Global Compact Deutschland Jahrbuch 2011 - GC Yearbook
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Agenda<br />
von ihren gelisteten Unternehmen bereits integrierte Berichte<br />
für Geschäftsjahre, die nach dem 1. März <strong>2011</strong> beginnen.<br />
Welchen Einfluss haben diese Entwicklungen auf die Praxis?<br />
Schon heute fordern nicht nur institutionelle Anleger immer<br />
lauter Informationen über Nachhaltigkeitsaktivitäten. Auch<br />
Finanzanalysten beziehen in ihre Voten die Nachhaltigkeitsberichte<br />
der Unternehmen ein, und Sustainability-Experten<br />
nutzen verstärkt auch Finanzinformationen für ihre Beurteilungen.<br />
Entsprechend vernetzt und synchronisiert müssen<br />
Unternehmen diese Informationen anbieten. Eine integrierte<br />
Berichterstattung ist aber keine neue Ära der Nachhaltigkeitsberichterstattung,<br />
sondern die Zukunft des Corporate Reporting.<br />
Sie muss also weit über eine einfache Zusammenfügung der<br />
Inhalte des Finanz- und des Nachhaltigkeitsberichts hinausgehen.<br />
Entscheidend sind eine gleiche Datenbasis, zeitgleiche<br />
Verfügbarkeit und gleiche Qualität. Die wohl größte Herausforderung<br />
in der Umsetzung einer vollumfänglich integrierten<br />
Berichterstattung ist deshalb ein „integrated thinking“, ohne<br />
das eine integrierte Unternehmenssteuerung und darauf<br />
auf bauend eine integrierte Berichterstattung ein nicht erreichbares<br />
Ziel bleiben wird. Erst wenn die Steuerung des<br />
Unternehmens integriert geleistet wird, also so ausgerichtet<br />
ist, dass weiche und harte Faktoren gleichberechtigt nebeneinander<br />
durch die Analysen des Controllings betrachtet werden<br />
und damit auch gemeinsam die Basis für unternehmerische<br />
Entscheidungen bilden, sind die Voraussetzungen für eine<br />
integrierte Berichterstattung wirklich geschaffen. Dazu müssen<br />
Verantwortlichkeiten in den Unternehmen angepasst, ggf.<br />
Zuständigkeiten neu vergeben werden. Der gesamte Prozess<br />
der Informationserhebung, -analyse und -verteilung muss<br />
neu gestaltet werden, denn eine integrierte Berichterstattung<br />
verlangt die Synchronisation aller Informationskanäle in<br />
inhaltlicher, zeitlicher und qualitativer Sicht. Dazu gehören<br />
die Unternehmensfunktionen Rechnungswesen, Controlling,<br />
Investor Relations, Governance und Nachhaltigkeit an einen<br />
Tisch, um entsprechende Lösungen erarbeiten zu können.<br />
Das IIRC-Papier liefert nicht auf alle offenen Fragen in Sachen<br />
integrated reporting eine Antwort. Es bietet jedoch eine erste,<br />
notwendige Orientierung und steckt den Rahmen für die<br />
Arbeit der nächsten Monate und Jahre ab. Umso erfreulicher<br />
ist es, wie viele Unternehmen seit Veröffentlichung des IIRC-<br />
Papiers ihre bisherige Berichterstattung auf den Prüfstand<br />
gestellt haben und sich Gedanken über ihre künftige Unternehmensberichterstattung<br />
machen. Das IIRC hat damit den<br />
entscheidenden Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen,<br />
leistungsstarken und an den Interessen der Stakeholder orientierten<br />
Unternehmensberichterstattung angestoßen. Es ist<br />
höchste Zeit, die Diskussion um neue Reporting-Modelle zu<br />
führen und praxisgerechte Umsetzungswege zu erarbeiten.<br />
ÜBeR DIe autOReN<br />
Prof. Dr. Norbert Winkeljohann ist Sprecher des Vorstands von PwC <strong>Deutschland</strong>,<br />
Nicolette Behncke ist Expertin für integrierte Berichterstattung bei PwC.<br />
eu-kommission stellt<br />
neue CsR-strategie vor<br />
Die europäische Kommission hat Ende Oktober ihre lang<br />
erwartete CSR-Strategie vorgestellt. Darin überdenkt<br />
sie ihr bisheriges Konzept von reiner Freiwilligkeit hin<br />
zu einem deutlichen Mehr an Verbindlichkeit: Ein Gesetz<br />
ist zunächst zwar vom Tisch, dafür soll künftig<br />
das Mitwirken an bestimmten Initiativen verpflichtend<br />
werden. Die EU-Kommission fordert dazu stärkere<br />
Koregulierung durch Organisationen wie den UN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>, ISO oder die OECD. Eine Beteiligung an<br />
einer dieser drei Plattformen soll ab 2014 für große<br />
Unternehmen Pflicht sein.<br />
Die EU-Kommission hat jetzt ihre eigene Definition<br />
vorgelegt, wonach CSR „die Verantwortung von Unternehmen<br />
für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“<br />
ist. Nur wenn die geltenden Rechtsvorschriften und die<br />
zwischen Sozialpartnern bestehenden Tarifverträge<br />
eingehalten werden, kann diese Verantwortung wahrgenommen<br />
werden, heißt es in dem Papier. Begleitend<br />
dazu soll es daher ab 2012 einen von der Kommission<br />
angestoßenen Prozess geben, der klarere Verhaltenskodizes<br />
erarbeitet.<br />
Bis zum Schluss unklar war das Maß an Regulierung,<br />
das Brüssel den Unternehmen auferlegen würde. Im<br />
EU-Positionspapier heißt es dazu nun: Zur Schaffung<br />
gemeinsamer Werte werden alle größeren Unternehmen<br />
in Europa aufgefordert, ein langfristiges CSR-Konzept<br />
einzuführen und Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer<br />
Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle<br />
auszuloten, die zum Wohlergehen der Gesellschaft<br />
und zur Schaffung hochwertigerer und produktiverer<br />
Arbeitsplätze beitragen. Damit wird zwar kein hartes<br />
Gesetz gefordert, aber bestimmte freiwillige Vereinbarungen<br />
(sogenannte „soft laws“) werden nicht mehr<br />
ganz freiwillig, sondern verpflichtend.<br />
Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung<br />
in vollem Umfang gerecht werden, sollten sie auf<br />
ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale,<br />
ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange<br />
in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern<br />
in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie<br />
integriert werden. Auf diese Weise soll die Schaffung<br />
gemeinsamer Werte für die Eigentümer/Aktionäre der<br />
Unternehmen sowie die übrigen Stakeholder und die<br />
gesamte Gesellschaft optimiert werden und etwaige<br />
negative Auswirkungen aufgezeigt, verhindert und<br />
abgefedert werden.<br />
Daher müssen große Unternehmen sowie Unternehmen,<br />
die von derartigen Auswirkungen besonders betroffen<br />
38 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong><br />
39<br />
Reporting<br />
sein könnten, künftig verstärkt eine risikobasierte Sorgfaltsprüfung,<br />
auch auf der Ebene der Lieferketten, vornehmen.<br />
Für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist ein strategischer<br />
CSR-Ansatz von zunehmender Bedeutung. Er kann<br />
das Risikomanagement fördern, Kosteneinsparungen bringen<br />
sowie den Zugang zu Kapital, die Kundenbeziehungen, das<br />
Management von Humanressourcen und die Innovationskapazitäten<br />
verbessern, heißt es aus dazu aus der Kommission.<br />
„Wenn sich die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung<br />
stellen, können sie bei den Beschäftigten, den Verbrauchern<br />
und den Bürgern allgemein dauerhaftes Vertrauen<br />
als Basis für nachhaltige Geschäftsmodelle aufbauen. Mehr<br />
Vertrauen wiederum trägt zur Schaffung eines Umfeldes bei,<br />
in dem die Unternehmen innovativ arbeiten und wachsen<br />
können.“<br />
DIe kOMMIssION FORDeRt ...<br />
... von den Mitgliedsstaaten Pläne zur CSR-Förderung und<br />
konkrete Listen mit einschlägigen Maßnahmen;<br />
... alle großen europäischen Unternehmen auf, sich bis 2014 zu<br />
verpflichten, zumindest eines der nachstehenden Regelwerke<br />
bei der Entwicklung ihres CSR-Konzepts zu berücksichtigen:<br />
OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, „<strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong>“ der Vereinten Nationen oder ISO-Norm 26000 zur<br />
sozialen Verantwortung;<br />
... alle in Europa ansässigen multinationalen Unternehmen<br />
auf, sich bis 2014 zu verpflichten, die Dreigliedrige Grundsatzerklärung<br />
des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) über<br />
multinationale Unternehmen und Sozialpolitik zu beachten;<br />
... zudem die EU-Mitgliedstaaten auf, bis Ende 2012 nationale<br />
Pläne für die Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten<br />
Nationen zu erstellen.