungen unterschieden. Natürlich ist in vielen<br />
Fällen eine Einordnung problematisch; man denke nur<br />
an den Konsum von Tabak oder Alkohol. Aber auch alle<br />
Defensivausgaben – Ausgaben, die getätigt werden müssen,<br />
damit sich ein bestimmter, einmal erreichter Zustand nicht<br />
verschlechtert – erscheinen im BSP als Wohlfahrtssteigerung.<br />
• Immaterielle Wohlfahrtskomponenten – darauf wurde<br />
bereits hingewiesen – können im BSP prinzipiell nicht<br />
beachtet werden: Dazu gehören etwa der Wert von Freizeit,<br />
der ästhetische Wert einer unzerstörten Landschaft, das<br />
Ausmaß von Lärmbelästigungen und vieles andere mehr.<br />
Um das BIP als Zentralindex zu relativieren oder zumindest zu<br />
ergänzen, werden schon fast ebenso lange alternative Indices<br />
diskutiert. Am häufigsten wurde in den letzten beiden Jahrzehnten<br />
der Index for Sustainable Economic Welfare (ISEW),<br />
über den es auch für Polen eine Fallstudie gibt, oder der Genuine<br />
Progress Indicator (GPI) verwendet; für <strong>Deutschland</strong> ist<br />
nun auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Auswertung<br />
unterschiedlicher Ansätze der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI)<br />
entwickelt worden.<br />
Der Nationale Wohlfahrtsindex wurde im Rahmen eines vom<br />
Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium geförderten<br />
Projekts von Hans Diefenbacher und Roland Zieschank 2009 entwickelt<br />
und für die Jahre 1990 bis 2007 berechnet; hier liegt mit<br />
den Werten für 2008 und 2009 nun die erste Fortschreibung vor,<br />
durch die zum Teil aber auch zurückliegende Werte korrigiert<br />
werden mussten: Einige Daten wie die Einkommensverteilung,<br />
auf denen auch der NWI beruht, wurden durch die Statistik<br />
rückwirkend korrigiert.<br />
Der NWI stellt eine monetäre Kenngröße dar, dass heißt,<br />
alle einbezogenen Komponenten liegen bewertet in Euro als<br />
jährliche Größe vor. Insgesamt umfasst der NWI in seiner<br />
Grundvariante 19 Komponenten. Die Berechnung geht von<br />
der Basisgröße „Privater Verbrauch“ aus. Dieser Ausgangspunkt<br />
beruht auf der Annahme, dass der Private Verbrauch<br />
– der Konsum von Gütern und Dienstleistungen durch die<br />
Haushalte – einen positiven Nutzen stiftet und damit zur<br />
Wohlfahrt der Menschen beiträgt. Da ein zusätzliches Einkommen<br />
für einen armen Haushalt eine höhere zusätzliche >><br />
16 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
17
Agenda<br />
Wohlfahrt stiftet als für einen reichen Haushalt, wird der<br />
Private Verbrauch mit der Einkommensverteilung gewichtet.<br />
Je ungleicher verteilt das Einkommen einer Gesellschaft ist,<br />
desto niedriger ist – unter sonst gleichen Bedingungen –<br />
der NWI. Außerdem wird die nicht über den Markt bezahlte<br />
Wertschöpfung durch Hausarbeit und Ehrenamt einbezogen,<br />
was im BIP/BNE nicht geschieht.<br />
Sechs Komponenten bilden zusätzliche soziale Faktoren ab,<br />
wobei einerseits Wohlfahrt stiftende Ausgaben des Staates<br />
für Gesundheit und Bildung addiert, andererseits Kosten<br />
etwa von Kriminalität oder Verkehrsunfällen abgezogen<br />
werden. Ökologische Faktoren werden durch neun Komponenten<br />
berücksichtigt: Ausgaben zur Kompensation von<br />
Umweltschäden, Schadenkosten aufgrund unterschiedlicher<br />
Umweltbelastungen und Ersatzkosten für den Verbrauch<br />
nicht erneuerbarer Ressourcen. Eine zusätzlich ausgewiesene<br />
Variante des NWI, die aber noch nicht mit empirischen Daten<br />
unterlegt werden konnte, bezieht darüber hinaus als negative<br />
Position die Nettoneuverschuldung öffentlicher Haushalte<br />
ein und positiv die öffentlichen Ausgaben zum ökologischen<br />
Umbau der Wirtschaft.<br />
Die zentrale Erkenntnis des Vergleichs von BNE und NWI<br />
ergibt sich aus dem Verlauf der Kurven, an dem sich ablesen<br />
lässt, ob das BNE die Richtung von Wohlfahrtsänderungen<br />
korrekt anzeigt. Unterschiedliche Entwicklungen der beiden<br />
Indizes weisen darauf hin, dass dies möglicherweise nicht der<br />
Fall ist: Während das BNE über die gesamte Periode bis 2008<br />
BNe/NWI-aktuaLIsIeRuNG 2008/2009<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
70<br />
NWI (neu) BNE real<br />
recht stetig ansteigt, erreicht der modifizierte NWI um das Jahr<br />
2000 seinen Höhepunkt und nimmt in den letzten Jahren in<br />
der Tendenz wieder ab. Verantwortlich für das Sinken des NWI<br />
sind insbesondere die zunehmende Ungleichheit der Einkommensverteilung<br />
in <strong>Deutschland</strong> und die negativen externen<br />
Effekte im Umweltbereich, deren quantitativ größter Posten die<br />
Ersatzkosten für den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen<br />
darstellen. Positiv eingehende Faktoren, insbesondere der Wert<br />
der Hausarbeit und ehrenamtlicher Tätigkeiten, die ebenfalls<br />
zunehmen, können dies nicht ausgleichen.<br />
Im November <strong>2011</strong> konnten nun Ergebnisse des NWI für die<br />
Jahre 2008 und 2009 vorgelegt werden. Die Ergebnisse sind<br />
bemerkenswert (siehe Schaubild). Der NWI wird 2008 und<br />
2009 durch die Finanz- und Wirtschaftskrise erheblich weniger<br />
beeinflusst als BNE und BIP. Gerade von 2008 bis 2009 ist ein<br />
erheblicher Rückgang beim BNE zu verzeichnen, während<br />
der NWI in diesem Zeitraum dagegen sogar leicht zunimmt.<br />
Die Ergebnisse des NWI für <strong>Deutschland</strong> für 2008 und 2009<br />
zeigen zum einen, dass die Wirtschaftskrise in diesen Jahren<br />
den Konsumbereich weit weniger betroffen hat als den Bereich<br />
der Produktion. Die gegenläufige Entwicklung zum BNE lässt<br />
sich aber zu einem guten Teil auch darauf zurückführen, dass<br />
die im NWI berücksichtigten negativen externen Effekte der<br />
Produktion – der Verbrauch von Ressourcen und die Belastung<br />
der Umwelt mit Schadstoffen – durch den Rückgang<br />
der Wirtschaftsaktivitäten ebenfalls deutlich zurückgegangen<br />
sind: bei den Luftschadstoffen beispielsweise auf das Niveau<br />
der 1970er Jahre.<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt (BNE), eigene Berechnung (NWI)<br />
Dass eine Steigerung der Wohlfahrt – wie der NWI sie definiert<br />
– ohne ein Wachstum des BIP/BNE möglich sein kann,<br />
zeigte bereits der Verlauf des NWI bis 2007. Doch vor allem<br />
die Entwicklungen der vergangenen beiden Jahre bestätigen<br />
dies eindringlich: Der NWI kann sogar in Jahren steigen, in<br />
denen das BNE sinkt. Natürlich ist es in jedem Fall notwendig,<br />
den Einfluss der einzelnen Komponenten des NWI genau<br />
zu analysieren und zu erläutern, welche vor allem für diese<br />
Entwicklungen maßgeblich sind. Insgesamt bestätigt sich<br />
die anfängliche Arbeitshypothese, dass die Berechnung eines<br />
komplexen monetären Wohlfahrtsmaßes unter Nutzung von<br />
Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR)<br />
einen tatsächlichen Mehrwert bietet, den eine Rechnung wie<br />
das BIP nicht leisten kann und soll.<br />
Die Entwicklung der Jahre 2008 und 2009 macht deshalb<br />
besonders deutlich, dass eine Gegenüberstellung von BIP und<br />
NWI eine wichtige Funktion erfüllen kann, derentwegen der<br />
NWI entwickelt wurde: Die Zahlen zeigen, dass ein anderes<br />
Verständnis von Wohlfahrt möglich ist, und dass der NWI als<br />
Beobachtungs- und Analyseinstrument für eine Politik dienen<br />
kann, die sich am Leitbild der ökologischen Tragfähigkeit und<br />
der sozialen Gerechtigkeit orientiert.<br />
Es ist beabsichtigt, den NWI in den nächsten Jahren weiter<br />
fortzuschreiben und auch die Berechnung der Komponenten<br />
durch neue Daten und erweiterte Rechenverfahren zu verbessern.<br />
Die Werte des NWI für 2010 können voraussichtlich im<br />
Frühjahr 2012 vorgelegt werden. Dann soll auch eine aktualisierte<br />
Berechnungsmethode im Detail veröffentlicht werden.<br />
Der NWI zeigt, dass eine andere Betrachtung der gesellschaftlichen<br />
Entwicklung möglich ist, und er entspricht damit dem<br />
Anliegen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Er unterstützt<br />
die Diskussion um Wachstum und Wohlfahrt durch empirische<br />
Ergebnisse, über welchen materiellen Wohlstand wir in<br />
<strong>Deutschland</strong> wirklich verfügen und welche Art von Wohlfahrt<br />
und gesellschaftlichem Fortschritt angestrebt werden könnte.<br />
Denn immer deutlicher wird, dass nicht alle vom BIP erfassten<br />
Aktivitäten zur Steigerung von Umsatz im Ergebnis auch zu<br />
einer Sicherung und Erweiterung des wirtschaftlichen, sozialen<br />
und ökologischen Kapitals beitragen.<br />
ÜBeR DIe autOReN<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Dipl.Volksw. Benjamin Held und Dorothee<br />
Rodenhäuser M.A. arbeiten alle an der Forschungsstätte der Evangelischen<br />
Studiengemeinschaft – Institut für interdisziplinäre Forschung (FEST), Heidelberg.<br />
Roland Zieschank arbeitet am Forschungszentrum für Umweltpolitik<br />
(FFU), Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, Freie Universität Berlin.<br />
ÜBRIGeNs ...<br />
Die Kritik am Wachstumskonzept ist eng verbunden<br />
mit der Sehnsucht nach Glück. Einige Staaten<br />
haben diesem Streben sogar einen Verfassungsrang<br />
eingeräumt: So ist im Himalaja-Staat Buthan nicht<br />
Wirtschaftswachstum der wichtigste Auftrag<br />
der Regierung, sondern die Steigerung des<br />
„Bruttonationalglücks“ („Gross National Happiness“).<br />
Nicht ganz so bekannt ist, dass auch die USA in der<br />
Unabhängigkeitserklärung das Streben nach Glück<br />
(Pursuit of Happiness) als Staatsauftrag proklamiert<br />
haben. Doch was ist eigentlich Glück? Diese Frage<br />
beschäftigt weise Autoren seit Menschengedenken.<br />
Etymologisch stammt das Wort aus dem<br />
mittelhochdeutschen „gelücke“ und bedeutet soviel<br />
wie „Art, wie etwas endet/gut ausgeht“. Dafür<br />
bedarf es weder Talent noch Engagement. Es<br />
beschreibt sicher manchen „Glückspilz“, ist aber als<br />
Definition selbst zu kurz gegriffen. Weiser erscheint<br />
da die Meinung des großen antiken Philosophen<br />
Aristoteles: Um das Glück zu erlangen, so heißt es<br />
bei ihm, muss ein Individuum nicht nur Vernunft<br />
besitzen, sondern diese auch gebrauchen.<br />
18 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
19
Agenda<br />
des denkwerks Zukunft<br />
Nach wie vor wird der Wohlstand von Gesellschaften vor allem durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen. Dahinter steht<br />
die Vorstellung, dass, wenn die Wirtschaft wächst, sich die Lebensbedingungen der Menschen insgesamt verbessern.<br />
Lange Zeit war diese Sichtweise durchaus plausibel. Insbesondere in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
stiegen mit dem BIP nicht nur Einkommen und Konsummöglichkeiten breiter Bevölkerungsschichten, sondern die Menschen<br />
profitierten auch von sichereren Arbeitsplätzen, mehr Freizeit, höherer Bildung, größeren politischen und individuellen<br />
Freiheiten, besserer Gesundheit und anderem mehr.<br />
Von Stefanie Wahl und Martin Schulte<br />
Seit geraumer Zeit haben sich allerdings viele dieser Zusammenhänge<br />
gelockert und teilweise sogar in ihr Gegenteil verkehrt.<br />
Obwohl das BIP in den meisten westlichen Industrieländern<br />
weiter wächst, verschlechtern sich die Lebensbedingungen<br />
großer Teile der Bevölkerung. Die Realeinkommen sinken, die<br />
Armutsquoten steigen, die Arbeitsbelastung nimmt zu, Familienstrukturen<br />
zerbrechen, Zivilisationskrankheiten breiten sich<br />
aus und Natur und Umwelt werden zunehmend geschädigt. In<br />
einigen Ländern wie den USA deutet sich sogar ein Rückgang<br />
der Lebenserwartung an.<br />
Um den Wohlstand realitätsnäher zu messen, schlägt das<br />
Denkwerk Zukunft deshalb vor, dem BIP vier weitere Indikatoren<br />
zur Seite zu stellen. Gemeinsam ergeben sie das<br />
Wohlstandsquintett:<br />
1 | Das Pro Kopf-BIP ist im Wohlstandsquintett der Indikator für<br />
die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes und die<br />
Versorgung seiner Bevölkerung mit Gütern und Diensten.<br />
2 | Um zu erkennen, ob von diesem materiellen Wohlstand<br />
große oder nur kleine Bevölkerungsschichten profitieren,<br />
wird die so genannte 80/20-Relation herangezogen. Sie misst<br />
das Verhältnis der verfügbaren Einkommen des wirtschaftlich<br />
stärksten zum wirtschaftlich schwächsten Fünftel der<br />
Bevölkerung.<br />
3 | Die gesellschaftliche Ausgrenzungsquote ist im Wohlstandsquintett<br />
der Gradmesser für den sozialen Zusammenhalt.<br />
Sie gibt den Bevölkerungsanteil wieder, der sich aus der<br />
Gesellschaft ausgeschlossen und von ihr an den Rand gedrängt<br />
fühlt.<br />
4 | Als Korrektiv zum BIP wird der Substanzverzehr, der mit<br />
der Produktion und dem Konsum von Gütern und Diensten<br />
einhergeht, in die Wohlstandsbetrachtung einbezogen. Hierfür<br />
wird – jeweils pro Kopf – der ökologische Fußabdruck<br />
ins Verhältnis zur global verfügbaren Biokapazität gesetzt.<br />
Die Relation zeigt an, wie stark der Verbrauch natürlicher<br />
Ressourcen die ökologische Tragfähigkeit der Erde überschreitet.<br />
5 | Die Schuldenquote der öffentlichen Hand als Verhältnis der<br />
öffentlichen Schulden zum BIP zeigt schließlich an, ob und<br />
wie stark der materielle Wohlstand auf Kosten der Zukunft<br />
erwirtschaftet wird.<br />
Ziel des Wohlstandsquintetts ist, das Wohlstandsverständnis<br />
zu erweitern und den Blick auf Bereiche zu lenken, die für<br />
das Wohlbefinden der Menschen besonders wichtig sind. Das<br />
Wohlstandsquintett zielt nicht darauf ab, den Wohlstand der<br />
Gesellschaft in seiner ganzen Breite und Vielfalt detailgetreu<br />
wiederzugeben. Hierfür müssten wesentlich mehr als nur<br />
fünf Indikatoren betrachtet werden. Von einer größeren Zahl<br />
an Indikatoren – wie bei den meisten Indikatorensets üblich<br />
– wurde jedoch abgesehen, weil dies die Übersichtlichkeit<br />
und Handhabbarkeit für Politik und Öffentlichkeit erheblich<br />
einschränkt.<br />
Ebenso wurde darauf verzichtet, die Indikatoren des Wohlstandsquintetts<br />
zu einem einheitlichen Index zusammenzufassen. Zum<br />
einen gibt es hierfür kein allgemein anerkanntes Verfahren.<br />
Insbesondere bei der Normierung und der Gewichtung von<br />
Indikatoren gehen wichtige Informationen verloren. Zum anderen<br />
können die Menschen durch die getrennte Darstellung<br />
der Indikatoren ein Bewusstsein für Bedeutung und Verlauf<br />
nicht materieller Wohlstandsindikatoren entwickeln. Die Verwendung<br />
eines einzigen Wohlstandsindex würde das Erreichen<br />
dieses Ziels erschweren.<br />
Wird der Wohlstand in <strong>Deutschland</strong> und anderen EU-Ländern<br />
mit dem Wohlstandsquintett gemessen, verschlechtert sich<br />
deren Wohlstandsbilanz im Vergleich zum BIP beträchtlich.<br />
So finden sich das Vereinigte Königreich und Frankreich, die<br />
aufgrund des hohen Pro-Kopf-BIPs in der öffentlichen Wahrnehmung<br />
in der Rangfolge wohlhabender Länder weit oben<br />
liegen, im Mittelfeld der EU-Länder wieder, wenn die übrigen<br />
Indikatoren in die Bewertung einbezogen werden. Umgekehrt<br />
werden Länder aufgewertet, die wie Slowenien oder die Slowakei<br />
zwar über bescheidenen materiellen Wohlstand verfügen, dafür<br />
aber geringe Einkommensungleichheiten, gesellschaftliche<br />
Ausgrenzungs- und Schuldenquoten aufweisen.<br />
<strong>Deutschland</strong> ist im europäischen Vergleich insgesamt wohlhabend.<br />
Der materielle Wohlstand ist hier überdurchschnittlich.<br />
Zudem fühlen sich deutlich weniger Menschen gesellschaftlich<br />
ausgegrenzt als im Durchschnitt der EU. Auch die Einkommensungleichheit<br />
liegt – wenn auch knapp – unter dem<br />
europäischen Mittel. Sie ist jedoch in den zurückliegenden<br />
Jahren deutlich stärker gestiegen als in den anderen EU-Ländern.<br />
Hält dieser Trend an, könnte dies den sozialen Frieden in<br />
<strong>Deutschland</strong> früher oder später gefährden. Überdurchschnittlich<br />
ist allerdings die Schuldenquote der öffentlichen Hand.<br />
Zusammen mit anderen flächen- und bevölkerungsreichen<br />
Ländern wie dem Vereinigten Königreich und Frankreich hat<br />
<strong>Deutschland</strong> ein Schuldenniveau erreicht, das den politischen<br />
Handlungsspielraum erheblich einschränkt und die wirtschaftliche<br />
Entwicklung zunehmend beeinträchtigt.<br />
Wie im übrigen Europa wird auch in <strong>Deutschland</strong> der materielle<br />
Wohlstand durch eine massive Ausbeutung natürlicher Lebensgrundlagen<br />
erwirtschaftet. Würden alle Menschen so leben wie<br />
die Deutschen, würden sie knapp dreimal so viele natürliche<br />
Ressourcen verbrauchen, wie die Erde zur Verfügung stellt.<br />
Oder anders gewendet: Deutsche und Europäer haben heute<br />
einen hohen materiellen Wohlstand, weil sie die Grundlagen<br />
ihres künftigen Wohlstands zerstören. Die Indikatoren des<br />
Wohlstandsquintetts dienen somit auch als Frühwarnsystem.<br />
ÜBeR DIe autOReN<br />
Stefanie Wahl ist Geschäftsführerin des Bonner Denkwerks Zukunft – Stiftung<br />
kulturelle Erneuerung. Martin Wahl ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.<br />
20 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
21
Agenda<br />
alternative methoden der<br />
Der anhaltende Klimawandel, die Auswirkungen der Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise und auch die aktuellen Bestrebungen in <strong>Deutschland</strong>,<br />
eine Wende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung zu<br />
vollziehen, verdeutlichen, dass gesellschaftliches Wohlergehen<br />
nicht allein auf wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gründet,<br />
sondern von weiteren Faktoren maßgeblich bestimmt wird.<br />
Verteilungsfragen, das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung<br />
und ökologische sowie soziale Nebeneffekte wirtschaftlichen<br />
Wachstums rücken zunehmend in das Blickfeld der Öffentlichkeit.<br />
Dennoch bilden zentrale politische und wirtschaftliche Steuergrößen<br />
wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch immer primär<br />
die ökonomische Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ab<br />
und beleuchten somit nur einen Ausschnitt gesellschaftlicher<br />
Wohlfahrt.<br />
einordnung und BeWertung<br />
sYsteMatIsIeRuNG uNteRsCHIeDLICHeR aNsätZe DeR WOHLFaHRtsMessuNG (GRaFIk 1)<br />
Aggregation zu einem einzelnen<br />
Indikator („wohlfahrtsindizes“)<br />
In Geldeinheiten bewertete<br />
Indizes („BIP-revisionen“)<br />
• Measure of Economic Welfare<br />
• Index of Sustainable Economic Welfare<br />
• Genuine Progress Indicator<br />
• Nationaler Wohlfahrtsindex<br />
Alternative wohlfahrtsmaße<br />
dimensionslose Indizes<br />
(„Composite Indices“)<br />
Verzicht auf Aggregation<br />
(„Indikatorenbündel“)<br />
• Eurostat Social Indicators<br />
• Wohlfahrtsquartett des Denkwerks Zukunft<br />
• Indikatorenbündel des Sachverständigenrats<br />
• Indikatorenbericht zur Nachhaltigkeitsstrategie<br />
der Bundesregierung<br />
„Objektive Indizes“ Gemischte Indizes subjektive Indizes<br />
• Human Development Index<br />
• Index of social Progress<br />
• Bergheim-Fortschrittsindex<br />
• KfW-Nachhaltigkeitsindikator<br />
• Happy Years Index<br />
• Index of Living Conditions<br />
• Gross National Happiness<br />
• Australian Wellbeing Index<br />
• Happiness Equation<br />
Quelle: Lerbs, van Suntum (<strong>2011</strong>)<br />
Von Dr. Jan Schumacher<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Zurzeit bemühen sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft,<br />
durch die Bereitstellung zusätzlicher Messgrößen ein vollständigeres<br />
Bild vom Zustand der Gesellschaft zu erhalten. Jüngst<br />
hat sich auch der Deutsche Bundestag mit der Einsetzung einer<br />
Enquête-Kommission in die Debatte eingeschaltet. Ihr Auftrag<br />
umfasst u. a. die Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands-<br />
und Forschrittsindikators.<br />
Systematisierung unterschiedlicher Ansätze in der<br />
Praxis<br />
Um ein Bild von der Wohlfahrt einer Gesellschaft zu erhalten,<br />
identifiziert und misst man die sie bestimmenden relevanten<br />
Einflussfaktoren. Grafik 1 systematisiert die aktuell diskutierten<br />
Ansätze zur praktischen Wohlfahrtsmessung. Man unterscheidet<br />
zwischen aggregierten Wohlfahrtsmaßen und Indikatorenbündeln.<br />
Aggregierte Wohlfahrtsmaße können in Geldeinheiten<br />
ausgedrückt oder als dimensionslose Indizes berechnet werden.<br />
Dimensionslose Indizes beruhen auf verschiedenen statistischen<br />
Kennzahlen, es stellt sich das Problem ihrer relativen Gewichtung<br />
zueinander. Die dimensionslosen Indizes lassen sich wiederum<br />
in „objektive“, subjektive oder gemischte Indizes unterteilen.<br />
Im Gegensatz zu aggregierten Wohlfahrtsmaßen verzichten<br />
Indikatorenbündel auf die Zusammenführung mehrerer Wohlfahrtskomponenten<br />
zu einem einzelnen Index. Ihr Nachteil<br />
besteht vor allem in der schlechteren Kommunizierbarkeit<br />
gegenüber Politik und Öffentlichkeit, da „eindeutige“ Richtungsaussagen<br />
fehlen. Dafür werden aber methodisch nicht<br />
vollkommen befriedigend lösbare Bewertungs- und Gewichtungsprobleme<br />
vermieden.<br />
Anspruchsvolle Konstruktion von Wohlfahrtsmaßen<br />
Nach Ansicht der sozialwissenschaftlichen Indikatorenforschung<br />
sollte ein Wohlfahrtsmaß in sich widerspruchsfrei und theoretisch<br />
fundiert sein (theoretische Konsistenz). Es sollte ferner<br />
die relevanten Wohlfahrtsdimensionen unter Vermeidung<br />
von Doppelzählungen möglichst vollständig abdecken. Eine<br />
hohe Objektivität kann einem Wohlfahrtsmaß zugesprochen<br />
werden, wenn bei der Konstruktion in möglichst geringem<br />
Umfang normative Werturteile einfließen. Die Ergebnisse<br />
eines Wohlfahrtsmaßes sollten sinnvoll interpretierbar sein,<br />
das heißt, es sollte eine in der Richtung eindeutige und nachvollziehbare<br />
Aussage über die Erhöhung bzw. Verminderung<br />
der Wohlfahrt ermöglichen. Weitere wichtige Aspekte zur<br />
Beurteilung der Güte eines Wohlfahrtsmaßes sind die Qualität<br />
und zeitnahe Verfügbarkeit geeigneter Daten. Da es sich bei<br />
der gesellschaftlichen Wohlfahrt letztlich um eine politische<br />
Zielgröße handelt, gehören zusätzlich zu wissenschaftlichen<br />
Gütekriterien auch Kommunizierbarkeit, Anpassbarkeit und<br />
(wirtschafts-)politische Anwendungsbreite zu den wichtigen<br />
Beurteilungskriterien alternativer Wohlfahrtsmaße.<br />
Die Grafiken 2 und 3 bewerten in diesem Sinn internationale<br />
und nationale Ansätze zur Wohlfahrtsmessung. Ein Vergleich<br />
dieser Ansätze zeigt, dass sie nicht nur unterschiedliche Herangehensweisen<br />
wählen, sondern sich auch in ihrer Aussagekraft<br />
bzw. Verwendbarkeit stark voneinander unterscheiden.<br />
Breites Spektrum an Ansätzen zur Wohlfahrtsmessung<br />
Seit Beginn der 1990er-Jahre haben sowohl Regierungen in verschiedenen<br />
Ländern als auch supranationale Institutionen und<br />
Organisationen begonnen, neue Wohlfahrtsmaße zu entwickeln.<br />
Viel beachtete internationale Vorschläge für neue Messverfahren<br />
sind die „OECD Headline Social Indicators“, die Eurostat-<br />
Indikatoren für nachhaltige Entwicklung, das vom deutschen<br />
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung und dem französischen Conseil d’Analyse<br />
Economique entwickelte Indikatorenbündel sowie der Inequality-<br />
Adjusted Human Development Index, eine Weiterentwicklung<br />
des Human Development Index’ der Vereinten Nationen. >><br />
22 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
23
Agenda<br />
Diese Messansätze weisen, wie in Grafik 2 veranschaulicht,<br />
erwartungsgemäß spezifische Vor- und Nachteile auf. Beispielsweise<br />
zeigt sich im Vergleich von Inequality Adjusted Human<br />
Development Index und Indikatorenbündel der Sachverständigenräte<br />
der Zielkonflikt zwischen einer möglichst vollständigen<br />
Abbildung aller Wohlfahrtsdimensionen und einer leichten<br />
Kommunizierbarkeit.<br />
Wesentliche deutsche Initiativen zur Entwicklung alternativer<br />
Wohlstandsmaße sind der „Indikatorenbericht zur nachhaltigen<br />
Entwicklung in <strong>Deutschland</strong>“ des Statistischen Bundesamtes,<br />
der im Auftrag des Umweltbundesamtes entwickelte „Nationale<br />
Wohlfahrtsindex (NWI)“, der „Fortschrittsindex“ des Zentrums<br />
für gesellschaftlichen Fortschritt (Frankfurt), das „Wohlstandsquartett“<br />
des Denkwerks Zukunft (Bonn) [Anm. der Red.: heute<br />
„Wohlstandsquintett“], das vom CAWM entwickelte „Glücks-BIP“<br />
und der „KfW-Nachhaltigkeitsindikator.“ Die verschiedenen<br />
Ansätze werden in Grafik 3 gegenübergestellt. Für den KfW-<br />
Nachhaltigkeitsindikator ergibt sich beispielsweise aus diesem<br />
Vergleich die Überlegung, auch den Wohlfahrtsaspekt der<br />
Verteilungsgerechtigkeit zusätzlich aufzugreifen.<br />
ReLatIVe stäRkeN uND sCHWäCHeN DeR GeNaNNteN MessaNsätZe aus INteRNatIONaLeN INItIatIVeN<br />
(GRaFIk 2)<br />
grunddaten<br />
• Typ<br />
• Dimension<br />
• Einzelkomponenten<br />
Theroretische Konsistenz<br />
Vollständigkeit<br />
• Materielle private Güter<br />
• Immaterielle private Güter<br />
• Materielle öffentliche Güter<br />
• Immaterielle öffentliche<br />
güter<br />
• Gerechtigkeit (Verteilung)<br />
• Nachhaltigkeit<br />
Objektivität<br />
Interpretierbarkeit<br />
Qualität und Verfügbarkeit<br />
der verwendeten Daten<br />
Kommunizierbarkeit<br />
Anpassbarkeit<br />
Anwendungsbreite<br />
OeCd Headline<br />
social Indicators<br />
Bündel<br />
–<br />
9<br />
Indikatoren für nachhaltige<br />
entwicklung<br />
von eurostat<br />
Bündel<br />
–<br />
12<br />
Indikatorenbündel<br />
der sachverständigenräte<br />
Bündel<br />
–<br />
25<br />
Inequality-adjusted<br />
Human development<br />
Index<br />
index<br />
dimensionslos<br />
4<br />
Quelle: Lerbs, van Suntum (<strong>2011</strong>)<br />
ReLatIVe stäRkeN uND sCHWäCHeN DeR GeNaNNteN MessaNsätZe DeutsCHeR INstItutIONeN (GRaFIk 3)<br />
grunddaten<br />
• Typ<br />
• Dimension<br />
• Einzelkomponenten<br />
Theroretische Konsistenz<br />
Vollständigkeit<br />
• Materielle private Güter<br />
• Immaterielle private Güter<br />
• Materielle öffentliche Güter<br />
• Immaterielle öffentliche<br />
güter<br />
• Gerechtigkeit (Verteilung)<br />
• Nachhaltigkeit<br />
Fazit und Ausblick<br />
Die große Anzahl von Initiativen, die sich mit der Frage einer<br />
umfassenden Wohlfahrtsmessung befassen, ist der sich vielerorts<br />
durchsetzenden Erkenntnis geschuldet, dass wirtschaftliches<br />
Wachstum allein nur begrenzt Rückschlüsse auf das Wohlergehen<br />
einer Volkswirtschaft erlaubt. Zwar kommt traditionellen<br />
ökonomischen Steuer- und Zielgrößen (wie z. B. dem BIP) nach<br />
wie vor eine zentrale Bedeutung zu, gleichzeitig steigt jedoch<br />
das Interesse an einer stärkeren Berücksichtigung zusätzlicher<br />
Aspekte gesellschaftlicher Wohlfahrt.<br />
Obwohl einer objektiven, repräsentativen und verlässlichen<br />
Wohlfahrtsmessung zum Teil erhebliche methodische Hürden<br />
entgegenstehen, existieren bereits heute auf nationaler und<br />
internationaler Ebene zahlreiche viel versprechende Vorschläge.<br />
Spannend ist vor allem auch die Frage, inwiefern sich alternative<br />
Wohlfahrtsmaße tatsächlich in Politik und Wirtschaft als<br />
Entscheidungsgrundlagen werden durchsetzen können. Bereits<br />
heute ist weitgehend Konsens, dass sie eine wichtige Ergänzung<br />
traditioneller ökonomischer Messgrößen darstellen, sie aber<br />
dennoch nicht vollständig ersetzen können.<br />
In jedem Fall haben die teils dramatischen Folgen der Wirtschafts-<br />
und Finanzkrise nochmals verdeutlicht: Für eine Gesellschaft<br />
mindestens ebenso wichtig wie die Messung ihrer ökonomischen<br />
Leistungsfähigkeit und die Quantifizierung ihres Wirtschaftswachstums<br />
ist das Wissen um die Quellen der Wohlfahrt, die<br />
Verteilung des Erwirtschafteten und die Auswirkungen heutiger<br />
Aktivitäten auf zukünftige Generationen.<br />
24 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
25<br />
Objektivität<br />
Interpretierbarkeit<br />
Qualität und Verfügbarkeit<br />
der verwendeten Daten<br />
Kommunizierbarkeit<br />
Anpassbarkeit<br />
Anwendungsbreite<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
nationaler<br />
wohlfahrts-<br />
index<br />
index<br />
Geldeinheiten<br />
21<br />
fortschritts-<br />
index<br />
index<br />
dimensionslos<br />
4<br />
wohlstands-<br />
quartett<br />
Bündel<br />
–<br />
4<br />
QueLLe<br />
Glücks-BIP<br />
index<br />
dimensionslos<br />
11<br />
Indikatorenbericht<br />
zur nachhaltigkeitstrategie<br />
Bündel<br />
–<br />
29<br />
kfw-nach-<br />
haltigkeits-<br />
indikator<br />
index<br />
dimensionslos<br />
37<br />
Quelle: Lerbs, van Suntum (<strong>2011</strong>)<br />
Der Artikel von Dr. Jan Schumacher ist eine gekürzte Version eines Beitrags in<br />
Akzente Nr. 42 vom Mai <strong>2011</strong>, Hrsg. KfW-Research. Einen ausführlichen Überblick<br />
über Chancen und Herausforderungen einer umfassenderen Wohlfahrtsmessung<br />
und über wesentliche aktuelle Initiativen liefert eine im Auftrag der KfW Bankengruppe<br />
durch das Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung Münster<br />
(CAWM) erstellte Studie.
Agenda<br />
Alternative Wohlfahrtsmessung<br />
DIe ZeHN WICHtIGeN NatIONaLeN<br />
uND INteRNatIONaLeN aNsätZe<br />
1 OECD Headline Social<br />
Indicators<br />
Der OECD-Ansatz geht zurück<br />
auf die „Istanbul-Deklaration“ von<br />
2007, in der sich die Organisation<br />
zur Messung und Förderung<br />
der Wohlfahrt verpflichtete. In<br />
2009 wurden dazu erstmals<br />
acht Leitindikatoren (Headline<br />
Social Indicators) veröffentlicht.<br />
Der gemeinsame Charakter der<br />
Indikatoren ist ihre internationale<br />
Vergleichbarkeit und die<br />
Verfügbarkeit von dazu passenden<br />
Daten. Die Datenlage offenbart<br />
allerdings auch die Schwäche<br />
des Ansatzes: Durchaus wichtige<br />
Aspekte, zu denen es eben keine<br />
flächendeckenden Kennzahlen<br />
gibt, werden ausgeblendet.<br />
Überraschend ist zudem, dass<br />
das Thema Nachhaltigkeit wenig<br />
beachtet wird.<br />
2 EU Beyond-GDP-Initiative<br />
Seit 2009 beschäftigt sich<br />
auch die EU-Kommission mit<br />
der Beurteilung von Wohlfahrt.<br />
Auslöser war eine Konferenz<br />
„Beyond GDP (Gross Domestic<br />
Product oder Bruttoinlandprodukt)“<br />
in 2007, die das EU-Parlament<br />
gemeinsam mit dem WWF,<br />
Club of Rome und der OECD<br />
veranstaltete. Die Initiative hat<br />
aus über 100 Einzelindikatoren elf<br />
sogenannte Leitindikatoren für ein<br />
entsprechendes Indikatorenbündel<br />
ausgewählt. Damit soll künftig<br />
der Zielerreichungsgrad der<br />
EU-Strategie für nachhaltige<br />
Entwicklung (Lissabon Strategie)<br />
gemessen werden. Statt<br />
absoluter Werte werden also eher<br />
Fortschritte beschrieben.<br />
3 Stiglitz-Sen-Fitoussi-<br />
Kommission<br />
Die Kommission wurde 2008 vom<br />
französischen Präsidenten Nicolas<br />
Sarkozy einberufen. Ihr Auftrag<br />
besteht darin, neue Wege der<br />
Wohlstandsmessung jenseits des<br />
BIP als Leitindikator auszuloten.<br />
Bekannteste Persönlichkeit<br />
des Gremiums ist der US-<br />
Wirtschaftswissenschaftler Joseph<br />
Stiglitz. Der Nobelpreisträger gilt<br />
als scharfer Kritiker neoliberaler<br />
<strong>Global</strong>isierung und vor allem der<br />
Bankenlandschaft. Die Kommission<br />
brachte einen wichtigen Aspekt<br />
in die Diskussion: Bei der<br />
Wohlfahrtsmessung dürfen nicht<br />
nur die Aktivitäten zählen, die<br />
auf Märkten stattfinden, sondern<br />
genauso auch Tätigkeiten im<br />
Haushalt oder Ehrenamt.<br />
4 UN Human Development Index<br />
(Inequity-adjusted)<br />
Der Human Development Index<br />
(HDI) der Vereinten Nationen wird<br />
seit 1990 publiziert und ist weltweit<br />
bekannt und akzeptiert. In einer<br />
modifizierten Fassung werden<br />
jetzt auch verstärkt Aspekte der<br />
Ungleichheit gemessen. In die<br />
Berechnungen fließen Pro-Kopf-<br />
Einkommen, Lebenserwartung,<br />
Ausbildungsdauer und Verteilung<br />
dieser Aspekte ein. Dass<br />
Verteilungsgerechtigkeit nicht nur<br />
auf Einkommen, sondern auch<br />
auf Bildungschancen angewandt<br />
wird, ist beachtenswert. Einige<br />
Experten kritisieren allerdings,<br />
dass es sinnvoller sei, das<br />
Netto-Einkommen statt des<br />
Brutto-Einkommens auszuweisen.<br />
Dennoch: Der UN Index wird sicher<br />
auch in Zukunft die Debatte prägen<br />
und beflügeln.<br />
5 Nationaler Wohlfahrtsindex<br />
Der Index entstand im Auftrag des<br />
Umweltbundesamtes und setzt auf<br />
eine Ergänzung der BIP-Messwerte.<br />
So werden auch solche Güter<br />
und Aktivitäten erfasst, die auf<br />
dem herkömmlichen Markt nicht<br />
gehandelt bzw. falsch bewertet<br />
werden. Das gilt vor allem für<br />
informelle Tätigkeiten wie etwa<br />
Hausarbeit sowie für zahlreiche<br />
Umweltfolgeschäden, z.B. durch<br />
Lärm, Bodenbelastung oder Verlust<br />
von Ackerflächen. Die Auswahl<br />
ist dabei stark auf ökologische<br />
Werte ausgerichtet. Die Annahme,<br />
dass bestimmte Themenfelder<br />
traditionell unterbewertet sind,<br />
zeigt allerdings auch schon<br />
den normativen Unterton des<br />
Indexes. So nützt er vor allem<br />
als argumentative Hilfe für einen<br />
Politikwechsel.<br />
(-> Beitrag Diefenbacher ab S. 16)<br />
6 Fortschrittsindex<br />
Bevor Stefan Bergheim den<br />
Fortschrittsindex entwickelte, war er<br />
als Volkswirt bei Investmentbanken<br />
wie etwa Merrill Lynch sowie<br />
der Deutschen Bank Research<br />
beschäftigt. Heutet leitet er das<br />
Zentrum für gesellschaftlichen<br />
Fortschritt, der den Index publiziert.<br />
Der Fortschrittindex ist so designt,<br />
dass er für <strong>Deutschland</strong> im Jahr<br />
2000 den Ausgangswert 1,0<br />
festlegt. Künftige Veränderungen<br />
werden von diesem Basispunkt<br />
aus gemessen. Insofern dient der<br />
Fortschrittindex vor allem der<br />
Darstellung eines dynamischen<br />
Verlaufs über einen Zeitraum hinaus.<br />
7 Wohlstandsquintett<br />
Das Wohlstandsquintett des<br />
Denkwerks Zukunft, eines Bonner<br />
Think Tanks unter Leitung von<br />
Meinhard Miegel, empfiehlt die<br />
Messung von Wohlfahrt anhand von<br />
fünf Themenfeldern: Materieller<br />
Wohlstand, Gerechtigkeit, sozialer<br />
Zusammenhalt, ökologische<br />
Nachhaltigkeit und neuerdings der<br />
Staats-Schuldenquote. Die Kriterien<br />
sind pragmatisch ausgewählt, weil<br />
sie einen hohen gesellschaftlichen<br />
Konsens widerspiegeln. Allerdings<br />
ist anzumerken, dass Aspekte<br />
wie Gesundheit und Bildung<br />
fehlen. Dennoch eignet sich das<br />
Wohlstandsquintett nach Aussagen<br />
der Autoren sehr gut zur Beurteilung<br />
von Wohlstandsnationen wie etwa<br />
<strong>Deutschland</strong>.<br />
(-> Beitrag Wahl/Schulte ab S. 20)<br />
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
8 Glücks-BIP<br />
Das Glücks-BIP wurde vom<br />
Centrum für angewandte<br />
Wirtschaftsforschung (CAWM<br />
Münster) im Auftrag der Initiative<br />
Neue Soziale Marktwirtschaft<br />
entwickelt. Es handelt sich<br />
um einen im wesentlichen<br />
subjektiven Indikator, der die<br />
Lebenszufriedenheit in einer nach<br />
oben offenen Skala darstellt.<br />
Zur Ermittlung des „Glücks-<br />
Zustands“ werden Fragen zu<br />
Beruf und Arbeitszeiten gestellt,<br />
und es kommen u.a. Sorgen zur<br />
Arbeitsplatz- und finanziellen<br />
Sicherheit zu Wort. Insgesamt ist der<br />
Glücks-BIP kein verallgemeinbarer<br />
Wohlstandsindikator, sondern<br />
macht eher individuelle Aussagen.<br />
Offen bleibt sicher auch die Frage,<br />
ob die Messkriterien in anderen<br />
Kulturen anwendbar oder „typisch<br />
deutsch“ sind.<br />
9 Indikatorenbericht des<br />
Statistischen Bundesamtes<br />
Auch das Statistische Bundesamt<br />
beteiligt sich an der Suche nach<br />
Wohlstand. Alle zwei Jahre werden<br />
Indikatoren aus 21 Bereichen<br />
erhoben. Der Indikatorenbericht<br />
dient zur Überprüfung der<br />
Nachhaltigkeitsstrategie der<br />
Bundesregierung. Als solcher<br />
nimmt er eine Sonderstellung<br />
ein, da die Auswahl der Kriterien<br />
eindeutig politischen Maßgaben und<br />
nicht so sehr wissenschaftlichen<br />
Überlegungen folgen. Die<br />
Beurteilung der Zielerreichung<br />
erfolgt durch kleine Symbole,<br />
wobei die strahlende Sonne<br />
gut ist und Gewitterwolken für<br />
Fehlentwicklungen stehen. Trotz<br />
der großen Detailtiefe sorgen<br />
diese Symbole für ein schnelles<br />
Verständnis der Ergebnisse.<br />
10 KfW-Nachhaltigkeitsindikator<br />
Um das abstrakte Konzept der<br />
Nachhaltigkeit zu konkretisieren<br />
und die verschiedenen Dimensionen<br />
von Nachhaltigkeit abzubilden,<br />
hat die KfW Anregungen aus der<br />
wissenschaftlichen Literatur und<br />
der Umsetzungspraxis aufgegriffen.<br />
Für die Bereiche Wirtschaft,<br />
Umwelt und Gesellschaftlicher<br />
Zusammenhalt wurden geeignete<br />
Schlüsselthemen identifiziert und<br />
mit passenden Basisindikatoren<br />
unterlegt, die die Entwicklung<br />
in den Themenbereichen<br />
quantifizieren. Insgesamt<br />
wurden 20 Schlüsselthemen<br />
mit 37 Basisindikatoren<br />
ausgewählt. Fortschritte der<br />
Nachhaltigkeitssituation werden<br />
anhand von Veränderungen dieser<br />
Basisindikatoren im Zeitablauf<br />
gemessen.<br />
Quelle:<br />
Ulrich van Suntum (Hrsg.):Theoretische<br />
Fundierung und Bewertung alternativer<br />
Methoden der Wohlfahrtsmessung,<br />
Centrum für angewandte<br />
Wirtschaftsforschung, Münster 2010<br />
26 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
27
LIteRatuRtIPPs<br />
Dennis L. Meadows u.a.:<br />
„Die Grenzen des Wachstums.“<br />
Bericht des Club of Rome zur Lage der<br />
Menschheit. Deutsche Verlags-Anstalt<br />
1972, 183 S. ISBN-13: 978-3421026330<br />
vergriffen<br />
Hans Diefenbacher, Roland<br />
Zieschank:<br />
„Woran sich Wohlstand wirklich<br />
messen lässt.“<br />
oekom Verlag <strong>2011</strong>, 112 S.<br />
ISBN-13: 978-3-86581-215-5<br />
€ 12,95<br />
Was macht das BIP? Nicht nur Wohl<br />
und Wehe der Republik, auch unser<br />
aller Glück und Unglück scheinen<br />
von diesem Kürzel abzuhängen: Das<br />
Bruttoinlandsprodukt ist bis heute<br />
die heilige Kuh der herrschenden<br />
Ökonomie, die Politik misst ihre<br />
Erfolge an seinen Wachstumsraten.<br />
Seit Jahren gilt es als der Indikator<br />
für Wirtschaftskraft und Wohlstand<br />
schlechthin – dabei ist es blind für<br />
vieles, was unser Leben bereichert:<br />
ehrenamtliche Leistungen, gesunde<br />
Umwelt, gerechte Chancenverteilung<br />
oder Zugang zu medizinischer<br />
Versorgung. Hans Diefenbacher und<br />
Roland Zieschank ergänzen dieses<br />
einseitige Maß und erläutern,<br />
warum Wohlstand anders gemessen<br />
werden muss. Der von ihnen<br />
entwickelte Nationale<br />
Wohlfahrtsindex berücksichtigt<br />
insbesondere ökologische und<br />
soziale Aspekte.<br />
Agenda Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität<br />
Alternative Wohlfahrtsmessung<br />
Tim Jackson:<br />
„Wohlstand ohne Wachstum.<br />
Leben und Wirtschaften in einer<br />
endlichen Welt.“<br />
oekom verlag <strong>2011</strong>, 242 S.<br />
ISBN-13: 978-3865812452<br />
€ 19,95<br />
Der britische Wirtschaftsexperte<br />
Tim Jackson hat schon früh<br />
erkannt, dass unsere derzeitige<br />
Wirtschaftsordnung einen neuen,<br />
anderen Motor benötigt, um langfristig<br />
laufen zu können. 2009 stellte er die<br />
Ergebnisse seiner Studie unter dem<br />
Titel „Prosperity without Growth“<br />
auf dem Klimagipfel in Kopenhagen<br />
vor – eine überzeugende Kritik eines<br />
rein auf hemmungslosem Wachstum<br />
basierenden Wirtschaftsmodells<br />
und gleichzeitig die Suche nach<br />
einem anderen Wohlstandskonzept.<br />
Doch wie lässt sich das Dilemma<br />
von gesellschaftlich notwendigem<br />
wirtschaftlichen Wachstum und<br />
dem dadurch drohenden Kollaps<br />
der ökologischen Grundlagen lösen?<br />
Brauchen wir wirklich Wachstum um<br />
jeden Preis? Tim Jackson geht dieser<br />
Frage nach. Er gibt eine anschauliche<br />
und gut verständliche Einführung<br />
in die komplexen Hintergründe der<br />
aktuellen gesellschaftlichen Debatte<br />
und untersucht Alternativen zum<br />
Wachstumszwang.<br />
Seine Forderung: Die Entwicklung<br />
einer neuen Wirtschaftsordnung,<br />
die auf einem anderen<br />
Wohlstandsbegriff beruht, die<br />
Bedürfnisse und Wünsche der<br />
Menschen befriedigt, ohne die<br />
ökologischen Grundlagen unserer<br />
Existenz zu zerstören.<br />
Meinhard Miegel:<br />
„Exit: Wohlstand ohne Wachstum“<br />
List Taschenbuch <strong>2011</strong>, 304 S.<br />
ISBN-13: 978-3548610313<br />
€ 9,99<br />
Dass die beispiellose<br />
Wachstumsepoche, die die westliche<br />
Welt seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt<br />
hat, zu Ende geht, sieht Miegel als<br />
Herausforderung und Chance zugleich.<br />
Denn längst mehrt dieses Wachstum<br />
nicht mehr unseren Wohlstand,<br />
sondern verzehrt ihn. Es überlastet die<br />
natürlichen Ressourcen, die Umwelt<br />
und nicht zuletzt die Menschen.<br />
Dringend geboten ist ein intelligenterer<br />
Umgang mit den Gütern der Erde, die<br />
Achtung von Umwelt und Natur, vor<br />
allem aber ein grundlegend verändertes<br />
Verständnis unserer Möglichkeiten<br />
und Bedürfnisse. Es geht um nichts<br />
Geringeres als ein zukunftsfähiges<br />
Lebenskonzept. Miegel bietet eine<br />
bestechende Zeitdiagnose und einen<br />
überzeugenden Entwurf dessen, was zu<br />
tun ist.<br />
Ernst Ulrich von Weizsäcker:<br />
„Faktor Fünf: Die Formel für<br />
nachhaltiges Wachstum“<br />
Droemer Verlag 2010, 432 S. ISBN-13:<br />
978-3426274866<br />
€ 22,99<br />
Eine Revolution des Wirtschaftens<br />
kündigt sich an. Die Welt wird sich<br />
im 21. Jahrhundert grundlegend<br />
verändern. Entweder lernt die<br />
Menschheit, nachhaltig mit der Erde<br />
umzugehen, oder die Natur wird<br />
zurückschlagen.<br />
Mit Faktor Fünf stellen Ernst Ulrich<br />
von Weizsäcker und seine Koautoren<br />
das Konzept eines zukunftssicheren,<br />
umweltschonenden Wirtschaftens<br />
vor. Sie zeigen, wie wir die Rohstoffe<br />
effizienter nutzen und mit dem Einsatz<br />
neuer Technologien sogar Wohlstand<br />
und Lebensqualität wachsen lassen<br />
können. Dieser neue Bericht an den<br />
Club of Rome ist eine überzeugende<br />
Antwort auf die gegenwärtigen<br />
ökologischen Herausforderungen.<br />
Nicholas Stern:<br />
„Der <strong>Global</strong> Deal: Wie wir dem<br />
Klimawandel begegnen und ein<br />
neues Zeitalter von Wachstum und<br />
Wohlstand schaffen“<br />
München 2009: Beck Verlag, 287 S.<br />
ISBN-13: 978-3406591761<br />
€ 19,90<br />
„Ein Welt-Klimaabkommen muss<br />
effektiv, effizient und gerecht die<br />
Treibhausgasemissionen reduzieren.<br />
Der Kampf gegen den Klimawandel<br />
und der Kampf gegen die globale<br />
Armut werden zusammen gewonnen<br />
oder verloren.“ Unter den zentralen<br />
Gesichtspunkten Klimawandel –<br />
Wirtschaftswandel – Politikwandel<br />
entwirft Lord Stern ein realistisches<br />
Szenario, den CO 2 -Ausstoß bis 2050 um<br />
80 Prozent (im Vergleich zu 1990) zu<br />
reduzieren. Dieses notwendige Ziel ist<br />
nur zu schaffen, wenn eine Technologie-<br />
Revolution zu Gunsten erneuerbarer<br />
Energien einsetzt, in diesen<br />
Wirtschaftssektor massiv investiert<br />
wird und neue Jobangebote entstehen.<br />
Sterns Buch fasst die zentralen<br />
Erkenntnisse für alle verständlich<br />
zusammen und bietet Einblick in die<br />
Pläne der führenden Ökonomen, einen<br />
Weg aus Klima- und Wirtschaftskrise<br />
zu finden. Wer den Wunsch hat, diesen<br />
Planeten in halbwegs bewohnbarer<br />
Form unseren Kindern und<br />
Kindeskindern zu hinterlassen, sollte<br />
Sterns Fahrplan für eine Politik für die<br />
Zukunft, den „<strong>Global</strong> Deal“, kennen.<br />
Zukünftige Technologien<br />
Consulting:<br />
„Mehr Wohlstand – weniger<br />
Ressourcen. Instrumente für mehr<br />
Ressourceneffizienz in Wirtschaft<br />
und Gesellschaft“<br />
Band 94 in der ZTC-Reihe „Zukünftige<br />
Technologien“<br />
Erscheinungstermin 2012<br />
Das Einsparpotenzial bei Ressourcen<br />
wird für Unternehmen in <strong>Deutschland</strong><br />
auf 27 bis 60 Milliarden Euro<br />
pro Jahr geschätzt. Dennoch ist<br />
Ressourceneffizienz kein Selbstläufer.<br />
Was muss passieren, damit die<br />
Erschließung dieser Potenziale an<br />
Dynamik gewinnt? Die Studie „Mehr<br />
Wohlstand – weniger Ressourcen“<br />
von Zukünftige Technologien<br />
Consulting zeigt, wie Maßnahmen<br />
aus den Bereichen Markt, Regulation,<br />
Information und Selbstorganisation<br />
der Ressourceneffizienz zum<br />
Durchbruch verhelfen können. Darüber<br />
hinaus sollten Instrumente offen für<br />
Innovationen sein, Rebound-<br />
Effekte berücksichtigen und globale<br />
Wertschöpfungsketten adressieren.<br />
Dabei muss eine grenzüberschreitende<br />
Wirkung von Instrumenten<br />
nicht zwangsläufig langwierige<br />
Verhandlungen um internationale<br />
Abkommen nach sich ziehen. Allein<br />
die Marktgröße der EU kann durchaus<br />
Anreize für Zulieferer weltweit bieten,<br />
ihre Produktion EU-weit gültigen<br />
Gesetzen anzupassen.<br />
Fritz Reheis:<br />
„Die Kreativität der Langsamkeit:<br />
Neuer Wohlstand durch<br />
Entschleunigung“<br />
Frankfurt 2008: Wissenschaftliche<br />
Buchgesellschaft, 281 S.<br />
ISBN-13: 978-3534220021<br />
€ 24,90<br />
Stress, Atemlosigkeit, Erschöpfung<br />
sind vertraute Symptome unseres<br />
Lebensstils. Das Leben wird vom<br />
Takt der Uhr bestimmt, und wer<br />
sich diesem nicht beugt, wird zum<br />
Verlierer. Damit einher geht die<br />
scheinbar unaufhaltsame Abkoppelung<br />
des Lebens von natürlichen und<br />
traditionellen Rhythmen. Wir müssen<br />
uns mehr Zeit lassen! Denn: Zu<br />
gravierend sind die zerstörerischen<br />
Folgen des permanenten<br />
Beschleunigungszwangs für Mensch,<br />
Gesellschaft und Umwelt. Und zu<br />
offensichtlich sind die Ursachen,<br />
als dass ihnen nicht mit einem<br />
bewussteren Umgang mit der Zeit zu<br />
begegnen wäre. Entdecken wir das<br />
Gegenbild einer entschleunigten und<br />
selbstbestimmten Gesellschaft, die die<br />
Eigenzeiten und Rhythmen von Mensch,<br />
Kultur und Natur zum Maßstab erhebt,<br />
die Arbeitshetze, Fremdbestimmung<br />
und Konsumzwang durchbricht<br />
und sich vom immer schnelleren<br />
Produzieren um des Produzierens<br />
willen löst.<br />
28 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
29
Agenda<br />
NaCHHaLTIGKEITSBERICHTE<br />
BALD<br />
OBLIGATORISCH?<br />
Immer mehr Unternehmen legen ihre CSR-Aktivitäten offen. Während im Jahr 1992 noch kaum Nachhaltigkeitsberichte<br />
veröffentlicht wurden, gehen aktuelle Studien davon aus, dass mittlerweile jährlich rund 4.000 Nachhaltigkeitsberichte weltweit<br />
erscheinen. Nach den Richtlinien der <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) wurden im Jahr 2010 über 1.800 Berichte verfasst. Im<br />
selben Jahr reichten 2.800 Betriebe ihren Fortschrittsbericht (Communication on Progress, COP) beim UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ein,<br />
das sind 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Weltweit gibt es bereits rund 12.000 COP-Berichte. Diese Zahlen zeigen, dass das<br />
Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Nichtsdestotrotz berichtet bislang nur ein kleiner<br />
Teil an Unternehmen über seine soziale und ökologische Performance.<br />
30<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> 31<br />
Reporting
Von Katrin Gaupmann<br />
Agenda<br />
Verpflichtende CSR-Berichterstattung innerhalb Europas<br />
Von Seiten der Europäischen Kommission sind Unternehmen<br />
seit dem Jahr 2005 nach der Europäischen Modernisierungsrichtlinie<br />
verpflichtet, nicht finanzielle Key Performance Indikatoren<br />
(KPI), die für ein bestimmtes Unternehmen relevant sind,<br />
in ihre Berichterstattung aufzunehmen und zu analysieren.<br />
Darunter fallen zum Beispiel Umwelt- und Arbeitnehmeraspekte.<br />
Die Mitgliedsstaaten können allerdings entscheiden,<br />
ob sie Klein- und Mittelbetriebe von diesen Berichtspflichten<br />
ausnehmen möchten.<br />
Neben der Umsetzung dieser Modernisierungsrichtlinie haben<br />
einige europäische Länder zusätzlich Gesetze und Bestimmungen<br />
verabschiedet, um der Thematik noch mehr Nachdruck<br />
zu verleihen. Frankreich hat diesbezüglich eine Vorreiterrolle<br />
übernommen, als es im Jahr 2001 börsennotierte Unternehmen<br />
zur Aufnahme von ESG-Kriterien (environmental, social<br />
& governance) in ihren Finanzbericht verpflichtete. Im Jahr<br />
2010 ging die französische Regierung noch einen Schritt weiter<br />
und dehnte mit dem Grenelle 2-Gesetz die Berichtspflicht auf<br />
alle Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen sowie<br />
mehr als 43 Mio. EUR Umsatz aus. In Dänemark müssen seit<br />
2009 die 1.100 größten Betriebe sowie auch alle staatlichen<br />
Unternehmen in ihren jährlichen Finanzberichten Angaben<br />
über ihre CSR-Politik machen. Dabei wird die C-Regel („Comply<br />
or Explain“) angewendet. Das heißt, dass CSR zwar freiwillig<br />
ist, Unternehmen aber angeben müssen, wenn sie keine<br />
dementsprechenden Maßnahmen setzen. Dänemark verweist<br />
auf die Verwendung von internationalen Berichtsstandards<br />
wie den Fortschrittsbericht des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> (COP), die<br />
GRI-Leitlinien sowie die OECD-Leitsätze für multinationale<br />
Unternehmen. Die nationale Gesetzgebung war ein wichtiger<br />
Auslöser für eine verstärkte CSR-Berichterstattung. Auch in<br />
Schweden wird von allen Unternehmen in Staatsbesitz die<br />
Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts verlangt. Das<br />
Besondere am schwedischen Modell ist die externe Prüfung,<br />
wonach die Nachhaltigkeitsberichte von einer unabhängigen<br />
Stelle auf ihre Qualität hin überprüft werden müssen. Europaweit<br />
gesehen hat das ESG-Reporting staatlicher Unternehmen<br />
deutlich zugenommen. Vergleicht man die Zahl an GRI-<br />
Berichten, nimmt Schweden im europäischen Vergleich den<br />
zweiten Platz ein – vor den Niederlanden und hinter Spanien.<br />
Die CSR-Berichtspflicht in den Niederlanden bezieht sich auf<br />
den Vorstand börsennotierter sowie der größten staatlichen<br />
Unternehmen, der gegenüber dem Aufsichtsrat und den Teilhabern<br />
über CSR-Angelegenheiten zur Rechenschaft verpflichtet<br />
ist. Die Bestimmungen wurden im Jahr 2008 in den niederländischen<br />
Kodex für Corporate Governance aufgenommen.<br />
Nach dem „Companies Act“ des Vereinigten Königreichs aus<br />
dem Jahr 2006 müssen alle börsennotierten Unternehmen in<br />
ihren Jahresberichten Angaben über Umwelt-, Arbeitsplatz-,<br />
Sozial- und Gemeinschaftsbelange machen, sofern dies für ihre<br />
Geschäftstätigkeit relevant ist. Das jüngste Beispiel kommt aus<br />
Spanien: Ab dem Jahr 2012 müssen auch hier alle staatlichen<br />
Betriebe Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Mit diesem<br />
Gesetz sollen diese eine Vorbildfunktion einnehmen.<br />
Auch andere Länder unterstützen Unternehmen im Bereich<br />
der Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Beispiel in Form<br />
von Leitfäden oder freiwilligen Standards und Richtlinien.<br />
Die französische Beobachtungsstelle für CSR (http://www.<br />
orse.org/) erstellte beispielsweise für die Regierung eine<br />
webbasierte Plattform (http://www.reportingcsr.org) über<br />
CSR-Berichterstattung. Die Inhalte der Webseite werden<br />
kontinuierlich von einem Expertenkomitee überprüft und<br />
aktualisiert. Auch Rankings und Auszeichnungen im Bereich<br />
der Nachhaltigkeitsberichterstattung spielen eine wesentliche<br />
Rolle. Nur wenige Länder jedoch setzen Finanz- oder Wirtschaftsinstrumente<br />
zur Förderung von CSR-Reporting ein.<br />
Beispiele hierfür sind Anreizsysteme oder eine nachhaltige<br />
Beschaffungspolitik. Ein Vorreiter in diesem Bereich sind<br />
die Niederlande: Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel<br />
gesetzt, bei allen öffentlichen Ausschreibungen soziale und<br />
ökologische Kriterien zu berücksichtigen.<br />
Unzufriedenheit mit derzeitiger Situation<br />
Insgesamt betrachtet wird der Ruf nach öffentlichen Initiativen<br />
im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend<br />
lauter. Um die Debatte auch auf europäischer Ebene weiterzubringen,<br />
hielt die Europäische Kommission im Zeitraum<br />
September 2009 bis Februar 2010 mehrere Multistakeholder-<br />
Workshops zu ESG-Reporting ab, um die unterschiedlichen<br />
Ansichten zu diskutieren sowie Vorschläge für eine europäische<br />
Politik zu erarbeiten. Im Rahmen des „Single Market Act“<br />
befragte die Kommission im Zeitraum November 2010 bis<br />
Januar <strong>2011</strong> 259 Stakeholder (Unternehmen, KonsumentInnen,<br />
NGOs, Behörden, Wissenschaft, RechnungsprüferInnen<br />
und AuditorInnen) zu dieser Thematik. Demnach bewerteten<br />
50 Prozent der Befragten die nationalen Bestimmungen zur<br />
Nachhaltigkeitsberichterstattung als „poor or very poor“.<br />
Shareholder und Investoren wiederum kritisierten vor allem<br />
die mangelnde Vergleichbarkeit der Berichte.<br />
Neue Vorgaben der Europäischen Kommission<br />
Die Europäische Kommission hat ihre neue CSR-Strategie<br />
vorgestellt, die die Transparenz von Unternehmen hinsichtlich<br />
ihrer sozialen und ökologischen Performance über alle<br />
Sektorgrenzen hinweg fördern soll. Zudem soll Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
als Managementtool zur Etablierung<br />
von CSR innerhalb und außerhalb des Unternehmens dienen.<br />
Es ist angedacht, dass Unternehmen ab einer gewissen Größe<br />
und/oder öffentliche Unternehmen zur Berichterstattung<br />
verpflichtet werden. Dabei könnte ein ähnliches Modell<br />
wie in Dänemark („Comply or Explain“) angestrebt werden.<br />
Klein- und Mittelunternehmen werden voraussichtlich von<br />
der Verpflichtung ausgenommen sein. Es ist dabei so, dass die<br />
Kommission keine neuen Standards vorgeben möchte, sondern<br />
auf bereits etablierte Prinzipien wie GRI, UN<strong>GC</strong>, OECD und<br />
ISO 26 000 verweist.<br />
Verpflichtende Berichterstattung könnte also bald auch für<br />
jene Länder ein Thema werden, die sich bislang noch nicht<br />
damit auseinandergesetzt haben.<br />
ÜBeR DIe autORIN<br />
Katrin Gaupmann arbeitet bei respACT – austrian business council for sustainable<br />
development.<br />
32 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
33<br />
Reporting<br />
Die Europäische Kommission hat ihre<br />
neue CSR-Strategie vorgestellt, die die<br />
Transparenz von Unternehmen<br />
hinsichtlich ihrer sozialen und ökologischen<br />
Performance über alle Sektorgrenzen<br />
hinweg fördern soll.
Agenda<br />
dEr dEutschE<br />
NaCHHaLTIGKEITSKODEx –<br />
Vorbild für Europa?<br />
Mit der Veröffentlichung seiner fünften und nunmehr finalen Version des Deutschen<br />
Nachhaltigkeitskodex (DNK) setzte der Rat für Nachhaltige Entwicklung im<br />
Oktober <strong>2011</strong> einen Schlusspunkt unter einen knapp zwei Jahre andauernden<br />
Prozess, Empfehlungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in<br />
<strong>Deutschland</strong> zu formulieren. Unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
wurde 2009 damit begonnen, ein Instrument zu schaffen, die Kernanforderungen<br />
an das Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen zu benennenund deren<br />
Nachhaltigkeitsleistung transparenter und vergleichbarer darzustellen.<br />
Von Dr. Frank Simon und Jonas Gebauer<br />
Als Leitbild dient der Corporate Governance Kodex, dessen Grundprinzip<br />
des „comply or explain“ auch auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
angewandt werden soll. Inhaltlich orientiert sich<br />
der DNK an den Prinzipien des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, den OECD<br />
Guidelines für multinationale Unternehmen, dem Leitfaden ISO<br />
26000 sowie an den Berichterstattungsstandards der <strong>Global</strong> Reporting<br />
Initiative (G3) und des europäischen Analystenverbandes<br />
EFFAS. Wesentlicher Adressat dieser Informationen sollen die<br />
Akteure auf den Finanzmärkten sein. Sie sollen besser in die Lage<br />
versetzt werden, die Chancen und Risiken der unternehmerischen<br />
Tätigkeit auf sozialem und ökologischem Gebiet zu beurteilen,<br />
ihre Mitverantwortung für verantwortungsvolles Handeln wahrzunehmen<br />
und durch ihre Investitionsentscheidungen Nachhaltigkeit<br />
in Unternehmen zu honorieren. Gleichzeitig soll den<br />
Unternehmen ein verlässlicher Rahmen geboten werden, ihre<br />
Nachhaltigkeitsleistung in standardisierter Form darzustellen<br />
und somit Mehrarbeiten aufgrund der Anfragen von Investoren<br />
unterschiedlichster Art zu reduzieren.<br />
Nach zwei nicht öffentlichen Diskussionsrunden mit Investoren,<br />
Analysten und Unternehmensvertretern wurde im November<br />
2010 ein erster Diskussionsentwurf bekannt gemacht und zur<br />
öffentlichen Stellungnahme freigegeben. Mehr als 75 Personen<br />
und Organisationen machten hiervon Gebrauch. Ihre Anregungen<br />
und Kritik wurden in zwei Konferenzen behandelt und führten zu<br />
einem zweiten und dritten Entwurf, der dann anschließend von 28<br />
Unternehmen freiwillig auf Anwendbarkeit getestet wurde. Ihre<br />
Erfahrungen wurden in einer vierten Version berücksichtigt, die<br />
schließlich nach einem letzten Workshop zur Frage der Verbindlichkeit<br />
des Kodex in die nun vorliegende Endfassung mündete.<br />
Im Laufe des Prozesses erfuhr der ursprüngliche Entwurf zahlreiche<br />
gravierende Veränderungen. Sie betreffen neben der Anzahl<br />
und der Tiefe der zu berichtenden Aspekte unternehmerischer<br />
Verantwortung in erster Linie die Verbindlichkeit des Kodex<br />
sowie den Kreis seiner Anwender. Zunächst war die Verankerung<br />
im Aktiengesetz vorgesehen, die alle börsennotierten<br />
Aktiengesellschaften zur Abgabe einer Entsprechenserklärung<br />
verpflichtet hätte. Dagegen wurden erhebliche Haftungsrisiken<br />
geltend gemacht, die sich aus den Spielräumen und ethischen<br />
Bewertungen von Nachhaltigkeitsfragen ergeben. Auch wurde<br />
befürchtet, dass eine gesetzliche Verpflichtung eher einem<br />
Formalismus als einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit<br />
Nachhaltigkeitsfragen Vorschub leiste. Auch alternative Vorschläge,<br />
die Verbindlichkeit des Kodex durch Prüfungs- oder<br />
Veröffentlichungspflichten (selbst unter Berücksichtigung der<br />
verschiedenen Unternehmensgrößen) zu erhöhen, wurden in<br />
den endgültigen Entwurf nicht aufgenommen. Somit hat sich<br />
der DNK im Laufe des Prozesses von einer rechtlichen Vorschrift<br />
in ein rein freiwillig anzuwendendes Instrument gewandelt und<br />
nimmt damit eher eine orientierende als eine verpflichtende<br />
Funktion ein. Dies entspricht der Grundauffassung des nationalen<br />
CSR-Forums, nach der CSR im Kerngeschäft freiwillig,<br />
aber nicht beliebig ist. Im Vergleich zu den bestehenden Regelungen<br />
der <strong>Global</strong> Reporting Initiative oder des EFFAS wird<br />
damit jedoch kein Neuland betreten. Im Gegenzug wurde der<br />
Anwenderkreis erweitert. Sollten zunächst nur die börsennotieren<br />
Aktiengesellschaften den DNK anwenden, so wird nun<br />
ähnlich des Geltungsbereichs der ISO 26000 die Anwendung für<br />
alle Organisationen empfohlen, die im Sinne einer freiwilligen<br />
Selbstauskunft die Öffentlichkeit über ihr Nachhaltigkeitsengagement<br />
informieren möchten.<br />
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung misst dem DNK bereits<br />
durch die Form seiner Entstehung in einem öffentlichen Stakeholderprozess<br />
hohe politische Bedeutung bei, da es auch „ohne<br />
staatliche Mitwirkung zu einer wirksamen Vereinbarung“ gekommen<br />
sei. Inwieweit diese Beurteilung zutreffend ist, wird<br />
sich erst in der Zukunft zeigen, wenn verstärkt Unternehmen<br />
und andere Organisationen eine Entsprechenserklärung abgeben<br />
werden. Darüber hinaus ist kritisch zu beurteilen, dass<br />
nach der ersten öffentlichen Diskussion nicht transparent<br />
dargestellt wurde, welche Argumente im Laufe des Prozesses<br />
zu der stetigen Abschwächung der Anforderungen geführt<br />
haben. Die Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Prozesses<br />
wurden dadurch erheblich eingeschränkt. Mit dem Verzicht<br />
auf jegliche gesetzliche Regelung ist (leider) gleichzeitig auch<br />
die Legitimation des Kodex in Frage gestellt. Weder der Rat für<br />
Nachhaltige Entwicklung noch die zahlreichen öffentlich und<br />
nicht öffentlich Stellung beziehenden Diskussionsteilnehmer<br />
können diese Legitimation herstellen. Die Politik sollte ihre<br />
Verantwortung für die Gestaltung der Bedingungen unserer<br />
sozialen Marktwirtschaft gerecht werden und ein solches Instrument<br />
der Diskussion und Prüfung durch den Gesetzgeber<br />
unterziehen.<br />
Die Unternehmen sollen ihre Nachhaltigkeitsleistung anhand<br />
von 20 Kriterien aus den Bereichen Strategie, Prozessmanagement,<br />
Umwelt sowie Gesellschaft darlegen und diese anhand<br />
von insgesamt 25 Leistungsindikatoren (KPI) konkretisieren.<br />
Weitere, z. B. branchenspezifische Indikatoren können hinzugefügt<br />
werden. Die Anzahl der KPI ist im Laufe des Prozesses<br />
von 75 auf 25 reduziert worden, was mit der Absenkung der<br />
Eintrittsbarrieren für die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
gerade mittlerer und kleiner Unternehmen begründet wurde.<br />
So nachvollziehbar dieses Argument ist, so bleibt offen, warum<br />
der Umfang der Berichterstattung nicht mit der Größe des<br />
Unternehmens verbunden wurde und größeren Unternehmen<br />
auch eine umfangreichere Berichterstattung zugemutet wird.<br />
Mit der stetig verminderten Anzahl von erläuternden KPI erhöht<br />
sich die Gefahr des Missverständnisses, dass mit der Behandlung<br />
einzelner weniger KPI schon eine umfassende Berücksichtigung<br />
des Kodexkriteriums erfolgt sei. Darüber hinaus bleibt offen,<br />
warum trotz Anlehnung an die ISO 26000 der Bereich der Konsumentenbelange<br />
als dem Interessenfeld einer der wichtigsten<br />
Stakeholdergruppen völlig unbeachtet bleibt.<br />
In seiner Empfehlung schlägt der Rat für Nachhaltige Entwicklung<br />
der Bundesregierung vor, den Kodex schnellstmöglich in<br />
die EU-Debatte zur Berichterstattung über nicht-finanzielle<br />
Leistungsindikatoren und die unternehmerische Verantwortung<br />
einzubringen. In wieweit der Kodex hier ergänzend oder als<br />
Gegenposition Wirkung entfalten kann und ob ein „spezifisch<br />
deutscher Beitrag“ in dieser Debatte notwendig war, bleibt abzuwarten.<br />
Dem Vernehmen nach werden dort durchaus schärfere<br />
und umfangreichere Berichterstattungspflichten gefordert.<br />
ÜBeR DIe autOReN<br />
Dr. Frank Simon und Jonas Gebauer engagieren sich im Deutschen Netzwerk<br />
für Wirtschaftsethik (DNWE).<br />
34 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
35<br />
Reporting<br />
RePORtINGFeLDeR Des DeutsCHeN<br />
NaCHHaLtIGkeItskODex<br />
Strategie<br />
• Strategische Analyse, Strategie und Ziele<br />
Prozessmanagement<br />
• Regeln und Prozesse<br />
• Anreizsysteme<br />
• Stakeholderengagement<br />
• Innovations- und Produktmanagement<br />
Umwelt<br />
• Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen<br />
Gesellschaft<br />
• Arbeitnehmerrechte und Diversity<br />
• Menschenrechte<br />
• Gemeinwesen<br />
• Politische Einflussnahme<br />
• Korruption
Agenda<br />
höchstE ZEit für<br />
integrated rePorting<br />
Von Prof. Dr. Norbert Winkeljohann und Nicolette Behncke<br />
Unternehmensberichterstattung im Wandel<br />
Die Unternehmen haben erkannt, dass die Informationen, die<br />
sie über sich selbst zur Verfügung stellen, von vielen und sehr<br />
verschiedenen Interessenten wahrgenommen werden. Wer ein<br />
berechtigtes Interesse an Information über (unterschiedliche)<br />
Aspekte der unternehmerischen Tätigkeit hat, wird als Stakeholder<br />
(Anspruchsgruppe) bezeichnet. Die Stakeholder fordern zu<br />
Recht, dass die Berichterstattung der Unternehmen ihnen ein<br />
umfassendes und klares Bild von der Lage und den Perspektiven<br />
des Unternehmens vermitteln muss. Als Anteilseigner müssen<br />
sie beispielsweise wissen, ob die von ihnen als Eigenkapital zur<br />
Verfügung gestellten Mittel in ihrem Sinne verwendet werden<br />
und zur Wertsteigerung des Unternehmens beitragen. Als Öffentlichkeit<br />
interessiert es, ob die Verlautbarungen zu umweltfreundlichen<br />
Produktionsverfahren den Tatsachen entsprechen.<br />
Allerdings herrscht Unzufriedenheit bei allen Beteiligten: Die<br />
Stakeholder bemängeln Inhalt, Verständlichkeit, Qualität und<br />
mangelnde Fokussierung der Unternehmensberichterstattung.<br />
Das ist überraschend, denn die Berichterstattung der Unternehmen<br />
unterliegt einer Fülle von regulatorischen Anforderungen<br />
und wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich freiwillig<br />
ausgeweitet. Heute veröffentlichen viele Unternehmen umfassende<br />
Berichte zu Finanzen, Nachhaltigkeit und Corporate<br />
Governance. Gleichzeitig beklagen sich die Unternehmen<br />
über die hohe Regulierungsdichte und die Notwendigkeit der<br />
Veröffentlichung unterschiedlicher Berichte. Auch wenn den<br />
Stakeholdern umfangreiche Informationen zur Verfügung<br />
stehen, scheinen diese deren Informationsbedürfnis nicht<br />
angemessen zu befriedigen. Schließlich sind auch Regulierer<br />
und Standardsetter – insbesondere nach den Erkenntnissen<br />
aus der Finanzkrise – verunsichert und fragen nach dem richtigen<br />
Maß an Regulierung. Seit Entwicklung erster Reporting-<br />
Standards hat sich die Geschäftswelt und das Umfeld, in dem<br />
Unternehmen agieren, grundlegend verändert. <strong>Global</strong>isierung,<br />
demographischer Wandel, Ressourcenknappheit, Urbanisierung,<br />
Umweltbelange und technologischer Fortschritt prägen als<br />
36 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
37<br />
Reporting<br />
Megatrends die Entwicklung von Unternehmen schon heute.<br />
Nur noch knapp ein Fünftel des Marktwerts der Unternehmen<br />
im Standard & Poor´s-500-Index erklärt sich durch das<br />
produktive Kapital bzw. das Finanzkapital. Maßgeblich sind<br />
zu über 80 Prozent andere Faktoren, wie das Geschäftsmodell,<br />
die Unternehmensstrategie und -führung, die Zukunftsfähigkeit<br />
und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens. Dieses<br />
veränderte Umfeld macht eine vollkommen neue Art der<br />
Berichterstattung notwendig.<br />
Internationale Standardsetzer wie das IASB (International<br />
Accounting Standards Board) und FASB (Financial Accounting<br />
Standards Board) arbeiten bereits seit einiger Zeit daran, die<br />
klassische Finanzberichterstattung zu optimieren. Im Juli 2010<br />
stellten sie ihr „Financial Statement Presentation Project“ vor,<br />
das die Darstellung der Finanzinformationen auf völlig neue<br />
Prinzipien gründet und Investoren wie Analysten bessere<br />
und tiefergehende Informationen bereit stellen will. Daneben<br />
hat sich die <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) die Entwicklung<br />
von Prinzipien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die<br />
Fahnen geschrieben.<br />
Diese Initiativen sind wichtig und gehen in die richtige Richtung.<br />
Aber sie stoßen auch relativ schnell an ihre Grenzen.<br />
Solange nur einzelne Elemente der Berichte jeweils getrennt<br />
voneinander angepasst und optimiert werden, ohne Interdependenzen<br />
zu berücksichtigen, kann eine wirklich umfassende<br />
und belastbare Berichterstattung nicht erreicht werden. An<br />
einer integrierten Berichterstattung geht deshalb kein Weg<br />
vorbei. Nur wenn die Finanzberichterstattung, den Lagebericht<br />
eingeschlossen, der Nachhaltigkeits- und der Corporate-<br />
Governance-Bericht miteinander verzahnt werden, können<br />
die bestehenden und zu Recht beklagten Informationslücken<br />
wirklich geschlossen werden.<br />
PwC hat in <strong>Deutschland</strong> bei verschiedenen Stakeholdern<br />
(Investoren, Analysten, Kreditgeber, NGOs, Presse/Medien,<br />
Gesetzgeber) und Unternehmensvertretern im Rahmen einer<br />
Studie nachgefragt und festgestellt, dass es noch kein einheitliches<br />
Verständnis von integrierter Berichterstattung gibt. Die<br />
Stakeholder sind sich aber darin einig, dass integrierte Berichterstattung<br />
mehr ist und sein muss als eine reine Addition von<br />
finanziellen und nichtfinanziellen Informationen. Sie wünschen<br />
sich eine Standardisierung und klare Richtungsweisung.<br />
Die Unternehmensvertreter selbst jedoch, auch das zeigte<br />
unsere Befragung deutlich, fühlen sich hingegen oft damit<br />
überfordert, die für die verschiedenen Stakeholder relevanten<br />
Informationen adäquat zusammenzustellen.<br />
Das im August 2010 gegründete International Integrated<br />
Reporting Committee (IIRC) hat sich zum Ziel gesetzt, einer<br />
integrierten Unternehmensberichterstattung zum Durchbruch<br />
zu verhelfen. Im September <strong>2011</strong> stellte das IIRC seine Ideen<br />
in Form eines Diskussionspapiers der Öffentlichkeit vor.<br />
Darin schlägt das IIRC ein auf klaren Prinzipien beruhendes<br />
Rahmenkonzept vor, das nicht nur den Horizont der externen<br />
Berichterstattung erweitert, sondern auch die bisher voneinander<br />
unabhängigen Informationen konsequent miteinander<br />
verzahnt.<br />
Das IIRC nennt fünf Grundsätze, an denen sich die moderne<br />
Berichterstattung ausrichten soll:<br />
1 | Fokus auf Strategie und Geschäftsmodell des Unternehmens<br />
legen.<br />
2 | Informationen nicht nur nebeneinander stellen, sondern<br />
erkennbar und mit Mehrwert miteinander verknüpfen.<br />
3 | Berichterstattung durchgängig zukunftsorientiert gestalten.<br />
4 | Berichterstattung flexibel an die Interessen der Stakeholder<br />
anpassen.<br />
5 | Umfassend berichten, dabei auf wesentliche Informationen<br />
beschränken.<br />
Andere Länder sind schon deutlich weiter: In Südafrika verlangt<br />
die JSE (Johannesburg Securities Exchange Commission) >>
Agenda<br />
von ihren gelisteten Unternehmen bereits integrierte Berichte<br />
für Geschäftsjahre, die nach dem 1. März <strong>2011</strong> beginnen.<br />
Welchen Einfluss haben diese Entwicklungen auf die Praxis?<br />
Schon heute fordern nicht nur institutionelle Anleger immer<br />
lauter Informationen über Nachhaltigkeitsaktivitäten. Auch<br />
Finanzanalysten beziehen in ihre Voten die Nachhaltigkeitsberichte<br />
der Unternehmen ein, und Sustainability-Experten<br />
nutzen verstärkt auch Finanzinformationen für ihre Beurteilungen.<br />
Entsprechend vernetzt und synchronisiert müssen<br />
Unternehmen diese Informationen anbieten. Eine integrierte<br />
Berichterstattung ist aber keine neue Ära der Nachhaltigkeitsberichterstattung,<br />
sondern die Zukunft des Corporate Reporting.<br />
Sie muss also weit über eine einfache Zusammenfügung der<br />
Inhalte des Finanz- und des Nachhaltigkeitsberichts hinausgehen.<br />
Entscheidend sind eine gleiche Datenbasis, zeitgleiche<br />
Verfügbarkeit und gleiche Qualität. Die wohl größte Herausforderung<br />
in der Umsetzung einer vollumfänglich integrierten<br />
Berichterstattung ist deshalb ein „integrated thinking“, ohne<br />
das eine integrierte Unternehmenssteuerung und darauf<br />
auf bauend eine integrierte Berichterstattung ein nicht erreichbares<br />
Ziel bleiben wird. Erst wenn die Steuerung des<br />
Unternehmens integriert geleistet wird, also so ausgerichtet<br />
ist, dass weiche und harte Faktoren gleichberechtigt nebeneinander<br />
durch die Analysen des Controllings betrachtet werden<br />
und damit auch gemeinsam die Basis für unternehmerische<br />
Entscheidungen bilden, sind die Voraussetzungen für eine<br />
integrierte Berichterstattung wirklich geschaffen. Dazu müssen<br />
Verantwortlichkeiten in den Unternehmen angepasst, ggf.<br />
Zuständigkeiten neu vergeben werden. Der gesamte Prozess<br />
der Informationserhebung, -analyse und -verteilung muss<br />
neu gestaltet werden, denn eine integrierte Berichterstattung<br />
verlangt die Synchronisation aller Informationskanäle in<br />
inhaltlicher, zeitlicher und qualitativer Sicht. Dazu gehören<br />
die Unternehmensfunktionen Rechnungswesen, Controlling,<br />
Investor Relations, Governance und Nachhaltigkeit an einen<br />
Tisch, um entsprechende Lösungen erarbeiten zu können.<br />
Das IIRC-Papier liefert nicht auf alle offenen Fragen in Sachen<br />
integrated reporting eine Antwort. Es bietet jedoch eine erste,<br />
notwendige Orientierung und steckt den Rahmen für die<br />
Arbeit der nächsten Monate und Jahre ab. Umso erfreulicher<br />
ist es, wie viele Unternehmen seit Veröffentlichung des IIRC-<br />
Papiers ihre bisherige Berichterstattung auf den Prüfstand<br />
gestellt haben und sich Gedanken über ihre künftige Unternehmensberichterstattung<br />
machen. Das IIRC hat damit den<br />
entscheidenden Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen,<br />
leistungsstarken und an den Interessen der Stakeholder orientierten<br />
Unternehmensberichterstattung angestoßen. Es ist<br />
höchste Zeit, die Diskussion um neue Reporting-Modelle zu<br />
führen und praxisgerechte Umsetzungswege zu erarbeiten.<br />
ÜBeR DIe autOReN<br />
Prof. Dr. Norbert Winkeljohann ist Sprecher des Vorstands von PwC <strong>Deutschland</strong>,<br />
Nicolette Behncke ist Expertin für integrierte Berichterstattung bei PwC.<br />
eu-kommission stellt<br />
neue CsR-strategie vor<br />
Die europäische Kommission hat Ende Oktober ihre lang<br />
erwartete CSR-Strategie vorgestellt. Darin überdenkt<br />
sie ihr bisheriges Konzept von reiner Freiwilligkeit hin<br />
zu einem deutlichen Mehr an Verbindlichkeit: Ein Gesetz<br />
ist zunächst zwar vom Tisch, dafür soll künftig<br />
das Mitwirken an bestimmten Initiativen verpflichtend<br />
werden. Die EU-Kommission fordert dazu stärkere<br />
Koregulierung durch Organisationen wie den UN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>, ISO oder die OECD. Eine Beteiligung an<br />
einer dieser drei Plattformen soll ab 2014 für große<br />
Unternehmen Pflicht sein.<br />
Die EU-Kommission hat jetzt ihre eigene Definition<br />
vorgelegt, wonach CSR „die Verantwortung von Unternehmen<br />
für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“<br />
ist. Nur wenn die geltenden Rechtsvorschriften und die<br />
zwischen Sozialpartnern bestehenden Tarifverträge<br />
eingehalten werden, kann diese Verantwortung wahrgenommen<br />
werden, heißt es in dem Papier. Begleitend<br />
dazu soll es daher ab 2012 einen von der Kommission<br />
angestoßenen Prozess geben, der klarere Verhaltenskodizes<br />
erarbeitet.<br />
Bis zum Schluss unklar war das Maß an Regulierung,<br />
das Brüssel den Unternehmen auferlegen würde. Im<br />
EU-Positionspapier heißt es dazu nun: Zur Schaffung<br />
gemeinsamer Werte werden alle größeren Unternehmen<br />
in Europa aufgefordert, ein langfristiges CSR-Konzept<br />
einzuführen und Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer<br />
Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle<br />
auszuloten, die zum Wohlergehen der Gesellschaft<br />
und zur Schaffung hochwertigerer und produktiverer<br />
Arbeitsplätze beitragen. Damit wird zwar kein hartes<br />
Gesetz gefordert, aber bestimmte freiwillige Vereinbarungen<br />
(sogenannte „soft laws“) werden nicht mehr<br />
ganz freiwillig, sondern verpflichtend.<br />
Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung<br />
in vollem Umfang gerecht werden, sollten sie auf<br />
ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale,<br />
ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange<br />
in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern<br />
in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie<br />
integriert werden. Auf diese Weise soll die Schaffung<br />
gemeinsamer Werte für die Eigentümer/Aktionäre der<br />
Unternehmen sowie die übrigen Stakeholder und die<br />
gesamte Gesellschaft optimiert werden und etwaige<br />
negative Auswirkungen aufgezeigt, verhindert und<br />
abgefedert werden.<br />
Daher müssen große Unternehmen sowie Unternehmen,<br />
die von derartigen Auswirkungen besonders betroffen<br />
38 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
39<br />
Reporting<br />
sein könnten, künftig verstärkt eine risikobasierte Sorgfaltsprüfung,<br />
auch auf der Ebene der Lieferketten, vornehmen.<br />
Für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist ein strategischer<br />
CSR-Ansatz von zunehmender Bedeutung. Er kann<br />
das Risikomanagement fördern, Kosteneinsparungen bringen<br />
sowie den Zugang zu Kapital, die Kundenbeziehungen, das<br />
Management von Humanressourcen und die Innovationskapazitäten<br />
verbessern, heißt es aus dazu aus der Kommission.<br />
„Wenn sich die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung<br />
stellen, können sie bei den Beschäftigten, den Verbrauchern<br />
und den Bürgern allgemein dauerhaftes Vertrauen<br />
als Basis für nachhaltige Geschäftsmodelle aufbauen. Mehr<br />
Vertrauen wiederum trägt zur Schaffung eines Umfeldes bei,<br />
in dem die Unternehmen innovativ arbeiten und wachsen<br />
können.“<br />
DIe kOMMIssION FORDeRt ...<br />
... von den Mitgliedsstaaten Pläne zur CSR-Förderung und<br />
konkrete Listen mit einschlägigen Maßnahmen;<br />
... alle großen europäischen Unternehmen auf, sich bis 2014 zu<br />
verpflichten, zumindest eines der nachstehenden Regelwerke<br />
bei der Entwicklung ihres CSR-Konzepts zu berücksichtigen:<br />
OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, „<strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>“ der Vereinten Nationen oder ISO-Norm 26000 zur<br />
sozialen Verantwortung;<br />
... alle in Europa ansässigen multinationalen Unternehmen<br />
auf, sich bis 2014 zu verpflichten, die Dreigliedrige Grundsatzerklärung<br />
des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) über<br />
multinationale Unternehmen und Sozialpolitik zu beachten;<br />
... zudem die EU-Mitgliedstaaten auf, bis Ende 2012 nationale<br />
Pläne für die Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten<br />
Nationen zu erstellen.
Agenda<br />
diFFerenzierungsProgramm<br />
dEs uN <strong>Global</strong> compact<br />
Von Dr. Elmer Lenzen<br />
Mit der Einführung des Differenzierungsprogramms im Frühjahr<br />
<strong>2011</strong> hat der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ein neues Rahmenwerk<br />
in die jährliche Fortschritt-Berichterstattung (COP) eingeführt.<br />
Unternehmen können nun künftig differenziert darüber Auskunft<br />
geben, in welchem Umfang und Ausmaß sie die zehn<br />
Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und verwandte Themenfelder<br />
konkret umsetzen.<br />
Auch weiterhin werden die Teilnehmer, sobald sie einen vollständigen<br />
COP einreichen, von New York als „<strong>GC</strong> Aktiv“ kategorisiert<br />
werden. Sie können sich jetzt darüber hinaus als „<strong>GC</strong><br />
Fortgeschritten“ erklären beziehungsweise als „<strong>GC</strong> Erweitert“,<br />
wenn sie das auch entsprechend in ihren Erläuterungen im<br />
Rahmen der COP-Berichterstattung nachweisen konnten. Ziel<br />
des Programms ist es, dass die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Teilnehmer so<br />
die Nachhaltigkeitsperformance innerhalb der Geschäftsprozesse<br />
verbessern und transparenter machen.<br />
Unternehmen, deren COPs nicht die Mindestanforderungen<br />
erfüllen, um den Status „<strong>GC</strong> Aktiv“ zu erreichen, wird ein Zeitraum<br />
von zwölf Monaten eingeräumt, um die Versäumnisse<br />
nachzuholen. Während dieser Zeit müssen die betroffenen<br />
Firmen an einer Lernplattform mitwirken, die entwickelt wurde,<br />
um Unternehmen zu helfen, das Niveau der Offenlegung und<br />
Transparenz für die <strong>GC</strong>-Aktiv-Ebene zu erreichen.<br />
„Das ist ein signifikanter Schritt für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“, sagt<br />
Georg Kell, Executive Director der UN Initiative. „Es wird umfassende<br />
Anreizsysteme an beiden Enden des Performace-Spektrums<br />
geben und Stakeholdern dabei helfen, die Performance und den<br />
Fortschritt unserer teilnehmenden Unternehmen besser zu bewerten.“<br />
Das Differenzierungsprogramm will nämlich Transparenz<br />
nicht nur bei kleineren und weniger erfahrenen Teilnehmer<br />
verbessern, sondern auch für kontinuierlichen Fortschritt und<br />
Leistungsverbesserung bei den weiter fortgeschrittenen Unternehmen<br />
sorgen. Das Programm ist so entworfen, dass es Anreize<br />
und Anerkennung (basierend auf Selbsttests) für Unternehmen<br />
auf allen Ebenen bietet, um gezielte Fortschritte in den Bereichen<br />
Governance, Strategie und Operationalisierung zu erzielen.<br />
„Dies läutet eine neue Phase in den Transparenz- und Offenlegungsbemühungen<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ein“, sagt Jerome Lavigne-<br />
Delville, Head of Communication on Progress des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />
„Eines der wichtigsten Ergebnisse der Differenzierung auf der<br />
„<strong>GC</strong> Forgeschrittenen“-Ebene wird sein, dass nun eine Reihe von<br />
Stakeholdern – einschließlich der Gruppe der Investoren – den<br />
Unternehmensfortschritt besser beurteilen können – gerade,<br />
wenn sie den COP als Plattform für einen Benchmark-Vergleich<br />
mit weltweit sonst üblichen Praktiken nutzen.“<br />
Darüber hinaus behält der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> seine klaren Sanktionsmechanismen<br />
bei der Einhaltung der COP-Abgabepflicht:<br />
Unternehmen, die der Offenlegung und Kommunikation ihrer<br />
Aktivitäten nicht nachkommen, werden weiterhin ausgeschlossen.<br />
Bisher waren davon rund 2.000 Firmen betroffen.<br />
Neue <strong>GC</strong> Levels im Überblick<br />
Seit dem 25. Februar <strong>2011</strong> werden die COPs von allen teilnehmenden<br />
Unternehmen in zwei Kategorien eingeteilt, basierend<br />
auf einer Selbsteinschätzung des Inhalts:<br />
Die „<strong>GC</strong> Aktiv“-Ebene ist prinzipiell für alle Unternehmen gedacht,<br />
die alle <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Themenbereiche adressieren und<br />
40 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
41<br />
Reporting<br />
direkt mit ihren jeweiligen Anspruchsgruppen kommunizieren.<br />
Auf dieser Ebene erfolgt die Offenlegung und Transparenz der<br />
Umsetzung anhand von anerkannten Standards, wie sie etwa<br />
die <strong>Global</strong> Reporting Initiative festgelegt hat.<br />
Die „<strong>GC</strong> Fortgeschrittenen“-Ebene wiederum ist für jene Unternehmen<br />
gedacht, die sich selbst als Top-Performer begreifen und<br />
über Best Practices in den Bereichen Nachhaltigkeit, Governance<br />
und Management verfügen. Diese Unternehmen orientieren sich<br />
dabei am Themenkanon des „Blueprint for Corporate Sustainability<br />
Leadership“ und dem „UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Management Model“.<br />
Die jeweiligen Differenzierungs-Ebenen werden jährlich auf der<br />
Grundlage der aktuellen COPs festgelegt. Entscheidend ist für<br />
die Entwickler des Konzeptes, dass eindeutige Fortschritte in<br />
zwei als kritisch markierten Dimensionen erreicht werden: In<br />
erster Linie geht es natürlich um die unmittelbare Umsetzung<br />
aller Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Im Idealfall erreichen die<br />
Unternehmen dann Beispiele für komplexe Best Practices, wie sie<br />
der Blueprint for Corporate Sustainability Leadership beschreibt.<br />
Die zweite wichtige Dimension umfasst die Themenfelder Transparenz<br />
und Offenlegung. Es wird erwartet, dass die Unternehmen<br />
direkt und offen mit ihren Stakeholdern kommunizieren und<br />
dabei transparent Einblick geben, wie sie Nachhaltigkeits-Risiken<br />
und Chancen managen. Von diesen Unternehmen wird darüber<br />
hinaus erwartet, dass sie folgende Reporting-Instrumente<br />
und Regeln einhalten: Eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
gemäß der Richtlinien der <strong>Global</strong> Reporting Initiative, eine<br />
Verifizierung der Angaben durch unabhängige Dritte sowie<br />
schließlich die Entwicklung von integrierter Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung.<br />
ÜBeR 2.000 FIRMeN ausGesCHLOsseN –<br />
GLOBaL COMPaCt uNteRstReICHt DIe<br />
RePORtINGPFLICHt<br />
2.048 Unternehmen aus der ganzen Welt wurden bisher<br />
vom UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ausgeschlossen. Als Begründung<br />
nennt die UN Initiative das wiederholte Versäumen der<br />
Bekanntmachung von Fortschrittsberichten, die Auskunft<br />
darüber geben könnten, wie diese Firmen die zehn Prinzipien<br />
in ihre Strategien und Geschäftsprozesse einbinden. Nach<br />
den jüngsten Ausschlüssen umfasst der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
6.066 Unternehmen aus 132 Ländern.<br />
Die ausgeschlossenen Unternehmen stammen nicht nur<br />
aus Industrienationen, sondern auch aus Entwicklungsländern.<br />
Im Dezember 2010 lief ein Moratorium aus, welches<br />
den Ausschluss für Teilnehmer aus Entwicklungsländern<br />
zunächst zurückstellte, um vorher Gründe und Lösungen für<br />
einen systemischen Mangel an Offenlegung in bestimmten<br />
Märkten zu erkunden.<br />
Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> fordert von den teilnehmenden Unternehmen,<br />
dass diese jedes Jahr einen Fortschrittsbericht<br />
vorlegen. Geschieht dies über den Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden<br />
Jahren nicht, so wird das Unternehmen<br />
ausgeschlossen. Ein erneuter Beitritt zum <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
ist durchaus möglich, muss aber beantragt werden.<br />
„Wir entwickeln Transparenz und Offenlegung durch einen<br />
doppelten, ergänzenden Ansatz“, sagt Jerome Lavigne-<br />
Delville, Head of Communication on Progress des <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Office. „Auf der einen Seite treiben wir eine strikte<br />
Durchsetzung unserer Integritätsmaßnahmen voran, um<br />
sicherzustellen, dass jedes Unternehmen seine Fortschritte<br />
in jedem Jahr offenlegt. Auf der anderen Seite setzen wir<br />
Anreize und Anerkennung und bieten damit Unternehmen<br />
auf allen Ebenen Anknüpfungspunkte zur sinnvollen<br />
Umsetzung der Prinzipien in den Bereichen Strategie und<br />
Geschäftstätigkeit.“<br />
Um die bestehenden Synergien zwischen dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
und der <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) noch deutlicher<br />
hervorzuheben, arbeiten beide Initiativen eng zusammen,<br />
damit künftig die GRI Sustainability Reporting Guidelines<br />
(„GRI Guidelines“) ohne Aufwand in die jeweiligen Ebenen<br />
des Differenzierungsprogramms eingebettet werden können.<br />
ÜBeR DeN autOR<br />
Dr. Elmer Lenzen ist Herausgeber der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Jahrbücher.
Reporting<br />
Agenda<br />
WeIteRFÜHReNDe LIteRatuR<br />
The Transparent Economy: Six<br />
tigers stalk the global recovery –<br />
and how to tame them<br />
The report presents trends that<br />
will drive or constrain greater<br />
transparency and accountability.<br />
That need to rebuild trust after the<br />
financial crisis and the apparent<br />
reorientation towards a sustainable<br />
economy is being translated to<br />
calls for unprecedented levels of<br />
transparency. Within this context, The<br />
Transparent Economy explores how<br />
sustainability reporting, boosted by<br />
technology and the changing roles of<br />
top executives in organizations can<br />
help to deliver the information needed<br />
for a transparent and sustainable<br />
economy. Recommendations are made<br />
for business, financial institutions,<br />
governments and individuals. The<br />
Transparent Economy summarizes<br />
six challenges, nicknamed “TIGERS”,<br />
to which reporting and the reporting<br />
landscape need to respond. These<br />
challenges were then tested through<br />
an online survey to the GRI community.<br />
The GRI Sustainability Reporting<br />
Cycle: a handbook for<br />
small and not-so-small<br />
organizations<br />
If you are responsible for the<br />
implementation of a reporting process<br />
you must read this one! The first<br />
publication in the Learning Publication<br />
Series, The GRI sustainability reporting<br />
cycle: A handbook for small and<br />
not-so-small organizations is a stepby-step<br />
handbook providing expert<br />
guidance on the whole sustainability<br />
reporting process. Useful for<br />
beginners and experienced reporters<br />
alike.<br />
Let‘s report! Step-by-step<br />
guidance to prepare a basic GRI<br />
report<br />
The first publication in the Learning<br />
Publication Series, The GRI<br />
sustainability reporting cycle:<br />
A handbook for small and<br />
not-so-small organizations is a<br />
step-by-step handbook providing<br />
expert guidance on the whole<br />
sustainability reporting process.<br />
Useful for beginners and experienced<br />
reporters alike.<br />
Alle Bücher erhalten Sie unter www.<br />
globalreporting.org<br />
Practical Guide to Communication<br />
on Progress<br />
The first version of the Practical Guide<br />
to Communication on Progress was<br />
launched in 2005. This current revised<br />
edition of the guide contains updated<br />
information about creating, sharing and<br />
posting of a COP as well as practical<br />
examples of how companies are<br />
communicating progress. Also included<br />
are helpful definitions, tips on where<br />
to begin, examples and relevant GRI<br />
indicators. (UN<strong>GC</strong>, 2009)<br />
Making The Connection – Using GRI‘s<br />
G3 Guidelines for the COP<br />
This guide, produced in partnership<br />
with the <strong>Global</strong> Reporting Initiative,<br />
introduces and explores ways to<br />
address <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI)<br />
and <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Communication<br />
on Progress (COP) requirements<br />
simultaneously. By linking the GRI<br />
G3 Guidelines to the ten principles<br />
of the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Making the<br />
Connection assists companies in<br />
bridging the gap between the COP and<br />
other sustainability reporting vehicles.<br />
(UN<strong>GC</strong>/GRI, 2007)<br />
IIRC: The world is changing –<br />
reporting must too<br />
The Integrated Reporting Discussion<br />
Paper, Towards Integrated Reporting<br />
– Communicating Value in the 21st<br />
Century was launched on Monday 12th<br />
September <strong>2011</strong>. Integrated Reporting<br />
will provide more comprehensive<br />
and meaningful information about<br />
all aspects of an organization´s<br />
performance and position, presented<br />
in a much clearer, more concise and<br />
more user friendly format. In particular<br />
it will demonstrate the links between<br />
an organization´s financial performance<br />
and the social, environmental and<br />
economic context within which<br />
it operates. The development of<br />
Integrated Reporting is designed to<br />
enhance and consolidate existing<br />
reporting practices to move towards<br />
a reporting framework that provides<br />
the information needed to develop<br />
the global economic model to meet<br />
the challenges of the 21st century.<br />
Integrated Reporting will be clear and<br />
comprehensible, providing a meaningful<br />
assessment of the long term viability<br />
of an organization, meeting the<br />
information needs of investors and<br />
other stakeholders and supporting<br />
the effective allocation of financial,<br />
manufactured, human, intellectual,<br />
natural and social capital.<br />
Mehr unter www.theiirc.org<br />
Leading the Way in Communication<br />
on Progress<br />
This booklet provides inspiration and<br />
ideas on how to communicate progress<br />
in implementing the ten principles. It<br />
is the result of an ongoing dialogue<br />
between the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office and<br />
participating companies, and it reflects<br />
experiences and perspectives shared<br />
during a two-day workshop in March<br />
2006 in Geneva. (UN<strong>GC</strong>, 2006)<br />
Blueprint for Corporate<br />
Sustainability Leadership<br />
The Blueprint offers companies a<br />
model for achieving higher levels<br />
of performance and generating<br />
enhanced value through the <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>. It provides an action plan<br />
in three core areas: (i) integrating the<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ten principles into<br />
strategies and operations; (ii) taking<br />
action in support of broader UN goals<br />
and issues; and (iii) engaging with<br />
the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. The Blueprint<br />
identifies best practices in each of<br />
these dimensions, with a total of 50<br />
criteria for leadership.<br />
Designed to inspire advanced<br />
performers to reach the next level<br />
of sustainability, the Blueprint sets<br />
targets that all companies should work<br />
towards in order to ascend the learning<br />
and performance curve.<br />
The <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Self<br />
assessment Tool<br />
Translates the basic expectations<br />
raised by the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
principles into a number of practical<br />
self-assessment questions and<br />
performance indicators for companies.<br />
The tool enables companies to<br />
diagnose their performance across all<br />
four issue areas, inspire continuous<br />
improvement, and assist in the<br />
development of a Communication<br />
on Progress. (UN<strong>GC</strong>/DI/Ministry for<br />
Economic and Business Affairs of<br />
Denmark/IFU, 2010)<br />
Alle Bücher erhalten Sie unter<br />
www.unglobalcompact.org<br />
WeIteRFÜHReNDe LINks<br />
<strong>Global</strong> Reporting Initiative:<br />
http://globalreporting.org<br />
Integrated Reporting Initiative:<br />
http://theiirc.org<br />
Deutscher Nachhaltigkeitskodex:<br />
http://nachhaltigkeitsrat.de/deutschernachhaltigkeitskodex<br />
UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Differentiation<br />
Programme:<br />
http://unglobalcompact.org/COP/<br />
differentiation_programme.html<br />
Corporate Social Responsibility<br />
(CSR) in the EU:<br />
http://ec.europa.eu/social/main.<br />
jsp?catId=331&langId=en<br />
42 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
43<br />
Reporting
Agenda<br />
mit NAchhAlTIGKEITsINNOVATIONEN<br />
ZuR GReeN eCONOMY<br />
44 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
45<br />
Innovation<br />
Gegenwärtig entwickelt sich auf europäischer und internationaler<br />
Ebene ein neues Wirtschaftsleitbild: die Green Economy. Durch die<br />
UNEP wurde die Green Economy „als Wirtschaftsform definiert, die zu<br />
mehr Wohlfahrt und sozialer Gleichheit führt und dabei Umweltrisiken<br />
und ökologische Knappheiten deutlich reduziert“.
Von Dr. Jens Clausen<br />
Agenda<br />
Das Konzept der Green Economy verbindet gesellschaftliche<br />
Verantwortung von Unternehmen mit der Orientierung auf<br />
Märkte. Konkret entwirft die UNEP in <strong>2011</strong> ein neues Bild der<br />
Märkte für erneuerbare Energien, Bauen, Transport, Tourismus,<br />
Städte sowie Produktionstechnologien und Abfallwirtschaft.<br />
In allen diesen Bereichen soll sich viel ändern: Herstellung,<br />
Distribution und Konsum von Gütern und Dienstleistungen.<br />
Dabei spielen Nachhaltigkeitsinnovationen und ihre Durchsetzung<br />
an den Märkten eine wesentliche Rolle: Eine Nachhaltigkeitsinnovation<br />
ist die Durchsetzung solcher technischer oder<br />
sozialer Neuerungen, die zum Erhalt kritischer Naturgüter<br />
und zu global und langfristig übertragbaren Wirtschafts- und<br />
Konsumstilen und -niveaus beitragen.<br />
Beispiele für Nachhaltigkeitsinnovationen sind vielfältig. Da<br />
gibt es die Verbesserungsinnovationen, durch die Gebrauchsgüter<br />
wie Waschmaschinen oder Elektroherde energieeffizienter,<br />
Farben umweltverträglicher oder Nahrungsmittel<br />
umweltfreundlicher produziert werden. Deutlich stärker<br />
im Licht der Öffentlichkeit stehen Grundlageninnovationen<br />
wie Windkraftwerke oder Photovoltaik, die gegenwärtig die<br />
Stromerzeugung radikal verändern und immer wieder als<br />
Erfolgsbeispiel herangezogen werden, weil mit dem EEG ein<br />
so wirksames politisches Förderinstrument ersonnen wurde.<br />
Aber es gibt auch die Wärmewirtschaft, deren ökologische<br />
Technologien längst nicht so florieren wie die regenerative<br />
Stromerzeugung. Nahwärmenetze, tiefe Geothermie und<br />
Mehrebenenmodell zur analyse von transformationsprozessen<br />
Zunehmende Strukturierung<br />
lokaler Praktiken<br />
Megatrends<br />
Dominierendes<br />
soziotechnisches<br />
Regime<br />
Nischenniveau<br />
Märkte und Präferenzen<br />
der Nutzer<br />
Industrie<br />
Wissenschaft<br />
Politik<br />
Kultur<br />
Technologie<br />
Langzeitwärmespeicher sind Technologien, die die Zukunft<br />
der Wärmeversorgung der Zukunft prägen sollen, deren Entwicklung<br />
aber nicht annähernd so dynamisch verläuft, wie die<br />
der regenerativen Stromerzeugung. Und dann sind da noch<br />
die Innovationen mit Dienstleistungscharakter: Carsharing<br />
und Mitfahrzentrale, Biokisten-Lieferservice, serverbasierte<br />
Computersysteme oder neue Segeltechnologien für Seeschiffe.<br />
Bei all diesen Neuerungen muss sich das Nutzungsverhalten<br />
grundlegend umstellen. Und dies ist eine wesentliche Problematik<br />
für den Wandel.<br />
Das Spektrum der Nachhaltigkeitsinnovationen ist also weit:<br />
von relativ einfachen Verbesserungen bekannter Produkte<br />
über erfolgreiche Star-Innovationen bis in die Poor Dog Ecke<br />
derjenigen Neuerungen, für die die Veränderungskraft der<br />
Gesellschaft noch nicht komplett ausreicht.<br />
Wie kommt es zu Nachhaltigkeitsinnovationen?<br />
Im neuen Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der<br />
Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen (WBGU)<br />
wird die anstehende, große Transformation des Wirtschaftssystems<br />
zu einer Green Economy beschrieben. Die Transformation<br />
des dominierenden Regimes findet in diesem Modell<br />
durch zwei Einflüsse statt: durch Megatrends, die die Umwelt<br />
des Wirtschaftssystems verändern, und aus der Nische heraus<br />
durch „Pioniere des Wandels“.<br />
Zeit<br />
Plötzliches Ereignis<br />
Neues Regime<br />
beeinflusst Megatrends<br />
Quelle: WBGU <strong>2011</strong><br />
In der deutschen „Gründerzeit“ um 1870 hatte z.B. der Staat<br />
eine zentrale Rolle in der Unterstützung des Wandels, indem<br />
er vor allem die Gründung von Forschungseinrichtungen<br />
unterstützte und günstige Rahmenbedingungen für Unternehmensgründer<br />
schuf, die eine rasche Erschließung von neuen<br />
Geschäftsfeldern ermöglichten. Die „Wirtschaftszweige von<br />
Übermorgen“ wurden so schneller und effektiver erschlossen<br />
als in anderen Ländern. Vor genau dieser Herausforderung<br />
stehen Europa und die Welt auch heute. Und genau die oben<br />
beschriebenen zwei Dynamiken scheinen auch die Genese<br />
von Nachhaltigkeitsinnovationen zu fördern.<br />
Nachhaltigkeitsinnovationen haben ihren Ursprung nicht zuletzt<br />
im „dominierenden Regime“. Denn auch die etablierten<br />
Unternehmen spüren die Megatrends der Nachhaltigkeit und<br />
richten ihre Produktstrategie, wenn auch langsam, nach ihnen<br />
neu aus. Eine Vielzahl kleiner Verbesserungsinnovationen<br />
führte dazu, dass Produkte des täglichen Gebrauchs im Laufe<br />
der Jahre ressourceneffizienter, besser recyclebar oder in anderer<br />
Weise umweltfreundlicher geworden sind. Viele dieser<br />
Produkte werden von Unternehmen hergestellt und immer<br />
wieder verbessert, die seit über 100 Jahren am Markt sind. Als<br />
Beispiel sei hier das Unternehmen Miele genannt, dessen Maxime<br />
„Immer besser“ auf die Gründer des Unternehmens Miele,<br />
Carl Miele und Reinhard Zinkann, im Jahr 1899 zurückgeht.<br />
Gründer und ihre meist noch kleinen Unternehmen sind<br />
überhaupt für Innovationen wichtig. Sie sind diejenigen,<br />
auf die über die Hälfte aller Innovationen – genau 67 Prozent<br />
– und 95 Prozent der Grundsatzinnovationen seit dem<br />
zweiten Weltkrieg zurückgeführt werden können. Auch an<br />
den Nachhaltigkeitsinnovationen waren und sind Erfinder,<br />
Unternehmensgründer und kleine Unternehmen beteiligt. Solarthermie<br />
und Wärmepumpen, Windkraftanlagen und kleine<br />
Wasserkraft, Passivhäuser und Holzfertigbau: diese und noch<br />
viele weitere Nachhaltigkeitsinnovationen gehen auf Menschen<br />
zurück, denen der Umweltschutz nicht nur Lebens- sondern<br />
auch Unternehmensziel ist. Sie streben, wie in der Grafik des<br />
WBGU gezeigt, aus der Nische heraus die Veränderung des<br />
herrschenden Regimes an. Und spätestens heute, im zweiten<br />
Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, ist deutlich, dass sie es auch<br />
schon in einigen Branchen geschafft haben. Letztlich sind aber<br />
die Wege, auf denen Nachhaltigkeitsinnovationen entstehen,<br />
vielfältig. Die drei wichtigsten Pfade seien kurz beschrieben:<br />
1| Nachhaltigkeit als dominantes Ausgangsziel des Innovationsprozesses:<br />
Ausgangspunkt dieses Entstehungsweges sind Bedarfe<br />
und Missstände, die zumeist von Nicht-Regierungsorganisationen<br />
oder visionären Unternehmern als dringende<br />
Nachhaltigkeits probleme eingestuft werden. Die Deckung<br />
von Bedarfen oder die Beseitigung von Missständen als expliziter<br />
Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung bilden<br />
das dominante Ausgangsziel des Innovationsprozesses und<br />
prägen diesen über die gesamte Dauer der Realisierung.<br />
Die Genese des Windkraftsektors in Europa ist ein Beispiel<br />
für diesen Pfad.<br />
2| Nachhaltigkeit als integrales Unternehmensziel und<br />
strategischer Erfolgsfaktor:<br />
Nachhaltigkeit bildet hier nicht eine dominante und alles<br />
überragende Zielsetzung, sondern ist bei den involvierten<br />
Unternehmen als ein wichtiges und formal gleichrangiges<br />
Element in ein unternehmenspolitisches Zielbündel<br />
integriert. Die unternehmens politische Verankerung geht<br />
dem Innovationsprozess voraus. Nachhaltigkeit wird von<br />
relevanten Machtpromotoren als strategischer Erfolgsfaktor<br />
betrachtet, bildet eine normative Vorgabe und wird<br />
im Verlauf des Innovationsprozesses durch verschiedene<br />
Methoden und Instrumente geprüft und reflektiert. Viele<br />
Verbesserungsinnovationen von elektrischen Geräten, seien<br />
es Haushaltsgeräte, IT oder Produktionsanlagen, sind auf<br />
diesem Weg entstanden.<br />
3| Nachhaltigkeitsanforderungen als mögliches Korrektiv<br />
im laufenden Innovationsprozess:<br />
Nachhaltigkeitsaspekte rücken hier erst im Verlauf des<br />
Innovationsprozesses ins Bewusstsein der innovierenden<br />
Akteure, z.B. durch neue staatliche Vorschriften oder öffentliche<br />
Kritik. Wesentliche Erkenntnisse können auch<br />
aus Stakeholderdialogen hervorgegangen oder durch die<br />
CSR-Abteilung gewonnen worden sein. Die sukzessive Eliminierung<br />
von FCKWs und anderen umweltgefährlichen<br />
Stoffen, wie sie z.B. in der europäischen REACH-Verordnung<br />
aufgeführt sind, stellen Beispiele für diesen Innovationspfad<br />
dar.<br />
>><br />
46 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
47<br />
Innovation
Agenda<br />
Eine Nachhaltigkeitsinnovation ist die<br />
Durchsetzung solcher technischer oder sozialer<br />
Neuerungen, die zum Erhalt kritischer<br />
Naturgüter und zu global und langfristig<br />
übertragbaren Wirtschafts- und Konsumstilen<br />
und -niveaus beitragen.<br />
Nachhaltigkeitsinnovationen im Unternehmen fördern<br />
Eine Reihe von Erfolgfaktoren sind für die Entstehung und<br />
Durchsetzung von Nachhaltigkeitsinnovationen in Unternehmen<br />
wesentlich. Für die individuelle Bedeutung einzelner<br />
Erfolgsfaktoren kommt es aber ganz zentral darauf an, in<br />
welchem Markt das Unternehmen tätig ist. An drei Beispielen<br />
sei dies kurz gezeigt:<br />
So gibt es Unternehmen, die getragen von einer ökologisch<br />
motivierten Erfindung oder Innovation entstanden sind und<br />
diese in den Markt tragen wollen. Hier verkörpert das Unternehmen<br />
als ganzes die Nachhaltigkeitsinnovation, deren Erfolg<br />
sich aber daran bemisst, wie erfolgreich es dem Unternehmen<br />
gelingt, die Innovation in den Markt einzuführen. Gutes Management<br />
ist hier der Weg, die Innovation in der Gesellschaft<br />
wirksam zu machen. Falls nötig, muss über Partnerschaften<br />
oder strategische Allianzen nachgedacht werden, um die nötige<br />
wirtschaftliche Stärke zu Produktion und Vermarktung<br />
zu gewinnen. Der Erfinder des Smart, Nicolas G. Hayek, der<br />
Gründer der Swatch-Gruppe, ging eine solche Allianz mit<br />
Daimler Benz ein. So konnte der erste „Smartfortwo“ 1998<br />
erfolgreich in Serie gehen, ohne dass jedoch alle Ideen Hayeks<br />
im marktreifen „Smart“ noch enthalten gewesen waren.<br />
Andere Unternehmen produzieren ein breites Spektrum an<br />
Produkten, die ständig weiterentwickelt werden. Ein Vertreter<br />
von Henkel formulierte es einmal so: „Persil bleibt Persil, weil<br />
Persil nicht Persil bleibt.“ In großen Unternehmen ist es daher<br />
nötig, planmäßig in allen wesentlichen Entwicklungsteams<br />
Menschen zu platzieren, die den ökologischen Aspekt im<br />
Entwicklungsprozess betonen, die Anforderungen aus Vor-<br />
schriften und von Stakeholdern kennen und dafür sorgen, dass<br />
auch Nachhaltigkeitsziele im Entwicklungsprozess definiert,<br />
kontrolliert und erreicht werden.<br />
Wieder andere Unternehmen stellen irgendwann fest, dass sich<br />
neue Anbieter nicht mehr wie eine lästige Fliege verscheuchen<br />
lassen, sondern deren Marktanteile zusammen schon 10 Prozent<br />
des Gesamtmarktes überschritten haben und schnell weiter<br />
wachsen. Eine solche Entwicklung brachte Siemens zum Kauf<br />
des Windenergieanlagenherstellers Bonus und zur Gründung<br />
der Sparte Siemens Wind Power. In solchen Fällen ist es wichtig,<br />
den Markt zu beobachten und die richtigen strategischen<br />
Entscheidungen bei Mergers & Akquisitions zu treffen.<br />
Je nach Situation und Branche kann also die Herausforderung<br />
völlig unterschiedlich sein. Wichtig ist, die Vision der<br />
Nachhaltigkeit, die Idee der Green Economy zu begreifen, in<br />
der Firma zu verankern und in strategische Entscheidungen<br />
und Innovationen umzusetzen. Dabei ist für etablierte Firmen<br />
auch der Kontakt zum Umfeld des Unternehmens, den<br />
Stakeholdern und kritischen Anspruchsgruppen, wesentlich.<br />
Ökologisch orientierte Unternehmensgründer verstehen sich<br />
oft selbst als Teil dieses Umfeldes. Für sie ist daher vielleicht<br />
gerade der Kontakt zu anderen Unternehmen und der Aufbau<br />
von Partnerschaften in der Wissenschaft und die Entwicklung<br />
des Unternehmensnetzwerks von Bedeutung.<br />
ÜBeR DeN autOR<br />
Dr. Jens Clausen arbeitet im Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit<br />
gGmbH.<br />
48 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
49<br />
Innovation<br />
Nachhaltiges Handeln<br />
spielerisch fördern<br />
Social Games sind nicht nur ein beliebter Zeitvertreib und<br />
weit verbreiteter Freizeitspaß. So manches Online-Spiel<br />
hat zudem einen durchaus seriösen Hintergrund. Die Anwendungen<br />
können etwa das Umweltbewusstsein der User<br />
erhöhen und sie im Alltag zu einem „grüneren“ Verhalten<br />
bewegen. Anhand von Spieltechniken nach dem Vorbild der<br />
Serious Games – Lernspiele mit Unterhaltungswert – kann<br />
der Nachhaltigkeitsgedanke an die Massen herangetragen<br />
werden.<br />
Noch wird den nützlichen Nebenwirkungen der sozialen<br />
Spiele für PC, Smartphones oder auch Tablets eher wenig<br />
Beachtung geschenkt. Im beruflichen Alltag erweisen sie sich<br />
beispielsweise nicht nur als Arbeitszeitvernichter, sondern<br />
auch als Förderer der Produktivität, kommen als solche<br />
bislang aber kaum zum Einsatz. Durch den Gebrauch der<br />
Anwendungen in einem für Games untypischen Umfeld<br />
können die User den Angaben nach jedoch dazu ermuntert<br />
werden, gewünschte Verhaltensweisen anzunehmen und<br />
diese zu trainieren.<br />
Angesichts der sozialen Vernetzung entstehen im Web<br />
schnell Massenphänomene. Social Games mit Lernfaktor<br />
können daher einen durchaus bedeutenden Einfluss ausüben<br />
– etwa auf die Motivation der User, sich über einen<br />
nachhaltigeren Lebensstil zu informieren oder mit kleinen<br />
„grünen“ Handlungen im Alltag zum Umweltschutz beizutragen.<br />
So steigern sie das Bewusstsein über ein positives<br />
Umweltverhalten laut Studie bei 97 Prozent der Anwender.<br />
Knapp 60 Prozent der User ändern nach eigenen Angaben<br />
ihre eigenen Einstellungen.<br />
Die Social Games haben den Erkenntnissen zufolge die<br />
Macht, auf die tatsächlichen „grünen“ und nachhaltigen<br />
Verhaltensweisen der Menschen einzuwirken. Sie können<br />
somit einen gewissen erzieherischen Effekt haben. User<br />
versuchen nach entsprechenden Spielerfahrungen beispielsweise,<br />
weniger Strom zu verbrauchen und drehen das<br />
Licht ab, nutzen eher Energiesparlampen, gehen weniger<br />
verschwenderisch mit Wasser um oder kaufen vermehrt<br />
Produkte lokaler Anbieter.<br />
So suchte beispielsweise 2010 die Weltbank Lösungen für<br />
Afrika in einem Online-Game: Das Social-Online-Game „Urgent<br />
Evoke“ adressierte die dringlichsten globalen Probleme und<br />
begab sich mit dem Potenzial der Spieler auf die Suche nach<br />
Lösungen. Im Fokus standen die Entwicklungsprobleme in<br />
Afrika, die mit Vorschlägen und konkreten Taten durch die<br />
Gaming-Community bekämpft werden sollten. Die Weltbank<br />
hat das Projekt mit 500.000 Dollar unterstützt und hofft,<br />
in den Ergebnissen innovative und kreative Ansätze für die<br />
reale Welt zu finden.<br />
In einem Zeitraum von zehn Wochen arbeiteten die Urgent-<br />
Evoke-Spieler gemeinsam an zehn verschiedenen Szenarien<br />
und Problemstellungen, die Afrika und andere Erdteile in<br />
der realen Welt betreffen. Armut, die Verschlechterung<br />
der wirtschaftlichen Verhältnisse, Hunger, Wassermangel,<br />
Menschenrechte, nachhaltige Energien, Gesundheitsfürsorge<br />
oder Gewalt wurden dabei in Form eines Online-Comics<br />
thematisiert, in dem die Gamer um Hilfe gebeten werden.<br />
Punkte gab es für die Bewältigung von Aufgaben im realen<br />
Leben, die entsprechende Lösungsansätze liefern sollten.<br />
Dazu zählten etwa ehrenamtliche Tätigkeiten.<br />
Nach Abschluss aller zehn Aufgaben erhielten die Spieler<br />
ein Zertifikat von der Weltbank. Als Sieger gingen am<br />
Ende die Teilnehmer mit den meisten Punkten hervor. Am<br />
wertvollsten seien jedoch die Erfahrungen, die die User aus<br />
dem Spiel mitnehmen könnten, betonen die Betreiber. Auch<br />
könne Afrika so etwa zu einem höheren Innovationsgrad<br />
verholfen werden. Durch die geförderte Zusammenarbeit<br />
in der Gaming-Community könnte die Gesellschaft in Zukunft<br />
zudem mit großen Problemen leichter fertig werden.<br />
Der Erfolg des Spiels in der realen Welt soll im Anschluss<br />
anhand von Studien gemessen werden.
Agenda<br />
INteGRIeRtes<br />
technologie-roadmaPPing<br />
Angesichts der gestiegenen Dynamik und Komplexität<br />
der Umfeldbedingungen für Unternehmen<br />
kommt der Früherkennung und dem Monitoring<br />
technologischer, marktwirtschaftlicher,<br />
politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen<br />
eine immer größere Bedeutung für den Innovationserfolg<br />
zu. Die gestiegene Dynamik und Komplexität<br />
von Innovationsprozessen zeigen sich bei<br />
„nachhaltigen“ Innovationen in besonderer Weise,<br />
zumindest dann, wenn diese nicht ein „zufälliges<br />
Nebenprodukt“ betriebswirtschaftlicher Kalküle<br />
oder politischer Vorgaben, sondern das Resultat<br />
bewusster Zielsetzungen im Innovationsprozess<br />
sein sollen. Ein leistungsfähiges Instrument zur<br />
Beantwortung dieser Kernfragen sind Roadmaps.<br />
Sie sind eine Art Landkarte im erweiterten Sinne,<br />
die viele Einzelthemen bündeln, Handlungsoptionen<br />
identifizieren und Prioritäten benennen.<br />
Ausgehend vom Stand der Technik liefern Roadmaps<br />
Aussagen über Art, Geschwindigkeit und<br />
Richtung möglicher Technologieentwicklungen<br />
in einem Innovationskontext.<br />
Von Dr. Siegfried Behrendt<br />
50 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
51<br />
Innovation<br />
Allerdings greift angesichts der hohen Veränderungsdynamik der<br />
marktlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Entwicklungen<br />
eine Verengung des Roadmapping auf eine Technologievorausschau<br />
zunehmend zu kurz. Innovationen entziehen sich immer<br />
deutlicher einer nur technologischen Sichtweise und einem zu<br />
eng verstandenen unternehmerischen Kontext. Es geht nicht<br />
nur darum, Technikbilder zu produzieren, die das technisch<br />
Machbare fortschreiben, sondern vielmehr um eine Erweiterung<br />
der Perspektive durch sozioökonomische Aspekte und einen<br />
frühen Einbezug von Stakeholderanforderungen. Mit Blick auf<br />
eine frühzeitige Steuerung von Nachhaltigkeitseffekten reicht<br />
die Analyse von Marktsog und Technologiedruck nicht aus,<br />
vielmehr ist die Einbeziehung weiterer Push- und Pull-Faktoren<br />
notwendig, um frühzeitig nicht-intendierte gesundheitliche,<br />
ökologische oder soziale Nebenfolgen sowie nutzerbedingte<br />
Nachhaltigkeitseffekte identifizieren und steuern zu können.<br />
Dazu gehört insbesondere<br />
• die Beachtung rechtlicher Entwicklungen, gesellschaftlicher<br />
Leitbilder und von Visionen proaktiver Unternehmen.<br />
• die Frage nach Lösungsbeiträgen von Technologien zur Bewältigung<br />
sozio-ökonomischer Trends und gesellschaftlicher<br />
Herausforderungen.<br />
• das Suchfeld nicht nur auf Technologien oder Produkte zu<br />
begrenzen, sondern die Frage nach Nutzungs- und Funktionssystemen<br />
in den Vordergrund zu rücken.<br />
• neue Technologien und Applikationen über ihren Lebensweg<br />
zu analysieren und zu bewerten.<br />
Mit Blick auf diese Aufgabe wurde vom Institut für Zukunftsstudien<br />
und Technologiebewertung das Konzept der „Integrierten<br />
Technologie-Roadmap“ entwickelt. Mit der Integrierten<br />
Technologie-Roadmap (ITR) wird es möglich, mehrere<br />
Dimensionen zukunftsfähigen Wirtschaftens in dynamischen<br />
Technologiefeldern simultan zu betrachten. Sie fragt auch<br />
nach technologischen Lösungsbeiträgen zur Bewältigung von<br />
gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen und ökologischen<br />
Herausforderungen und rückt die Sicht der Stakeholder und<br />
Anwender in den Mittelpunkt. Beides hilft, Unsicherheiten bei<br />
Technologieentwicklung, Markteinführung und Geschäftsmodellen<br />
zu minimieren und die Richtungssicherheit zu erhöhen.<br />
Roadmapping als Instrument in Innovationsprozessen<br />
Roadmaps sind ein Instrument der Forschungs- und Entwicklungsplanung<br />
und können dort den intuitiv-strukturierten<br />
Suchverfahren zugeordnet werden. Die Bedeutung des Roadmapping<br />
besteht in der Bündelung vieler Einzelthemen, dem<br />
Identifizieren von Handlungsoptionen und dem Setzen von<br />
Prioritäten. Der Hauptnutzen liegt in der Bereitstellung mittel-<br />
bzw. langfristigen Orientierungswissens für unternehmerische<br />
und/oder politische Akteure. Mit der Weiterentwicklung des<br />
Konzeptes seit Mitte der 80er Jahre findet das Konzept immer<br />
stärkere Anwendung bei Unternehmen bis hin zu Industriezweigen,<br />
für gemeinsame, unternehmensübergreifende Technologieziele<br />
und bei der Bereitstellung von Orientierungen für<br />
die Forschungs- und Entwicklungspolitik.<br />
Soll über eine technikzentrierte, mehr oder weniger eindimensionale<br />
Betrachtung hinausgegangen werden und sollen<br />
darüber hinaus konkrete und praktische Ergebnisse erbracht<br />
werden, muss die Roadmap mehrere Anforderungen erfüllen:<br />
Erstens muss die Roadmap bezüglich des Umfangs der betrachteten<br />
Bereiche ein genügend großen Rahmen bieten, der<br />
die Komplexität übergeordneter Trends und Entwicklungen in<br />
ihrem Wirkungsgefüge abbildet und eine Orientierung (Auslöser,<br />
Triebkräfte, Veränderungsdynamik bei Märkten, Lebensstilen<br />
und Technologien etc.) bietet.<br />
Zweitens ist den komplexen Umwelten, der Unsicherheit von<br />
Trendaussagen und ungewissen Handlungsfolgen durch eine<br />
Komplexitätsreduktion entsprechend Rechnung zu tragen.<br />
Hierzu müssen Schwerpunkte gesetzt werden, um konkrete<br />
und über ohnehin bekannte Herausforderungen (Geschäftsfelder,<br />
Potenziale, Standardisierungsfragen etc.) hinausgehende<br />
Einsichten gewinnen zu können. Auf diese Fokusthemen, die<br />
wichtige Teilbereiche abdecken, müssen die verfügbaren Ressourcen<br />
mit Priorität konzentriert werden, weil dort konkrete<br />
Umsetzungen am ehesten erreichbar sind.<br />
Drittens stellt ein nachhaltigkeitsorientiertes Roadmapping<br />
besondere Anforderungen an die Komplexität von Systembetrachtungen,<br />
an die Abschätzung ökologischer und sozialer<br />
Wirkungen und den Umgang mit auftretenden Konflikten<br />
zwischen ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen<br />
Zielsetzungen. Da unter Bedingungen hoher Unsicherheit<br />
möglichst konkrete Aktivitäten aus Roadmaps abzuleiten<br />
sind, sind Expertenbefragungen (Unternehmen, Kunden,<br />
Wissenschaft), Szenario- und Modellierungstechniken als<br />
Strategien des „(Nicht)-Wissensmanagements“ zu nutzen,<br />
um Zukunftsbilder und Korridore möglicher Entwicklungen<br />
identifizieren zu können.<br />
Viertens stellt die Integration von Kunden und anderen Stakeholdern<br />
besondere Anforderungen an leistungsfähige Dialogstrukturen.<br />
Dies betrifft auch die Frage, welche künftigen<br />
Bedarfe und Bedürfnisse existieren könnten, die sich naturgemäß<br />
nicht vorhersehen lassen.<br />
Fünftens muss der unmittelbare und spätere Nutzen eines<br />
erweiterten Roadmapping deutlich und praxisnah vermittelbar<br />
sein. Sozio-ökonomische Zukunftsbilder müssen konkrete,<br />
neue Geschäftsmöglichkeiten oder Forschungsfelder sichtbar<br />
machen oder in Meilensteine, Aktivitäten und Maßnahmen<br />
für unternehmerisches bzw. politisches Handeln überführt<br />
werden können. Es geht um die Klärung der Frage: Welche<br />
Innovationen können eine Schlüsselposition auf dem Weg<br />
zu mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft einnehmen? >>
Agenda<br />
sCHRItte ZuR eRsteLLuNG eINeR NaCHHaLtIGkeItsORIeNtIeRteN ROaDMaP<br />
Die Erstellung der Roadmap besteht aus einem mehrstufigen Prozess, der mit der Eingrenzung des Suchfeldes beginnt und<br />
mit der Identifikation von Wertschöpfungsmöglichkeiten und Herausforderungen endet.<br />
sCOPING FOReCastING BaCkCastING ROaDMaP ReVIeW<br />
schritt 1: schritt 2: schritt 3: schritt 4: schritt 5:<br />
Bestimmung des<br />
Suchraums<br />
• Definition der<br />
Roadmap-Ziele<br />
• Auswahl von<br />
Suchfeldern<br />
• Festlegung des<br />
Filters<br />
• Skalierung der<br />
Zeitachse<br />
• Eingrenzung des<br />
geografischen<br />
Raumes<br />
Neue Rolle von Wirtschaftsverbänden<br />
Identifikation von<br />
Trends, Bedarfs-/<br />
Potenzialanalyse<br />
• Scanning von Literatur,<br />
Internet,<br />
Datenbanken<br />
• Ist-, Trend-, und<br />
Wirkungsanalyse<br />
• Selektion der<br />
wichtigsten<br />
Trends,<br />
Treiber etc.<br />
• Interviews mit<br />
Marktteilnehmern,Technologie-/Umfeld-<br />
Experten,<br />
Stakeholdern<br />
• Erstellung von<br />
Profilen mit Blick<br />
auf Trends,<br />
Visionen, Herausforderungen<br />
Für eine erfolgreiche Früherkennung von Innovationschancen<br />
und Risiken, neuen Geschäftsfeldern und Märkten kommt kooperativen<br />
Branchennetzwerken eine zunehmende Bedeutung<br />
zu. Wirtschaftsverbände können eine wesentliche Rolle für<br />
eine kooperative Technologiefrüherkennung spielen, indem<br />
sie eine Plattform für einen moderierten und strukturierten<br />
Erfahrungs- und Ergebnisaustausch schaffen. Daraus ergeben<br />
sich Chancen für effektivere Austauschbeziehungen, die weit<br />
über unternehmensorientierte Marktsignale und Technologieprognosen<br />
hinausgehen und Risiken identifizieren helfen<br />
können. Verbände fungieren zunehmend als neue „Intermediäre“<br />
und „Prozess- bzw. Beziehungspromotoren“. Sie können eine<br />
zentrale Bedeutung für eine kooperative Technologiefrüherkennung<br />
spielen, indem sie eine Plattform für einen moderierten<br />
und strukturierten Suchprozess sowie einen Erfahrungs- und<br />
Ergebnisaustausch schaffen. Eine systematische Zusammenarbeit<br />
von Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und<br />
Wissenschaft stellt eine neue Form des Roadmappings dar, die<br />
Identifikation von<br />
Chancen und<br />
Risiken<br />
• Entwicklung von<br />
Zukunfsbildern<br />
• Bildung von<br />
Arbeitsgruppen<br />
(Unternehmen,<br />
Experten, Stakeholder)<br />
• Indentifikation<br />
neuer Technologien,Applikationen<br />
und<br />
Dienstleistungen<br />
• Auswertung in<br />
Bezug auf:<br />
- F&E-Bedarfe<br />
- Standardisierungsbedarf<br />
- Akzeptanzfragen<br />
- Sicherheitsaspekte<br />
- Zeitliche Relevanz<br />
- Risiken<br />
Erstellung der<br />
Roadmap<br />
• Überführung der<br />
Ergebnisse in<br />
Meilensteine mit<br />
Zeithorizonten<br />
• Visiualisierung<br />
• Ableitung von<br />
Empfehlungen<br />
• Festlegung von<br />
Aktivitäten<br />
• Transfer und<br />
Kommunikation<br />
Validierung<br />
• VollständigkeitsundKonsistenzanalyse<br />
mehrfach erfolgreich erprobt wurde. Solche Roadmaps wurden<br />
beispielsweise für die Photovoltaik als einem relativ jungen<br />
dynamischen Technologiefeld und für die Informations- und<br />
Kommunikationstechnik als besonders relevanter Querschnittstechnologie<br />
erarbeitet. Dabei wurde auf den besonders wichtigen<br />
und dynamisch wachsenden Bereich arbeitsplatzbezogener<br />
Computerlösungen fokussiert. Eine besonders große Resonanz<br />
haben die Integrierten Roadmaps „Automation 2020+“ des<br />
Zentralverbands der Elektrotechnik und Elektronikindustrie<br />
(ZVEI) gefunden. Gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft,<br />
Investoren, Projektentwicklern und Infrastrukturbetreibern<br />
wurden Technologiebedarfe und Anforderungen identifiziert,<br />
um so die Potentiale dieser Märkte besser einschätzen und<br />
erschließen zu können. Diese Roadmaps fokussierten auf<br />
nachhaltigkeitsrelevante Zukunftsmärkte, unter anderem auf<br />
regenerative Kraftwerke, Bioraffinerien, Smart Grids, Wasserstoff<br />
als Energiespeicher, die Eliminierung von Mikroschadstoffen<br />
aus dem Abwasser oder stoffliche und energetische Nutzung<br />
von Klärschlamm. Der Fachverband Automation des ZVEI führt<br />
deshalb seine Roadmapping-Aktivitäten fort.<br />
Was kann das integrierte Roadmapping leisten?<br />
Als Fazit kann festgehalten werden, dass mit dem Roadmapping<br />
ein bewährtes und zunehmend verbreitetes Instrument zur<br />
Erzeugung von Orientierungswissen bei der Technologiefrüherkennung<br />
zur Verfügung steht, das in erweiterter Form zur<br />
innovationsstrategischen und forschungspolitischen Nachhaltigkeitsorientierung<br />
fruchtbar gemacht werden kann. Das<br />
integrierte Roadmapping kann dabei folgendes leisten:<br />
• Langfristperspektive: Früherkennung von Chancen und Risiken<br />
(z.B. von Rohstoffengpässen, Technologieanforderungen).<br />
• Potenzialabschätzung: Ermittlung der Nachhaltigkeitspotenziale<br />
(z.B. Marktrelevanz, Ressourceneffizienz).<br />
• Einbindung unterschiedlicher Akteursperspektiven z.B.<br />
Anwender, Investoren, Behörden und Wissenschaft.<br />
• Innovationsfahrplan: Entwicklung konkreter Maßnahmen zur<br />
Erschließung der Nachhaltigkeitspotenziale mit konkreten<br />
Zielsetzungen, Zeitplänen, Meilensteinen und Zuständigkeiten.<br />
• Identifizierung von Technologiebedarfen, Standardisierungsbedarfen,<br />
Forschungsbedarfen, Qualifizierungserfordernisse,<br />
Anwenderanforderungen und Bedingungen zur Erschließung<br />
von besonders relevanten Zukunftsmärkten.<br />
• Bündelung von Kompetenzen: Im Roadmapping werden<br />
spezifische Kompetenzen und Know-how aus Forschungseinrichtungen,<br />
Unternehmen, Verbänden und gesellschaftlichen<br />
Gruppen gebündelt. Dies kann von einzelnen Firmen,<br />
insbesondere KMU allein nicht geleistet werden. Sie erhalten<br />
einen direkten Zugang zu interdisziplinärem Wissen und<br />
zu spezifischem Know-how.<br />
• Einbindung von Branchenverbänden: Einbindung, Sensibilisierung<br />
und Aktivierung von Branchen- und Fachverbänden<br />
als (bisher wenig genutzte) Plattform zur Entwicklung von<br />
abgestimmten Innovationsfahrplänen zur Ressourceneffizienz<br />
und als potenzielle Multiplikatoren für den Transfer der<br />
Ergebnisse in das Innovationsmanagement von Unternehmen<br />
(mit Pilotcharakter).<br />
• Marktchancen: Aufzeigen von Möglichkeiten und Strategien<br />
zur Schaffung und Erweiterung von Märkten für Effizienztechnologien<br />
und Identifikation von Pilotprojekten für<br />
deutsche Unternehmen auf zentralen Zukunftsmärkten.<br />
• Innovationsimpulse für Unternehmen: Impulse zur Verknüpfung<br />
der Roadmap mit operativen Aktivitäten in Innovationspolitik<br />
und -management der Unternehmen zur<br />
Erschließung von Nachhaltigkeitspotenzialen.<br />
Die Erfahrungen aus den verschiedenen Roadmappingprojekten<br />
können auch auf andere Technologiefelder übertragen und<br />
als wesentliches Element einer nachhaltigkeitssorientierten<br />
Innovationspolitik genutzt werden.<br />
ÜBeR DeN autOR<br />
Dr. Siegfried Behrendt, Dipl.-Politologe, Dipl.-Biologe, ist Koordinator und Projektleiter<br />
am Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung IZT gGmbH.<br />
52 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
53
Agenda<br />
tRaNsGOVeRNaNCe –<br />
NAchhAlTIGKEIT NEu BETrAchTET<br />
In diesem Artikel stellen wir Überlegungen vor, Nachhaltigkeitsgovernance neu zu betrachten.<br />
Ein halbes Jahr vor der großen UN Nachhaltigkeitskonferenz in Rio de Janeiro ist es geboten,<br />
dass wir uns fragen, warum wir bislang in zentralen Fragen nachhaltiger Entwicklung so langsam<br />
vorankommen. Wir wissen alle, dass wir dringend nachhaltigere Prozesse und Lebensstile<br />
in Wirtschaft und Gesellschaft brauchen.<br />
Von Dr. Louis Meuleman und Falk Schmidt<br />
Ein besseres Gleichgewicht zwischen Umwelt, sozialem Wohlergehen<br />
und Wohlstand beinhaltet auch die Verantwortung für<br />
zukünftige Generationen, und Viele stimmen mit diesem Ziel<br />
überein. Aber gleichzeitig wissen wir auch, dass Ökonomien,<br />
Regierungen und das Verhalten der Bürger oft noch nicht nachhaltig<br />
sind. Wir verbrauchen mehr Ressourcen als wir sollten,<br />
verursachen den Klimawandel und andere globale Krisen in<br />
einem gefährlichen Ausmaß, und wir sind mitverantwortlich für<br />
Hunger, extreme Wetterereignisse und soziale Ungleichheiten.<br />
Andererseits gibt es auch viele Möglichkeiten: Die Menschheit hat<br />
mehr Wissen und Instrumente als jemals zuvor, um Lösungen<br />
für die Menschen und den Planeten zu finden.<br />
Governance<br />
Die derzeitigen Regelungen für gemeinsame Entscheidungen<br />
führen nicht zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Deshalb<br />
brauchen wir Veränderungen bzw. Transformationen. Diese<br />
Governance-Frage haben wir im TransGov-Projekt des Institute<br />
for Advanced Sustainability Studies (IASS), Potsdam, untersucht.<br />
Unser Ergebnis ist, dass unser bisheriges Scheitern durch eine<br />
Reihe von Engführungen im Denken und Handeln verursacht<br />
wird. So zum Beispiel der Glaube, dass zentralisierte und allein<br />
rechtlich-verbindliche Regelungen immer die besten oder<br />
sogar einzigen Möglichkeiten sind, dass die Umsetzung einer<br />
54 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
55<br />
Innovation<br />
nachhaltigen Entwicklung unter Berücksichtigung kultureller<br />
Vielfalt oft als ein Hindernis angesehen wird und ‚hegemoniales<br />
Denken‘ damit Vorschub geleistet wird, dass es keine belastbare<br />
Alternative zum Mainstream der heute geforderten Formen von<br />
Wirtschaftswachstum gibt, dass die Wissenschaft immer objektiv<br />
und unbestritten sein kann und sollte, dass die Beteiligung der<br />
Zivilgesellschaft und der Wirtschaft an wichtigen politischen<br />
Entscheidungen eher eine ‚Mode‘ denn notwendige Gelingensbedingung<br />
ist. Neue Governance-Ideen sollten sich mit diesen<br />
Vorstellungen auseinandersetzen, weil darüber zwar schon oft<br />
geschrieben worden ist, derlei Vorstellungen aber weiterhin tief<br />
im vorherrschenden Denken und Handeln verwurzelt sind.<br />
Komplexität als Herausforderung<br />
Bisherige Governance-Konzepte scheinen die Komplexität unserer<br />
Zeit nicht adressieren zu können. Im TransGov-Projekt haben<br />
wir drei zeitgenössische Gesellschaftskonzepte miteinander<br />
verbunden, die beyond mainstream sich dieser Frage annehmen.<br />
Die erste theoretische Linse rankt sich um das Phänomen Reflexivität.<br />
Wir erkennen, dass soziale Systeme inhärent reflexiv sind<br />
und sich linearem Denken per se verschließen. Jeder Versuch,<br />
zukünftige Entwicklung zu prognostizieren, sollte mit einem<br />
gehörig Maß an Bescheidenheit auftreten und einen hohen<br />
Grad an Unsicherheit akzeptieren. Dies klingt trivial und wird<br />
dennoch häufig missachtet.<br />
Das zweite Konzept ist die Wissensdemokratie: Wir leben in<br />
Zeiten zunehmender Spannungen zwischen alten und neuen<br />
Formen der Politik, Wissenschaft und Medien. Zunehmend wird<br />
die repräsentative Demokratie mit einer partizipatorischen Demokratie<br />
gemischt, es ko-existieren klassische und soziale Medien<br />
(social media), mit oder ohne Kooperation, und die Wissenschaft<br />
befindet sich ebenfalls inmitten eines Konfliktes, einerseits immer<br />
bessere disziplinäre Forschung zu generieren, andererseits den<br />
gemeinsamen Prozess von Wissenschaft und Praxis für die Erörterung<br />
von Fragen wie der einer nachhaltigen Entwicklung zu<br />
akzeptieren und in transdisziplinäre Forschung zu überführen.<br />
Der dritte Kontext ist der der Zweiten Modernität (Ulrich Beck).<br />
Wir leben in einer Welt, in der Lösungen nicht länger eine Frage<br />
von bottom-up oder top-down, von Regierungs- oder Nichtregierungsorganisationen,<br />
von detaillierten oder umfassenden Regulierungsansätzen<br />
sind. Es geht vielmehr um die „Kunst“, beides<br />
zu verbinden. Das bedeutet aber auch, dass tabula rasa keine<br />
Option ist. Die Komplexität der Zweiten Moderne, die scheinbar<br />
und tatsächlich widersprüchliche Anforderungen an uns richtet,<br />
erfordert Pluralität in unseren Antworten und Governance-Formen.<br />
Transgovernance: Pluralität statt Simplizität<br />
Wir sind davon überzeugt, dass Entscheidungsträger in Politik,<br />
Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft<br />
anfangen sollten, sich neuen Governance-Arrangements zu<br />
öffnen und über herkömmliche Fixierungen und Stereotype<br />
hinausgehen müssen. Widersprüchliches bietet Chancen. Die<br />
Elimination von Widersprüchen und andersartigen Denkanstößen<br />
durch viele klassische Konzepte unseres Denkens und<br />
Handelns hat uns nicht zur Nachhaltigkeit geführt, oft zum<br />
Gegenteil. Nachhaltigkeit erfordert „Governance beyond...“<br />
oder Transgovernance. Dies bedeutet, Transgovernance muss<br />
sich stützen auf eine kulturell sensiblen Metagovernance, die<br />
situationsspezifisch Governance- und Führungsformen zur<br />
Anwendung kommen lässt; auf mehr Transdisziplinarität, also<br />
eine immer schon bestehende Verquickung von Theorie und<br />
Praxis; auf Grenzen überschreitende Ansätze; auf neuen und<br />
interaktiven Methoden, zum Beispiel zur Neubewertung von<br />
„Fortschritt“ – oder allgemeiner in Richtung Verantwortlichkeit,<br />
Zuverlässigkeit und Führung.<br />
Unsere Überlegungen sind, in Zeiten wo allenthalben nach<br />
großen, umfassenden Lösungen gerufen wird, gerade deshalb<br />
eine Herausforderung, weil sie bescheiden sind: Grundlegende<br />
Veränderungen in sozialen Systemen werden nur allmählich<br />
und schrittweise eine transformative Kraft entfalten. Eine Transformation<br />
unserer nicht nachhaltigen Systeme und Prozesse<br />
wiederum ist unausweichlich geboten. In einer Wissensdemokratie<br />
ist es besser zu überzeugen, als zu befehlen. Auch wenn<br />
man sich Einsichten in der Tat bisweilen nicht mehr entziehen<br />
kann, klafft zwischen Erkennen und Handeln oft eine Lücke,<br />
die durch gemeinsame Praxis geschlossen werden muss.<br />
Wir sollten Verschiedenheit als etwas Positives in Besitz nehmen<br />
und nicht als eine Belastung für unser Streben nach mehr<br />
Nachhaltigkeit ansehen. Obwohl Effizienz und Standardisierungen<br />
ein mächtiges Werkzeug sind, können sie auch die<br />
Innovationskraft von Vielfalt ausschalten. Über die Rolle von<br />
Vielfalt in Bezug auf innovatives Denken und Handeln hinaus ist<br />
kulturelle Vielfalt eine der wichtigsten Schätze der Menschheit,<br />
der unsere besondere Beachtung verdient.<br />
Transgovernance ist ein „Ansatz“ statt ein „Rezept“. Im ausführlichen<br />
TransGov-Bericht haben wir einige vorgeschlagen, zum<br />
Beispiel globale Innovationsnetzwerke von Regierungen und<br />
Unternehmen, Innovationswettbewerbe für kleine und mittlere<br />
Unternehmen, Nationalstaaten in einer neuen Rolle als Prozessarchitekten,<br />
eine neue Diplomatie für internationale Abkommen.<br />
Doch die Governance-Herausforderungen für Nachhaltigkeit<br />
gehen über das Entwerfen von einzelnen Lösungsstrategien<br />
hinaus. Wesentlich ist es, eine langfristige Orientierung zu<br />
entwickeln, die die Komplexität unserer Zeit – nicht selten in<br />
quasi-paradoxen Ergebnissen wie zum Beispiel „Glocalisation“<br />
vorliegend – zu verstehen imstande ist. Damit einhergehend<br />
müssen wir anerkennen, dass erfolgreiche Veränderungen<br />
oft nur von innen (Intraventionen) kommen, statt von außen<br />
(Interventionen) auferlegt werden.<br />
Kulturelle Vielfalt und wirtschaftliche Akteure<br />
Mit Beispielen von Unternehmen kann konkreter illustriert<br />
werden, worum es hier geht. Mehr und mehr Firmen sind für<br />
nachhaltige Entwicklung engagiert. „Frontrunner“ vereinen<br />
sich, z. B. in Initiativen wie dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> oder dem<br />
World Business Council for Sustainable Development, und<br />
unterstützen, komplementieren und fordern nationale Regierungen<br />
und internationale Organisationen heraus, Politik für<br />
eine nachhaltige Entwicklung zu implementieren. Transgovernance<br />
bedeutet, dies nicht nur „zuzulassen“, sondern weiter zu<br />
stimulieren. Private Unternehmen haben dabei oft schon >>
Agenda<br />
die Innovationskraft von Vielfalt erkannt. Unter Bezugnahme<br />
auf Edward de Bono‘s Eintreten für „Querdenken“ und andere<br />
nicht-lineare Ansätze von Innovation, hat die kanadischen<br />
Firmenchefin Singer gesagt, dass kulturell vielfältigen Organisationen<br />
sehr innovativ sein können, wenn ihre „kulturelle<br />
Intelligenz“ auch verwendet wird. Sie argumentiert weiter,<br />
dass auch multinationale Konzerne wie Procter & Gamble<br />
dies mittlerweile verstehen und Ansätze implementieren, in<br />
denen Vielfalt Homogenität übertrifft. Viele Unternehmen sind<br />
beispielsweise in Indien (oder nahezu beliebig vielen anderen<br />
Ländern) gescheitert, weil sie mit ihren Strategien gegenüber<br />
geltenden Normen und Werte nicht sensitiv waren bzw. sind.<br />
Die Herausforderung, kulturelle Vielfalt von einem Hindernis<br />
in eine Chance umzuwandeln, war der Grund, warum IBM<br />
vor mehr als 30 Jahren den Soziologen Hofstede beauftragte,<br />
100.000 IBM Mitarbeitern systematisch zu befragen, um kulturelle<br />
Unterschiede zu finden und für Lösungsstrategien nutzbar<br />
zu machen. Verschiedene Corporate-Governance-Theoretiker<br />
haben belegt, dass nationale Kulturen als „Mutter von Pfadabhängigkeiten“<br />
in Corporate Governance-Systeme gesehen<br />
werden können. Will man dies ändern, müssen ganz im Sinne<br />
der oben genannten intraventions diese System (von innen her)<br />
verstanden und umgebaut werden.<br />
Offene Innovationsnetzwerke<br />
Viele Unternehmen haben nicht nur die positive Kraft kultureller<br />
Diversität entdeckt, auch technologische Innovationen<br />
liegen zu großen Teilen in ihren Händen. Wir wollen hier mit<br />
einem Beispiel für Transgovernance-Denken schließen und<br />
ein institutionelles Arrangement kurz zusammenfassen, das<br />
auch für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> von Interesse sein kann: die Idee<br />
globaler Innovationsnetzwerke für Nachhaltigkeit. In vielen<br />
Märkten und deren Segmenten sind es eine begrenzte Anzahl<br />
von Unternehmen, die dominierend sind. Diese Unternehmen<br />
arbeiten oft mit Universitäten und anderen (wissenschaftlichen)<br />
tRaNsGOVeRNaNCe<br />
Dieser Artikel fasst einige Schlussfolgerungen zusammen<br />
aus dem TransGov-Projekt und dessen Schlussbericht:<br />
„Transgovernance: The Quest for Sustainability<br />
Governance“, ein Projekt des Institute for Advanced<br />
Sustainability Studies (IASS), Potsdam. Der Bericht wurde<br />
von Prof. Dr. Roeland J. in ´t Veld zusammengestellt,<br />
mit Beiträgen von den anderen TransGov-Mitgliedern<br />
der Lenkungsgruppe Prof. Dr. Klaus Töpfer, Dr. Louis<br />
Meuleman (Projektleiter) und Dr. Günther Bachmann<br />
und den Forschungsstipendiaten Dr. Stefan Jungcurt,<br />
Dr. Jamel Napolitano, MSC Alexander Perez-Carmona<br />
und Falk Schmidt.<br />
Dieser Bericht wird in gedruckter Form und auch als<br />
Open-Source-Veröffentlichung zum Download unter<br />
www.iass-potsdam.de/ erhältlich sein.<br />
Akteuren zusammen und haben eine Führungsrolle bei technologischen<br />
Entwicklungen inne. In vielen Fällen operieren sie<br />
in business-to-business Ketten mit Zulieferern und Subunternehmen.<br />
Sie berichten heutzutage an die breitere Öffentlichkeit<br />
über ihre Nachhaltigkeitsperformance. Viele Mitarbeiter<br />
insbesondere in höheren Rängen größerer Unternehmen sind<br />
offen gegenüber Fragen der Nachhaltigkeit. Innerhalb von<br />
R & D-Abteilungen entwickeln Fachleute Positionen und Werte,<br />
die häufig eng mit jenen wichtiger NGOs in vergleichbaren<br />
Fragen verbunden sind. Zunehmend sind Arbeitgeber mit<br />
einem hohen Nachhaltigkeitsprofil auch besonders attraktiv<br />
für kompetente Fachleute, und umgekehrt.<br />
Die öffentliche Hand kann versuchen, nicht nachhaltige Entwicklungen<br />
zu stoppen, kann aber nur begrenzt Einfluss auf die<br />
Pfade technologischer Entwicklung von solchen Unternehmen<br />
ausüben. Regierungen sollten daher ein Regulierungssystem<br />
entwickeln, das Wettbewerbsvorteile dann entstehen lässt,<br />
wenn Unternehmen nachhaltiger wirtschaften und nicht, wie<br />
derzeit noch allzu oft gegeben, wenn gerade nicht nachhaltig<br />
gewirtschaftet wird. Man kann sich gut vorstellen, dass große<br />
Unternehmen – vielleicht auch unter dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> –<br />
ein Netzwerk formen, das bevorzugte Muster der technologischen<br />
Entwicklung im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit beurteilt. So<br />
ein (globales) Netzwerk würde ein Indikatorensystem liefern,<br />
der Kommunikation dienen, Möglichkeiten für naming, faming<br />
and shaming produzieren. Solch ein Netzwerk wäre aber auch<br />
zu verbinden mit communities der Kunden und NGOs, die in<br />
den Dialog treten und Informationen über unternehmerische<br />
Praktiken sammeln. Crowd Sourcing diente hierbei dem „Faktencheck“,<br />
um sowohl vergleichbare Bewertungsgrundlagen zu<br />
haben als auch Betrug zu entdecken. Die Macht der Kunden<br />
und Konsumenten würde dann voll mobilisiert – in einem<br />
mit Transgovernance verstandenem Regulierungsansatz auch<br />
und insbesondere zum Vorteil der an Transformationen hin zu<br />
mehr Nachhaltigkeit interessierten Unternehmen.<br />
ÜBeR DIe autOReN<br />
Dr. Louis Meuleman und Falk Schmidt arbeiten am Potsdamer Institute for Advanced<br />
Sustainability Studies am Transgov-Projekt. Bis 2010 war Dr. Meuleman<br />
Generälsekretär des niederländischen „Advisory Council for Research on Spatial<br />
Planning, Nature and Environment“ (RMNO) in Den Haag.<br />
56 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
57<br />
Innovation<br />
Innovations-Tools<br />
tOOLs uND BÜCHeR<br />
Fichter, K.; Beucker, S.;<br />
Noack, T.; Springer, S. (2007):<br />
„Entstehungspfade von<br />
Nachhaltigkeitsinnovationen“<br />
nova-net Werkstattreihe, Stuttgart<br />
Online unter www.borderstep.de<br />
vom 19.10.<strong>2011</strong><br />
Louis Meuleman (Hrsg):<br />
„Transgovernance: advancing<br />
Sustainability Governance“<br />
Frankfurt 2012: Springer Verlag<br />
(in Vorbereitung)<br />
antoni-Komar, I.; Lehmann-<br />
Waffenschmidt, M.; Pfriem, R.;<br />
Welsch, H. (2010):<br />
„Wenke 2 – Wege zum nachhaltigen<br />
Konsum“<br />
Metropolis, Marburg<br />
Pfriem, R.; antes, R.; Fichter, K. et al.<br />
(Hrsg. 2006):<br />
„Innovationen für eine Nachhaltige<br />
Entwicklung“<br />
Deutscher Universitäts Verlag,<br />
Wiesbaden<br />
Kauffman Center for Entrepreneurial<br />
Leadership (1999):<br />
„<strong>Global</strong> Entrepreneurship Monitor:<br />
National Entrepreneurship<br />
assessment – United States of<br />
america“<br />
Kansas City, MO<br />
UNEP (2010):<br />
„Driving a Green Economy through<br />
public finance and fiscal policy<br />
reform“<br />
Online unter www.unep.org<br />
vom 17.10.<strong>2011</strong><br />
Behrendt, S.:<br />
„Integriertes Roadmapping“<br />
Springer Verlag, Heidelberg, Berlin,<br />
New York 2010<br />
Timmons, Jeffrey a. (1998):<br />
„america’s Entrepreneurial<br />
Revolution:<br />
The demise of Brontosaurus<br />
Capitalism“<br />
Babson College, F.W. Olin Graduate<br />
School of Business<br />
UNEP (<strong>2011</strong>):<br />
„Towards a Green Economy.<br />
Pathways to Sustainable<br />
Development and Poverty<br />
Eradication.“<br />
Online unter www.unep.org<br />
vom 17.10.<strong>2011</strong><br />
WBGU (<strong>2011</strong>):<br />
„Welt im Wandel.<br />
Gesellschaftsvertrag für eine<br />
Große Transformation“<br />
Hauptgutachten <strong>2011</strong>, Berlin<br />
Online unter www.wbgu.de<br />
vom 19.10.<strong>2011</strong><br />
ZVEI:<br />
„Integrierte Roadmap<br />
automation 2020+:<br />
Zukunftsmärkte und<br />
Technologieanforderungen“<br />
Frankfurt/Main 2010<br />
zu den Themenfeldern Energie, Wasser<br />
und Abwasser sowie Megacities<br />
Loew, T.; Clausen, J.; Hall, M.; Braun,<br />
S. (2009):<br />
„Fallstudien zu CSR und Innovation:<br />
Praxisbeispiele aus <strong>Deutschland</strong> und<br />
den USa“<br />
Berlin, Münster, Hannover<br />
Online unter www.borderstep.de<br />
vom 19.10.<strong>2011</strong><br />
Bundesministerium für<br />
Umwelt, Naturschutz und<br />
Reaktorischerheit (BMU Hrsg. 2008):<br />
„Megatrends der Nachhaltigkeit –<br />
Unternehmensstrategie neu denken“<br />
Berlin<br />
Online unter www.borderstep.de<br />
vom 19.10.<strong>2011</strong><br />
Clausen, J.; Fichter, K.; Winter, W.<br />
(<strong>2011</strong>):<br />
„Diffusionsverläufe von<br />
Nachhaltigkeitsinnovationen:<br />
eine empirische analyse von 100<br />
Diffusionsfällen“<br />
Berlin<br />
Online unter www.borderstep.de<br />
ab Anfang 2012
Best Practice<br />
Menschenrechte<br />
ABB<br />
Bertelsmann<br />
Deutsche Post DHl<br />
entwicklUng & PArtnerschAft<br />
GIZ<br />
lavaris Technologies<br />
Merck<br />
csr MAnAgeMent<br />
Cewe Color<br />
Daimler<br />
ernst & Young<br />
HypoVereinsbank<br />
PwC<br />
Volkswagen<br />
wilkhahn<br />
Für die redaktionellen Beiträge dieser rubrik sind ausschließlich die unternehmen und ihre Autoren selbst verantwortlich.<br />
ArbeitsnorMen<br />
evonik<br />
MAN<br />
TeCTuM Group<br />
UMweltschUtz<br />
BASF<br />
Bayer<br />
Bosch<br />
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
Deutsche Telekom<br />
enBw<br />
FAI rent-a-jet<br />
Forest Carbon Group<br />
Heraeus<br />
HoCHTIeF<br />
Miele<br />
rwe<br />
ABB<br />
BASF<br />
Bayer<br />
Bertelsmann<br />
Bosch<br />
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
Cewe Color<br />
Daimler<br />
Deutsche Post DHl<br />
Deutsche Telekom<br />
enBw<br />
ernst & Young<br />
evonik<br />
FAI rent-a-jet<br />
Forest Carbon Group<br />
GIZ<br />
Heraeus<br />
HoCHTIeF<br />
HypoVereinsbank<br />
lavaris Technologies<br />
MAN<br />
Merck<br />
Miele<br />
PwC<br />
rwe<br />
TeCTuM Group<br />
Volkswagen<br />
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59<br />
60<br />
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110<br />
112<br />
114<br />
wilkhahn
ABB<br />
Kontinuierliches<br />
Mitarbeiterengagement<br />
hilft<br />
Menschen in Not<br />
Von Alexander Vogler<br />
Verantwortungsvolles Handeln ist Teil der ABB-unternehmensstrategie.<br />
So fördert die deutsche ABB aktiv das soziale<br />
engagement ihrer Mitarbeiter. Bei Spendenaktionen im rahmen<br />
humanitärer Hilfe beispielsweise verdoppelt das unternehmen<br />
den von den Mitarbeitern eingebrachten Betrag. Bereits<br />
seit 2004 unterstützt ABB die Hilfsorganisation CAre.<br />
„Alleine in den vergangenen zwei Jahren<br />
organisierte ABB <strong>Deutschland</strong> drei<br />
Spendenaktionen: für die Opfer des Erdbebens<br />
in Haiti, für die Betroffenen der<br />
Flutkatastrophe in Pakistan und für die<br />
Erdbeben- und Tsunamiopfer in Japan.<br />
„Das Außergewöhnliche bei ABB ist das<br />
kontinuierliche Mitarbeiterengagement“,<br />
sagt Dr. Anton Markmiller, Generalsekretär<br />
von CARE <strong>Deutschland</strong>-Luxemburg<br />
e.V. „Diese Solidarität ist beeindruckend!“<br />
Soziale, ökologische und ökonomische<br />
Ziele miteinander in Einklang zu<br />
bringen, bestimmt das Handeln von<br />
ABB. „Wir helfen unseren Kunden mit<br />
marktgerechten Produkten und Dienstleistungen,<br />
ihre Leistung zu verbessern<br />
und gleichzeitig die Umweltbelastung<br />
zu reduzieren“, so Personalchef Volker<br />
Barzyk. „Darüber hinaus setzen wir alles<br />
daran, unserer sozialen Verantwortung<br />
gerecht zu werden.“<br />
Um Menschen in verheerenden Notsituationen<br />
effektiv und spürbar zu helfen,<br />
greift das Unternehmen auf sein seit<br />
vielen Jahren bewährtes Spendenkon-<br />
zept zurück. Im Kern sieht dies vor, dass<br />
die deutsche ABB den von den Mitarbeitern<br />
gespendeten Betrag aufrundet<br />
und verdoppelt. „Oft ist es sogar so, dass<br />
viele Mitarbeiter schon privat gespendet<br />
haben und die Verdopplung der Spende<br />
durch den Arbeitgeber sie motiviert,<br />
einen weiteren Beitrag zu leisten“, sagt<br />
Wilhelm Kuper, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats<br />
von ABB <strong>Deutschland</strong><br />
und einer der Geschäftsführer der ABB<br />
Unterstützungseinrichtung (UE), über<br />
die die Hilfsaktionen koordiniert werden.<br />
Die Aktionen werden grundsätzlich<br />
kommunikativ begleitet. Regelmäßige<br />
Beiträge im firmeneigenen Intranet informieren<br />
über den aktuellen Spendenstand<br />
und den Verwendungszweck der<br />
Gelder. Die hohe Spendenbereitschaft<br />
erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass<br />
die Mitarbeiter wissen, dass das Geld da<br />
ankommt, wo es gebraucht wird.<br />
Bereits seit acht Jahren arbeitet ABB<br />
mit CARE zusammen. „Über die Zeit<br />
hinweg hat sich ein Vertrauensverhält-<br />
nis zwischen beiden Seiten aufgebaut“,<br />
so Kuper. „Wir wissen, wie gut diese<br />
Hilfsorganisation aufgestellt ist. CARE<br />
setzt die Spendengelder effizient ein<br />
und bewirkt damit nachhaltig Gutes“,<br />
ergänzt Barzyk. So zum Beispiel auch<br />
in Haiti, Pakistan und Japan, wo große<br />
Katastrophen bis heute Spuren der Zerstörung<br />
hinterlassen und viele Menschen<br />
um ihr Hab und Gut gebracht haben.<br />
Das Erdbeben in Haiti im Januar 2010<br />
forderte mehr als 220.000 Tote, über 1,5<br />
Millionen Menschen wurden obdachlos.<br />
Einige Monate später brach zudem die<br />
Cholera aus und verbreitet sich rasend<br />
schnell im ganzen Land. Nothilfe und<br />
Wiederauf bau gehen Hand in Hand:<br />
Während CARE die Menschen dabei unterstützt,<br />
sanitäre Einrichtungen, Übergangshäuser<br />
oder Schulen zu bauen,<br />
werden an Cholera erkrankte Menschen<br />
in Gesundheitszentren versorgt.<br />
Die ABB-Mitarbeiter unterstützten CARE<br />
mit Spenden in Höhe von insgesamt<br />
25.336,12 Euro. Der Arbeitgeber ließ<br />
CARE insgesamt 52.000 Euro zukommen.<br />
60 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
61<br />
Best Practice<br />
In Pakistan sind über 14 Millionen Menschen<br />
von der Flutkatastrophe betroffen,<br />
die sich Mitte 2010 ereignete. CARE<br />
konzentriert sich hier vor allem auf die<br />
medizinische Versorgung der Bevölkerung<br />
und den Wiederauf bau des Landes. Die<br />
Hilfsorganisation hilft mit Notunterkünften,<br />
Medikamenten, Lebensmitteln, Trinkwasser,<br />
schafft neue Einkommensquellen,<br />
etabliert Zentren zur Traumabewältigung<br />
und fördert die Landwirtschaft. Die Mitarbeiter<br />
von ABB und das Unternehmen<br />
insgesamt setzten mit 35.000 Euro ihr<br />
Zeichen für Humanität.<br />
In Japan verwüsteten ein Erdbeben und<br />
ein folgender Tsunami im März <strong>2011</strong><br />
einen großen Teil der Ostküste. Über das<br />
havarierte Atomkraftwerk Fukushima ist<br />
fast in Vergessenheit geraten, dass noch<br />
heute zehntausende Menschen unter<br />
den Folgen der Naturkatastrophe leiden<br />
und in Notunterkünften leben müssen.<br />
CARE versorgt Betroffene mit Lebensmitteln,<br />
Hygiene-Paketen, Küchenutensilien,<br />
Matratzen und Decken. Ferner werden<br />
soziale Einrichtungen wie Schulen und<br />
Heime mit Transportdiensten, Rollstühlen<br />
und anderen Gerätschaften unterstützt.<br />
54.000 Euro waren das Ergebnis<br />
der Japan-Spendenaktion bei ABB.<br />
„Ich danke den Mitarbeitern und dem<br />
Management für ihre großartige Unterstützung<br />
über all die Jahre hinweg“, so<br />
CARE-Generalsekretär Markmiller. „Ich<br />
wünsche mir, dass ABB weiterhin unsere<br />
Arbeit unterstützt, denn gemeinsam<br />
können wir viel bewegen!“<br />
Links: Über 14 Millionen Menschen<br />
in Pakistan waren von den schweren<br />
Überflutungen im Sommer 2010 betroffen.<br />
Mit mobilen Kliniken versorgte CAre die<br />
Bevölkerung in entlegenen Gebieten und<br />
konnte so dem Ausbruch von Seuchen<br />
vorbeugen.<br />
CAre ABB<br />
CAre <strong>Deutschland</strong>-luxemburg<br />
e.V.: CAre wurde 1945 in den uSA<br />
gegründet, um Hunger und Ver-<br />
zweiflung in europa mit mehr als<br />
100 Millionen CAre-Paketen<br />
zu lindern. Heute ist CAre eine<br />
international tätige Hilfsorganisation.<br />
unabhängig von<br />
politischer Anschauung, reli-<br />
giösem Bekenntnis oder ethnischer<br />
Herkunft setzt CAre sich<br />
weltweit für Not leidende, arme<br />
und ausgegrenzte Bevölkerungs-<br />
gruppen ein. Mit Projekten zur<br />
langfristigen entwicklung werden<br />
die ursachen der Armut bekämpft.<br />
Mitte: Nach dem verheerenden<br />
erdbeben in Haiti im Januar 2010 verteilte<br />
CAre unmittelbar Hygiene-Pakete an die<br />
obdachlosen Menschen. Sie enthielten<br />
Seife, wasserbehälter und das Nötigste, um<br />
in den Zeltlagern gesund zu bleiben.<br />
Rechts: Tausende Menschen wurden durch<br />
den Tsunami in Japan obdachlos. CAre bot<br />
in evakuierungszentren warme Mahlzeiten<br />
an und leistete psychosoziale unterstützung,<br />
vor allem für Kinder und Frauen.<br />
ABB in <strong>Deutschland</strong> erzielte<br />
im Jahr 2010 einen umsatz<br />
von 3,03 Milliarden euro und<br />
beschäftigte zum 30. Juni <strong>2011</strong><br />
knapp 10.000 Mitarbeiter. ABB<br />
ist führend in der energie- und<br />
Automationstechnik. Das<br />
unternehmen ermöglicht<br />
seinen Kunden in der<br />
energieversorgung, der<br />
Industrie und im Handel, ihre<br />
leistung zu verbessern und die<br />
umweltbelastung zu reduzieren.<br />
Der ABB-Konzern beschäftigt<br />
etwa 130.000 Mitarbeiter in rund<br />
100 ländern.
BASF<br />
weltweit für den<br />
Klimaschutz<br />
wird in den nächsten Jahren in die entsprechenden Technologien investiert, lassen sich laut<br />
weltklimarat im Jahr 2030 global rund 31 Milliarden Tonnen Co 2 -emissionen vermeiden.<br />
Die chemische Industrie bietet bereits heute Produkte und lösungen für Klimaschutz und<br />
energieeffizienz in zahlreichen unterschiedlichen Bereichen. Forschung und entwicklung spielen<br />
für die entwicklung künftiger Technologien eine wesentliche rolle: Bei BASF fließen derzeit<br />
beispielsweise etwa ein Drittel der Forschungs- und entwicklungsinvestitionen in Produkte und<br />
Technologien zur Steigerung der energieeffizienz.<br />
Von Dr. Cordula Mock-Knoblauch und Antje Schabacker<br />
Vielfältige Chancen für Unternehmen<br />
bieten energieeffiziente sowie ressourcenschonende<br />
Produktionsprozesse –<br />
und Produkte, die helfen, das Klima<br />
zu schützen. Die BASF-Produkte für<br />
den Klimaschutz vermeiden bei ihrer<br />
BASF Co 2 -Bilanz 2010<br />
Wir reduzieren<br />
Emissionen entlang der<br />
Wertschöpfungskette.<br />
Emissionen entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungskette (Mio. t CO 2 e/a):<br />
Verwendung mindestens doppelt so<br />
viele Emissionen wie sie durch ihre<br />
Herstellung und Entsorgung verursachen.<br />
So unterstützt BASF ihre Kunden<br />
bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen.<br />
Ob Energiegewinnung,<br />
Weitere Quellen 3<br />
Transport 4<br />
Entsorgung 29<br />
Nutzung von<br />
BASF-Endprodukten 56<br />
BASF Produktion 25<br />
Rohstoffe 43<br />
CO 2 e-Emissionen BASF Produktion (GHG Protocol Scope 1&2)<br />
CO 2 e-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (GHG Protocol Scope 3)<br />
Mobilität oder Wohnungsbau: Die in<br />
2010 verkauften Produkte reduzieren<br />
die Treibhausgasemissionen von BASF-<br />
Kunden von 1.720 Millionen Tonnen auf<br />
rund 1.400 Millionen Tonnen – also<br />
etwa 320 Millionen Tonnen vermiedene<br />
Wir helfen unseren Kunden,<br />
ihren „CO 2 -Footprint“ zu<br />
verkleinern.<br />
Emissionsvermeidungen:<br />
322 Mio. t CO 2 e/a<br />
CO 2 e-Emissionen bei Kunden (Mio. t CO 2 e/a):<br />
Ohne Nutzung der BASF Produkte: 1720<br />
Mit Nutzung der BASF Produkte: 1398<br />
62 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
63<br />
Best Practice<br />
Klimaschutz: Bei BASF ein bedeutender Teil der<br />
Strategie<br />
Seit 2008 hat BASF als erstes global tätiges Industrieunternehmen einen<br />
Klimaschutzbeauftragten. Der leiter des Kompetenzzentrums umwelt,<br />
Gesundheit & Sicherheit, Dr. ulrich von Deessen, ist Mitglied im Nachhaltigkeitsrat<br />
der BASF und koordiniert weltweit alle Klimaschutz-bezogenen<br />
unternehmensaktivitäten. „Klimaschutz ist als eine der zentralen<br />
gesellschaftlichen und unternehmerischen Herausforderungen ein integraler<br />
Bestandteil der BASF-Nachhaltigkeitsstrategie“, sagt von Deessen.<br />
Emissionen. Mit rund 260 Millionen<br />
Tonnen leisten Produkte für den Sektor<br />
Bauen und Wohnen wie zum Beispiel<br />
Dämmstoffe und Beton-Additive dabei<br />
den größten Beitrag.<br />
Auch in der eigenen Produktion ist<br />
nachhaltiges, verantwortungsvolles<br />
Wirtschaften wichtiger Bestandteil der<br />
BASF-Unternehmensstrategie. Über die<br />
gesetzlichen Vorgaben hinaus engagiert<br />
sich das Chemieunternehmen seit Langem<br />
mit globalen Zielen für energieeffiziente<br />
und ressourcenschonende Produktionsprozesse.<br />
Den wesentlichen Beitrag der<br />
BASF zur weltweiten Reduktion von Treibhausgasemissionen<br />
zeigt die CO 2 -Bilanz.<br />
CO 2 -Bilanz der BASF<br />
Als weltweit erstes Unternehmen veröffentlicht<br />
BASF seit 2008 regelmäßig eine<br />
umfassende CO 2 -Bilanz. Sie verdeutlicht,<br />
wie viele Treibhausgase ausgestoßen,<br />
aber auch vermieden werden. „Dazu<br />
erfassen wir nicht nur die Emissionen<br />
an den eigenen Standorten, sondern<br />
zum Beispiel auch jene, die bei unseren<br />
Lieferanten durch die Herstellung der<br />
Rohstoffe und Vorprodukte entstehen.<br />
Links: Der blaue Fußabdruck stellt<br />
alle Co -emissionen entlang der BASF-<br />
2<br />
wertschöpfungskette dar. Der orangefarbende<br />
Fußabdruck zeigt, dass sich durch<br />
die Nutzung der im Jahr 2010 verkauften<br />
BASF-Produkte für den Klimaschutz der<br />
Co -Fußabdruck der Kunden merklich<br />
2<br />
verkleinert.<br />
Wir berücksichtigen die gesamte Wertschöpfungskette“,<br />
erläutert Ulrich von<br />
Deessen, Leiter des Kompetenzzentrums<br />
Umwelt, Gesundheit & Sicherheit und<br />
Klimaschutzbeauftragter bei BASF (siehe<br />
auch Kasten).<br />
Die Berichterstattung basiert auf dem<br />
„Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting<br />
and Reporting Standard“ der<br />
Greenhouse Gas Protocol Initiative. Im<br />
Rahmen dieser Initiative haben Nachhaltigkeitsexperten<br />
aus mehr als 60<br />
Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen<br />
unter der Leitung des<br />
World Business Council for Sustainable<br />
Development sowie des World Resources<br />
Institute in einem mehrjährigen<br />
Prozess den Standard, der im Oktober<br />
<strong>2011</strong> veröffentlich wurde, erarbeitet.<br />
Die BASF-Experten haben ihr Know-how<br />
aus der Entwicklung der Methodik zur<br />
Erstellung der CO 2 -Bilanz eingebracht.<br />
„Mit der CO 2 -Bilanz machen wir unsere<br />
Leistungen beim Klimaschutz messbar<br />
und können unsere Aktivitäten effektiv<br />
steuern“, so von Deessen. „Kunden,<br />
Aktionäre und die breite Öffentlichkeit<br />
können nachvollziehen, wie wir die<br />
Treibhausgaseffizienz unserer Aktivitäten<br />
entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />
steigern und welchen Beitrag<br />
unsere Produkte zum Schutz des Klimas<br />
leisten.“<br />
Anspruchsvolle Ziele für die Zukunft<br />
Um als energieintensives Industrieunternehmen<br />
ökologische und wirtschaftliche<br />
Vorteile zu verbinden, ist für BASF eine<br />
Energie- und Treibhausgas-effiziente<br />
Produktion zentraler Schlüssel zum Erfolg.<br />
BASF setzt sich darum seit 2002<br />
globale Ziele für Energieeffizienz und<br />
Klimaschutz. So soll die Energieeffizienz<br />
der Produktionsprozesse bis zum<br />
Jahr 2020, verglichen mit 2002, um 25<br />
Prozent verbessert werden. 23 Prozent<br />
konnten bereits in 2010 erreicht werden.<br />
Zugleich sollen die spezifischen<br />
Emissionen von Treibhausgasen pro<br />
Tonne Verkaufsprodukt um mindestens<br />
25 Prozent sinken. Dieses Ziel wurde in<br />
2010 erstmals erreicht. Neue Ziele zur<br />
Reduktion der Emission von Treibhausgasen<br />
werden darum derzeit erarbeitet.<br />
Die wichtigsten Beiträge zur Steigerung<br />
der Treibhausgaseffizienz sind BASFeigene<br />
Katalysatoren, die in Anlagen<br />
klimaschädliche Gase zersetzen sowie<br />
die hocheffiziente Energieerzeugung<br />
und -nutzung. Die zur eigenen Energieerzeugung<br />
überwiegend genutzten<br />
Gas- und Dampfturbinen in Kraft-Wärme-<br />
Kopplungsanlagen erzeugen Energie mit<br />
einem Wirkungsgrad von nahezu 90 Pro-<br />
zent. Die Kopplung von Produktionsanlagen<br />
im Verbundsystem der BASF ermöglicht<br />
die Nutzung von überschüssiger<br />
Wärme in einer Anlage zur Beheizung<br />
eines Prozesses in einer anderen Anlage.<br />
Die wesentlichen Zukunftsthemen beim<br />
Klimaschutz sind für BASF die Weiterentwicklung<br />
des Klimaschutz-Produktportfolios<br />
und die Reduktion der Treibhausgasemissionen<br />
entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungskette. „Bei unseren Be-<br />
mühungen zur Emissionsreduktion entlang<br />
der gesamten Wertschöpfungskette<br />
nimmt die Logistik derzeit einen Schwerpunkt<br />
ein. Zudem analysieren wir die<br />
Emissionen, die mit dem Einkauf von<br />
Rohstoffen und Vorprodukten verbunden<br />
sind“, betont von Deessen.
BAYer<br />
Intelligente Technologien<br />
für den Klimaschutz<br />
Klimaschutz und ressourcenschonung stellen die welt vor große Herausforderungen. Innovative<br />
lösungen für effizientere ressourcennutzung und reduktion von Treibhausgasemissionen<br />
sind Beispiele, wie Bayer Verantwortung für Klima und umwelt übernimmt. Mit seinem einsatz<br />
für die entwicklung umweltfreundlicher Technologien unterstützt unser unternehmen die umweltprinzipien<br />
des uN<strong>GC</strong>. ein aktuelles Projekt betrifft die Nutzung des Treibhausgases Co 2 als<br />
rohstoff für die Kunststoffherstellung.<br />
Von Dr. Wolfgang Große Entrup<br />
Jahr für Jahr erreicht die Kohlendioxid-<br />
Konzentration in der Atmosphäre einen<br />
neuen Höchstwert. Vor dem Hintergrund<br />
des drohenden Klimawandels ist daher<br />
jede Maßnahme wertvoll, die hilft, weitere<br />
CO 2 -Emissionen in die Atmosphäre<br />
zu vermeiden.<br />
Genau das gelingt uns in einem aktuellen<br />
Projekt. Mehr noch: Gemeinsam mit<br />
Partnern gehen wir dabei noch einen<br />
Schritt weiter. Wir helfen nicht nur,<br />
Emissionen zu verhindern. Wir zeigen<br />
darüber hinaus sogar, dass man aus dem<br />
Abgas CO 2 einen Rohstoff machen kann.<br />
Wir nutzen ihn für die Herstellung eines<br />
Vorprodukts hochwertiger Polyurethane.<br />
Dieser vielseitig verwendbare Werkstoff<br />
findet sich in zahlreichen Gegenständen<br />
des täglichen Lebens – in Sitzmöbeln,<br />
eine realistische Zukunftsvision: Polster für<br />
Matratzen aus Schaum, der unter anderem<br />
aus Kohlendioxid produziert wird.<br />
Matratzen und Leichtbauteilen ebenso<br />
wie in Lacken, Klebstoffen oder hocheffizienten<br />
Dämmstoffen.<br />
Um das klimaschädliche Kohlendioxid<br />
als Rohstoff für hochwertige Materialien<br />
nutzbar zu machen, war zuvor allerdings<br />
ein historischer technologischer Durchbruch<br />
nötig. Bis vor kurzem war es nämlich<br />
extrem energieaufwändig, CO 2 für<br />
die Polymer-Synthese zu nutzen. Unter<br />
Chemikern galt dieses Unterfangen daher<br />
jahrzehntelang als „Traumreaktion“.<br />
Ein Traum wird Wirklichkeit<br />
Doch dann gelang Bayer-Forschern ein<br />
wichtiger Schritt in der Katalyseforschung.<br />
Im Rahmen des Projekts „Dream<br />
Reaction“ fanden sie einen Katalysator,<br />
der die Verwendung von CO 2 in Kunststoffprodukten<br />
erst möglich macht. Zusammen<br />
mit Partnern von der RWTH<br />
Aachen und vom CAT Catalytic Center<br />
in Aachen wurde die einstige Traumreaktion<br />
damit schließlich Wirklichkeit.<br />
Inzwischen läuft das Folgeprojekt:<br />
„Dream Production“ – eine Gemeinschaftsinitiative<br />
von Chemieindustrie<br />
und Energiewirtschaft, eine Kooperation<br />
von Wissenschaft und Wirtschaft. Das<br />
ungewöhnliche Konsortium bildet in<br />
einzigartiger Weise die gesamte Wertschöpfungskette<br />
ab – vom Rohstoff hin<br />
zum fertigen Produkt. Unter der Projektleitung<br />
von Bayer können Synergien in<br />
Bereichen wie Rohstoffverfügbarkeit<br />
und Katalyse so ideal genutzt werden.<br />
Der Teilkonzern Bayer MaterialScience<br />
betreibt seit Februar <strong>2011</strong> im Chempark<br />
Leverkusen eine Pilotanlage, in der CO 2<br />
mithilfe des Katalysators in ein chemisches<br />
Vorprodukt für Polyurethane eingebaut<br />
wird. Das Kohlendioxid stammt<br />
aus dem Abgas eines Kohlekraftwerks<br />
des Projektpartners RWE Power AG. Das<br />
Unternehmen trennt das CO 2 dafür mit-<br />
64 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
65<br />
Best Practice<br />
tels der sogenannten Rauchgaswäsche<br />
ab. Die Folge: Das klimaschädliche Gas<br />
entweicht nicht mehr in die Atmosphäre.<br />
Und es dient sogar noch als Rohstoff für<br />
Polyurethan-Produkte.<br />
Der Gewichtsanteil des Kohlendioxids<br />
in dem Polyurethan-Vorprodukt liegt<br />
deutlich im zweistelligen Prozentbereich.<br />
Üblicherweise basiert diese Vorstufe auf<br />
chemischen Grundstoffen, die aus Erdöl<br />
oder Erdgas gewonnen werden. In dem<br />
Maße, in dem das Kohlendioxid genutzt<br />
wird, können also fossile Rohstoffe eingespart<br />
werden. Ein echter Beitrag zur<br />
Ressourcenschonung.<br />
Und natürlich ein Beitrag zum Klimaschutz.<br />
Allerdings darf dieser auch<br />
nicht überschätzt werden. Denn die<br />
Mengen CO 2 , die auf diese Art und<br />
Weise produktiv genutzt werden, sind<br />
vor dem Hintergrund der weltweiten<br />
Treibhausgas-Emissionen relativ gering.<br />
Gleichwohl ist die Dream Production ein<br />
erster wichtiger Schritt bei der industriellen<br />
Verwertung von CO 2 in chemischen<br />
Produkten. Und es geht bereits weiter.<br />
Inzwischen versuchen Bayer-Forscher,<br />
Kohlendioxid auch für die Synthese eines<br />
weiteren Vorprodukts (Isocyanat) von<br />
Polyurethanen zu verwenden.<br />
Weniger Strom für die<br />
Chlorherstellung<br />
Eine andere Technologieverbesserung hilft<br />
ebenfalls, CO 2 -Emissionen zu reduzieren.<br />
Und auch dabei war Bayer der maßgebliche<br />
Initiator. Es geht um die Herstellung<br />
von Chlor. Dieser in der chemischen Industrie<br />
außerordentlich wichtige Rohstoff<br />
wird insbesondere für die Produktion von<br />
Kunststoffen benötigt. Doch die Chlorherstellung<br />
gehört zu den energieintensivsten<br />
chemischen Prozessen. So verschlingt der<br />
dazu benötigte Strom etwa die Hälfte der<br />
Produktionskosten.<br />
Schon vor einigen Jahren machte Bayer<br />
gemeinsam mit Partnern die elektrolytische<br />
Chlorgewinnung aus Salzsäure<br />
deutlich energieeffizienter. Mit Hilfe der<br />
sogenannten Sauerstoffverzehrkathoden-<br />
Technologie gelang es, den Strombedarf<br />
– und damit auch die CO 2 -Emissionen –<br />
um 30 Prozent zu senken. Nach einer<br />
Pilotanlage in Brunsbüttel haben wir<br />
mittlerweile in China eine großtechnische<br />
Anlage in Betrieb genommen.<br />
Bayer testet die Herstellung von<br />
Kunststoffen mithilfe von Co . In dieser<br />
2<br />
neuen Pilotanlage im Stammwerk<br />
in leverkusen wird das Co in einen<br />
2<br />
chemischen rohstoff eingebunden.<br />
Und inzwischen ist es sogar gelungen,<br />
diese Technologie auch auf das mengenmäßig<br />
bedeutendste Verfahren für<br />
die Chlorherstellung zu übertragen: auf<br />
die Elektrolyse von Kochsalz. Auch dort<br />
gelingt es nun, den Stromverbrauch –<br />
und damit die Treibhausgasemissionen<br />
– um bis zu 30 Prozent zu reduzieren.<br />
Eine erste großtechnische Anlage ging<br />
<strong>2011</strong> an unserem Standort in Krefeld-<br />
Uerdingen in Betrieb.<br />
Käme diese Technologie in ganz <strong>Deutschland</strong><br />
flächendeckend zum Einsatz, ließe<br />
sich allein dadurch so viel elektrische<br />
Energie einsparen, wie die gesamte Millionenstadt<br />
Köln benötigt. Noch größer<br />
ist das globale Potenzial. Schließlich<br />
werden derzeit weltweit jedes Jahr rund<br />
60 Millionen Tonnen Chlor hergestellt.<br />
Entsprechend hoch sind die energiebedingten<br />
Treibhausgas-Emissionen. Wir<br />
werden unser neues Verfahren daher<br />
auch anderen Chlorproduzenten anbieten,<br />
um hier zu einem möglichst großen<br />
Einspareffekt zu verhelfen.<br />
Innovation fördert nachhaltige<br />
Entwicklung<br />
Die Herausforderungen, die noch vor uns<br />
liegen, sind groß. Doch unsere Erfolge in<br />
der Vergangenheit haben gezeigt, dass<br />
wir mit vielen kleinen Schritten etwas<br />
erreichen können. Auch unsere Kooperationen<br />
und Partnerschaften rund um<br />
Forschung und Entwicklung bilden eine<br />
entscheidende Grundlage, um global<br />
umweltfreundliche Technologien und<br />
klimagerechtere Lösungen mit jeweils<br />
spezifischer regionaler Wirkung zu entwickeln.<br />
Viele Ideen und Projekte stecken erst in<br />
den Kinderschuhen. Aber wir sind auf<br />
dem Weg! Und so viel ist klar: Ohne weitere<br />
Innovationen wird es nicht gehen,<br />
wenn wir in unserem Tun nachhaltiger<br />
werden wollen. Und genau an diesen Innovationen<br />
wird Bayer weiter forschen.
BerTelSMANN<br />
orchester der<br />
leseförderung<br />
Gemeinsam mit der Stiftung lesen und dem Goethe-Institut<br />
konzipierte die Bertelsmann AG 2010 eine bundesweit einzigartige<br />
leseförder-Initiative: „lesespaß“ in Gütersloh. Bewährte<br />
und innovative Maßnahmen werden modular miteinander<br />
verzahnt, um mit einem ganzheitlichen Ansatz größtmögliche<br />
effekte zu erzielen. Schon nach einem Jahr steht fest: Das<br />
Konzept geht auf – und empfiehlt sich zur Nachahmung.<br />
Von Stephan Knüttel<br />
Lesen ist auch im Zeitalter des Internets<br />
die Grundlage für Kommunikationskompetenz:<br />
Nur wer lesen kann, kann im<br />
Beruf mithalten und an der Gesellschaft<br />
teilhaben. Angesichts dieser Tatsache ist<br />
es erschreckend, dass es in <strong>Deutschland</strong><br />
7,5 Mio. funktionale Analphabeten gibt.<br />
Jeder vierte Deutsche liest nicht einmal ein<br />
einziges Buch pro Jahr und die PISA-Studie<br />
(2001-2009) ergab, dass ein Fünftel aller<br />
Jugendlichen überhaupt nicht lesen kann.<br />
Diesem Zustand versuchen Bertelsmann AG,<br />
Stiftung Lesen und Goethe-Institut mit<br />
der gemeinsamen Initiative „Lesespaß“<br />
entgegenzuwirken. Zu ihrem 175. Firmengeburtstag<br />
hat die Bertelsmann AG<br />
die Initiative der Stadt Gütersloh zum<br />
Geschenk gemacht, um den „Lesespaß“ am<br />
Stammsitz von Bertelsmann zu steigern.<br />
Das Besondere an der Initiative ist die<br />
zeitliche und räumliche Konzentration<br />
vieler aufeinander auf bauender Lesefördermaßnahmen<br />
für verschiedenste<br />
Zielgruppen – ein Orchester der Leseförderung.<br />
Dabei richtet sich das Programm<br />
besonders an so genannte leseferne<br />
Schichten, also beispielsweise Familien<br />
mit Migrationshintergrund oder Haushalte<br />
mit formal niedriger Bildung. Um<br />
diese Zielgruppen zu erreichen, geht die<br />
Initiative unterschiedlichste Wege: „Wir<br />
nutzen auch ungewöhnliche Herangehensweisen<br />
wie Theaterspiel, Lesungen<br />
mit Liegestützen und Rap-Musik, um die<br />
Lesefreude zu wecken und zu fördern“, erklärt<br />
Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des<br />
Goethe-Instituts. Den ganzheitlichen Ansatz<br />
stärkt, dass eng mit Partnern vor Ort<br />
zusammengearbeitet wird, beispielsweise<br />
66 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
67<br />
Best Practice<br />
Links: lesen macht Spaß – dies versucht<br />
die Initiative in verschiedenen Projekten zu<br />
vermitteln.<br />
Unten: rTl-Moderatorin Nina Moghaddam<br />
gab 2010 bei einem großen Kinderfest den<br />
Startschuss zur Initiative „lesespaß“.<br />
mit Schulen, Kindertagesstätten, Sportvereinen,<br />
Kinder- und Jugendärzten sowie<br />
den Institutionen der Stadt Gütersloh.<br />
„Eine Vielzahl an Förderprojekten ist gut<br />
– ihr systematisches Zusammenspiel ungleich<br />
besser. Das belegt eindrucksvoll<br />
die Initiative ‚Lesespaß‘ in Gütersloh: Als<br />
konzertierte Aktion bündelt sie rund 25<br />
Projekte und erreicht damit insbesondere<br />
leseferne Zielgruppen“, so Jörg Maas,<br />
Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen.<br />
Die Projekte decken dabei ein breites<br />
Spektrum ab: So heißt es beispielsweise<br />
jeden Monat „Eintritt frei“ in den<br />
Gütersloher Kinos, wenn aktuelle und<br />
altbekannte Literaturverfilmungen für<br />
Familien mit Kindern gezeigt werden.<br />
Mehr als ein Dutzend Unternehmen<br />
bieten wöchentlich eine fürs abendliche<br />
Vorlesen geeignete Geschichte an. Und<br />
als Unterstützung des ehrenamtlichen<br />
Vorlese-Engagements in Kitas und Schulen<br />
wurden bereits über 100 Vorlesepaten<br />
ausgebildet, zum Teil sogar zweisprachig.<br />
Schüler können sich schon ab der fünften<br />
Klasse zu Lesescouts ausbilden lassen<br />
und eigene Leseaktionen an ihren Schulen<br />
anbieten. Leseförderungs-Profis wie<br />
Lehrkräfte und Erzieherinnen erhalten<br />
durch Fortbildungen die Möglichkeit,<br />
sich neues Know-how anzueignen. Zum<br />
Start der Initiative gab es ein großes<br />
Kinderfest in der Gütersloher Stadtbibliothek,<br />
das von RTL-Moderatorin Nina<br />
Moghaddam moderiert wurde.<br />
Wie erfolgreich das Zusammenspiel<br />
all dieser verschiedenen Maßnahmen ist,<br />
lässt sich dabei in Zahlen messen: Obwohl<br />
das Lese-Niveau in Gütersloh verglichen<br />
mit dem Bundesschnitt auch vor dem Start<br />
der Initiative schon relativ hoch war, hat<br />
„Lesespaß“ die Begeisterung fürs Lesen in<br />
der Stadt noch einmal gesteigert. So sagten<br />
beispielsweise im Sommer dieses Jahres<br />
76 Prozent der Eltern in Gütersloh, ihre<br />
Kinder „lesen gern Bücher“. 2010 waren<br />
es bei den Eltern 6- bis 9-Jähriger noch<br />
68 Prozent. Positive Signale in punkto<br />
Lesebegeisterung zeigten sich darüber<br />
hinaus gerade bei Familien aus lesefer-<br />
nen Schichten. Von dem großen Erfahrungsschatz<br />
der Projektpartner sollen<br />
nun auch Kinder und Jugendliche aus<br />
anderen Regionen profitieren. „Die Erfolge<br />
bestärken uns in der Ansicht, mit<br />
‚Lesespaß‘ ein Projekt initiiert zu haben,<br />
das Modell für andere Städte sein kann“,<br />
sagt Barbara Kutscher, Projektleiterin „Lesespaß“<br />
bei Bertelsmann. Und genau dafür<br />
ist „Lesespaß“ auch konzipiert worden<br />
– als Blaupause für weitere Städte und<br />
Kommunen.<br />
In Gütersloh jedenfalls ist der „Lesespaß“<br />
noch lange nicht vorbei: Aufgrund<br />
der messbaren Erfolge der Initiative werden<br />
Bertelsmann und seine beiden Partner,<br />
die Stiftung Lesen und das Goethe-<br />
Institut, die erfolgreichsten Aktivitäten<br />
zur Leseförderung auch nach Juni 2012<br />
fortführen. Ursprünglich war „Lesespaß“<br />
auf eine Dauer von zwei Jahren angelegt.<br />
„‚Lesespaß‘ hat unsere Erwartungen<br />
übertroffen. Kinder in Gütersloh haben<br />
heute nachweislich mehr Lust am Lesen<br />
Starke Partner:<br />
als vor einem Jahr – da ist es für uns als<br />
Medienkonzern selbstverständlich, ein<br />
so erfolgreiches Projekt fortzuführen“,<br />
so Barbara Kutscher. Dementsprechend<br />
werden viele der einzelnen Maßnahmen<br />
weitergehen, was besonders Kinder und<br />
Jugendliche freuen dürfte. Für „Lesespaß“<br />
kann es jedenfalls kein größeres Lob<br />
geben, als wenn – wie bei einer Veranstaltung<br />
mit dem Kinderbuchautor<br />
Armin Pongs geschehen – ein Junge<br />
begeistert erklärt: „Ich habe extra mein<br />
Fußballtraining ausfallen lassen – und<br />
es hat sich gelohnt.“<br />
Die Bertelsmann AG kooperiert als Initiatorin von „lesespaß“ bei der Initiative<br />
mit zwei starken und kompetenten Partnern im Bereich der lese- und Sprachförderung:<br />
der Stiftung lesen und dem Goethe-Institut.<br />
Die Stiftung lesen entwickelt Projekte, um das lesen in der Medienkultur zu<br />
stärken. Als „Bewegung für das lesen“ ist es ihr Ziel, lesefreude zu wecken<br />
und so lesekompetenz zu vermitteln. Mit zahlreichen Projektideen bringt sie<br />
sich in die „lesespaß“-Initiative ein.<br />
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik<br />
<strong>Deutschland</strong>. Die weltweit rund 150 Institute fördern die Kenntnis der<br />
deutschen Sprache im Ausland und pflegen die internationale kulturelle<br />
Zusammenarbeit – auch im Inland, wenn es um die Vermittlung von Deutsch<br />
als Zweitsprache für Menschen mit Migrationshintergrund geht.<br />
Diese unterschiedlichen Kernkompetenzen formen das ideale Team, um<br />
allen Zielgruppen gerecht zu werden und eine besonders effektive lese- und<br />
Sprachförderung zu betreiben.
BoSCH<br />
energieeffiziente Gebäude<br />
weltweit treiben das Bevölkerungswachstum und der steigende wohlstand die waren- und<br />
energieströme. Dieses gilt gleichermaßen auch für den Gebäudesektor, da speziell die boomende<br />
Bautätigkeit in ländern wie China oder Indien mit steigendem energiebedarf gekoppelt ist.<br />
In vielen ländern stehen Gebäude für rund 40 Prozent des gesamten energieverbrauchs, denn<br />
zum Heizen, Kühlen, Kochen, Beleuchten oder zur Nutzung elektrischer Geräte ist der einsatz<br />
von Strom oder Primärenergieträgern wie Gas, Öl oder Kohle erforderlich.<br />
Von Bernhard Schwager<br />
Solange Energie noch nicht regenerativ<br />
erzeugt wird, ist dies mit schädlichen<br />
CO 2 -Emissionen verbunden, die<br />
den Treibhauseffekt fördern. Um die<br />
Erhöhung der Temperatur – wie vom<br />
Intergovernmental Panel of Climate<br />
Change (IPCC) gefordert – im weltweiten<br />
Mittel auf zwei Grad Erderwärmung zu<br />
beschränken, müssen unterschiedliche<br />
Maßnahmen in den verschiedenen Be-<br />
reichen von Wirtschaft und Verwaltung,<br />
aber auch beim privaten Verbraucher<br />
durchgeführt werden. Durch die Optimierung<br />
von Gebäuden kann ein großer<br />
Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs<br />
und damit zum Klimaschutz<br />
geleistet werden. Die erforderlichen<br />
Maßnahmen könnten sofort beginnen,<br />
da das Wissen und die erforderlichen<br />
Techniken und Produkte bereits heute<br />
auf dem Markt zur Verfügung stehen.<br />
Es muss das Ziel sein, den Wärme- und<br />
Primärenergiebedarf von Gebäuden weitgehend<br />
zu senken, ohne den Komfort für<br />
die Nutzer zu beeinträchtigen. Gleichzeitig<br />
lässt sich mit solchen Maßnahmen<br />
häufig der Wert der Immobilien steigern.<br />
Weltweite Gebäude-Analysen zeigen,<br />
dass mit 300 Mrd. US$ jährlich 52 Prozent<br />
aller CO 2 -Emissionen im Gebäudesektor<br />
bis zum Jahr 2050 eingespart werden<br />
können. Studien des World Business<br />
Council for Sustainable Development<br />
(WBCSD) belegen, dass die Summe aller<br />
Energieeffizienz-Projekte in Gebäuden<br />
– mit Amortisationszeiten bis zu<br />
zehn Jahren – Einsparungen auf dem<br />
Niveau der heutigen Emissionen des<br />
Transportsektors erreichen würden. Dieses<br />
Energiespar-Potenzial lässt sich aber<br />
nur heben, wenn eine ganzheitliche<br />
Herangehensweise an Technik und Hülle<br />
eines Gebäudes erfolgt.<br />
Neben den Verbesserungen im<br />
Gebäudebestand spielt aber auch der<br />
Neubau eine wesentliche Rolle. Die Versäumnisse<br />
der Vergangenheit dürfen<br />
zukünftig nicht mehr vorkommen. So ist<br />
eine ausgeglichene Primärenergiebilanz<br />
gut, noch besser ist es aber, wenn ein<br />
Gebäude mehr Primärenergie erzeugt,<br />
als seine Bewohner verbrauchen – es<br />
68 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
69<br />
Best Practice<br />
also eine positive Primärenergiebilanz erzielt.<br />
Der Gebäudestandard der Zukunft<br />
erfordert deshalb beispielsweise hocheffiziente<br />
Heizsysteme, eine gute Wärmedämmung<br />
mit Wärmeschutzverglasung<br />
und sparsame Haushaltsgeräte, um den<br />
Energiebedarf weiter deutlich zu reduzieren.<br />
Mit einer Photovoltaik-Anlage<br />
kann außerdem Strom mit Sonnenlicht<br />
gewonnen werden und in Verbindung<br />
mit einer thermischen Solaranlage lässt<br />
sich eine positive Primärenergiebilanz<br />
realisieren.<br />
Zur Nutzung Regenerativer Energien<br />
und zur Erhöhung der Energieeffizienz<br />
bei Gebäuden zeigen Beispiele wie das<br />
Modellhaus EcoPlusHome in Kanada oder<br />
das neue Bosch-Hauptquartier in Singapur<br />
den Weg in die richtige Richtung,<br />
sowohl im privaten Wohnungsbau als<br />
auch bei Verwaltungsgebäuden.<br />
Beispiel Wohngebäude<br />
Im prämierten EcoPlusHome zeigt Bosch,<br />
dass ein emissionsfreies Haus ohne<br />
Zugeständnisse beim Komfort und zu<br />
erschwinglichen Kosten erreichbar ist.<br />
Das EcoPlusHome wurde mit dem von<br />
der Scotiabank verliehenen EcoLiving-<br />
Preis <strong>2011</strong> in der Sparte „Innovation“<br />
ausgezeichnet. Gewürdigt werden Unternehmen,<br />
Innovatoren und Studierende<br />
in ganz Kanada für herausragende<br />
Leistungen bei der Entwicklung von<br />
Produkten, Diensten oder Lösungen für<br />
energieeffizientes Wohnen. Sie gelten als<br />
die wichtigste Auszeichnung Kanadas für<br />
Innovationen in diesem Bereich.<br />
Bosch hat das EcoPlusHome zusammen<br />
mit kanadischen Partnern entwickelt.<br />
Von Dezember 2009 bis Dezember<br />
2010 verbrauchte eine darin lebende<br />
sechsköpfige Familie etwa 14.000 Kilowattstunden<br />
(kWh). In demselben<br />
Links: Mit dem in der ostkanadischen Provinz<br />
New Brunswick errichteten Musterhaus<br />
ecoPlusHome soll gezeigt werden, dass<br />
eine nahezu Co -freie energieversorgung<br />
2<br />
allein aus erneuerbaren energien ohne<br />
einschränkung des lebensstils gelingen kann.<br />
Rechts: Das neue regionale Hauptquartier<br />
von Bosch für Südostasien ist für seine<br />
energieeffizienz und umweltfreundlichkeit<br />
zweifach ausgezeichnet.<br />
Zeitraum erzeugte das Haus jedoch<br />
rund 15.000 kWh. Das EcoPlusHome<br />
reduziert somit nicht nur die Abhängigkeit<br />
von fossilen Brennstoffen, sondern<br />
verursachte auch weniger Emissionen<br />
und trug zu einem gesünderen Lebensumfeld<br />
und saubererer Luft bei. Durch<br />
Bereitstellung einer hocheffizienten<br />
geothermischen Wärmepumpe, einer<br />
solarthermischen Anlage, Fotovoltaikmodulen<br />
und Haushaltsgeräten für das<br />
EcoPlusHome beweist Bosch, dass Klimaschutz<br />
sich bezahlt macht und dass ein<br />
Leben mit einer positiven Energiebilanz<br />
ohne Zugeständnisse beim Komfort und<br />
zu akzeptablen Kosten erreichbar ist.<br />
Mithilfe der Bosch-Technologie bestand<br />
das EcoPlusHome-Testhaus im<br />
ostkanadischen New Brunswick auch<br />
extreme Temperaturen, die von -35 °C im<br />
Winter bis zu +35 °C im Sommer reichten.<br />
Für die Warmwasserbereitung wurde<br />
eine Solarthermie-Anlage installiert. Die<br />
solarthermischen Kollektoren nutzen<br />
die Energie der Sonne für die Erhitzung<br />
des Warmwassertanks. Ein elektrisches<br />
Zusatzelement gewährleistet die ganzjährige<br />
Verfügbarkeit heißen Wassers,<br />
auch an kalten oder wolkigen Tagen. Die<br />
insgesamt geringere Abhängigkeit von<br />
fossilen Brennstoffen macht das EcoPlus-<br />
Home praktisch immun gegen schwankende<br />
Brennstoffpreise, die gerade in den<br />
Spitzennachfragezeiten oft steigen, und<br />
sorgt so für eine bessere Planbarkeit der<br />
Kosten für den Hausbesitzer. Das Endergebnis<br />
ist Energieeffizienz zu einem<br />
erschwinglichen Preis. Angesichts der<br />
weiter steigenden Energiekosten sind<br />
Netto-Nullenergiehäuser notwendiger<br />
denn je zuvor.<br />
Beispiel Bürogebäude<br />
Das neue Hauptquartier von Bosch für<br />
Südostasien in Singapur wurde bereits<br />
vor seiner Fertigstellung im Jahr 2009<br />
für seine Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit<br />
ausgezeichnet. Vom Staat<br />
Singapur bekam das Gebäude im Rahmen<br />
seines „Green Mark“ Programms<br />
die höchste Auszeichnung in Platin, und<br />
vom nationalen „Clean Energy Program“<br />
wurde das Gebäude mit dem „Solar Pioneer<br />
Award“ honoriert.<br />
Als eines der ersten Gebäude in Singapur<br />
ist das neue Hauptquartier mit<br />
einem beweglichen, außen liegenden<br />
Sonnenschutz ausgestattet. Dieser vermindert<br />
die Hitzeeinstrahlung um 20<br />
bis 25 Prozent und reduziert damit den<br />
Energiebedarf für die Kühlung erheblich.<br />
Das ist wichtig in einer Stadt nahe am<br />
Äquator. Das Gebäude wurde zudem<br />
mit Photovoltaik von Bosch Solar Energy<br />
ausgerüstet. Auch weitere Faktoren<br />
tragen zur Umweltfreundlichkeit bei.<br />
Die Rückgewinnung von Energie in der<br />
Lüftung reduziert die für die Kühlung<br />
benötigte Energie um weitere 20 Prozent.<br />
Das grüne Hauptquartier in Singapur<br />
ist dabei nur ein Beispiel, wie Bosch bei<br />
seinen eigenen Bautätigkeiten auf eine<br />
effiziente Nutzung der Energie achtet.<br />
Auch das neue China-Hauptquartier in<br />
Shanghai deckt beispielsweise die Hälfte<br />
seines Heiz- und Kühlbedarfs mit Erdwärmepumpen.
BSH BoSCH uND SIeMeNS HAuSGeräTe<br />
weniger ist mehr<br />
Von Fridolin Weindl<br />
weniger ist mehr. Das gilt ganz besonders für die umwelt: weniger Stromverbrauch ist mehr<br />
Klimaschutz. Denn der effiziente umgang mit energie ist der am schnellsten und am einfachsten<br />
zu realisierende Hebel, um energie zu sparen und Co 2 -emissionen zu vermeiden. Das gilt für<br />
alle lebensbereiche – auch im vermeintlich Kleinen. Jeder Haushalt kann mit supereffizienten<br />
Hausgeräten seinen Strom- und wasserverbrauch deutlich reduzieren. Das nutzt dem Klima und<br />
schont den Geldbeutel.<br />
Weil Hausgeräte durchschnittlich 10 bis<br />
15 Jahre ihren Dienst in Küche, Bad und<br />
Keller verrichten, erschließt sich somit<br />
weltweit ein enormes Einsparpotenzial.<br />
Moderne Kühl-Gefrierkombinationen<br />
beispielsweise verbrauchen heute rund<br />
70 Prozent weniger Strom als vergleichbare<br />
Geräte noch vor 15 Jahren. Auch<br />
moderne Waschmaschinen und Geschirrspüler<br />
brauchen heute im Vergleich zu<br />
15 Jahre alten Geräten nur noch halb<br />
so viel Strom. Grund sind die enormen<br />
technischen Verbesserungen und die<br />
innovativen Technologien, die in den<br />
Geräten stecken. Dabei bedeutet weniger<br />
Stromverbrauch bei Kühlschrank,<br />
Waschmaschine und Geschirrspüler<br />
aber keineswegs Verzicht auf Komfort,<br />
Leistung oder Qualität. Moderne Hausgeräte<br />
bieten heute höchsten Komfort<br />
und beste Qualität bei niedrigsten Verbrauchswerten.<br />
Um Verbrauchern eine klare Orientierung<br />
bei ihrer Kaufentscheidung<br />
zu geben, sind Hausgeräte in Europa<br />
seit vielen Jahren verbindlich mit dem<br />
Energielabel der Europäischen Union<br />
gekennzeichnet. Damit können die Verbraucher<br />
auf einen Blick erkennen, ob<br />
das Gerät wenig Energie verbraucht oder<br />
ein Stromfresser ist. Seit Dezember 2010<br />
gilt für die sparsamsten Waschmaschinen,<br />
Geschirrspüler und Kältegeräte die<br />
neue Energieeffizienzklasse A+++. Die<br />
Anzahl der Pluszeichen auf dem Gerät<br />
ist entscheidend. Ein Gerät der besten<br />
Effizienzklasse A+++ braucht nämlich<br />
60 Prozent weniger Strom als ein Gerät<br />
der Effizienzklasse A und ist immer<br />
noch um die Hälfte sparsamer als ein A+<br />
Gerät. So kann ein durchschnittlicher<br />
Haushalt, der komplett mit supereffizienten<br />
Geräten ausgestattet ist, bis zu<br />
270 Euro Stromkosten im Jahr sparen.<br />
Die Mehrkosten bei der Anschaffung<br />
supereffizienter Geräte amortisieren<br />
sich durch die geringeren Verbrauchskosten<br />
innerhalb weniger Jahre. Mit<br />
dem Kauf eines Hausgerätes treffen die<br />
Verbraucher also auch die Entscheidung<br />
über ihre Stromrechnung der nächsten<br />
15 Jahre.<br />
Wie wichtig das Thema Energieeffizienz<br />
ist, haben auch die Regulierungsbehörden<br />
erkannt: Von Mitte 2012 an dürfen in<br />
Europa keine Geräte der Effizienzklasse<br />
A oder schlechter mehr auf den Markt<br />
gebracht werden. Trotzdem stehen in<br />
europäischen Haushalten heute immer<br />
noch mehr als 190 Millionen Geräte, die<br />
zehn Jahre oder älter sind und somit deutlich<br />
mehr Strom verbrauchen als nötig.<br />
Würden diese Geräte durch moderne<br />
effiziente Geräte ersetzt, könnten jedes<br />
Jahr bis zu 44 Milliarden Kilowattstunden<br />
Strom eingespart werden. Das entspricht<br />
dem Jahresstromverbrauch von Portugal.<br />
Europas führender Hausgerätehersteller,<br />
die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
GmbH, hat das Thema Energieeffizienz<br />
schon seit vielen Jahren fest in ihrer<br />
Produktpolitik und Geschäftsstrategie<br />
verankert. Die BSH-Ingenieure arbeiten<br />
täglich daran, Bedienkomfort und<br />
Leistungsfähigkeit der Geräte stetig zu<br />
verbessern und gleichzeitig den Energie-<br />
und Wasserverbrauch kontinuierlich<br />
zu senken. Um diese Fortschritte<br />
sichtbar und messbar zu machen, hat<br />
die BSH als erster Hausgerätehersteller<br />
ihre sparsamsten Geräte zu einem<br />
so genannten Supereffizienz Portfolio<br />
zusammengefasst und die Zahlen von<br />
Wirtschaftsprüfern bestätigen lassen.<br />
In dieses Portfolio werden jedes Jahr<br />
nur die sparsamsten auf dem Markt<br />
verfügbaren Geräte aufgenommen. 2010<br />
stammte bereits jedes vierte von der BSH<br />
in Europa verkaufte Gerät aus diesem<br />
Portfolio. Gerechnet über die durchschnittliche<br />
Nutzungsdauer der Geräte<br />
bedeutet das eine Einsparung von 1,9<br />
Milliarden Kilowattstunden. Das entspricht<br />
dem Jahresstromverbrauch von<br />
mehr als 500.000 privaten Haushalten<br />
in <strong>Deutschland</strong>. Supereffiziente Hausgeräte<br />
mit minimalen Verbrauchswerten<br />
sind längst keine Marktnische mehr<br />
und tragen deshalb entscheidend zum<br />
Klimaschutz bei. Das zeigt auch der<br />
Blick auf den Produktlebenszyklus: je<br />
nach Gerätekategorie entfallen 80 bis 95<br />
Prozent der Umweltbelastungen auf die<br />
Nutzungsphase der Geräte in den Haus-<br />
70 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
71<br />
Best Practice<br />
halten. Deshalb ist es besonders wichtig,<br />
dass veraltete Geräte rasch ausgetauscht<br />
werden und überall energieeffiziente<br />
Geräte zum Einsatz kommen. Die Verantwortung<br />
für den sparsamen Umgang<br />
mit Ressourcen ist ein gemeinschaftlicher<br />
Auftrag. „Es ist mir unverständlich,<br />
warum Energieeffizienz bei politischen<br />
Maßnahmen keine größere Rolle<br />
spielt“, sagt Dr. Kurt-Ludwig Gutberlet,<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />
BSH. Er appelliert deshalb an die Politik,<br />
die Verbraucher beim Thema<br />
Energieeffizienz stärker anzusprechen.<br />
„Es wäre energie- und klimapolitisch<br />
wünschenswert, wenn die Politik mit<br />
entsprechenden Anreizprogrammen den<br />
Absatz besonders energieeffizienter Geräte<br />
fördern würde“, so der BSH-Chef.<br />
„Denn der beste Strom ist immer noch<br />
der, der nicht verbraucht wird!“<br />
Stichwort Supereffizienz<br />
Supereffiziente Hausgeräte tragen maßgeblich dazu bei, den energie-<br />
und ressourcenverbrauch in privaten Haushalten deutlich zu reduzieren.<br />
Moderne Hausgeräte brauchen bis zu 73 Prozent weniger Strom als<br />
vergleichbare Geräte vor 15 Jahren und bieten somit ein enormes<br />
Potenzial zur reduzierung von energieverbrauch und Co 2 -emissionen.<br />
Als erster Hausgerätehersteller hat die BSH Bosch und Siemens<br />
Hausgeräte GmbH ihre sparsamsten Geräte in einem Supereffizienz-<br />
Portfolio zusammengefasst und dieses in den vergangenen beiden Jahren<br />
systematisch erweitert. Allein die 2010 in europa von der BSH abgesetzten<br />
supereffizienten Geräte führen zu einer Stromeinsparung von 1,9 Milliarden<br />
Kilowattstunden. „Mit unseren supereffizienten Hausgeräten leisten wir<br />
einen messbaren Beitrag zum Klimaschutz“, sagt BSH-Chef Dr. Kurt-ludwig<br />
Gutberlet. „energieeffiziente Hausgeräte bieten ein enormes Potenzial<br />
für den Klimaschutz, ohne dass die Verbraucher dabei auf Komfort<br />
verzichten müssen.“
Cewe Color<br />
Cewe Color: wie nachhaltige<br />
wirtschaftliche<br />
Verantwortung zur Zukunfts-<br />
sicherung beiträgt<br />
Der Dreiklang aus ökologischer, sozialer und ökonomischer Verantwortung bestimmt die Firmengeschicke<br />
von Cewe Color. was mit welchen Mitteln zu wessen wohl geschieht und welche<br />
Auswirkungen dies auf morgen hat, beschäftigt europas führenden Anbieter für Fotodienstleistungen<br />
seit der Firmengründung vor fünf Jahrzehnten.<br />
Von Oliver Thomsen<br />
Weil Veränderungen in Unternehmensprozessen<br />
deutlich und messbar im Sinne<br />
der Nachhaltigkeit sein müssen, ist<br />
Andreas F. L. Heydemann, Mitglied des<br />
Vorstandes, verantwortlich und sorgt –<br />
gemeinsam mit Spezialisten aus dem<br />
Koordinierungskreis Nachhaltigkeit –<br />
für unternehmensweite Verbindlichkeit.<br />
Da es beim Thema Nachhaltigkeit<br />
insbesondere um die nachfolgenden<br />
Generationen geht, ist CEWE anlässlich<br />
des diesjährigen Fortschrittsberichtes in<br />
den Dialog mit den Kindern von Mitarbeitern<br />
getreten. Auf die Frage, was<br />
Nachhaltigkeit bedeute, antwortete der<br />
15-jährige Tilman: „Etwas, das später<br />
noch hält.“<br />
CEWE hält. Wie Nachhaltigkeit und<br />
Wirtschaftlichkeit Hand in Hand zur<br />
Unternehmenssicherung beigetragen<br />
haben, ist beispielhaft. In den vergangenen<br />
Jahrzehnten hat die Fotobranche<br />
einen großen Transformationsprozess<br />
durchlebt. Das, wovon CEWE jahrzehntelang<br />
gelebt hatte – die Entwicklung<br />
analoger Filme – fiel Anfang des neuen<br />
Jahrtausends plötzlich weg.<br />
Bereits in den Neunzigerjahren,<br />
als der Bereich der Analogfotos noch<br />
wuchs, erkannte CEWE den Trend<br />
zur Digitalfotografie und investierte<br />
in Produkte, Produktionstechnologie<br />
und Software. 1997 hat CEWE als welt-<br />
72 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
73<br />
Best Practice<br />
weit erstes Unternehmen eine Ordersta-<br />
tion für Digitalfotos in Ladengeschäften<br />
installiert. 1998 folgte die Einführung<br />
einer Bestellplattform für Digitalfotos<br />
im Internet. CEWE erschloss sich mit<br />
dem Internet neue Vertriebswege und<br />
verstärkte damit die über Jahrzehnte<br />
aufgebauten Kontakte zum stationären<br />
Handel. Durch die innovative Erfindung<br />
des DigiFoto Makers eröffneten sich den<br />
Handelspartnern in den Läden weitere<br />
Umsatzchancen. Von nun an hatten<br />
viele der Partner die Möglichkeit, die<br />
Speicherkarten ihrer Kunden auszulesen<br />
und später die fertigen Abzüge im<br />
Ladengeschäft zur Abholung anzubieten.<br />
Allein seit 2002 hat das Unternehmen<br />
250 Millionen Euro in neue Technologien<br />
investiert – über 50 moderne<br />
Digitaldruckmaschinen, industrielle<br />
Buchbinde-Produktionsstraßen und<br />
25.000 Orderterminals. Der Technologiewandel<br />
hat viele Neuerungen und<br />
Anpassungen erforderlich gemacht.<br />
Parallel mit den Investitionen veränderten<br />
sich auch die Bereiche, in denen<br />
CEWE aktiv zum Umweltschutz beiträgt.<br />
Links: Andreas F. l. Heydemann,<br />
kaufmännischer Vorstand der Cewe Color<br />
Holding AG, im Gespräch mit Kindern von<br />
Mitarbeitern<br />
Eine erfolgreiche Umweltpolitik wurde<br />
definiert, die bis heute vier Themenbereiche<br />
im Fokus hat: Energie sparen,<br />
Wasser schützen, Ressourcen schonen<br />
und Arbeitsschutz sichern. Aufgrund<br />
der guten Qualität und Offenheit der<br />
veröffentlichten Zahlen im Bereich der<br />
Kohlendioxid-Emissionen wurde CEWE<br />
als einziges SDAX-Unternehmen in den<br />
Carbon Disclosure Leadership Index<br />
2010 aufgenommen.<br />
Neben dem Einsatz modernster Produktionsmaschinen<br />
setzte CEWE auf<br />
die Einführung innovativer Produkte.<br />
Angetrieben durch die starke Expansion<br />
im Segment der Digitalkameras, wurden<br />
immer mehr individualisierte, hochwertige<br />
Mehrwert-Produkte entwickelt.<br />
Auf Fotokalendern und Fotoleinwänden,<br />
Grußkarten und Fotogeschenken<br />
wie bedruckten Tassen, Mousepads und<br />
Brotdosen finden die digitalen Motive<br />
der Kunden ihren Platz.<br />
Den schönsten Platz für schöne Geschichten<br />
erfand CEWE vor etwas über<br />
fünf Jahren. Seitdem gibt es das CEWE<br />
FOTOBUCH, das inzwischen als führende<br />
europäische Fotobuchmarke etabliert ist.<br />
Mit der Einführung der Marke gelang es,<br />
neue Zielgruppen zu aktivieren und Preisstabilität<br />
in einem Wachstumsmarkt zu<br />
etablieren. Strategischer Markenauf bau<br />
und konsistente Markenpflege führen<br />
diese neue Form des individualisierten<br />
Fotobuchs zum Erfolg. Im Oktober 2010<br />
wurde das zehnmillionste Exemplar an<br />
eine Kundin übergeben.<br />
Der erfolgreich bewältige Technologiewandel<br />
fiel auf: Die Wirtschaftswoche<br />
und A. T. Kearney kürten CEWE „ ...als<br />
ein hervorragendes Beispiel für die Innovation<br />
eines Geschäftsmodells“ zum<br />
Best Innovator 2010 in der Kategorie<br />
Mittelstand. Das Beratungs und Wirtschaftsprüfungsunternehmen<br />
Deloitte<br />
zeichnete CEWE COLOR mit dem Preis für<br />
wegweisende Innovationskraft 2010 in<br />
Norddeutschland aus. Beim renommierten<br />
Marken Award der Absatzwirtschaft<br />
und des Deutschen Marketing Verbandes<br />
erzielt das CEWE FOTOBUCH 2010 einen<br />
Finalplatz als „Beste Neue Marke“.<br />
Umsatz in Mio. Euro<br />
Veränderung zum Vorjahr<br />
2006<br />
396,0<br />
–8,1%<br />
2007<br />
413,5<br />
+4,4%<br />
Heute ist CEWE COLOR mit rund 2.700<br />
Mitarbeitern der führende Fotodienstleister<br />
in Europa. 120 Softwareentwickler<br />
sichern den Entwicklungsvorsprung der<br />
CEWE FOTOBUCH- und Bestell-Software.<br />
Für die Menschen bei CEWE fühlt sich<br />
das Management im hohen Maße verantwortlich.<br />
Die Sicherung der sozialen<br />
Zukunft der Mitarbeiter ist eine zentrale<br />
Aufgabe, der durch verantwortungsvolles<br />
Unternehmertum, qualifiziertes Personalmanagement,<br />
die Förderung von<br />
Nachwuchs und mit einer modernen<br />
und sicheren Arbeitsplatzgestaltung<br />
Rechnung getragen wird. Mit den umfangreichen<br />
Investments in die digitale<br />
Zukunft ist CEWE zusätzlich eine hohe<br />
Arbeitsplatzsicherung gelungen.<br />
Das Jahr 2010 erbringt ein Wachstum<br />
um 9 Prozent einen Rekordumsatz von<br />
447 Millionen Euro. Europaweit kaufen<br />
die Kunden 2,5 Milliarden Fotos, 4,3 Millionen<br />
CEWE FOTOBÜCHER und zahlreiche<br />
Fotogeschenkartikel. Das Ergebnis je Aktie<br />
steigt von 1,00 auf 2,02 Euro. Ein nachhaltiger<br />
wirtschaftlicher Erfolg, der auch<br />
dazu führt, dass CEWE der Gesellschaft<br />
etwas zurück gibt. An den 12 Standorten<br />
und in allen 24 Vertriebsländern engagiert<br />
sich das Unternehmen im sozialen,<br />
kulturellen und sportlichen Bereich.<br />
„CEWE COLOR blickt im Jubiläumsjahr<br />
auf fünf Jahrzehnte erfolgreiches<br />
und nachhaltiges Handeln zurück.“, so<br />
Andreas F. L. Heydemann. Seit dem vergangenen<br />
Jahr ist CEWE Mitglied im UN<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. „Weil unternehmerische<br />
Verantwortung immer mit der Verantwortung<br />
für das Gemeinwohl einhergeht.<br />
Die überprüfbare Übernahme von<br />
Eigenverantwortung im Rahmen der 10<br />
Prinzipien ist eine sinnvolle Verzahnung<br />
mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie.“<br />
2008<br />
420,0<br />
+1,6%<br />
2009<br />
409,8<br />
–2,4%<br />
2010<br />
446,8<br />
+9,0%
DAIMler<br />
Starke Verbindung: <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>, Integrität und<br />
Nachhaltigkeit<br />
Daimler wurde 2000 Gründungsmitglied des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und ist seit <strong>2011</strong> als eines der<br />
ersten <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-unternehmen Mitglied in dessen leAD Gruppe. In den vier Handlungsfeldern<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – Menschen- und Arbeitnehmerrechte, umweltschutz und Korruptionsvermeidung<br />
– ist es der Anspruch des unternehmens, höchste Standards zu setzen. „Diese<br />
Ziele sind anspruchsvoll, aber wir sind es auch: bei der Arbeits- und Geschäftsethik genauso wie<br />
bei der Arbeit und dem Geschäft selbst“, bekräftigt Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der<br />
Daimler AG, auf der Hauptversammlung der Daimler AG. In der operativen umsetzung seiner<br />
Grundsätze und werte verknüpft der Automobilkonzern den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> mit seinen Grundsätzen<br />
zu Integrität und Nachhaltigkeit. Denn profitables unternehmenswachstum und soziale,<br />
ethische und ökologische Verantwortung gehören bei Daimler zusammen.<br />
Von Dr. Wolfram Heger<br />
Mit seiner Unternehmenskultur möchte<br />
Daimler nicht nur die gesetzlichen<br />
Anforderungen erfüllen, sondern auch<br />
höchsten ethischen Ansprüchen genügen<br />
und branchenweit ein Beispiel<br />
setzen. Es ist daher mehr als nur der<br />
Ausdruck einer wachsenden Bedeutung<br />
nachhaltigen unternehmerischen Handelns,<br />
dass Daimler mit der früheren<br />
Bundesverfassungsrichterin Dr. Christine<br />
Hohmann-Dennhardt an der Spitze das<br />
Vorstandsressort „Integrität und Recht“<br />
etabliert hat. Dabei liegen die Verbindungen<br />
von <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und Integrität<br />
auf der Hand: Beide fordern über die<br />
Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben<br />
hinaus auch die Einhaltung gesellschaftlicher<br />
und normativer Verhaltensweisen.<br />
Dr. Hohmann-Dennhardt integriert den<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unmittelbar in ihren<br />
Auftrag, denn „die Initiative, weltweit<br />
gültige Prinzipien zu definieren und<br />
Unternehmen freiwillig für deren Umsetzung<br />
und Einhaltung zu gewinnen, hat<br />
mir von Beginn an imponiert“, erklärte<br />
sie bei einer Daimler-LEAD-Veranstaltung<br />
mit <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Direktor Georg Kell<br />
im Mai in Berlin.<br />
Integrität ist neben Begeisterung, Wertschätzung<br />
und Disziplin einer der vier<br />
grundlegenden Unternehmenswerte bei<br />
Daimler. Für Führungskräfte und Mitarbeiter<br />
in aller Welt bedeutet dies neben<br />
74 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
75<br />
Best Practice<br />
dem Einhalten von Regeln und Gesetzen,<br />
ihrem inneren Kompass zu folgen und<br />
das Richtige aus eigener Überzeugung<br />
heraus zu tun. Mit dem Bekenntnis zum<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bestätigt das Unternehmen<br />
seinen Anspruch, verantwortlich<br />
zu handeln und den Wert Integrität<br />
nachhaltig für alle Führungskräfte, Mitarbeiter<br />
und Partner in ihrer täglichen<br />
Arbeit zu verankern.<br />
Die spezifische Daimler-Übersetzung<br />
für Integrität, welche den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
zudem unternehmensintern noch<br />
bekannter und zu einem gelebten und<br />
motivierenden Instrument macht, folgt<br />
dessen Fokusbereichen: Die Menschenrechte<br />
sind das unumstößliche Fundament,<br />
das unser Handeln leitet. Die<br />
Prinzipien zu Arbeitsnormen stehen<br />
stellvertretend für die Beschreibung<br />
unseres Umgangs miteinander. Der<br />
Umweltschutzansatz als Leitlinie zum<br />
Umgang mit Ressourcen aller Art. Und<br />
das Prinzip zur Korruptionsbekämpfung<br />
als Verpflichtung zur Einhaltung von<br />
Gesetzen und Regeln weltweit. Damit<br />
wird eine starke Verbindung zwischen<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität und Nachhaltigkeit<br />
geschaffen. Eine Verbindung,<br />
die eine Verankerung von Integrität im<br />
Unternehmen unterstützt – sowohl im<br />
Bewusstsein der Mitarbeiter als auch<br />
in den Strukturen und Prozessen der<br />
Unternehmensführung. Das Engagement<br />
von Daimler im Thema Integrität<br />
leistet zudem einen wichtigen Beitrag<br />
zu Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit<br />
– Grundvoraussetzungen für unser<br />
operatives Handeln – in verschiedenen<br />
Ländern.<br />
Durch Kommunikation, Qualifizierung<br />
und Anreize wollen wir integres Verhalten<br />
im Dialog mit unseren Mitarbeitern<br />
und im Austausch zwischen verschiedenen<br />
Gremien und Stakeholdern weiterentwickeln.<br />
Integrität lässt sich von<br />
Seiten der Unternehmensleitung jedoch<br />
nicht verordnen, nur fördern. Deshalb<br />
hat Daimler bewusst einen partnerschaftlichen<br />
und dialogbasierten Diskussions-<br />
und Implementierungsprozess gewählt<br />
– mit allen Stakeholdern.<br />
Ob <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität oder Nachhaltigkeit<br />
– die damit verbundenen<br />
Ansprüche lassen sich nicht von heute<br />
auf morgen, sondern nur kontinuierlich<br />
entwickeln und in einer langfristig strategischen<br />
Dimension umsetzen. Und so ist<br />
es kein Zufall, dass sich das langfristige<br />
Engagement für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
nahtlos in die Feierlichkeiten für das<br />
nachhaltige, 125-jährige Jubiläum von<br />
Daimler einpasst. Es zeigt, dass Daimler<br />
das langfristige Gesamtbild im Blick<br />
hat. Und dies unter der Maxime, dass<br />
nicht nur das „Was“ – die Zahlen –<br />
entscheidend sind, sondern auch, „wie“<br />
wir diese Ziele erreichen. Der <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> und insbesondere die LEAD<br />
Gruppe des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sind für uns<br />
Baustein sowie Handreichung, dabei aber<br />
gleichzeitig auch Ansporn für die stetige<br />
Weiterentwicklung unserer Geschäftstätigkeit.<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Integrität und<br />
Nachhaltigkeit – das ist eine starke<br />
Verbindung.
DeuTSCHe PoST DHl<br />
GoTeach: Für gerechtere<br />
Bildungschancen in der welt<br />
Mit rund 470.000 Mitarbeitern ist Deutsche Post DHl einer der größten privaten Arbeitgeber der<br />
welt. Als führender logistikkonzern, ist Deutsche Post DHl in der Verantwortung, einen Beitrag<br />
für unternehmen und Gesellschaft zu leisten – das ist die Idee hinter living responsibility. unter<br />
diesem Motto ist unternehmensverantwortung (Corporate responsibility) ein fester Bestandteil<br />
der unternehmensstrategie. Der Konzern setzt drei Schwerpunkte: umweltschutz (GoGreen),<br />
Katastrophenmanagement (GoHelp) und Bildungsförderung (GoTeach). Außerdem unterstützen<br />
wir das ehrenamtliche engagement unserer Mitarbeiter.<br />
Von Ralf Dürrwang<br />
Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung<br />
für ein eigenständiges und erfolgreiches<br />
Leben. Deshalb fördert und<br />
entwickelt Deutsche Post DHL zahlreiche<br />
Initiativen weltweit, die Kindern und<br />
Jugendlichen zu besseren Startchancen<br />
für ihr späteres Berufsleben verhelfen.<br />
Eine davon ist die Partnerschaft mit<br />
Teach First <strong>Deutschland</strong>.<br />
Unsere Partnerschaft mit Teach<br />
First <strong>Deutschland</strong><br />
Das Konzept dahinter: Die gemeinnützige<br />
Bildungsinitiative Teach First <strong>Deutschland</strong><br />
setzt persönlich und fachlich herausragende<br />
Hochschulabsolventen unterschiedlicher<br />
Fachrichtungen zwei Jahre<br />
an Schulen in sozialen Brennpunkten ein.<br />
Dort fördern die so genannten Fellows als<br />
zusätzliche Lehrkräfte auf Zeit die Schüler<br />
individuell und bringen zusätzliche<br />
Angebote an die Schulen. Sie arbeiten<br />
im Unterricht, indem sie beispielsweise<br />
Kleingruppen leiten oder durch Einzelförderung<br />
unterstützen und schaffen<br />
Nachmittagsangebote, wie zum Beispiel<br />
Förderkurse, Hausaufgabenbetreuung,<br />
Schülerfirmen und Sport AGs. Nach den<br />
zwei Jahren verfolgen Fellows verschiedene<br />
berufliche Wege. Geprägt durch ihre<br />
Erfahrungen in den Schulen engagieren<br />
sie sich in der Regel auch weiterhin für<br />
die Bildungschancen von Kindern und<br />
Jugendlichen mit schlechten Startchancen<br />
und können so langfristig Veränderungen<br />
im Bildungssystem bewirken.<br />
Deutsche Post DHL ist der größte<br />
Unternehmensförderer von Teach First<br />
<strong>Deutschland</strong>. Der Konzern unterstützt<br />
die Organisation finanziell und durch das<br />
ehrenamtliche Engagement von Mitarbeitern.<br />
Zwei Mentorenprogramme binden<br />
die Mitarbeiter ein. Beim Programm Chance4you<br />
stehen die Mentoren jeweils einem<br />
Schüler der Klassen 8 bis 10 für etwa<br />
15 Monate als Unterstützung zur Seite.<br />
Gemeinsam entwickeln sie persönliche<br />
Ziele und helfen bei der Umsetzung. Der<br />
Mentor fördert die Sozialkompetenz des<br />
Schülers und unterstützt ihn bei Berufswahl<br />
und Bewerbungen. Im Jahr 2010<br />
bildeten sich insgesamt 25 Mentoren-<br />
Tandems aus Mitarbeitern und Schülern<br />
aus acht Schulen in Berlin, Hamburg und<br />
Nordrhein-Westfalen. Nach dem erfolgreichen<br />
Auftakt in 2010 sind für <strong>2011</strong> rund<br />
100 neue Mentoren-Tandems geplant.<br />
Das zweite Mentorenprogramm – Engage4change<br />
– spricht Führungskräfte<br />
des Konzerns an. Sie übernehmen für 15<br />
Monate ein Mentoring für einen Fellow.<br />
Ziel dieses Mentorings ist es, die Fellows<br />
in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung<br />
zu fördern. Bei der Reflektion<br />
über Themen wie Motivation, Führung,<br />
Selbstmanagement und Erfolg können<br />
die Führungskräfte nicht nur eigene Erfahrungen<br />
einbringen, sondern auch<br />
von den Erfahrungen der Fellows lernen.<br />
Ein weiteres Element der Partnerschaft<br />
mit Teach First <strong>Deutschland</strong> sind<br />
die jährlichen Camp4us Summercamps.<br />
Gemeinsam mit Teach First <strong>Deutschland</strong><br />
und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung<br />
(DKJS) hat Deutsche Post DHL ein<br />
innovatives Campkonzept entwickelt,<br />
um Kinder und Jugendliche zu fördern<br />
und gleichzeitig die Fellows auf ihren<br />
Schuleinsatz vorzubereiten. Während die<br />
Fellows unter pädagogischer Anleitung<br />
Praxiserfahrung sammeln, werden die<br />
Kinder und Jugendlichen in Projekten bei<br />
76 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
77<br />
Best Practice<br />
Links: Seit 2010 begleiten Konzern-<br />
Mitarbeiter ehrenamtlich Schüler im rahmen<br />
unseren Mentoring-Programms Chance4you.<br />
Oben: TFD Mitarbeiter, Fellows und Förderer<br />
der Initiative trafen sich zur feierlichen<br />
Verabschiedung des 2009er Jahrgangs in<br />
lüneburg.<br />
ihrer schulischen und persönlichen Entwicklung<br />
unterstützt. Jährlich nehmen<br />
rund 250 Kinder von Postmitarbeitern<br />
und Teach First <strong>Deutschland</strong>-Partnerschulen<br />
an den Camps teil.<br />
Angebote für potenzielle<br />
Nachwuchskräfte<br />
Das Unternehmen bietet den Fellows<br />
Personalentwicklungsmaßnahmen an.<br />
Interessierte Fellows können beispielsweise<br />
am einwöchigen Business4Fellows-Seminar<br />
teilnehmen. Am jährlich<br />
stattfindenden Fellow-Tag werden die<br />
Fellows nach Bonn eingeladen, um den<br />
Logistikkonzern näher kennen zu lernen.<br />
Dabei besuchen sie ein Logistikzentrum,<br />
das DHL Innovation Center und haben<br />
die Gelegenheit, Mitarbeiter und Führungskräfte<br />
des Konzerns zu treffen und<br />
sich mit ihnen auszutauschen.<br />
Durch den regelmäßigen Kontakt<br />
zu den Fellows konnten sie Deutsche<br />
Post DHL als attraktiven Arbeitgeber<br />
kennenlernen. Im Jahr <strong>2011</strong> haben sich<br />
sechs Fellows für einen Job im Konzern<br />
entschieden.<br />
Übersicht Bildungsinitiativen bei Deutsche Post DHl:<br />
Teach For All<br />
In 2010 hat Deutsche Post DHL eine<br />
globale Partnerschaft mit Teach For All<br />
begründet, einem Netzwerk von zurzeit<br />
23 nationalen Partnerorganisationen in<br />
Europa, Asien, Amerika und dem Mittleren<br />
Osten. Entstanden ist die Partnerschaft<br />
aus der erfolgreichen Zusammenarbeit<br />
mit Teach First <strong>Deutschland</strong>, die<br />
bereits seit 2009 besteht. Im Rahmen der<br />
Partnerschaft unterstützt der Konzern<br />
Teach For All Länderorganisationen in<br />
<strong>Deutschland</strong> (Teach First <strong>Deutschland</strong>),<br />
Indien (Teach For India), Argentinien<br />
(Enseñá por Argentina), Chile (Enseña<br />
Chile), Peru (Enseña Peru), Spanien (Empieza<br />
por Educar) und Brasilien (Ensina!).<br />
Deutsche Post DHL ist größter Förderer<br />
von Teach For All und leistet damit einen<br />
nachhaltigen Beitrag beim Auf- und<br />
Ausbau der Initiative – sowohl für die<br />
Dachorganisation als auch für die Länderorganisation,<br />
mit denen Deutsche<br />
Post DHL partnerschaftlich verbunden ist.<br />
Partnerschaft mit SOS-Kinderdorf<br />
In vielen Ländern haben junge Menschen<br />
unzureichenden Zugang zu einer<br />
soliden Schul- und Berufsausbildung.<br />
Gemeinsam mit der Hilfsorganisation<br />
SOS-Kinderdorf will Deutsche Post DHL<br />
die Berufschancen junger Menschen<br />
erhöhen. Die Initiative richtet sich an 15-<br />
bis 25-Jährige, die bei der Vorbereitung<br />
auf ein unabhängiges, selbstbestimmtes<br />
Leben unterstützt und begleitet werden.<br />
Die Zusammenarbeit mit SOS-Kinderdorf<br />
setzt dabei stark auf das Engagement<br />
der Konzern-Mitarbeiter vor Ort in den<br />
Ländern. Gemeinsame Projekte haben<br />
beide Partner bereits in Brasilien, Madagaskar,<br />
Südafrika und Vietnam realisiert.<br />
Mittelfristig kommen mehr Länder hinzu.<br />
UPstairs<br />
So heißt das Stipendienprogramm für<br />
Mitarbeiterkinder. Oft können Kinder<br />
und Jugendliche keine höhere Schule oder<br />
Universität besuchen, weil das Geld in der<br />
Familie dafür nicht reicht. Mit Hilfe des<br />
Stipendiatenprogramms UPstairs erhalten<br />
Kinder aus Mitarbeiterfamilien die Chance,<br />
einen höheren Schul- oder einen Studienabschluss<br />
zu erreichen. Im Frühjahr<br />
<strong>2011</strong> sind Pilotprojekte mit 50 Stipendien<br />
in Südafrika, Mexiko, Indonesien und<br />
Rumänien gestartet. Bis 2014 wird das<br />
Programm weltweit ausgerollt und die<br />
Zahl der Stipendien auf rund 600 erhöht.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.dp-dhl.de/verantwortung und<br />
www.teachfirst.de
DeuTSCHe TeleKoM<br />
Das experiment<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
Die deutsche regierung hat den Atomausstieg beschlossen<br />
und behält gleichzeitig die Klimaschutzziele bei. Dies bedeutet<br />
für alle, dass wir die Anstrengungen für mehr energieeffizienz<br />
verstärken und nach weiteren Potenzialen suchen müssen, um<br />
die gesetzten Klimaschutzziele auch mit dem Atomausstieg zu<br />
erreichen. Denn die Co 2 -emissionen steigen global unvermindert<br />
weiter. Daraus ergibt sich für uns alle eine Verantwortung,<br />
derer wir uns bewusst werden müssen.<br />
Dr. Ignacio Campino, Vorstandsbeauftragter<br />
für Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei der<br />
Deutschen Telekom<br />
Im Jahr 1995 haben wir, die Deutsche<br />
Telekom, als erstes DAX30-Unternehmen<br />
uns dem Klimaschutz verpflichtet<br />
und verbindliche CO 2 -Reduktionsziele<br />
für <strong>Deutschland</strong> in unseren Unternehmenszielen<br />
festgeschrieben. Wir sind<br />
uns unserer unternehmerischen Verantwortung<br />
bewusst und setzen uns eigene,<br />
ambitionierte Klimaschutzziele.<br />
So sah unsere Klimaschutzstrategie<br />
aus dem Jahr 2005 vor, dass wir die<br />
CO 2 -Emissionen unseres Konzerns in<br />
<strong>Deutschland</strong> von 1995 bis 2020 um 20<br />
Prozent senken. Dieses Ziel konnten<br />
wir bereits erreichen und haben daher<br />
unsere Zielsetzungen aktualisiert: Eine<br />
Reduktion der CO 2 -Emissionen um 40<br />
Prozent bis 2020. Weder die Bundesregierung,<br />
noch die Europäische Union<br />
78 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
79<br />
Best Practice<br />
hat solch ambitionierte Ziele. Und dank<br />
konkreter Maßnahmen sind wir auf<br />
dem richtigen Weg auch diese Marke<br />
zu erreichen.<br />
Eine dieser Maßnahmen der Deutschen<br />
Telekom ist die Green-Car-Policy für<br />
nachhaltige Mobilität innerhalb des Unternehmens.<br />
Bis zum Jahr 2015 sollen<br />
die CO 2 -Emissionen neuer PKW in der<br />
deutschen Fahrzeugflotte bei gerade<br />
einmal 110 Gramm pro Kilometer liegen.<br />
Zum Vergleich: die Europäische Union<br />
fordert eine Reduzierung auf 120 Gramm<br />
bis 2015.<br />
Mittelfristig wollen wir durch die Umstellung<br />
des bis jetzt noch teilweise analogen<br />
Telefonnetzes auf die Internet-Protokoll-<br />
Technologie das gesamte deutsche Telefonnetz<br />
energieeffizienter und gleichzeitig<br />
fit für die Zukunft machen.<br />
Zudem arbeiten wir derzeit an der Internationalisierung<br />
unserer Klimaschutzstrategie.<br />
Hierfür wollen wir auf Basis<br />
konzernweiter Vorgaben und lokaler<br />
Potenziale für unsere Auslandsgesellschaften<br />
individuelle Reduktionsziele<br />
definieren. Außerdem prüfen wir<br />
die Möglichkeit, Klimaschutzkriterien<br />
bei Investitionen zu berücksichtigen.<br />
Zusätzlich wollen wir in Zukunft den<br />
CO 2 -Ausstoß innerhalb der gesamten<br />
Wertschöpfungskette unserer Produkte<br />
– von Ressourcengewinnung über<br />
Produktion bis hin zum Vertrieb an den<br />
Endkunden – beachten.<br />
Sowohl unsere neue Klimaschutzstrategie<br />
als auch die Internationalisierung<br />
dieses Vorgehens wird in unserem Unternehmen<br />
seit 2009 federführend von der<br />
Climate Change Group, einem internen<br />
Expertengremium, umgesetzt und beaufsichtigt.<br />
Gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsbereich<br />
des Unternehmens<br />
etabliert und treibt Dr. Ignacio Campino,<br />
Vorstandsbeauftragter für Nachhaltigkeit<br />
und Klimaschutz bei der Deutschen Telekom,<br />
dieses Projekt voran.<br />
„Gegenwärtig ist Klimaschutz eine der<br />
größten Herausforderungen, denen wir<br />
uns stellen müssen. Als Telekommunikationsunternehmen<br />
haben wir die<br />
Möglichkeit, Lösungen anzubieten, mit<br />
denen CO 2 -Emissionen reduziert werden.<br />
Diese können dazu beitragen, dass viele<br />
Millionen Menschen eine Zukunft ohne<br />
gravierende Konsequenzen durch den<br />
Klimawandel haben“, so beschreibt Dr.<br />
Ignacio Campino seine Motivation, das<br />
Thema Klimaschutz auch über die Unternehmensgrenzen<br />
hinaus zu fördern.<br />
Das große Potenzial<br />
Eine von der Deutschen Telekom, dem<br />
BMWi, GeSI, dem Potsdam Institut, SAP,<br />
Huawei, Siemens, der Boston Consulting<br />
Group sowie verschiedenen Partnerorganisationen<br />
geförderte Studie zum Thema<br />
Einsparpotenziale im Bereich Informations-<br />
und Kommunikationstechnologie<br />
(IKT) mit dem Namen „SMART 2020“ aus<br />
dem Jahr 2009 fasst die Möglichkeiten<br />
unserer Branche zusammen:<br />
Telekommunikationsunternehmen könnten<br />
alleine in <strong>Deutschland</strong> bis zum Jahr<br />
2020 rund 13 Megatonnen CO 2 -Emissionen<br />
einsparen. Und dies umfasst lediglich<br />
die direkten Einsparungen aus der eigenen<br />
Geschäftstätigkeit. Dazu zählen unter<br />
anderem Einsparungen durch energieeffiziente<br />
Rechenzentren, Virtualisierung<br />
bzw. Cloud Computing, sowie sparsame<br />
Telekommunikationsendgeräte.<br />
Als „Enabler“ könnte die IKT-Industrie bei<br />
nachhaltiger und konsequenter Umsetzung<br />
in den nächsten neun Jahren sogar<br />
Reduktionspotenziale von bis zu 194<br />
Megatonnen CO 2 -Emissionen realisieren.<br />
Dies entspricht einer Verringerung von<br />
bis zu 25 Prozent der gesamtdeutschen<br />
Emissionen. Das identifizierte indirekte<br />
Reduktionspotenzial beziffert ein theoretisch<br />
mögliches Maximum, und der<br />
Geschäftswert dieses Potenzials wird mit<br />
bis zu 84 Milliarden Euro bis zum Jahr<br />
2020 beziffert.<br />
Wir erkennen, dass wir als einer der<br />
größten Telekommunikationsanbieter<br />
weltweit die Pflicht und das Potenzial<br />
haben, auch unseren Kunden klimafreundliche<br />
Produkte und Dienstleistungen<br />
anzubieten und ihnen die<br />
Möglichkeit zu geben, einen eigenen<br />
Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.<br />
Dienste wie unsere Web-, Video- und<br />
Telefonkonferenzen erleichtern die<br />
ortsunabhängige Kommunikation, können<br />
Arbeitsprozesse effizienter gestalten<br />
und sind dabei deutlich nachhaltiger<br />
als reale Meetings mit Anreisen via<br />
Flugzeug, PKW und Bahn. In einer Zeit,<br />
in der flexible Arbeitsplätze – auch in<br />
unserem Unternehmen – eine zunehmend<br />
wichtigere Rolle spielen, geben<br />
wir unseren Kunden die Möglichkeit<br />
jederzeit und überall vor Ort zu sein<br />
– ohne eine langwierige und klimaschädliche<br />
Anreise.<br />
In unserer Strategie erweitern wir die<br />
geschäftliche Basis unseres Unternehmens<br />
und verankern darin nachhaltige<br />
Themen wie Klimaschutz. Beispielhaft<br />
sei hier das Wachstumsfeld Energie<br />
genannt: Der Auf bau intelligenter<br />
Stromnetze (Smart Grid) und der Einsatz<br />
intelligenter Stromzähler (Smart<br />
Metering) könnte einen ersten Beitrag<br />
zur Reduzierung des CO 2 -Ausstoßes<br />
leisten. Da Stromzähler beispielsweise<br />
ihre Werte jederzeit an die Energieversorger<br />
senden können, entfällt die<br />
Fahrt der Servicemitarbeiter, um die<br />
Werte abzulesen. Gleichzeitig gestalten<br />
wir den Stromverbrauch für unsere<br />
Kunden transparenter und effizienter<br />
und helfen ihnen so, aktiv Strom und<br />
Geld zu sparen.<br />
Damit wollen wir nicht nur unser grünes<br />
Gewissen beruhigen. Durch den Einsatz<br />
„grüner“ Innovationen kann eine nachhaltige<br />
Reduzierung der operativen Ausgaben<br />
(OPEX) die Folge sein. Die Fähigkeit,<br />
durch eine konsequente OPEX-Reduktion<br />
Klimaschutz und unternehmerischen<br />
Erfolg nicht nur zu vereinbaren sondern<br />
miteinander zu verbinden, unterstreicht<br />
die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.<br />
Das Experiment <strong>Deutschland</strong> – gemeinsam<br />
können wir es zum Erfolg<br />
führen. Klimaschutz und Atomausstieg<br />
bedeutet eine große Herausforderung<br />
für alle.
eNBw<br />
erneuerbare energien machen derzeit knapp 11 Prozent im erzeugungsportfolio der enBw<br />
aus. rein rechnerisch können damit rund zwei Millionen Haushalte mit Co 2 -frei erzeugtem<br />
Strom versorgt werden. Tendenz steigend, denn das energieunternehmen will die energiewende<br />
aktiv mitgestalten. Dazu sind in den kommenden zehn Jahren Investitionen von rund<br />
acht Milliarden euro in wasser- und windkraft sowie in Fotovoltaik und Bioenergie geplant.<br />
Trotzdem werden Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke noch geraume Zeit eine wichtige rolle<br />
spielen. oder spielen müssen – um die Balance zu halten zwischen umweltverträglichkeit,<br />
wirtschaftlichkeit und Versorgungsicherheit.<br />
Von Bernhard Graeber, Dr. Lothar Rieth und Sylvia Straetz<br />
Die fossil befeuerten Anlagen im EnBW-<br />
Kraftwerkspark haben – verglichen mit<br />
internationalen Standards – bereits hohe<br />
Wirkungsgrade und sehr niedrige spezifische<br />
Emissionen. Durch hochmoderne<br />
neue Blöcke und durch Effizienzprogramme<br />
in den bestehenden Anlagen optimiert<br />
die EnBW diese Technik ständig weiter.<br />
enBw windpark Baltic 1 in der ostsee<br />
Stromerzeugung im wandel<br />
Die konventionellen Kraftwerke werden<br />
uns noch über Jahrzehnte hinweg „begleiten“.<br />
Schließlich müssen sie nicht nur die<br />
Grundlast decken; sie sollen auch hocheffizient<br />
jenen Strombedarf ausgleichen,<br />
der zwischen der Stromnachfrage einerseits<br />
und der fluktuierenden Erzeugung<br />
aus erneuerbaren Energien andererseits<br />
80 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
81<br />
Best Practice<br />
rheinkraftwerk Iffezheim<br />
gedeckt werden muss. Hocheffizient und<br />
mit höchsten Sicherheitsstandards werden<br />
auch die verbleibenden Kernkraftwerke<br />
bis zum Ende ihrer Laufzeit weiterbetrieben.<br />
Sie arbeiten CO 2 -frei und können<br />
einen Teil der Investitionsmittel erwirtschaften,<br />
die die EnBW für die Energiewende<br />
investieren will.<br />
Wasserkraft – eine altbewährte<br />
Technologie mit Potenzial<br />
Die Stromerzeugung aus Wasserkraft hat<br />
bei der EnBW eine über hundertjährige<br />
Tradition. Entsprechend hoch – verglichen<br />
mit dem Bundesdurchschnitt<br />
– ist ihr Anteil am Erzeugungsmix. Der<br />
Energiekonzern betreibt 65 Laufwasserkraftwerke<br />
und zwei eigene Pumpspeicherkraftwerke,<br />
dazu kommen zahlreiche<br />
Beteiligungen und Bezugsverträge.<br />
In der Summe verfügt die EnBW momentan<br />
über mehr als 2.700 Megawatt<br />
installierter Leistung aus Wasserkraft.<br />
Zudem prüft die EnBW in drei konkreten<br />
Projekten, teilweise in Zusammenarbeit<br />
mit ihren Partnerunternehmen, wie die<br />
Pumpspeicherkapazität künftig noch<br />
deutlich gesteigert werden kann – für<br />
einen weiterhin starken Ausbau der<br />
erneuerbaren Energie aus Wind und<br />
Sonne sowie stabile Übertragungsnetze.<br />
Einen Meilenstein im Portfolio stellt<br />
das Wasserkraftwerk Rheinfelden dar,<br />
das modernste europäische Laufwasserkraftwerk.<br />
Das deutsch-schweizerische<br />
Gemeinschaftsprojekt wurde nach rund<br />
acht Jahren Bauzeit Mitte September <strong>2011</strong><br />
offiziell in Betrieb genommen. Es ist viermal<br />
so leistungsstark wie die alte Anlage<br />
und kann rechnerisch etwa 170.000 3-Personen-Haushalte<br />
mit Ökostrom versorgen.<br />
Eine zweite große Ausbaumaßnahme der<br />
EnBW ist das Rheinkraftwerk Iffezheim.<br />
Bisher produziert es CO 2 -freien Strom für<br />
etwa 155.000 Haushalte. Erweitert um<br />
eine fünfte Turbine, soll das Laufwasserkraftwerk<br />
voraussichtlich ab 2013 weitere<br />
25.000 Haushalte versorgen.<br />
Daneben wird auch das Potenzial<br />
der sogenannten „kleinen“ Wasserkraft<br />
gehoben, sei es durch Optimierungen<br />
an bereits bestehenden Objekten oder<br />
durch Neubau.<br />
Windkraft – eine technologische<br />
Herausforderung<br />
Mit vier großen Offshore-Projekten (offshore<br />
= auf See) realisiert die EnBW<br />
einige der derzeit größten Windenergievorhaben<br />
in <strong>Deutschland</strong>: Als bundesweit<br />
erster kommerzieller Windpark<br />
nahm im Mai <strong>2011</strong> EnBW Baltic 1 offiziell<br />
den Betrieb auf. Die 21 Anlagen<br />
stehen etwa 16 Kilometer nördlich der<br />
Halbinsel Darß/Zingst und produzieren<br />
emissionsfrei Strom für rechnerisch<br />
rund 50.000 Haushalte. Etwa 32 km<br />
nördlich der Insel Rügen ist 2012 der<br />
Baubeginn für EnBW Baltic 2 geplant.<br />
Auf 27 Quadratkilometern sollen sich<br />
dann 80 Rotoren drehen. Ihre prognostizierte<br />
Jahresproduktion entspricht<br />
dem rechnerischen Bedarf von circa<br />
340.000 Haushalten. Neben den beiden<br />
Windparks in der Ostsee sind auch zwei<br />
Nordsee-Projekte geplant: EnBW Hohe<br />
See und EnBW He Dreiht.<br />
Bereits in den 80er Jahren führte die<br />
EnBW erste Versuche und Pilotprojekte<br />
mit Windkraftanlagen zu Land (onshore)<br />
durch. Es folgte ein sukzessiver Zubau,<br />
und seit 2009 wurde das Portfolio von 28<br />
auf rund 170 Megawatt in etwa versechsfacht,<br />
Tendenz auch hier weiter steigend.<br />
Der derzeit größte Onshore-Windpark<br />
der EnBW liegt im niedersächsischen<br />
Buchholz; die gewonnene Windenergie<br />
aus den 18 Anlagen genügt, um circa<br />
22.000 Haushalte zu versorgen.<br />
Bio- und Solarenergie – eine<br />
Zukunftstechnologie<br />
Die EnBW investiert bereits seit 1984<br />
in die Sonnenenergie. Inzwischen sind<br />
über 40 Fotovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung<br />
von rund 11 Megawatt am<br />
Netz. Die größten Solarparks befinden<br />
sich in Ulm-Eggingen, in Leibertingen<br />
im Landkreis Sigmaringen und in March-<br />
Neuershausen.<br />
Die EnBW besitzt und betreibt zwei<br />
Biogasauf bereitungsanlagen in Burgrieden<br />
bei Laupheim und in Blaufelden-<br />
Emmertsbühl. Mit ihrer Leistung können<br />
derzeit rechnerisch etwa 2.500 Haushalte<br />
versorgt werden. In Blaufelden-Emmertsbühl<br />
kommt zudem ein neues wegweisendes<br />
Netzanschlusskonzept zum Zuge:<br />
Das Biogas wird direkt in das nahe gelegene<br />
Ortsverteilnetz eingespeist. Dieses<br />
von der EnBW zum Patent angemeldete<br />
Verfahren ermöglicht zukünftig deutlich<br />
mehr Anschlussmöglichkeiten und kann<br />
damit die Leitungsbaumaßnahmen vor<br />
Ort reduzieren – und damit auch die<br />
Kosten sowie die Eingriffe in die Natur.<br />
Mit dem Erwerb der Projektrechte<br />
an zwölf Biogasanlagen ist die EnBW<br />
auch in die Stromproduktion aus Biogas<br />
eingestiegen.<br />
Biodiversität – eine große<br />
Verantwortung<br />
Die Geschäftsfelder der EnBW bedingen<br />
die unterschiedlichsten Eingriffe in die<br />
Natur – etwa durch den Bau und Erhalt<br />
von Anlagen, Netzen oder den Anbau von<br />
Biomasse. In Kooperation mit Forschungsinstituten<br />
und Naturschutzverbänden<br />
werden Lösungen zum Schutz der vielfältigen<br />
Tier- und Pflanzenwelt erarbeitet.<br />
Weitere Forschungsprojekte dienen dem<br />
Ziel, das Spannungsfeld zwischen „Tank<br />
und Teller“ bestmöglich zu lösen.<br />
Im Netzbereich liegt ein Schwerpunkt<br />
auf der ökologischen Trassenpflege unter<br />
Berücksichtigung von Brutzeiten und<br />
Vegetationsperioden. In der Planungsphase<br />
neuer Windparks laufen – neben<br />
Studien über Bodenversiegelung,<br />
Schallentwicklung und Schattenwurf<br />
– Monitorings, um das Verhalten von<br />
Fledermäusen und Vögeln zu erfassen.<br />
Im Bereich der Wasserkraft liegt das<br />
Hauptaugenmerk bei Neubau wie Modernisierung<br />
auf Fischaufstiegs- und<br />
Umgehungsgewässern sowie Renaturierungsmaßnahmen.
erNST & YouNG<br />
Integrated reporting –<br />
unternehmensbericht-<br />
erstattung vor einem<br />
grundlegenden wandel?<br />
Das Thema Nachhaltigkeit ist zwar mittlerweile in vielen unternehmen angekommen, doch der<br />
Großteil der unternehmen berichtet losgelöst von der Finanzberichterstattung in gesonderten<br />
Formaten über ihr Verständnis, ihre Ziele und erfolge im Bereich Nachhaltigkeit. Seit der umgang<br />
mit Nachhaltigkeitsaspekten für die finanzielle entwicklung von unternehmen immer mehr<br />
an Bedeutung gewinnt und zudem die Nachfrage von Investoren und Analysten nach belastbaren<br />
nicht-finanziellen leistungsindikatoren weiter steigt, werden die Stimmen nach einer integrierten<br />
Berichterstattung, dem sog. „Integrated reporting“, allerdings immer lauter.<br />
Von Nicole Richter<br />
Integrated Reporting bedeutet jedoch<br />
keineswegs, einfach Nachhaltigkeits- und<br />
Finanzbericht in einem einzigen Format<br />
zu veröffentlichen. Vielmehr gilt es, die<br />
Integration von Nachhaltigkeit in die<br />
Unternehmensstrategie zu unterstreichen.<br />
Ziel ist es, den Bericht nicht nur als Kommunikationstool<br />
zu nutzen, sondern auch<br />
intern auf best practices im Bereich Nachhaltigkeit<br />
zu fokussieren und die Auswirkungen<br />
von Nachhaltigkeitsthemen und<br />
-risiken auf die finanzielle Entwicklung<br />
des Unternehmens zu verdeutlichen.<br />
Der größte Vorteil für Unternehmen<br />
ist, dass durch die integrierte Berichterstattung<br />
die Zusammenhänge zwischen<br />
ihren Finanz- und Nachhaltigkeitsdaten<br />
transparenter werden, und die verbesserte<br />
Transparenz eine umfassendere<br />
Entscheidungsgrundlage für das Unternehmen<br />
selbst wie auch für seine<br />
Stakeholder liefert.<br />
Nicole richter ist als Senior Managerin im<br />
Bereich Climate Change and Sustainability<br />
Services (CCaSS) bei ernst & Young in<br />
Stuttgart tätig.<br />
Regulatorische Entwicklungen<br />
Das Konzept des Integrated Reporting wird<br />
vorerst nur von sehr wenigen Unternehmen<br />
praktiziert. Einer der Gründe hierfür<br />
ist ein bislang fehlendes Framework als<br />
Grundlage für die integrierte Berichterstattung.<br />
Im August 2010 wurde daher<br />
das „International Integrated Reporting<br />
Committee“ (IIRC) gegründet, dessen Ziel<br />
es ist, ein global akzeptiertes Framework<br />
für die Berichterstattung im Bereich Nachhaltigkeit<br />
zu etablieren. Auf der Basis<br />
dieses Frameworks sollen Informationen<br />
zur sozialen, finanziellen, Umwelt- und<br />
Governance-Performance eines Unternehmens<br />
in kohärenter, konsistenter und<br />
klarer Weise miteinander verbunden und<br />
besser vergleichbar werden.<br />
Im Herbst <strong>2011</strong> präsentierte der IIRC<br />
den Diskussionsentwurf und eröffnete<br />
eine 2-jährige Phase zur Erprobung des<br />
entwickelten Frameworks. Unterstützt<br />
wird das IIRC durch das „Prince‘s Accounting<br />
for Sustainability Project“ sowie<br />
die <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI), die<br />
mit der dritten Version ihrer Guidelines<br />
zur Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
derzeit den Quasi-Standard in diesem<br />
Bereich herausgibt. Die GRI sieht Inte-<br />
82 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
83<br />
Best Practice<br />
regulatorische entwicklungen in ausgewählten Staaten<br />
(Grafik 1)<br />
US-Börsenaufsicht verpflichtet<br />
Unternehmen zu Offenlegung<br />
ihrer Klimarisiken<br />
grated Reporting als eines der wichtigsten<br />
Themen, die derzeit die Agenda im<br />
Bereich Nachhaltigkeit bestimmen. So<br />
ist weltweit der Trend zu mehr gesetzlicher<br />
Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
und teilweise sogar<br />
hin zur integrierten Berichterstattung<br />
zu beobachten – wie in der Grafik 1<br />
dargestellt.<br />
Prinzipien der integrierten<br />
Berichterstattung<br />
Die FEE (Fédération des Experts-comptables<br />
Européens – Federation of European<br />
Accountants), der Zusammenschluss der<br />
führenden Berufsorganisationen der<br />
Wirtschaftsprüfer in Europa, hat im<br />
Februar <strong>2011</strong> acht Prinzipien für die integrierte<br />
Berichterstattung veröffentlicht.<br />
Herausforderungen<br />
Die größte Herausforderung des Integrated<br />
Reporting besteht sicher darin,<br />
den Zusammenhang zwischen Strategie,<br />
Zielen, Maßnahmen einerseits und<br />
messbaren Leistungskriterien im Bereich<br />
Nachhaltigkeit andererseits zu identifizieren<br />
und entsprechende Schlussfolgerungen<br />
für die Berichterstattung<br />
”The GRI believes that the urgency of<br />
the transition to a sustainable economy<br />
requires standardized integrated<br />
Reporting to be developed, tested and<br />
commonly adopted by 2020.”<br />
(Conference 2010)<br />
Gründung BRC<br />
Nachhaltigkeitsexperten halten<br />
“Integrated Reporting” für die zukunftsweisende<br />
Form der Berichterstattung<br />
(Nachhaltigkeitsrat)<br />
zu ziehen. Darüber hinaus müssen die<br />
Nachhaltigkeitsdaten eines Unternehmens<br />
genauso valide und belegbar sein<br />
wie seine Finanzdaten – ein geringerer<br />
Anspruch würde die Glaubwürdigkeit<br />
des Integrated Reporting von Anfang<br />
an untergraben.<br />
Eine weitere Hürde besteht nicht zuletzt<br />
auch in der zeitlichen Ballung des Arbeitsaufwands,<br />
um sowohl die Finanz-,<br />
als auch die Nachhaltigkeitsdaten zum<br />
Stichtag des Jahresabschlusses bereitzustellen.<br />
Fraglich ist auch, ob und in welcher<br />
Form (limited versus reasonable) die<br />
Gesamtinformationen des Integrierten<br />
Reporting einer externen Prüfung un-<br />
Verankerung<br />
von Nachhaltigkeit<br />
in die Gesamt-<br />
strategie<br />
Lagebericht § 289 und 315 HGB<br />
Basis: Richtlinie 2003/51/EG<br />
Reporting<br />
Governance<br />
Dänemark verpflichtet als erstes<br />
Land seine Großunternehmen zur<br />
Integration nicht-finanzieller Daten<br />
in den Geschäfts bericht<br />
EU-Konsultation Binnenmarkt über<br />
die Offenlegung von Informationen<br />
nicht-finanzieller Art durch Unternehmen<br />
King III Code: Integrated<br />
Reporting verpflichtend für<br />
JSE-gelistete Unternehmen<br />
terliegen werden, sei es auf dem Prinzip<br />
der Freiwilligkeit begründet, oder aber<br />
aufgrund von gesetzlicher Vorgaben.<br />
Fazit<br />
Insgesamt ist die integrierte Berichterstattung<br />
einer der derzeit wichtigsten<br />
Trends im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
– sowohl im europäischen<br />
als auch im außereuropäischen<br />
Ausland. Die Zusammenführung von finanzorientierten<br />
Geschäftsberichten und<br />
Informationen zur Nachhaltigkeitsperformance<br />
könnte also der entscheidende<br />
Wendepunkt im unternehmerischen<br />
Reporting sein.<br />
weg zur erstellung eines integrierten Berichts<br />
(Grafik 2)<br />
Wesentlich-<br />
keitsanalyse<br />
Verbindung von Nachhaltigkeits- und Finanzperformance<br />
Prozesse<br />
zur Datenerfassung<br />
Steuerung, Kontrolle, Anreizgestaltung<br />
Sicherung der<br />
Datenqualität<br />
Bestimmung<br />
des Berichts-<br />
inhaltes<br />
Integrated<br />
Report
eVoNIK<br />
weltweiter einkauf<br />
verpflichtet<br />
evonik Industries ist überzeugt, dass Verantwortung für Menschen,<br />
umwelt und Geschäft unverzichtbare Basis für eine<br />
erfolgreiche Zukunft ist. Verantwortliches Handeln muss sich<br />
deshalb in allen unternehmensbeziehungen widerspiegeln, vor<br />
allem auch in jenen zu Kunden, Partnern und lieferanten. Das<br />
unternehmen arbeitet intensiv daran, umwelt- und Sozialstandards<br />
konzernweit in seine lieferantenbeziehungen zu integrieren.<br />
Denn das schafft Vertrauen auf beiden Seiten und ist Kern<br />
einer erfolgreichen Zusammenarbeit.<br />
Von Ingrid de Wilde und Gerald Breyer<br />
Die Corporate Responsibility (CR)-Strategie<br />
von Evonik soll dazu beitragen, die globalen<br />
Herausforderungen zu erkennen,<br />
aufzugreifen und mit innovativen Lösungen<br />
das Geschäft auszubauen. Dafür<br />
müssen alle Geschäftsprozesse weltweit<br />
an hohen Umwelt- und Sozialstandards<br />
ausgerichtet sein. Ein besonderes Augenmerk<br />
gilt dabei den Schwellen- und<br />
Entwicklungsländern, in denen Evonik als<br />
eines der weltweit führenden Unternehmen<br />
der Spezialchemie mit Standorten<br />
oder als Einkäufer tätig ist. Denn hier<br />
zeigen sich die Herausforderungen der<br />
Zukunft wie unter einem Brennglas: Das<br />
Bevölkerungswachstum führt zu einem<br />
rasch steigenden Bedarf an Ressourcen,<br />
Flächen und Arbeitskräften. Gleichzeitig<br />
vergrößert sich der Konflikt zwischen dem<br />
notwendigem wirtschaftlichen Wachstum<br />
und der Verantwortung für Umwelt und<br />
Mitarbeiter. Das Bewusstsein, dass das<br />
Eine nicht ohne das Andere funktionieren<br />
kann, wächst indessen, und Evonik trägt<br />
auch dazu seinen Teil bei.<br />
Zentraler Stellhebel für<br />
Verantwortung<br />
Mit einem jährlichen Beschaffungsvolumen<br />
von über neun Milliarden Euro<br />
ist Evonik ein bedeutender Einkäufer<br />
weltweit und in den Regionen, in denen<br />
das Unternehmen tätig ist. Die systematische<br />
Integration von CR in das<br />
konzernweite Lieferantenmanagement<br />
ist daher ein wichtiges Ziel. Es reicht<br />
von der Lieferantenauswahl über den<br />
Einkaufsprozess bis hin zur Bewertung<br />
der Lieferantenbeziehungen. Im letzten<br />
Jahr konnte Evonik bereits einiges<br />
erreichen: So wurde im Juli 2010 eine<br />
neue Beschaffungsrichtlinie verabschiedet,<br />
die künftig den Umgang mit den<br />
Lieferanten weltweit regelt. Sie ergänzt<br />
die bestehenden CR-Anforderungen, die<br />
im Evonik Code of Conduct, der <strong>Global</strong><br />
84 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
85<br />
Best Practice<br />
Social Policy und den Unternehmenswerten<br />
für Umwelt, Sicherheit, Gesundheit<br />
und Qualität ausführlich beschrieben<br />
sind. Die neue Beschaffungsrichtlinie<br />
legt unter anderem fest, dass Evonik<br />
bei der Auswahl von Lieferanten darauf<br />
achtet, dass diese die Grundsätze des<br />
UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und die Standards<br />
der Internationalen Arbeitsorganisation<br />
(ILO) einhalten. Diese Erwartungen<br />
wurden nun auch in den Allgemeinen<br />
Einkaufsbedingungen festgeschrieben.<br />
Damit schafft Evonik Transparenz und<br />
sorgt für ein einheitliches CR-Verständnis<br />
entlang der Lieferkette. Zugleich begegnet<br />
das Unternehmen damit den Erwartungen<br />
seiner Kunden, die ihrerseits eine<br />
transparente und bis zu den Vorlieferanten<br />
reichende Lieferkette dargestellt<br />
haben wollen. Vor allem aber will sich<br />
Evonik damit verlässliche und langfristig<br />
stabile Lieferantenbeziehungen sichern –<br />
ein Aspekt, der auch im Hinblick auf das<br />
Management zentraler Geschäftsrisiken<br />
von wachsender Bedeutung ist.<br />
Risikoanalyse als Basis<br />
Im Rahmen des Pilotprojekts CR@Procurement<br />
führte Evonik Mitte 2010 eine<br />
umfassende Analyse zu Umwelt- und Sozialrisiken<br />
bei seinen Lieferanten durch.<br />
Dabei konzentrierte sich das Unternehmen<br />
insbesondere auf Herkunftsländer,<br />
die gemäß dem United Nations Human<br />
Development Index (HDI) und dem<br />
Transparency International Corruption<br />
Perception Index (CPI) als Risikoländer<br />
einzustufen sind – wo also folglich<br />
der größte Handlungsbedarf bestehen<br />
könnte. Die auf diese Weise identifizierten,<br />
vornehmlich in China sowie<br />
Süd- und Osteuropa ansässigen über 200<br />
Lieferanten wurden dann anhand eines<br />
klar definierten Bewertungsverfahrens<br />
überprüft. Themen der Befragung waren<br />
unter anderem Umweltschutz, Sicherheit,<br />
Korruptionsbekämpfung und soziale<br />
Aspekte. Die Fragen dafür waren zuvor<br />
mit den konzernweiten CR-Anforderungen<br />
sowie anerkannten Umwelt- und<br />
Sozialstandards abgeglichen worden,<br />
darunter auch die Prinzipien des UN<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, denen sich Evonik im<br />
Sommer 2009 verpflichtet hat. Parallel<br />
zur Lieferantenbefragung begann Evonik<br />
auch damit, seine Einkäufer zu schulen:<br />
In Präsenz- und Online-Trainings wurden<br />
sie über die CR-Ziele informiert, die sich<br />
das Unternehmen im Bereich des Lieferantenmanagements<br />
gesetzt hat. Und<br />
sie erhielten die nötigen Informationen,<br />
um den Lieferanten als kompetenter<br />
Ansprechpartner zum Thema CR zur<br />
Seite zu stehen. In China, einem der<br />
wichtigsten Beschaffungsmärkte von<br />
Evonik, wurde das Programm noch durch<br />
spezielle Trainingseinheiten für die dortigen<br />
Einkäufer ergänzt.<br />
Ausbau von Audits und Trainings<br />
Insgesamt ergab die Lieferantenbefragung<br />
bei Evonik ein erfreuliches Bild: 74<br />
Prozent der befragten Lieferanten haben<br />
ökologische und soziale Kriterien bereits<br />
in ihre Managementsysteme integriert.<br />
Vereinzelt wiesen Lieferanten selbst auf<br />
noch bestehende Schwachstellen hin.<br />
Dies betraf insbesondere Umweltschutzmaßnahmen<br />
und die systematische<br />
Verankerung von sozialen Aspekten.<br />
Rüdiger Eberhard, Chief Procurement<br />
Officer bei Evonik Industries, war ob<br />
der guten Ergebnisse erfreut, aber nicht<br />
wirklich überrascht: „Für Evonik hat die<br />
Verlässlichkeit seiner Lieferanten bereits<br />
seit langem einen hohen Stellenwert.<br />
Ein professionelles Management von<br />
Nachhaltigkeitsaspekten ist dafür Grundvoraussetzung.<br />
Dieses Bewusstsein teilen<br />
wir nicht nur innerhalb von Evonik,<br />
sondern auch mit unseren Zulieferern.“<br />
Anhand der Befragungsergebnisse tritt<br />
Evonik nun an seine Lieferanten heran,<br />
um gemeinsam mit ihnen Verbesserungsmaßnahmen<br />
zu entwickeln und umzusetzen.<br />
Bis Ende <strong>2011</strong> sollen im Rahmen<br />
eines Pilotprojekts zudem mehr als zehn<br />
Lieferantenaudits in China durchgeführt<br />
werden, bei denen Vertreter von<br />
Evonik sich vor Ort über die Einhaltung<br />
der CR-Standards informieren. Bis Ende<br />
2012 soll CR systematisch in die Beschaffungsstrategie<br />
von Evonik eingebettet<br />
sein. Deshalb arbeitet das Unternehmen<br />
zurzeit auch daran, bestehende Prozesse<br />
zum Management von CR-Risiken in das<br />
IT-gestützte Lieferantenmanagement<br />
zu integrieren. Vorgesehen ist zudem<br />
der flächendeckende Ausbau des bestehenden<br />
Trainings-Angebots zur CR-<br />
Kompetenz der Einkäufer. Dabei wird,<br />
wie bei allen Maßnahmen von Evonik,<br />
weiterhin insbesondere die Zusammenarbeit<br />
im Mittelpunkt stehen.
FAI reNT-A-JeT<br />
FAI rent-a-jet AG:<br />
Grüner Hangar am<br />
Flughafen Nürnberg<br />
Von Petra Polster<br />
Als weltweit operierender Anbieter von Air Ambulance, Public Service und executive Charter<br />
gilt die FAI rent-a-jet AG als eines der größten unternehmen der Allgemeinen luftfahrt (General<br />
Aviation). Seit der Gründung im Jahr 1986 ist die FAI rent-a-jet AG (dba Flight Ambulance<br />
International) für die Versicherungs- und Assistance-wirtschaft, regierungsstellen, Nichtregierungsorganisationen,<br />
Krankenhäuser, wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen tätig. luftverkehr<br />
wird auch in der Zukunft unverzichtbar sein, insbesondere im Ambulanzbereich (speziell<br />
evakuierungen aus Krisengebieten) und der unterstützung von Friedensmissionen der Vereinten<br />
Nationen. FAI zählt hier zu den größten europäischen Flugdienstleistern und operiert learjets im<br />
Auftrag der uN derzeit auf Stationen im Sudan, der elfenbeinküste, dem Senegal sowie uganda.<br />
Luftverkehr und Umweltschutz in Einklang<br />
zu bringen, war FAI ein Bedürfnis<br />
beim Bau des neuen grünen Hangar- und<br />
Funktionsgebäudes mit einer Nutzfläche<br />
von mehr als 6.000 Quadratmetern am<br />
Flughafen Nürnberg. FAI stellt sich den<br />
aus dem Flugverkehr negativ resultierenden<br />
Auswirkungen und hat deshalb<br />
als aktiven Beitrag zum Umweltschutz<br />
größten Wert auf erneuerbare Energien<br />
gesetzt.<br />
Uns allen ist der anthropogene Treibhauseffekt<br />
ein sehr bekannter Begriff. Die<br />
Wissenschaft warnt vor der gravierenden<br />
Klimaveränderung in den nächsten<br />
Jahrzehnten: das Abschmelzen der Pole,<br />
der steigende Meeresspiegel, Schlammlawinen<br />
und zunehmend starke Stürme<br />
sind nur einige der wahrscheinlich zu<br />
erwartenden Probleme. Hauptursache<br />
für diese Klimaveränderung ist die Anreicherung<br />
der Atmosphäre mit Gasen, die<br />
den Treibhauseffekt verstärken. Hierzu<br />
gehören hauptsächlich CH4 (Methan)<br />
und CO 2 (Kohlendioxid). Der Gehalt von<br />
CO 2 in der Atmosphäre ist seit Beginn<br />
der Industrialisierung stark gestiegen.<br />
Über 30 Prozent der CO 2 -Emissionen<br />
in der EU stammen aus der Erzeugung<br />
von Elektrizität. Solarsysteme benötigen<br />
keine Kohle, Gas oder Strom, bei deren<br />
Verbrennung Unmengen an CO 2 frei<br />
werden. In 10 Jahren spart eine Anlage<br />
zur Gewinnung von Solarenergie pro<br />
kWp ca. 5 Tonnen CO 2 ein.<br />
Der mit einer 100 kWp-Solaranlage ausgerüstete<br />
neue Hangar 6 am Flughafen<br />
Nürnberg speist mehr sauberen Solarstrom<br />
in das Netz ein, als der laufende<br />
Betrieb des Hangar- und Funktionsgebäudes<br />
verbraucht. Die sogenannte „Carbon<br />
Von links: Henry Marx (Geschäftsführer<br />
Flughafen Nürnberg GmbH),<br />
FAI-Gründer Dr. Siegfried Axtmann,<br />
Innenminister Joachim Herrmann und<br />
Karl-Heinz Krüger (Geschäftsführer<br />
Flughafen Nürnberg GmbH).<br />
86 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
87<br />
Best Practice<br />
Außenansicht des neuen „Hangar 6“ der<br />
FAI rent-a-jet AG am Flughafen Nürnberg<br />
Photovoltaik-Anlage der FAI rent-a-jet AG<br />
auf dem Flughafen Nürnberg<br />
neutral Ground-Operation“ ist ein bisher<br />
auf deutschen Flughäfen einmaliges,<br />
zukunftsweisendes Projekt. Zusätzlich<br />
zur Stromerzeugung und dem wirtschaftlichen<br />
Betrieb der Anlage ergeben sich<br />
weitere Vorteile wie die Verbesserung<br />
des Gebäudeklimas durch weniger Hitzeeintrag<br />
oder die längere Lebensdauer<br />
der Dachhaut durch Verringerung der<br />
Sonneneinstrahlung. Die FAI rent-a-jet<br />
AG speist ihren durch die Photovoltaikanlage<br />
gewonnenen Solarstrom direkt in<br />
das Stromnetz der Homebase am Standort<br />
Nürnberg ein.<br />
Das neue Hangar- und Funktionsgebäude<br />
garantiert wirtschaftlichen Betrieb<br />
bei hohem Komfort und umfassender<br />
Sicherheit durch die Ausstattung mit<br />
verschiedenen BUS-Systemen, welche<br />
selbstständig auf sich wandelnde Umweltbedingungen<br />
reagieren. Die Steuerung<br />
von Licht, Heizung sowie Kühlung<br />
wird somit je nach Bedarf geregelt.<br />
Die verschiedenen Regen-, Licht- und<br />
Windsensoren wurden so programmiert,<br />
dass beispielsweise bei Sonneneinstrahlung<br />
die Außenjalousie herunterfährt<br />
und somit die Klimaanlage entlastet wird.<br />
Die Außenbeleuchtung ist an diverse<br />
Lichtsensoren gekoppelt, die entsprechend<br />
automatisch ab einem bestimmten<br />
Lux-Wert gesteuert wird.<br />
In der Werft hat man sich für die Installation<br />
einer teilungsfähigen Trennwand<br />
entschieden, welche die Teilung in 2/3<br />
und 1/3 ermöglicht. Die Trennwände<br />
sind die Lösung für Probleme, wenn unterschiedliche<br />
Arbeitsvorgänge zeitweise<br />
voneinander getrennt oder Teilbereiche<br />
unterschiedlich genutzt werden. Die<br />
Energiekosten für Heizung, Kühlung,<br />
Lüftung oder Beleuchtung können hierdurch<br />
reduziert werden.<br />
Darüber hinaus leistet FAI einen zusätzlichen<br />
Beitrag zum Umweltschutz,<br />
indem ausschließlich batteriebetriebene<br />
Flugzeugschlepper und Elektro-Cars zum<br />
Personentransport auf dem Vorfeld des<br />
Flughafens eingesetzt werden.<br />
FAI hat besonders im Bereich IT bei der<br />
Neuanschaffung sowie dem effizienten<br />
Einsatz von Geräten auf die Nachhaltigkeit<br />
Wert gelegt.<br />
Der Klimawandel hat sich zu einer der<br />
größten Herausforderungen für die<br />
Menschheit und unser Ökosystem entwickelt.<br />
Verantwortlich dafür ist der<br />
schnell ansteigende Ausstoß der Treibhausgasemissionen<br />
in die Atmosphäre.<br />
Die Reduzierung des Carbon Footprints /<br />
CO 2 - Fußabdrucks ist der Schlüssel, um<br />
dieser Entwicklung gegenzusteuern.<br />
Die Lösung liegt in der Steigerung der<br />
Energieeffizienz, der Senkung von CO 2 -<br />
Emissionen durch den Einsatz grüner<br />
Energie und dem langfristigen Ziel einer<br />
vollständigen CO 2 - Neutralität von Produkten<br />
im Unternehmen. Die bei FAI neu<br />
installierten Computer-Monitore sind mit<br />
dem ECO GREEN IT-Label ausgezeichnet,<br />
ein Carbon Footprint Meter ermittelt<br />
in Echtzeit, wie viel Kohlendioxid der<br />
jeweilige Monitor einspart.<br />
Die HP Switches sind Miercom Greenzertifiziert.<br />
Die Switches wurden auf<br />
ihre Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit<br />
untersucht. Der geringere<br />
Verbrauch sorgt für eine Reduktion<br />
der Wärmeabgabe, was wiederum die<br />
Kühlvorgänge im Datenzentrum und<br />
die damit verbundenen Energiekosten<br />
reduziert.<br />
Verbrauchte Tonerkartuschen werden<br />
zugunsten des Vereins Rockefeller Economies<br />
e. V. gespendet. Zweck des Vereins<br />
ist die Verminderung der Umweltbelastung<br />
und gleichzeitige Beschaffung<br />
von Mitteln für die Verwirklichung der<br />
steuerbegünstigten Zwecke für andere<br />
in <strong>Deutschland</strong> anerkannte gemeinnützige<br />
Körperschaften, welche derzeit die<br />
„UNESCO-Kinder in Not“ sowie der Verein<br />
„GRD-Gesellschaft zur Rettung der<br />
Delphine“ sind.
ForeST CArBoN GrouP<br />
wertvolles muss einen<br />
wert erhalten<br />
wälder sind für wirtschaft und Gesellschaft überlebenswichtig.<br />
Ihre Dienstleistungen müssen daher einen wert erhalten, um<br />
den Anreiz für ihren Schutz zu erhöhen. Projekte und Geschäft<br />
der Forest Carbon Group schaffen diesen Mehrwert für wälder.<br />
Von Alexander Zang<br />
13 Millionen Hektar Wald verliert die<br />
Erde jährlich, überwiegend in Schwellen-<br />
und Entwicklungsländern. Entwaldung<br />
verursacht etwa 20 Prozent der weltweiten<br />
CO 2 -Emissionen. Der Waldschwund<br />
hat weitreichende Konsequenzen für Klima,<br />
Wasserkreisläufe, Biodiversität und<br />
Ressourcennutzung. Ohne Waldschutz<br />
gibt es keinen Klima- und Artenschutz,<br />
aber auch der Kampf gegen die Armut<br />
kann nicht gelingen. Schließlich leben<br />
rund eine Milliarde Menschen von der<br />
Waldnutzung.<br />
Niemals zuvor in der Geschichte haben<br />
Länder das Roden gestoppt, bis sie eine<br />
bestimmte Stufe der Modernisierung<br />
erreicht hatten. Herkömmlicher Natur-<br />
schutz, bei dem Zäune um Wälder gezogen<br />
wurden, musste daher scheitern. In<br />
der internationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />
genoss das Thema zwar einen<br />
hohen Stellenwert, doch es gelang lange<br />
nicht, an den entscheidenden Stellen den<br />
Hebel anzusetzen. Zu komplex sind die<br />
Wirkungskräfte (Landwirtschaft, Armut,<br />
überforderte Staatsorgane, Infrastrukturausbau),<br />
zu gering ist der ökonomische<br />
Anreiz, der die Wälder auf die Ressource<br />
Holz reduziert und auf die der Säge<br />
nachfolgenden Landwirtschaft.<br />
Wälder sind jedoch für Wirtschaft und<br />
Gesellschaft lebensnotwendig. Der UN-<br />
Bericht „Millenium Ecosystem Assessment“<br />
benennt 24 unentbehrliche sogenannte<br />
Ökosystemdienstleistungen<br />
88 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
89<br />
Best Practice<br />
wie Regenbildung, Erosions- und Bodenschutz,<br />
die überwiegend von Wäldern<br />
erbracht werden. Keine davon ist heute<br />
jedoch im wirtschaftlichen Handeln<br />
eingepreist.<br />
Das multilaterale und von der UN mit<br />
geförderte Projekt „The Economics of<br />
Ecosystems and Biodiversitiy“ beziffert<br />
den Gegenwert für den weltweiten<br />
Waldverlust auf zwei bis vier Billionen<br />
US-Dollar jährlich. Der stehende Wald<br />
muss daher einen Wert erhalten, der<br />
höher ist als der Wert, der durch Abholzen<br />
erreicht wird. Konkret: Bauern<br />
oder Unternehmen, die Bäume fällen<br />
wollen, müssen dafür entschädigt werden,<br />
dies nicht zu tun. Dafür gilt es, die<br />
Opportunitätskosten zu ermitteln. Sie<br />
bestehen aus den Einkommensverlusten<br />
entweder aus dem Verzicht auf den<br />
Holzverkauf oder beispielsweise dem<br />
Soja, das auf den gerodeten Parzellen<br />
angebaut werden kann.<br />
Dieser Wert braucht eine fungible Währung.<br />
Hier setzen Emissionsminderungszertifikate,<br />
auch CO 2 -Zertifikate genannt,<br />
an. Sie stellen die Währung im wachsenden<br />
Kohlenstoffmarkt dar. Ihr Preis<br />
sorgt dafür, dass der Wert eines Waldstückes<br />
über dem Ertragspotential von<br />
Brenn- und Bauholz oder der gerodeten<br />
Ackerfläche liegt. Der Verkauf von und<br />
Handel mit CO 2 -Zertifikaten aus Waldprojekten<br />
ist ein erster Meilenstein auf<br />
dem Weg, Ökosystemdienstleistungen<br />
zu bepreisen.<br />
Solche Waldprojekte, die über CO 2 Zertifikate<br />
ko-finanziert werden, initiiert,<br />
entwickelt und steuert die Forest Carbon<br />
Group AG – überwiegend in Nord- und<br />
Zentralamerika sowie Afrika mit renommierten<br />
Umweltschutzorganisationen<br />
wie der Nature Conservancy oder Wildlife<br />
Works als Partner. Hierbei werden<br />
zerstörte Wälder renaturiert und intakte<br />
Wälder erhalten. Neben Waldschutz und<br />
ökonomischen Entwicklungsperspektiven<br />
für die beteiligten Kommunen und<br />
Regionen zielt dies darauf, Unternehmen<br />
aus Industriestaaten im Rahmen ihrer<br />
Nachhaltigkeitsstrategien Lösungen für<br />
Investitionen in Ökosysteme und den<br />
natürlichen CO 2 -Ausgleich anzubieten.<br />
Zukunftsorientierten Unternehmen wird<br />
somit ermöglicht, ihrer Verantwortung<br />
beim Klimaschutzes gerecht zu werden,<br />
ihre unvermeidbaren klimaschädlichen<br />
Emissionen ihrer Produktion und Produkte<br />
auszugleichen und klimaneutral<br />
zu gestalten.<br />
Das zugrunde liegende Prinzip dabei ist<br />
einfach: Wälder sind neben den Ozeanen<br />
die größten CO 2 -Speicher der Welt.<br />
Wird der Waldbestand erweitert, wird<br />
der Atmosphäre zusätzlich Kohlendioxid<br />
entzogen. Auf der anderen Seite verhin-<br />
dert der Schutz gefährdeter Wälder, dass<br />
klimawirksame Treibhausgase in die<br />
Atmosphäre gelangen. Dadurch werden<br />
Wälder langfristig als natürliche Kohlenstoffspeicher<br />
gesichert und können so<br />
einen entscheidenden Beitrag im Kampf<br />
gegen den Klimawandel leisten.<br />
Für ihre Aufforstungs- und Waldschutzvorhaben<br />
bedient sich die Forest Carbon<br />
Group des freiwilligen Kohlenstoffmarktes.<br />
Dieser existiert neben dem regulierten<br />
Emissionshandel, auch im Vorgriff<br />
und als Experimentierfeld auf zu erwartende<br />
internationale und nationale Regulierungen<br />
zum Klimaschutz, wie sie auf<br />
den UN-Klimaverhandlungen debattiert<br />
werden oder aber bereits in Kalifornien<br />
oder Australien beschlossen sind.<br />
Sicher sind Emissionsminderungszertifikate<br />
kein Allheilmittel. Damit Waldschutz<br />
gelingt, sind in vielen Ländern<br />
der Auf bau einer funktionsfähigen<br />
Forstverwaltung und Reformen im<br />
Staatswesen notwendig. Zudem muss<br />
es Marktvorteile geben für Produkte<br />
wie Soja oder Kakao, wenn sie Wald<br />
schonend erzeugt wurden. Denn in den<br />
großen Waldländern Lateinamerikas<br />
und Afrikas gehen über 60 Prozent der<br />
Entwaldung auf das Konto neuer Ackerflächen.<br />
Farmer sind dabei das unterste<br />
Glied der Produktionskette. Ihr Verdienst<br />
ist gering, aber sie sind diejenigen, die<br />
den Wald erhalten können. Also müssen<br />
sie dafür belohnt werden und dies<br />
auch in der Geldbörse spüren. Auch hier<br />
kann der Handel mit CO 2 Zertifikaten<br />
ein Finanzierungshebel sein.<br />
Der CO 2 -Zertifikatehandel kann eine Brücke<br />
bauen, um Entwicklung ohne Kahlschlag<br />
zu ermöglichen. Er stellt zudem<br />
überhaupt erst signifikante finanzielle<br />
Mittel bereit. Denn nach Schätzungen<br />
sind jährlich zwischen 17 und 30 Milliarden<br />
US-Dollar nötig, um Waldschutz<br />
weltweit zu finanzieren. Ohne das finanzielle<br />
Engagement des Privatsektors wird<br />
Waldschutz nicht gelingen.<br />
Und anders als das verfahrenstechnisch<br />
aufwändige und weitgehend unerprobte<br />
Abspalten von Kohlendioxid und sein unterirdisches<br />
Verpressen (CCS-Verfahren)<br />
ist die biologische CO 2 -Speicherung nicht<br />
nur billiger und sicherer, sondern bietet<br />
darüber hinaus einen immensen Nutzen<br />
für Natur und Gesellschaft.
GIZ<br />
Innovationen:<br />
Türöffner für neue Märkte<br />
Viele Herausforderungen, vor denen entwicklungs- und Schwellenländer heute stehen, erfordern<br />
kreative Herangehensweisen und neuartige lösungsansätze. Immer häufiger erkennt die<br />
Privatwirtschaft dies als Geschäftspotenzial: In Afrika, Asien und lateinamerika entwickeln<br />
unternehmen innovative Produkte und Dienstleistungen, die sie den Menschen vor ort anbieten.<br />
So erschließen sie neue Märkte und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Armutsbekämpfung.<br />
Von Stefanie Klein und Lisa Süß<br />
In der Diskussion um globale Themen wie<br />
Armut und Klimawandel sind nachhaltige<br />
Lösungsansätze gefragt. Immer öfter zeigt<br />
sich, dass Innovationen eine zentrale Rolle<br />
spielen, um wirtschaftliches Wachstum<br />
in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
sozial- und umweltfreundlich und damit<br />
nachhaltig zu gestalten. So verbessert<br />
sich beispielsweise durch den Transfer<br />
von klimaschonenden Technologien oder<br />
die Umstellung auf intelligente Produktionsmethoden<br />
und Geschäftsmodelle die<br />
Lebenssituation der Menschen vor Ort,<br />
und es entstehen Arbeitsplätze. Gleichzeitig<br />
eröffnet dies vielen Unternehmen die<br />
Möglichkeit, erfolgreich im Ausland zu<br />
investieren und dabei unternehmerisch<br />
verantwortungsvoll und im Sinne des<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu handeln.<br />
Produktideen für den kleinen<br />
Geldbeutel<br />
Innovative Ideen entstehen vor allem dort,<br />
wo lokale Bedürfnisse berücksichtigt und<br />
als Marktchance verstanden werden. Daher<br />
entwickelt die Deutsche Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />
GmbH in enger Zusammenarbeit mit<br />
der Wirtschaft Lösungsansätze, die die<br />
Interessen der Unternehmen mit entwicklungspolitischen<br />
Ansätzen verbin-<br />
den. Einige davon basieren auf dem „Base<br />
of the Pyramid“-Konzept des indischen<br />
Wissenschaftlers C. K. Prahalad. Er versteht<br />
die rund vier Milliarden Menschen<br />
am unteren Ende der globalen Einkommenspyramide<br />
als Konsumenten und Produzenten,<br />
für die bisher kaum geeignete<br />
Produkte angeboten werden, obwohl sie<br />
eine jährliche Kaufkraft von insgesamt<br />
fünf Billionen US-Dollar haben.<br />
Indem Unternehmen ihre Angebote auf<br />
die Bedürfnisse, das Umfeld und das verfügbare<br />
Einkommen der Menschen in<br />
ärmeren Bevölkerungsschichten anpassen,<br />
entstehen oftmals ganz neue Ideen für<br />
Produkte und Geschäftsmodelle. Nicht<br />
selten können solche spezialisierten Lösungen<br />
später auch in andere Regionen<br />
übertragen oder einer kaufkräftigeren<br />
Klientel angeboten werden. Die Beschäftigung<br />
mit den Kunden am Sockel der<br />
Wohlstandspyramide führt damit aus<br />
betriebswirtschaftlicher Sicht zu innovativen<br />
Geschäftsmodellen, die sich rechnen.<br />
Und sie liefert wertvolle Impulse für<br />
nachhaltige Entwicklung, indem sie den<br />
Menschen vor Ort eine höhere Lebensqualität<br />
und bessere Einkommensmöglichkeiten<br />
schafft. Wie ein solches Modell<br />
in der Praxis aussehen kann, zeigt eine<br />
Allianz der GIZ mit der INENSUS GmbH<br />
im Bereich der Windenergie.<br />
Windenergiewirtschaft als<br />
Erfolgsmodell<br />
Die INENSUS GmbH ist auf Produkte und<br />
Dienstleistungen für Kleinwindanlagen<br />
spezialisiert und damit auf dem europäischen<br />
Markt sehr erfolgreich. Doch auch<br />
in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
90 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
91<br />
Best Practice<br />
sind sogenannte Inselsysteme, die unabhängig<br />
vom öffentlichen Netz arbeiten,<br />
gefragt. Denn sie eignen sich bestens für<br />
die Stromversorgung ländlicher Regionen.<br />
Im Jahr 2007 schloss sich das Unternehmen<br />
daher mit der GIZ in einer Entwicklungspartnerschaft<br />
zusammen. Beide<br />
Partner bringen ihre Kompetenzen und<br />
ihr Know-how sowie finanzielle Mittel<br />
in die Partnerschaft ein, wobei die für<br />
das Projekt gegründete INENSUS West<br />
Afrika S.A.R.L. 60 Prozent der Kosten trägt.<br />
Für das gemeinsame Projekt wurde nach<br />
Windmessungen und sozioökonomischen<br />
Studien ein Dorf im Senegal ausgewählt.<br />
Zudem wurde es in ein Programm zur<br />
Förderung erneuerbarer Energien und<br />
ländlicher Elektrifizierung integriert, das<br />
die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (BMZ) durchführt.<br />
Erneuerbare Energien per Chipkarte<br />
Im Dorf Sine Moussa Abdou im Westen<br />
Senegals leben 70 Familien und damit<br />
rund 900 Menschen. Zum Projektstart<br />
gründeten sie zunächst ein Dorfstromkomitee,<br />
das mit INENSUS einen Vertrag<br />
über den Strompreis und die zu liefernde<br />
Energiemenge aushandelte. Heute fließt<br />
der Strom verlässlicher als in der Stadt:<br />
ein Minikraftwerk erzeugt die Energie aus<br />
Wind, Sonne und bei hohem Bedarf auch<br />
mit einem Dieselgenerator. Jede Familie<br />
legt fest, welche Energiemenge sie pro<br />
Woche benötigt und lädt ein entsprechendes<br />
Guthaben auf eine Chipkarte, um den<br />
Strom abzuholen. Alle sechs Monate wird<br />
der Strompreis neu verhandelt.<br />
Das Projekt ist nicht nur durch die verhältnismäßig<br />
einfache Technik, sondern<br />
vor allem durch das innovative Betreibermodell<br />
ein Erfolg. Der Geschäftsführer<br />
von INENSUS, Nico Peterschmidt, erläutert<br />
das Konzept dahinter: „Wir stellen<br />
uns dem Wettbewerb auf Dorfebene<br />
– die Bewohner müssen unser Modell<br />
wollen und sich dazu auch organisieren.<br />
Die Idee ist, die Dorfwirtschaft mit dem<br />
Zugang zu Energie anzukurbeln.“ Am<br />
Ende profitieren davon nicht nur die<br />
Investoren, sondern es entstehen auch<br />
neue Einkommensmöglichkeiten im<br />
Dorf. Derzeit ist ein Laden mit Kühlbereich<br />
geplant, und der Schneider kann<br />
Aufträge mit einer elektronischen Nähmaschine<br />
viel schneller bearbeiten.<br />
Nachhaltig und preisgekrönt<br />
Das Gemeinschaftsprojekt wurde <strong>2011</strong><br />
mit dem Innovationspreis für Klima und<br />
Umwelt des Bundesumweltministeriums<br />
und des Bundesverbands der Deutschen<br />
Industrie ausgezeichnet. Und auch die<br />
Fortsetzung ist bereits gesichert: Der niederländische<br />
Daey Ouwens Fund stellt<br />
öffentliche Mittel bereit, um 30.000 wei-<br />
tere Menschen in 30 Dörfern mit Strom<br />
zu versorgen. Zudem interessieren sich<br />
immer mehr Privatinvestoren für die Idee.<br />
Peterschmidt blickt zuversichtlich in die<br />
Zukunft: „Wir müssen unser Gesamtpaket<br />
günstig anbieten, und dazu müssen wir es<br />
oft verkaufen. Die Margen halten wir gering,<br />
denn wir wissen, dass die Bewohner<br />
in den Dörfern unsere Gewinne bezahlen<br />
können müssen. Dennoch ist unser Modell<br />
privatwirtschaftlich und marktgetrieben<br />
und genau deshalb nachhaltig!“<br />
Innovationen als Marktlücke<br />
Die Entwicklungspartnerschaft mit der<br />
INENSUS GmbH ist nur ein Beispiel für<br />
viele innovative Projekte, die die GIZ<br />
gemeinsam mit unterschiedlichen Unternehmen<br />
realisiert. Im Rahmen des<br />
develoPPP-Programms im Auftrag des BMZ<br />
stößt sie jährlich rund 50 neue Partnerschaften<br />
an und fördert dadurch die Ziele<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Als kompetenter<br />
Partner verbindet sie die Anliegen der<br />
Wirtschaft mit nachhaltiger Entwicklung<br />
vor Ort – sie berät Unternehmen<br />
zu Corporate Social Responsibility (CSR)<br />
oder unterstützt bei der Umsetzung neuer<br />
Geschäftsmodelle. Durch die langjährigen,<br />
weltweiten Erfahrungen und intensive<br />
lokale Kontakte macht sie Innovationen<br />
gemeinsam mit der Wirtschaft zum Türöffner<br />
für nachhaltige Entwicklung und<br />
neue Märkte.
HerAeuS<br />
Mit Know-how erneuerbare<br />
energien optimieren und<br />
ressourcen sparen<br />
ob Photovoltaik oder energiesparende Fenster – Produkte von Heraeus erhöhen die effizienz bei<br />
der energiegewinnung und senken den -verbrauch.<br />
Von Dr. Jörg Wetterau<br />
Der Energieverbrauch der Bevölkerung<br />
steigt weltweit an. Doch Erdöl, Erdgas,<br />
Kohle und Atomkraft stehen als Energieträger<br />
nur begrenzt zur Verfügung.<br />
Die Sonne dagegen ist eine dauerhaft<br />
verfügbare Energiequelle. Die umweltfreundliche<br />
Gewinnung von Solarstrom<br />
wird daher immer wichtiger. Für die<br />
Photovoltaik hat der weltweit tätige<br />
Edelmetall- und Technologiekonzern<br />
Heraeus – 1851 in Hanau gegründet –<br />
zahlreiche Produkte entwickelt, wie z. B.<br />
Infrarot-Strahler zur Wärmebehandlung<br />
von Solarzellen. Auch zur Energieeinsparung<br />
im täglichen Leben und in der Industrieproduktion<br />
trägt Heraeus bei. So<br />
verringern spezielle Beschichtungen auf<br />
Fenstern den Energieverbrauch. Temperatursensoren<br />
von Heraeus ermöglichen<br />
in der Stahl- und Aluminiumindustrie<br />
durch sekundenschnelle und hochpräzise<br />
Temperaturmessung erhebliche Energieeinsparungen<br />
im Produktionsprozess.<br />
Silberpasten erhöhen den<br />
Wirkungsgrad von Solarzellen<br />
Der Anteil der erneuerbaren Energie wird<br />
in den nächsten Jahren deutlich zunehmen.<br />
Die Gestaltung des Energiemix wird<br />
daher dauerhaft im Fokus des öffentlichen,<br />
politischen aber auch wirtschaftlichen<br />
Interesses stehen. Der Blick ist dabei vor allem<br />
darauf gerichtet, wie die erneuerbaren<br />
Energien mit immer besseren Wirkungsgraden<br />
gewonnen werden können. Für<br />
die umweltfreundliche Solarstromerzeugung<br />
werden bereits zahlreiche Heraeus<br />
Produkte genutzt. Dazu gehören auch<br />
silberhaltige Pasten zur Herstellung sehr<br />
feiner, hochleitfähiger Kontaktbahnen auf<br />
den Solarzellen, die den Linien- und Übergangswiderstand<br />
verringern, bei möglichst<br />
minimalem elektrischen Widerstand und<br />
geringer Verschattung der Solarzelle. Die<br />
silberhaltigen Pasten tragen maßgeblich<br />
zur Verbesserung des Wirkungsgrades<br />
der Solarzellen bei. Heraeus entwickelt<br />
kontinuierlich neue Rezepturen, um die<br />
Kontaktierung der Solarzellen und damit<br />
deren Effizienz zu steigern.<br />
92 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
93<br />
Best Practice<br />
Ultraviolett- und Infrarot-Spezialstrahler<br />
machen Solarzellen ebenfalls effizienter.<br />
Solarzellen und Solarmodule müssen<br />
getestet werden, um die Produktionsqualität<br />
zu kontrollieren, die Zellen zu<br />
charakterisieren und in Leistungsklassen<br />
einzuteilen. Dazu benötigt man zuverlässige<br />
und reproduzierbare Lichtquellen,<br />
die dem Spektrum der Sonne möglichst<br />
nahe kommen. Xenon-Blitzlampen, klein<br />
und ringförmig oder linear bis zu zwei<br />
Meter Länge, leisten dies. Bei der Herstellung<br />
von Solarzellen werden meist<br />
Infrarot-Strahler mit einem speziellen<br />
Nanoreflektor aus Quarzglas eingesetzt,<br />
die Prozesse im Vakuum oder unter<br />
Hochtemperaturbedingungen besonders<br />
stabil und damit energieeffizient<br />
verwirklichen.<br />
Links: Aufgebracht auf Fensterglas<br />
reduzieren Metall- und edelmetalllegierungen<br />
wärmeverluste.<br />
Rechts: Silberpasten erhöhen den<br />
wirkungsgrad von Solarzellen.<br />
Dünne Edelmetallschichten<br />
auf Fensterglas reduzieren<br />
Wärmeverlust<br />
Wer in Städten aufmerksam Bürogebäude<br />
und Hochhäuser betrachtet, stellt<br />
fest, dass die großflächigen Glasscheiben<br />
bräunlich, bläulich oder grünlich<br />
schimmern. Die Ursache hierfür<br />
ist eine feine, nur wenige Nanometer<br />
dünne Beschichtung aus Metall- und<br />
Edelmetalllegierungen, die durch ein<br />
Vakuumbeschichtungsverfahren auf<br />
den Glasflächen aufgebracht wird. Die<br />
Beschichtung kann innen und außen auf<br />
dem Glas aufgebracht werden. Sie erfüllt<br />
damit nicht nur die individuellen Design-<br />
ansprüche der Architekturbranche, sondern<br />
liefert durch die Absenkung der<br />
Wärmeverluste und Energiekosten auch<br />
einen handfesten Beitrag zum Klima-<br />
und Umweltschutz. Die Glasindustrie<br />
nutzt meterlange Flach- und Rohrtargets<br />
(Sputtertargets) von Heraeus zur funktionalen<br />
Großflächenbeschichtung von<br />
Architekturglas.<br />
Beschichtetes Fensterglas ist heute<br />
integraler Bestandteil für die Energieeinsparung<br />
in modernen Büro- und<br />
Wohngebäuden im Sommer wie im<br />
Winter. So genanntes Solar-Control-<br />
Glas sorgt dafür, dass im Sommer die<br />
Wärmestrahlung der Sonne die Räume<br />
nicht aufheizt und so den Energieverbrauch<br />
durch Klimaanlagen verringert.<br />
Umgekehrt ermöglicht eine gezielte<br />
Beschichtung der Glasinnenfläche<br />
(Low-Emissivity-Glas), dass im Winter<br />
die Heizungswärme in den Raum reflektiert<br />
und somit der Wärmeverlust<br />
durch die Fensterscheibe stark reduziert<br />
wird. Insbesondere Silber enthaltende<br />
Schichtpakete senken den Wärmeverlust<br />
und tragen zur Energieeinsparung<br />
in modernen Gebäuden bei.<br />
Infrarot-Wärme macht Trocknung<br />
von Oberflächen energieeffizienter<br />
Ob als Korrosionsschutz großer Metallteile,<br />
Klarlack auf Kunststoffprodukten<br />
oder farbiger Dekor auf Steinen – die unterschiedlichsten<br />
Beschichtungen müssen<br />
auf vielerlei Produkten getrocknet<br />
werden. Die Herausforderung dabei ist:<br />
Lacke und Farben sollen immer schneller,<br />
aber trotzdem in brillanter Qualität bei<br />
minimalem Energieeinsatz getrocknet<br />
werden. Durch gestiegene Anforderungen<br />
und veraltete Wärmequellen kann<br />
dieser Prozess für Anwender leicht zu<br />
einem teuren und energiefressenden<br />
Produktionsengpass werden.<br />
Jedem Beschichtungsprozess ist gemeinsam,<br />
dass Lacke und Farben in<br />
gleichbleibend guter Qualität möglichst<br />
rasch getrocknet werden sollen. Mit<br />
Infrarot-Strahlern kann die Qualität<br />
einer Beschichtung verbessert werden.<br />
Zudem hilft die Infrarot-Wärme, die<br />
Kosten zu senken und die Energieeffizienz<br />
einer Anlage zu steigern. Die<br />
Reduzierung der Energie- und Materialkosten<br />
wiederum ist ein wichtiger<br />
Baustein für Industrieunternehmen, um<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten<br />
oder zu steigern.<br />
Platinsensoren messen hochpräzise<br />
Temperaturdifferenzen<br />
Die Durchsetzung von Energiesparmaßnahmen<br />
gilt als eine der größten<br />
Herausforderungen Chinas. So hat<br />
die chinesische Regierung in ihrem<br />
Fünf-Jahres-Plan Energiesparen auf die<br />
Agenda gesetzt, mit dem Ziel, den Energieverbrauch<br />
der Haushalte exakt zu<br />
erfassen. Bereits Ende der 1990er-Jahre<br />
wurde nach europäischem Vorbild die<br />
Heizkostenabrechnung nach tatsächlichem<br />
Verbrauch eingeführt. In den hierfür<br />
genutzten Wärmemengenzählern<br />
kommen hochsensible Platintemperatursensoren<br />
in Dünnschichttechnologie<br />
von Heraeus zum Einsatz. Die Funktionsweise<br />
des Wärmemengenzählers<br />
basiert auf der Temperaturdifferenz<br />
von zwei Platintemperatursensoren,<br />
die im Heizkreisvorlauf und Heizkreisrücklauf<br />
installiert sind. In Verbindung<br />
mit einem Volumenzähler und einer<br />
Elektronikeinheit errechnet der Wärmezähler<br />
die tatsächlich verbrauchte<br />
Energie.
HoCHTIeF<br />
Power & Innovation –<br />
Der Beitrag von HoCHTIeF<br />
zur energiewende<br />
Von Verena Blaschke<br />
Die von der Bundesregierung beschlossene energiewende eröffnet der wirtschaft in <strong>Deutschland</strong><br />
große Potenziale – und ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. ein massiver<br />
Aus- und umbau der Infrastruktur ist nötig. Die Baubranche wird daran einen hohen Anteil haben.<br />
HoCHTIeF als traditionsreiches unternehmen und mit weltweiter erfahrung in komplexen<br />
Infrastrukturprojekten will sich hier mit wirtschaftlichen, innovativen und nachhaltigen lösungen<br />
einbringen. unter der Maxime „Power & Innovation“ bündelt der internationale Baudienstleister<br />
seine leistungen in diesem Bereich.<br />
94 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
95<br />
Best Practice<br />
Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie<br />
steht <strong>Deutschland</strong> vor einem grundlegenden<br />
Umbau seiner Energieversorgung. Bis<br />
zum Jahr 2020, so das Ziel der Bundesregierung,<br />
soll der Anteil erneuerbarer<br />
Energien an der Stromerzeugung von<br />
heute 17 Prozent auf 35 Prozent steigen.<br />
2030 soll ihr Anteil sogar bei 50 Prozent<br />
liegen. Dafür wird ein Mix aus erneuerbaren<br />
Energien benötigt – laut einer Studie<br />
der Fraunhofer-Gesellschaft besteht eine<br />
zuverlässige, kostengünstige und robuste<br />
Energieversorgung aus den erneuerbaren<br />
Quellen Wasser- und Windkraft, Fotovoltaik,<br />
solarthermischer Wärmeerzeugung,<br />
Biomasse und Geothermie. Eine solche<br />
dezentrale Energieversorgung erfordert<br />
erhebliche Investitionen in die Infrastruktur:<br />
in Ausbau und Entwicklung von<br />
Stromerzeugungsanlagen ebenso wie in<br />
Speichermedien und Versorgungsnetze.<br />
Innovationen realisieren<br />
Hier ist die Industrie gefragt – und zwar<br />
als Investor, Errichter und Betreiber von<br />
Infrastruktur. HOCHTIEF tut genau dies:<br />
Mit vielfältigen Leistungen und innovativen<br />
Lösungen ist der Konzern bereits<br />
heute auf dem Markt der regenerativen<br />
Energien tätig und hat sich als Innovationstreiber<br />
und Know-how-Träger<br />
etabliert – zum Beispiel im Bereich<br />
der Offshore-Windenergie. Die auf dem<br />
Wasser errichteten Windkraftanlagen<br />
sollen einen entscheidenden Beitrag zur<br />
nachhaltigen Energieversorgung leisten:<br />
Ziel ist es, bis 2020 in den deutschen<br />
Offshore-Windkraftwerken bis zu 10.000<br />
Megawatt Leistung zu installieren, bis<br />
2030 bereits 35.000 Megawatt. Die Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau unterstützt<br />
den Ausbau der ersten zehn Windfarmen<br />
vor der deutschen Küste mit einem<br />
Förderprogramm in Höhe von fünf Mrd.<br />
Euro. Der Hauptverband der deutschen<br />
Bauindustrie rechnet mit Bauinvestitionen<br />
in Höhe von 25 bis 30 Mrd. Euro für<br />
Windparks in Nord- und Ostsee.<br />
HOCHTIEF ist am Auf bau fast aller<br />
deutschen Offshore-Windparks beteiligt.<br />
Mit eigenem Spezialgerät können die<br />
Fundamente der Anlagen in Rekordzeit<br />
gegründet sowie Messmasten und Windenergieanlagen<br />
sicher installiert und<br />
gewartet werden. Die Maxime „Power<br />
& Innovation“ ist dabei gelebte Realität:<br />
2012 wird das von HOCHTIEF mit einem<br />
Partner entwickelte Kranhubschiff „In-<br />
novation“ in See stechen, das in Wassertiefen<br />
von bis zu 50 Metern operieren<br />
kann. Zudem arbeitet das Unternehmen<br />
derzeit mit einem weiteren Partner an<br />
einem neuen Gründungsverfahren. Beim<br />
„Offshore Foundation Drilling“ werden<br />
die Gründungsstrukturen der Windanlagen<br />
nicht wie üblich gerammt, sondern<br />
durch ein schonendes Bohrverfahren im<br />
Seeboden verankert. Dadurch werden<br />
die Lärmbelästigung und die Auswirkungen<br />
auf die Meeresfauna erheblich<br />
verringert.<br />
Kompetenzen einbringen<br />
Die in <strong>Deutschland</strong> vorhandene Netzstruktur<br />
ist nicht auf die angestrebte<br />
dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren<br />
Quellen ausgerichtet. Es muss<br />
sichergestellt werden, dass der Strom den<br />
Nutzern bedarfsgerecht, verlässlich und<br />
wirtschaftlich effizient zur Verfügung<br />
steht. Dafür sind zirka 3.600 Kilometer<br />
neue Leitungsnetze notwendig. 2010<br />
wurden 180 Kilometer neu errichtet. Es<br />
gibt also erheblichen Bedarf. Dabei sollten<br />
die Lösungen bevorzugt werden, die auch<br />
die Akzeptanz der Bürger finden und bezahlbar<br />
bleiben. Technisch möglich sind<br />
oberirdische ebenso wie unterirdische<br />
Leitungen. Für beides ist HOCHTIEF der<br />
richtige Partner für Entwicklung und<br />
Umsetzung: Im Konzern gibt es die Kompetenz<br />
für den Bau von Freilandleitungen<br />
ebenso wie für unterirdische Versorgungstunnel,<br />
sogenannten Powertunneln.<br />
Diese bieten sich insbesondere in dicht<br />
besiedelten Regionen an. Bei solchen<br />
Bauprojekten kann das Unternehmen<br />
sein Know-how aus dem Tunnel- und<br />
Kraftwerksbau optimal einsetzen.<br />
In den kommenden Jahren muss zudem<br />
immer mehr Energie zwischengespeichert<br />
werden, da regenerativ erzeugter<br />
Strom oftmals Schwankungen unterliegt<br />
– im Fall der Windkraft zum Beispiel<br />
wetterabhängig ist. Bei den Speichertechnologien<br />
herrscht allerdings noch<br />
großer Forschungsbedarf. Potenziale sieht<br />
HOCHTIEF insbesondere bei Pumpspeicherkraftwerken.<br />
Dies ist eine großtechnisch<br />
erprobte Speichertechnologie mit<br />
bestem Wirkungsgrad. Dabei wird bei<br />
geringer Energienachfrage Wasser von<br />
einem niedrigen Niveau auf ein höheres<br />
gepumpt. In Spitzenlastzeiten wird das<br />
Wasser dann aus dem oberen Becken<br />
in das untere Becken abgelassen, um<br />
über Generatoren Strom zu produzieren.<br />
Große Pumpspeicherkraftwerke werden<br />
jedoch nur in Ausnahmefällen genehmigt<br />
und sind deshalb in <strong>Deutschland</strong> kaum<br />
vorhanden. HOCHTIEF verfolgt daher<br />
die Idee, kleine und mittlere dezentrale<br />
Pumpspeicherkraftwerke an geeigneten<br />
Standorten zu realisieren und zu betreiben.<br />
Auch stillgelegte Bergwerke wie Kies-<br />
und Kalksandsteingruben könnten dafür<br />
in Frage kommen. HOCHTIEF setzt hier<br />
die langjährige Erfahrung aus dem Bau<br />
von Dämmen und Wasserkraftwerken ein.<br />
Ganzheitlich denken<br />
Die Herausforderung besteht allerdings<br />
nicht allein darin, eine verbesserte Energieinfrastruktur<br />
zu schaffen. Betrachtet<br />
man die Energiewende ganzheitlich, so<br />
muss auch intensiv über eine effizientere<br />
Nutzung der Energie und Einsparmaßnahmen<br />
nachgedacht werden. Diese<br />
können in erheblichem Umfang bei Bau<br />
und Betrieb von Immobilien und Anlagen<br />
erzielt werden – wodurch zirka<br />
30 Prozent der gesamten CO 2 -Emissionen<br />
in <strong>Deutschland</strong> verursacht werden.<br />
HOCHTIEF ist führend bei der Entwicklung<br />
und Realisierung nachhaltig gestalteter<br />
Gebäude, die möglichst wenig Energie<br />
verbrauchen und Ressourcen schonen.<br />
Zusätzliches Potenzial realisiert HOCHTIEF<br />
bei jenen Kunden, für die der Baudienstleister<br />
Immobilien oder Industriebetriebe<br />
betreibt. In verschiedenen Geschäftsmodellen<br />
erarbeiten die Energieexperten<br />
Lösungen, wie die Kunden ihre Betriebskosten<br />
senken, ihre Energieanlagen effizienter<br />
betreiben und den CO 2 -Ausstoß<br />
reduzieren können. Allein im Jahr 2010<br />
sparte HOCHTIEF für seine Kunden so<br />
über 100.000 Tonnen CO 2 -Emissionen<br />
ein. „Power & Innovation“ – unter dieser<br />
Maxime wird sich der Konzern auch in<br />
der Zukunft weltweit engagieren.
HYPoVereINSBANK<br />
wert schaffen, werte leben<br />
Das Vertrauen der Kunden ist das wichtigste Kapital einer Bank. wie lässt sich dieses Vertrauen<br />
dauerhaft sichern, angesichts turbulenter Finanzmärkte und globaler Herausforderungen wie dem<br />
Klimawandel? Voraussetzung ist, dass Banken ihre rolle als Mittler im wirtschaftssystem integer<br />
ausüben und für die sozialen und ökologischen Folgen ihrer Geschäftstätigkeit gerade stehen. und<br />
zudem Verantwortung für Mitarbeiter, umwelt und Gesellschaft übernehmen. Die HypoVereinsbank<br />
hat die Prinzipien unternehmerischer Nachhaltigkeit bereits vor Jahren in ihrer Geschäftsstrategie<br />
verankert – und langfristige wertschöpfung damit zum unternehmensziel erklärt.<br />
Von Stefan Löbbert<br />
Hochwertige und innovative Finanzprodukte<br />
bilden das Geschäft der Hypo-<br />
Vereinsbank, damit Gewinn zu erwirtschaften,<br />
ist Voraussetzung für ihren<br />
Fortbestand. Das übergeordnete Ziel des<br />
Unternehmens aber lautet: dauerhaft<br />
Wert schaffen – für Kunden, Mitarbeiter,<br />
Anteilseigner und die Gesellschaft. Diesen<br />
Anspruch hat die UniCredit, zu der<br />
die HypoVereinsbank seit 2005 gehört, in<br />
ihrem Leitbild festgeschrieben und damit<br />
zum Kompass für ihr unternehmerisches<br />
Handeln gemacht. Zugrunde liegt die<br />
Überzeugung, dass Unternehmen nur<br />
dann langfristig erfolgreich sein können,<br />
wenn sie verantwortungsbewusst wirt-<br />
schaften und die berechtigten Erwartungen<br />
ihrer Stakeholder im Kerngeschäft<br />
berücksichtigen.<br />
Organisatorisch hat die HypoVereinsbank<br />
das Modell des nachhaltigen<br />
Geschäftserfolgs fest verankert: Zentrale<br />
ökologische und soziale Leistungen<br />
erhebt sie anhand von Kennzahlen<br />
und steuert diese über entsprechende<br />
Managementsysteme. Ein umfassendes<br />
Wertesystem schafft den Rahmen für<br />
eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur:<br />
Die in der Integrity Charter<br />
festgeschriebenen Werte Fairness, Transparenz,<br />
Respekt, Gegenseitigkeit, Freiheit<br />
und Vertrauen gelten als Richtschnur für<br />
alle Mitarbeiter. Ein Verhaltenskodex<br />
sowie Compliance-Richtlinien regeln<br />
den Umgang mit Interessenskonflikten<br />
und beugen Korruption, Bestechung und<br />
Geldwäsche vor – und sichern somit die<br />
Umsetzung der Prinzipien des <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>, denen sich die UniCredit verpflichtet<br />
hat. Bei Verdacht auf Verstöße<br />
können sich die Mitarbeiter vertraulich<br />
an einen Ombudsmann wenden.<br />
Individuelle Verantwortung ist auch<br />
gefragt, wenn es um die Reputation der<br />
Bank geht. Birgt ein Geschäft mögliche<br />
Risiken, sind die Mitarbeiter aufgefordert,<br />
es dem Reputational Risk Council zu<br />
melden. Dieses prüft in Abstimmung mit<br />
96 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
97<br />
Best Practice<br />
der Corporate Sustainability-Abteilung,<br />
ob das Geschäft umgesetzt wird. Kein<br />
Profit zulasten der Reputation – diese<br />
Maxime gilt auch bei der Kreditvergabe.<br />
Entscheidungsgrundlage bilden die<br />
ökologischen und sozialen Standards der<br />
Weltbank sowie die „Equator Principles“,<br />
deren gleichnamiger Bankinitiative die<br />
HypoVereinsbank als Gründungsmitglied<br />
angehört.<br />
Wie es aktuell um seine Reputation<br />
bestellt ist und welche Haltung verschiedene<br />
Stakeholder zu bestimmten<br />
Themen haben, ermittelt das Unternehmen<br />
in regelmäßigen Befragungen. Die<br />
Ergebnisse wirken sich unmittelbar auf<br />
die Vergütung der Vorstände aus.<br />
Verantwortung für Kunden und<br />
Klimaschutz<br />
Wert schaffen will die HypoVereinsbank<br />
in erster Linie für ihre Kunden. Neben<br />
einer fundierten und möglichst unkomplizierten<br />
Beratung setzt sie dazu auf<br />
Transparenz: Die Kunden sollen in der<br />
Lage sein, Abläufe und Produkte zu verstehen<br />
und überlegte Entscheidungen<br />
zu treffen. Ausführliche Beratungsgespräche<br />
zahlen darauf ebenso ein wie<br />
standardisierte Produktinformationen.<br />
Das Finanzwissen der Verbraucher zu<br />
stärken, bildet auch einen Schwerpunkt<br />
des sozial-gesellschaftlichen Engagements<br />
der Bank.<br />
Rendite mit ökologischem oder sozialem<br />
Mehrwert bietet die HypoVereinsbank<br />
ihren Kunden über ein umfassendes<br />
Portfolio an nachhaltigen Produkten.<br />
Über verschiedene Anlageprodukte können<br />
sie sich am Emissionshandel der Eu-<br />
Nachhaltigkeitsrahmen der UniCredit<br />
Business<br />
Sustainability<br />
Ausgezeichnete<br />
Leistung<br />
gegenüber<br />
dem Kunden<br />
Stakeholder<br />
Ordentliche<br />
Unternehmensführung<br />
- Mitarbeiter<br />
- Kunden<br />
- Aktionäre<br />
- Aufsichtsbehörden<br />
Durchgängige<br />
Risikokultur<br />
ropäischen Union beteiligen. Produktverantwortung<br />
beweist die Bank auch in der<br />
Finanzierung: Mit einem Kreditportfolio<br />
von rund fünf Milliarden Euro zählt sie<br />
zu den wichtigsten Finanzierern von<br />
erneuerbaren Energien in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Privatkunden vermittelt sie Sonderkredite<br />
für ökologische Investitionen und<br />
unterstützt sie bei der Identifizierung<br />
eigener Energiesparpotenziale.<br />
Klimaschutz ist für die HypoVereinsbank<br />
nicht nur ein Geschäftsfeld, sondern<br />
auch ethische Verpflichtung und<br />
strategisches Ziel. Dafür setzt sie sich<br />
als Mitglied verschiedener Brancheninitiativen<br />
ein und achtet auch im Bankbetrieb<br />
auf einen sparsamen Ressourcenverbrauch.<br />
Das Klimaschutzziel der<br />
UniCredit, die eigenen CO 2 -Emissionen<br />
bis 2020 gegenüber 2008 um 30 Prozent<br />
zu senken, hat die HypoVereinsbank<br />
durch ein konsequentes Umweltmanagement<br />
bereits erreicht. Nächster<br />
Schritt ist es, den Gebäudebetrieb und<br />
Dienstreisen CO 2 -neutral zu stellen.<br />
Dazu dienen interne Umweltstandards<br />
für Fuhrpark, Beschaffung und Event-<br />
- Medien und Meinungsführer<br />
- Nichtregierungsorganisationen<br />
- Verbraucher- und Branchenverbände<br />
- Gewerkschaften und Betriebsräte<br />
Wertschöpfungsprozesse<br />
People<br />
Engagement<br />
Investitionen<br />
in unsere<br />
Mitarbeiter<br />
Corporate<br />
Citizenship<br />
Gesellschaftliche<br />
Entwicklung<br />
Compliance · Rentabilität und Eigenkapitalausschüttung · Gelebte Werte · Leitbild · Marke · Reputation<br />
management. Ihren Strom bezieht die<br />
Bank bereits seit 2010 vollständig aus<br />
regenerativen Quellen, die Heizenergie<br />
kompensiert sie mit stillgelegten CO 2 -<br />
Zertifikaten. Unterstützt wird sie bei der<br />
Umsetzung ihrer Klimaschutzziele von<br />
der Umweltorganisation WWF, mit der<br />
die UniCredit eine strategische Partnerschaft<br />
unterhält.<br />
Menschen im Mittelpunkt<br />
Erzielen lässt sich nachhaltiger Geschäftserfolg<br />
nur mit motivierten Mitarbeitern.<br />
Als Voraussetzung dafür bietet ihnen die<br />
HypoVereinsbank verschiedene Maßnahmen<br />
zur besseren Vereinbarkeit von Beruf<br />
und Familie sowie Entwicklungsmöglichkeiten<br />
mit spezifischen Programmen für<br />
Fach- und Führungskräfte. Die Verschiedenheit<br />
ihrer Mitarbeiter schätzt sie als<br />
Wert. Insbesondere Frauen, die in den<br />
Top-Etagen der Bank noch unterrepräsentiert<br />
sind, werden durch spezielle Programme<br />
gefördert. Damit die Mitarbeiter<br />
auch dauerhaft leistungsfähig bleiben,<br />
sensibilisiert sie das Unternehmen für<br />
einen achtsamen Umgang mit sich selbst<br />
und anderen.<br />
Wert schaffen will die HypoVereinsbank<br />
nicht zuletzt auch für die Gesellschaft,<br />
als deren Teil sie sich versteht<br />
und von der sie profitiert – sei es durch<br />
eine gute Infrastruktur oder ein hohes<br />
Ausbildungsniveau. Eine Corporate<br />
Citizenship-Strategie gewährleistet, dass<br />
die sozial-gesellschaftlichen Aktivitäten<br />
in Bezug zum Kerngeschäft stehen und<br />
Geschäftsbereiche wie auch Mitarbeiter<br />
einbinden. Dafür sorgen Instrumente<br />
wie Employee Volunteering und Gift<br />
Matching. Weiterhin setzt die Bank auf<br />
Spenden und Leuchtturmprojekte in<br />
den Bereichen Soziales, Financial Education,<br />
Umwelt und Kultur und arbeitet<br />
dabei eng mit der UniCredit Foundation<br />
zusammen.<br />
Mit ihrer langjährigen und konsequenten<br />
strategischen Ausrichtung<br />
nimmt die HypoVereinsbank innerhalb<br />
der Finanzwelt eine führende Rolle im<br />
nachhaltigen Wirtschaften ein. Dies spiegeln<br />
nicht nur zahlreiche Auszeichnungen<br />
wider, sondern auch hervorragende<br />
Ratingergebnisse. Womit sich bestätigt:<br />
Verantwortungsbewusstes Wirtschaften<br />
zahlt sich aus.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.hvb.de/nachhaltigkeit
lAVArIS TeCHNoloGIeS<br />
einfach besseres wasser<br />
wasser ist ein Menschenrecht – das steht seit vergangenem Jahr auch in den Statuten der<br />
Vereinten Nationen. Doch die wirklichkeit sieht in einigen regionen der welt anders aus:<br />
rund 1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 8 Millionen<br />
Menschen sterben jährlich an den Folgen von wassermangel, darunter 1,6 Millionen Kinder.<br />
Von Stephan Heuser<br />
Schätzungen besagen, dass bis ins Jahr<br />
2025 der globale Süßwasserverbrauch<br />
um 300 Prozent steigen wird und 3,1<br />
Milliarden Menschen vom Mangel betroffen<br />
sein werden. Die Erde hat zwar<br />
enorme Mengen Wasser, aber nur ca.<br />
0,4 Prozent davon sind trinkbar. Somit<br />
ist Trinkwasser die knappste Ressource<br />
der Welt – und die einzig unersetzliche.<br />
Das weltweite Wasservorkommen reicht<br />
weder quantitativ noch qualitativ aus,<br />
um alle Menschen zu versorgen. Deshalb<br />
wird Wasser auf bereitet. Bei den herkömmlichen<br />
Methoden sind der Energiebedarf<br />
und die Kosten insgesamt derart<br />
hoch, dass hochwertiges Trinkwasser<br />
für einige Teile der Weltbevölkerung<br />
nicht erschwinglich ist. In vielen der<br />
betroffenen Regionen steht aus diesem<br />
Grund entweder kein Trinkwasser oder<br />
nur Wasser in schlechter und mitunter<br />
gesundheitsgefährdender Qualität zur<br />
Verfügung.<br />
Ein weiteres Problem bei der herkömmlichen<br />
Wasseraufbereitungstechnologie<br />
besteht darin, dass Korrosion zur Zerstörung<br />
der wasserführenden Systeme führt.<br />
Fast jeder zweite, aufwendig produzierte<br />
Liter Wasser versickert. Aktuell werden<br />
weltweit jährlich 480 Milliarden US-<br />
Dollar für Wasser ausgegeben. Mit der<br />
heute eingesetzten Technik müssten für<br />
eine gesicherte Trinkwasseraufbereitung<br />
aber 800 Milliarden US-Dollar eingesetzt<br />
werden.<br />
Einfach besseres Wasser für alle –<br />
LAVARIS hat die Lösung<br />
Die Technologie der Lavaris Technologies<br />
GmbH wäre in der Lage, einen wichtigen<br />
Beitrag zur Sicherung der weltweiten<br />
Trinkwasserversorgung zu leisten. Damit<br />
hätten alle Menschen Zugang zu Wasser.<br />
Das Unternehmen kann mit seiner<br />
patentierten und umweltfreundlichen<br />
Technologie kostengünstig weltweit<br />
hervorragendes und qualitativ gleichbleibendes<br />
Trinkwasser produzieren.<br />
Die Lavaris Technologies GmbH entwickelt,<br />
plant, errichtet und vertreibt<br />
komplette Auf bereitungsanlagen für<br />
Trink- und Abwasser. Dafür nutzt sie<br />
patentierte Stoffe (CarbonAdd®) sowie<br />
patentierte Technologie (Anlagentechnik<br />
und Software). Das Unternehmen<br />
besitzt über 100 Patente im Bereich der<br />
Wasseraufbereitung. Die Lavaris-Prozesse<br />
haben Substanz und sind fundiert –<br />
beispielsweise sind alle Prozesse unter<br />
der Projektierungs- und Leistungsphase<br />
gemäß DIN EN ISO 9001:2008 vollständig<br />
dokumentiert.<br />
Der Ansatz von Lavaris ist es, die Wasserversorgung<br />
zu dezentralisieren und<br />
Wasser insgesamt besser und billiger<br />
zu machen. Somit möchte das Unternehmen<br />
einen relevanten Beitrag zur<br />
Versorgung der Menschen mit gutem<br />
Wasser leisten.<br />
Die Lösung für das Wasserproblem<br />
heißt „CarbonAdd®“<br />
Mit dem Verfahren CarbonAdd® kann<br />
Wasser zu einwandfreiem Trinkwasser<br />
auf bereitet werden. In <strong>Deutschland</strong><br />
werden bereits seit Jahren einige kommunale<br />
Anlagen mit dieser Technologie<br />
fehlerfrei betrieben. CarbonAdd® eignet<br />
sich für die Behandlung und Reinigung<br />
von Trinkwasser, Oberflächenwasser,<br />
industriellen Prozesswassern und Bergbauabwasser.<br />
Mit CarbonAdd® auf bereitetes<br />
Wasser ist nicht mehr korrosiv,<br />
es kann also nicht mehr mit anderen<br />
Stoffen chemisch reagieren. In der Folge<br />
bleiben Wasserleitungen, Behälter<br />
und Pumpen länger intakt und weniger<br />
Wasser versickert.<br />
Alle Verunreinigungen im Wasser sind<br />
grundsätzlich chemischer Natur. Und<br />
chemische Prozesse können jederzeit<br />
rückgängig gemacht werden. CarbonAdd®<br />
kann die Selbstreinigungskräfte aktivieren,<br />
kontrollieren und stabilisiert das<br />
Wasser nachhaltig. Ein weiterer Vorteil<br />
ist, dass alle Prozesse bei der Auf bereitung<br />
unabhängig voneinander steuerbar<br />
sind, da sie parallel ablaufen.<br />
CarbonAdd® entsäuert das Wasser, stabilisiert<br />
den pH-Wert durch Ausbildung<br />
eines Carbonat-Puffersystems, entfernt<br />
Schadmetalle wie Eisen, Kupfer, Aluminium<br />
und Mangan, härtet das Wasser<br />
und kann das notwendige Gleichgewicht<br />
der Stoffkonzentrationen im Wasser<br />
innerhalb von etwa 90 Sekunden herstellen.Damit<br />
bietet CarbonAdd® die<br />
Lösung für ca. 70 Prozent der typischen<br />
Wasserauf bereitungsaufgaben.<br />
Ein Großteil der Weltwasservorkommen<br />
kann mit diesem Verfahren unter Einhaltung<br />
der „Europäischen Richtlinie<br />
über die Qualität von Wasser für den<br />
menschlichen Gebrauch“ (RL 98/83/EG<br />
von 1998) zu Trinkwasser auf bereitet<br />
98 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
99<br />
Best Practice<br />
werden. Das Wasser, das nach dem Verfahren<br />
hergestellt ist, erfüllt alle nationalen<br />
und internationalen Anforderungen.<br />
Deshalb wird es auch für die Wasseraufbereitung<br />
mit der „Water Box“ eingesetzt.<br />
Die „Water Box“ wurde speziell für Katastrophengebiete<br />
und Entwicklungsprojekte<br />
konzipiert und kann überall<br />
auf der Welt bezahlbares Trinkwasser<br />
mit hoher Qualität gewährleisten. Die<br />
kompakte Anlage ist besonders sparsam<br />
im Stromverbrauch und kann etwa 1.400<br />
Menschen (bei maximal 28.000 Liter/Tag)<br />
mit Trinkwasser versorgen.<br />
Die Besonderheit: Die „Water Box“ ist<br />
aufgrund ihrer geringen Größe – sie<br />
passt auf eine Europalette – und des geringen<br />
Gewichts von nur 120 Kilogramm<br />
transportabel und vor Ort sehr einfach,<br />
schnell und mit geringem Platzbedarf zu<br />
installieren. Sie liefert sofort reines Trinkwasser.<br />
Die Technik ist langlebig und<br />
günstig, sie funktioniert autark, ist auch<br />
ohne Vorkenntnisse einfach zu bedienen<br />
und produziert dezentral Wasser auch<br />
unter schwierigsten Voraussetzungen.<br />
Um Wasserwerte, Belastungen und die<br />
Qualität schnell, einfach und günstig<br />
bestimmen zu können, hat Lavaris den<br />
„WaterScout“ entwickelt. Das innovative<br />
Gerät ist hochpräzise, tragbar und<br />
schnell. Es ist einfach zu handhaben<br />
und liefert zuverlässige und hochgenaue<br />
Ergebnisse. WaterScout ist ein Photometer,<br />
für das man keine Küvetten benötigt<br />
und dennoch laborgenaue Messwerte<br />
erhält.Er ist etwa 25 Zentimeter lang<br />
und knapp 5 Zentimeter breit. Das Menü<br />
wird über zwei Tasten gesteuert. Es ist<br />
netzunabhängig und arbeitet auf Batteriebasis.<br />
Mit dem „WaterScout“ können<br />
die wichtigsten Parameter innerhalb<br />
weniger Minuten bestimmt werden.<br />
Antriebsfeder ihres Denkens und Arbeitens<br />
ist die gesellschaftliche Verantwortung,<br />
in der sich die Lavaris Technologies<br />
GmbH sieht. Denn nur wenn Wasser<br />
global gesund, verfügbar und preiswert<br />
ist, kann sich die Welt nachhaltig wirtschaftlich<br />
und sozial entwickeln.<br />
Installation „wasser ist leben“ von Bärbel<br />
und Horst Kießling, Marktredwitz
MAN<br />
Talente entdecken<br />
und begeistern<br />
Von Yvonne Benkert<br />
Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter bestimmen den erfolg der MAN Gruppe mit. Die kontinuierliche<br />
Förderung der rund 48.000 Beschäftigen durch Job rotation, individuelle entwicklungspläne<br />
und die MAN executive Academy gehört daher zum Kern des Personalmanagements.<br />
Damit schafft MAN attraktive Arbeitsbedingungen, was das CrF Institut jährlich mit der Auszeichnung<br />
als „ToP Arbeitgeber“ bestätigt. um auch zukünftig die besten Köpfe zu gewinnen,<br />
setzt MAN zusätzlich auf globales Talentmanagement.<br />
Bei der Rekrutierung von Fachkräften<br />
konzentriert sich MAN längst auch auf<br />
die boomenden BRIC-Staaten. Schließlich<br />
leben 83 Prozent der Hochqualifizierten<br />
außerhalb Europas, darunter<br />
zunehmend Frauen. „Unternehmen,<br />
die ihren Erfolg aus Innovationskraft<br />
ziehen, können es sich nicht leisten,<br />
den globalen Talentpool zu ignorieren“,<br />
unterstreicht Jörg Schwitalla, Personalvorstand<br />
der MAN SE. „Unser Personalmanagement<br />
ist daher global ausgerichtet.<br />
Die Managementpositionen an unseren<br />
Standorten besetzen wir vorwie-<br />
Auszubildende zum Mechaniker im<br />
SoS Vocational Training College Kality in äthiopien.<br />
gend mit lokalen Fach- und Führungs-<br />
kräften.“<br />
Starthilfe für Jugendliche aus<br />
Schwellenländern<br />
Nicht nur die eigenen Mitarbeiter werden<br />
gefördert: Jugendliche ohne optimalen<br />
Start ins Leben unterstützt MAN<br />
im Rahmen der seit 2008 bestehenden<br />
Partnerschaft mit dem SOS Kinderdorf<br />
e.V. In der äthiopischen Hauptstadt Addis<br />
Abeba ermöglicht MAN Jugendlichen aus<br />
schwierigen Familienverhältnissen eine<br />
Berufsausbildung. Im „Vocational Trainingscenter<br />
Kality“ absolvieren sie eine<br />
Ausbildung zum Automobilmechaniker,<br />
Mechaniker oder in der Holzverarbeitung.<br />
MAN stellt jährlich 200.000 Euro sowie<br />
Werkzeuge und Exponate für Trainingszwecke<br />
zur Verfügung und bildet die<br />
Lehrer vor Ort aus. Durch das technische<br />
Know-how haben die Schüler deutlich<br />
höhere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.<br />
Für die Weitergabe von Wissen setzt<br />
sich MAN auch in Brasilien ein. Das Projekt<br />
„Formare“ ermöglicht jährlich 14 Jugendlichen<br />
aus armen Verhältnissen eine<br />
100 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
101<br />
Best Practice<br />
einjährige Ausbildung als Techniker in<br />
der Montagelinie im MAN-Werk in Resede.<br />
Parallel dazu arbeiten sie selbstständig an<br />
einem Projekt: Eine Klasse entwickelte<br />
zum Beispiel eine Solarheizung aus Plastikflaschen,<br />
Milchschachteln und anderen<br />
Recyclingmaterialien und spendete die<br />
Anlage einer gemeinnützigen Organisation.<br />
Bislang hat MAN Latin America mit<br />
„Formare“ 136 benachteiligten Jungen und<br />
Mädchen ausgebildet. Alle haben heute<br />
einen Job und mehr als ein Drittel hat<br />
sogar ein Studium absolviert.<br />
Mehr Frauen in Führungspositionen<br />
Schwellenländer wie Brasilien bilden<br />
inzwischen mehr Hochqualifizierte aus<br />
als Europa und Nordamerika. Weltweit<br />
legen mehr Frauen als Männer einen Universitätsabschluss<br />
ab. Dennoch bewerben<br />
sich bedeutend mehr Männer als Frauen<br />
für technische Berufe. Um das Potenzial<br />
weiblicher Nachwuchskräfte auszuschöpfen,<br />
hat MAN gezielte Förderprogramme<br />
etabliert. Die Recruiting-Kampagne<br />
„Personalities wanted“ adressiert explizit<br />
auch Expertinnen. Das Unternehmen<br />
bietet seinen Mitarbeiterinnen Mentoring<br />
und Coaching und pflegt einen<br />
Kandidatinnenpool für die Auswahl von<br />
Führungsnachwuchs. Derzeit sind acht<br />
Prozent der Managementpositionen in<br />
der MAN Gruppe mit Frauen besetzt. Bis<br />
2014 sollen es zwölf Prozent werden –<br />
das entspricht dem Anteil von Frauen<br />
an der Gesamtbelegschaft. Die angemessene<br />
Berücksichtigung von Frauen<br />
ist in der Leitlinie für die Besetzung von<br />
Führungspositionen festgeschrieben.<br />
Auch ein familienfreundliches Arbeitsumfeld<br />
unterstützt Frauen auf ihrem Karriereweg.<br />
Dazu bietet die MAN Gruppe<br />
flexible Arbeitszeiten und Teilzeitarbeit<br />
an. Auch für die Kinderbetreuung ist<br />
gesorgt: Am Standort München werden<br />
im Betriebskindergarten „MAN Löwenkinder“<br />
86 Kinder von deutsch- und<br />
englischsprachigen Erziehern betreut.<br />
An anderen Standorten sind die Kleinen<br />
ebenfalls gut aufgehoben – so stehen in<br />
Augsburg seit Oktober <strong>2011</strong> die Türen<br />
für 76 Kinder offen.<br />
Nachwuchs frühzeitig begeistern<br />
Wer bereits während des Studiums Praxis-<br />
erfahrung sammelt, hat später gute Jobaussichten.<br />
Auch für Unternehmen lohnt<br />
sich die Einbindung des Nachwuchs: Sie<br />
Jörg Schwitalla, Personalvorstand<br />
der MAN Se (rechts) und Jürgen Dorn,<br />
Konzernbetriebsratsvorsitzender der<br />
MAN Se, bei der Auftaktveranstaltung<br />
zum freiwilligen Mitarbeiterengagement<br />
im SoS Kinderdorf in Nürnberg.<br />
stellen sich früh als potenzieller Arbeitgeber<br />
vor. Aus diesem Grund hat MAN im<br />
Jahr 2007 die Campus Initiative ins Leben<br />
gerufen. Durch Stipendien, Vorlesungen<br />
und Projektarbeiten entstehen enge Kontakte<br />
zwischen den Hochschulabsolventen<br />
und MAN. Der Technologiekonzern<br />
fördert im Rahmen seiner Partnerschaft<br />
mit der Technischen Universität München<br />
die Fachbereiche Maschinenbau sowie<br />
Elektro- und Informationstechnik. In der<br />
Vorlesungsreihe „Innovative Unternehmer“<br />
berichten jährlich vier MAN-Vorstandsmitglieder<br />
über aktuelle Unternehmensentwicklungen.<br />
Noch konkretere Unternehmenseinblicke<br />
erhalten die Studierenden<br />
über die Arbeit an Praxisprojekten bei<br />
MAN. Die Konzernbereiche stellen Aufgaben,<br />
die innerhalb von drei Monaten<br />
zu lösen sind. Dieser Herausforderung<br />
stellen sich die Studenten gerne: Viele<br />
der ehemaligen Teilnehmer der Campus<br />
Initiative arbeiten inzwischen bei MAN.<br />
Mitarbeiter engagieren sich vor Ort<br />
Bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber<br />
berücksichtigen junge Talente zunehmend<br />
weiche Faktoren wie ein positives<br />
Betriebsklima oder die Wahrnehmung<br />
unternehmerischer Verantwortung. Die<br />
Führungskräfte von morgen wollen sich<br />
Die MAN Cr-Strategie<br />
mit persönlichem Engagement einbringen<br />
und Verantwortung (er)leben. Deshalb<br />
startete MAN <strong>2011</strong> ein Projekt zur<br />
Förderung des freiwilligen Mitarbeiterengagements:<br />
MAN-Mitarbeiter können<br />
sich an Projekten des SOS-Kinderdorf<br />
e.V. beteiligen. Die Unterstützer packen<br />
beispielsweise bei der Renovierung von<br />
Jugendeinrichtungen an, lesen Vorschulkindern<br />
vor oder bieten Bewerbertrainings<br />
für zukünftige Azubis im SOS-Berufsausbildungszentrum<br />
in Nürnberg<br />
an. Dafür erhalten sie einen halben Tag<br />
Sonderurlaub pro Jahr. „So ermöglichen<br />
wir unseren Mitarbeitern, die Kooperation<br />
von MAN mit SOS-Kinderdorf aktiv<br />
mitzugestalten“, erklärt Jörg Schwitalla,<br />
Schirmherr der Initiative. In den kommenden<br />
Jahren werden weitere Standorte<br />
und Projekte aufgenommen.<br />
Seit mehr als 250 Jahren sichern Innovationskraft,<br />
Wandlungsfähigkeit und in<br />
die Zukunft gerichtetes Denken den Erfolg<br />
von MAN. Damit das so bleibt, beweist<br />
sich MAN immer wieder als attraktiver<br />
Arbeitgeber und begeistert Menschen.<br />
unternehmerische Verantwortung ist bei MAN Teil der unternehmens-<br />
und Führungskultur. MAN hat sich verpflichtet, langfristig wirtschaftlich<br />
erfolgreich zu sein und seine Verantwortung für die umwelt sowie gegenüber<br />
den Stakeholdern wahrzunehmen. Mit seinem Handeln sichert MAN nicht<br />
nur die Zukunft des unternehmens, sondern stiftet auch gesellschaftlichen<br />
Nutzen – als Arbeitgeber, Ausbilder und Auftraggeber sowie als guter<br />
unternehmensbürger an allen Standorten. Dazu bestehen seit vielen Jahren<br />
zahlreiche zentrale und regionale Aktivitäten. In rahmen eines Cr-Programms<br />
werden konkrete Ziele bis 2015 verfolgt.
MerCK<br />
Hilfe im Kofferformat: ein<br />
Minilabor, das leben rettet<br />
In vielen ländern Afrikas und Asiens werden täglich zahlreiche Menschen opfer von Arzneimittelfälschungen.<br />
Sichtbare unterschiede zwischen Fälschung und original gibt es häufig nicht.<br />
ein koffergroßes Minilabor geht gegen dieses Problem vor.<br />
Von Kira-Tatjana Schmidt<br />
In vielen tropischen Ländern werden<br />
Medikamente nicht in der Apotheke,<br />
sondern auf dem Markt oder am Kiosk<br />
um die Ecke erstanden. Gefälschte und<br />
technisch mangelhaft hergestellte Mittel<br />
zur Behandlung von Infektionskrankheiten<br />
finden immer wieder ihren Weg in<br />
den legalen Arzneimittelhandel. Einzig<br />
chemische Analysen können die Fälschungen<br />
identifizieren. Allerdings fehlt<br />
es in Entwicklungsländern an Laboren,<br />
und zudem benötigen die Tests viel Zeit<br />
und Geld. Der vom Darmstädter Pharma-<br />
und Chemieunternehmen Merck<br />
getragene <strong>Global</strong> Pharma Health Fund<br />
(GPHF) hat es sich zum Ziel gemacht,<br />
Arzneimittelfälschern das Handwerk<br />
zu legen.<br />
Die Ursachen für Arzneimittelfälschungen<br />
sind hauptsächlich struktureller<br />
Art. Die Produktion von gefälschten<br />
Arzneimitteln ist preisgünstig, der Bedarf<br />
an Medikamenten ist hoch – der<br />
Absatzmarkt für Fälscherbanden und<br />
die Gewinne sind entsprechend riesig.<br />
Viele Menschen in Entwicklungsländern<br />
können sich keine Krankenversicherung<br />
leisten und bezahlen Medikamente selbst.<br />
Deshalb werden billige Medikamente<br />
auch über informelle Kanäle gekauft,<br />
ohne ihre Herkunft zu hinterfragen.<br />
Kontrollbehörden und -mechanismen gibt<br />
es kaum. Viel zu wenig Apotheken und<br />
Krankenhäuser sind mit geschulten Fach-<br />
102 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
103<br />
Best Practice<br />
kräften ausgestattet. Eine geringe Anzahl<br />
an Prüflaboren verhindert zusätzlich, dass<br />
Medikamente zeitnah auf ihre Wirkstoffe<br />
und Qualität getestet werden können.<br />
Eine Analyse im nächstgelegenen Labor<br />
und der Erhalt der Ergebnisse können<br />
Wochen oder Monate in Anspruch nehmen<br />
– Zeit, in der ein nicht wirksames<br />
Medikament erheblichen Schaden bei<br />
den Erkrankten anrichten kann.<br />
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO sind derzeit 10 bis<br />
30 Prozent aller Medikamente weltweit<br />
gefälscht oder von minderwertiger Qua-<br />
lität. Oftmals ist der Wirkstoff dabei<br />
nicht nur fehlerhaft dosiert, sondern<br />
fehlt komplett. Ein gefälschtes Medikament<br />
kann somit ohne Wirkung sein.<br />
Im schlimmsten Fall enthält es giftige<br />
Substanzen. Beide Möglichkeiten können<br />
lebensgefährliche Konsequenzen für die<br />
Patienten haben. So gibt es viele Fälle, bei<br />
denen vermeintliche Antibiotika nicht<br />
wirkten und die eigentlich behandelbare<br />
Erkrankung tödlich endete.<br />
Hier setzt das Kernstück des GPHF, das<br />
„Minilab“, an. Das mobile Kompaktlabor<br />
besteht aus zwei transportablen Einheiten,<br />
die jeweils die Größe von Reisekoffern<br />
haben und in denen sich alle<br />
benötigten Ressourcen und Gegenstände<br />
befinden, um Medikamente vor Ort<br />
auf ihre Zusammensetzung zu prüfen.<br />
Richard Jähnke, Projektleiter des GPHF,<br />
hat an der Entwicklung des Minilabs<br />
gearbeitet und ist auch weiterhin für<br />
die Entwicklung neuer Testverfahren<br />
verantwortlich. Vor allem die Erstellung<br />
des Handbuchs mit den Anleitungen für<br />
die Testdurchführung war eine besondere<br />
Herausforderung: „Die Anleitungen<br />
müssen für Jeden verständlich sein. Ich<br />
habe sie wie ein Rezept geschrieben, die<br />
Handbücher sind so einfach zu verstehen<br />
wie ein Kochbuch.“ Um mit den Testmethoden<br />
vertraut zu werden, bietet der<br />
GPHF allen Empfängern des Minilabs<br />
zusätzlich eine mehrtätige Schulung an.<br />
Für 57 Arzneistoffe, die unter Berücksichtigung<br />
der „Essential Medicines List“<br />
der WHO ausgewählt wurden, gibt es<br />
bereits Testmethoden im Minilab. Und<br />
es wird stetig an neuen Tests für weitere<br />
Wirkstoffe gearbeitet.<br />
Das eigens für den Einsatz in Entwicklungsländern<br />
entwickelte Konzept des<br />
Minilabs ist so seit mehr als 12 Jahren<br />
erfolgreich. Der Inhalt der Koffer reicht<br />
für rund 1.000 Testläufe, wobei ein Test<br />
etwa zwei Euro kostet. Der große Vorteil<br />
des Minilabs besteht darin, dass es<br />
unabhängig von externer Energieversorgung<br />
ist und mit einem Gewicht von 40<br />
Kilogramm leicht transportiert werden<br />
kann. „Es ist nichts Überflüssiges dabei“,<br />
erklärt Jähnke.<br />
Merck und der GPHF setzen mit dem<br />
Minilab ganz bewusst auf eine mobile<br />
Einheit, die überall dort zum Einsatz<br />
kommen kann, wo Menschen unmittelbar<br />
vor falschen Arzneimitteln geschützt<br />
werden müssen: in Gesundheitsprojek-<br />
ten in ländlichen Regionen oder auch in<br />
Regionalkrankenhäusern, in denen keine<br />
Kontrolleinrichtungen für Medikamente<br />
vorhanden sind. Unterstützt wird der<br />
GPHF außerdem durch nationale und internationale<br />
Partner, wie der Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit in<br />
Eschborn bei Frankfurt, der WHO in Genf<br />
oder der United States Pharmacopeia,<br />
der amerikanischen Arzneibuchbehörde.<br />
Bis heute konnten mehr als 450 GPHF-<br />
Minilabs in über 70 Ländern Afrikas,<br />
Asiens und Lateinamerikas zum Einsatz<br />
kommen. Im Jahr 2012 soll der 500. Kof-<br />
fer ausgeliefert werden. Ein kleiner Erfolg<br />
im Kampf gegen die Fälscherbanden.<br />
Das GPHF-Minilab ist jedoch nur ein<br />
akutes Hilfsmittel und bietet keine<br />
strukturelle Lösung gegen die kriminellen<br />
Machenschaften der Fälscher.<br />
Um dem wirksam zu begegnen, ist es<br />
notwendig, effektive Mechanismen für<br />
die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsorganisationen,<br />
Polizei, Zoll, Justiz,<br />
Produzenten, Großhändlern, Vertreibern<br />
und Gesundheitspersonal zu entwickeln.<br />
Unterstützend wirkt die Aufklärung<br />
und Warnung der Bevölkerung vor den<br />
Gefahren gefälschter Arzneimittel.
MIele<br />
energiemanagement im<br />
Dialog mit dem Mitarbeiter<br />
ein funktionierendes energiemanagement macht ökonomisch und ökologisch Sinn und hat<br />
außerdem eine motivierende wirkung auf die Mitarbeiter zu eigeninitiative und Verantwortung.<br />
Miele betreibt daher schon seit vielen Jahren entsprechende Systeme an den werkstandorten.<br />
Nun hat das unternehmen die eigene Gießerei und die spanabhebende Fertigung am Stammwerk<br />
in Gütersloh nach der energiemanagement-Norm DIN eN 16001 zertifizieren lassen und<br />
plant dies auch für weitere werke. So will Miele kontinuierliche Verbesserungsprozesse zur effizienten<br />
und nachhaltigen energienutzung auch organisatorisch fest verankern.<br />
Von Ursula Wilms<br />
Zweck der Norm ist grundsätzlich, Unternehmen<br />
beim Auf bau eines umfassenden<br />
Energiemanagementsystems und<br />
der kontinuierlichen Verbesserung ihrer<br />
Energieeffizienz zu unterstützen. Miele<br />
konnte dabei auf bereits vorhandene<br />
Prozesse und Strukturen auf bauen,<br />
die es mit Hilfe der Norm weiter zu<br />
verbessern galt. Der Hausgerätehersteller<br />
verfolgt schon sehr lange das Ziel,<br />
Energieverbräuche in der Produktion<br />
zu reduzieren und verzeichnet dabei<br />
gute Erfolge. Die Zertifizierung ist nun<br />
das Werkzeug, um das Thema noch systematischer<br />
anzugehen und weiter in<br />
die Prozesse zu integrieren. Audits und<br />
Maßnahmenpläne helfen dabei – vor<br />
allem aber die Mitarbeiter selbst.<br />
Genau 117 Mitarbeiter sind es in der Gießerei,<br />
in der Gussteile hergestellt werden.<br />
Die eigene Gießerei ist eine Besonderheit<br />
in der Branche, die ihren Ursprung<br />
im hohen Qualitätsanspruch von Miele<br />
hat. Denn aus Qualitätsgründen setzt<br />
das Unternehmen statt des ansonsten<br />
meist üblichen Betons lieber Grauguss ein,<br />
etwa bei Massenausgleichsgewichten für<br />
Waschmaschinen. Die Gießerei ist naturgemäß<br />
energieintensiv. Rund 25 Gigawattstunden<br />
verbraucht dieser Bereich pro Jahr.<br />
Aufgrund dieser Größenordnung steht<br />
hier die ständige Energieverbrauchsoptimierung<br />
besonders im Fokus.<br />
Bei der Zertifizierung der Gießerei – die<br />
aufgrund der bestehenden Ausgangsbasis<br />
in nur zwei Monaten durchgeführt werden<br />
konnte – wurden die Mitarbeiter<br />
durch Gespräche, Arbeitsplatzbegehungen<br />
und Schulungen sensibilisiert. Sie<br />
erfuhren, welch hohen Einfluss sie selbst<br />
auf den Energiebedarf einer Anlage haben<br />
und was sie tun können, um den<br />
Energieverbrauch zu senken. Durch eine<br />
persönliche Identifizierung mit dem Thema<br />
kamen die Erfolge. „Natürlich haben<br />
wir den Mitarbeitern vermittelt, welche<br />
Größenordnung wir in Richtung Energiekostensteigerung<br />
erwarten“, erklärt<br />
Hubert Hermelingmeier, Energiemanager<br />
im Werk Gütersloh. „Aber wir haben zusätzlich<br />
auch erläutert, wie sich dies auf<br />
die Position des Unternehmens im Wettbewerb<br />
auswirkt und wie die Mitarbeiter<br />
in ihrem persönlichen Arbeitsumfeld<br />
darauf Einfluss nehmen können.“ Dabei<br />
sei der direkte Bezug zur täglichen Arbeit<br />
wichtig. „Wir halten nichts davon, pauschal<br />
Energiesparziele zu diktieren, wie<br />
sie überall publiziert werden.“ Stattdessen<br />
steht die Kommunikation im Vordergrund,<br />
im Verbund mit der Überwachung der<br />
relevanten Kennzahlen, die kontinuierlich<br />
abgerufen und überprüft werden.<br />
Diese Strategie fügt sich harmonisch in<br />
die Unternehmenskultur, die auf offenen<br />
Dialog und Kommunikation bei flachen<br />
Hierarchien Wert legt.<br />
Hubert Hermelingmeier ist als energiemanager<br />
für das werk Gütersloh<br />
verantwortlich und berät die weiteren werke<br />
des unternehmens zum Thema energie und<br />
einsparpotenziale. Die einbeziehung und<br />
Motivation von Mitarbeitern ist ihm wichtig.<br />
104 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
105<br />
Best Practice<br />
Besprechung vor ort: energiemanager<br />
Hubert Hermelingmeier (Mitte) diskutiert<br />
mit Gießerei-Meister Jens Mollitor (rechts)<br />
und Vorarbeiter Carsten Hütt die neuesten<br />
Daten. es geht um die Verbrauchswerte<br />
des Vergießofens.<br />
Diese Gestaltung des Energiemanagements<br />
funktioniert gut. Erfolge sind<br />
sichtbar. Daher wird das System jetzt<br />
auch auf die anderen Werke übertragen.<br />
Energiemanager Hermelingmeier berät<br />
die Fachkollegen vor Ort, direkt an ihrem<br />
Arbeitsplatz. Er hat die Energieverbräuche<br />
im Blick, identifiziert Optimierungspotenziale<br />
und zeigt Lösungswege auf.<br />
Zertifizierungen nach DIN EN 16001 in<br />
weiteren Werken oder die Umsetzung<br />
über die Umweltmanagementnorm<br />
ISO 14001 sind geplant. „Man muss das<br />
Energiemanagement nicht unbedingt<br />
im Rahmen der Norm 16001 umsetzen,<br />
sondern kann es auch über die ISO<br />
14001 lösen, denn das ist organisatorisch<br />
weniger aufwendig.“ Miele hat für eine<br />
Zertifizierung umfassend vorgearbeitet.<br />
Hermelingmeier: „Wir analysieren die<br />
Verbräuche verschiedenster Abteilungen,<br />
stellen Wochenlastgänge dar und<br />
veröffentlichen sie im Intranet, wo sie<br />
die Funktionsverantwortlichen einsehen<br />
können. Zudem gehen wir auch auf die<br />
Verantwortlichen der Werke zu, wenn<br />
es zum Beispiel Abweichungen in den<br />
Wochenlastgängen gibt und versuchen<br />
herauszufinden, was dazu geführt hat.<br />
Insofern müssen wir in der Praxis gar<br />
nicht sehr viel tun. Es geht vielmehr<br />
um die organisatorische Einbindung<br />
und vor allem um die Mitarbeitersensibilisierung.“<br />
So soll die nachhaltige Energienutzung<br />
auch in den übrigen Miele-Werken verbessert<br />
werden. Vor allem bei der Führung<br />
von Anlagen und der Handhabung<br />
einzelner Verfahrensschritte wird dort<br />
der Optimierungsbedarf untersucht.<br />
Mit einer systematischen Herangehensweise<br />
ist es möglich, hier Potenziale zu<br />
nutzen und bei den Mitarbeitern Motivation<br />
zu wecken. Gemeinsam werden<br />
Prozesse genau betrachtet und diskutiert,<br />
welchen Einfluss Bedienung und<br />
Wartung auf den Energiebedarf einer<br />
Anlage haben und was jeder Einzelne<br />
tun kann, um diesen Bedarf zu reduzieren.<br />
So wird der Mitarbeiter aktiv in<br />
die Optimierung seines Einflussbereichs<br />
einbezogen, Verantwortung übertragen<br />
und Bewusstsein für größere Zusammenhänge<br />
geweckt.<br />
Neben diesem alltäglichen Energiemanagement<br />
gibt es natürlich auch die spezielle<br />
Organisation großer Projekte, die<br />
weite Kreise ziehen. So hat das Team um<br />
Hubert Hermelingmeier beispielsweise<br />
im Werk Gütersloh ein Abwärmekataster<br />
aufgestellt, das vorhandene Abwärmepotenziale<br />
darstellt – also Energie,<br />
die bisher nicht oder nicht vollständig<br />
genutzt wird. Im Sommer <strong>2011</strong> begann<br />
man damit, eines dieser Potenziale zu<br />
nutzen. Vorhandene Kältemaschinen,<br />
die zur Klimatisierung verschiedener<br />
Betriebsstätten dienten, wurden durch<br />
neue, hocheffiziente Kälteanlagen ersetzt.<br />
Die Abwärme, die diese Anlagen<br />
erzeugen, fließt nun in die Heizung.<br />
Diese Maßnahme führt zu Primärenergieeinsparungen<br />
von ca. 1.420 MWh/a<br />
und damit zu einer CO 2 -Reduzierung<br />
von etwa 350 Tonnen pro Jahr.
PwC<br />
wasserknappheit:<br />
unternehmen überprüfen<br />
ihre internationalen<br />
lieferketten<br />
Die hochentwickelte deutsche Industrie kauft weltweit rohstoffe<br />
und in noch komplexeren Maße Zwischenprodukte ein.<br />
30.000 Zulieferer pro unternehmen sind dabei keine Seltenheit,<br />
was den einkauf insbesondere im Hinblick auf die unternehmerische<br />
Verantwortung vor Herausforderungen stellt.<br />
Dies gilt einmal mehr für Aspekte der weltweiten wasserknappheit.<br />
wohl sind derartige Aspekte durch enge Beziehungen<br />
und professionelle Audits für die wichtigsten lieferanten<br />
identifiziert – doch zwei Fragen bleiben in der regel unbeantwortet:<br />
In welchem Teil einer komplexen lieferkette ist der<br />
durch die Geschäftstätigkeit und durch geographische Gegebenheiten<br />
bedingte wasserstress besonders hoch? wo lohnt es<br />
sich, vor dem Hintergrund eines nachhaltigen wassermanagements<br />
einmal genauer hinzuschauen?<br />
weitere Informationen unter<br />
www.pwc.de/de/sustainability<br />
Von Barbara Wieler und Dr. Matthias Retter<br />
Das rasante wirtschaftliche Wachstum<br />
der Emerging Markets, die Zunahme der<br />
Weltbevölkerung und der Klimawandel<br />
belasten die Ressource Süßwasser in<br />
zunehmendem Maße. Im Wettbewerb<br />
um das weltweit knapper werdende<br />
Süßwasser bieten sich daher Vorteile<br />
für diejenigen Unternehmen, die<br />
frühzeitig wasserbezogene Daten in<br />
ihrer Lieferkette erfassen und sich für<br />
eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer<br />
Wasserressourcen einsetzen. Außerdem<br />
sichern sie sich durch einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit Wasser den<br />
Zugang zu den Kapitalmärkten. Denn<br />
auch der Druck am Finanzmarkt wächst<br />
– so erwarten z.B. sowohl die norwegi-<br />
106 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
107<br />
Best Practice<br />
sche Investitionsgesellschaft NBIM als<br />
auch der Dow Jones Sustainability Index<br />
von Unternehmen eine Identifikation<br />
der Wasserrisiken in der Lieferkette.<br />
Und auch deutsche Rating-Agenturen<br />
wie imug und oekom research haben<br />
diese Erwartungen im Blick. Wie die<br />
europäischen Unternehmen hierzu<br />
aufgestellt sind bzw. wie sie darauf<br />
reagieren, das zeigt sich im CDP Water<br />
Disclosure. Diese kapitalmarktorientierte<br />
Einschätzung zu den Wasserrisiken<br />
in den Lieferketten gibt dabei ein klares<br />
Bild wieder:<br />
Ist Ihr unternehmen in der lage,<br />
die wasserintensiven Inputs in<br />
der lieferkette zu bestimmen, die<br />
aus Gebieten mit wasserstress<br />
kommen?*<br />
Nein<br />
56%<br />
Ja<br />
44%<br />
*(siehe CDP water Disclosure 2010, Frage unter<br />
Ziffer 6.1)<br />
Quelle: CDP water Disclosure 2010. Daten<br />
stammen von 41 unternehmen mit öffentlichem<br />
Disclosure aus dem eu-raum und der Schweiz.<br />
Wohl ist diese Darstellung noch nicht differenziert<br />
nach Sektoren; die unterschiedliche<br />
Relevanz für unterschiedliche Sektoren<br />
bzw. der Technologisierungsgrad oder<br />
die Höherwertigkeit der Produkte ist hier<br />
nicht aufgeschlüsselt. Doch das Ergebnis<br />
zeigt eines klar: Während Unternehmen<br />
ihre Analyse der Treibhausgasemissionen<br />
in der Lieferkette (sog. upstream; Scope 3)<br />
pro-aktiv vorantreiben und beherrschen,<br />
so fehlt eine derartiges Verständnis zum<br />
Thema Wasserknappheit bei einer Vielzahl<br />
europäischer Unternehmen. Einzelne<br />
Unternehmen haben die Bedeutung der<br />
Ressource Wasser in ihrer Lieferkette<br />
bereits erkannt so z.B. der Nahrungsmittelkonzern<br />
Nestlé, der in diesem Zusammenhang<br />
mit dem Stockholm Industry<br />
Water Award ausgezeichnet wurde.<br />
Wasser – wichtige Frage nach der<br />
Versorgungssicherheit<br />
Im Kontrast zu Nahrungsmittelkonzernen,<br />
bei welchen die Ermittlung des<br />
Water Footprinting eine gängige Analysemöglichkeit<br />
darstellt, geht es bei<br />
anderen Unternehmen nicht unbedingt<br />
um kurze landwirtschaftlich geprägte<br />
Lieferketten. Sie nutzen vielmehr eine<br />
Vielzahl an höherwertigen Zwischenprodukten<br />
und sektoralen Handelsgütern,<br />
die für ihre Wertschöpfung in Chemie,<br />
Pharma, Maschinenbau oder Elektronik<br />
benötigt werden. Immer entscheidender<br />
für diese Unternehmen wird die Frage<br />
nach der Versorgungssicherheit mit<br />
Zwischenprodukten. Wohlbemerkt umfasst<br />
diese Versorgungssicherheit auch<br />
klassische Rohstoffe. Die immer wieder<br />
diskutierten seltene Erden und Metalle<br />
sind dabei nur die Spitze des Eisberges.<br />
Auch beim Buntmetall Kupfer müssen<br />
sich deutsche Industrie-Unternehmen<br />
um die Versorgungssicherheit Gedanken<br />
machen. Denn gerade im Bergbau<br />
ist Wasserknappheit ein immer größer<br />
werdendes Risiko. Für Chile z.B. zeigt<br />
eine Analyse von PwC deutliche Unterschiede<br />
in der Wassereffizienz der<br />
kupferfördernden Bergbauunternehmen.<br />
Diese Aspekte können unvorsichtigen<br />
Einkäufer einen Strich durch die<br />
Rechnung machen und können bis zu<br />
Lieferengpässen in deutschen Produktionsstätten<br />
der Elektroindustrie führen.<br />
Für die Begutachtung der Versorgungsicherheit<br />
ist lokaler Wasserstress demnach<br />
ein zentraler Faktor, den es gilt<br />
für Rohstoffe, Zwischenprodukte und<br />
sektorale Handelsgüter zu identifizieren.<br />
Einkaufsdaten bestimmen<br />
Herkunftsanteil aus Gebieten mit<br />
akutem Wasserstress<br />
Ein erstes Bild zu den verborgenen Wasserrisiken<br />
in den Lieferketten von einer<br />
großen Anzahl von direkten Zulieferern<br />
und den beliebig weiteren verborgenen<br />
Zulieferern lässt sich mit einem ersten<br />
Screening durchführen. Dabei werden<br />
die Daten sämtlicher vom Unternehmen<br />
nachgefragten Leistungen in weltweiten<br />
Einkaufsländern in den Kontext gesetzt<br />
mit den internationalen Handelsströmen.<br />
Durch deren Klassifizierung in Außenhandelsbilanzen<br />
können folglich auch<br />
sekundäre Nachfrageeffekte modelliert<br />
werden. So entsteht ein erstes Verständ-<br />
nis zu den verborgenen Gliedern der<br />
weltweiten Lieferkette (sogenannte tier<br />
2, tier 3, etc.). Und dieses Verständnis ist<br />
für viele Unternehmen neu. Eine sehr<br />
ähnliche Methode wird übrigens für die<br />
Bestimmung der unternehmerischen<br />
Treibhausgasemissionen (sog. upstream;<br />
nach Scope 3) angewandt. Wobei eine<br />
derartige Methode die Anforderungen<br />
des dortigen Greenhouse Gas Protocol<br />
erfüllt. Informationen zu den verborgenen<br />
Gliedern der Lieferkette lassen<br />
sich anschliessend mit einem anerkannten<br />
Modell zur Nutzung der weltweiten<br />
Wasserressourcen koppeln. Damit lassen<br />
sich im Ergebnis die Herkunftsanteile<br />
des unternehmerischen Gesamteinkaufs<br />
aus Gebieten mit keinem, mittlerem und<br />
hohem Wasserstress weltweit bestimmen.<br />
Dabei hat dieses Verfahren noch einen<br />
entscheidenden Vorteil: Wasserstress und<br />
dazugehöriger monetärer Einkaufswert<br />
werden gemeinsam dargestellt und erlauben<br />
dem Unternehmen so ein deutlich<br />
verbessertes Risikomanagement. Aber<br />
damit nicht genug, auch Bilanzierungen<br />
im Stil einer umfassenden ökologischen<br />
Gewinn- und Verlustrechnung können mit<br />
der Zusatzinformation (Gefährdung durch<br />
Wasserstress) ihre Aussagekraft erhöhen.<br />
Screening gibt Aufschluss über<br />
Risiko- und Effizienzpotenziale in<br />
der Lieferkette<br />
Mit den Ergebnissen dieses Screening<br />
können in einem zweiten Schritt weitere<br />
Analysen und Maßnahmen eingeleitet<br />
werden. Es bleibt zu vermuten, dass<br />
solche weitere Analysen besonders für<br />
die Emerging Markets notwendig werden.<br />
Insgesamt stehen im Rahmen der CR-Aktivitäten<br />
von Unternehmen verschiedene<br />
Möglichkeiten zur Verfügung. Fragebögen,<br />
Supplier Audits und hydrologische<br />
Gutachten an den Standorten sind dabei<br />
nur einige Möglichkeiten, um das Risiko<br />
der Wasserknappheit gezielter und vor<br />
allem lokaler zu analysieren.
we<br />
energie intelligent und<br />
damit nachhaltig nutzen<br />
Die energiewende ist eine große Herausforderung: nicht nur für die energiewirtschaft sondern<br />
auch für die Gesellschaft. Der Ausstieg aus der Kernenergie muss aufgefangen und die ambitionierten<br />
Ziele beim Klimaschutz weiter verfolgt werden. Gleichzeitig muss energie für Industrie-<br />
und Haushaltskunden bezahlbar bleiben und jederzeit verfügbar sein. eine anspruchsvolle<br />
Aufgabe, wenn umweltschutz, wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit nicht gegeneinander<br />
ausgespielt werden sollen.<br />
Von Joachim Löchte<br />
Intelligente Lösungen – eine<br />
Zukunftsaufgabe für RWE<br />
RWE will mit konkreten Lösungen dazu<br />
beitragen, dass die Energiewende gelingt.<br />
Große Szenarien und Pläne gibt<br />
es in Fülle. Was nun zählt, sind Produkte<br />
und Anwendungen, die sich heute<br />
oder morgen am Markt durchsetzen,<br />
auf gesellschaftliche Akzeptanz stoßen<br />
und nachhaltig sind. Es geht um verbesserte<br />
und neue Technologien zur<br />
Stromerzeugung und -verteilung, aber<br />
auch um intelligente Haustechnik für<br />
mehr Wohnkomfort und effizienteren<br />
Einsatz von Energie.<br />
Dafür hat RWE ein neues unternehmensinternes<br />
Gütesiegel entwickelt:<br />
„voRWEg gehen mit intelligenter Energie“.<br />
Es zeichnet alle RWE-Produkte, Dienstleistungen<br />
und Technologien aus, die<br />
zu diesem Ziel beitragen. Maßstab sind<br />
drei Kriterien.<br />
• Die Produkte sind sowohl innovativ<br />
als auch zukunftsorientiert und entsprechen<br />
somit dem neuesten Stand<br />
der Entwicklung.<br />
• Sie sind effizient und erfüllen damit<br />
die bestmöglichen ökonomischen und<br />
ökologischen Standards.<br />
• Sie sind dialogfähig und können so intelligent<br />
miteinander vernetzt werden,<br />
dass sich daraus zusätzliche Synergien<br />
ergeben.<br />
Das Gütesiegel bekommen nur RWE-Angebote,<br />
-Services und -Technologien, die<br />
mindestens zwei von diesen Anforderun-<br />
gen erfüllen: Dazu gehören Pilotprojekte,<br />
Anlagen in der Entwicklung, aber auch<br />
Lösungen, die bereits markttauglich sind.<br />
Intelligente Nutzung – das<br />
Energiehaus der Zukunft<br />
Ein solches Pilotprojekt ist das „Energiehaus<br />
der Zukunft.“ Ein erstes Versuchshaus<br />
steht bereits bei Kalkar am<br />
Niederrhein. Dort erforscht RWE neue<br />
Energieeffizienztechnologien. Mit dabei<br />
sind das Fraunhofer Institut und das Kieswerk<br />
Maas-Roeloffs. Erprobt werden zum<br />
Beispiel eine spezielle Wärmepumpe,<br />
eine Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung<br />
oder eine Hightech-Photovoltaikanlage.<br />
Zentrale Steuerungstechnik ist<br />
das SmartHome-System von RWE. Dieses<br />
computerbasierte System ist gewissermaßen<br />
das Hirn der unterschiedlichen<br />
Anwendungen, indem es für eine Verknüpfung<br />
und Abstimmung der gesamten<br />
Haustechnik sorgt.<br />
SmartHome selbst ist dabei keine<br />
Zukunftsmusik, sondern heutiger Stand<br />
der Technik. Schon jetzt lassen sich ganze<br />
Szenarien programmieren, mit denen die<br />
einzelnen Geräte und die Gewohnheiten<br />
der Bewohner aufeinander abgestimmt<br />
werden, im Sinne von mehr Effizienz<br />
und Komfort. So lässt sich einstellen, dass<br />
zu einer bestimmten Zeit die Jalousien<br />
hochfahren und die Kaffeemaschine anspringt<br />
– zum Beispiel, wenn der Wecker<br />
klingelt. Oder dass die Heizung ihre Leistung<br />
drosselt, sobald ein Fenster geöffnet<br />
wird. Das System eignet sich nicht nur<br />
für Neubauten. SmartHome kann auch<br />
nachträglich in bestehende Häuser und<br />
Wohnungen eingebaut werden.<br />
Intelligente Vernetzung –<br />
Marktplätze der Zukunft<br />
Intelligenter Umgang mit Energie geht<br />
zugleich über isolierte Wohneinheiten<br />
hinaus. Ein weiterer Schritt ist die Vernetzung<br />
von Haushalten untereinander.<br />
Künftig werden immer häufiger Energienutzer<br />
auch zu Stromerzeugern – zum<br />
Beispiel, indem sie Solaranlagen betreiben,<br />
Erdwärme im eigenen Garten nutzen oder<br />
ein kleines Kraftwerk im Keller haben. Darauf<br />
ist das traditionelle Energievermarktungssystem<br />
nicht eingestellt. In diesem<br />
floss der Strom in eine Richtung – vom<br />
Großkraftwerk zum Abnehmer. Im Energiesystem<br />
der Zukunft ist dies nur noch<br />
eine Möglichkeit unter vielen. Das Ziel:<br />
Der Kunde soll seinen Stromverbrauch<br />
selbst steuern, außerdem Strom selbst<br />
produzieren und diesen ins Netz speisen<br />
können. Herzstück dafür ist ein Mess- und<br />
Steuerungsgerät, das über eine Informations-<br />
und Kommunikations-Schnittstelle<br />
mit dem heimischen PC verbunden wird.<br />
108 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
109<br />
Best Practice<br />
rückgrat der intelligenten energie: Das neue Gas- und<br />
Dampfturbinenkraftwerk (GuD) in lingen, das über eine<br />
leistung von 887 Mw verfügt.<br />
Mithilfe der neuen Technik können die<br />
Nutzer über das Internet verfolgen, wie<br />
hoch gerade die Strompreise sind. Zu<br />
dieser Anwendung führt RWE gerade mit<br />
Kooperationspartnern in Mülheim an der<br />
Ruhr den Feldtest E-DeMa durch – ein<br />
Projekt, das von den Bundesministerien<br />
für Wirtschaft und für Umwelt gefördert<br />
wird. Im Rahmen von E-DeMa vernetzen<br />
sich 1.100 private Haushalte und Stromanbieter<br />
über einen Internet-Marktplatz. Er<br />
bietet die Möglichkeit, Energie intelligent<br />
auszutauschen. Die Teilnehmer können<br />
entscheiden, ob es sich gerade lohnt, den<br />
selbst produzierten Strom einzuspeisen<br />
oder lieber selbst zu nutzen. So kann Wäsche<br />
künftig bevorzugt dann gewaschen<br />
werden, wenn draußen der Wind kräftig<br />
weht und die Strompreise damit gering<br />
sind. Diese Anwendung wird gerade gemeinsam<br />
mit dem Hausgerätehersteller<br />
Miele getestet. Eine solche Verknüpfung<br />
von Angebot und Nachfrage wird immer<br />
wichtiger. Über das Stromangebot aus erneuerbaren<br />
Energien entscheidet nicht der<br />
Bedarf, sondern die Wetterlage. Deshalb<br />
wächst die Bedeutung von intelligenten<br />
Lösungen, solange Strom noch nicht wirtschaftlich<br />
speicherbar ist.<br />
Intelligente Erzeugung – die<br />
Zukunft der Großkraftwerke<br />
Bei aller Förderung dezentraler und kundennaher<br />
Anlagen: Auch in Zukunft<br />
stellen große Stromerzeugungsanlagen<br />
einen wichtigen Baustein der Energieversorgung<br />
dar. Nur werden diese heute<br />
vielfach anders betrieben als früher.<br />
Während Großkraftwerke ursprünglich<br />
rund um die Uhr im Einsatz waren, müssen<br />
viele von ihnen heute einspringen,<br />
wenn erneuerbare Energien wenig und<br />
gar nicht zur Verfügung stehen. Das<br />
erfordert ein neues Maß an Flexibilität.<br />
Dafür investiert RWE vor allem in<br />
kombinierte Gas- und Dampfkraftwerke,<br />
die aus technischen Gründen besonders<br />
flexibel hoch- und runtergefahren werden<br />
können und dabei hohe Wirkungsgrade<br />
erreichen. Dazu zählt auch das<br />
Gas- und Dampfkraftwerk in Lingen.<br />
Links: wohnen 2.0: Mit SmartHome kann<br />
der energieverbrauch intelligent gesteuert<br />
werden.<br />
Zwei Gasturbinen stellen zusammen<br />
eine Leistung von 887 Megawatt (MW)<br />
bereit – das reicht, um vier Millionen<br />
Menschen mit Strom zu versorgen. Das<br />
GuD-Kraftwerk Lingen gehört zu den<br />
effizientesten Anlagen weltweit, denn<br />
es wandelt die Energie aus dem Gas<br />
zu fast 60 Prozent in Strom um – ein<br />
Wert, der einen Spitzenplatz im globalen<br />
Vergleich einnimmt.<br />
Dies sind nur drei von vielen Bausteinen,<br />
mit denen RWE bei der Energiewende<br />
mithilft. Der Umbau der Energieinfrastruktur<br />
ist ein langer Weg – die<br />
Entwicklung und Vermarktung von<br />
intelligenten Lösungen eine zentrale<br />
Zukunftsaufgabe für RWE.
TeCTuM GrouP<br />
Nachhaltige Personalentwicklung<br />
in modernen<br />
Contact Centern<br />
wer in der heutigen Zeit Informationen zu Telefon- und energietarifen<br />
benötigt oder Vertragsfragen hat, ist häufig auf Servicemitarbeiter<br />
im Dialogmarketing angewiesen. Bundesweit beantworten<br />
6.700 Callcenter mit 500.000 Mitarbeitern sämtliche<br />
Anfragen via Telefon, e-Mail oder Chat, so der Call Center Verband<br />
<strong>Deutschland</strong> e. V. und die Branche wächst und entwickelt<br />
sich stetig weiter. Ihr ruf allerdings leidet noch heute unter den<br />
schlechten Arbeitsbedingungen, die einige schwarze Schafe in<br />
den 90er Jahren etablierten. Mit Niedriglöhnen, hohen Arbeitsbelastungen<br />
und geringen entwicklungsperspektiven nutzten<br />
Billiganbieter ihre Mitarbeiter aus. Der Preiskampf unter den<br />
Anbietern erhöhte den Druck auf die Gehälter. Hohe Fluktuation<br />
und geringere Qualität der Dienstleistung waren die Folge.<br />
Mittlerweile hat die Branche sich mehrfach<br />
konsolidiert. Zudem greifen gesetzliche<br />
Vorschriften. Viele der fragwürdigen<br />
Anbieter sind vom Markt verschwunden.<br />
„Mit den Vorurteilen gegenüber der Branche<br />
und dem schlechten Image haben<br />
wir allerdings noch heute zu kämpfen“,<br />
erklärt Theo Reichert, CEO der TECTUM<br />
Group, die international mit elf Standorten<br />
und mehr als 3.000 Mitarbeitern<br />
zu den Branchenführern gehört. Zudem<br />
stehen die Dienstleister immer noch in<br />
einem harten Preiskampf. Gleichzeitig<br />
fordern Auftraggeber immer höhere<br />
Qualität. Denn moderne Contact Center<br />
übernehmen heute zusätzlich zur<br />
klassischen Hotline auch das Kampagnen-<br />
Management und stehen den Auftraggebern<br />
als strategischer Partner zur Seite.<br />
„Viele unserer Teams bestehen daher aus<br />
hervorragend ausgebildeten Fachkräften<br />
beispielsweise für die Medizintechnik-<br />
und IT-Branche, die gemeinsam mit unseren<br />
Kunden Problemlösungsstrategien<br />
entwickeln“, so Andreas Alex, Geschäftsführer<br />
der TECTUM Business Solutions.<br />
Die hohen Ansprüche an Qualität, Service<br />
und Kompetenz der Dienstleister stellen<br />
die Branche vor ein weiteres Problem:<br />
„Durch den wirtschaftlichen Aufschwung<br />
fehlt es zunehmend an Personal auf<br />
allen Ebenen.“<br />
Personalmangel entgegenwirken<br />
Aus diesem Grund setzt die TECTUM<br />
Group gezielt auf die Förderung der Mitarbeiter<br />
und Aufstiegsmöglichkeiten. „Der<br />
Mensch steht bei uns im Mittelpunkt. Wir<br />
stellen Bewerber ein, die motiviert und<br />
kommunikativ sind. Das nötige Fachwissen<br />
erhalten sie bei uns in intensiven<br />
Schulungen. Herkunft, Alter und Schulbildung<br />
stehen nicht im Vordergrund“,<br />
erklärt CEO Reichert. Durch individuelle<br />
Trainings- und Schulungsprogramme<br />
bietet TECTUM Chancen für Menschen<br />
aus allen Bildungs- und Gesellschaftsschichten.<br />
„Jeder wird aufgenommen,<br />
der das Potential dazu hat, mit Kunden<br />
zu sprechen und sich zutraut, mit Konfliktsituationen<br />
am Telefon umzugehen.<br />
Welches Aussehen oder welchen Hintergrund<br />
er hat, das ist zweitrangig“, so die<br />
stellvertretende Betriebsrats- und Personalausschussvorsitzende<br />
bei TECTUM.<br />
Von Adrian Hahn<br />
Potenziale fördern<br />
110 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
111<br />
Best Practice<br />
„Entscheidend ist zudem, dass einmal<br />
ausgebildete Mitarbeiter im Unternehmen<br />
bleiben und sich weiterentwickeln“,<br />
erklärt Andreas Alex. Dies sei nur mit<br />
nachhaltiger Personalentwicklung zu<br />
gewährleisten. Denn nur ein Mitarbeiter,<br />
der Entwicklungsperspektiven geboten<br />
bekomme, setze sich voll und ganz für<br />
das Unternehmen ein und könne diese<br />
Begeisterung auch an den Kunden weitergeben.<br />
„Zusätzlich zu einem attraktiven<br />
Gehalt sind Faktoren wie das Arbeitsumfeld,<br />
das Verhältnis zu Vorgesetzten und<br />
der Abwechslungsreichtum der Tätigkeit<br />
ausschlaggebend“, so der Geschäftsführer.<br />
Zur Förderung und Ausbildung der<br />
Führungskräfte aus den eigenen Reihen<br />
hat TECTUM ein vierstufiges Talent Management<br />
Programm für alle Mitarbeiter<br />
entwickelt. Ein Assessment gibt Auskunft<br />
über die fachlichen, persönlichen und sozialen<br />
Fähigkeiten der Bewerber. Zudem<br />
fließen die Wünsche der Mitarbeiter in<br />
einem individuellen Entwicklungspfad<br />
zusammen, der aus Schulungen und<br />
Kursen sowie regelmäßigen persönlichen<br />
Coachings besteht. Festgelegte Kriterien,<br />
unter anderem Tests und Prüfungen,<br />
geben Rückmeldung, ob definierte Entwicklungsstufen<br />
erreicht wurden. Durch<br />
diese Kriterien macht das Unternehmen<br />
die Weiterbildungsprozesse transparent<br />
und sorgt so für mehr Akzeptanz neuer<br />
Führungskräfte bei den Teams.<br />
Führungskräfte aus den eigenen<br />
Reihen<br />
Ein Konzept, das aufgeht, denn 80 Prozent<br />
der Führungskräfte stammen aus den<br />
eigenen Reihen. „Ich bin einer davon“,<br />
berichtet Janni Gortsas, Geschäftsführer<br />
der TECTUM Sales GmbH. Der gebürtige<br />
Grieche begann seine Karriere bei TEC-<br />
TUM vor acht Jahren als Mitarbeiter in der<br />
Inbound-Line, wurde dann Bereichsleiter<br />
und leitet nun vom Standort Gelsenkirchen<br />
aus alle vertriebsorientierten In- und<br />
Outbound-Aktivitäten sowie das gesamte<br />
Backoffice. „Integration und Gleichberechtigung<br />
sollten für jedes Unternehmen<br />
selbstverständlich sein. Heute arbeiten<br />
Menschen aus über 30 unterschiedlichen<br />
Nationen bei uns, die Hälfte der Führungspositionen<br />
am Standort Schwetzingen<br />
ist mit Frauen besetzt“, so Andreas Alex.<br />
„Die Entwicklung ist spürbar und sichtbar.“<br />
Nach einer aktuellen Mitarbeiterbefragung<br />
können sich mehr als 60 Prozent<br />
der Mitarbeiter vorstellen, langfristig<br />
bei TECTUM zu arbeiten – vor einem<br />
Jahr lag dieser Wert noch deutlich unter<br />
40 Prozent.<br />
„Unserem Ziel, der Branche als Vorbild<br />
zu dienen, sind wir in den vergangenen<br />
zwölf Monaten wieder ein gutes Stück<br />
näher gekommen. Darüber freuen wir<br />
uns. Dennoch ist uns bewusst, dass noch<br />
viel Arbeit vor uns liegt“, erklärt CEO<br />
Theo Reichert.<br />
Die TeCTuM Group<br />
Die TeCTuM Group, einer der deutschenTop-Dialogmarketing-spezialisten,<br />
steht mit 3000 Mitarbeitern<br />
und Standorten in Gelsenkirchen,<br />
essen, Dortmund, oberhausen,<br />
Duisburg und Schwetzingen sowie<br />
in Belgien, Bulgarien, Polen, Spanien<br />
und der Schweiz für kompetente<br />
Dienstleistungen im Customer<br />
Care Management und Business<br />
Process outsourcing (BPo).<br />
In den Branchen Telekom-munikation,<br />
Finanzdienstleistung, IT und<br />
energie gilt das unter-nehmen als<br />
feste Größe im Dialogmarketing.<br />
Allein im Geschäftsjahr 2010/<strong>2011</strong><br />
erwirtschaftete TeCTuM mit monatlich<br />
rund 1,4 Mio. ausgehenden<br />
sowie etwa 2,6 Mio. eingehenden<br />
Anrufen einen Gesamtumsatz von<br />
100 Mio. euro. Der hohe Qualitätsanspruch<br />
des unternehmens<br />
wurde mit zahlreichen Auszeichnungen<br />
sowie bereits ende 2000<br />
mit der Zertifizierung nach DIN eN<br />
ISo 9001:2000 und der rezertifizierung<br />
2010 bestätigt.
VolKSwAGeN<br />
So gern Nachhaltigkeit und Verantwortung<br />
all überall reklamiert werden –<br />
Kooperationen zwischen Unternehmen<br />
und Umweltverbänden sind immer noch<br />
selten. Volkswagen und der NABU arbeiten<br />
seit über zehn Jahren zusammen.<br />
Nicht Papier beschreiben, sondern Ideen<br />
und Energie bündeln, lautet das Credo<br />
der Partner.<br />
Kostenlose Spritspartrainings für jedermann<br />
waren lange das Rückgrat der<br />
Kooperation. Unter dem Motto „Clever<br />
fahren – Sprit sparen“ finden zwischen<br />
Flensburg und Garmisch jährlich bis<br />
zu 20 Aktionstage statt. So lässt sich<br />
im Wortsinn erfahren, wie man bis zu<br />
25 Prozent an Kraftstoff sparen und<br />
damit Klima und Geldbeutel gleichzeitig<br />
schonen kann. Bei der Organisation<br />
der Trainingstage arbeiten<br />
lokale NABU-Gruppen, VW-Händler<br />
und ein Stab von Fahrlehrern („Volkswagen<br />
driving experience“) Hand in<br />
Hand.<br />
„Mobil im Dialog“ ist das zweite Standbein<br />
der Partnerschaft. Zweimal im Jahr<br />
diskutieren VW-Manager und NABU-<br />
Vertreter mit Politikern und Experten<br />
über die Probleme von Biokraftstoffen,<br />
Wege zum Klimaschutz oder die Perspektiven<br />
der Elektromobilität. Der Mut<br />
zur öffentlichen Debatte zahlt sich aus<br />
– „Mobil im Dialog“ ist in Berlin längst<br />
zur eigenen Marke geworden.<br />
Eine kleine Erfolgsgeschichte ist auch<br />
die Initiative „Willkommen Wolf!“, eine<br />
mit pfiffigen Aktionsideen gespickte Informationskampagne,<br />
die darauf aus ist,<br />
den zu Unrecht verteufelten Isegrim zu<br />
rehabilitieren. Das Projekt, das auch von<br />
eins und eins<br />
gleich drei<br />
Volkswagen und der NABu pflegen eine Dialog- und Projektpartnerschaft<br />
eigener Art<br />
anderen Wolfs(!)burgern, dem VfL und<br />
der Stadt, mitgetragen wird, hat dazu<br />
beigetragen, dass sich in Ostdeutschland<br />
eine stabile Wolfs-Population aufbauen<br />
konnte – Zeichen der Hoffnung für alle<br />
Artenschützer.<br />
Tief in die Gestaltung des automobilen<br />
Kerngeschäfts zielt das Grüne-Flotten-<br />
Programm, eine Art Drei-Wege-Katalysator<br />
für nachhaltige Mobilität, das<br />
sich an kosten- und umweltbewusste<br />
Fuhrparkmanager richtet, die die besonders<br />
verbrauchseffizienten Konzern-<br />
Modelle leasen wollen. Für jedes dieser<br />
Fahrzeuge leistet Volkswagen einen<br />
emissionsbezogenen Beitrag an den<br />
NABU, der ausgewählten Projekten<br />
zur Renaturierung von Mooren zugutekommt,<br />
den besten Kohlenstoffspeichern<br />
überhaupt. Wer seinen Fuhrpark<br />
ökologisch umbaut, kann sich obendrein<br />
um den Award „Die Grüne Flotte“ bewerben,<br />
der alljährlich in Berlin ausgelobt<br />
wird.<br />
Konfliktfrei ist die Kooperation dennoch<br />
nicht, kann sie gar nicht sein. Schließlich<br />
ist das Unternehmen in erster Linie seinen<br />
Kunden, der Umweltverband seinen<br />
Mitgliedern verpflichtet. Im kritischen<br />
Dialog ist jedoch „über die Jahre ein<br />
112 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
113<br />
Best Practice<br />
Klima des Vertrauens entstanden, das<br />
beiderseitige Lernprozesse begünstigt“,<br />
so Jörg Waldeck, Leiter Konzern-Außenbeziehungen<br />
bei Volkswagen. Als sie<br />
die Kooperation in der Kategorie Public<br />
Sponsoring (<strong>2011</strong>) auszeichneten, waren<br />
die Juroren des Fachverbands Sponsoring<br />
gleichfalls überzeugt, dass das Beispiel<br />
VW/NABU zeigt, „wie ein sinnvolles und<br />
nachvollziehbares Engagement zwischen<br />
einem führenden Automobilhersteller<br />
und einer Umweltinstitution ausgestaltet<br />
werden kann – zum Nutzen beider<br />
Partner“.<br />
Infos zum<br />
unternehmen<br />
Die Volkswagen AG mit Sitz<br />
in wolfsburg ist einer der<br />
führenden Automobilhersteller<br />
weltweit. Das unternehmen<br />
beschäftigt über 430.000<br />
Mitarbeiter. Zum Konzern<br />
gehören neun Marken, sein<br />
Marktanteil im Segment<br />
Pkw beträgt 11,4 Prozent.<br />
Geschäftsfelder des unter-<br />
nehmens sind: Fahrzeugproduktion,<br />
logistik- und<br />
Finanzdienstleistungen. Der<br />
Konzern sieht seine Aufgabe<br />
darin, attraktive, sichere und<br />
umweltschonende Fahrzeuge<br />
anzubieten.<br />
Dietmar oeliger (rechts) ist leiter Verkehrs-<br />
politik beim NABu-Bundesverband, Michael<br />
Scholing-Darby leitet die Politische Kommuni-<br />
kation und Stakeholderdialoge im Bereich<br />
Außenbeziehungen des Volkswagen Konzerns.<br />
Beide sind die Projektkoordinatoren für die<br />
Kooperation zwischen der Volkswagen AG und<br />
dem Naturschutzbund <strong>Deutschland</strong> e.V.<br />
Mehr Kooperation statt nur Konfrontation<br />
Herr Oeliger, NGOs sollten sich als kritische<br />
Watchdogs von Unternehmen verstehen, nicht<br />
als brave Kooperationspartner, oder?<br />
Oeliger: Watchdog unbedingt. Aber<br />
warum sollte man nicht auch zusammenarbeiten,<br />
sofern Umwelt und Klima<br />
konkret davon profitieren!? Wenn<br />
der NABU dazu beitragen kann, dass<br />
ein Unternehmen mehr als bisher eine<br />
wirklich nachhaltige Entwicklung fördert,<br />
dann ergreifen wir die Chance gern.<br />
Dabei bleiben wir kritischer Begleiter<br />
– Volkswagen hat das erlebt, als es um<br />
die Nachrüstung von Pkw mit Dieselpartikelfiltern<br />
ging oder auch um die<br />
Begrenzung von CO 2 -Emissionen.<br />
Herr Scholing, ist die NABU-Kooperation nicht<br />
am Ende doch Greenwashing?<br />
Scholing: Greenwashing ist ein echtes<br />
Totschlagargument. Die gemeinsamen<br />
Projekte von VW und NABU haben<br />
alle messbaren und nachprüfbaren Nutzen<br />
für den Schutz von Klima oder Natur<br />
– ob es die Spritspartrainings sind, die<br />
Moorrenaturierung, die Grünen Flotten<br />
oder das Wolfs-Projekt. Wir waschen uns<br />
nicht grün, bieten – eher umgekehrt<br />
– mit öffentlichen politischen Dialogforen<br />
eine Kommunikationsplattform<br />
für unsere schärfsten Kritiker.<br />
Herr Oeliger und Herr Scholing, was gilt es<br />
zu beachten, wenn Unternehmen und NGO<br />
zusammenarbeiten?<br />
Oeiliger: Zu beachten ist unbedingt,<br />
dass Unternehmen und NGO unter-<br />
schiedliche Anspruchsgruppen haben:<br />
hier in erster Linie Kunden, dort Mitglieder<br />
und Aktivisten. Es geht folglich um<br />
klar definierte Ziele und Projekte, die<br />
beiden Partnern etwas bringen. Ohne<br />
Verständnis für die Motive und Handlungszwänge<br />
des Partners schließlich<br />
wird man wenig Erfolg haben.<br />
Scholing: Je größer die Nähe der<br />
Projekte zum unternehmerischen Kerngeschäft,<br />
desto eher werden von ihnen<br />
Impulse ausgehen für nachhaltigere<br />
Produktion und Konsum.<br />
Was ist so einzigartig an Ihrer Kooperation?<br />
Oeliger: Der Dreiklang aus Beratung,<br />
öffentlichem politischen Dialog und<br />
konkreten Mitmachaktionen...<br />
Scholing: ...und dies für Mitarbeiter,<br />
Mitglieder und die Öffentlichkeit.<br />
Nach zehn Jahren Zusammenarbeit – gibt es<br />
noch Projektideen für die Zukunft?<br />
Scholing: Allemal. Volkswagen will<br />
bis 2018 zum wirtschaftlich und ökologisch<br />
führenden Mobilitätsanbieter der<br />
Welt werden. Ein ehrgeiziges Ziel, bei<br />
dem der ständige Ansporn eines großen<br />
Umweltverbands und seine Expertise<br />
nur helfen können.<br />
Oeliger: Ob alternative Antriebe,<br />
Kraftstoffe oder Mobilitätsdienstleistungen<br />
– da kann man sehr viel richtig<br />
machen, oder auch nicht. Es gilt, hier<br />
unbedingt die Weichen zu stellen, sowohl<br />
für die Umwelt als auch für ein<br />
globales Unternehmen wie Volkswagen.
wIlKHAHN<br />
„responsible Furniture“ für<br />
Mensch und umwelt<br />
Von Burkhard Remmers<br />
wie kaum ein anderer<br />
Büromöbelhersteller steht<br />
wilkhahn international für<br />
das Qualitätslabel „Design<br />
made in Germany“. und das<br />
meint mehr als nur exzellent<br />
gestaltete und qualitätsvolle<br />
Produkte: Der unternehmensleitsatz<br />
„responsible furniture<br />
for a professional life“<br />
gilt sowohl für die Gestaltung<br />
der Produkte als auch für die<br />
sozialen und ökologischen<br />
Dimensionen der Produktions-<br />
und Geschäftsprozesse.<br />
Das familiengeführte Unternehmen<br />
wurde 1907 bei Bad Münder gegründet.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte<br />
es sich zum Pionierunternehmen für<br />
moderne Möbelgestaltung. Heute ist<br />
Wilkhahn auf Entwicklung, Produktion<br />
und Vertrieb von hochwertigen Bürostühlen,<br />
Konferenzeinrichtungen und<br />
Möbeln für informelle Kommunikationsbereiche<br />
spezialisiert. Mit eigenen<br />
Standorten, Vertriebsgesellschaften und<br />
Dreidimensional beweglich,<br />
ausgezeichnet in Form und<br />
ökologisch verantwortlich: Der<br />
oN-Bürostuhl gilt weltweit als neuer<br />
Standard für gesundes Sitzen.<br />
Partnern auf allen Kontinenten zählt das<br />
Unternehmen zu den führenden Marken<br />
der Branche. Der internationale Erfolg<br />
zeigt, dass die Verbindung von Ökonomie<br />
mit sozial-ökologischer Verantwortung<br />
und kulturellem Anspruch weltweit<br />
an Bedeutung und Akzeptanz gewinnt.<br />
Denn auch in Sachen Umwelt- und<br />
Sozialorientierung gilt Wilkhahn seit<br />
Jahrzehnten als Vorreiter der Corporate-<br />
Social-Responsibility-Bewegung.<br />
Langlebige Produkte als Schlüssel<br />
zur Nachhaltigkeit<br />
Was bedeutet Responsible Furniture<br />
für die Produkte? Beeinflusst durch das<br />
Bauhaus und in enger Zusammenarbeit<br />
mit der Ulmer Hochschule für Gestaltung<br />
wurde schon in den 1950er und -60er<br />
Jahren der Grundstein für eine nachhaltige<br />
Produktentwicklung gelegt: Die<br />
Zielsetzung war, „langlebige Produkte<br />
114 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
115<br />
Best Practice<br />
Mit Biogas-Fernwärme, Blockheizkraftwerk<br />
und Solarthermie ist wilkhahn auf dem weg<br />
zur Co -neutralen Fertigung.<br />
2<br />
zu entwickeln, den Gebrauchswert zu<br />
erhöhen und die Verschwendung zu<br />
reduzieren“. Das gilt bis heute. Denn je<br />
länger und je besser ein Möbel genutzt<br />
wird, desto höher ist sein Beitrag zur<br />
Ressourcenschonung. Im Mittelpunkt der<br />
Neuentwicklungen steht der Mehrwert<br />
im Gebrauch. So geht es am Anfang<br />
einer Produktentwicklung nicht um<br />
einen neuen Stuhl, sondern um besseres<br />
Sitzen, nicht um einen Konferenztisch,<br />
sondern um die Förderung zwischenmenschlicher<br />
Interaktionen. Übersetzt<br />
in zeitstabile Formensprache und langlebige<br />
Qualität entstehen auf diese Weise<br />
immer wieder Produkte, die viele Jahre<br />
Gültigkeit haben und internationalen<br />
Vorbildcharakter erwerben. So setzt zum<br />
Beispiel der Bürostuhlklassiker FS-Linie<br />
seit dreißig Jahren Maßstäbe für das gesunde<br />
Bewegungssitzen. In den 1990er<br />
Jahren kreierte Wilkhahn die weltweit<br />
ersten, mobilen und faltbaren Konferenz-<br />
und Seminartische, die sehr einfach eine<br />
vielseitige Raumnutzung ermöglichen<br />
und dadurch Gebäudeflächen und deren<br />
Unterhalt einsparen. Ganz aktuell ist der<br />
neue Bürodrehstuhl ON mit seiner dreidimensionalen<br />
Beweglichkeit internationaler<br />
Benchmark, um Rückenschmerzen<br />
vorzubeugen und die Leistungsfähigkeit<br />
zu verbessern. Er wird von führenden<br />
Experten als derzeit bester Bürostuhl<br />
weltweit gesehen.<br />
Neben der innovativen Funktion sorgen<br />
zeitstabile Gestaltung und dauerhafte<br />
Qualität für den Mehrwert, der durch<br />
die Reparaturfähigkeit für Jahrzehnte<br />
sichergestellt ist. FS-Kunden können<br />
ihre Stühle beispielsweise jederzeit auf<br />
den aktuellen Stand bringen, wobei alle<br />
materialstrom- und energieintensiven<br />
Bauteile weitergenutzt werden. Last but<br />
not least wird den Wertstoffkreisläufen<br />
große Bedeutung beigemessen: So besteht<br />
der ON-Bürostuhl zu 55 Prozent<br />
aus Recycling-Material, und am Ende<br />
des Lebenszyklus kann er selbst wieder<br />
zu 97 Prozent recycelt werden.<br />
Fairness gegenüber Mensch<br />
und Umwelt als umfassendes<br />
Unternehmensprinzip<br />
Die Unternehmensverantwortung beweist<br />
sich auch im partnerschaftlichen Umgang<br />
und in ökologisch optimierten Produktionsprozessen.<br />
Die interne und externe<br />
Zusammenarbeit ist von Offenheit, Verantwortung,<br />
Beteiligung und Partnerschaft<br />
geprägt. Die Potenziale der Menschen bei<br />
Wilkhahn zu fordern und zu fördern, ist<br />
Grundlage der Unternehmenskultur, die<br />
auf fest verankerten Unternehmenswerten<br />
basiert. Mitarbeiterbeteiligung, betriebliche<br />
Alterversorgung und umfassender<br />
Gesundheitsschutz sind selbstverständlich.<br />
Wilkhahn wirkt aber auch extern<br />
mit an der Durchsetzung internationaler<br />
Arbeits- und Sozialnormen und damit an<br />
einer menschenwürdigen Gestaltung der<br />
<strong>Global</strong>isierung. 2008 trat Wilkhahn dem<br />
„<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>“ bei, 2009 wurde ein<br />
Rahmenabkommen mit der internationalen<br />
Gewerkschaft Bau- und Holzarbeiter<br />
Internationale, BHI, unterzeichnet, das<br />
die Förderung und das Monitoring von<br />
Arbeitnehmerrechten bei Zulieferern,<br />
Lizenz- und Vertriebspartnern beinhaltet.<br />
Für Wilkhahn gehören Verantwortung für<br />
Mensch und Umwelt zusammen. Schon<br />
1989 wurde der ökologische Wandel per<br />
Verwaltungsratsbeschluss zum Unternehmensprogramm.<br />
1992 implementierte<br />
Wilkhahn Umweltkriterien in den<br />
Design- und Entwicklungsprozess. Sie<br />
schreiben die ökologische Verträglichkeit<br />
von Materialien, Konstruktionsprinzipien,<br />
Verarbeitungstechnologien sowie die<br />
Reparaturfähigkeit und Rückführung der<br />
Produkte fest. 1996 wurde die ganzheitliche<br />
Unternehmensverantwortung von<br />
Wilkhahn mit dem Deutschen Umweltpreis<br />
ausgezeichnet.<br />
Seit 2001 hat Wilkhahn neben dem<br />
Qualitätsmanagementsystem ISO 9001<br />
auch die Umweltmanagementsysteme<br />
ISO 14001 und EMAS (Eco-Management<br />
and Audit Scheme) im Unternehmen<br />
etabliert. Seitdem werden Ressourcen-<br />
und Energieverbrauch, Emissionen<br />
und Abfälle systematisch reduziert. Das<br />
Umwelt-Managementsystem setzt außerdem<br />
Standards zu Transport, Montage,<br />
Reparatur und Instandsetzung bis hin<br />
zur Rückführung in den Materialkreislauf.<br />
Die Maßnahmen und Fortschritte<br />
des Umweltprogramms veröffentlicht<br />
Wilkhahn seit 2001 in konsolidierten<br />
Umwelterklärungen.<br />
Besondere Herausforderung<br />
Klimaschutz<br />
Angesichts der globalen Erderwärmung<br />
und der auch dramatischen sozialen<br />
Folgen des Klimawandels legt Wilkhahn<br />
ein besonderes Augenmerk auf den Klimaschutz.<br />
Schon 1992 wurden Industriehallen<br />
aus Holz mit Dachbegrünung<br />
und Photovoltaik-Anlage erstellt. Zur<br />
weiteren Senkung der CO 2 -Emissionen<br />
nahm die eigens gegründete Wilkhahn<br />
Energie GmbH 2008 ein Blockheizkraftwerk<br />
in Betrieb, in dem nachwachsende<br />
Energieträger verwendet werden. In<br />
<strong>2011</strong> wurden weitere solarthermische<br />
Anlagen installiert und die Energiezentrale<br />
an die Fernwärme einer Biogasanlage<br />
angeschlossen. Das sorgt in den<br />
Verwaltungs- und Fertigungsgebäuden<br />
des Hauptsitzes in Bad Münder für CO 2 -<br />
neutrale Heizenergie.<br />
Ökonomisch oder sozial oder ökologisch<br />
oder ästhetisch? Wilkhahn zeigt,<br />
dass sich die unterschiedlichen Perspektiven<br />
in einem ganzheitlichen Konzept<br />
überzeugend verbinden lassen!
Agenda<br />
116<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
117<br />
D<strong>GC</strong>N<br />
aus dEr arbEit dEs deutsCHen<br />
GlOBAl COmPACt netZwerks<br />
<strong>2011</strong><br />
Von Dr. Jürgen Janssen<br />
Das Jahr <strong>2011</strong> war für das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
(D<strong>GC</strong>N) von einer Reihe personeller Veränderungen gekennzeichnet.<br />
Zu Beginn des Jahres übernahm Arno Tomowski<br />
die Leitung der Geschäftsstelle des D<strong>GC</strong>N. Er führte bis dato<br />
die japanische Niederlassung eines bedeutenden deutschen<br />
Industrieunternehmens und hatte zum Jahresende 2010<br />
die Geschäftseinheit Zusammenarbeit mit der Wirtschaft<br />
der GIZ übernommen. Auch im D<strong>GC</strong>N-Lenkungskreis gibt<br />
es neue Gesichter. Zur ersten Sitzung des Jahres trat Klaus<br />
Milke von Germanwatch ein, zur Mitte des Jahres übernahm<br />
Susanne Dorasil, BMZ, eine der beiden Regierungspositionen,<br />
und gegen Ende des Jahres fand dann die Wahl der Unternehmensvertreter<br />
statt. Als neue Mitglieder engagieren sich<br />
seither Ulrike Mühlberg, Deutsche Post DHL, und Thorsten<br />
Pinkepank, BASF, im Lenkungskreis. Die Zahl der teilnehmenden<br />
deutschen Unternehmen hat sich vor allem gegen<br />
Ende des Jahrs sehr dynamisch entwickelt, so dass das D<strong>GC</strong>N<br />
mittlerweile fast 200 Unternehmen umfasst. Hinzu kommen<br />
über 50 Organisationen und Institutionen vorwiegend aus<br />
der Zivilgesellschaft, aber auch aus Politik und Wissenschaft.<br />
Damit wird das D<strong>GC</strong>N seinem Charakter als das wichtigste<br />
Multi-Stakeholderforum für Nachhaltigkeit und verantwortungsvolle<br />
Unternehmensführung weiterhin gerecht: Es vereint<br />
Akteure, die aus unterschiedlichen Richtungen kommend<br />
dieselben Ziele erreichen wollen.<br />
>>
Agenda<br />
Die Arbeit des D<strong>GC</strong>N wird von der Bundesregierung und den<br />
teilnehmenden Unternehmen unterstützt. Seit 2004 koordiniert<br />
die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH<br />
die Geschäftsstelle des D<strong>GC</strong>N im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ). Die Unternehmen beteiligen sich über Spenden an die<br />
Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk an den Kosten der<br />
verschiedenen Aktivitäten. Obwohl sich die Spenden zusammen<br />
mit der Mitgliederzahl erfreulich entwickelt haben, trägt die<br />
Bundesregierung über den Haushalt des BMZ immer noch über<br />
zwei Drittel der Gesamtkosten des D<strong>GC</strong>N.<br />
Wie in den Jahren zuvor hat das D<strong>GC</strong>N auch in <strong>2011</strong> drei Arbeitstreffen<br />
zu den Schwerpunktthemen und daran anschließend<br />
öffentliche Fachgespräche organisiert. Mit jeweils etwa<br />
100 Teilnehmern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren<br />
diese wichtigen Lern- und Dialogforen sehr gut besucht. Als<br />
weitere Formate wurden Gruppencoachings zu den Themen<br />
„Wirtschaft und Menschenrechte“ sowie „Sustainability in the<br />
Supply Chain“ und erstmals ein Workshop zur Einführung in die<br />
Fortschrittsberichterstattung (Communication on Progress – CoP)<br />
angeboten. Auch diese Lernformate wurden mit großem Interesse<br />
aufgenommen und werden in 2012 fortgeführt und ausgebaut.<br />
Auf internationaler Ebene waren für das D<strong>GC</strong>N im Mai das<br />
Annual Local Networks Forum in Kopenhagen und im Oktober<br />
das European Local Networks Meeting in Rom von besonderer<br />
Bedeutung. In Kopenhagen standen zum einen Kooperationsmöglichkeiten<br />
zwischen den Netzwerken und zum anderen<br />
das Thema Wirtschaft und Menschenrechte für das D<strong>GC</strong>N im<br />
Vordergrund. Das Treffen in Rom war ganz den Vorbereitungen<br />
auf die Rio+20 Konferenz 2012 und der möglichen Rolle<br />
gewidmet, die lokale Netzwerke dort spielen können.<br />
Inhaltlich erhielt die internationale Nachhaltigkeitsdebatte in<br />
<strong>2011</strong> vor allem durch die Verabschiedung der neuen UN-Leitlinien<br />
zur Unternehmensverantwortung für die Menschenrechte einen<br />
“PROteCt, ResPeCt, ReMeDY” FRaMeWORk<br />
State Duty to Protect<br />
Staaten haben eine klare völkerrechtliche<br />
Pflicht, die Menschenrechte<br />
zu schützen und zu fördern.<br />
Sie sind dafür verantwortlich, ihre<br />
Einhaltung auch durch andere Akteure<br />
zu gewährleisten, etwa durch<br />
angemessene Strategiesetzung,<br />
Regulierung und Rechtsprechung.<br />
Corporate Responsibility to Respect<br />
Unternehmen haben die Verantwortung,<br />
alle Menschenrechte zu<br />
respektieren. Dies umfasst auch<br />
eine Sorgfaltspflicht (due diligence)<br />
und die Vermeidung der Verletzung<br />
der Rechte anderer.<br />
wichtigen Impuls. Für die Umsetzung in Unternehmen waren<br />
darüber hinaus die Veröffentlichung der neuen Norm ISO<br />
26000, die Verabschiedung der überarbeiteten OECD-Leitsätze<br />
für Multinationale Unternehmen und zuletzt die Mitteilung der<br />
EU-Kommission zur CSR-Strategie <strong>2011</strong>-2014 von besonderer<br />
Bedeutung. Im Rahmen von Arbeitstreffen, Diskussionsrunden<br />
und Veröffentlichungen hat das D<strong>GC</strong>N diese Entwicklungen für<br />
die Teilnehmer aufbereitet und zugänglich gemacht.<br />
Schwerpunkt: Wirtschaft & Menschenrechte<br />
Man kann das Jahr <strong>2011</strong> als das „Ruggie“-Jahr für das D<strong>GC</strong>N<br />
bezeichnen. Obwohl das Thema Wirtschaft & Menschenrechte<br />
bereits seit vielen Jahren ganz oben auf der Agenda steht, hat<br />
die Veröffentlichung der überarbeiteten Ruggie-Prinzipien der<br />
Arbeit des D<strong>GC</strong>N in diesem Bereich neue Impulse und eine noch<br />
größere Bedeutung verliehen. Wie das D<strong>GC</strong>N seine Vorreiterrolle<br />
bei der Umsetzung der Unternehmensverantwortung für die<br />
Menschenrechte ausgefüllt hat, stellt Madeleine Koalick, die<br />
das D<strong>GC</strong>N bei diesem Thema unterstützt, im Folgenden vor.<br />
Die menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen<br />
wurde 2008 erstmals als Schwerpunktthema festgelegt und in<br />
seinen Grundlagen bearbeitet. In 2009 folgte eine Fokussierung<br />
auf „Menschenrechte und Wasser“ und in 2010 rückten dann<br />
Fragen nach Nachhaltigkeit und Menschenrechten in Liefer- und<br />
Wertschöpfungsketten in den Mittelpunkt der Betrachtung. <strong>2011</strong><br />
stand ganz im Zeichen der Verabschiedung der UN-Leitlinien<br />
für Wirtschaft und Menschenrechte, die das „Protect, Respect,<br />
Remedy“ Framework des UN-Sonderbeauftragten für Wirtschaft<br />
und Menschenrechte John Ruggie (siehe Kasten) in konkrete<br />
Handlungsanweisungen für Unternehmen und Staaten übersetzen.<br />
In diesem Kontext konnten auch Herausforderungen<br />
thematisiert werden, denen sich Unternehmen im Hinblick auf<br />
Konfliktregionen, Frieden und Sicherheit ausgesetzt sehen. Die<br />
Geschäftsstelle hat diese Themen in einem Hintergrundpapier<br />
aufbereitet und veröffentlicht.<br />
access to Remedies<br />
Opfer von Menschenrechtsverletzungen<br />
durch Unternehmen sollen<br />
einen verbesserten Zugang zu<br />
Beschwerde- und Sanktionsmechanismen<br />
juristischer und nicht-juristischer<br />
Art erhalten.<br />
Die Umsetzung des Schwerpunktthemas erfolgte im Rahmen<br />
von Themenworkshops bei den drei Arbeitstreffen sowie in<br />
Fachgesprächen, Coachings und im Rahmen der Menschenrechts-Lerngruppe<br />
für Unternehmen. Der Auftakt zum Schwerpunktthema<br />
beim Arbeitstreffen im März widmete sich den<br />
konkreten Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen<br />
bei Aktivitäten in Konfliktgebieten konfrontiert sehen, sei es<br />
durch eigene Produktion vor Ort oder Beschaffung. Neben der<br />
Sensibilisierung für die Auswirkungen unternehmerischen<br />
Handelns in Risikogebieten wurden dabei vor allem Instrumente<br />
für konfliktsensibles Handeln diskutiert. Referenten aus Unternehmen,<br />
NGOs, der Wissenschaft, Investoren, dem UN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Office und dem kolumbianischen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Netzwerk lieferten Einblicke und beschrieben Strategien und<br />
Maßnahmen, mit denen Unternehmen in solchen Risikogebieten<br />
und Situationen verantwortungsbewusst handeln können. Den<br />
Abschluss des Arbeitstreffens bildete ein vom D<strong>GC</strong>N zusammen<br />
mit der Mediengruppe macondo organisiertes und hochkarätig<br />
besetztes Fachgespräch zur Rolle der Corporate Responsibility<br />
bei weltweiten Ressourcenkonflikten.<br />
Beim Arbeitstreffen im Juni lag der Schwerpunkt dann auf den<br />
frisch veröffentlichten UN-Leitlinien über die Verantwortung,<br />
die Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte haben.<br />
„Schützen, achten, Rechtsschutz gewähren“ (Protect, Respect,<br />
Remedy), die drei Säulen der Ruggie-Prinzipien stellen Unternehmen<br />
vor große Herausforderungen bei der Umsetzung<br />
ihrer Menschenrechtsverantwortung sowohl auf strategischer<br />
Ebene als auch im täglichen Geschäft. In den Workshops wurden<br />
daher möglichst realistische Dilemma-Situationen entwickelt,<br />
anhand derer die teilnehmenden Unternehmensvertreter<br />
konkrete Menschenrechtsrisiken identifizieren und adäquate<br />
Reaktionsmöglichkeiten durchspielen konnten. Im Rahmen<br />
des anschließenden, öffentlichen Fachgesprächs wurden die<br />
allgemeine Bedeutung der Ruggie-Prinzipien und entsprechende<br />
Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung von Vertretern<br />
aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik diskutiert.<br />
Das November-Arbeitstreffen widmete sich dann unternehmerischen<br />
Beschwerdemechanismen und der Berichterstattung zu<br />
Menschenrechten im Rahmen der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien.<br />
Hier zeigten Praxisbeispiele aus dem In- und Ausland, wie Un-<br />
ternehmen Beschwerdewege für ihre Mitarbeiter und andere<br />
Stakeholder bereitstellen und wie Prozesse im Umgang mit<br />
Beschwerden effektiv und legitim gestaltet werden können.<br />
Das Thema Wirtschaft & Menschenrechte bildete auch in <strong>2011</strong><br />
wieder den wichtigsten Bestandteil des Coaching-Programms des<br />
D<strong>GC</strong>N. Dieses führt das D<strong>GC</strong>N seit vier Jahren in Kooperation<br />
mit einem renommierten Beratungsunternehmen durch. Die<br />
Coachings ermöglichen es den Teilnehmern im kleinen Kreis,<br />
anhand konkreter Fallbeispiele und vor dem Hintergrund der<br />
eigenen Erfahrungen zu lernen, wie sie Menschenrechtsrisiken<br />
identifizieren und erfolgreich im eigenen Unternehmen angehen<br />
können. Teilnehmer der Coachings haben die Möglichkeit, sich<br />
im Rahmen der Menschenrechte-Lerngruppe des D<strong>GC</strong>N über die<br />
eigenen Projekte, Erfolge und Herausforderungen fortlaufend<br />
auszutauschen. In <strong>2011</strong> fanden zwei moderierte Treffen der<br />
Lerngruppe statt, bei denen auch Unternehmen aus Dänemark,<br />
Italien und England teilnahmen und über die Aktivitäten in<br />
ihren lokalen Netzwerken berichteten und diskutieren. Ein<br />
wertvolles Ergebnis der Lerngruppenarbeit ist das Organisational<br />
Capacity Assessment Instrument (OCAI), das die Teilnehmer<br />
zusammen mit TwentyFifty Limited entwickelt und getestet<br />
haben. Es wird Anfang 2012 in deutscher und englischer Sprache<br />
in einer Online-Version veröffentlicht. Das OCAI unterstützt<br />
Unternehmen dabei, ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht<br />
(due diligence) zu konkretisieren, die entsprechenden eigenen<br />
Managementkapazitäten zu analysieren und aufbauend darauf<br />
Strategien für das weitere Vorgehen zu entwickeln.<br />
Die Ergebnisse der intensiven Arbeit am Thema Wirtschaft &<br />
Menschenrechte wurden mit einer Reihe anderer <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Netzwerke im Rahmen von Webinaren und während des Annual<br />
Local Network Forums in Kopenhagen ausgetauscht. Hier bestehen<br />
mittlerweile gute Kontakte zu den Netzwerken in Bangladesch,<br />
Kolumbien, den Niederlanden, Spanien und Australien sowie zur<br />
Human Rights Working Group des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />
Auch in 2012 wird das D<strong>GC</strong>N das Thema Menschenrechte weiter<br />
als Schwerpunkt bearbeiten. Parallel dazu werden neue Entwicklungen<br />
rund um die UN-Leitlinien aufgegriffen, die Kooperation<br />
mit anderen Netzwerken vorangetrieben und Coachings sowie<br />
Lerngruppentreffen organisiert.<br />
>><br />
118 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
119<br />
D<strong>GC</strong>N<br />
Die menschenrechtliche Verantwortung<br />
von Unternehmen wurde 2008<br />
erstmals als Schwerpunktthema des<br />
Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes<br />
festgelegt.
Agenda<br />
Beim Fachgespräch „Die Rolle von CSR bei Ressourcenkonflikten”<br />
im Februar <strong>2011</strong> diskutierten Vertreter aus Politik, Wirtschaft,<br />
Zivilgesellschaft und Forschung, wie in Risikogebieten verantwortungsvoll<br />
gehandelt werden kann. V.l.n.r.: Dr. Elmer Lenzen<br />
(Mediengruppe macondo), Monika Lüke (Generalsekretärin Amnesty<br />
International <strong>Deutschland</strong>), Prof. Dr. Klaus Dieter Wolf (Vorstand der<br />
Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung), Heidemarie<br />
Wieczorek-Zeul, MdB (Bundesministerin a.D.), Oliver Wieck (BDI<br />
Ausschuss Außenwirtschaft) und Angelika Pohlenz (ICC, Deutschen<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk).<br />
Schwerpunkt: Innovation & Nachhaltigkeit<br />
Innovation und Nachhaltigkeit, zwei Begriffe, die zum Arbeitsalltag<br />
vieler Unternehmen gehören und als Kernfelder der<br />
Unternehmensstrategie auch umgesetzt werden. Doch nur ihre<br />
gemeinsame Betrachtung und Bearbeitung ermöglicht eine Umsetzung<br />
der 10 Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und kennzeichnet<br />
damit jene Unternehmen, die auch in Zukunft erfolgreich am<br />
Markt positioniert und in die Gesellschaft integriert sein wollen.<br />
Das D<strong>GC</strong>N hat sich daher als zweitem Schwerpunktthema der<br />
Verankerung der Nachhaltigkeit in Innovations- und Strategieprozessen<br />
gewidmet.<br />
Ist Nachhaltigkeit der Motor für Innovationen oder umgekehrt?<br />
Eine eindeutige Antwort auf diese Frage konnte auch in drei<br />
Workshop-Serien nicht gefunden werden. Es stellte sich heraus,<br />
dass Nachhaltigkeit sowohl Ergebnis von als auch Triebfeder<br />
für Innovationen sein kann. Aus einem anderen Blickwinkel<br />
zeigte sich Nachhaltigkeit als strategisches Unternehmensziel<br />
und Innovationen als Treiber, der die Erreichung dieses Ziels<br />
überhaupt erst ermöglicht. Einigkeit bestand allerdings darüber,<br />
dass Nachhaltigkeitsinnovationen mit Blick auf die globalen<br />
Megatrends wie demografischer Wandel, Klimawandel, Rohstoffverknappung,<br />
Urbanisierung und neue Mobilität sowie die<br />
fortschreitenden <strong>Global</strong>isierung an Bedeutung gewinnen werden.<br />
In einer Vielzahl von Beiträgen haben Unternehmen ihre Strategien<br />
und Aktivitäten mit Blick auf die Einführung und Verankerung<br />
von Nachhaltigkeitsinnovationen vorgestellt und<br />
anschließend mit den Teilnehmern diskutiert. Die Beispiele<br />
umfassten so unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen<br />
wie radikale Innovationen im Bereich der Mobilität, Schrittfür-Schritt<br />
Innovationen vor dem Hintergrund vielfältiger<br />
Beschränkungen im Konsumgütergeschäft, Open-Innovation<br />
in der Telekommunikation, Roadmappping und Szenarios für<br />
die Planung und Steuerung von Innovationen, Cradle-to-Cradle<br />
Ansätze als radikale Änderung hin zu einer Kreislaufwirtschaft,<br />
die Einbeziehung kritischer Stakeholder in Innovations- und<br />
Strategieprozesse sowie Möglichkeiten der Unterstützung der<br />
breiten Einführung von Nachhaltigkeitsinnovationen im In- und<br />
Ausland. Als Ergebnisse kristallisierten sich einige Erfolgsfaktoren<br />
für Nachhaltigkeitsinnovationen heraus:<br />
• Corporate Foresight ist eine wichtige Grundlage für die Entwicklung<br />
und Umsetzung nachhaltiger Geschäftsmodelle.<br />
• „Vision-Pull“: Die Geschäftsführung muss voll hinter der<br />
Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens stehen.<br />
• Gleichzeitig sollte das Change-Management behutsam betrieben<br />
werden, damit die gesamte Organisation mitgenommen<br />
wird.<br />
• Alle relevanten Stakeholder, auch die kritischen, sollten<br />
im Rahmen eines Open Innovation Prozesses eingebunden<br />
werden.<br />
• Die Nachhaltigkeitsziele sollten möglichst konkret gefasst,<br />
herunter gebrochen und schließlich auch in Key Performance<br />
Indicators (KPI) übersetzt werden. Der Personalpolitik kommt<br />
bei der erfolgreichen Umsetzung eine besondere Bedeutung<br />
zu.<br />
• Unternehmen sollten Unternehmensnetzwerke und Verbände<br />
für die Planung ihrer Nachhaltigkeitsinnovationen, aber auch<br />
staatliche Unterstützung bei deren Einführung nutzen.<br />
Über diese ersten Ergebnisse hinaus bleibt „Innovation &<br />
Nachhaltigkeit“ dem D<strong>GC</strong>N als Querschnittsthema erhalten, da<br />
die erfolgreiche Umsetzung der 10 <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien<br />
immer mit Veränderungen und Innovationen in der Organisation<br />
verbunden sein wird. Darüber hinaus konnte das D<strong>GC</strong>N<br />
im Rahmen der Bearbeitung dieses Schwerpunktes vielfältige<br />
Kooperationen mit anderen, häufig Technologie-getriebenen<br />
Netzwerken und Organisationen aufbauen, die wertvolle Impulse<br />
für die Arbeit in den kommenden Jahren liefern und mit<br />
denen die Umsetzung der Nachhaltigkeitsagenda gemeinsam<br />
weiter vorangetrieben werden kann.<br />
120 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong> globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
121<br />
Ausblick<br />
UN<strong>GC</strong> D<strong>GC</strong>N Inside<br />
Die Arbeit des D<strong>GC</strong>N in 2012 wird wesentlich vom Rio+20 Prozess<br />
bestimmt werden. So hat der Lenkungskreis beschlossen,<br />
die Schwerpunktthemen 2012 in diesen Kontext einzuordnen<br />
und ggf. flexibel Entwicklungen aus Rio+20 aufzunehmen<br />
und umzusetzen. Als Schwerpunkte wurden Wirtschaft &<br />
Menschenrechte, dann mit einem Fokus auf Diversität, sowie<br />
Sustainable Finance ausgewählt. Zusätzlich zur Umsetzung der<br />
Schwerpunktthemen wird das D<strong>GC</strong>N die Teilnehmer stärker bei<br />
der Fortschrittsberichterstattung unterstützen und Webinare und<br />
Coachings etwa zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement,<br />
Menschenrechten für KMU und Anti-Korruption anbieten.<br />
Im Umfeld der Rio+20 Konferenz wird das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Office den lokalen Netzwerken ein Forum schaffen, auf dem<br />
sie ihre Ansätze zur Förderung der 10 Prinzipien einer breiten<br />
Fachöffentlichkeit aus Vertretern von Unternehmen, der Zivilgesellschaft<br />
und Regierungen vorstellen können. Das D<strong>GC</strong>N<br />
plant mit Unterstützung von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen<br />
eine aktive Beteiligung an diesem Cor-<br />
porate Sustainability Forum. Erklärtes Ziel des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
dabei ist nicht allein die Förderung des Austausches zwischen<br />
den Netzwerken. Vielmehr soll den Regierungsvertretern im<br />
Vorfeld der Verhandlungen zu Rio+20 anhand konkreter Beispiele<br />
gezeigt werden, dass ein gemeinsames Vorgehen von<br />
Unternehmen, Zivilgesellschaft und Politik große Fortschritte<br />
bei der Bewältigung lokaler und globaler Herausforderungen<br />
ermöglicht und wie die Politik derartige positive Entwicklungen<br />
aktiv unterstützen kann.<br />
Die Nachhaltigkeitsdebatte geht in 2012 in eine neue Runde.<br />
Ob Rio+20 vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen<br />
ein Erfolg wird, ist nicht sicher. Ähnliches gilt für die<br />
Entwicklung des europäischen Rahmens für nachhaltige und<br />
verantwortungsvolle Unternehmensführung. Das D<strong>GC</strong>N wünscht<br />
sich erfolgreiche Verhandlungen und förderliche Rahmenbedingungen<br />
für mehr Nachhaltigkeit. Es wird in seinem Anspruch<br />
und seinen Aktivitäten aber nicht darauf warten, sondern ganz<br />
im Sinne des Frontrunner-Konzeptes die Umsetzung der 10<br />
Prinzipien weiter vorantreiben.<br />
Weitere Informationen unter www.globalcompact.de<br />
ÜBeR DeN autOR<br />
Dr. Jürgen Janssen ist Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Deutschen <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Netzwerks.
Agenda<br />
Neue Initiativen<br />
LeaD:<br />
Neue PLattFORM FÜR<br />
LeaDeRsHIP<br />
<strong>Global</strong>e Herausforderungen wie Klimawandel,<br />
Armutsbekämpfung oder Hilfe<br />
bei humanitären Katastrophen lassen<br />
sich nur in gemeinsamen Anstrengungen<br />
mit der Wirtschaft lösen. Vor<br />
diesem Hintergrund hat UN-Generalsekretär<br />
Ban Ki-moon die LEAD-Initiative<br />
ins Leben gerufen. Ihr gehören 54<br />
Unternehmen aus aller Welt an, die<br />
Teilnehmer des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
sind. „Die Einführung des <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> LEAD betont die Schlüsselrolle,<br />
die führende <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Teilnehmer angesichts der Förderung<br />
unternehmerischer Verantwortung<br />
auf der ganzen Welt innehaben“, sagte<br />
Georg Kell, Executive Director des UN<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, bei der Präsentation<br />
von LEAD.<br />
LEAD ermöglicht es <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>erfahrenen<br />
Unternehmen, ihre unternehmerische<br />
Verantwortung weiter zu<br />
verbessern. Dies geschieht durch die<br />
Umsetzung des neuen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
„Blueprint for Corporate Sustainability“.<br />
Der Blueprint soll Orientierung für die<br />
Integration des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ins Un-<br />
ternehmen bringen, bedeutet aber keine<br />
weiteren Verpflichtungen für Unternehmen.<br />
Die an LEAD teilnehmenden<br />
Unternehmen erklären sich dazu bereit,<br />
ihre Erfahrungen mit anderen Unternehmen<br />
zu teilen. Dies geschieht auch<br />
durch die jährlichen Fortschrittsberichte.<br />
Die Teilnahme an <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
LEAD stellt kein Gütesiegel seitens der<br />
Vereinten Nationen dar.<br />
Bis Ende 2012 befindet sich LEAD in<br />
der Pilotphase. Dies ermöglicht den<br />
Teilnehmern von LEAD, die Plattform<br />
weiter zu gestalten. Es ist angedacht,<br />
den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> LEAD in andere<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Aktivitäten zu integrieren,<br />
unter anderem auch in die lokalen<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerke. LEAD zielt<br />
hauptsächlich auf Unternehmen; es ist<br />
jedoch geplant, andere UN-Instanzen,<br />
zivilgesellschaftliche Organisationen,<br />
akademische Institutionen sowie weitere<br />
Interessierte zu beteiligen.<br />
Bei der praktischen Umsetzung orientieren<br />
sich die beteiligten Unternehmen<br />
am „Blueprint for Corporate<br />
Sustainability Leadership“. Diese in<br />
2010 vorgestellte Publikation umfasst<br />
50 konkrete Maßnahmen, die<br />
Unternehmen ergreifen können, um<br />
mehr Nachhaltigkeit zu erreichen. Der<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> „Blueprint“ bietet<br />
Orientierung und Inspiration, alle<br />
Möglichkeiten des Engagements im<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> für eine nachhaltigere<br />
Unternehmensstrategie zu nutzen.<br />
Der Blueprint bietet eine Vertiefung<br />
bisheriger Bekenntnisse im Rahmen<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> – er formuliert<br />
keine neuen Themen und Anforderungen.<br />
Seine Umsetzung erfolgt in drei<br />
Bereichen: Integration der zehn <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>-Prinzipien in die Unternehmenstätigkeit,<br />
Unterstützung von<br />
weiteren UN Zielen sowie Engagement<br />
in thematischen Arbeitsgruppen des<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und seinen lokalen<br />
Netzwerken. Der Blueprint kann als<br />
Basis für die Fortschrittsmitteilung<br />
über die Umsetzung der zehn <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>-Prinzipien dienen (Communication<br />
on Progress – COP). Weitere<br />
Informationen dazu finden Sie im Differentiation<br />
Framework (siehe Seite 40) .<br />
122 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
123<br />
UN<strong>GC</strong> D<strong>GC</strong>N Inside<br />
eRstes WeLtWeItes<br />
VeRBRauCHeR-GÜtesIeGeL<br />
FÜR WINDeNeRGIe<br />
Der <strong>Global</strong> Wind Energy Council, die<br />
Umweltschutzorganisation WWF, der<br />
UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sowie die Unternehmen<br />
Lego, Vestas Wind Systems,<br />
PricewaterhouseCoopers und Bloomberg<br />
haben gemeinsam die WindMade-<br />
Initiative ins Leben gerufen. WindMade<br />
hat das Ziel, ein erstes weltweites<br />
Verbraucher-Label für Unternehmen<br />
und Produkte, die Windenergie herstellen<br />
oder mithilfe dieser produziert<br />
werden, zu entwickeln. Die Initiative ist<br />
eine direkte Reaktion auf die zunehmende<br />
Nachfrage der Verbraucher nach<br />
nachhaltigen Produkten.<br />
„Die Regierungen zaudern, aber die Verbraucher<br />
wollen Veränderungen sehen.<br />
Der private Sektor muss sich verstärkt<br />
um Lösungen für die globale Energie-<br />
und Klimakrise bemühen. Mit Wind-<br />
Made wollen wir etwas ändern und der<br />
Forderung der Öffentlichkeit Rechnung<br />
tragen“, sagt Steve Sawyer, Generalsekretär<br />
des <strong>Global</strong> Wind Energy Council,<br />
und Interims-CEO von WindMade.<br />
Eine weltweite Umfrage von mehr als<br />
25.000 Verbrauchern in 20 Märkten<br />
zeigte zuvor, dass 92 Prozent der<br />
Befragten glauben, dass die erneuerbaren<br />
Energien eine gute Lösung zur<br />
Minderung des Klimawandels sind, und<br />
dass viele Verbraucher, wenn sie die<br />
entsprechende Wahl haben, Windenergie-Produkte<br />
bevorzugen – auch wenn<br />
dies mit einem Preisaufschlag verbunden<br />
ist.<br />
Doch während viele Unternehmen<br />
bereits mutige Schritte in ihrem<br />
Engagement für erneuerbare Energien<br />
gemacht haben, haben Verbraucher<br />
weltweit kaum Möglichkeiten zur Überprüfung,<br />
woher ihre jeweilige Energiebezugsquelle<br />
stammt. Genau hier setzt<br />
WindMade an und will entsprechende<br />
Transparenz schaffen.<br />
„Wir wollen eine Brücke zwischen Verbrauchern<br />
und Unternehmen schlagen,<br />
die auf der eine Seite saubere Energie<br />
erzeugen und auf der anderen Seite den<br />
Verbrauchern die Möglichkeit geben,<br />
diese nachhaltigen Produkte gezielt<br />
nachzufragen. Wir hoffen, dass dies das<br />
Tempo des Ausbaus der Windenergie<br />
weltweit beschleunigt“, sagt Ditlev<br />
Engel, CEO und President für Vestas<br />
Wind Systems, einer der Vorreiter der<br />
WindMade-Initiative.<br />
Das WindMade-Konsortium hofft, führende<br />
Consumer-Brands als Mitglieder<br />
zu gewinnen. Bevor die WindMade-Mitglieder<br />
jedoch das WindMade-Label für<br />
ihre Kommunikation bzw. Produktkennzeichnung<br />
verwenden dürfen, müssen<br />
sie jeweils eine Zertifizierung ihrer<br />
Windenergieanlagen durchlaufen. Der<br />
Standard der Zertifizierung wird derzeit<br />
von einer technischen Expertengruppe<br />
entwickelt. Das nachfolgende Ziel wird<br />
die Entwicklung von neuen, deutlich leis-<br />
tungsfähigeren Windkraftanlagen sein.<br />
„Es ist entscheidend, dass die WindMade-<br />
Kriterien so ausgestaltet werden, dass<br />
die hohen Erwartungen der Verbraucher<br />
erfüllt werden, die Auswirkungen greifbar<br />
gemacht werden und der Anteil an<br />
sauberen erneuerbaren Energien gesteigert<br />
wird. Wir glauben, dass die freiwillige<br />
Zertifizierung ein Schlüssel ist, um die<br />
Messlatte für Mainstream-Performance<br />
anzulegen. WindMade soll als gutes<br />
Beispiel Standard für alle Unternehmen<br />
werden“, sagt James Leape, Generaldirektor<br />
des WWF.<br />
Zum ersten Mal beteiligt sich auch der<br />
UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> an einer gezielt an<br />
Endverbraucher adressierten Branchenlösung.<br />
Dazu sagt Georg Kell, Executive<br />
Director des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>: „Als<br />
Markt-basierte Initiative unterstützt<br />
der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> WindMade und<br />
dessen Potenzial, eine starke Kraft bei<br />
der Förderung erneuerbarer Energien<br />
zu werden.“<br />
www.windmade.org
Agenda<br />
Neue Publikationen<br />
DReI INItIatIVeN:<br />
GLOBaL COMPaCt – IsO 26000 –<br />
OeCD-LeItsätZe<br />
Von Dr. Jürgen Janssen<br />
An Initiativen, Ratgebern und Regelwerken<br />
zum Thema verantwortungsvolle<br />
und nachhaltige Unternehmensführung<br />
herrscht mittlerweile kein Mangel mehr.<br />
Teilweise nehmen sie aufeinander Bezug,<br />
teilweise scheinen sie aber auch völlig<br />
unabhängig voneinander zu bestehen.<br />
Aufgrund der wachsenden Bedeutung<br />
dieses Themas für Unternehmen,<br />
Gesellschaft und Politik ist zu erwarten,<br />
dass ihre Anzahl weiter ansteigt und die<br />
Übersichtlichkeit entsprechend abnimmt.<br />
Vor diesem Hintergrund hat das<br />
Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
(D<strong>GC</strong>N) drei bedeutende internationale<br />
Initiativen vorgestellt und zueinander<br />
in Bezug gesetzt: den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
der Vereinten Nationen, die ISO-Norm<br />
26000 sowie die OECD-Leitsätze für<br />
multinationale Unternehmen. Alle<br />
Themenbereiche des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
– Menschenrechte, Arbeitsnormen,<br />
Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung<br />
und Offenlegung von Informationen –<br />
werden auch in der ISO-Norm und den<br />
OECD-Leitsätzen abgedeckt. ISO 26000<br />
und OECD-Leitsätze befassen sich<br />
darüber hinaus explizit mit weiteren<br />
Themen, etwa dem Verbraucherschutz,<br />
Wettbewerbsregeln, Steuerzahlungen<br />
und dem gesellschaftlichen Engagement.<br />
Auf Wunsch der teilnehmenden<br />
Unternehmen können diese Nachhaltigkeitsthemen<br />
auch im Rahmen des<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bearbeitet werden.<br />
Gemeinsam ist allen drei Initiativen<br />
ebenfalls das Prinzip der Freiwilligkeit:<br />
Unternehmen und Organisationen entscheiden,<br />
ob sie dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
beitreten, ob und in welchem Umfang<br />
sie die Empfehlungen der ISO-Norm in<br />
den eigenen Strukturen und Prozessen<br />
Broschuere-D<strong>GC</strong>N_221011-V6:D<strong>GC</strong>N 24.10.<strong>2011</strong> 12:21 Uhr Seite 9<br />
Drei Initiativen<br />
für verantwortungsvolle<br />
Unternehmensführung<br />
GLOBAL COMPACT<br />
ISO 26000<br />
OECD-LEITSÄTZE<br />
umsetzen und ob sie in ihrem Auslandsgeschäft<br />
die OECD-Leitsätze beachten.<br />
Die Unterschiede zwischen den drei<br />
Initiativen ergeben sich aus ihrem unterschiedlichenAnwendungszusammenhang<br />
und der spezifischen Zielsetzung:<br />
Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist ein Netzwerk<br />
von Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen<br />
und Regierungsstellen. In<br />
dessen Rahmen werden internationale<br />
Nachhaltigkeitsthemen diskutiert und<br />
den Unternehmen über verschiedene<br />
Formate nahe gebracht. Der <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> fordert von seinen Teilnehmern<br />
die regelmäßige Veröffentlichung<br />
von Fortschrittsberichten. Unternehmen<br />
treten dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bei, wenn<br />
sie ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele<br />
und -instrumente an aktuellen internationalen<br />
Entwicklungen ausrichten und<br />
sich entsprechend vernetzen wollen.<br />
ISO 26000 ist ein Normendokument, das<br />
mit Beteiligung aller wichtigen Anspruchsgruppen<br />
unter dem Dach der ISO<br />
entwickelt wurde. ISO bzw. das deutsche<br />
Mitglied DIN verfügt über keine Beratungs-<br />
und Implementierungsstrukturen.<br />
Unterstützung bei der Umsetzung der<br />
ISO 26000 finden Unternehmen bei spe-<br />
zialisierten Beratungsfirmen. Unternehmen<br />
nutzen diesen Leitfaden, wenn sie<br />
Nachhaltigkeit für sich definieren, gesellschaftliche<br />
Verantwortung strategisch<br />
planen und umsetzen und ihre Prozesse,<br />
Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger<br />
gestalten wollen.<br />
Die OECD-Leitsätze sind Empfehlungen<br />
für nachhaltiges und verantwortungsbewusstes<br />
Verhalten im Auslandsgeschäft.<br />
Sie basieren auf einer vertraglichen<br />
Vereinbarung zwischen Staaten und verfügen<br />
mit den Nationalen Kontaktstellen<br />
sowie dem Beschwerde- und Schlichtungsverfahren<br />
über einen Mechanismus<br />
zur Durchsetzung. Die Leitsätze gelten<br />
„automatisch“ für alle Unternehmen<br />
mit Sitz in den Unterzeichnerstaaten,<br />
eine Wahlmöglichkeit wie beim <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> besteht somit nicht. Unternehmen<br />
orientieren sich an diesem Code of<br />
Conduct, wenn sie die Erwartungen der<br />
Gesellschaft an eine verantwortungsvolle<br />
Unternehmensführung im internationalen<br />
Geschäft erfüllen wollen.<br />
http://www.globalcompact.de/fileadmin/PDFs/D<strong>GC</strong>N_Broschuere_-_Drei_Initiativen.pdf<br />
NaCHHaLtIGe eNeRGIe<br />
FÜR aLLe<br />
124 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
125<br />
D<strong>GC</strong>N<br />
Angesichts weltweit wachsender<br />
Bevölkerung und Wirtschaft gewinnt<br />
die Frage nach einer gesicherten<br />
Energieversorgung an Bedeutung. UN<br />
Generalsekretär Ban Ki-moon hat in<br />
diesem Zusammenhang nachhaltige<br />
Versorgungsansätze eingefordert. Eine<br />
neue globale Initiative für nachhaltige<br />
Energieversorgung („Sustainable Energy<br />
for All“) setzt daher an genau dieser<br />
Stelle an und hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, gemeinsam mit Regierungen,<br />
dem Privatsektor und zivilgesellschaftlichen<br />
Partnern bis zum Jahr 2030<br />
folgende Ziele zu erreichen:<br />
• einen universellen Zugang zu modernen<br />
Energiedienstleistungen ermöglichen;<br />
• Die Verbesserung der Energieeffizienz;<br />
• Erhöhung des Anteils erneuerbarer<br />
Energien.<br />
Zur Implementierung der Ziele wurde<br />
ein Rahmenprogramm für die Wirtschaft<br />
(Business Action Framework)<br />
verabschiedet, das das Ziel hat, 1) zu<br />
motivieren, inspirieren und privatwirtschaftliches<br />
Engagement zur Unterstützung<br />
der nachhaltigen Energie für alle<br />
anzuleiten, und 2) zu identifizieren, in<br />
welchen Bereichen verschiedene Branchen<br />
den größten Einfluss haben können.<br />
Das Engagement der beteiligten<br />
Stakeholder reicht vom Kerngeschäft<br />
über soziale Investitionen und Philanthropie<br />
bis hin zu Partnerschaften und<br />
gemeinsamen Aktionen.<br />
Die Treiber für die Entwicklung des<br />
Business Action Ansatzes sind klar:<br />
Nachhaltige Energie ist ein Thema, das<br />
jedes Unternehmen betriff und zu dem<br />
jedes Unternehmen etwas beitragen<br />
kann. Die Herausforderungen liegen<br />
jedoch darin, nicht nur die Rolle des<br />
privaten Sektors insgesamt zu bestimmen,<br />
sondern gezielt die Rolle einzelner<br />
Branchen basierend auf Märkten,<br />
Geschäftsmodellen, Produkten und<br />
Dienstleistungen sowie der operativen<br />
Ausrichtung aufzuzeigen.<br />
http://www.sustainableenergyforall.org/<br />
aRMutsBekäMPFuNG IN DeR<br />
ZuLIeFeRkette<br />
Welche Rolle spielen die Zulieferketten<br />
von internationalen Unternehmen bei<br />
der Armutsbekämpfung? Ein aktueller<br />
Bericht der Hilfsorganisation Oxfam<br />
America in Zusammenhang mit der Coca-Cola<br />
Company und SABMiller geht<br />
dieser Frage nach. „Exploring the Links<br />
between International Business and<br />
Poverty Reduction“ dokumentiert die<br />
Ergebnisse einer umfassenden Studie<br />
über die wirtschaftlichen und sozialen<br />
Auswirkungen von Coca Cola´s und<br />
SABMiller´s Wertschöpfungsketten auf<br />
Gemeinden in El Salvador und Sambia.<br />
Der Bericht basiert auf einer „Armut<br />
Footprint“-Methodik von Oxfam, die<br />
ganz konkret die Auswirkungen des privaten<br />
Sektors auf Gemeinden beleuchtet.<br />
Dabei untersucht der methodische<br />
Ansatz gezielt alle Wertschöpfungsketten<br />
und zeigt auf, wie sich das Verhalten<br />
von Unternehmen auswirkt auf die<br />
Lebenssituationen, Gesundheit und<br />
Wohlbefinden, Diversity und Gender-Aspekte,<br />
Mitbestimmung, Sicherheit und<br />
Stabilität sowie viele weitere Dimensionen<br />
der Armutsbekämpfung. Der Be-<br />
Exploring the links between international<br />
business and poverty reduction<br />
The Coca-Cola/SABMiller value chain impacts in Zambia and El Salvador<br />
By Oxfam America, The Coca-Cola Company and SABMiller<br />
richt beschreibt positive Auswirkungen<br />
der Coca-Cola Company und SABMiller<br />
in beiden Ländern, einschließlich der<br />
Schaffung von Arbeitsplätzen, der Entwicklung<br />
von unternehmerischen Fähigkeiten<br />
und technischer Ausbildung. Der<br />
Bericht enthält auch Empfehlungen für<br />
Verbesserungen am Arbeitsplatz sowie<br />
Verbesserungen in Themenbereichen<br />
wie Gleichstellung, Wasser und Chancen<br />
für kleine Unternehmen.<br />
„Die Tatsache, dass The Coca-Cola<br />
Company und SABMiller sich diesem<br />
detaillierten ´Footprinting´ unterzogen<br />
haben, ist an sich bemerkenswert und<br />
ein echtes Beispiel für die Einbeziehung<br />
von Stakeholdern“, sagte Georg<br />
Kell, Executive Director des UN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>. „Der wahre Wert dieser Anstrengungen<br />
wird in zwei, drei oder fünf<br />
Jahren erkannt werden, wenn wir sehen,<br />
wie diese Organisationen auf Basis des<br />
Berichts diese Fragen adressieren.“<br />
http://www.thecoca-colacompany.com/<br />
citizenship/pdf/poverty_footprint_report.<br />
Agenda<br />
Neue Publikationen<br />
LeItFaDeN FÜR VeRaNtWORtuNGsBeWusstes<br />
INVestMeNt<br />
IN ROHstOFFe<br />
Die Principles for Responsible Investment<br />
und das Schweizer Bundesamt<br />
für auswärtige Angelegenheiten haben<br />
in einem gemeinsamen Report Hilfestellungen<br />
für institutionelle Investoren<br />
veröffentlicht, damit sich diese bei<br />
ökologischen, sozialen und Governance-<br />
Fragen bei Rohstoffgeschäften besser<br />
zurecht finden.<br />
Die Bedeutung von Investoren in Rohstoffmärkten<br />
hat in den vergangenen<br />
Jahren stark zugenommen. Über 400<br />
Milliarden US-Dollar haben institutionelle<br />
und private Kapitalanleger<br />
derzeit in Rohstoffe investiert. Zum<br />
Vergleich: Vor zehn Jahren betrug der<br />
Betrag gerade einmal sechs Milliarden<br />
US-Dollar. Das ruft zunehmend die<br />
Politik auf den Plan, die die Anleger<br />
mit prüfenden Blicken beobachtet.<br />
Sorgen bereiten aber auch höhere<br />
Preisschwankungen mit negativen<br />
Folgen auf die Realwirtschaft und<br />
einkommensschwache Bevölkerungs-<br />
gruppen.<br />
Donald MacDonald, Trustee des British<br />
Telecom Pensionsfonds und Gründungsvorsitzender<br />
der Principles for<br />
Responsible Investment, sagte dazu:<br />
„Der globale Wettbewerb um knappe<br />
natürliche Ressourcen wird einer der<br />
zentralen Aspekte des 21. Jahrhunderts.<br />
Politische Entscheidungsträger<br />
akzeptieren dringend benötigte<br />
Investitionen des privaten Sektors in<br />
diesem Bereich, solange es als positiver<br />
Beitrag zur Entwicklung und Stabilität<br />
unserer Wirtschaft und Gesellschaft<br />
angesehen wird. Anleger müssen daher<br />
soziale Befindlichkeiten und Bedenken<br />
respektieren, auch wenn sie manchmal<br />
als ungerecht und nicht auf absoluter<br />
Gewissheit beruhend wahrgenommen<br />
werden.“<br />
„Angesichts steigender Sorgen über<br />
die Volatilität der Rohstoffmärkte und<br />
deren negative Auswirkungen auf<br />
Volkswirtschaften und Gemeinwesen,<br />
ist dieser Bericht sehr aktuell und wichtig“,<br />
sagte Gavin Power, stellvertretender<br />
Direktor des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />
„Wir versuchen damit, all jene Märkte<br />
mit langfristigerer Perspektive und<br />
entsprechenden Zeithorizonten einzubetten,<br />
und dabei ist es entscheidend,<br />
dass alle Asset-Klassen – und das<br />
bedeutet auch Rohstoffe – aufgenommen<br />
werden.“<br />
Anleger kommen mit Rohstoffgeschäften<br />
auf unterschiedliche Weise<br />
in Kontakt: Durch Derivate, physische<br />
Rohstoffe, Sachwerte wie Wälder und<br />
Ackerland, sowie durch Fremd- und<br />
Eigenkapital von Unternehmen aus<br />
diesen Sektoren. Der Bericht bietet<br />
daher spezifische Best-Practice-<br />
Empfehlungen für jede dieser Asset-<br />
Klassen sowie Kommentare zu den<br />
strategischen Allokationen zwischen<br />
Rohstoffen im Zusammenhang<br />
mit Vermögenswerten aus der<br />
Perspektive eines verantwortlichen<br />
Investors.<br />
Donald MacDonald fügte hinzu:<br />
„Anleger sollten proaktiv Maßnahmen<br />
zur Beachtung von ökologischen<br />
und sozialen Risiken im Zusammenhang<br />
mit Rohstoffanlagen ergreifen<br />
und die Empfehlungen des Handbuchs<br />
berücksichtigen. Es ist entscheidend,<br />
dass die Anleger ihre „license<br />
to invest“ in diesen Märkten er-<br />
halten.“<br />
http://unglobalcompact.org/docs/issues_doc/Financial_markets/Commodities_Guide.pdf<br />
The Responsible<br />
invesToR’s<br />
Guide To<br />
CommodiTies<br />
An overview of best prActices<br />
Across commodity-exposed<br />
Asset clAsses<br />
126 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
127<br />
D<strong>GC</strong>N<br />
stiftung Deutsches <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
Mit der Stiftung hat das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Netzwerk (D<strong>GC</strong>N) im Frühsommer 2009 ein Instrument<br />
geschaffen, über das sich die Teilnehmer auch finanziell<br />
an den kontinuierlich zunehmenden Aktivitäten des<br />
Netzwerks beteiligen können. Bis dato wurde das D<strong>GC</strong>N<br />
vor allem von der deutschen Bundesregierung aus<br />
dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert. Mit<br />
der Stiftung soll sich dies ändern: Die überwiegende<br />
Mehrheit der beteiligten Unternehmen hat zugestimmt,<br />
die gemeinsamen Aufgaben künftig zu möglichst gleichen<br />
Teilen aus privaten und öffentlichen Geldern zu finanzieren<br />
– und so dem Anspruch einer unternehmensgetriebenen<br />
Multi-Stakeholder-Initiative voll gerecht zu werden.<br />
Die stiftung fördert die tätigkeiten des uN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> und des D<strong>GC</strong>N.<br />
Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige<br />
Zwecke. Die Stiftung ist weder rechtlich noch<br />
organisatorisch mit der in den USA registrierten <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Foundation verbunden, welche das New Yorker<br />
Büro und weltweite Aktivitäten des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
unterstützt. Finanzierungsentscheidungen der D<strong>GC</strong>N-<br />
Stiftung werden vom Lenkungskreis des D<strong>GC</strong>N getroffen,<br />
der auch die drei Beiratsmitglieder stellt. Rechtliche<br />
Trägerin der Stiftung ist die Macenata Management GmbH.<br />
Die Stiftung ist damit unabhängig vom Focal Point des<br />
D<strong>GC</strong>N.<br />
An der Ausrichtung und Arbeitsteilung der Arbeit im<br />
Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk ändert sich dadurch<br />
nichts: Alle inhaltlichen Entscheidungen verbleiben<br />
im Lenkungskreis mit Vertretern von Unternehmen,<br />
der Zivilgesellschaft und den Bundesministerien. Der<br />
Lenkungskreis arbeitet nach dem Konsensverfahren. Dies<br />
gilt auch für die Verabschiedung des Budgets. Darüber<br />
hinaus werden wichtige Entscheidungen im Verlauf der<br />
D<strong>GC</strong>N-Arbeitstreffen vorbereitet und diskutiert. Die<br />
operative Realisierung der Aktivitäten des D<strong>GC</strong>N, z.B.<br />
Veranstaltungen und Publikationen, verantwortet wie<br />
bisher der „Focal Point“ als Sekretariat des D<strong>GC</strong>N, der von<br />
der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />
gestellt wird. Aktuelle Informationen zur Stiftung und<br />
ihrem Budget finden Sie im internen Bereich der D<strong>GC</strong>N-<br />
Webseite.<br />
Deutsche unternehmen können entscheiden, wie<br />
sie am besten den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unterstützen<br />
möchten.<br />
Sie können an die nach deutschem Recht gemeinnützige<br />
und daher steuerlich begünstigte D<strong>GC</strong>N-Stiftung<br />
spenden, die hauptsächlich die Arbeit in <strong>Deutschland</strong><br />
fördert. Eine andere Möglichkeit ist die Unterstützung<br />
der US-amerikanischen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation,<br />
welche in <strong>Deutschland</strong> steuerlich nicht begünstigt<br />
ist. Die Stiftung empfiehlt, beides zu kombinieren: Sie<br />
spenden einen Betrag in die deutsche D<strong>GC</strong>N-Stiftung und<br />
veranlassen die Stiftungsverwaltung, einen von Ihnen<br />
bestimmten Teilbetrag als zweckgebundene Spende<br />
an die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation weiter zu leiten. Auf<br />
diese Weise bedeutet Ihre Unterstützung einen minimalen<br />
administrativen Aufwand für Ihr Unternehmen.<br />
kontoinhaber:<br />
Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
Kto. Nr. 138412000<br />
BLZ: 700 303 00 (Bankhaus Reuschel)<br />
IBAN: DE75700303000138412000<br />
S.W.I.F.T-BIC: REUCDEMMXXX
128<br />
Agenda Impressum<br />
Verlag:<br />
Mediengruppe macondo<br />
Dahlweg 87<br />
48153 Münster<br />
Tel.: +49 (0) 251 – 200782-0<br />
Fax: +49 (0) 251 – 200782-22<br />
Mail: info@macondo.de<br />
URL: www.macondo.de<br />
USt-Id-Nr.: DE214683825<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Elmer Lenzen<br />
Redaktion:<br />
Judith Bomholt, Dennis Lohmann,<br />
Malte Klingenhäger<br />
Bildredaktion:<br />
Marion Book<br />
Gestaltung:<br />
Katja Montag<br />
Lektorat:<br />
Marion Book<br />
klimaneutralität:<br />
Das vorliegende Druckerzeugnis ist<br />
durch anerkannte Klimaschutzprojekte<br />
klimaneutral gestellt worden.<br />
(Nature Office Gold Standard Portfolio -<br />
GS, VER)<br />
Papier:<br />
Plano® Art, FSC zertifiziert<br />
Grußwort:<br />
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />
autoren dieser ausgabe<br />
(in alphabetischer Reihenfolge):<br />
Nicolette Behncke, Dr. Siegfried<br />
Behrendt, Yvonne Benkert, Verena<br />
Blaschke, Gerald Breyer, Dr. Ignacio<br />
Campino, Dr. Jens Clausen, Prof. Dr.<br />
Hans Diefenbacher, Ralf Dürrwang,<br />
Katrin Gaupmann, Jonas Gebauer,<br />
Bernhard Graeber, Dr. Wolfgang Große<br />
Entrup, Adrian Hahn, Dr. Wolfram<br />
Heger, Benjamin Held, Stephan<br />
Heuser, Dr. Jürgen Janssen, Stefanie<br />
Klein, Stephan Knüttel, Daniela Kolbe,<br />
Dr. Elmer Lenzen, Stefan Löbbert,<br />
Joachim Löchte, Dr. Louis Meuleman,<br />
Dr. Cordula Mock-Knoblauch, Christoph<br />
Pfluger, Petra Polster, Burkhard<br />
Remmers, Dr. Matthias Retter, Nicole<br />
Richter, Dr. Lothar Rieth, Dorothee<br />
Rodenhäuser, Antje Schabacker,<br />
Bernhard Schwager, Kira-Tatjana<br />
Schmidt, Falk Schmidt, Martin Schulte,<br />
Dr. Frank Simon, Sylvia Straetz, Lisa<br />
Süß, Oliver Thomsen, Alexander Vogler,<br />
Stefanie Wahl, Fridolin Weindl, Dr. Jörg<br />
Wetterau, Barbara Wieler, Ingrid de<br />
Wilde, Ursula Wilms, Prof. Dr. Norbert<br />
Winkeljohann, Alexander Zang, Roland<br />
Zieschank<br />
Namentlich gekennzeichnete<br />
Beiträge geben nicht die Meinung des<br />
Herausgebers wieder.<br />
Bildnachweis:<br />
Bundesbildstelle/Bundeskanzleramt<br />
(S. 3), SVLuma/Fotolia.com (S. 4 oben,<br />
6/7, 9, 10, 12, 14, 17, 21), morchella/<br />
Fotolia.com (S. 4 Mitte, 30/31),<br />
Christian Lambiotte/EC (S. 32), Marcus<br />
Wagenknecht/photocase (S. 34/35),<br />
Elenathewise/Fotolia.com (S. 36/37),<br />
cirquedesprit/Fotolia.com (S. 40/41),<br />
Mike Kiev/Fotolia (S. 4 unten, 44/45),<br />
Alexander Raths/Fotolia.com (S. 47),<br />
virtua73/Fotolia.com (S. 50), Yuri<br />
Arcurs/Fotolia.com (S. 53), 3desc/<br />
Fotolia.com (S. 54), CARE/Wolfgang<br />
Gressmann (S. 60), CARE/Evelyn<br />
Hockstein (S. 61 links), CARE/ Yoshio<br />
Kondo (S. 61 rechts), Andreas<br />
Pohlmann/BASF (S. 63), Bayer (S. 64),<br />
Michael Rennertz/Bayer (S. 65), Corbis<br />
(S. 66), Bertelsmann (S. 67), Bosch<br />
(S. 68/69), BSH Bosch und Siemens<br />
Hausgeräte (S. 71), CEWE COLOR<br />
(S. 72), Daimler (S. 74/75), Rudolf<br />
Wichert (S. 76), Deutsche Post DHL<br />
(S. 77), Deutsche Telekom (S. 78), EnBW<br />
(S. 80/81), Nicole Richter/Ernst&Young<br />
(S. 82), Stefan Wildhirt/Evonik<br />
(S. 84/85), Karen Köhler (S. 86), FAIrent-a-jet<br />
(S. 87), De La Haye/Forest<br />
Carbon Group (S. 88/89), GIZ/INENSUS<br />
(S. 90/91), Heraeus (S. 92/93),<br />
HOCHTIEF (S. 94), †cult˙ra/Akzekte/<br />
HVB (S. 96), Lavaris (S. 99), MAN<br />
(S. 100/101), Merck (S. 102/103), Miele<br />
(S. 104/105), Pete Atkinson/Getty<br />
Images (S. 106), Helmut Kramer (S. 109<br />
oben), RWE (S. 109 unten), TECTUM<br />
Group (S. 110/111), Volkswagen (S. 112),<br />
Detlev Wecke/Volkswagen (S. 113),<br />
Wilkhahn (S. 114/115), GIZ (S. 116/117),<br />
UN Photo/Eskinder Debebe (S. 122),<br />
WindMade/Vestas (S. 123) sowie Marion<br />
Book (S. 39, 120/121)<br />
titelbild:<br />
Joshua Hodge Photography/iStockphoto<br />
Bezugspreis:<br />
€ 30,00 zzgl. Porto:<br />
[D] + € 1,00<br />
[CH] + € 3,50<br />
[EU] + € 2,00<br />
[Int.] + € 5,50<br />
Rechte:<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck,<br />
Aufnahme in Online-Dienste und<br />
Internet sowie Vervielfältigung jeglicher<br />
Art nur nach vorheriger schriftlicher<br />
Zustimmung des Herausgebers.<br />
Für unverlangt eingeschickte<br />
Manuskripte, Fotos und Illustrationen<br />
übernehmen wir keine Gewähr.<br />
ISSN 1614-7685<br />
ISBN-13: 978-3-9813540-2-7<br />
Printed in Germany © 2012<br />
Nützliche adressen:<br />
Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Netzwerk (D<strong>GC</strong>N)<br />
Stabsstelle Zusammenarbeit mit<br />
der Wirtschaft<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ) GmbH<br />
Reichpietschufer 20<br />
10785 Berlin<br />
Tel.: +49 (0) 30 72614-204<br />
Fax.: +49 (0) 30 72614-130<br />
Mail: globalcompact@giz.de<br />
URL: www.globalcompact.de<br />
United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office<br />
DC2-618<br />
New York, NY 10017, USA<br />
Tel.: +1 (212) 963 - 1490<br />
Fax: +1 (212) 963 - 1207<br />
Mail: name@un.org<br />
URL: www.unglobalcompact.org<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
I call on business leaders to embrace<br />
the <strong>Compact</strong> as an organizing tool<br />
for your global operations. Ensure that<br />
your boards, subsidiaries and supply chain<br />
partners use the <strong>Compact</strong> as both a<br />
management guide and a moral compass.<br />
25,00 EUR<br />
Ban Ki-moon,<br />
Secretary General of the United Nations<br />
<br />
SGS-COC-1349<br />
Der Druck wurde realisiert von<br />
BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />
Mediengruppe macondo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />
Bisherige Ausgaben<br />
»<br />
Titel_2005_RZ 06.01.2006 15:02 Uhr Seite 2<br />
Let us choose to unite the power<br />
of markets with the authority of<br />
universal ideals. Let us choose to<br />
reconcile the creative forces of private<br />
entrepeneurship with the needs of the<br />
disadvantaged and the requirements<br />
of future generations.<br />
BESTELLANSCHRIFT<br />
mediengruppe macondo<br />
Hüfferstr.25 | 48149Münster<br />
Tel.: +49(0)251/48449340<br />
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global<br />
Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />
global<br />
compact<br />
2007<br />
25 | 30 US$<br />
SGS-COC-1349<br />
Der Druck wurde realisiert von<br />
Falzmarken Rücken<br />
«<br />
Ich freue mich, dass die Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />
<strong>Jahrbuch</strong> über<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
ihre Aktivitäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />
mehr Unternehmen anspornt, sich zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />
und diese mit Engagement umzusetzen – im eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />
Grenzen hinaus. Wir brauchen dieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich compact<br />
und Gerechtigkeit der internationalen Ordnung.<br />
I am pleased that the members of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />
activities in a yearbook. I hope that this book will encourage even more companies to<br />
adopt the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Principles and carry them out with commitment – in their own<br />
operations and beyond their boundaries. We need this involvement of<br />
companies for more balance and justice in the international order.<br />
Dr. Horst Köhler,<br />
Deutscher Bundespräsident<br />
German Federal President<br />
gc07_umschlag_rz.indd 1<br />
27.12.2007, 16:59<br />
Unternehmerische<br />
Verantwortung muss ein<br />
Eckpfeiler werden für ethische<br />
und stabile Märkte.<br />
30,00 EUR<br />
UN Generalsekretär Ban Ki-moon<br />
Bestellanschrift<br />
Mediengruppe macondo<br />
Dahlweg 87<br />
48153 Münster<br />
Tel: +49 (0) 2 51 - 200 782 -0<br />
Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />
info@macondo.de<br />
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global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />
Ich wünsche dem deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Jahrbuch</strong> einen großen Leserkreis.<br />
Möge es zu weiteren Anstrengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />
animieren, die der <strong>Global</strong>isierung nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />
allem deren vielfältige Chancen und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />
I wish the German <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Yearbook</strong> a large readership. May it<br />
animate further efforts towards creative and successful partnerships that not only give<br />
globalisation a friendly face but, above all, make it possible to experience<br />
concretely its many opportunities and positive developments.<br />
Dr. Angela Merkel,<br />
Deutsche Bundeskanzlerin<br />
German Federal Chancellor<br />
30,00 EUR<br />
www.kod-druck.de<br />
BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />
Mediengruppe macondo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />
<strong>Deutschland</strong> global<br />
compact<br />
2010<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />
<strong>Deutschland</strong> global<br />
compact<br />
Today it is increasingly clear<br />
that UN objectives – peace,<br />
security, development go hand-inhand<br />
with prosperity and growing<br />
markets.<br />
If societies fail, so will markets.<br />
2005<br />
Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />
global<br />
compact<br />
25,00 EUR<br />
SGS-COC-1349<br />
Der Druck wurde realisiert von<br />
BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />
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global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />
<strong>Deutschland</strong> global<br />
compact<br />
2006<br />
gc06_umschlag_rz.indd 1<br />
20.12.2006, 20:56<br />
<strong>Deutschland</strong> global<br />
compact<br />
2008<br />
<strong>Deutschland</strong> global<br />
compact<br />
2009
Die 10 Prinzipien<br />
des United Nations<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Im Mittelpunkt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Initiative stehen zehn Prinzipien zu Menschenrechten,<br />
Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ruft<br />
weltweit Unternehmen dazu auf, sich zu diesen Prinzipien öffentlich zu bekennen und aktiv für<br />
ihre Umsetzung einzusetzen.<br />
MeNsCHeNReCHte<br />
Prinzip 1: Unterstützung<br />
und Respektierung<br />
der internationalen<br />
Menschenrechte im eigenen<br />
Einflussbereich<br />
Prinzip 2: Sicherstellung,<br />
dass sich das eigene<br />
Unternehmen nicht an<br />
Menschenrechtsverletzungen<br />
beteiligt<br />
aRBeItsNORMeN<br />
Prinzip 3: Wahrung der<br />
Vereinigungsfreiheit und<br />
wirksame Anerkennung<br />
des Rechts zu<br />
Kollektivverhandlungen<br />
Prinzip 4: Abschaffung jeder<br />
Art von Zwangsarbeit<br />
Prinzip 5: Abschaffung der<br />
Kinderarbeit<br />
Prinzip 6: Beseitigung von<br />
Diskriminierung bei Anstellung<br />
und Beschäftigung<br />
uMWeLt<br />
Prinzip 7: Unterstützung eines<br />
vorsorgenden Ansatzes im<br />
Umgang mit Umweltproblemen<br />
Prinzip 8: Ergreifung von<br />
Schritten zur Förderung einer<br />
größeren Verantwortung<br />
gegenüber der Umwelt<br />
Prinzip 9: Hinwirkung<br />
auf die Entwicklung und<br />
Verbreitung umweltfreundlicher<br />
Technologien<br />
kORRuPtIONsBekäMPFuNG<br />
Prinzip 10: Unternehmen sollen<br />
gegen alle Arten der Korruption<br />
eintreten, einschließlich<br />
Erpressung und Bestechung<br />
130 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>
Durch Vorbilder und Kooperationen<br />
in Initiativen und Netzwerken können<br />
wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />
als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />
schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />
sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />
sage ich von Herzen Dank.<br />
30,00 EUR<br />
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />
Bestellanschrift<br />
Mediengruppe macondo<br />
Dahlweg 87<br />
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Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />
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