Herunterladen der Projektdokumentation - Lebenshilfe Baden ...
Herunterladen der Projektdokumentation - Lebenshilfe Baden ...
Herunterladen der Projektdokumentation - Lebenshilfe Baden ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
II.<br />
22<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
ersten Phase und daraufhin – Kern <strong>der</strong> zweiten Phase<br />
– die Begleitung <strong>der</strong> Beiratsarbeit. Schließlich soll<br />
in <strong>der</strong> dritten Phase eine Verselbstständigung <strong>der</strong><br />
Beiratsarbeit erfolgen. Die Verbindung zum zentralen<br />
Entscheidungsorgan des Vereins wird durch das<br />
begleitende Vorstandsmitglied gewährleistet. Das<br />
Gremium behin<strong>der</strong>ter Menschen ist somit kontinuierlich<br />
am Austausch von Interessen beteiligt.<br />
Mit großer Resonanz wurde in <strong>der</strong> jetzigen Initiierungsphase<br />
eine Auftakt- und Informationsveranstaltung<br />
für Mitglie<strong>der</strong>, interessierte und engagierte<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung sowie Eltern, Angehörige<br />
und Betreuer durchgeführt. Schon bei dieser Veranstaltung<br />
zeichnete sich eine Gruppe Interessierter<br />
ab, die in <strong>der</strong> Idee eines Beirats die Möglichkeit <strong>der</strong><br />
Mitgestaltung sehen und mehr über diese Form <strong>der</strong><br />
Beteiligung erfahren möchten. Diese Neugierde<br />
wird befriedigt in Seminaren, in denen gemeinsam<br />
Informationen, Rechte, Möglichkeiten und Ideen<br />
diskutiert werden und die darin liegende Chance<br />
<strong>der</strong> Mitgestaltung mit Leben gefüllt wird. Geplanter<br />
nächster Schritt ist die Wahl einer Gruppe von<br />
Vertretern mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Die <strong>Lebenshilfe</strong> in Rastatt/Murgtal hat bereits einen<br />
gewählten Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen – und ist<br />
mit Recht stolz darauf. Bereits im ersten Jahr nach<br />
seiner Gründung im September 2005 hat <strong>der</strong> Beirat<br />
sechsmal getagt, und einige Erfolge waren schnell<br />
zu verzeichnen. So wurde etwa die Situation für<br />
behin<strong>der</strong>te Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs<br />
öffentlich gemacht. Gegenüber dem örtlichen Bürgermeister<br />
und weiteren Zuständigen wurden Hin<strong>der</strong>nisse<br />
angesprochen und Lösungen aufgezeigt<br />
– ein gutes Beispiel, wie die Beiräte ihre Rolle in<br />
<strong>der</strong> Lobbyarbeit für behin<strong>der</strong>te Menschen und für<br />
die <strong>Lebenshilfe</strong> in <strong>der</strong> kommunalen Politik wahrnehmen.<br />
Die Beiräte sind zudem in ihrer Rolle als<br />
Vertreter behin<strong>der</strong>ter Menschen und Vermittler von<br />
Anliegen an den Vereinsvorstand akzeptiert. Sie<br />
bieten für behin<strong>der</strong>te Menschen einen vertrauten<br />
und niedrigschwelligen Zugang zur Entscheidungsebene<br />
des Vorstands. „Sag mal, kannst du da nicht<br />
was machen? Du hast doch einen Draht zu denen<br />
da oben.“ So o<strong>der</strong> ähnlich werden die Beiräte von<br />
ihren Kollegen angesprochen.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt ist <strong>der</strong> Teilhabe- und Empowerment-Prozess<br />
in vollem Gang. Prozesse sind<br />
Entwicklungen auf lange Sicht und mit unterschiedlichen<br />
Phasen: Die Gefahr einer Überfor<strong>der</strong>ung<br />
aufseiten <strong>der</strong> Menschen mit (aber auch ohne) Behin<strong>der</strong>ung<br />
wird dabei manchmal überschätzt. Trotzdem<br />
sind Prinzipien <strong>der</strong> Beteiligung hilfreich für die<br />
konkrete Arbeit (vgl. den vorhergehenden Artikel von<br />
Rudi Sack). Eines <strong>der</strong> Prinzipien besteht darin, diesen<br />
Prozess durch die Sicherstellung einer Assistenz für<br />
die beteiligten Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zu begleiten.<br />
Assistenz<br />
Assistenten initiieren und begleiten den Empowerment-Prozess<br />
auf <strong>der</strong> individuellen und gruppenbezogenen<br />
Ebene. Sie stärken die Fähigkeiten und<br />
begleiten die Erfahrungen, die mit <strong>der</strong> „Eroberung“<br />
und Nutzung <strong>der</strong> neuen Möglichkeitsräume einhergehen.<br />
Assistenten schaffen z.B. inhaltliche Zugänge. Auch<br />
wenn je<strong>der</strong> Mensch Entscheidungen meist emotional<br />
– nach Vorlieben und Erfahrungen – fällt, müssen<br />
Informationen und Kenntnis über den Sachverhalt<br />
und die Folgen <strong>der</strong> Entscheidung immer wesentliche<br />
Grundlage <strong>der</strong> Entscheidungsfindung sein. Mitglie<strong>der</strong><br />
mit Behin<strong>der</strong>ung sind daher nur dann zur<br />
echten Mitbestimmung befähigt, wenn sie einen<br />
Zugang zu verständlichen Informationen haben. Assistenten<br />
sind hier als Dolmetscher gefor<strong>der</strong>t. Ihre<br />
Arbeit (und die Herausfor<strong>der</strong>ung) besteht darin, die<br />
Sachverhalte so darzustellen und zu erklären, dass<br />
sie von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung verstanden werden.<br />
Die letztendliche Entscheidung beruht jedoch<br />
immer auf <strong>der</strong> persönlichen Bewertung <strong>der</strong> Informationen<br />
durch den Einzelnen.<br />
Der Assistent kann auch dazu beitragen, Sitzungskultur,<br />
Sprache und Präsentationen auf leichte Verständlichkeit<br />
hin zu überprüfen und bei Bedarf zu<br />
verän<strong>der</strong>n. Methodische Orientierung bieten hierbei<br />
z.B. die Grundsätze leichter Sprache, welche auf<br />
europäischer Ebene von Inclusion Europe entwickelt<br />
worden sind (Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH<br />
1998, abgedruckt im Anhang). Hilfreich ist aber<br />
auch ein Glossar, das schwierige Begriffe innerhalb<br />
<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe aufgreift und erklärt (Landesverband<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> 2003).<br />
Auf ganz praktische Art und Weise bringen es Menschen<br />
mit Lernschwierigkeiten im „Wörterbuch für<br />
leichte Sprache“ auf den Punkt: „Wir vertreten uns<br />
selbst!“ (2001). Unter Zuhilfenahme methodischer<br />
Wegweiser können Assistenten fundiert den Empowerment-Prozess<br />
unterstützen.<br />
Empowerment hört jedoch nicht auf <strong>der</strong> örtlichen<br />
Ebene auf, son<strong>der</strong>n setzt sich überregional weiter<br />
fort.