Herunterladen der Projektdokumentation - Lebenshilfe Baden ...
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Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung e.V.<br />
WIR SIND DABEI<br />
”Aktive Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> vor Ort“<br />
PROJEKTDOKUMENTATION<br />
2005 - 2006<br />
geför<strong>der</strong>t von
2<br />
DER INHALT<br />
INHALTSANGABE DER DOKUMENTATION<br />
I. VORWORT 05<br />
II. EINIGE RECHTLICHE UND FACHLICHE GRUNDLAGEN<br />
A. Dortmun<strong>der</strong> Erklärung 06<br />
B. Zur rechtlichen Einordnung:<br />
Mitgliedschaft und Geschäftsfähigkeit von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
(Ulrich Hellmann) 07<br />
C. Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung - Mitarbeiter und Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> zugleich 10<br />
D. Zur Geschichte <strong>der</strong> Beteiligung bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> in <strong>Baden</strong>-Württemberg:<br />
Mitwirkung in eigener Sache (Rudi Sack) 11<br />
E. Wie kann Beteiligung vor Ort aussehen: Teilhabe von behin<strong>der</strong>ten Menschen<br />
an kommunalen politischen Prozessen (Klaudia Lucia) 19<br />
III. DAS PROJEKT „BETEILIGUNG VOR ORT“<br />
A. Projektbeschreibung 24<br />
B. Verlauf und Ergebnisse des Projekts 25<br />
C. Regionalveranstaltungen<br />
1. Mitmachen, mitgestalten, mitbestimmen (Regionaltreffen am 23.09.2006 in Bühl) 28<br />
2. „Experten ihres eigenen Lebens“ Pressebericht zum Regionaltreffen in Kirchheim/Teck 29<br />
D. Vollversammlungen<br />
1. Bericht im Quatschbläddl <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim über die 1. Vollversammlung<br />
im Dezember 2005 30<br />
2. „Stark sein, um die eigenen Lebensräume mit zu gestalten“<br />
Pressebericht zur 1. Vollversammlung 31<br />
3. 2. Vollversammlung im November 2006:<br />
Auszug aus <strong>der</strong> Ansprache von Peter Benzenhöfer 32<br />
4. Präsentation zur Weiterentwicklung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Vollversammlung 32<br />
E. Weitere Aktivitäten im Rahmen des Projekts<br />
1. Bericht über den Kongress „Mit-Wirkung vor Ort“ am 24. – 26.10.2005 in Rastatt 35<br />
2. Kongress Rastatt: „On<strong>der</strong>ling Sterk“ Präsentation <strong>der</strong> Selbstvertretungsorganisation<br />
von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung aus Holland 38<br />
3. Seminar „Mitbestimmung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>? Ja klar!“ am 22. – 24.05.2006:<br />
Unterlagen zum Aufbau <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> und zu den verschiedenen Organen im Verein 40<br />
4. Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
a) Zur Geschichte und Zusammensetzung des Beirats 49<br />
b) Themenjahr „Menschen mit höherem Hilfebedarf“ 50<br />
F. „Die Tür <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> ist weit offen“ Bericht über das Projekt „Beteiligung“<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>zeitung 1/2007 (Klaudia Lucia) 51
IV. UMSETZUNG DER BETEILIGUNG IN DER LEBENSHILFE VOR ORT<br />
A. Seminargruppe <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Esslingen 52<br />
B. Teilnehmerbeirat in den Offenen Hilfen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Freiburg 53<br />
C. Geschäftsordnung des Teilnehmerbeirats <strong>der</strong> Offenen Hilfen 54<br />
D. Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Göppingen 58<br />
E. Mitglie<strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg 60<br />
F. „Mitglie<strong>der</strong> auf Zack“ <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg 61<br />
G. Beteiligungsausschuss <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Horb/Sulz 62<br />
H. Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Kirchheim/Teck 63<br />
I. <strong>Lebenshilfe</strong> Pforzheim Enzkreis 64<br />
J. Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt-Murgtal 66<br />
K. Interview mit den beiden Assistentinnen des Beirats bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt-Murgtal 67<br />
L. AK Selbstbestimmung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Reutlingen 68<br />
M. Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim 69<br />
N. „Voneinan<strong>der</strong> Lernen“ Info-Bläddl <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim Ausgabe 11 70<br />
V. ANHANG / MATERIALIEN<br />
A. Glossar: Wer ist was in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>? 72<br />
B. „Sag es einfach!“ Europäische Richtlinien für leichte Lesbarkeit 73<br />
C. DVD mit Filmbeiträgen des Beirats des Landesverbandes und <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>gruppe<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg 84<br />
D. „Willkommen“ Broschüre zur Mitglie<strong>der</strong>werbung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
(lose Beilage)<br />
3
DAS VORWORT<br />
DIE BETEILIGUNG HAT TRADITION<br />
Die Frage <strong>der</strong> Beteiligung und Mitbestimmung von<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung hat bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
in <strong>Baden</strong>-Württemberg inzwischen doch schon<br />
einige Tradition. Als <strong>der</strong> Landesverband sich 1994<br />
an dieses Thema heranwagte (zunächst mit <strong>der</strong><br />
Berufung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in seine<br />
Fachausschüsse), da gab es vor Ort schon einzelne<br />
Ansätze wie die Mitarbeit behin<strong>der</strong>ter Menschen im<br />
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Tübingen o<strong>der</strong> den Arbeitskreis<br />
Selbstbestimmung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Reutlingen.<br />
Bei aller anfänglichen Skepsis mancher Beteiligter<br />
entwickelte sich die Beteiligung in den Strukturen<br />
des Landesverbandes mit großer Dynamik und binnen<br />
kurzer Zeit konnte man sich gar nicht mehr vorstellen,<br />
wie man früher auf die bereichernde Mitarbeit<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung überhaupt<br />
verzichten konnte. Nach <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Satzung<br />
des Landesverbandes im Jahr 1998 (Verpflichtung,<br />
mindestens zwei Vorstandsmitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
zu wählen), <strong>der</strong> Wahl von Peter Benzenhöfer<br />
und Achim Wegmer in den Landesvorstand durch die<br />
Mitglie<strong>der</strong>versammlung 1999 und dann sogar <strong>der</strong><br />
Wahl von Achim Wegmer in den Bundesvorstand im<br />
Jahr 2000 schien „das Thema durch zu sein“. Doch<br />
zum Beispiel in unseren Diskussionsrunden mit den<br />
Mitglie<strong>der</strong>n des Beirates behin<strong>der</strong>ter Menschen auf<br />
Landesebene wurden wir doch immer wie<strong>der</strong> darauf<br />
gestoßen, dass die gleichberechtigte Mitwirkung<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung innerhalb <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
(also die Umsetzung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach<br />
Teilhabe, welche wir gegenüber <strong>der</strong> Gesellschaft erheben,<br />
in unserem eigenen Verein!) eben doch nicht<br />
so selbstverständlich geworden war, wie wir uns<br />
das vielleicht in bisschen selbst eingeredet hatten.<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung machten uns deutlich,<br />
dass sie sich in unseren Vereinen weiterhin häufig<br />
nicht ernst genommen fühlten. Und aus manchen<br />
Orts- und Kreisvereinigungen erreichte uns die Kritik,<br />
dass wir mit unseren Vorstellungen doch wohl<br />
etwas abgehoben hätten von <strong>der</strong> Situation an <strong>der</strong><br />
Basis bzw. die Auffor<strong>der</strong>ung, bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />
von Konzeptionen zur Beteiligung von Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung vor Ort behilflich zu sein.<br />
Das hat den Landesvorstand dazu bewogen, ein<br />
Projekt zur Verstärkung <strong>der</strong> aktiven Beteiligung von<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> vor<br />
Ort zu planen. Mit <strong>der</strong> finanziellen Unterstützung<br />
durch Aktion Mensch und die Stiftung des Landesverbandes<br />
konnte dieses Projekt dann von Januar<br />
2005 bis Dezember 2006 durchgeführt werden. In<br />
dieser Dokumentation, die vielleicht eher eine Materialsammlung<br />
ist, finden Sie nun Ergebnisse und<br />
Ereignisse, Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem<br />
auch „Steckbriefe“ zur Umsetzung <strong>der</strong> Beteiligung<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aus insgesamt zehn<br />
Orts- und Kreisvereinigungen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, teilweise<br />
ergänzt um zusätzliche Materialien aus diesen<br />
Organisationen. Wir wissen, dass noch in einigen<br />
weiteren örtlichen Vereinen die aktive Beteiligung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen gestaltet wird. Vielleicht ist<br />
diese für das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e unserer Mitgliedsorganisationen<br />
schon so selbstverständlich geworden,<br />
dass sie gar nicht mehr als etwas „Beson<strong>der</strong>es“ erwähnenswert<br />
erscheint. Aber vielleicht haben sich<br />
An<strong>der</strong>e auch noch nicht an das Thema herangewagt.<br />
In diesem Fall würde ich mich sehr freuen, wenn es<br />
mit unserer Dokumentation gelingt, Sie anzuregen,<br />
gut zu informieren und davon zu überzeugen,<br />
dass es sich nicht nur im Sinne einer Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Chancen behin<strong>der</strong>ter Menschen auf Teilhabe,<br />
son<strong>der</strong>n auch für die Lebendigkeit und politische<br />
Kraft unseres Verbandes lohnt, Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
noch viel stärker in unserem Verein zu<br />
aktivieren.<br />
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken,<br />
die zum Gelingen unseres Projektes beigetragen<br />
haben. Ich bedanke mich bei unseren Geldgebern,<br />
<strong>der</strong> Aktion Mensch und <strong>der</strong> Stiftung des Landesverbandes.<br />
Ich bedanke mich bei den Mitglie<strong>der</strong>n unseres<br />
Beirates behin<strong>der</strong>ter Menschen, die das Projekt<br />
mit viel Begeisterung nicht nur begleitet, son<strong>der</strong>n<br />
mitgetragen haben. Ich bedanke mich vor allem<br />
auch bei unserer Projektmitarbeiterin, Frau Klaudia<br />
Lucia, die mit den begrenzten Ressourcen einer halben<br />
Stelle in zwei Jahren unglaublich viel bewegt<br />
hat, mit großem fachlichem Engagement, und – was<br />
mindestens genauso wichtig war – mit viel „Herzblut“!<br />
Ich bedanke mich „last but not least“ bei den<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen und ihren Unterstützern<br />
aus den örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>vereinen, die ihr<br />
Engagement, ihre Erfahrungen und ihren Schwung<br />
zur Erreichung <strong>der</strong> Ziele unseres Projektes eingesetzt<br />
haben. Und wer zum Beispiel die „Power“ auf den<br />
Vollversammlungen <strong>der</strong> baden-württembergischen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in Gültstein<br />
erlebt hat, weiß, wovon ich spreche. Sie alle<br />
haben einen großen Beitrag zur Lebendigkeit und<br />
Glaubwürdigkeit unserer so erfolgreichen Selbsthilfeorganisation<br />
geleistet!<br />
Herzlich<br />
Ihr<br />
Rudi Sack<br />
5
6<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
EINIGE RECHTLICHE UND FACHLICHE GRUNDLAGEN<br />
Im September 2003 hat die Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong><br />
in Dortmund das Thema <strong>der</strong> Teilhabe von Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung im Rahmen ihres Kongresses unter<br />
dem Titel „Wir wollen mehr als nur dabei sein!“ in den<br />
fachlichen Mittelpunkt gerückt. Die hier abgedruckte<br />
„Dortmun<strong>der</strong> Erklärung“ als Abschlussdokument dieses<br />
Kongresses stellt auch einen Appell an die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
im Hinblick auf die aktive Beteiligung von Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung im eigenen Verein dar.<br />
A DORTMUNDER ERKLÄRUNG<br />
Beschlossen auf <strong>der</strong> Abschlussveranstaltung des<br />
Kongresses „Wir wollen mehr als nur dabei sein“<br />
<strong>der</strong> Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong><br />
am 20. September 2003<br />
Wir sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des<br />
Kongresses „Wir wollen mehr als nur dabei sein“ in<br />
Dortmund. Zum Abschluss dieses Kongresses wenden<br />
wir uns an alle Bürgerinnen und Bürger, ganz<br />
beson<strong>der</strong>s an Politikerinnen und Politiker, Fachleute,<br />
Eltern und an Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung selbst.<br />
Was ist Teilhabe?<br />
Teilhabe bedeutet mitmachen, mitgestalten und<br />
mitbestimmen beim Zusammenleben aller Bürgerinnen<br />
und Bürger - auch, wenn ein Mensch mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung sehr viel Hilfe braucht. Jede und je<strong>der</strong><br />
hat das Recht, „mittendrin“ in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
zu leben. Auch eine schwere Behin<strong>der</strong>ung ist kein<br />
Grund dafür, ausgeschlossen zu werden.<br />
Die Menschen sind verschieden. Sie alle haben Fähigkeiten<br />
und alle sind gleich viel wert. Verschieden<br />
zu sein ist ein Gewinn für alle Menschen. Die<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> sagt: „Wir brauchen ganz verschiedene<br />
Menschen, damit die Welt sich dreht!“<br />
Teilhabe ist eine Aufgabe für alle<br />
Es ist nicht gut, über Teilhabe nur zu reden. Wir tun<br />
etwas und for<strong>der</strong>n, Menschen im Alltag zu beraten<br />
und zu unterstützen auf dem Weg <strong>der</strong> Teilhabe. Es<br />
ist notwendig, Brücken zu bauen in die Gesellschaft,<br />
in die Gemeinde.<br />
Ratgeber und Brückenbauer zu werden, ist eine<br />
wichtige Aufgabe. Auch die Verbände und Vereine<br />
- wie zum Beispiel die <strong>Lebenshilfe</strong> - rufen wir auf,<br />
selbst Teilhabe von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zu<br />
ermöglichen und in Zukunft noch mehr zu unterstützen.<br />
Einrichtungen, die <strong>Lebenshilfe</strong> und an<strong>der</strong>e Vereine<br />
müssen noch mehr mit an<strong>der</strong>en zusammenarbeiten.<br />
Es kann zum Beispiel gut sein, Erwachsenenbildung<br />
mit <strong>der</strong> Volkshochschule zusammen anzubieten. Es<br />
kann auch gut sein, wenn eine Beraterin von „Pro<br />
Familia“ über Freundschaft, Partnerschaft und Sexualität<br />
informiert.<br />
Wenn alle am Ziel <strong>der</strong> Teilhabe gemeinsam arbeiten,<br />
können wir Erfolg haben!<br />
Ein großer Traum<br />
Eine Gesellschaft, in <strong>der</strong> die vielen verschiedenen<br />
Menschen ohne Angst und Vorurteile gleichberechtigt<br />
zusammen leben; ist noch ein schöner Traum.<br />
Aber ein Traum, für den sich zu kämpfen lohnt. Ob<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> ohne - alle wollen<br />
selbst entscheiden, wie und wo sie leben möchten.<br />
Der Traum heißt auch: Es gibt keine Hin<strong>der</strong>nisse<br />
(„Barrieren“); auch nicht in den Köpfen. Alle Menschen<br />
sind aufgeschlossen. Man kann überall hinkommen<br />
und es gibt Hilfen, alles zu verstehen. Wer<br />
Hilfe benötigt, bekommt sie dort, wo alle an<strong>der</strong>en<br />
auch sind: im Kin<strong>der</strong>garten, in <strong>der</strong> Schule, bei <strong>der</strong><br />
Arbeit, in <strong>der</strong> Wohnung, in <strong>der</strong> eigenen Familie,<br />
auch in <strong>der</strong> Freizeit.<br />
Wer Unterstützung braucht, bekommt genau die<br />
Hilfe, die notwendig ist.<br />
For<strong>der</strong>ungen - auch an die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Heute sagen Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung: „Nichts<br />
über uns ohne uns!“ Sie wollen nicht nur dabei sein,<br />
nicht nur mitreden, son<strong>der</strong>n auch mitbestimmen. So<br />
ist Teilhabe möglich.<br />
Die <strong>Lebenshilfe</strong> soll es auch unterstützen, dass Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung sich in eigenen Gruppen zusammenfinden<br />
und so stark werden.<br />
Teilhabe ist ein Gewinn für alle Menschen in unserem<br />
Land!<br />
Deswegen rufen wir alle Bürgerinnen und Bürger<br />
dazu auf mehr zu tun, damit Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
ein Leben „mittendrin“ leben können und<br />
dieses Ziel nicht nur ein schöner Traum bleibt.<br />
Wir, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses,<br />
wollen uns mit voller Kraft dafür einsetzen,<br />
dass Teilhabe in Gesellschaft und Gemeinde, in den<br />
Wohnstätten und Werkstätten, in den Verbänden<br />
und Vereinen, aber auch in <strong>der</strong> Politik unterstützt<br />
wird!<br />
Dortmund, 20. September 2003
DIE GRUNDLAGEN<br />
Nicht selten stehen einer Einbeziehung von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung als Vereinsmitglie<strong>der</strong> (mit aktivem<br />
und passivem Wahlrecht) rechtliche Bedenken entgegen, die sich um den Begriff <strong>der</strong> „Geschäftsunfähigkeit“<br />
drehen. In seiner rechtlichen Betrachtung im Rahmen <strong>der</strong> Broschüre „Da machen wir doch mit! Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung als Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>“ (Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong> 2003) macht Ulrich<br />
Hellmann deutlich, dass diese Problemstellung nicht überbewertet werden darf.<br />
BRECHTLICHE EINORDNUNG<br />
II.<br />
7
II.<br />
8<br />
DIE GRUNDLAGEN
DIE GRUNDLAGEN<br />
II.<br />
9
II.<br />
10<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Erstellung einer Orientierungshilfe mit<br />
„Beiträgen zu einer Unternehmensethik <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>“<br />
(Landesverband <strong>Lebenshilfe</strong>, 2006) wurde die Frage<br />
intensiv diskutiert, was es bedeutet, wenn Mitarbeiter<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> zugleich auch Mitglie<strong>der</strong> im Trägerverein<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> mit den entsprechenden Rechten und<br />
Pflichten sind. Wenn hier von Interessenkonflikten ausgegangen<br />
wird, so gilt dies unter Umständen auch für<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, die Mitarbeiter <strong>der</strong> Werkstatt<br />
unter <strong>Lebenshilfe</strong>trägerschaft sind. Die Orientierungshilfe,<br />
welche wir unten in Auszügen abdrucken,<br />
gibt zwar die Empfehlung, die Frage möglicher Interessenkonflikte<br />
offen zu diskutieren, aber gleichzeitig<br />
zwischen Mitarbeitern <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> ohne und mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung zu unterscheiden, da Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
eben nicht nur Mitarbeiter <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> sind,<br />
son<strong>der</strong>n immer auch Zielgruppe einer Vereinigung, die<br />
ihre Interessen zu vertreten hat.<br />
C MENSCHEN MIT BEHINDERUNG<br />
– MITARBEITER UND MITGLIEDER DER<br />
LEBENSHILFE ZUGLEICH<br />
Mitarbeiter als Vereinsmitglie<strong>der</strong><br />
/ Verwandtschaftliche Beziehungen<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Konstellation entsteht in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
häufig dadurch, dass Mitarbeiter in den<br />
Einrichtungen gleichzeitig auch Mitglie<strong>der</strong> im Trägerverein<br />
werden und somit Einfluss auf die Strategie<br />
ihres Arbeitgebers nehmen können. Hierzu sind<br />
folgende Überlegungen von Bedeutung:<br />
• Grundsätzlich ist die Mitgliedschaft <strong>der</strong> Mitarbeitenden<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> im Sinne von Corporate<br />
Identity (also <strong>der</strong> Identifikation mit dem „Unternehmen“<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> und seinem Geist) und im Sinne<br />
des Selbstverständnisses <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> (Zusammenarbeit<br />
von Fachleuten und Betroffenen) positiv<br />
zu sehen.<br />
• Mitarbeiter können als Mitglie<strong>der</strong> unter Umständen<br />
auch ein aktives Wahlrecht haben. Der Vorstand<br />
kann aber grundsätzlich sein in <strong>der</strong> Satzung zu verankerndes<br />
Recht wahrnehmen, über Beitrittsanträge<br />
zu entscheiden, um z.B. Situationen zu vermeiden,<br />
dass vor einer Vorstandswahl kurzfristig viele<br />
Mitarbeiter Mitglied werden, um die Wahlentscheidung<br />
konzertiert beeinflussen zu können. Es ist z.B.<br />
auch möglich zu regeln, dass das aktive Wahlrecht<br />
erst ein Jahr nach Beitritt besteht. Es müssen Vorkehrungen<br />
getroffen werden, dass Mitarbeiter des<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Vereins nicht mehrheitlich die Politik ihres<br />
Anstellungsträgers bestimmen können.<br />
• Die Wahrnehmung des passiven Wahlrechtes (sich<br />
in den Vorstand wählen lassen können) kann zu<br />
noch ernsteren Rollenkonflikten führen. Dies gilt<br />
zunächst unabhängig davon, ob es sich z.B. um die<br />
Geschäftsführung, eine Gruppenleiterin o<strong>der</strong> den<br />
behin<strong>der</strong>ten Mitarbeiter einer WfbM handelt. Daher<br />
sollten Mitarbeiter im Grundsatz nicht als wahlberechtigte<br />
Mitglie<strong>der</strong> eines Vorstandes gewählt<br />
werden können.<br />
• In jedem Fall dürfen Mitarbeiter, die in den Vorstand<br />
gewählt sind, schon aus gesetzlichen Gründen<br />
(Befangenheitsregelung) in den Bereichen in denen<br />
Sie von Entscheidungen direkt als Person betroffen<br />
sind, nicht stimmberechtigt sein.<br />
Diese Einschränkung gilt im Übrigen für alle Vorstandsmitglie<strong>der</strong>.<br />
Z.B. darf auch <strong>der</strong> Direktor einer<br />
örtlichen Bank als Mitglied des Vorstands nicht mit<br />
darüber beraten und abstimmen, ob die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
ihre Konten bei dieser o<strong>der</strong> einer an<strong>der</strong>en Bank<br />
einrichtet.<br />
• Wenn die Geschäftsführung stimmberechtigtes<br />
Vorstandsmitglied ist, kann das zur Folge haben,<br />
dass das in diesem Papier erläuterte Prinzip <strong>der</strong> Aufgabenteilung<br />
zwischen Vorstand und Geschäftsführung<br />
gefährdet wird. Daher wird empfohlen, dass<br />
die Geschäftsführung im Vorstand grundsätzlich nur<br />
eine beratende Stimme hat. Wenn dies aus gutem<br />
Grund (historische Gründe, Aktionsfähigkeit des<br />
Vorstands bei sehr kleinen Vereinen, geschäftsführendes<br />
Vorstandsmitglied, ...) an<strong>der</strong>s geregelt ist,<br />
gilt in einem solchen Fall immer die strikte Pflicht<br />
<strong>der</strong> Trennung zwischen Aufsicht und Kontrolle sowie<br />
<strong>der</strong> übrigen Vorstandsaufgaben von <strong>der</strong> operativen<br />
Geschäftsführung.<br />
• Unterschiedlich kann man die Frage beurteilen,<br />
ob die oben genannten Beschränkungen im passiven<br />
Wahlrecht auch für behin<strong>der</strong>te Mitarbeiter<br />
<strong>der</strong> WfbM in Trägerschaft <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> gelten<br />
sollten. Dafür spräche ihre grundsätzliche Gleichbehandlung<br />
als Mitarbeiter, dagegen spräche, dass<br />
sie nicht nur Mitarbeitende, son<strong>der</strong>n auch Zielgruppe/Klientel<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>-Angebote und somit<br />
im Sinne des Selbsthilfegedankens <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
beson<strong>der</strong>s zur Mitbestimmung im Vorstand prädestiniert<br />
sind. Diese Frage sollte im <strong>Lebenshilfe</strong>-Verein<br />
vor Ort entschieden und in <strong>der</strong> Satzung eindeutig<br />
geregelt werden. Wenn die Werkstatt in <strong>der</strong> Trägerschaft<br />
einer ausgeglie<strong>der</strong>ten GmbH steht, ist die<br />
Mitgliedschaft behin<strong>der</strong>ter Mitarbeiter im Vorstand<br />
des Vereins ohnehin unproblematisch.
Mitbestimmung und Selbstorganisation von Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung am Beispiel <strong>der</strong> Entwicklungen<br />
bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
D<br />
MITWIRKUNG IN EIGENER SACHE... 1<br />
von Rudi Sack<br />
1 Der Artikel erschien erstmalig 2005 unter dem Titel „Mitwirkung in eigener Sache.<br />
Entwicklungen beim <strong>Lebenshilfe</strong>-Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg“ in: Hähner, U.<br />
u.a.: Kompetent begleiten: Selbstbestimmung ermöglichen, Ausgrenzung verhin<strong>der</strong>n!,<br />
S. 123 – 137, <strong>Lebenshilfe</strong>-Verlag Marburg<br />
Spätestens seit Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches<br />
IX sprechen wir gerne von Teilhabe. Wir erheben z.B.<br />
für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung die For<strong>der</strong>ung,<br />
dass sie in allen Bereichen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
selbstverständlich teilhaben können. Doch wer ist<br />
das eigentlich: die Gesellschaft? Sind das nur die<br />
an<strong>der</strong>en, die „da draußen“? O<strong>der</strong> sollten wir eher<br />
davon ausgehen, dass die Behin<strong>der</strong>tenhilfe selbst<br />
mit ihren Verbänden, Einrichtungen und Diensten<br />
Teil dieser Gesellschaft ist? Wenn wir das tun, so<br />
müssen wir uns natürlich die Frage stellen, wie es<br />
in diesen Institutionen um die Teilhabe bestellt ist.<br />
Vor<strong>der</strong>gründig können wir diese Frage sozusagen<br />
„locker“ beantworten: mit „ja“, versteht sich. Wo,<br />
wenn nicht in den spezifischen Institutionen und Organisationen<br />
für behin<strong>der</strong>te Menschen, sollten diese<br />
teilhaben, denn sie sind ja schließlich für sie da!<br />
Der geneigte Leser vermutet richtig, dass da Zweifel<br />
angebracht werden sollen (denn sonst wäre dieses<br />
Kapitel bereits abgeschlossen und somit überflüssig).<br />
Die Zweifel stehen im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Fragestellung, was wir unter Teilhabe eigentlich genau<br />
zu verstehen haben. Sie darf sich, so wird hier<br />
behauptet, nicht auf das bloße „dabei sein ist alles“<br />
beschränken. Teilhabe im Sinne von Partizipation<br />
muss immer auch die Möglichkeit beinhalten, auf<br />
das, an dem ich teilhabe, Einfluss nehmen zu können,<br />
es (mit) zu gestalten. Es geht um die „Teilung<br />
von Verantwortung“ (LINDMEIER 2002, S. 72).<br />
Mitbestimmung als Kunden von Einrichtungen<br />
und Diensten<br />
Diese For<strong>der</strong>ung bezieht sich auf alle Lebensbereiche<br />
und ihr entspringen auch diverse gesetzgeberische<br />
und verordnungsmäßige Aktivitäten während<br />
<strong>der</strong> letzten Jahre, wobei vor allem die (nur zäh zustande<br />
gekommene und) im Jahr 2001 in Kraft ge-<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
tretene Werkstättenmitwirkungsverordnung (vgl.<br />
WENDT 2002, S. 322). sowie die im Rahmen <strong>der</strong><br />
Heimgesetznovelle weiterentwickelte Heimmitwirkungsverordnung<br />
zu nennen sind.<br />
Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat sich also<br />
durchaus einiges einfallen lassen, um die Rechte <strong>der</strong><br />
in Einrichtungen lebenden und arbeitenden behin<strong>der</strong>ten<br />
Menschen zu stärken. Allerdings ist auch hier<br />
nicht alles Gold, was glänzt. Die in den genannten<br />
Verordnungen verbrieften Rechte beschränken sich<br />
nämlich auf Mitwirkung <strong>der</strong> Werkstatt- und Heimbeiräte,<br />
also letztlich auf ein Informations- und Anhörungsrecht.<br />
Behin<strong>der</strong>te Menschen for<strong>der</strong>n aber<br />
echte Mitbestimmungsrechte, was bedeuten würde,<br />
dass bestimmte Entscheidungen <strong>der</strong> Leitung einer<br />
Institution nicht ohne ihre Zustimmung gefällt werden<br />
dürften. Als erfreulich kann angemerkt werden,<br />
dass manche Einrichtungen in internen Satzungen<br />
durchaus solche Mitbestimmungsrechte vereinbaren<br />
und garantieren, so z.B. eine Mitbestimmung<br />
bei Personalentscheidungen. Dabei ist interessant,<br />
dass solche Regelungen teilweise auf erbitterten<br />
Wi<strong>der</strong>stand von Betriebsräten bzw. Mitarbeitervertretungen<br />
stoßen, die befürchten, selbst in ihren<br />
nach dem Betriebsverfassungsgesetz garantierten<br />
Rechten eingeschränkt zu werden. Wir sehen also,<br />
dass – wenn auch in Werkstätten für behin<strong>der</strong>te<br />
Menschen heutzutage oft gerne von Mitarbeitern<br />
als einer Gruppe sowohl behin<strong>der</strong>ter als auch nicht<br />
behin<strong>der</strong>ter Betriebsangehöriger gesprochen wird –<br />
sich hier in <strong>der</strong> Realität durchaus nach wie vor zwei<br />
Interessengruppen gegenüber stehen (können).<br />
Einer <strong>der</strong> wesentlichen Vorteile <strong>der</strong> nun gesetzlichen<br />
Verankerung von Mitwirkungsgremien in<br />
Werkstätten und Wohneinrichtungen besteht darin,<br />
dass <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> jetzt auch ein Recht auf Weiterbildungsmaßnahmen<br />
zur Qualifizierung für ihre<br />
Aufgabe besitzen. Schon heute lässt sich feststellen,<br />
dass gerade solche Schulungen und insbeson<strong>der</strong>e<br />
die hierbei entstehenden Effekte einer überregionalen<br />
Vernetzung „Empowerment“ für die Betroffenen<br />
bewirken (vgl. SCHLUMMER/SCHÜTTE 2003).<br />
Werkstatträte organisieren sich mittlerweile auf<br />
landesweiten Treffen und haben sich z.B. in <strong>Baden</strong>-<br />
Württemberg zu einer Landesarbeitsgemeinschaft<br />
<strong>der</strong> Werkstatträte zusammengeschlossen. Gerade<br />
solche Vernetzungen und die damit verbundene<br />
gegenseitige Information und Stärkung in einem<br />
Erfahrungsaustausch führen zumindest tendenziell<br />
dazu, dass die Mitwirkungsgremien vor Ort keine<br />
„braven Abnickveranstaltungen“ bleiben, son<strong>der</strong>n<br />
es zunehmend wagen, bei Bedarf auch „unbequeme“<br />
Positionen einzunehmen.<br />
II.<br />
11
II.<br />
12<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Dieses neue Selbstbewusstsein tritt unter an<strong>der</strong>em<br />
in einer inzwischen nicht selten offensiv geführten<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Angehörigen und <strong>der</strong>en<br />
Wunsch auf Mitwirkung in Einrichtungen zutage.<br />
Auch wenn diese hervorheben, dass sie ihre Aufgabe<br />
vor allem darin sehen, Werkstatträte und Heimbeiräte<br />
zu unterstützen (vgl. WENDT 2002, S. 328),<br />
zeigen sich behin<strong>der</strong>te Menschen häufig vor allem<br />
gegenüber dem Anliegen zur Gründung formalisierter<br />
Angehörigenbeiräte skeptisch, weil sie befürchten,<br />
dass eine solche Gründung zu wohlmeinen<strong>der</strong><br />
paternalistischer Fürsorge und somit zu einer faktischen<br />
Einschränkung <strong>der</strong> eigenen Rechte führen<br />
könnte. Bei allem Verständnis für die Enttäuschung<br />
vieler Angehöriger über solches Misstrauen: die Art<br />
und Weise, wie die Diskussion vonseiten behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen geführt wird, macht die zunehmende<br />
Wachsamkeit und somit die Früchte des emanzipatorischen<br />
Prozesses deutlich.<br />
Erheblicher Nachholbedarf im Hinblick auf verfasste<br />
Mitwirkung muss indes in Einrichtungen für Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche mit Behin<strong>der</strong>ung konstatiert<br />
werden. So exis-tiert in einigen schulgesetzlichen<br />
Regelungen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> keine Verankerung einer<br />
Schülermitverantwortung an <strong>der</strong> „Schule für geistig<br />
Behin<strong>der</strong>te“. In einem Gespräch mit <strong>der</strong> Kultusministerin<br />
von <strong>Baden</strong>-Württemberg zeigte diese sich<br />
durchaus offen, gleichwohl wurde in ihrer fast verblüfften<br />
Reaktion auf die diesbezügliche Nachfrage<br />
offenbar, dass im Ministerium über diese Angelegenheit<br />
scheinbar noch nie nachgedacht worden<br />
war. Es ist eine Binsenweisheit, dass mit dem ganz<br />
praktischen Kennen lernen demokratischer Spielregeln<br />
und Strukturen nicht früh genug begonnen<br />
werden kann. Warum sollte das weniger für Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung gelten?<br />
Gerade vor dem Hintergrund einer immer lauter<br />
werdenden Ambulantisierungsdiskussion ist außerdem<br />
zu for<strong>der</strong>n, dass auch ambulante Dienstleister<br />
die Mitwirkung und Mitbestimmung von Kunden<br />
regeln. So sollten z.B. behin<strong>der</strong>te Menschen, die<br />
persönliche Assistenz im eigenen Wohnraum in Anspruch<br />
nehmen, mehr garantierten Einfluss auf die<br />
Auswahl des sie unterstützenden Personals haben.<br />
Assistenz, so WEBER (2003, S. 4), bedeute: „ich gehe<br />
jedandem zur Hand, und zwar – und das scheint mir<br />
zentral – nach dessen Anweisung“. Auch bei den<br />
Anbietern von Freizeit- und Urlaubsmaßnahmen<br />
im Rahmen von Offenen Hilfen muss die verfasste<br />
Mitbestimmung <strong>der</strong> Teilnehmer erst noch entwickelt<br />
werden. Von einigen ermutigenden Beispielen<br />
(z.B. in München o<strong>der</strong> Freiburg) abgesehen ist dies<br />
bislang nicht <strong>der</strong> Fall. Hier könnten sich die Dienste<br />
einige „Scheibchen“ von den klassischen Verbänden<br />
<strong>der</strong> kirchlichen und außerkirchlichen Jugendarbeit<br />
abschneiden.<br />
Mitbestimmung in einem Selbsthilfeverband<br />
Die Frage <strong>der</strong> Mitbestimmung soll hier nun aber<br />
eingehen<strong>der</strong> in einem Zusammenhang diskutiert<br />
werden, <strong>der</strong> den Autor dieser Zeilen während <strong>der</strong><br />
letzten Jahre intensiv beschäftigt hat. Die Rede ist<br />
von <strong>der</strong> Beteiligung Betroffener im Rahmen des<br />
Verbandes, welcher für sich in Anspruch nimmt,<br />
die Selbsthilfeorganisation von Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung zu sein: die <strong>Lebenshilfe</strong>. Schon<br />
<strong>der</strong> komplette Name – „<strong>Lebenshilfe</strong> für Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung – macht indes deutlich,<br />
dass wir es bislang eher mit einer Hilfsorganisation<br />
für behin<strong>der</strong>te Menschen zu tun hatten, die gleichwohl<br />
immer Selbsthilfeorganisation war: <strong>der</strong> Eltern<br />
und Angehörigen geistig behin<strong>der</strong>ter Menschen.<br />
Dies ist aus dem historischen Kontext auch mehr<br />
als (selbst)verständlich. Zur Zeit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> 1958 wären Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
aufgrund <strong>der</strong> damaligen Deprivation von<br />
Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe in keiner<br />
Weise in <strong>der</strong> Lage gewesen, selbst für die eigenen<br />
Rechte und Anliegen aktiv zu werden. Hier war es<br />
einfach notwendig, dass an<strong>der</strong>e – und im Falle <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> waren dies von Beginn an Eltern Hand<br />
in Hand mit Fachleuten – die Erkämpfung grundsätzlicher<br />
Rechte wie dem auf schulische Bildung<br />
einfor<strong>der</strong>ten und mit großem Erfolg durchsetzten.<br />
Im Übrigen mussten Eltern Selbsthilfe auch im eigenen<br />
vitalen Interesse betreiben, denn die Familien<br />
mit geistig behin<strong>der</strong>ten Angehörigen waren ja als<br />
Ganze eingeschränkt und gesellschaftlich benachteiligt.<br />
Es entspricht <strong>der</strong> Geschichte an<strong>der</strong>er Bürgerrechtsbewegungen,<br />
dass sie gerade in ihrer Entstehungsphase<br />
Fürsprecher „von außen“ hatten. Warum sollte<br />
sich da in unserem Fall nicht auch eine ähnliche<br />
weitere Entwicklung einstellen: die von Deprivation<br />
zumindest teilweise Befreiten und mit Bildung Beglückten<br />
entwickeln immer mehr eigene Positionen,<br />
die Emanzipation eine Eigendynamik. So lässt sich<br />
heute das traditionell paternalistische Fürsprechersystem<br />
für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
nicht mehr störungsfrei aufrecht erhalten, denn diese<br />
akzeptieren zum Teil einfach nicht mehr, dass, was<br />
wir zu ihrem Besten wollen und betreiben, wirklich<br />
das beste für sie sei. Diese Erkenntnis muss sich auch<br />
auf das Selbstverständnis und die Aufbauorganisation<br />
eines Selbsthilfeverbandes wie <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
auswirken.
Lassen Sie es mich deutlich - und zugegebenermaßen<br />
etwas pathetisch – ausdrücken. Die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
hat die Wahl: Entwe<strong>der</strong> sie betreibt und för<strong>der</strong>t die<br />
aktive Mit-gliedschaft von Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung und ihren zunehmenden Ein fluss im<br />
Verband ganz offensiv. O<strong>der</strong> sie belässt es bei dem<br />
bisherigen Zustand, also <strong>der</strong> unter dem Strich wohl<br />
etwa paritätischen Aufteilung <strong>der</strong> Macht zwischen<br />
Angehörigen und Fachleuten und sieht zu, wie<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung sich selbst außerhalb<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> organisieren. Im letzteren<br />
Fall müsste sie in <strong>der</strong> Konsequenz ihren Anspruch<br />
aufgeben, Selbsthilfeorganisation <strong>der</strong> Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung sein, denn Selbsthilfe<br />
kann man – wie die Bezeichnung verdeutlicht – nur<br />
für sich selbst betreiben. Es bliebe also bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
für ... (SACK 1999, S. 10).<br />
Sie müsste sich fragen lassen, wie sie an alle gesellschaftlichen<br />
Institutionen und Gruppierungen die<br />
For<strong>der</strong>ung nach selbstverständlicher Teilhabe und<br />
Einbeziehung von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
stellen kann, ohne diesem Anspruch in <strong>der</strong><br />
eigenen Vereinigung gerecht zu werden (vgl. NIE-<br />
HOFF 1997, S. 3). Und sie würde eine Chance auf<br />
deutlich erhöhte Glaubwürdigkeit in ihrem Auftreten<br />
als Selbsthilfeorganisation z.B. gegenüber <strong>der</strong><br />
Politik verzichten (ebd. S. 4).<br />
Eine Entwicklung in kleinen Schritten<br />
Der Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
begann 1994, die aktive Beteiligung von Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung zu diskutieren und<br />
schrittweise voranzutreiben. Der Entwicklungsprozess<br />
ist nach inzwischen fast zehn Jahren sicherlich<br />
noch nicht abgeschlossen, er beinhaltet auch Rückschläge<br />
und Schwierigkeiten, vor allem aber wichtige<br />
Lernerfahrungen aller Seiten und „Aha-Effekte“<br />
im positiven Sinne. Anhand <strong>der</strong> hier gesammelten<br />
Erfahrungen soll die Möglichkeit <strong>der</strong> Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Selbsthilfe geistig behin<strong>der</strong>ter Menschen innerhalb<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> im Folgenden dargestellt und<br />
diskutiert werden.<br />
Bedenken<br />
Am Anfang <strong>der</strong> Diskussion in Stuttgart standen die<br />
gleichen Bedenken, welche bis heute in <strong>der</strong> lebenshilfeweiten<br />
Diskussion eine Rolle spielen. Sie lassen<br />
sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:<br />
Rechtliche Bedenken<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Wie sollen Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in<br />
einem Verein Mitglie<strong>der</strong> – am Ende vielleicht sogar<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong> – mit vollen Rechten und<br />
Pflichten sein, wenn ihre Geschäftsfähigkeit im<br />
Sinne des § 104 BGB nicht besteht bzw. zumindest<br />
eingeschränkt ist? Diese anfangs fast als Totschlagsargument<br />
eingebrachte Begründung relativierte<br />
sich nicht zuletzt durch eine juristische Darstellung<br />
HELLMANNs (1994), in <strong>der</strong> deutlich wurde:<br />
• Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung sind nicht<br />
per se geschäftsunfähig, vielmehr bedarf es zu dieser<br />
Annahme einer individuellen Überprüfung im<br />
Einzelfall;<br />
• Wenn im Einzelfall z.B. <strong>der</strong> Beschluss einer Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
o<strong>der</strong> eines Vorstandes mit dem<br />
Argument angefochten wird, dass auch geschäftsunfähige<br />
Menschen an <strong>der</strong> Abstimmung beteiligt<br />
gewesen seien, so wird selbst im Falle einer gerichtlichen<br />
Feststellung <strong>der</strong> Geschäftsunfähigkeit Einzelner<br />
dadurch <strong>der</strong> Beschluss nicht automatisch unwirksam.<br />
Es verhält sich vielmehr so, dass lediglich<br />
die Stimme des „Geschäftsunfähigen“ im Nachhinein<br />
als nicht abgegeben gewertet wird.<br />
Bedenken gegen eine neue Ausgrenzung<br />
Bis heute eine große Rolle in <strong>der</strong> Skepsis gegenüber<br />
<strong>der</strong> Mitbestimmung von Men-schen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung im Vereinsleben spielen die Bedenken<br />
gegenüber einer in diesem Zusammenhang stattfindenden<br />
„Auslese“ unter den Betroffenen. Im Sinne<br />
eines „Alles o<strong>der</strong> nichts“ wird infrage gestellt, ob<br />
eine Beteiligung lediglich in geringerem Maße intellektuell<br />
beeinträchtigter Menschen legitim sei,<br />
o<strong>der</strong> ob sie nicht eine noch stärkere Vernachlässigung<br />
<strong>der</strong> Interessen schwer beeinträchtigter Menschen<br />
mit sich bringe.<br />
Hier wird bei Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen nach<br />
meinem Eindruck ein höherer Maßstab an die Voraussetzungen<br />
„echter Demokratie“ angelegt als<br />
sonst. Denn: auch im deutschen Bundestag sitzt<br />
bekanntlich nicht wirklich ein repräsentativer Querschnitt<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung im Hinblick auf Bildungsstand,<br />
Beruf, Angehörigkeit zu sozialen Schichten,<br />
Alter etc. Das gleiche gilt auch für Vorstände von <strong>Lebenshilfe</strong>vereinen:<br />
nicht jedes Elternteil, jede Fachkraft<br />
ist in gleicher Weise geeignet, die repräsentative<br />
Funktion <strong>der</strong> Interessenvertretung in einem<br />
Gremium wahrzunehmen.<br />
II.<br />
13
II.<br />
14<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Die Furcht vor <strong>der</strong> Vernachlässigung <strong>der</strong> Interessen<br />
„schwerbehin<strong>der</strong>ter“ Menschen impliziert indes die<br />
Annahme, dass Menschen mit leichterer Behin<strong>der</strong>ung<br />
zur Solidarität mit schwerer beeinträchtigten<br />
Kollegen nicht o<strong>der</strong> zumindest nur in geringerem<br />
Maße fähig seien als wir so genannte „Nichtbehin<strong>der</strong>te“<br />
– bei genauerem Hinsehen eine arrogante<br />
Anmaßung, die empirisch durch nichts belegt ist.<br />
Bedenken gegen Überfor<strong>der</strong>ung<br />
bzw. eine Alibifunktion<br />
Die wesentlichsten Bedenken im Hinblick auf die<br />
Mitbestimmung von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
im Sinne einer aktiven Beteiligung in<br />
Gremien <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> bezogen sich auch in <strong>der</strong><br />
Diskussion beim baden-württembergischen Landesverband<br />
auf die Befürchtung einer Überfor<strong>der</strong>ung<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, an denen die Arbeit<br />
in den Gremien – so die Befürchtung –„vorbeirauschen“<br />
würde, sodass ihre Beteiligung eher<br />
dekorativen Charakter hätte und somit eine Alibifunktion<br />
erfüllen würde. Argumente für diese Bedenken<br />
ließen sich leicht finden: man denke zum<br />
Beispiel nur an die Diskussion von Haushaltsplanungen,<br />
die Bewertung von Bilanzen und ähnliche Vorstandsthemen.<br />
Man denke an die Anhäufung von<br />
Tagesordnungspunkten, die abzuhandeln wären<br />
und die häufige Abstraktheit <strong>der</strong> zu diskutierenden<br />
Angelegenheiten – dies in beson<strong>der</strong>em Maße bei einem<br />
Landesverband, in dem es nicht um die konkrete<br />
Einrichtung und konzeptionelle Gestaltung von<br />
Angeboten geht, son<strong>der</strong>n zum Beispiel um hoch<br />
komplexe sozialpolitische Zusammenhänge wie die<br />
Binnendifferenzierung o<strong>der</strong> die Umsetzung <strong>der</strong> §§<br />
93 ff BSHG.<br />
Diese Bedenken führen bis heute häufig zu <strong>der</strong> Entscheidung,<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen in Gremien nur<br />
gezielt zu bestimmten Tagesordnungspunkten einzuladen,<br />
welche sie direkt betreffen würden (wobei<br />
die Frage erlaubt sein darf, welche Fragen ein<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>vorstand wohl zu diskutieren hätte, die<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen nicht betreffen würden). So<br />
geschah es anfänglich auch beim Landesverband<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg, wie weiter unten noch darzustellen<br />
sein wird. Weil die damalige kontroverse Diskussion<br />
aber durchaus mit großer Offenheit geführt<br />
wurde, stellte sich dabei folgendes heraus: Auch <strong>der</strong><br />
Vorstand in seiner bisherigen Zusammensetzung<br />
bestand nicht nur aus Teilnehmern, die allen Fragen<br />
in allen Punkten folgen konnten, beispielsweise waren<br />
nur ganz wenige Mitglie<strong>der</strong> des Lesens einer<br />
Bilanz wirklich mächtig, und die an<strong>der</strong>en verließen<br />
sich darauf, dass ihre in dieser Frage kompetenteren<br />
Kollegen diese Aufgabe verantwortungsvoll<br />
und im Sinne aller übernehmen würden. Dies betraf<br />
aber nicht nur die finanztechnischen Fragen. Als wir<br />
seinerzeit für die neuen Vorstandskollegen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
eine Art Glossar <strong>der</strong> häufig vorkommenden<br />
Fremdwörter, Abkürzungen und komplizierten<br />
Sachverhalte in einfacher Sprache erstellten („LWV“,<br />
„Hilfebedarfsgruppen“, „Intensivkooperation“, „§§<br />
93 ff BSHG“ usw.) und dieses dann selbstverständlich<br />
auch den „alten“ Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n zur Kenntnis<br />
übergaben, reagierten einige von diesen sehr<br />
erfreut und gaben gerne zu, dass sie manche <strong>der</strong><br />
dargestellten Sachverhalte nun eigentlich auch zum<br />
ersten Mal wirklich begriffen hätten. Es zeigte sich<br />
also: Dem Anspruch, allen im Vorstand zu besprechenden<br />
Themen in ganzer Breite folgen zu können,<br />
vermag wohl kaum ein Vorstandsmitglied zu<br />
entsprechen. Vielmehr setzt sich ein solches Gremium<br />
im positiven Fall aus verschiedenen Persönlichkeiten<br />
zusammen, die jeweils ganz unterschiedliche<br />
Erfahrungen, Sichtweisen und Kompetenzen einzubringen<br />
haben: z.B. die Finanzerfahrung als Banker,<br />
die pädagogische Kompetenz eines Son<strong>der</strong>pädagogen,<br />
die Kompetenz <strong>der</strong> Betroffenheit als Eltern<br />
usw. – häufig natürlich auch mit mehreren Kompetenzen<br />
und Hintergründen in einer Person vereint.<br />
Nur hatte man bisher darauf verzichtet, eine ganz<br />
wesentliche Kompetenz im Vorstand personell vertreten<br />
zu lassen: nämlich diejenige <strong>der</strong> Betroffenheit<br />
als Mensch mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“<br />
– Zunehmende Beteiligung als Prozess<br />
In diesem Abschnitt soll anhand <strong>der</strong> Vorgehensweise<br />
beim Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
beschrieben werden, wie die Beteiligung<br />
von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung schrittweise<br />
im Sinne eines Prozesses entwickelt werden<br />
kann. Die prozesshafte Vorgehensweise wird dabei<br />
deshalb für sinnvoll erachtet, weil die Entwicklung<br />
einer neuen Verteilung von Verantwortlichkeiten<br />
und von Macht (!) Lern- bzw. Gewöhnungsprozesse<br />
auf den verschiedenen Seiten voraussetzt, und man<br />
mit einem „Wir-wollen-alles-auf-einmal“ zumindest<br />
Gefahr läuft, auf Blockierungen zu stoßen, die dann<br />
nur schwer zu überwinden sind.<br />
In Stuttgart begann die Entwicklung mit <strong>der</strong> Besetzung<br />
von Fachausschüssen, die <strong>der</strong> Vorstand 1993<br />
eingerichtet und <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> er berufen hatte.<br />
Hier beschloss man mit einer kleinen Verzögerung,
dass in diesen auf einzelne Themenbereiche bezogenen<br />
Ausschüssen eine Beteiligung behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen erprobt werden könnte und machte sich<br />
über Ortsvereinigungen bzw. Einrichtungen und<br />
Dienste vor Ort gezielt auf die Suche nach jeweils<br />
zwei Vertretern für die Ausschüsse „Offene Hilfen“,<br />
„Wohnen“ und den „Programmbeirat“ (Gremium<br />
zur Begleitung des Fortbildungsbereiches beim<br />
Landesverband). Bei dieser Suche wurden folgende<br />
Auswahlkriterien angewandt:<br />
1. Es sollten jeweils zwei behin<strong>der</strong>te Menschen aus<br />
einem Ortsverband gemeinsam entsandt weden,<br />
damit diese sich gegenseitig unterstützen könnten.<br />
2. Es muss vor Ort eine Person gefunden werden, die<br />
sich zur Assistenz <strong>der</strong> Ausschussmitglie<strong>der</strong> bereit erklärt<br />
und dem Landesverband als Ansprechpartner<br />
zur Verfügung steht. Diese Person erhält (bis heute)<br />
alle Unterlagen des jeweiligen Gremiums und soll<br />
die Ausschussmitglie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Vor- und Nachbereitung<br />
<strong>der</strong> Sitzungen sowie gegebenenfalls bei organisatorischen<br />
Fragen (z.B. Anreise, Freistellung in<br />
<strong>der</strong> WfbM) unterstützen.<br />
3. Ein nicht behin<strong>der</strong>tes Mitglied des jeweiligen<br />
Ausschusses erklärt sich darüber hinaus bereit, eine<br />
assistierende Funktion zu übernehmen. Dieses darf<br />
nicht aus <strong>der</strong> selben Ortsvereinigung entsandt sein<br />
wie die behin<strong>der</strong>ten Gremienmitglie<strong>der</strong> (um Interessenkollisionen<br />
nicht unnötig auszuweiten), es ist<br />
aber hilfreich, wenn es aus einer nahe gelegenen<br />
Region stammt, um beispielsweise zumindest einen<br />
Teil <strong>der</strong> Anreise gemeinsam erledigen o<strong>der</strong> auch mal<br />
ein Treffen zwischen den Sitzungen ermöglichen zu<br />
können.<br />
Diese doch recht rigiden Auswahlkriterien werden<br />
nicht bis heute vollständig eingehalten, es zeigte<br />
sich auch eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung<br />
<strong>der</strong> Assistenzfunktion sowohl vor Ort als auch durch<br />
das weitere Ausschussmitglied. In <strong>der</strong> Nachschau war<br />
es aber sicherlich richtig, bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> ersten<br />
Ausschussmitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung so gründlich<br />
vorzugehen.<br />
Nach <strong>der</strong> Berufung <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Ausschussmitglie<strong>der</strong><br />
1994 beschloss <strong>der</strong> Vorstand ein Jahr<br />
später, die damals insgesamt sechs Personen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung zu einem weiteren Gremium zusammenzufassen<br />
– dem Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
beim Landesverband. Dieser wurde durch ein Vorstandsmitglied<br />
und einen Mitarbeiter <strong>der</strong> Landesgeschäftsstelle<br />
unterstützt und erhielt die Aufgabe<br />
<strong>der</strong> Beratung des Vorstandes. Der Beirat tagte an-<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
fangs in zweitägigen Klausursitzungen, ein Umstand,<br />
<strong>der</strong> sicherlich zur Festigung dieser Gruppe<br />
und zum Sammeln von Erfahrungen in Gremienarbeit<br />
für seine Mitglie<strong>der</strong> einen wesentlichen Beitrag<br />
leistete. Schon bald erhob <strong>der</strong> Beirat die For<strong>der</strong>ung<br />
nach regelmäßigen gemeinsamen Sitzungen mit<br />
dem Vorstand, von denen die erste 1997 stattfand.<br />
Außerdem wurde <strong>der</strong> Beirat auf eigenen Antrag<br />
durch Berufung des Vorstandes um zwei Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung erweitert, welche auf Tagungen<br />
des Landesverbandes und einem „Tag behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen“ im Landtag von <strong>Baden</strong>-Württemberg als<br />
äußerst aktiv aufgefallen waren.<br />
Anlässlich <strong>der</strong> gemeinsamen Sitzungen von Beirat<br />
und Vorstand wurde zweierlei deutlich: Einerseits<br />
erwarben sich die Mitglie<strong>der</strong> des Beirates, welche<br />
die gemeinsamen Sitzungen stets gut vorbereitet<br />
hatten, schnell einen großen Respekt beim Landesvorstand<br />
angesichts <strong>der</strong> Ernsthaftigkeit ihres Engagements.<br />
An<strong>der</strong>erseits waren die gemeinsamen<br />
Sitzungen immer auch von einiger Verkrampfung<br />
gekennzeichnet, was sich nicht nur mit dem Umstand<br />
erklären ließ, dass die ganze Veranstaltung<br />
doch für alle Beteiligten äußerst ungewohnt war.<br />
Vielmehr zeigte sich zunehmend die Unnatürlichkeit<br />
<strong>der</strong> bisherigen Konstruktion: Der Vorstand eines Behin<strong>der</strong>tenverbandes<br />
hört sich ein bis zwei Mal pro<br />
Jahr artig die ebenso artig vorgetragenen Anliegen<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen an, quasi wie in einer Art Petitionsausschuss.<br />
Behin<strong>der</strong>te Menschen stellten ihre<br />
For<strong>der</strong>ungen auf (z.B. klassisch nach besserer Entlohnung<br />
in <strong>der</strong> WfbM), ohne sich über <strong>der</strong>en Umsetzung<br />
weiter Gedanken machen zu müssen, nicht behin<strong>der</strong>te<br />
Entscheidungsträger nickten anerkennend<br />
über das Vorgetragene, um dann im anschließenden<br />
„eigentlichen Sitzungsteil unter sich“ festzustellen,<br />
dass diese For<strong>der</strong>ungen ebenso berechtigt wie unerfüllbar<br />
seien. Das allseits entstehende Unbehagen<br />
mündete bereits nach <strong>der</strong> dritten <strong>der</strong>artigen Veranstaltung<br />
in <strong>der</strong> Diskussion, ob es nicht sinnvoller sei,<br />
zwei vom Beirat zu wählende Sprecher an allen Vorstandssitzungen<br />
zu beteiligen.<br />
Wenn man bedenkt, von welchem Konsens die inzwischen<br />
selbstverständliche Beteiligung behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen im Vorstand heute beim Landesverband<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg getragen ist, so ist heute<br />
nur noch schwer nachvollziehbar, wie erbittert und<br />
kontrovers dieser Vorschlag damals diskutiert wurde.<br />
Ging es nun „ans Eingemachte“? Am Ende <strong>der</strong><br />
Diskussion stand <strong>der</strong> Kompromiss, dass <strong>der</strong> Vorstand<br />
zwar (noch) nicht von seinem satzungsgemäßen<br />
Recht auf Kooption zweier neuer Mitglie<strong>der</strong> Gebrauch<br />
machen würde, wohl aber zwei Sprecher des<br />
II.<br />
15
II.<br />
16<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Beirates fortan zu je<strong>der</strong> Vorstandssitzung als beratende<br />
Mitglie<strong>der</strong> einladen würde. Im Nachhinein<br />
kann diese Entscheidung sicherlich als „Durchbruch“<br />
gewertet werden, was nicht zuletzt mit <strong>der</strong> hohen<br />
Kompetenz <strong>der</strong> hierbei konkret zum Vorstand stoßenden<br />
Personen zusammenhing.<br />
Die restliche Entwicklung ergab sich aufgrund <strong>der</strong><br />
äußerst positiven Erfahrungen gewissermaßen<br />
zwangsläufig: anlässlich <strong>der</strong> nächsten Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
des Landesverbandes im Oktober<br />
1998 wurde vom Vorstand eine Satzungsän<strong>der</strong>ung<br />
vorgeschlagen und nach eingehen<strong>der</strong> Diskussion<br />
ohne Gegenstimme und bei nur einer Enthaltung<br />
verabschiedet, wonach im Vorstand des Landesverbandes<br />
bei zukünftigen Wahlen zwei Sitze für<br />
„Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen aus <strong>der</strong> Zielgruppe<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>arbeit“ zu reservieren seien. Die<br />
klare Entscheidung <strong>der</strong> Delegierten war sicher stark<br />
davon beeinflusst, dass die beiden bislang als beratende<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong> fungierenden Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ungen sich an <strong>der</strong> Diskussion sehr aktiv<br />
und sehr glaubwürdig – um nicht zu sagen mit<br />
schon fast demagogischem Geschick – beteiligten.<br />
Die Diskussion gipfelte in <strong>der</strong> beiläufigen Anmerkung<br />
eines <strong>der</strong> Betroffenen: „Da gab es mal einen,<br />
<strong>der</strong> hat gesagt: ‚Wer zu spät kommt, den bestraft<br />
das Leben!’“ Das Zitat hätte im Hinblick auf die unbestreitbare<br />
Notwendigkeit <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> wirklich nicht besser gewählt werden<br />
können!<br />
Direkt im Anschluss an diese Entscheidung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
wurden die bisher beratenden nun als „ordentliche“<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong> kooptiert und anlässlich<br />
<strong>der</strong> nächsten Vorstandswahl im Herbst 1999<br />
erstmals zwei Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen direkt<br />
von <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung in den Landesvorstand<br />
gewählt.<br />
Methodische Überlegungen zu einer gelingenden<br />
Beteiligung<br />
Die vorangehenden Zeilen mögen suggeriert haben,<br />
dass die Beteiligung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
in Gremien <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> bei entsprechendem<br />
Willen und <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> geeigneten Personen<br />
gewissermaßen ein Selbstläufer sei. Diesen Eindruck<br />
sollte man so nicht stehen lassen, denn obwohl diese<br />
beiden Faktoren sicherlich von entscheiden<strong>der</strong><br />
Bedeutung sind, bedarf die Beteiligung sicherlich<br />
zusätzlich einiger methodischer Überlegungen (vgl.<br />
LANDESVERBAND BADEN-WÜRTTEMBERG 2001).<br />
In den Erfahrungen beim Landesverband <strong>Baden</strong>-<br />
Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> haben sich dabei die<br />
folgenden Regelungen als hilfreich erwiesen, wobei<br />
betont werden muss, dass die Beteiligten weit<br />
davon entfernt sind, diese immer konsequent und<br />
ohne Rückschläge einzuhalten.<br />
Gegenseitige Unterstützung zweier Personen<br />
Am Anfang stand, wie weiter oben bereits erwähnt,<br />
die Vorgehensweise, bei Berufungen o<strong>der</strong> Wahlen<br />
in Gremien jeweils zwei miteinan<strong>der</strong> vertraute<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen aus einer Region gemeinsam<br />
zu beauftragen, damit diese sich gegenseitig<br />
(unter)stützen können. Die Unterstützung kann sowohl<br />
psychologischer (sich gemeinsam eher etwas<br />
trauen o<strong>der</strong> zutrauen) als auch ganz praktischer<br />
Natur sein (z.B. zu zweit die Anfahrt leichter bewältigen<br />
können). Diese Vorgehensweise hat ihre Berechtigung<br />
sicherlich vor allem in <strong>der</strong> Anfangszeit<br />
<strong>der</strong> Beteiligung, ihre Notwendigkeit relativiert sich<br />
mit zunehmen<strong>der</strong> Erfahrung und Souveränität <strong>der</strong><br />
Akteure.<br />
Assistenz<br />
In beson<strong>der</strong>er Weise hängt eine erfolgreiche und<br />
glaubwürdige Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
davon ab, dass ihnen eine ausreichende Assistenz<br />
zur Verfügung steht. Diese besteht in erster Linie<br />
in <strong>der</strong> Vor- und Nachbesprechung <strong>der</strong> Gremiensitzungen.<br />
Die Assistenz ist sehr zeit- und personalaufwändig<br />
und fällt daher im Alltag lei<strong>der</strong> immer<br />
wie<strong>der</strong> einem gewissen Pragmatismus zum Opfer.<br />
Beispielsweise wird die anfänglich grundsätzliche<br />
Vorbesprechung <strong>der</strong> Vorstandssitzungen zwischen<br />
den beiden Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
und einer Mitarbeiterin <strong>der</strong> Landesgeschäftsstelle in<br />
Stuttgart inzwischen lei<strong>der</strong> nicht mehr konsequent<br />
durchgeführt. Das scheitert im Übrigen nicht zuletzt<br />
auch an einem immer dichter werdenden Terminkalen<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Betroffenen selbst, die neben den Vorstandssitzungen<br />
inzwischen viele weitere Termine<br />
wahrnehmen. Trotzdem darf diese Form <strong>der</strong> Assistenz<br />
gerade auch bei neu hinzukommenden Mandatsträgern<br />
nicht vernachlässigt werden. Bei Personal-<br />
und Budgetplanungen ist <strong>der</strong> entsprechende<br />
Bedarf zu berücksichtigen.<br />
Assistenz bedeutet aber auch ganz praktische Hilfestellung<br />
im Umfeld <strong>der</strong> wahrzunehmenden<br />
Aufgaben. Es kann z.B. nicht mehr einfach davon<br />
ausgegangen werden, dass alle Mandatsträger<br />
selbstständig zu Terminen und wie<strong>der</strong> nachhause
gelangen. Es ist bei mehrtägigen Veranstaltungen<br />
unter Umständen eine Assistenz im pflegerischen<br />
Bereich sicherzustellen usw. Behin<strong>der</strong>te Menschen,<br />
die (vielleicht mehrmals) vergeblich auf den versprochenen<br />
Abholdienst am Bahnhof warten, verlieren<br />
den Mut bzw. fühlen sich (zu recht!) entgegen aller<br />
Beteuerungen nicht ausreichend ernst genommen.<br />
Verbände müssen also – das zeigen die bisherigen<br />
Erfahrungen – noch sehr viel besser und zuverlässiger<br />
in logistischen Fragen werden!<br />
Weniger ist mehr<br />
Man kann sich gelegentlich des Eindrucks nicht erwehren,<br />
dass Gremien ihre Wichtigkeit nicht zuletzt<br />
an <strong>der</strong> Anzahl ihrer Tagesordnungspunkte und dem<br />
Gewicht ihrer Vor- und Unterlagen festmachen. Unter<br />
20 TOPs und einem Aktenordner voller Unterlagen<br />
pro Sitzung läuft nichts! Unter solchen Bedingungen<br />
kann eine Beteiligung von Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Tat zum Alibi verkommen.<br />
Vermutlich ist es gerade die Orientierung an einem<br />
„Weniger-ist-mehr“, welche die Arbeit des Landesverbandes<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> seit<br />
<strong>der</strong> ständigen Beteiligung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
am stärksten verän<strong>der</strong>t hat. Und ich<br />
möchte behaupten, dass diese alles an<strong>der</strong>e als zu<br />
Lasten <strong>der</strong> übrigen Vorstandsmitglie<strong>der</strong> o<strong>der</strong> gar<br />
<strong>der</strong> Sache ging. Der eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mag sich nun<br />
befreit fühlen von dem ewig schlechten Gewissen,<br />
Unterlagen, die einfach nicht zu bewältigen sind,<br />
wie<strong>der</strong> einmal nicht gelesen zu haben. Und auch<br />
die eigentliche Aufgabe eines Vorstandes, nämlich<br />
die Diskussion und Entscheidung <strong>der</strong> wesentlichen<br />
strategischen Fragen, lässt sich im Grunde leichter<br />
bewältigen, wenn man sich mehr Zeit für das einzelne<br />
Thema genehmigt. So sind inzwischen sechs<br />
bis zehn Tagesordnungspunkte (letzteres bei zweitägigen<br />
Sitzungen) im Vorstand des Landesverbandes<br />
die Regel, wobei dem gegenseitigen Bericht aus<br />
verschiedenen an<strong>der</strong>en Gremien und Veranstaltungen<br />
ein relativ breiter Raum zugemessen wird. Das<br />
sind immer noch mehr Themen als genug!<br />
Unter das „Weniger-ist-mehr“ lässt sich im weiteren<br />
Sinne auch die For<strong>der</strong>ung nach besser lesbaren<br />
Unterlagen und einfacherer Sprache in Diskussionen<br />
subsumieren. Die Verwendung eines größeren<br />
Schrifttyps beim Schreiben von Einladungen, Protokollen<br />
etc. ist dabei noch die leichtere Übung.<br />
Sehr viel schwieriger gestaltet sich die einfache und<br />
knappe Zusammenfassung von Ergebnissen in Pro-<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
tokollen etc. ist dabei noch die leichtere Übung.<br />
Sehr viel schwieriger gestaltet sich die einfache und<br />
knappe Zusammenfassung von Ergebnissen in Protokollen,<br />
sodass lei<strong>der</strong> auch heute noch konstatiert<br />
werden muss, dass diese häufig nicht „behin<strong>der</strong>tengerecht“<br />
aussehen.<br />
Gleiche Regeln für Alle<br />
Wieso sollte man eine Selbstverständlichkeit überhaupt<br />
noch benennen? Dies geschieht hier wohl vor<br />
allem aus <strong>der</strong> Erfahrung heraus, dass in <strong>der</strong> „Erprobungsphase“<br />
<strong>der</strong> Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
die Akteure vielleicht ein bisschen geneigt sind, ihr<br />
Wohlwollen dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass<br />
sie den neuen behin<strong>der</strong>ten Kollegen so manches<br />
„durchgehen“ lassen, zum Beispiel wenn diese einfach<br />
dazwischen sprechen und sich nicht an die Rednerliste<br />
halten. Was als Toleranz gegenüber noch<br />
mangeln<strong>der</strong> Erfahrung in „Spielregeln“ anfangs sicherlich<br />
Sinn machen kann, wird jedoch zunehmend<br />
zum Problem, wenn es sich nicht alsbald einpendelt.<br />
Jegliche Wahrnehmung einer Ungleichbehandlung<br />
– in welcher Richtung auch immer – führt in einer<br />
Gruppe immer zu Spannungen, und Partizipation<br />
muss die Gleichheit <strong>der</strong> Pflichten genauso wie<br />
<strong>der</strong> Rechte beinhalten. Das ist leichter gesagt als<br />
getan. Denn im Alltag stellt sich das Problem teilweise<br />
recht subtil dar. Wie damit umgehen, wenn<br />
ein behin<strong>der</strong>tes Gremienmitglied bei jedem Misserfolgserlebnis<br />
(sei es, dass die eigene Meinung von<br />
<strong>der</strong> Mehrheit nicht geteilt wird o<strong>der</strong> nur, dass man<br />
auf die Rednerliste und damit verbunden auf die<br />
Verpflichtung, den eigenen Beitrag noch zurückzuhalten,<br />
hingewiesen wird) die „Behin<strong>der</strong>tenkarte“<br />
zieht, etwa mit <strong>der</strong> Bemerkung: „Ich weiß schon, ich<br />
bin behin<strong>der</strong>t, und deswegen zählt meine Meinung<br />
hier nichts.“?<br />
Der Wunsch, behin<strong>der</strong>te Menschen zu „schonen“,<br />
kann auch ganz an<strong>der</strong>e Konsequenzen nach sich<br />
ziehen, etwa den Wunsch, bestimmte Themen – z.B.<br />
die Erfahrungen mit ihrer Beteiligung – unter ihrem<br />
Ausschluss zu diskutieren. Stellen Sie sich vor,<br />
ein Jahr nach <strong>der</strong> Neuwahl eines „normalen“ Vorstandes<br />
würden die alten Mitglie<strong>der</strong> den Vorschlag<br />
machen, unter Ausschluss <strong>der</strong> „Neuen“ darüber zu<br />
diskutieren, wie gut diese sich eingefunden hätten.<br />
Natürlich ist diese Vorstellung absurd. Entwe<strong>der</strong> das<br />
Thema ist so wichtig (also vermutlich konfliktreich),<br />
dass es besprochen werden muss, aber dann selbstverständlich<br />
unter <strong>der</strong> Einbeziehung aller Beteiligten,<br />
und wenn es menschlich noch so schwer fällt.<br />
O<strong>der</strong> das Thema hat eben auf keiner Tagesordnung<br />
einer Teilgruppe etwas zu suchen.<br />
II.<br />
17
II.<br />
18<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Von <strong>der</strong> Mitbestimmung zur<br />
Selbstorganisation<br />
Das in den vorangegangenen Abschnitten Dargestellte<br />
stellt kein endgültig erreichtes Ziel, son<strong>der</strong>n<br />
allenfalls ein Zwischenergebnis in <strong>der</strong> Partizipation<br />
von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Verbandsarbeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> dar. Die Entwicklung ist<br />
immer noch deutlich von Unzulänglichkeiten und<br />
einer Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit<br />
geprägt – <strong>der</strong> Lernprozess bei allen Beteiligten<br />
darf wahrscheinlich nie als endgültig abgeschlossen<br />
gelten. Gleichwohl kann man auch bei dem bisher<br />
Erreichten schon von Erfolgen sprechen. Diese betreffen<br />
in erster Linie das verän<strong>der</strong>te Bewusstsein<br />
aller beteiligten Akteure – Empowerment bei den<br />
behin<strong>der</strong>ten Menschen sowie die Selbstverständlichkeit,<br />
mit <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Position <strong>der</strong> Betroffenen<br />
gefragt wird, bei Angehörigen und Fachleuten. Diese<br />
Entwicklung wirkt sich auch bereits sehr positiv<br />
auf die Außenwirkung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> aus, die im<br />
Dialog zum Beispiel mit <strong>der</strong> Politik, <strong>der</strong> Verwaltung<br />
und an<strong>der</strong>en Verbänden noch an Glaubwürdigkeit<br />
gewonnen hat.<br />
Doch Weiterentwicklungsbedarf besteht allemal.<br />
Dieser wird hier vor allem darin gesehen, dass bislang<br />
von wenigen Ansätzen zum Beispiel im Beirat<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen abgesehen alle Schritte sich<br />
lediglich auf eine Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in bestehenden Strukturen bezogen, aber<br />
nicht auf die Entwicklung einer Selbstorganisation<br />
von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung. Nun<br />
kann in diesem Zusammenhang natürlich die Frage<br />
gestellt werden, ob dann nicht überhaupt eine<br />
Struktur außerhalb <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> dem Ziel <strong>der</strong><br />
Partizipation dienlicher wäre. Ich persönlich vertrete<br />
diese Ansicht nicht, weil ich befürchte, dass<br />
dann eher Spielwiesen entstünden, um zu verhin<strong>der</strong>n,<br />
dass Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
real an wichtigen Entscheidungsfindungen beteiligt<br />
werden (vgl. BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE<br />
1995, S. 18). Allerdings steht in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> unbedingt<br />
eine Diskussion an, wie die verschiedenen<br />
Interessengruppen neben den gemeinsamen auch<br />
ureigene Plattformen <strong>der</strong> Interessenvertretung entwickeln<br />
können, dies betrifft dann Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ungen, Eltern und Angehörige sowie Fachleute<br />
in gleicher Weise. Im Zusammenhang mit dieser<br />
dringlich anstehenden Diskussion sind im Sinne<br />
einer Selbstorganisation von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
aus meiner Sicht vor allem zwei Fragen<br />
zu klären:<br />
1. Wie können behin<strong>der</strong>te Menschen, die schon<br />
heute in Gremien auf verschiedenen Ebenen ver-<br />
treten sind, dies aber im Grunde auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
von Berufungen und ggf. Wahlen durch die bisherigen<br />
Inhaber <strong>der</strong> Macht, eine eigene Basis erhalten,<br />
die sie zukünftig für ihre Aufgabe <strong>der</strong> Interessenvertretung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen mandatiert (vgl.<br />
NIEHOFF 1997, S. 8) – also zum Beispiel eine Art<br />
Vollversammlung <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>? Dies würde allerdings als ersten Schritt<br />
eine deutliche Erhöhung <strong>der</strong> Zahl behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
als Mitglie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> voraussetzen,<br />
die aktuell erst einen Anteil an <strong>der</strong> Gesamtmitglie<strong>der</strong>schaft<br />
von ca. 2 – 3 % ausmacht.<br />
2. Wie kann <strong>der</strong> Selbsthilfegedanke in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
auch in <strong>der</strong> Weise vorangetrieben werden, dass<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen auf den verschiedenen Ebenen<br />
im Sinne eines „peer counselling“ – also einer<br />
Beratung Betroffener durch Betroffene – aktiv werden?<br />
Diese Frage würde unter Umständen auch den<br />
Gedanken einer Anstellung behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
im Verbandsbereich <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> beinhalten,<br />
wenn auch ein Einstieg über ehrenamtliche Beratung<br />
sicherlich möglich und sinnvoll erscheint.<br />
Zu beiden Fragen werden <strong>der</strong>zeit bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
in <strong>Baden</strong>-Württemberg erste Überlegungen<br />
angestellt, und ich bin persönlich sehr gespannt auf<br />
die weitere Entwicklung <strong>der</strong> Diskussion.<br />
Literatur<br />
BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE (Hg.) (1995):<br />
Mehr Selbstbestimmung – wie geht es weiter nach dem Duisburg-Kongress?<br />
Vorschläge zur Einbeziehung geistig behin<strong>der</strong>ter Menschen in die<br />
Arbeit <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>. Positionspapier. Marburg.<br />
HELLMANN, Ulrich (1994):<br />
Mitgliedschaft von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereinen.<br />
Rechtliche Hinweise. Broschüre <strong>der</strong> Bundesvereinigung<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>. Marburg.<br />
LANDESVERBAND BADEN-WÜRTTEMBERG <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> für Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung e.V. (Hg.) (2001):<br />
Mitarbeit von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in den Gremien des Landesverbandes<br />
/ Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen.<br />
In: Geschäftsbericht 2000. Stuttgart. S. 13 – 16.<br />
LINDMEIER Bettina, LINDMEIER Christian (2002):<br />
Professionelles Handeln in <strong>der</strong> Arbeit mit geistig behin<strong>der</strong>ten Erwachsenen<br />
unter <strong>der</strong> Leitidee <strong>der</strong> Selbstbestimmung.<br />
In: Behin<strong>der</strong>te in Familie, Schule und Gesellschaft Heft4/5/2002. S. 63 – 74.<br />
NIEHOFF, Ulrich (1997):<br />
Mitwirkung, Mitbestimmung, Selbstbestimmung – Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung als Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Internes Thesenpapier. Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong>. Marburg.<br />
SACK, Rudi (1999):<br />
Perspektiven für eine lebendige <strong>Lebenshilfe</strong>. In: Landesverband <strong>Baden</strong>-<br />
Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>: Geschäftsbericht 1998. Stuttgart. S. 6 – 11.<br />
SCHLUMMER Werner; SCHÜTTE Ute (2003):<br />
Mitwirkung auf dem Prüfstein. Exemplarische Praxis von Werkstatträte-<br />
Schulungen und Herausfor<strong>der</strong>ungen für Werkstätten für behin<strong>der</strong>te<br />
Menschen. In: Geistige Behin<strong>der</strong>ung Heft 2/2003. S. 155 – 168.<br />
WEBER, Erik (2003):<br />
Persönliche Assistenz – assistierende Begleitung. Verände-rungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
für professionelle Betreuung und für Einrichtungen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe.<br />
In: Geistige Behin<strong>der</strong>ung Heft 1/2003. S. 4 – 22.<br />
WENDT, Sabine (2002):<br />
Die neue Mitwirkungsverordnung für Werkstätten in <strong>der</strong> Praxis.<br />
In: Geistige Behin<strong>der</strong>ung Heft 4/2002. S. 321 – 330.
Wie kann die Beteiligung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
vor Ort sich konkret gestalten? Projektmitarbeiterin<br />
Klaudia Lucia fasst die verschiedenen Möglichkeiten<br />
und Ansätze <strong>der</strong> Beteiligung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> und ihre<br />
Bedeutung für eine kommunalpolitische Partizipation<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung gleichsam als inhaltliche<br />
Zusammenfassung <strong>der</strong> Erkenntnisse aus dem Projekt<br />
zusammen.<br />
E<br />
BETEILIGUNG VOR ORT<br />
Teilhabe von behin<strong>der</strong>ten Menschen<br />
an kommunalen politischen Prozessen<br />
Das Projekt „Beteiligung vor Ort“ des Landesverbands<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Klaudia Lucia<br />
Die Ausgangssituation: Kommunalisierung <strong>der</strong><br />
Behin<strong>der</strong>tenhilfe als Chance<br />
Mit <strong>der</strong> Verwaltungsreform zum 01.01.2005 und<br />
<strong>der</strong> Kommunalisierung <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe (Zum<br />
31.12.2004 wurden die Landeswohlfahrtsverbände <strong>Baden</strong><br />
und Württemberg-Hohenzollern aufgelöst. Die Aufgaben<br />
<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe wurden auf Stadt- und<br />
Landkreise übertragen.) ist den <strong>Lebenshilfe</strong>n vor Ort<br />
stärker denn je die wichtige Aufgabe <strong>der</strong> Lobbyarbeit<br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zugekommen.<br />
Doch nur Lobbyarbeit für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung?<br />
Warum denn nicht gemeinsam mit ihnen?<br />
Unter den neuen Bedingungen wird <strong>der</strong> Kontakt<br />
zu den Politikern und Entscheidungsträgern vor<br />
Ort ausschlaggebend. Authentische Berichte über<br />
die Lebenswelt von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
sind jedoch nur von ihnen selbst zu erhalten: Sie<br />
wissen sehr wohl, was verän<strong>der</strong>t werden muss. Dieses<br />
„Selbst Wissen und selbst Sagen“ als Ressource<br />
<strong>der</strong> Gemeinde zu stärken und eine Öffentlichkeit<br />
vor Ort für sie zu schaffen – darin besteht eine <strong>der</strong><br />
neuen Chancen <strong>der</strong> Kommunalisierung <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe.<br />
Die Orts- und Kreisvereinigungen <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> können sehr profitieren, wenn sie diese<br />
Chance wahrnehmen und gemeinsam mit Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung Lobbyarbeit machen. So<br />
haben Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung teil an <strong>der</strong> Mitgestaltung<br />
von politischen Prozessen vor Ort und<br />
sind ins gemeinschaftliche Leben eingebunden. Dies<br />
entspricht dem Ziel <strong>der</strong> Inklusion.<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
„Teilhabe bedeutet mitmachen, mitgestalten und<br />
mitbestimmen beim Zusammenleben aller Bürgerinnen<br />
und Bürger – auch, wenn ein Mensch mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung<strong>der</strong>ung sehr viel Hilfe braucht“, so<br />
haben es Menschen mit und ohne Behin<strong>der</strong>ung<br />
beim Dortmun<strong>der</strong> Kongress <strong>der</strong> Bundesvereinigung<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> 2003 auf den Punkt gebracht (siehe die<br />
„Dortmun<strong>der</strong> Erklärung“, die in dieser Dokumentation<br />
ganz vorne abgedruckt ist). Dieses Motto wurde von<br />
<strong>der</strong> Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong> in das neue<br />
Leitbild und den Wegweiser in die Zukunft <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
aufgenommen (vgl. Bundesvereinigung <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> 2005).<br />
Das Projekt „Beteiligung vor Ort“<br />
Der Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
hat von Januar 2005 bis Dezember 2006<br />
ein Projekt durchgeführt, mit dem Beteiligungsbestrebungen<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in den<br />
Orts- und Kreisvereinigungen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>n vor<br />
Ort unterstützt und Impulse für Teilhabe und Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
gegeben werden sollen.<br />
Dabei war es das Ziel, dass die örtlichen Aktivitäten<br />
auch nach Ende des Projekts als „Selbstläufer“<br />
Bestand haben.<br />
Handlungsleitende Methode des Projekts war das<br />
Empowerment-Konzept.<br />
Empowerment – Aneignung und Stärkung des<br />
Selbstbestimmungspotenzials<br />
Empowerment beschreibt einen Prozess, <strong>der</strong> auf<br />
vier Ebenen bezogen ist: auf individuelle, gruppenbezogene,<br />
institutionelle und sozialpolitisch-gesellschaftliche<br />
Lebenszusammenhänge.<br />
Die Stärkung des Selbstbestimmungspotenzials beginnt<br />
selbstverständlich beim Individuum und seinen<br />
persönlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten.<br />
Auf <strong>der</strong> zweiten Ebene von Empowerment ist die<br />
Erweiterung des Möglichkeitsraums als Gruppe im<br />
Blickfeld. Empowerment auf <strong>der</strong> dritten, institutionellen<br />
Ebene beutet, dass Zugänge zu Teilhabe und<br />
Mitbestimmung geschaffen werden. Solche Zugänge<br />
sind, bezogen auf die Mitwirkung im Verein <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>, z.B. die festgeschriebene Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Mitgliedschaft im Verein und die Wahrnehmung<br />
des aktiven und passiven Wahlrechts als Mitglied.<br />
Teilhabe ist dann nicht abhängig vom Wohlwollen<br />
Einzelner, son<strong>der</strong>n eine feststehende, rechtlich gesicherte<br />
Grundlage des Zusammenlebens auf gleicher<br />
II.<br />
19
II.<br />
20<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Augenhöhe. Das Projekt „Beteiligung vor Ort“ setzte<br />
vor allem auf dieser institutionellen Ebene von<br />
Empowerment von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in<br />
den Orts- und Kreisvereinigungen an.<br />
Die vierte <strong>der</strong> Empowerment-Ebenen betrifft die sozialpolitische<br />
und gesellschaftliche Dimension, auf<br />
<strong>der</strong> Handlungsebene sprechen wir hier von „Inklusion“.<br />
Die Fachdiskussion, die zwischen den Begriffen<br />
Integration und Inklusion unterscheidet, kann deutlich<br />
machen, was hier gemeint ist: Integration ist, wie<br />
Ulrich Niehoff beschreibt, eigentlich Re-Integration,<br />
d.h. Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung in eine Gesellschaft (vgl.<br />
Niehoff 2002, 3). Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung werden<br />
„fit gemacht für die Gesellschaft“. Der Blickwinkel<br />
richtet sich auf die Handicaps des Individuums. Die<br />
Person soll sich verän<strong>der</strong>n, damit sie wie<strong>der</strong> Teil <strong>der</strong><br />
Gesellschaft sein kann. Inklusion dagegen bedeutet,<br />
dass es erst gar nicht zur Ausgrenzung kommt.<br />
Der Idee <strong>der</strong> Inklusion liegt die Annahme zugrunde,<br />
dass man nicht behin<strong>der</strong>t ist, son<strong>der</strong>n behin<strong>der</strong>t<br />
wird. Handeln nach diesem Gedanken bedeutet, bestehende<br />
behin<strong>der</strong>nde Strukturen so zu verän<strong>der</strong>n,<br />
dass Ausgrenzung verhin<strong>der</strong>t wird.<br />
Strukturverän<strong>der</strong>ung in Bezug auf Teilhabe von<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im Verein <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
zeigt sich an <strong>der</strong> zunehmenden Einbindung durch<br />
Mitmachen, Mitgestalten und Mitbestimmen.<br />
Ebenen <strong>der</strong> Teilhabe:<br />
Mitmachen, Mitgestalten und Mitbestimmen<br />
Das Engagement von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
bedarf <strong>der</strong> organisierten und begleiteten Möglichkeitsräume.<br />
Eine 2005 durchgeführte Umfrage zur<br />
Beteiligung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in den<br />
baden-württembergischen <strong>Lebenshilfe</strong>n vor Ort<br />
ergab, dass in vielen Orts- und Kreisvereinigungen<br />
bereits Mitwirkungsstrukturen vorhanden sind (vgl.<br />
Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
2005). In 70 % <strong>der</strong> Antworten wurde deutlich, dass<br />
die Teilhabe von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung ein<br />
wichtiges Thema in den Vorstandssitzungen ist.<br />
Anhand dieses Themas wird überprüft, ob es bereits<br />
zum Alltag gehört, Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung an<br />
den Entscheidungen, die sie betreffen, zu beteiligen.<br />
37 % <strong>der</strong> Befragten arbeiten in Arbeitsgruppen<br />
gemeinsam mit Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zusammen.<br />
In 35 % <strong>der</strong> rückmeldenden <strong>Lebenshilfe</strong>n<br />
gibt es Vorstandsmitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung. Der<br />
Mitglie<strong>der</strong>anteil von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
in den baden-württembergischen Orts- und Kreis-<br />
vereinigungen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> lag im Jahr 2005 bei<br />
durchschnittlich 3,8 %.<br />
Um diese vorhandenen Mitwirkungsstrukturen zu<br />
stärken, empfiehlt sich die Schaffung von drei Möglichkeitsräumen,<br />
die parallel zueinan<strong>der</strong> existieren<br />
und sich ergänzen können.<br />
1. Mit-Machen<br />
– die offene Mitwirkungsform<br />
Hier liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt auf dem aktiven Handeln,<br />
auf dem „konkreten Tun“ für den <strong>Lebenshilfe</strong>-Verein<br />
und dessen Zielsetzung. Charakteristisch<br />
für diese Mit-Mach-Form ist ihr offener und niedrigschwelliger<br />
Zugang. Die Aktivität speist sich bei den<br />
Mitmachenden aus punktuellem Interesse am aktuellen<br />
Mit-Mach-Thema o<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Verbundenheit<br />
mit dem Verein, die man als Mitglied verspürt.<br />
Organisationsformen sind z.B. themenbezogene<br />
Arbeitsgruppen, aktionsbezogene Zusammenarbeit<br />
o<strong>der</strong> kontinuierliche Mitglie<strong>der</strong>gruppen. Das<br />
Ziel besteht darin, in geselliger Runde kurzfristig<br />
erreichbare und greifbare Erfolge in Verbindung<br />
mit dem Vereinsgeschehen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> zu erleben.<br />
Der Informationsfluss in <strong>der</strong> Gruppe ist am<br />
praktischen Geschehen orientiert. In dieser offenen<br />
Mitwirkungsform können sich alle Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung einbringen, auch diejenigen mit höherem<br />
Hilfebedarf sind vom aktiven Handeln nicht<br />
ausgeschlossen. Tätigkeitsfel<strong>der</strong> sind zum Beispiel<br />
eine Standbewirtung während einer Präsentation<br />
des Vereins, Flohmärkte mit Erlös für die <strong>Lebenshilfe</strong>,<br />
Besuch einer an<strong>der</strong>en <strong>Lebenshilfe</strong>gruppe, Mitmachen<br />
im Programm einer Weihnachtsfeier und<br />
vieles an<strong>der</strong>e mehr.<br />
2. Mit-Gestalten<br />
– die formal definierte Mitwirkungsform<br />
Im Vergleich zur offenen Mitwirkungsform ist <strong>der</strong><br />
Spielraum beim Mit-Gestalten weiter und die Arbeitsweise<br />
und <strong>der</strong> Charakter <strong>der</strong> Gruppenarbeit<br />
werden verbindlicher. Ideen <strong>der</strong> Mitgestalter greifen<br />
Platz und fließen in Vorüberlegungen und Planungen<br />
einer Gesamtgestaltung ein. Die Mitgestalter<br />
sind praktisch tätig, doch liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt<br />
ihrer Arbeit auf dem Sammeln von Informationen<br />
und Ideen und <strong>der</strong> Meinungsbildung. Die Organisationsform<br />
dieser Gruppe ist formal definiert, z.B.<br />
durch den Status als Beirat, und sie hat transparente<br />
und definierte Eckpfeiler: etwa eine bestimmte Anzahl<br />
von Gruppenteilnehmern o<strong>der</strong> eine festgelegte<br />
Dauer <strong>der</strong> Amtszeit. Der Zugang zu diesem Gremium<br />
wird durch die Mitgliedschaft in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
sowie durch die persönliche Ernennung durch den<br />
Vorstand o<strong>der</strong> durch die Wahl als Vertreter von Mit-
glie<strong>der</strong>n mit Behin<strong>der</strong>ung im Verein <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
gewährt. Das Gremium ist aktiv in <strong>der</strong> Meinungsbildung,<br />
Interessenvertretung und in <strong>der</strong> Diskussion<br />
von Themen, die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung interessieren.<br />
Hier können die Mitgestalter dem Vorstand<br />
zuarbeiten, Themen vorbesprechen und Eindrücke<br />
aus ihrer Perspektive weitergeben. Es können auch<br />
Personen als „ständige Gäste“ o<strong>der</strong> beratende Mitglie<strong>der</strong><br />
zu den Vorstandssitzungen eingeladen werden.<br />
Interessant und hilfreich ist das Gremium vor<br />
allem für Vorstandsmitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung, die<br />
sich in dieser Runde Rückendeckung und Argumentationshilfen<br />
für ihre Arbeit im Vorstand holen können.<br />
Mitgestalter in Gremien sichern gleichzeitig<br />
den Informationsfluss „in die an<strong>der</strong>e Richtung“, indem<br />
sie etwa Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung wichtige<br />
Entscheidungen des Vorstands übermitteln. Deutlich<br />
wird dabei, wie sich Erlebnis- und Entwicklungsräume<br />
überschneiden und die Übergänge zwischen<br />
Mit-Gestaltung und Mit-Bestimmung fließend sind.<br />
Um ein voneinan<strong>der</strong> Lernen zu beför<strong>der</strong>n, ist ein regelmäßiger<br />
Austausch zwischen dem Gremium und<br />
dem Vorstand ratsam.<br />
3. Mit-Bestimmen<br />
– die gleichberechtigte Einbeziehung im Verein<br />
Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung bestimmen die Zukunftsorientierung<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> und den politischen<br />
Einsatz für Behin<strong>der</strong>tenarbeit aktiv mit, etwa<br />
indem sie als Mitglie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
ihr Stimmrecht ausüben. Mitglie<strong>der</strong>n mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
steht ebenso die Wahrnehmung des aktiven<br />
und passiven Wahlrechts bei Vorstandswahlen<br />
offen (vgl. Hellmann 2000, 20). So können sie sich als<br />
Kandidaten aufstellen lassen. Dem Normalisierungsprinzip<br />
entsprechend entscheidet dann im Einzelfall<br />
das Votum <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung über die<br />
neue Zusammensetzung des Vorstands. Bewährt hat<br />
sich die Präsenz von mindestens zwei behin<strong>der</strong>ten<br />
Menschen im Vorstand. Sie können sich gegenseitig<br />
unterstützen und sich über Erfahrungen im Vorstand<br />
austauschen. Die Vertretung von Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung in Gremien wie dem Vorstand<br />
kann auch per Satzung quotiert werden, wie bei einigen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>n (unter an<strong>der</strong>em auch dem Landesverband)<br />
praktiziert wird. In diesen Fällen wird<br />
eine bestimmte Mindestanzahl von Sitzen für eine<br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppe in <strong>der</strong> Satzung verankert, z.B. für<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, aber auch für Eltern<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mitglie<strong>der</strong>gruppen. Die Organisation<br />
<strong>der</strong> Vorstandsarbeit obliegt jedem Vorstand vor Ort.<br />
Dabei erleichtert die Klärung von Zuständigkeiten<br />
für Themenschwerpunkte innerhalb des Vorstands<br />
sicherlich nicht nur Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung die<br />
Arbeit in diesem Gremium.<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Offene Mitwirkungsformen, Mitgliedschaft und Beiratstätigkeit<br />
als formal definierte Formen sowie die<br />
gewöhnliche Vorstandsarbeit – dieses sind die drei<br />
wesentlichen Ebenen <strong>der</strong> Teilhabe im Verein. Sicherlich<br />
sind fließende Übergänge gewünscht, denn nur<br />
eine durchlässige Struktur bietet Freiräume für individuelle<br />
Entwicklung. Teil des institutionellen Empowerment-Prozesses<br />
ist jedoch, dass letztlich alle<br />
drei Ebenen geschaffen werden.<br />
Durch die Initiative des Landesverbands, Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung zu beteiligen, haben sich örtliche<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>n anregen lassen, offene und formal<br />
definierte Mitwirkungsgremien in ihrem Verein zu<br />
gründen. Auf diesem Weg werden sie beraten und<br />
begleitet.<br />
Beispiele für Beteiligung in örtlichen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>vereinen<br />
So hat sich <strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> in Esslingen<br />
entschlossen, die Teilhabemöglichkeiten von<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im Verein, insbeson<strong>der</strong>e<br />
auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Mitgestaltung, zu för<strong>der</strong>n. Die<br />
Organisationsform <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> soll durch ein<br />
formal definiertes Mitwirkungsgremium dauerhaft<br />
ergänzt werden. Die Diskussion und Entscheidung<br />
über diese Maßnahme fand im ganzen Verein statt.<br />
Die <strong>Lebenshilfe</strong>, als stets beweglicher Selbsthilfeverein<br />
<strong>der</strong> Eltern gegründet, geht dadurch weiter auf<br />
ihrem Weg: in Richtung eines gemeinsamen Selbsthilfevereins<br />
von Eltern und von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
In <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung wurde<br />
das Entwicklungskonzept vorgestellt, so dass die<br />
Einrichtung dieser Mitwirkungsform von einer breiten<br />
Basis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> getragen wird.<br />
In einem ersten Schritt wurde <strong>der</strong> Zugang zu Informationen,<br />
die den Verein angehen, erleichtert.<br />
Nachrichten aus dem und für den Verein werden in<br />
<strong>der</strong> Vereinszeitschrift nunmehr in leichter Sprache<br />
veröffentlicht. Im zweiten Schritt steht die Mitglie<strong>der</strong>werbung<br />
im Mittelpunkt. Über die örtliche <strong>Lebenshilfe</strong>zeitschrift<br />
und unter Zuhilfenahme einer<br />
Werbebroschüre in leichter Sprache werden Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung angesprochen, Mitglied in<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> zu werden. Diese Broschüre wurde<br />
im Rahmen des Projekts in Zusammenarbeit mit<br />
dem Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen im Landesverband<br />
entwickelt.<br />
Der ganze Prozess wird begleitet von einem Vorstandsmitglied<br />
und einer Assistentin. Aufgaben <strong>der</strong><br />
Assistentin sind die Initiierung des Beirats in einer<br />
II.<br />
21
II.<br />
22<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
ersten Phase und daraufhin – Kern <strong>der</strong> zweiten Phase<br />
– die Begleitung <strong>der</strong> Beiratsarbeit. Schließlich soll<br />
in <strong>der</strong> dritten Phase eine Verselbstständigung <strong>der</strong><br />
Beiratsarbeit erfolgen. Die Verbindung zum zentralen<br />
Entscheidungsorgan des Vereins wird durch das<br />
begleitende Vorstandsmitglied gewährleistet. Das<br />
Gremium behin<strong>der</strong>ter Menschen ist somit kontinuierlich<br />
am Austausch von Interessen beteiligt.<br />
Mit großer Resonanz wurde in <strong>der</strong> jetzigen Initiierungsphase<br />
eine Auftakt- und Informationsveranstaltung<br />
für Mitglie<strong>der</strong>, interessierte und engagierte<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung sowie Eltern, Angehörige<br />
und Betreuer durchgeführt. Schon bei dieser Veranstaltung<br />
zeichnete sich eine Gruppe Interessierter<br />
ab, die in <strong>der</strong> Idee eines Beirats die Möglichkeit <strong>der</strong><br />
Mitgestaltung sehen und mehr über diese Form <strong>der</strong><br />
Beteiligung erfahren möchten. Diese Neugierde<br />
wird befriedigt in Seminaren, in denen gemeinsam<br />
Informationen, Rechte, Möglichkeiten und Ideen<br />
diskutiert werden und die darin liegende Chance<br />
<strong>der</strong> Mitgestaltung mit Leben gefüllt wird. Geplanter<br />
nächster Schritt ist die Wahl einer Gruppe von<br />
Vertretern mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Die <strong>Lebenshilfe</strong> in Rastatt/Murgtal hat bereits einen<br />
gewählten Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen – und ist<br />
mit Recht stolz darauf. Bereits im ersten Jahr nach<br />
seiner Gründung im September 2005 hat <strong>der</strong> Beirat<br />
sechsmal getagt, und einige Erfolge waren schnell<br />
zu verzeichnen. So wurde etwa die Situation für<br />
behin<strong>der</strong>te Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs<br />
öffentlich gemacht. Gegenüber dem örtlichen Bürgermeister<br />
und weiteren Zuständigen wurden Hin<strong>der</strong>nisse<br />
angesprochen und Lösungen aufgezeigt<br />
– ein gutes Beispiel, wie die Beiräte ihre Rolle in<br />
<strong>der</strong> Lobbyarbeit für behin<strong>der</strong>te Menschen und für<br />
die <strong>Lebenshilfe</strong> in <strong>der</strong> kommunalen Politik wahrnehmen.<br />
Die Beiräte sind zudem in ihrer Rolle als<br />
Vertreter behin<strong>der</strong>ter Menschen und Vermittler von<br />
Anliegen an den Vereinsvorstand akzeptiert. Sie<br />
bieten für behin<strong>der</strong>te Menschen einen vertrauten<br />
und niedrigschwelligen Zugang zur Entscheidungsebene<br />
des Vorstands. „Sag mal, kannst du da nicht<br />
was machen? Du hast doch einen Draht zu denen<br />
da oben.“ So o<strong>der</strong> ähnlich werden die Beiräte von<br />
ihren Kollegen angesprochen.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt ist <strong>der</strong> Teilhabe- und Empowerment-Prozess<br />
in vollem Gang. Prozesse sind<br />
Entwicklungen auf lange Sicht und mit unterschiedlichen<br />
Phasen: Die Gefahr einer Überfor<strong>der</strong>ung<br />
aufseiten <strong>der</strong> Menschen mit (aber auch ohne) Behin<strong>der</strong>ung<br />
wird dabei manchmal überschätzt. Trotzdem<br />
sind Prinzipien <strong>der</strong> Beteiligung hilfreich für die<br />
konkrete Arbeit (vgl. den vorhergehenden Artikel von<br />
Rudi Sack). Eines <strong>der</strong> Prinzipien besteht darin, diesen<br />
Prozess durch die Sicherstellung einer Assistenz für<br />
die beteiligten Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zu begleiten.<br />
Assistenz<br />
Assistenten initiieren und begleiten den Empowerment-Prozess<br />
auf <strong>der</strong> individuellen und gruppenbezogenen<br />
Ebene. Sie stärken die Fähigkeiten und<br />
begleiten die Erfahrungen, die mit <strong>der</strong> „Eroberung“<br />
und Nutzung <strong>der</strong> neuen Möglichkeitsräume einhergehen.<br />
Assistenten schaffen z.B. inhaltliche Zugänge. Auch<br />
wenn je<strong>der</strong> Mensch Entscheidungen meist emotional<br />
– nach Vorlieben und Erfahrungen – fällt, müssen<br />
Informationen und Kenntnis über den Sachverhalt<br />
und die Folgen <strong>der</strong> Entscheidung immer wesentliche<br />
Grundlage <strong>der</strong> Entscheidungsfindung sein. Mitglie<strong>der</strong><br />
mit Behin<strong>der</strong>ung sind daher nur dann zur<br />
echten Mitbestimmung befähigt, wenn sie einen<br />
Zugang zu verständlichen Informationen haben. Assistenten<br />
sind hier als Dolmetscher gefor<strong>der</strong>t. Ihre<br />
Arbeit (und die Herausfor<strong>der</strong>ung) besteht darin, die<br />
Sachverhalte so darzustellen und zu erklären, dass<br />
sie von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung verstanden werden.<br />
Die letztendliche Entscheidung beruht jedoch<br />
immer auf <strong>der</strong> persönlichen Bewertung <strong>der</strong> Informationen<br />
durch den Einzelnen.<br />
Der Assistent kann auch dazu beitragen, Sitzungskultur,<br />
Sprache und Präsentationen auf leichte Verständlichkeit<br />
hin zu überprüfen und bei Bedarf zu<br />
verän<strong>der</strong>n. Methodische Orientierung bieten hierbei<br />
z.B. die Grundsätze leichter Sprache, welche auf<br />
europäischer Ebene von Inclusion Europe entwickelt<br />
worden sind (Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH<br />
1998, abgedruckt im Anhang). Hilfreich ist aber<br />
auch ein Glossar, das schwierige Begriffe innerhalb<br />
<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe aufgreift und erklärt (Landesverband<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> 2003).<br />
Auf ganz praktische Art und Weise bringen es Menschen<br />
mit Lernschwierigkeiten im „Wörterbuch für<br />
leichte Sprache“ auf den Punkt: „Wir vertreten uns<br />
selbst!“ (2001). Unter Zuhilfenahme methodischer<br />
Wegweiser können Assistenten fundiert den Empowerment-Prozess<br />
unterstützen.<br />
Empowerment hört jedoch nicht auf <strong>der</strong> örtlichen<br />
Ebene auf, son<strong>der</strong>n setzt sich überregional weiter<br />
fort.
Selbsthilfe von und für Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Eine gegenseitige Stärkung erfahren die Engagierten<br />
insbeson<strong>der</strong>e bei überregionalen Treffen. 2005 lud<br />
<strong>der</strong> Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen im Landesverband<br />
zur ersten Vollversammlung behin<strong>der</strong>ter Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>vereine aus <strong>Baden</strong>-Württemberg. Zu<br />
diesem Treffen kamen über 60 Personen aus unterschiedlichen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>n. Die Vollversammlung ist<br />
eine neue Organisationsform <strong>der</strong> Interessenvertretung<br />
behin<strong>der</strong>ter Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> auf<br />
<strong>der</strong> überregionalen Ebene. Wesentliche Funktionen<br />
dieser Versammlung sind die Vernetzung und <strong>der</strong><br />
Informations- und Gedankenaustausch – aber auch,<br />
ein Feuer zu entfachen und den Mut für das Engagement<br />
vor Ort zu stärken. Filmisch festgehaltene<br />
Eindrücke <strong>der</strong> ersten Vollversammlung lassen jeden<br />
nachspüren, welche Dynamik und Ideenvielfalt bei<br />
engagierten Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung vorhanden<br />
sind.<br />
In <strong>der</strong> zweiten Vollversammlung Ende 2006 wurde<br />
dieser Selbstermächtigungsprozess in <strong>der</strong> Interessenvertretung<br />
fortgeführt.<br />
Fazit und Ausblick: Kommunales Engagement<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
Politisches Knowhow und Engagement von Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> kommunalen Behin<strong>der</strong>tenpolitik<br />
sind zu erreichen und zu för<strong>der</strong>n. Dieser<br />
Prozess beginnt bereits im Kleinen und vor <strong>der</strong><br />
eigenen Haustür. An<strong>der</strong>s gesagt – wie Ulrich Niehoff<br />
einen Artikel zur Teilhabe in Verbänden am Beispiel<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> nennt –: „Wir fassen uns an die eigene<br />
Nase!“ (Niehoff 2005)<br />
Die <strong>Lebenshilfe</strong> sollte nicht nur eine <strong>Lebenshilfe</strong> für<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, son<strong>der</strong>n eine <strong>Lebenshilfe</strong><br />
von und mit Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung sein.<br />
Sie gewinnt damit auf dem politischen Parkett an<br />
Vorbildcharakter und Glaubwürdigkeit.<br />
Literatur<br />
DIE GRUNDLAGEN<br />
Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong> (2005):<br />
Gemeinsam kommen wir weiter! Die <strong>Lebenshilfe</strong> auf<br />
dem Weg in die Zukunft. Ein Wegweiser für alle in<br />
<strong>der</strong> Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong> für Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung, Gießen<br />
Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH (1998):<br />
Sag es einfach! Europäische Richtlinien für die<br />
Erstellung von leicht lesbaren Informationen für<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung, Brüssel<br />
Hellmann, U. (2000):<br />
Rechtliche Hinweise. In: Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong><br />
(Hrsg.) Da machen wir doch mit! Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung als Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, S. 19 – 21,<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Verlag Marburg<br />
Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
(2005):<br />
Mitbestimmung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>? Ja klar! Auswertung<br />
<strong>der</strong> Erhebung über die Beteiligung von Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ungen im Jahr 2005 in Orts- und Kreisvereinigungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> in <strong>Baden</strong>-Württemberg,<br />
Stuttgart<br />
Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
(2003):<br />
„Es gibt nichts Gutes – außer man tut es!“<br />
Dokumentation des Impulstages am 11. Juli 2003 in<br />
Pforzheim-Hohenwart, Stuttgart<br />
Niehoff, U. (2002):<br />
Ausgrenzung verhin<strong>der</strong>n! Inklusion und Teilhabe verwirklichen.<br />
In: Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong> (Hrsg.)<br />
Fachdienst <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>. Praxis gestalten – Innovation<br />
wagen. Nr. 1/2002, S. 1 – 13, Marburg<br />
Niehoff, U. (2005):<br />
Wir fassen uns an die eigene Nase! Teilhabe in Verbänden<br />
am Beispiel <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>. In: Wacker, E. u.a.<br />
(Hrsg.): Teilhabe. Wir wollen mehr als nur dabei sein!,<br />
S. 285 – 294, Marburg<br />
Sack, R. (2005):<br />
Mitwirkung in eigener Sache. Entwicklungen beim <strong>Lebenshilfe</strong>-Landesverband<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg.<br />
In: Hähner, U. u.a. (Hrsg.): Kompetent begleiten:<br />
Selbstbestimmung ermöglichen, Ausgrenzung verhin<strong>der</strong>n!,<br />
S. 123 – 137, <strong>Lebenshilfe</strong>-Verlag Marburg<br />
Wacker, E. u.a. (Hrsg.) (2005):<br />
Teilhabe. Wir wollen mehr als nur dabei sein!,<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Verlag Marburg<br />
Wir vertreten uns selbst! (2001):<br />
Wörterbuch für leichte Sprache.<br />
Halt! Bitte leichte Sprache. Bifos e.V. Kassel<br />
II.<br />
23
24<br />
DAS PROJEKT<br />
PROJEKT ”BETEILIGUNG VOR ORT“<br />
Im Juli 2004 hatte <strong>der</strong> Vorstand des Landesverbandes<br />
vorbehaltlich <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung durch die Aktion Mensch<br />
die Durchführung des Projekts „Beteiligung“ auf <strong>der</strong><br />
Grundlage <strong>der</strong> hier abgedruckten Projektbeschreibung<br />
beschlossen.<br />
A PROJEKTBESCHREIBUNG<br />
„AKTIVE BETEILIGUNG BEHINDERTER<br />
MENSCHEN IN DER LEBENSHILFE VOR ORT“<br />
Zielsetzung:<br />
Seit Gründung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> im Jahre 1958 versteht<br />
diese sich als Interessenvertretung von Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung und in diesem Sinne als<br />
die große Selbsthilfeorganisation in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland. War es in den Jahrzehnten des<br />
Aufbaus <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> die Selbsthilfe <strong>der</strong> Eltern<br />
und Angehörigen geistig behin<strong>der</strong>ter Menschen,<br />
die hierbei im Vor<strong>der</strong>grund stand, so ist in den letzten<br />
Jahren zunehmend <strong>der</strong> Gedanke <strong>der</strong> Selbsthilfe<br />
und Selbstorganisation von Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung hinzu gekommen. Heute sind bundesweit<br />
ca. 4 % <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereinigungen<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung und in<br />
manchen Vereinen nehmen behin<strong>der</strong>te Menschen<br />
zunehmend den Part „aktiver Vereinsmitglie<strong>der</strong>“<br />
ein. Der Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
hat hierbei immer eine Vorreiterrolle eingenommen<br />
und als erster (und bis heute einziger)<br />
Landesverband auch Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
im Vorstand einbezogen. Außerdem werden die<br />
Interessen behin<strong>der</strong>ter Menschen durch einen sich<br />
regelmäßig treffenden „Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen“<br />
beim Landesverband vertreten. Angesichts<br />
<strong>der</strong> Diskussionen im Beirat wurde jedoch deutlich,<br />
dass die Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen an <strong>der</strong><br />
Basis, also in den Orts- und Kreisvereinigungen <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>, von wenigen Ausnahmen abgesehen<br />
immer noch äußerst unzufrieden stellend ist.<br />
Aus Sicht des Landesverbandes ist dies in <strong>der</strong> Regel<br />
sicherlich nicht mit einem „mangelnden Willen“ <strong>der</strong><br />
Vertreterinnen und Vertreter in <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereinen<br />
vor Ort zu erklären, wenn auch an manchen Orten<br />
einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Öffnung<br />
auf mehr Mitwirkung behin<strong>der</strong>ter Menschen einige<br />
inhaltliche Bedenken entgegenstehen. Hier wäre es<br />
das Ziel, durch die Vermittlung guter Erfahrungen<br />
dazu beizutragen, solche Bedenken und Hemmschwellen<br />
abzubauen. Vor allem brauchen die <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereine<br />
aber konkrete Hinweise und auch<br />
Hilfestellungen, wie diese Aufgabe angegangen<br />
werden kann. Der Landesverband <strong>Lebenshilfe</strong> hat<br />
sich zu dieser Unterstützung im Rahmen seines<br />
Leitbildes verpflichtet. Es sind auch immer wie<strong>der</strong><br />
vereinzelte Aktivitäten veranstaltet worden, so z.<br />
B. eine Impulstagung zum Thema „Beteiligung behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> vor Ort“ im<br />
Juli 2003. All diese Aktivitäten wirkten jedoch bisher<br />
wie <strong>der</strong> berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“.<br />
Deshalb beabsichtigt <strong>der</strong> Landesverband nun, in einem<br />
zeitlich begrenzten Projekt mit <strong>der</strong> Schaffung<br />
entsprechen<strong>der</strong> personeller Ressourcen eine intensive<br />
Unterstützung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereine in <strong>Baden</strong>-<br />
Württemberg im Hinblick auf die geschil<strong>der</strong>te Zielsetzung<br />
zu leisten. Das Projekt soll dazu beitragen,<br />
dass behin<strong>der</strong>te Menschen die <strong>Lebenshilfe</strong> stärker<br />
als ihren Verein wahrnehmen. Mit dem Projekt soll<br />
sich die Rolle behin<strong>der</strong>ter Menschen in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
verän<strong>der</strong>n im Sinne eines: von <strong>der</strong> „<strong>Lebenshilfe</strong><br />
für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung“ zur<br />
„<strong>Lebenshilfe</strong> von und mit Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung“. Mit dieser verän<strong>der</strong>ten Rolle entwickelt<br />
sich – das ist ganz konkrete Erfahrung beim<br />
Landesverband – automatisch das Bild vom behin<strong>der</strong>ten<br />
Menschen weiter und Bedenken im Hinblick<br />
auf ihre Kompetenzen zur aktiven Mitwirkung werden<br />
hinfällig.<br />
Aufgaben im Rahmen des Projektes:<br />
In dem auf zwei Jahre veranschlagten Projekt sollen<br />
vor allem die folgenden Aufgaben durch einen<br />
Projektmitarbeiter bzw. eine Projektmitarbeiterin<br />
wahrgenommen werden:<br />
• Erarbeitung einer ausführlichen Konzeption zur<br />
Beteiligung und Mitwirkung von Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung im <strong>Lebenshilfe</strong>-Verein vor<br />
Ort und im Rahmen seiner Aktivitäten;<br />
• Gewinnung <strong>der</strong> Verantwortlichen in den örtlichen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>vereinen für die Idee <strong>der</strong> Beteiligung von<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung als aktive Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>. Bei dieser Überzeugungsarbeit<br />
sind Vorstandsmitglie<strong>der</strong> (mit und ohne Behin<strong>der</strong>ung)<br />
des Landesverbandes einzubeziehen.<br />
• Erarbeitung von konkreten Arbeitshilfen und<br />
Materialien für die diesbzgl. Arbeit im <strong>Lebenshilfe</strong>-<br />
Verein vor Ort, z. B.<br />
_Ideensammlung zur Werbung von geistig behin<strong>der</strong>ten<br />
Menschen als Mitglie<strong>der</strong> des <strong>Lebenshilfe</strong>-<br />
Vereines<br />
_Ausarbeitungen zur konkreten Mitwirkung im<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Verein in Form von Mustersatzungen,<br />
Mustergeschäftsordnungen usw.
_Informationsmaterialien über die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
in einfacher Sprache für Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung<br />
_Ggf. Erarbeitung von Informationsmaterialien mit<br />
neuen Medien (CD-ROM, Internet);<br />
• Konkrete Beratung und Hilfestellung für einzelne<br />
Orts- und Kreisvereinigungen bei <strong>der</strong> Implementierung<br />
<strong>der</strong> Teilhabe behin<strong>der</strong>ter Menschen im <strong>Lebenshilfe</strong>-Verein;<br />
hier ggf. auch Konfliktmo<strong>der</strong>ation bei<br />
Bedarf;<br />
• Initiierung eines Netzwerkes von Mitglie<strong>der</strong>n mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung in <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereinen in<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg (landesweites Treffen);<br />
• Veranstaltung von Aktionstagen, Tagungen und<br />
Seminaren auf Orts- und auf überregionaler Ebene.<br />
Diese richten sich einerseits an interessierte behin<strong>der</strong>te<br />
Menschen, aber auch an Personen, welche die<br />
Mitwirkung behin<strong>der</strong>ter Menschen vor Ort unterstützen<br />
und begleiten wollen.<br />
Die Aufgaben sollen in enger Abstimmung und Zusammenarbeit<br />
mit behin<strong>der</strong>ten Menschen, die sich<br />
auf Landes- und Ortsebene bereits in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
engagieren und mit den die Unterstützung<br />
einfor<strong>der</strong>nden Orts- und Kreisvereinigungen <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> erledigt werden. Insofern versteht es<br />
sich von selbst, dass dieser Aufgabenkatalog vorläufig<br />
ist und sich im Rahmen des Projektes dynamisch<br />
weiter entwickeln wird.<br />
Konkrete Umsetzung:<br />
Das Projekt ist zeitlich begrenzt auf zwei Jahre und<br />
auch von seiner Gestaltung her auf „Endlichkeit“<br />
angelegt. Es soll wichtige Impulse geben, etwas in<br />
Gang bringen, das dann eine Eigendynamik entwickelt<br />
und sich in den Orts- und Kreisvereinigungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> weiter entwickeln kann. Auch die<br />
Vernetzung und <strong>der</strong> Erfah-rungsaustausch zwischen<br />
den Orts- und Kreisvereinigungen über die Beteiligung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen kann sich durch die<br />
Impulse des Projektes verselbständigen und von einer<br />
Mo<strong>der</strong>ation des Landesverbandes unabhängig<br />
werden.<br />
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
Projekte eines Landesverbandes sind sinnvoller Weise<br />
darauf angelegt, durch ihr Wirken möglichst vielfältige<br />
Aktivitäten vor Ort, also in unserem Fall bei den Orts-<br />
und Kreisvereinigungen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, zu unterstützen,<br />
durch Anregung, Beratung, vor allem auch durch<br />
die Weitergabe von Erfahrungen, die an an<strong>der</strong>en Stellen<br />
vor Ort bereits vorhanden sind.<br />
B<br />
VERLAUF UND ERGEBNISSE DES PROJEKTS<br />
”AKTIVE BETEILIGUNG BEHINDERTER<br />
MENSCHEN IN DER LEBENSHILFE VOR ORT“<br />
Das Ziel einer aktiven Beteiligung von Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung in unserem Projekt konnte nur<br />
durch eine aktive Beteiligung örtlicher <strong>Lebenshilfe</strong>n<br />
verfolgt werden. Im Wesentlichen hatte das Projekt<br />
zwei Zielgruppen: Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung sowie<br />
solche Menschen ohne Behin<strong>der</strong>ung, welche in<br />
den Orts- und Kreisvereinigungen als Unterstützer<br />
und Assistenten die Sache <strong>der</strong> aktiven Beteiligung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen zu ihrer Sache machen würden.<br />
Im Hinblick auf Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung standen<br />
dabei die folgenden Zielsetzungen im Vor<strong>der</strong>grund:<br />
• Gewinnung für eine Mitgliedschaft im örtlichen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>verein,<br />
• „Empowerment“, also die Vermittlung <strong>der</strong> Erfahrung,<br />
dass man etwas für sich selbst und seine Kollegen<br />
erreichen kann, wenn man Dinge aktiv in die<br />
Hand nimmt, sich einsetzt,<br />
• Erwerb von Grundkompetenzen für das Engagement<br />
in einem Verein (Was ist überhaupt die <strong>Lebenshilfe</strong>?<br />
Wofür tritt sie ein? Wer sind wichtige<br />
Ansprechpartner <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, z.B. im kommunalpolitischen<br />
Bereich? Wie kann ich mich engagieren?<br />
Wer hat in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> welche Aufgaben<br />
und Kompetenzen? Wie kann ich mich engagieren?<br />
Wie führt man eine Gruppensitzung durch? usw.),<br />
• Regionale und landesweite Vernetzung <strong>der</strong> in den<br />
örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>vereinen engagierten Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung, wobei diese Vernetzung<br />
wie<strong>der</strong>um den Zielsetzungen des Empowerment<br />
(„Wir sind nicht allein!“, „Das haben An<strong>der</strong>e schon<br />
erreicht, wir haben auch ein Recht darauf!“ …) sowie<br />
dem Erwerb von Kompetenzen („Lernen von<br />
den Besten“) dient.<br />
25
III.<br />
26<br />
DAS PROJEKT<br />
Im Hinblick auf Unterstützer und Multiplikatoren im<br />
Verein waren in erster Linie die folgenden Ziele zu<br />
verfolgen:<br />
• Gewinnung für die Idee <strong>der</strong> aktiven Beteiligung<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>verein<br />
(Überzeugungsarbeit, wo erfor<strong>der</strong>lich,<br />
sehr viel häufiger aber im Sinne einer Bestätigung<br />
bereits vorhandener eigener Überzeugung),<br />
• Vermittlung von Erfahrungen zu <strong>der</strong> Frage, welche<br />
Strukturen, Ressourcen und Herangehensweisen<br />
hilfreich sind, um die Beteiligung von Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung vor Ort ganz praktisch umzusetzen,<br />
wobei diese Vermittlung in erster Linie auch durch<br />
die Weitergabe bereits vorhandener Erfahrungen<br />
an an<strong>der</strong>en Orten bzw. durch die Vernetzung und<br />
den Erfahrungsaustausch zwischen den Unterstützern<br />
geschah.<br />
Die genannten Zielgruppen wurden zum Teil durch<br />
jeweils eigene Veranstaltungen bzw. Medien angesprochen,<br />
sehr häufig aber auch gemeinsam, denn<br />
im Hinblick auf die Zielsetzung eines gemeinsamen<br />
Handelns vor Ort erweist sich die gemeinsame Teilnahme<br />
an überregionalen Aktivitäten immer wie<strong>der</strong><br />
als beson<strong>der</strong>s effektiv.<br />
Die folgenden Aktivitäten wurden im Verlauf des<br />
Projekts durchgeführt, wobei die sich anschließende<br />
Aufzählung we<strong>der</strong> den Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erhebt noch in ihrer Reihenfolge hierarchisch<br />
zu sehen ist:<br />
Beratungen örtlicher <strong>Lebenshilfe</strong>vereine:<br />
Insgesamt dreizehn <strong>Lebenshilfe</strong>vereine haben diese<br />
in Anspruch genommen, teilweise wurden Prozesse<br />
zur Installation von neuen Beteiligungsformen kontinuierlich<br />
begleitet.<br />
Regionaltreffen mit Vorständen:<br />
In vier regionalen Treffen mit örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>vorständen,<br />
welche in Schwäbisch Gmünd, Rastatt,<br />
Freiburg und Sindelfingen stattfanden, wurden<br />
grundsätzliche Informationen gegeben und örtliche<br />
Vorstände von <strong>der</strong> Wichtigkeit des Anliegens überzeugt.<br />
Regionaltreffen mit behin<strong>der</strong>ten Menschen:<br />
In Horb, Bühl und Kirchheim/Teck wurden Regionaltreffen<br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung veranstaltet,<br />
welche sich bereits in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> engagieren<br />
bzw. dafür interessieren. Hier bestand die Zielsetzung<br />
vor allem auch darin, „von den Nachbarn zu<br />
lernen“ bzw. konkrete Ansätze von Zusammenar-<br />
beit zu vereinbaren. Ab Seite 28 finden Sie Berichte<br />
über den Verlauf <strong>der</strong> Regionaltreffen in Bühl und<br />
Kirchheim.<br />
Vollversammlung behin<strong>der</strong>ter Menschen:<br />
Zur landesweiten Vernetzung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
vor Ort aktiven Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung (und ihrer<br />
Unterstützer) wurde eine Vollversammlung etabliert,<br />
welche zukünftig jährlich stattfinden wird.<br />
An <strong>der</strong> ersten Vollversammlung im Dezember 2005<br />
waren Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aus zwölf örtlichen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>vereinen vertreten, bei <strong>der</strong> zweiten<br />
Vollversammlung im November 2006 waren es<br />
bereits achtzehn vertretene Vereine. Ab dem Jahr<br />
2007 werden die Mitglie<strong>der</strong> des Beirats behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen beim Landesverband <strong>Lebenshilfe</strong> durch<br />
die Vollversammlung gewählt und dem Vorstand<br />
zur Benennung vorgeschlagen. Somit dient die Vollversammlung<br />
neben <strong>der</strong> landesweiten Vernetzung<br />
auch <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> demokratischen Verankerung<br />
auf Landesebene aktiver behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>basis. Berichte und Materialien<br />
aus den Vollversammlungen finden Sie in dieser<br />
Dokumentation ab Seite 30.<br />
Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>:<br />
Der Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> existiert bereits seit 1996. Während<br />
<strong>der</strong> Laufzeit des Projekts wurde die Intensität<br />
<strong>der</strong> Beiratsarbeit wesentlich erhöht. Der Beirat<br />
übernahm dabei wichtige Aufgaben <strong>der</strong> Projektentwicklung,<br />
z.B. im Hinblick auf die Gestaltung eines<br />
Faltblatts zur Werbung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
als Mitglie<strong>der</strong> de <strong>Lebenshilfe</strong> o<strong>der</strong> auf die konzeptionelle<br />
Entwicklung <strong>der</strong> zukünftigen Aufgaben<br />
<strong>der</strong> Vollversammlung und demokratische Legitimierung<br />
des Landesbeirats. Der Beirat hat sich darüber<br />
hinaus aktiv an <strong>der</strong> inhaltlichen Arbeit des Landesverbandes<br />
beteiligt, z.B. durch die Durchführung<br />
eines Aktionstages im Rahmen des Jubiläumsjahres<br />
des Landesverbandes in Kooperation mit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>gruppe<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg im März<br />
2005, durch die Erstellung eines Videobeitrages<br />
zur Aufarbeitung <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Euthanasie in<br />
Deutschland anlässlich <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
des Landesverbandes in <strong>der</strong> Gedenkstätte Grafeneck<br />
im Oktober 2005 (siehe DVD) sowie durch die intensive<br />
Befassung mit <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Lebenssituation<br />
von Menschen mit sehr schweren Behin<strong>der</strong>ungen im<br />
Rahmen eines Themenschwerpunkts im Jahr 2006.<br />
Faltblatt zur Mitglie<strong>der</strong>werbung:<br />
Da die Mitgliedschaft behin<strong>der</strong>ter Menschen in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> die Grundvoraussetzung zu ihrer aktiven
Beteiligung darstellt, wurde im Rahmen des Projekts<br />
unter intensiver inhaltlicher Einbindung des Beirats<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband ein<br />
Faltblatt in leichter Sprache zur Mitglie<strong>der</strong>werbung<br />
entwickelt, welches dieser Dokumentation beiliegt.<br />
Das Faltblatt kann beim Landesverband auch in größerer<br />
Stückzahl für die Mitglie<strong>der</strong>werbung vor Ort<br />
angefor<strong>der</strong>t werden.<br />
Tagungen, Seminare und Schulungen:<br />
Sowohl für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen als auch<br />
für ihre Assistenten wurden verschiedene Fortbildungsveranstaltungen<br />
durchgeführt. In <strong>der</strong> traditionellen<br />
Reihe <strong>der</strong> integrativen Kongresse in Kooperation<br />
mit dem Landesverband Rheinland-Pfalz <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> wurde in Rastatt ein Kongress zur „Mit-<br />
Wirkung vor Ort“ durchgeführt. Beson<strong>der</strong>es Highlight<br />
auf diesem Kongress war sicherlich die Teilnahme<br />
einer Delegation <strong>der</strong> Organisation „On<strong>der</strong>ling<br />
Sterk“ („Gemeinsam sind wir stark!“) aus Holland.<br />
„On<strong>der</strong>ling Sterk“ war eine <strong>der</strong> ersten Organisationen<br />
<strong>der</strong> Selbstvertretung von Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung in Europa. Ab Seite 35 finden Sie<br />
einen Bericht über den Rastatter Kongress sowie die<br />
Präsentation von „On<strong>der</strong>ling Sterk“ im Rahmen dieser<br />
Veranstaltung.<br />
In mehreren Seminaren wurden Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
in Fragen <strong>der</strong> Selbstvertretung und des<br />
aktiven Engagements in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> geschult.<br />
Unterlagen aus dem Seminar „Mitbestimmung in<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>. Ja klar!“ finden Sie ab Seite 40.<br />
Gemeinsam mit <strong>der</strong> LAG <strong>der</strong> Werkstatträte <strong>Baden</strong>-<br />
Württemberg wurde ein Fachtag für Assistenten erfolgreich<br />
durchgeführt.<br />
Schließlich haben die Projektmitarbeiterin sowie<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aus dem Beirat des Landesverbandes<br />
auch bei <strong>der</strong> Durchführung von Seminaren<br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung vor Ort und<br />
in Kooperation mit örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>vereinigungen<br />
mitgewirkt.<br />
Schriftliche Kommunikation mit den Mitglie<strong>der</strong>n<br />
des Landesverbandes:<br />
Die Mitglie<strong>der</strong> des Landesverbandes wurden im<br />
Verlauf des Projekts regelmäßig im Rahmen <strong>der</strong><br />
Landesverbands-Rundschreiben und durch eigene<br />
themenbezogene Aussendungen über das Projekt<br />
und einzelne Aktivitäten schriftlich informiert. Außerdem<br />
wurden die örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>vereine zu<br />
Beginn und gegen Ende des Projekts über den Stand<br />
<strong>der</strong> Aktivierung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung vor<br />
Ort befragt. Als Ergebnis <strong>der</strong> abschließenden Befragung<br />
entstanden Steckbriefe einiger Mitwirkungsformen<br />
in Orts- und Kreisvereinigungen, die im<br />
letzten Teil dieser Dokumentation als „gelbe Seiten<br />
DAS PROJEKT<br />
<strong>der</strong> Teilhabe“ zusammengefasst sind. Diese um verschiedene<br />
Unterlagen aus den örtlichen Vereinen<br />
ergänzten Steckbriefe stellen sicherlich einen <strong>der</strong><br />
interessantesten Teile <strong>der</strong> Dokumentation dar, denn<br />
sie machen deutlich, wie vielfältig sich das Engagement<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im örtlichen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>verein gestalten kann. Die Beispiele regen<br />
zur Nachahmung an, und da sie auch mit Kontaktdaten<br />
<strong>der</strong> örtlichen Ansprechpartner versehen<br />
sind, bilden sie die ideale Grundlage für Vernetzungen<br />
und Kontaktaufnahmen zwischen verschiedenen<br />
Orts- und Kreisvereinigungen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Ein professionell erstellter Videobeitrag informiert<br />
sehr anschaulich über die Arbeit <strong>der</strong> „Mitglie<strong>der</strong>gruppe“<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg. Er ist auf <strong>der</strong><br />
DVD zu dieser Dokumentation enthalten.<br />
Öffentlichkeitsarbeit:<br />
Die Arbeit des Projektes fand auch Nie<strong>der</strong>schlag<br />
in einigen Pressemitteilungen aus dem Anlass verschiedener<br />
Veranstaltungen, welche zu zahlreichen<br />
Zeitungsberichten führten, von denen einzelne im<br />
Rahmen dieser Dokumentation wie<strong>der</strong>gegeben<br />
werden. Auch spezielle Veranstaltungen wie <strong>der</strong><br />
Aktionstag in Herrenberg im März 2005 führten zu<br />
einer positiven öffentlichen Wahrnehmung <strong>der</strong> Umsetzung<br />
von Teilhabe behin<strong>der</strong>ter Menschen innerhalb<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Konzeptionsentwicklung:<br />
Aus den Erfahrungen des Projekts, insbeson<strong>der</strong>e<br />
auch aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit den verschiedenen<br />
örtlichen Gruppen, lassen sich im Wesentlichen<br />
drei grundsätzliche Formen <strong>der</strong> aktiven Beteiligung<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
vor Ort ableiten, welche Projektmitarbeiterin Klaudia<br />
Lucia in ihrem Artikel zusammengefasst und erläutert<br />
hat, den Sie auf Seite 51 dieser Dokumentation<br />
finden.<br />
Fazit:<br />
Dank des beson<strong>der</strong>en Engagements unserer Projektmitarbeiterin<br />
sowie einer großen Zahl behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen und ihrer Unterstützer auf örtlicher<br />
und auf Landesebene konnte das Projekt „Aktive<br />
Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
vor Ort“ die gewünschte Wirkung entfalten.<br />
Es ist sowohl gelungen, die Zahl aktiver <strong>Lebenshilfe</strong>mitglie<strong>der</strong><br />
mit Behin<strong>der</strong>ung zu erhöhen als auch<br />
die Vernetzung <strong>der</strong> Beteiligten zu verbessern und<br />
wichtige Impulse für die konzeptionelle Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Partizipation innerhalb <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
zu setzen. Einige <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereine haben<br />
sich auf den Weg gemacht, an<strong>der</strong>e den schon vor<br />
längerer Zeit eingeschlagenen Weg weiterverfolgt<br />
III.<br />
27
III.<br />
C<br />
28<br />
DAS PROJEKT<br />
bzw. neu justiert. Einige Orts- und Kreisvereinigungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> in <strong>Baden</strong>-Württemberg haben<br />
die spannende Entwicklung einer Kultur <strong>der</strong> Beteiligung<br />
von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung noch vor sich.<br />
Möge die hier vorliegende Dokumentation sie nicht<br />
nur ermuntern, diesen Weg einzuschlagen, son<strong>der</strong>n<br />
auch einige praktische Anregungen über das „Wie“<br />
geben!<br />
Pressemeldung anlässlich des Regionaltreffens am<br />
23.09.06 in Bühl mit Vertretern <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>n Bühl<br />
und Rastatt<br />
1<br />
REGIONALVERANSTALTUNGEN<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>n Bühl<br />
und Rastatt/Murgtal treffen sich zum gegenseitigen<br />
Austausch/Thema des Nachmittags: „Teilhabe“<br />
Mitmachen, mitgestalten, mitbestimmen<br />
Bühl-Ottersweier (LH). Große Resonanz fand das<br />
Regionaltreffen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Bühl und <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt/<br />
Murgtal, welches in den Räumen <strong>der</strong> Mooslandschule<br />
in Ottersweier stattfand. Über 40 Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ungen wie auch Betreuer und Angehörige<br />
informierten sich über Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Dazu hatte die <strong>Lebenshilfe</strong> Bühl Klaudia Lucia,<br />
Leiterin des Projekts “Beteiligung vor Ort“ vom<br />
Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
eingeladen. Lucia stellte mit viel Motivation,<br />
Filmmaterial, anschaulichen Symbolen und in leicht<br />
verständlicher Sprache die verschiedenen Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Mitbestimmung für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
innerhalb <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>-Strukturen<br />
vor. Sie erklärte: „Teilhabe heißt mitmachen, mitgestalten,<br />
mitbestimmen. Gerade in unserer Informationsgesellschaft<br />
ist es ein Leichtes, Sachverhalte<br />
barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Erst auf dieser<br />
Grundlage werden selbst bestimmte Entscheidungen<br />
möglich.“<br />
Die <strong>Lebenshilfe</strong> war ursprünglich ein Selbsthilfeverein<br />
für Eltern von Kin<strong>der</strong>n mit einer geistigen Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Doch sind aus diesen Kin<strong>der</strong>n inzwischen<br />
Erwachsene geworden und diese for<strong>der</strong>n auch als<br />
Mensch mit einer Behin<strong>der</strong>ung gleichberechtigte<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten. „Wir wollen uns selbst<br />
als Experten in eigener Sache vertreten“, so Peter<br />
Benzenhöfer, Vorstandsmitglied beim Landesver-<br />
band <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg und<br />
ebenfalls von einer Behin<strong>der</strong>ung betroffen.<br />
Mitgestalten bedeutet neben Rechten zu haben,<br />
auch Pflichten zu übernehmen. In dieser Verantwortung<br />
stehen bereits zahlreiche Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
in den verschiedensten Gremien. So berichtete<br />
an diesem Nachmittag eine Schülerin über<br />
die Aufgaben <strong>der</strong> Schülermitverantwortung (SMV)<br />
in <strong>der</strong> Mooslandschule Ottersweier. Heimbeirat und<br />
Werkstattrat informierten über ihre Aufgaben in<br />
den Wohn- und Werkstätten <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Nordschwarzwald<br />
in Steinbach, Sinzheim und Achern.<br />
Die Gäste aus Rastatt stellten den <strong>Lebenshilfe</strong>beirat<br />
vor, <strong>der</strong> sich in seinem Mitwirkungsrecht direkt an<br />
die Vorstandschaft <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt/Murgtal<br />
wenden kann. „Wir machen aktiv bei <strong>der</strong> Meinungsbildung<br />
des Vereins mit“, so Manfred Müller, ein<br />
Rastatter Beiratsmitglied.<br />
Mit Gruppenarbeiten und daraus entwickelten<br />
Rollenspielen zu verschiedenen Aspekten wie z. B.<br />
Mitentscheidung, Umgang mit diskriminierendem<br />
Verhalten, Problemen bei <strong>der</strong> Nutzung des Öffentlichen<br />
Nahverkehrs, dem diskriminierenden Begriff<br />
„Geistigbehin<strong>der</strong>ter“ ging <strong>der</strong> Tag kurzweilig und<br />
trotz schwieriger Thematik durchaus vergnüglich zu<br />
Ende.<br />
Die Teilnehmer wie auch die Organisatoren des Regionaltreffens<br />
zeigten sich mit dem Ergebnis des<br />
Nachmittags mehr als zufrieden. “Die Verwirklichung<br />
von Teilhabe kann nur in einem sich stetig<br />
weiter entwickelnden Prozess gelingen“, so das<br />
Resümee von Monika Eich, Verantwortliche <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Bühl für die Veranstaltung. „Deshalb gelte<br />
es künftig, weiter zu diesem Thema zu informieren<br />
und Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen zu ermutigen,<br />
zu för<strong>der</strong>n und zu begleiten, damit „Teilhabe“ nicht<br />
nur ein Wort bleibe“, so Eich weiter. Eine Fortsetzung<br />
und Vertiefung <strong>der</strong> Thematik bietet sich für<br />
alle Interessierten durch eine Fahrt zur Vollversammlung<br />
des Landesverbandes <strong>Baden</strong>-Württemberg von<br />
behin<strong>der</strong>ten <strong>Lebenshilfe</strong>mitglie<strong>der</strong> im November.
C 2<br />
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
29
III.<br />
30<br />
DAS PROJEKT<br />
Am 3. Dezember 2005 fand die erste „Vollversammlung“<br />
behin<strong>der</strong>ter Mitglie<strong>der</strong> in den baden-württembergischen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Vereinen in Herrenberg-Gültstein<br />
statt. Das Ziel einer Vernetzung aktiver <strong>Lebenshilfe</strong>-Mitglie<strong>der</strong><br />
mit Behin<strong>der</strong>ung auf Landesebene war eines <strong>der</strong><br />
Hauptziele in unserem Projekt. Der Einladung zur ersten<br />
Vollversammlung folgten insgesamt 60 Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer aus zwölf Orts- und Kreisvereinigungen.<br />
Für ein erstes Treffen ein voller Erfolg!<br />
Der hier abgedruckte Artikel erschien im<br />
„Quatschbläddl“ – Heft 23 – <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim.<br />
D<br />
1<br />
VOLLVERSAMMLUNG VON MENSCHEN MIT<br />
BEHINDERUNG, DIE MITGLIED SIND BEI DER<br />
LEBENSHILFE.<br />
Am Samstag, 03.Dezember 2005 haben wir - Norbert,<br />
Stefan, Edelbert und Ralf - uns um 9 Uhr an<br />
<strong>der</strong> Werkstatt getroffen und sind nach Herrenberg<br />
gefahren. Frau Schmid fuhr uns hin. In Herrenberg<br />
war die 1.Vollversammjung für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung,<br />
die Mitglie<strong>der</strong> sind in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Eingeladen zu <strong>der</strong> Versammlung hat <strong>der</strong> Beirat des<br />
Landesverbands <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg,<br />
das sind 12 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. Sie beraten<br />
den Vorstand.<br />
Am Vormittag waren verschiedene Vorträge. Es<br />
wurde berichtet, dass <strong>der</strong> Beirat verhandelt, dass<br />
<strong>der</strong> Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis zukünftig so klein<br />
sein soll wie <strong>der</strong> Personalausweis. Außerdem wurden<br />
2 Filme gezeigt. In einem Film wurde die Arbeit<br />
des Beirats <strong>der</strong> LH Herrenberg vorgestellt. Im an<strong>der</strong>en<br />
Film erzählten die Beiräte des Landesverbands<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> von ihrem Ausflug zur Gedenkstätte<br />
Grafeneck und wie es ihnen dabei ging.<br />
Danach gab es Mittagessen, die Verpflegung war<br />
den ganzen Tag super!<br />
Am Nachmittag waren wir in verschiedenen Arbeitsgruppen.<br />
Wir tauschten uns mit den an<strong>der</strong>en Teilnehmern<br />
darüber aus, was die <strong>Lebenshilfe</strong> macht.<br />
Manche sind Träger von Werkstätten und Wohnheimen<br />
und von den Offenen Hilfen, manche haben<br />
Schulen, viele bieten Urlaubs- und Kulturangebote<br />
an. Wir haben festgestellt, dass die <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim<br />
fast alles anbietet, worüber die an<strong>der</strong>en Teilnehmer<br />
berichteten. Aber wir haben auch ein paar<br />
Anregungen bekommen. Ein Teilnehmer erzählte,<br />
dass er in einem Kaffee arbeitet, das die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
betreibt, es ist das „Kaffeehäusle“ in Reutlingen in<br />
<strong>der</strong> Burggasse.<br />
Eric Schön baut an <strong>der</strong> Verwirklichung des Traums.<br />
Eine an<strong>der</strong>e <strong>Lebenshilfe</strong> bietet ein Themenkaffee<br />
an. Man kann Kaffee trinken, einmal im Monat redet<br />
man über aktuelle Themen wie Liebe, Wohnen,<br />
Natur, Geld und sonstige Themen.<br />
Das Ergebnis <strong>der</strong> Arbeitsgruppen wurde am Schluss<br />
<strong>der</strong> großen Runde vorgestellt. Es wurde angekündigt,<br />
dass nächstes Jahr wie<strong>der</strong> eine Vollversammlung<br />
stattfindet. Im Laufe des Jahres finden regionale<br />
Treffen statt, Start ist ein Treffen im Februar<br />
2006 in <strong>der</strong> Region Horb. Wir fänden gut, wenn<br />
bald auch ein regionales Treffen in unserer Region<br />
stattfinden würde.<br />
Die Beiräte haben uns mit auf den Weg gegeben,<br />
dass wir Werbung machen sollen, dass mehr Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung Mitglied bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
werden sollen, denn GEMEINSAM SIND WIR STARK,<br />
WENN WIR ALLE AN EINEM STRANG ZIEHEN.<br />
Norbert, Edelbert, Stefan, Ralf
D 2<br />
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
31
III.<br />
D<br />
32<br />
DAS PROJEKT<br />
Am 04. November 2006 fand die zweite Vollversammlung<br />
behin<strong>der</strong>ter Mitglie<strong>der</strong> in den <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereinen<br />
in <strong>Baden</strong>-Württemberg statt. Bei dieser Veranstaltung<br />
waren bereits 18 örtliche <strong>Lebenshilfe</strong>-Vereine vertreten,<br />
was gegenüber <strong>der</strong> 1. Vollver-sammlung im Jahr 2005<br />
eine Steigerung von 50% bedeutete. Wir drucken im<br />
Anschluss einen Ausschnitt aus <strong>der</strong> Begrüßungsrede von<br />
Peter Benzenhöfer, Vorsitzen<strong>der</strong> des Beirates behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen beim Landesverband, ab.<br />
Hauptthema <strong>der</strong> Vollversammlung war <strong>der</strong> Vorschlag<br />
des Landesverbandes, in welcher Weise zukünftig die<br />
Mitglie<strong>der</strong> des Beirates aufgrund von Vorschlägen <strong>der</strong><br />
Vollversammlung gewählt werden soll. Eine Präsentation<br />
zur Darstellung des geplanten Vorgehens ist auf den<br />
folgenden Seiten abgedruckt.<br />
3<br />
AUSZUG AUS DER REDE<br />
VON PETER BENZENHÖFER:<br />
Ich bin Peter Benzenhöfer. Ich bin Vorsitzen<strong>der</strong> des<br />
Beirates behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband.<br />
Ich freue mich, dass so viele bekannte Gesichter<br />
von letztem Jahr zu sehen sind, aber auch viele<br />
neue Gesichter. Einige habe ich ja auch bei Regionalveranstaltungen<br />
vor Ort kennen gelernt. Super,<br />
dass Sie alle da sind.<br />
Beson<strong>der</strong>s herzlich begrüßen möchte ich Vertreter<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>n Kirchheim und Sinsheim, die uns<br />
heute einen Blick in ihre Arbeit als Beiräte vor Ort<br />
mitteilen.<br />
Heute haben wir vom Beirat wie<strong>der</strong> eingeladen zur<br />
2. Vollversammlung behin<strong>der</strong>ter <strong>Lebenshilfe</strong>mitglie<strong>der</strong>.<br />
Wir haben uns viel Mühe gemacht, damit<br />
Sie heute auch sehr viel an Ideen und Informationen<br />
mitnehmen. Es ist uns vom Beirat sehr wichtig,<br />
dass Sie heute im Mittelpunkt des Tages stehen. Sie<br />
sollen heute Aufmerksamkeit erhalten, in dem Sie<br />
ihre Fragen stellen können, mitsprechen und mitdiskutieren.<br />
Dazu haben wir die Rote-Karte mitgebracht. Auf<br />
dieser Karte steht: „Halt – bitte leichte Sprache“.<br />
Diese Karte ist ein Zeichen. Nicht je<strong>der</strong> braucht sie<br />
benutzen, doch Sie sollen wissen, dass Sie was zu<br />
sagen haben und das hier auch ausdrücklich tun<br />
dürfen. Auch wenn das mal unangenehm ist für<br />
die Menschen ohne Behin<strong>der</strong>ung. Das macht nichts,<br />
denn sie müssen lernen, langsamer und deutlicher<br />
zu sprechen o<strong>der</strong> Fremdwörter nicht zu benutzen<br />
o<strong>der</strong> zumindest zu erklären. Haben Sie Mut dazu!<br />
Nicht nur Kirchheim und Sinsheim stellen ihre Arbeit<br />
vor, son<strong>der</strong>n wir auch. In einem Jahr ist viel passiert.<br />
Was... das zeigen wir Ihnen.<br />
Wir hatten<br />
• 10-jähriges Bestehen des Beirates zu feiern.<br />
• uns mit dem Schwerpunktthema Menschen mit<br />
höherem Hilfebedarf beschäftigt.<br />
Und eine Idee für die nächste Vollversammlung<br />
2007.<br />
Peter Benzenhöfer<br />
Informationen bei <strong>der</strong> Vollversammlung am 04.11.2006<br />
D<br />
4<br />
WAS MACHT DIE VOLLVERSAMMLUNG BE-<br />
HINDERTER LEBENSHILFEMITGLIEDER?
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
33
III.<br />
34<br />
DAS PROJEKT
Am 24. – 26.10.2005 fand in Rastatt ein gemeinsam mit<br />
dem Landesverband Rheinland-Pfalz <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
veranstalteter Kongress unter dem Titel „Mit-Wirkung<br />
vor Ort“ statt. Auf den folgenden Seiten berichtet Stefan<br />
Baumann, Kongressteilnehmer aus Sinsheim, über<br />
den Kongress.<br />
Ein beson<strong>der</strong>er Höhepunkt war sicher <strong>der</strong> Besuch <strong>der</strong><br />
holländischen Selbstvertretungsgruppe „On<strong>der</strong>link<br />
Sterk“ auf dem Kongress. „On<strong>der</strong>link Sterk“ heißt auf<br />
Holländisch „Zusammen sind wir stark!“ und ist eine <strong>der</strong><br />
ersten Selbstvertretungsorganisationen von Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in Europa gewesen. Wir drucken<br />
nach dem Bericht von Stefan Baumann auch die<br />
Präsentation <strong>der</strong> holländischen Gäste ab.<br />
BERICHT ÜBER DEN KONGRESS<br />
”MIT-WIRKUNG VOR ORT“<br />
am 24. – 26.10.2005 in Rastatt<br />
Verlauf des Kongresses<br />
Montag, 24.10.2005<br />
Bericht von Stefan Baumann:<br />
Als wir im Bildungshaus St. Bernhard in Rastatt ankamen<br />
und die Zimmer verteilt worden waren, gab<br />
es ein gutes Mittagessen. Angekommen waren 51<br />
Personen, davon waren 38 Teilnehmer <strong>der</strong> Kurse.<br />
Danach trafen wir uns im großen Saal zu einer Begrüßung.<br />
Herr Matthias Mandos vom Landesverband<br />
Rheinland-Pfalz und Herr Peter Benzenhöfer,<br />
Landesvorstand <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
haben uns Teilnehmer begrüßt.<br />
Frau Klaudia Lucia (die für die Tagung verantwortlich<br />
war) und Frau Christina Funk führten ein schönes<br />
Wechselgespräch vor und machten uns darin mit<br />
dem Thema und allen Fragen darüber vertraut.<br />
Auch gab es einen schönen Film, was „Teilhabe“<br />
heißt und was das bedeutet.<br />
„Teilhabe bedeutet mitmachen, mitgestalten und<br />
mitbestimmen beim Zusammenleben aller Bürgerinnen<br />
und Bürger“, so wurde es von Menschen mit<br />
und ohne Behin<strong>der</strong>ung in bei einem Dortmun<strong>der</strong><br />
Kongress beschlossen (siehe Anhang hinten).<br />
Teilhabe ist auf jeden Fall mehr als nur dabei sein.<br />
Das Motto ist: „Gemeinsam voneinan<strong>der</strong> lernen,<br />
sich verständigen und verstanden werden“.<br />
1<br />
E<br />
Danach wurden uns dann die einzelnen Gruppen<br />
erklärt.<br />
Auch gab es noch ein Spiel, in dem wir uns auf die<br />
vier Ecken des großen Raumes verteilen mussten. Sie<br />
wollten von uns Teilnehmern wissen, wie wir zurzeit<br />
leben:<br />
a) alleine<br />
b) im Wohnheim o<strong>der</strong> einer Außenwohngruppe<br />
c) bei den Eltern o<strong>der</strong><br />
d) mit einem Partner zusammen<br />
Das nächste war dann, dass wir uns aussuchen sollten,<br />
was wir eigentlich in Zukunft wollen und dorthin<br />
mussten wir uns dann stellen.<br />
Nach <strong>der</strong> Kaffeepause verteilten wir uns in unsere<br />
Gruppen.<br />
Abends wurde ein Film über Bobby (einen Mann<br />
mit Down-Syndrom) gezeigt o<strong>der</strong> man konnte in<br />
die Musikbar des Hauses gehen o<strong>der</strong> beides hintereinan<strong>der</strong>.<br />
Hoch her ging es dann beim Mühle-Spiel zwischen<br />
Peter Benzenhöfer und Zoltan Varga. Die Freudenstädter<br />
und Horber freuten sich beim „Menschen<br />
ärgere dich nicht“ – Spiel.<br />
Dienstag, 25.10.2005<br />
DAS PROJEKT<br />
Begonnen haben wir den Tag in den Arbeitsgruppen.<br />
Zwischendurch machten wir nach dem Mittagessen<br />
einen Rundgang ums Rastatter Schloss.<br />
Ortskundiger Stadtführer war <strong>der</strong> Rastätter Florian<br />
Müller.<br />
Danach gab es einen Computerbericht auf <strong>der</strong> Leinwand<br />
über die Holländische Gruppe „On<strong>der</strong>ling<br />
Sterk“ und über den Lebenslauf eines dortigen<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung (Willem, <strong>der</strong> dies auch<br />
selbst vortrug).<br />
„Praten met Ons Niet over Ons“ das ist nie<strong>der</strong>-<br />
ländisch. Auf Deutsch heißt das: „Sprecht mit uns,<br />
nicht über uns“. Darum ging es in diesem Bericht.<br />
Seit Willem bei on<strong>der</strong>ling sterk ist, hat sich seine<br />
ganze Lebenssituation verän<strong>der</strong>t. Er wohnt jetzt mit<br />
seiner Partnerin und vielen, vielen Katzen allein.<br />
Arbeitet jetzt im Service und ist selbst bestimmt und<br />
glücklich.<br />
III.<br />
35
III.<br />
36<br />
DAS PROJEKT<br />
Abends gab es wie<strong>der</strong> einen Film „Die Vorstadt-<br />
Krokodile“ o<strong>der</strong> einen Gang durchs nächtliche<br />
Rastatt mit Kneipenbesuch. Auch die Musikbar im<br />
Haus war wie<strong>der</strong> auf.<br />
Männersache – Jimmy Liebermann und Peter<br />
Benzenhöfer lieferten sich einen harten Zweikampf<br />
im Armdrücken. Kräfte messen hieß es auch für<br />
Joachim Hermann und Roel Kok. Danach war Gaudi<br />
angesagt.<br />
Mittwoch, 26.10.2005<br />
Die Gruppe „Über die Nie<strong>der</strong>lande“ hatte ein Computerprogramm<br />
entworfen, das wir uns ansahen.<br />
Florian Müller hat vorgelesen was sie in den letzten<br />
Tagen gemacht haben.<br />
Roel Kok hat uns dann alle in die Nie<strong>der</strong>landen eingeladen.<br />
Und anschließend spielten einige <strong>der</strong> Gruppe „Kommunikation“<br />
einen Sketch vor, wo gezeigt wurde,<br />
wie Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen sich bei einem<br />
Bürgermeister o<strong>der</strong> einer Gemein<strong>der</strong>atssitzung<br />
durchsetzen. Der Sinn war, dass man nicht über sie<br />
reden o<strong>der</strong> entscheiden soll, son<strong>der</strong>n mit ihnen.<br />
Dann kommt es zu Lösungen, mit denen alle besser<br />
auskommen.<br />
Die Arbeitsgruppe „Mitwirkung“ hat einen Mut-<br />
Tunnel gemacht. Dabei haben viele Kongress Teilnehmer<br />
mitgemacht.<br />
Danach haben wir drei Punkte in drei Farben gekriegt.<br />
Damit haben wir den Kongress bewertet.<br />
Sonne ist gleich „toll war es“. Wolke bedeutet „geht<br />
so“, Regen bedeutet „zum davonlaufen“<br />
Fragen waren:<br />
• Die Arbeitsgruppe hat Spaß gemacht<br />
• Ich habe mich auf dem Kongress wohl gefühlt<br />
• Ich nehme Mut und Ideen mit nach Hause<br />
Nachdem wir alle unsere Teilnahmebescheinigungen<br />
bekommen, unsere Namensschil<strong>der</strong> abgegeben,<br />
auch vorher die Betten abgezogen und die Zimmerschlüssel<br />
ins Körbchen gelegt und selbstverständlich<br />
noch das gute Mittagessen genossen hatten, ging<br />
es wie<strong>der</strong> nach großer allgemeiner Verabschie<strong>der</strong>ei<br />
nach Hause. Eigentlich war ich traurig, dass nun<br />
wie<strong>der</strong> alles vorbei war.
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
37
III.<br />
38<br />
DAS PROJEKT<br />
E 2<br />
Kongress Rastatt: „On<strong>der</strong>ling Sterk“<br />
Präsentation <strong>der</strong> Selbstvertretungsorganisation von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung aus Holland
LFB ONDERLING STERK<br />
P.O. Box 85276<br />
3508 AG Utrecht, The Netherlands<br />
Tel.: 0031 / 302 363 761<br />
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
39
III.<br />
40<br />
DAS PROJEKT<br />
E 3<br />
Im Rahmen des Projekts wurden auch verschiedene Seminare zum Thema „Mitbestimmung“ für Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung angeboten. In den Seminaren wurde besprochen, welche Möglichkeiten <strong>der</strong> Mitbestimmung und<br />
Mitwirkung im örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>verein gibt und wie Mitwirkung „funktioniert“.<br />
Im Folgenden <strong>der</strong> Abdruck eines Auszugs aus <strong>der</strong> Dokumentation des Seminars, mit dem Titel „Mitbestimmung<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>? Ja klar!“ vom 22. – 24. Mai 2006 in Stuttgart-Giebel, in dem es um verschiedene Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
geht.
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
41
III.<br />
42<br />
DAS PROJEKT
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
43
III.<br />
44<br />
DAS PROJEKT
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
45
III.<br />
46<br />
DAS PROJEKT
DAS PROJEKT<br />
III.<br />
47
III.<br />
48<br />
DAS PROJEKT
Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
E 4 a<br />
ZUR GESCHICHTE UND ZUSAMMENSETZUNG<br />
DES BEIRATS<br />
Der Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen beim Landesverband<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> existiert seit 1996. Seine Mitglie<strong>der</strong><br />
nehmen teilweise gleichzeitig auch weitere<br />
Funktionen in Gremien o<strong>der</strong> bei Veranstaltungen<br />
des Landesverbandes wahr, viele gleichzeitig auch<br />
in <strong>der</strong> örtlichen <strong>Lebenshilfe</strong>, zum Teil auch in <strong>der</strong><br />
Bundesvereinigung. Der Beirat wird vom Vorstand<br />
des Landesverbandes berufen, mit dem in unregelmäßigen<br />
Abständen auch gemeinsam Sitzungen<br />
stattfinden.<br />
Im Jahr 2007 sollen die Beiratsmitglie<strong>der</strong> erstmalig<br />
auf <strong>der</strong> Vollversammlung <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Mitglie<strong>der</strong><br />
aller <strong>Lebenshilfe</strong>vereine in <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
gewählt und die gewählten Kandidaten dann dem<br />
Vorstand zur Berufung vorgeschlagen werden.<br />
Der Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen wird unterstützt<br />
von <strong>der</strong> stellvertretenden Landesvorsitzenden, Frau<br />
Solveig Watzka aus Emmendingen, sowie einem<br />
Mitarbeiter aus <strong>der</strong> Landesgeschäftsstelle. In <strong>der</strong><br />
Laufzeit des Projekts „Beteiligung“ hat Projektmitarbeiterin<br />
Klaudia Lucia diese Aufgabe wahrgenommen.<br />
Seit Januar 2007 liegt sie wie<strong>der</strong> beim<br />
Geschäftsführer des Landesverbandes, Rudi Sack.<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des Beirats ist seit November 2004<br />
Peter Benzenhöfer, <strong>der</strong> gleichzeitig Mitglied im Vorstand<br />
des Landesverbandes ist.<br />
DAS PROJEKT<br />
Und das sind die aktuellen Beiratsmitglie<strong>der</strong>:<br />
Peter Benzenhöfer<br />
aus Mühlacker, Vorsitzen<strong>der</strong> des Werkstattrats <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Pforzheim-Enzkreis, Vorsitzen<strong>der</strong> des<br />
Beirats, Mitglied des Landesvorstands seit 1998,<br />
Referent auf vielen Tagungen und Seminaren des<br />
Landesverbands<br />
Barbara Eicher<br />
aus Herrenberg, Mitglied des Ausschusses Wohnen<br />
beim Landesverband<br />
Jürgen Ferch<br />
aus Karlsruhe, Beiratsmitglied „<strong>der</strong> ersten Stunde“<br />
Ramona Günther<br />
aus Dornstetten, Vorstandsmitglied <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Freudenstadt, Vertreterin <strong>Baden</strong>-Württembergs im<br />
Rat behin<strong>der</strong>ter Menschen bei <strong>der</strong> Bundesvereinigung<br />
<strong>Lebenshilfe</strong><br />
Michael Jablonski<br />
aus Herrenberg, Mitglied des Ausschusses Wohnen<br />
beim Landesverband<br />
Edith Keller<br />
aus Karlsruhe, Beiratsmitglied „<strong>der</strong> ersten Stunde“<br />
Armin Rist<br />
aus Reutlingen, dort Mitglied des AK Selbstbestimmung<br />
und Beirat des Vorstandes <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Reutlingen, 2004 – 2006 Vertreter <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
im Beirat Budgetassistenz <strong>der</strong> LAG Selbsthilfe<br />
<strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
Markus Schätzle<br />
aus Elzach, Werkstattrat bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Kinzig-<br />
und Elztal<br />
Michael Schüfer<br />
aus Heidelberg, Werkstattrat <strong>der</strong> Heidelberger<br />
Werkstätten, Vertreter <strong>Baden</strong>-Württembergs im<br />
Beirat Arbeit und Wohnen <strong>der</strong> Bundesvereinigung<br />
<strong>Lebenshilfe</strong><br />
Jörg Tröster<br />
aus Reutlingen, dort Mitglied des AK Selbstbestimmung,<br />
Beiratsmitglied „<strong>der</strong> ersten Stunde“,<br />
Mitglied des Ausschusses Offene Hilfen im Landesverband,<br />
Vorbereitung und aktive Mitwirkung bei<br />
diversen Fachtagungen des Landesverbandes<br />
Achim Wegmer<br />
aus Mühlacker, Mitglied des Landesvorstands seit<br />
1998, erstes Mitglied mit Behin<strong>der</strong>ung des Bundesvorstands<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> (seit 2000)<br />
III.<br />
49
III.<br />
50<br />
DAS PROJEKT<br />
Manchmal wird behauptet, die Mitwirkung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung mache keinen Sinn, weil sie nur für<br />
die „leichter behin<strong>der</strong>ten“ Menschen möglich sei. Dadurch würden die Interessen von Menschen mit sehr hohem<br />
Hilfebedarf in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> zurückgedrängt. Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, die sich beim Landesverband engagieren,<br />
ärgern sich zu recht über diese Behauptung, denn sie nehmen die Interessen ihrer schwerer behin<strong>der</strong>ten Kollegen<br />
sehr ernst. Der Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen hat im Jahr 2006 die Lebenssituation von Menschen mit sehr schweren<br />
Behin<strong>der</strong>ungen zu seinem Schwerpunktthema gemacht. Einige För<strong>der</strong>- und Betreuungsgruppen im Land wurden<br />
besucht und Gespräche mit den Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung und ihren Begleitern geführt. Hier einige Eindrücke <strong>der</strong><br />
Beiratsmitglie<strong>der</strong> von diesen Besuchen.<br />
E 4 b<br />
SCHWERPUNKTTHEMA:<br />
MENSCHEN MIT HÖHEREM HILFEBEDARF<br />
Jörg Tröster erzählt:<br />
„Die kleineren Gruppen im För<strong>der</strong>- und Betreuungsbereich<br />
finde ich besser. Große Räume sind<br />
gut, weil man die Möbel verstellen kann, wie es die<br />
Leute im FuB brauchen. Dann steht nichts im Weg.<br />
Die Leiterin des FuB <strong>der</strong> GWW war nett, weil sie alle<br />
meine Fragen beantwortet hat. Und ich hatte viele<br />
Fragen.“<br />
Michael Schüfer sagt:<br />
„Ich war bei beiden Besuchen im FuB dabei. Wie<br />
Jörg Tröster auch. Wir waren in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Pforzheim und in <strong>der</strong> GWW Sindelfingen. Ich finde<br />
es gut, dass die Leute im FuB Ausflüge machen.<br />
Da kommen Sie raus und an<strong>der</strong>e sehen sie und<br />
kommen vielleicht miteinan<strong>der</strong> ins Gespräch. Die<br />
GWW Sindelfingen geht z.B. einmal im Monat in ein<br />
öffentliches Schwimmbad. Die bauen dort gleich<br />
mal Berührungsängste ab.“<br />
Armin Rist erzählt:<br />
„Ich habe im FuB <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Pforzheim ein<br />
Interview gemacht. Ich habe gefragt, wie es den<br />
Personen gefällt, was ihnen nicht gefällt. Ihr Lieblingsessen<br />
wollte ich wissen. Wie sie mit ihren Betreuern<br />
und Kollegen zu Recht kommen. Ich habe<br />
dabei bemerkt, dass es manchen Leuten bei zwei<br />
Fragen schon zu viel war. Ihre Aufmerksamkeit war<br />
sehr kurz.“<br />
Markus Schätzle meint:<br />
„Bei uns in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> arbeiten im FuB fast nur<br />
junge Leute. Da gibt es sehr viele Zivis o<strong>der</strong> FSJ-lerinnen.<br />
Das sind junge Menschen, die für etwa ein<br />
Jahr eine Art von Praktikum im FuB machen. Lei<strong>der</strong><br />
bleiben die meist nur ein Jahr. Dann müssen sich alle<br />
in <strong>der</strong> Gruppe auf neue Leute und neue Gesichter<br />
einstellen. Das ist nicht so toll. Die Hauptamtlichen<br />
Kräfte im FuB sind meist Heilerziehungspfleger.<br />
Der Beruf hat viel mit Pflege zu tun.“<br />
Jörg Tröster - Mitglied des Beirats seit <strong>der</strong> ersten Stunde<br />
Michael Schüfer sagt:<br />
„Im FuB <strong>der</strong> GWW gibt es Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung,<br />
die im FuB-Bereich arbeiten. So wie an<strong>der</strong>e in<br />
<strong>der</strong> Werkstatt o<strong>der</strong> ich an <strong>der</strong> Pforte. So helfen sie<br />
an<strong>der</strong>en Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. Sie haben eine<br />
Ausbildung gemacht. Diese heißt: „Betreuungsassistent“.<br />
Als Betreuungsassistenten können sie jeden<br />
Tag mithelfen bei <strong>der</strong> Arbeit im FuB-Bereich.“<br />
Barbara Eicher erzählt:<br />
„Manche Menschen aus dem FuB sprechen nicht.<br />
Doch: Sie sprechen an<strong>der</strong>s. Sie sprechen mit ihrem<br />
Gesicht o<strong>der</strong> mit ihren Händen. Der Körper ist sehr<br />
wichtig für die Personen. Man kann mit ihnen sprechen,<br />
wenn man sie streichelt, sie berührt, im Wasser<br />
mit ihnen ist. Es gibt auch den Ruheraum, manchmal<br />
auch Snoezelen genannt. Der ist heiß begehrt.“<br />
Jürgen Ferch sagt:<br />
„Ich habe auch bemerkt, dass manche im FuB lieber<br />
nicht von jedem angefasst werden wollen. Sie<br />
haben auch ihre Grenzen und wollen auch ihre<br />
Ruhe haben. Das zeigen sie dann auch. Zum Beispiel<br />
schreien sie dann laut o<strong>der</strong> wippen ganz hektisch<br />
herum. Sie sind dann auch wütend. Deshalb müssen<br />
wir alle ihre Grenzen achten. Und langsam Berührungsängste<br />
von beiden Seiten abbauen.“
”Die Tür <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> ist weit offen“<br />
Bericht über das Projekt „Beteiligung“ in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>zeitung 1/2007 (Klaudia Lucia)<br />
DAS PROJEKT<br />
F<br />
III.<br />
51
52<br />
DIE UMSETZUNG<br />
GELBE SEITEN DER TEILHABE VOR ORT<br />
Seminargruppe <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Esslingen<br />
A<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE ESSLINGEN:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit März 2006<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
15 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
1 Assistenten<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Nein<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Seminare<br />
• Mitbestimmung im Verein<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
• Seminar über Beiratsarbeit<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Nein<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
1x pro Monat<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Miteinan<strong>der</strong> reden<br />
• Zuhören<br />
• Neues Erfahren<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
Nein<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Es soll einen Beirat geben.<br />
• Vorbereitungstreffen vor <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>ver-<br />
sammlung für Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
• Seminare zum Thema „Mitbestimmung“<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Mitbestimmungs-Seminar<br />
Adresse:<br />
Flan<strong>der</strong>nstr. 49, 73732 Esslingen<br />
Telefon:<br />
0711 937 888 0<br />
Ansprechpartner:<br />
Simone Manstetten
Teilnehmerbeirat in den Offenen Hilfen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Freiburg<br />
B<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE FREIBURG<br />
(OFFENE HILFEN):<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit 1996<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
6 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
1 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese<br />
außerhalb <strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Hauptamtlicher Mitarbeiter<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Ja<br />
Wie oft wird gewählt?<br />
Alle 4 Jahre<br />
Wer wählt:<br />
Teilnehmer <strong>der</strong> Offene-Hilfe-Angebote<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
1 / 200<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Vertritt die Teilnehmer <strong>der</strong> Offenen Hilfen<br />
• Nimmt Ideen, Wünsche und Beschwerden<br />
entgegen und gibt sie weiter<br />
• Bespricht verschiedene Themen und äußert<br />
seine Meinung<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
• Eine eigene Geschäftsordnung<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
• Ansprechpartner und Repräsentant<br />
• Protokollant<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
1x im Monat<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Mitsprache bei <strong>der</strong> Planung des neuen<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Hauses<br />
• Umfragen für Kurswünsche<br />
• Erarbeitung einer Geschäftsordnung<br />
• Gutes Team<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
• Teilweise zeitliche Organisation und<br />
Fahrtmöglichkeiten zum Treffen<br />
• Kontakt zwischen Teilnehmern und Beirat<br />
könnte besser sein<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Teilnehmerbeirat Offene Hilfen<br />
Adresse:<br />
Belchenstr. 2a, 79115 Freiburg<br />
rat@lebenshilfe-freiburg.de<br />
Telefon:<br />
0761 / 430 13<br />
Ansprechpartner:<br />
Hans Peter Kiss<br />
IV.<br />
53
IV.<br />
54<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Geschäftsordnung Teilnehmerbeirat <strong>der</strong> Offenen Hilfen<br />
C<br />
AUFGABEN DES TEILNEHMERBEIRATS<br />
1. Was macht <strong>der</strong> Teilnehmerbeirat?<br />
• Er soll darauf achten, dass sich die Teilnehmer<br />
wohl fühlen.<br />
• Er soll die Teilnehmer vertreten. Das heißt, er hört<br />
den Teilnehmern zu, wenn sie Ideen und Vorschläge<br />
für die Offenen Hilfen haben und gibt diese Vorschläge<br />
an die Leitung weiter. Er ist für die Teilnehmer<br />
da, wenn sie Fragen o<strong>der</strong> Beschwerden haben.<br />
Hier versucht er Lösungen (auch in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Leitung) zu erarbeiten und bei Konflikten<br />
zu vermitteln.<br />
• Er bespricht verschiedene Themen, die die Offenen<br />
Hilfen und die Lebenssituation <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
betreffen und äußert seine Meinung gegenüber <strong>der</strong><br />
Leitung und dem Träger.<br />
• Er berücksichtigt auch die Teilnehmer, die beson<strong>der</strong>s<br />
viel Unterstützung brauchen.<br />
2. Wo kann <strong>der</strong> Teilnehmerbeirat mitsprechen?<br />
• Feste und Feiern<br />
• Kursangebote, Freizeit- und Reiseangebote<br />
• Hausregeln in den Räumen <strong>der</strong> Offenen Hilfen<br />
• Umbau, Neubaumaßnahmen, Verän<strong>der</strong>ungen in<br />
<strong>der</strong> Inneneinrichtung (z. B. Toiletten, Türdurchgänge,<br />
Kücheneinrichtung, Gruppenräume)<br />
• Politische und soziale Fragen o<strong>der</strong> Stellungnahmen<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Freiburg<br />
Der Teilnehmerbeirat kann zu diesen Bereichen<br />
Wünsche einbringen und Ideenvorschläge machen.<br />
Das Leitungsteam sollte die Wünsche, wenn möglich,<br />
berücksichtigen und sich mit dem Teilnehmerbeirat<br />
einigen.<br />
3. Rechte und Pflichten<br />
• Der Teilnehmerbeirat hat ein Mitspracherecht in<br />
allen Dingen, die die Angebote <strong>der</strong> TeilnehmerInnen<br />
<strong>der</strong> Offenen Hilfen betreffen (z. B. Kursangebote,<br />
Raumausstattung usw.). Das heißt, <strong>der</strong> Teilnehmerbeirat<br />
soll nach seinen Vorstellungen befragt<br />
werden und diese nach Möglichkeit berücksichtigt<br />
werden.<br />
• Informationsrecht (Verän<strong>der</strong>ungen beim Fachpersonal,<br />
<strong>der</strong> Räume, <strong>der</strong> Angebote o<strong>der</strong> Beschlüsse,<br />
die Angebote betreffen)<br />
• Der Teilnehmerbeirat darf sich eine Unterstützungsperson<br />
selbst aussuchen.<br />
• Der Teilnehmerbeirat darf alle Medien und Materialien,<br />
die er für seine Arbeit benötigt, benutzen<br />
(Computer, Kopierer, Bücher, Schreibmaterial, Telefon).<br />
• Der Teilnehmerbeirat bekommt (wenn möglich)<br />
einen Geldbetrag für seine Arbeit (zum Beispiel<br />
für die Teilnahme an Fortbildungen, Fahrtgeld, Anschaffung<br />
von Büchern o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Medien).<br />
• Der Teilnehmerbeirat darf an Treffen mit an<strong>der</strong>en<br />
Gruppen teilnehmen (z. B. an<strong>der</strong>e Beiräte, People<br />
First-Treffen, Fortbildungen und Informationsveranstaltungen).<br />
• Schweigepflicht (persönliche Dinge <strong>der</strong> TeilnehmerInnen<br />
dürfen nicht weitergesagt werden).<br />
• Die Mitglie<strong>der</strong> des Teilnehmerbeirates sind verpflichtet,<br />
regelmäßig an den Sitzungen teilzunehmen<br />
und mitzuarbeiten. Wer nicht kommen kann,<br />
soll sich vorher abmelden.<br />
4. Kontakt mit den Teilnehmern<br />
Der Teilnehmerbeirat ist Vertreter <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
<strong>der</strong> Offenen Hilfen. Er sollte deshalb im Kontakt mit<br />
ihnen sein. Er erfährt von ihren Wünschen und Beschwerden<br />
durch
• Umfragen (Fragebogen, mündliche Befragung)<br />
• Besuche und Gespräche in den Freizeitgruppen<br />
und Kursen (<strong>der</strong> Teilnehmerbeirat berichtet von seiner<br />
Arbeit und befragt die Teilnehmer nach Wünschen<br />
und Beschwerden)<br />
• Persönliche Gespräche mit einzelnen Teilnehmern<br />
• Nachrichten (schriftliche Vorschläge und Beschwerden)<br />
im Postfach (Briefkasten)<br />
Durch ein Informationsplakat (Aushang) o<strong>der</strong> durch<br />
einen Bericht im Offene-Hilfe-Programm sollen die<br />
Teilnehmer über die Arbeit des Teilnehmerbeirates<br />
informiert werden.<br />
WIE ARBEITET DER TEILNEHMERBEIRAT?<br />
1. Die Vorsitzende/<strong>der</strong> Vorsitzende<br />
Der Teilnehmerbeirat wählt unter sich einen 1. Vorsitzenden<br />
und 2. Vorsitzenden als Vertreter. Der 1.<br />
Vorsitzende ist Ansprechpartner für die Leitung <strong>der</strong><br />
Offenen Hilfen und vertritt den Beirat in <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />
Er leitet die Sitzungen soweit nicht an<strong>der</strong>s<br />
vereinbart und führt die Abstimmungen durch.<br />
2. Die Einladungen zu den Sitzungen<br />
Ein Mitglied des Teilnehmerbeirates wird als Verantwortlicher<br />
für die Einladungen bestimmt. Diese<br />
Person schreibt die Einladungen für die Sitzungen<br />
und an<strong>der</strong>e Aktivitäten, die den Teilnehmerbeirat<br />
betreffen.<br />
3. Die Sitzungen des Teilnehmerbeirates<br />
Die Sitzungen finden ca. 1x im Monat statt, bei Bedarf<br />
auch öfters. Nach Absprache wird während <strong>der</strong><br />
Sommerferien eine größere Pause eingelegt.<br />
4. Das Protokoll<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Ein Protokollführer wird bestimmt. Diese Person<br />
schreibt das Protokoll, bei Bedarf mit Unterstützung.<br />
Diese Aufgabe kann bei Bedarf auch <strong>der</strong> Unterstützungsperson<br />
übertragen werden.<br />
Die Protokolle werden in einem Ordner in den Offenen<br />
Hilfen abgeheftet. Sie dienen zur Überprüfung<br />
von Absprachen und Beschlüssen sowie als Arbeitsnachweis.<br />
5. Die Arbeitsmaterialien<br />
Die benötigten Arbeitsmaterialien (Schreibmaterial,<br />
Ordner, Computer, Kopierer, Postfach, Besprechungsraum)<br />
müssen von den Offenen Hilfen bereitgestellt<br />
werden.<br />
6. Wer kann in den Sitzungen mit dabei sein?<br />
• Leitungsteam/Leitungsperson nach Absprache<br />
o<strong>der</strong> auf Einladung<br />
• Personen aus dem Vorstand <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> (z. B.<br />
Vorsitzende) nach Absprache o<strong>der</strong> Einladung<br />
• Vertreter von Interessengruppen für Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung (z. B. People First …) zum Informationsaustausch<br />
zu bestimmten Themen o<strong>der</strong> Fragen,<br />
auf Einladung<br />
• Unterstützungsperson nach Vereinbarung<br />
7. Die Unterstützungsperson<br />
Wie soll die Unterstützungsperson sein?<br />
• Sie soll nett und lustig sein.<br />
• Sie soll zuhören können und die Mitglie<strong>der</strong> ernst<br />
nehmen.<br />
• Sie soll verlässlich, pünktlich und zuverlässig bei<br />
Absprachen sein.<br />
• Sie soll schwierige Themen mit einfachen Worten<br />
erklären können und sich so ausdrücken, dass es alle<br />
verstehen.<br />
IV.<br />
55
IV.<br />
56<br />
DIE UMSETZUNG<br />
• Sie soll offen für Rückmeldungen zu ihrer Arbeit<br />
sein, damit ihr Tun för<strong>der</strong>lich für die Arbeit des Teilnehmerbeirates<br />
bleibt.<br />
Was soll die Unterstützungsperson tun?<br />
• Sie soll sich vor Beginn ihres Amtes vorstellen. Der<br />
Teilnehmerbeirat wird sich dann entscheiden, ob<br />
die Unterstützungsperson dafür geeignet ist.<br />
• Sie soll sich für den Teilnehmerbeirat einsetzen,<br />
beson<strong>der</strong>s gegenüber <strong>der</strong> Offene-Hilfe-Leitung. Sie<br />
soll bei Bedarf zwischen Offene-Hilfe-Leitung und<br />
Teilnehmerbeirat vermitteln und Informationen<br />
weitergeben.<br />
• Sie soll hilfsbereit am Computer, beim Protokolle<br />
und Einladungen schreiben sein. Sie soll beim Lesen<br />
helfen und Termine organisieren.<br />
• Sie soll Aufgaben erst übernehmen, wenn es die<br />
Mitglie<strong>der</strong> selbst versucht haben und nicht alleine<br />
schaffen. Sie soll den Mitglie<strong>der</strong>n dazu verhelfen,<br />
dass sie Aufgaben selbst tun können.<br />
• Sie soll bei Gesprächen neue Ideen und Sichtweisen<br />
einbringen, wenn die Mitglie<strong>der</strong> nicht weiter<br />
kommen, das ist besser als Ratschläge.<br />
• Sie soll nicht zu viel reden, son<strong>der</strong>n die Mitglie<strong>der</strong><br />
zu Wort kommen lassen. Es geht um die Meinung<br />
des Teilnehmerbeirates und nicht um die Meinung<br />
<strong>der</strong> Unterstützungsperson. Sie soll keine Entscheidungen<br />
für den Teilnehmerbeirat treffen.<br />
WIE ARBEITET DER TEILNEHMERBEIRAT?<br />
1. Wie viele Jahre arbeitet <strong>der</strong> Teilnehmerbeirat?<br />
Seine Amtszeit beträgt 4 Jahre. Danach sollen Neuwahlen<br />
stattfinden. Die nächste Wahl findet im<br />
Sommer 2006 statt.<br />
2. Mitglie<strong>der</strong>zahl des Teilnehmerbeirates<br />
Der Teilnehmerbeirat besteht aus 6 gewählten Mitglie<strong>der</strong>n.<br />
3. Wann ist man nicht mehr Mitglied im Teilnehmerbeirat?<br />
• Wenn die Amtszeit vorbei ist.<br />
• Wenn man nicht mehr im Teilnehmerbeirat<br />
sein will.<br />
• Wann man wegzieht.<br />
4. Ersatzmitglie<strong>der</strong><br />
Die Ersatzmitglie<strong>der</strong> sollen für ausgeschiedene Mitglie<strong>der</strong><br />
weitermachen. Sie haben sich auch bei <strong>der</strong><br />
Wahl beworben, nur nicht genügend Stimmen bekommen.<br />
Ihre Namen stehen auf <strong>der</strong> Liste mit dem<br />
Wahlergebnis. Die Ersatzmitglie<strong>der</strong> werden nach<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge <strong>der</strong> Wahlstimmenliste für die Mitarbeit<br />
angefragt.<br />
5. Vorbereitung <strong>der</strong> neuen Bewerber<br />
Die neuen Bewerber für das Amt des Teilnehmerbeirates<br />
sollen ausreichend über das Amt des Teilnehmerbeirats<br />
(zeitlicher Umfang, inhaltliche Aufgaben)<br />
informiert werden. Beson<strong>der</strong>s soll auf den<br />
Wunsch <strong>der</strong> regelmäßigen Teilnahme hingewiesen<br />
werden. Hierzu kann auch die Geschäftsordnung<br />
des Teilnehmerbeirats nützlich sein.
6. Durchführung <strong>der</strong> Wahl<br />
a.) Vorbereitung und Organisation <strong>der</strong> Wahl<br />
Die Wahl soll von einer Wahlarbeitgruppe vorbereitet<br />
und organisiert werden. Diese Arbeitsgruppe<br />
besteht aus 1 Person vom Leitungsteam/Betreuerteam<br />
und 2 Personen vom Teilnehmerbeirat. Die<br />
Wahlarbeitsgruppe beginnt etwa 3 Monate vor <strong>der</strong><br />
Wahl mit seinen Vorbereitungen.<br />
Die Wahlarbeitsgruppe macht die Wahlausschreibung<br />
und nimmt die Bewerbervorschläge entgegen.<br />
Sie bereitet die Stimmzettel mit Bewerberfotos<br />
vor und verteilt sie. Sie führt die Wahl und die Stimmenauszählung<br />
durch und macht die Wahlergebnisse<br />
bekannt.<br />
b.) Wer darf wählen?<br />
Alle Personen, die eine Gruppe o<strong>der</strong> einen Kurs <strong>der</strong><br />
Offenen Hilfen besuchen o<strong>der</strong> im letzten Jahr besucht<br />
haben. Alle Personen, die im letzten Jahr an<br />
einer Freizeit o<strong>der</strong> Reise teilgenommen haben.<br />
DIE UMSETZUNG<br />
c.) Wer darf sich auf den Wahlzettel aufschreiben<br />
lassen?<br />
Alle Personen, die eine Gruppe o<strong>der</strong> einen Kurs<br />
besuchen o<strong>der</strong> im letzten Jahr besucht haben. Alle<br />
Personen, die im letzten Jahr an einer Freizeit o<strong>der</strong><br />
Reise teilgenommen haben.<br />
d.) Wahlausschreibung<br />
Die Wahlausschreibung findet etwa 2 Monate vor<br />
dem Wahltermin statt. Die Informationen über die<br />
Wahl werden öffentlich ausgehängt. Die Gruppenleiter<br />
werden informiert und beauftragt, die Kursteilnehmer<br />
über die Wahl zu informieren. Die Gruppenleiter<br />
nehmen Bewerbervorschläge entgegen. In<br />
<strong>der</strong> Wahlausschreibung wird die Wahlarbeitsgruppe<br />
für Fragen und als Ansprechpartner benannt.<br />
IV.<br />
57
IV.<br />
58<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Göppingen<br />
D<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE GÖPPINGEN:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit März 2005<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
3 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
1 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Mitarbeiterin <strong>der</strong> Beratungsstelle <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Göppingen<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Nein. Die Beiräte sind vom Vorstand berufen.<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
570 Personen<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Vorbereitung von Themen für die<br />
Vorstandssitzung<br />
• Teilnahme an Vorstandssitzungen<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
• Regelmäßiger Austausch<br />
• Entwicklungen besprechen<br />
• Bei offiziellen Terminen<br />
wie z.B. Einweihungsfeiern präsent sein<br />
• Zentrale Aufgabe: Interessenvertretung von<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, Mitwirkung<br />
im Vorstand<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Nein, Aufgaben werden nach Absprache verteilt.<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
1x pro Monat<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Unser regelmäßiges Treffen<br />
• Viel Neues von <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> zu erfahren<br />
• Eigene Ideen und Anliegen in die<br />
Vorstandssitzung einbringen<br />
• Eigene Meinungen äußern<br />
• Kontakt zu an<strong>der</strong>en <strong>Lebenshilfe</strong>vereinen.<br />
• Wir sind stolz auf einen Parkplatz für<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen.<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
Nein<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Wir wollen zukünftig erreichen, dass noch<br />
mehr Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung Mitglied im<br />
Verein werden.<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Göppingen<br />
Adresse:<br />
c./o. Beratungsstelle <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Heubachstr. 6-10, 73092 Heiningen<br />
Telefon:<br />
0 71 61 / 956 41 62<br />
Ansprechpartner:<br />
Margarita Fürst-Braun
DIE UMSETZUNG<br />
IV.<br />
59
IV.<br />
60<br />
DIE UMSETZUNG<br />
„Mitglie<strong>der</strong>gruppe“ <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
E<br />
STECKBRIEF „MITGLIEDERGRUPPE“<br />
DER LEBENSHILFE HERRENBERG :<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit 2001<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
28 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
2 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Ein Vorstandsmitglied,<br />
eine Mitarbeiterin <strong>der</strong> Offenen Hilfen<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Nein<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
Alle Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Mitarbeit in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
• Meinungen zu verschiedenen Themen<br />
austauschen<br />
• Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Gruppen<br />
(z.B. Aktionstag 2005 gemeinsam mit Beirat<br />
des Landesverbandes)<br />
• Verschiedene Aktionen wie<br />
o Gestaltung eines Mitglie<strong>der</strong>ausweises<br />
o Internetauftritt<br />
o Jubiläumsfest<br />
o Flohmarktstand (Erlös geht an die <strong>Lebenshilfe</strong>)<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
• 2 Vertreter als Ansprechpartner für die<br />
Mitglie<strong>der</strong> und Vertretung im Vorstand <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> (Vorstandsmitglie<strong>der</strong>)<br />
• Arbeitsgruppe „Mitglie<strong>der</strong> auf Zack“<br />
(siehe eigener Steckbrief)<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
4x pro Jahr<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Wenn Pläne Wirklichkeit werden,<br />
z.B. Flohmarktstand<br />
• Gemeinsam mit An<strong>der</strong>en etwas tun<br />
• Vielfältige Ideen<br />
• An<strong>der</strong>e Meinungen hören<br />
• Teilnahme an Fortbildungen, Seminaren,<br />
Veranstaltungen<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
• Wenn Mitglie<strong>der</strong> keine Lust o<strong>der</strong> Zeit haben<br />
• Wenn man sich nicht einigen kann<br />
(Abstimmungsprobleme)<br />
• Wenn Treffen zu lange dauern<br />
• Konzentration nach <strong>der</strong> Arbeit<br />
• Ideen, die nicht umsetzbar sind<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Mitwirkung beim 40jährigen Jubiläum <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg in 2007 (Infostand,<br />
Mitglie<strong>der</strong>versammlung, Kaffeebetrieb)<br />
• Kennen lernen an<strong>der</strong>er Einrichtungen und<br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppen / Beiräte<br />
• Themen: Wohnen, Schulung <strong>der</strong> Verkehrssicherheit,<br />
Namensgebung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
Adresse: Küfergasse 4, 71083 Herrenberg<br />
Telefon: 0 70 32 / 284 84<br />
Ansprechpartner: Melanie Ulmer (Assistentin)
„Mitglie<strong>der</strong> auf Zack“ <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
F<br />
STECKBRIEF „MITGLIEDER AUF ZACK“<br />
DER LEBENSHILFE HERRENBERG:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit 2006<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
7 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
2 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Ein Vorstandsmitglied,<br />
eine Mitarbeiterin <strong>der</strong> Offenen Hilfen<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Im ersten Anlauf wurden interessierte Mitglie<strong>der</strong><br />
angesprochen. Wahlen wären evtl. in Zukunft<br />
denkbar.<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
Die Mitglie<strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
(28 Personen)<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Gemeinsame Vorbereitung <strong>der</strong> Themen und<br />
Aktionen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>gruppe<br />
• Gemeinsame Durcführung <strong>der</strong> Treffen <strong>der</strong><br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppe<br />
• Übernehmen eigener Aufgaben, z.B. kurze<br />
Berichte, Unterstützung an<strong>der</strong>er Mitglie<strong>der</strong><br />
(Erinnerung an Treffen, Fragen klären)<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
Gestaltung des Jahresprogramms für die<br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppe<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Nein<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
Mind. 4x pro Jahr zur Vorbereitung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>gruppe,<br />
weitere Treffen bei Bedarf<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Wenn Pläne Wirklichkeit werden,<br />
z.B. Flohmarktstand<br />
• Gemeinsam mit An<strong>der</strong>en etwas tun<br />
• Vielfältige Ideen<br />
• An<strong>der</strong>e Meinungen hören<br />
• Teilnahme an Fortbildungen, Seminaren,<br />
Veranstaltungen<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
• Wenn Mitglie<strong>der</strong> keine Lust o<strong>der</strong> Zeit haben<br />
• Wenn man sich nicht einigen kann<br />
(Abstimmungsprobleme)<br />
• Wenn Treffen zu lange dauern<br />
• Konzentration nach <strong>der</strong> Arbeit<br />
• Ideen, die nicht umsetzbar sind<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• „Patenschaften“ innerhalb <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>gruppe:<br />
ein Mitglied übernimmt verantwortlich<br />
die Unterstützung einer an<strong>der</strong>en Person <strong>der</strong><br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppe, die sie beson<strong>der</strong>s gut kennt<br />
und versteht<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
„Mitglie<strong>der</strong> auf Zack“ <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
Adresse: Küfergasse 4, 71083 Herrenberg<br />
Telefon: 0 70 32 / 284 84<br />
Ansprechpartner: Melanie Ulmer (Assistentin)<br />
IV.<br />
61
IV.<br />
62<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Beteiligungsausschuss <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Horb/Sulz<br />
G<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE HORB/SULZ:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit September 2003<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
12 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
3 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
2 Hauptamtliche, 1 Sportübungsleiter<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Nein<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
etwa 200 Personen und <strong>der</strong>en Familien<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Über Beteiligungsthemen beraten und<br />
diese über die zwei Vorstände in den<br />
Gesamtvorstand einbringen<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
Wohnformen, Wohnen mit Partner/in<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
• 1. und 2. Vorsitzende sind Übermittler <strong>der</strong><br />
Ergebnisse in den Vorstand<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
4x pro Jahr<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Dass das Programm unseres Familienunterstützenden<br />
Dienstes den Wünschen <strong>der</strong><br />
Betroffenen entspricht<br />
• Dass wir zwei Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
im Vorstand haben<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
• Finanzierungsproblem<br />
• Zu wenig Zeit für die Treffen<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Mehr Mitbestimmung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>,<br />
konkret im Vorstand <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Beteiligungsausschuss <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Horb-Sulz<br />
Adresse:<br />
Nordring 2, 72160 Horb<br />
Telefon:<br />
0 74 51 / 606 13 o<strong>der</strong> 0 174 / 581 44 20<br />
Ansprechpartner:<br />
Egon Bruscella, Michael Engelage
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Kirchheim/Teck<br />
H<br />
STECKBRIEF<br />
LEBENSHILFE KIRCHHEIM / TECK:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit 2004<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
7 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
2 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Ehrenamtliche Mitarbeiter<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Ja<br />
Wie oft wird gewählt?<br />
Alle 3 Jahre.<br />
Wer wählt:<br />
den Beirat alle Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung;<br />
welche die Angebote <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Kirchheim<br />
nutzen, die beiden Vorstandsmitglie<strong>der</strong> alle<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aus Wohnheim,<br />
Außenwohngruppe, Werkstatt, Offenen Hilfen<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Vertretung <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung im Verein und in den Einrichtungen<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
• Nächste Vollversammlung in Herrenberg<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
• Vorbereitung <strong>der</strong> Treffen mit <strong>der</strong> Assistentin<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
1x pro Monat<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Kirchheim<br />
Adresse:<br />
Saarstr. 87, 73230 Kirchheim/Teck<br />
Telefon:<br />
0 70 21 / 97 06 60<br />
Ansprechpartner:<br />
Christian Birzele-Unger, Ulrike Weber-Böhret<br />
IV.<br />
63
IV.<br />
64<br />
DIE UMSETZUNG<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Pforzheim Enzkreis<br />
I
DIE UMSETZUNG<br />
IV.<br />
65
IV.<br />
66<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt-Murgtal<br />
J<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE RASTATT:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit September 2005<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
4 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
2 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Ja<br />
Wie oft wird gewählt?<br />
Alle 2 bzw. 4 Jahre.<br />
Wer wählt:<br />
Alle behin<strong>der</strong>ten Mitarbeiter <strong>der</strong> Murgtal-<br />
Werkstätten (außer FuB)<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
3 Werkstätten mit insgesamt ca. 335 Mitarbeitern<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Bildung eines „Themen-Cafés“<br />
• Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen<br />
• Anschaffung eines 2. Rolli-Busses<br />
• Aufstellung von Sonnenschirmen vor den<br />
Speisesälen <strong>der</strong> Werkstätten<br />
• Freizeiten <strong>der</strong> Offenen Hilfen<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
• „Themen-Cafè“, Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>-<br />
und Betreuungsgruppen<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Nein<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
6x pro Jahr<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Wir sind stolz auf das bisher Erreichte.<br />
• Wir vom Beirat kommen sehr gut miteinan<strong>der</strong><br />
aus und es darf auch bei den Sitzungen<br />
gelacht werden.<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
Nein<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Wir wollen erreichen, dass <strong>der</strong> LH-Beirat weiter<br />
bestehen bleibt und dass wir auch weiterhin<br />
Erfolge erzielen können.<br />
• Außerdem wünschen wir uns, dass wir weiterhin<br />
so gut miteinan<strong>der</strong> auskommen.<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Beirat <strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
Adresse:<br />
Westring 22, 76437 Rastatt<br />
Telefon: 0 72 22 / 345 55<br />
(Irene Dekorsy, Assistentin)<br />
Ansprechpartner:<br />
Manfred Müller<br />
(p. 0 72 20 / 98 99 89, d. 0 72 25 / 345 55)
Die Beteiligung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> steht und fällt mit <strong>der</strong> Unterstützung<br />
durch Menschen, welche die Mitbestimmung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen zu ihrer Sache machen. In <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt sind es Marianne Gauss und Irene<br />
Dekorsy, beide betroffene Mütter und Mitglie<strong>der</strong> des<br />
Vorstands, welche dem Beirat behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
ehrenamtlich als Assistentinnen zur Verfügung stehen.<br />
Wir befragten sie zu ihren Erfahrungen.<br />
K<br />
INTERVIEW<br />
mit den beiden Assistentinnen des Beirats<br />
bei <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Rastatt-Murgtal<br />
Wie wichtig ist für Sie als betroffene Mütter<br />
die Teilhabe von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
an dem ursprünglichen Selbsthilfeverein für<br />
betroffene Eltern?<br />
Irene Dekorsy:<br />
Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen sollen in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />
das gleiche Mitspracherecht haben wie betroffene<br />
Eltern. Auf jeden Fall muss die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
jedoch eine Selbsthilfevereinigung für betroffene<br />
Eltern bleiben!<br />
Marianne Gauss:<br />
So ist es, man sollte nicht vergessen, dass die <strong>Lebenshilfe</strong><br />
weiterhin als Elternvereinigung steht. Aber es<br />
ist mir schon wichtig, dass auch Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
sich in den Verein <strong>Lebenshilfe</strong> einbringen<br />
und auch für ihre „schwächeren“ Mitbehin<strong>der</strong>ten<br />
Partei ergreifen können.<br />
Sie begleiten als Vorstandsmitglie<strong>der</strong> die Treffen<br />
des Beirates. Welche Befürchtungen und<br />
welche Erwartungen hatten Sie beim Gedanken<br />
an diese Tätigkeit?<br />
Marianne Gauss:<br />
Befürchtet hatte ich, dass die Sache mit dem Beirat<br />
nicht ganz ernst genommen wird. Erwartet hatte<br />
ich ganz viele, neue Ideen, die schon „sprudelten“,<br />
als wir das Vorbereitungsseminar hatten.<br />
Irene Dekorsy:<br />
Ich hatte die Befürchtung, dass dem Beirat von Seiten<br />
<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Beiratsmitglie<strong>der</strong> „auf halber<br />
Strecke die Luft ausgeht“ aber gleichzeitig die Erwartung,<br />
dass dies nicht <strong>der</strong> Fall sein wird.<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Was ist aus diesen Befürchtungen und Erwartungen<br />
geworden? Sind diese eingetreten/<br />
übertroffen worden?<br />
Marianne Gauss:<br />
Die Befürchtung wurde nichtig. Die Erwartungen<br />
sind meines Erachtens mehr als übertroffen worden.<br />
Man merkte schon nach einem Jahr <strong>Lebenshilfe</strong>-Beirat,<br />
wie viele gute Ideen und Vorstellungen in<br />
die Tat umgesetzt werden konnten und mit wie viel<br />
persönlichem Engagement die Mitglie<strong>der</strong> des Beirates<br />
hinter <strong>der</strong> Sache stehen. Für mich war und ist es<br />
sehr lehrreich.<br />
Irene Dekorsy:<br />
Unsere Erwartungen sind bei Weitem übertroffen<br />
worden. Es kann von einer überaus engagierten<br />
(Zusammen-)Arbeit gesprochen werden, die darüber<br />
hinaus noch ungeheuer Spaß macht. Es darf in<br />
den Beiratssitzungen sogar gelacht werden!<br />
Profitiert <strong>der</strong> Vorstand von <strong>der</strong> Arbeit des Beirates?<br />
Wenn ja, wie?<br />
Irene Dekorsy:<br />
Frau Gauss und ich brachten als Vorstandsmitglie<strong>der</strong><br />
zunächst die Ideen des Beirates in die Vorstandssitzungen<br />
ein. Inzwischen bringt ein behin<strong>der</strong>tes Mitglied<br />
des Beirates, wenn Entscheidungen getroffen<br />
werden müssen, persönlich in <strong>der</strong> Vorstandssitzung<br />
die Themen ein und bekommt sofort die Entscheidung<br />
mit. Der Vorstand bekommt demnach direkt<br />
die Themen, die die behin<strong>der</strong>ten Mitarbeiter/Innen<br />
interessieren, mitgeteilt und kann ohne Umwege<br />
darauf reagieren.<br />
Marianne Gauss:<br />
Somit lernt <strong>der</strong> Mensch mit Behin<strong>der</strong>ung auch, Barrieren<br />
abzubauen und Selbstsicherheit zu erlangen.<br />
Im Gegenzug kann <strong>der</strong> Vorstand sich ein genaues<br />
Bild von <strong>der</strong> positiven Tätigkeit machen.<br />
IV.<br />
67
IV.<br />
68<br />
DIE UMSETZUNG<br />
AK Selbstbestimmung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Reutlingen<br />
L<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE REUTLINGEN<br />
AK SELBSTBESTIMMUNG:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt ein Mitglied und einen Beirat mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung im Vorstand.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit 1993<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
13 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
3 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
2 Ehrenamtliche, 1 hauptamtliche Mitarbeiterin<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Nein<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
Gruppe ist frei zusammengesetzt<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Interessenvertretung von Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Öffentlichkeit und in <strong>der</strong><br />
Kommunalpolitik<br />
• Diskussion über Fragen <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
• Wie funktioniert (Kommunal-)Politik?<br />
• Wie geht es uns bei <strong>der</strong> Arbeit?<br />
• Orientierungshilfen im ÖPNV<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
• Protokollführerin<br />
• Gesprächsleitung<br />
• Kasse<br />
Armin Rist vom AK Selbstbestimmung<br />
in Reutlingen<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
14-tägig<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Einführung des Info- und Orientierungssystems<br />
im ÖPNV<br />
• Guter Kontakt zu Kommunalpolitikern<br />
• Dass ganz unterschiedliche Teilnehmer/Mitglie-<br />
<strong>der</strong> im Arbeitskreis sind<br />
• Gut war die Unterstützung von People First.<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
Manchmal zu wenig Zeit für ausführliche Diskussionen<br />
und Vorbereitung<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Mehr Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Lebenshilfe</strong><br />
• Mehr Mitwirkung in <strong>der</strong> Politik<br />
• Einzelne Themen ausführlicher behandeln<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
AK Selbstbestimmung<br />
Adresse:<br />
c./o. Kaffeehäusle<br />
Alteburgstr. 15, 72762 Reutlingen<br />
Telefon:<br />
0 71 21 / 23 07 10<br />
Ansprechpartner:<br />
Jörg Tröster, Brigitte Edelmann
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim<br />
M<br />
STECKBRIEF LEBENSHILFE SINSHEIM:<br />
Wie ist es bei Ihnen?<br />
• Wir machen bei Festen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> mit.<br />
• Es gibt eine Gruppe behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>, die Themen bespricht.<br />
• Es gibt Mitglie<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />
• Es gibt einen Vorstand mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />
Seit wann gibt es die Gruppe?<br />
Seit 2005<br />
Wie groß ist die Gruppe?<br />
35 Mitglie<strong>der</strong><br />
Wie viele Assistenten gibt es?<br />
2 Assistenten<br />
Welche Funktionen haben diese außerhalb<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Ehrenamtliche Unterstützer<br />
Gibt es eine Wahl?<br />
Ja, von Vorstand und Stellvertreter (je 2)<br />
Wie oft wird gewählt?<br />
Alle 3 Jahre.<br />
Wer wählt:<br />
• Vollversammlung behin<strong>der</strong>ter Mitglie<strong>der</strong>;<br />
• Vorstandsvertreter auf Vorschlag <strong>der</strong> Voll-<br />
versammlung von Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
Wie viele Einrichtungen / Personen<br />
vertritt <strong>der</strong> Rat?<br />
Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim e.V.<br />
Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe:<br />
• Probleme <strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
ansprechen, vertreten und dem Vorstand<br />
unterbreiten<br />
Gibt es ein aktuelles Thema?<br />
• Verkehrsberuhigung unserer Straße<br />
• Verbesserung des Zugangs zur<br />
Stadtbushaltestelle<br />
Gibt es Ämter innerhalb <strong>der</strong> Gruppe?<br />
• Ja (siehe oben)<br />
Wie oft sind die Treffen?<br />
4-5x pro Jahr<br />
DIE UMSETZUNG<br />
Unsere Erfolge, was uns Spaß macht,<br />
worauf wir stolz sind:<br />
• Wir sind stolz auf das Interesse, das unsere<br />
Probleme und Vorschläge bei <strong>der</strong> Stadt<br />
Sinsheim, OB Greinert, Bürgermeister Kessler<br />
sowie <strong>der</strong> MdL Elke Brunnemer gefunden haben.<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
Nur finanzielle Engpässe<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft?<br />
• Wir wollen erreichen, dass die Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung optimal versorgt sind.<br />
Name <strong>der</strong> Gruppe:<br />
Beirat <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim<br />
Adresse:<br />
Adolf-Münzinger-Str.8, 74889 Sinsheim<br />
Telefon:<br />
0761 / 921 50<br />
Ansprechpartner:<br />
Alexan<strong>der</strong> Klein<br />
IV.<br />
69
IV.<br />
70<br />
DIE UMSETZUNG<br />
„Voneinan<strong>der</strong> Lernen“ Info-Bläddl <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Sinsheim Ausgabe 11<br />
N
DIE UMSETZUNG<br />
IV.<br />
71
72<br />
DER ANHANG MATERIALIEN ZUM PROJEKT<br />
Was ist was in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>?<br />
A<br />
GLOSSAR:<br />
WAS IST WAS IN DER LEBENSHILFE<br />
Erklärung/ Was ist ein Vorstand?<br />
• Je<strong>der</strong> Verein hat einen Vorstand.<br />
• Vorstand und Mitglie<strong>der</strong>versammlung sind die<br />
wichtigsten Gremien im Verein.<br />
• Ein Vorstand ist eine kleine Gruppe von<br />
Personen. Diese Personen sind die Mitglie<strong>der</strong><br />
im Verein.<br />
Aufgaben/ Was macht <strong>der</strong> Vorstand?<br />
• Die Aufgaben des Vorstandes stehen in <strong>der</strong><br />
Satzung des Vereins.<br />
• Der Vorstand leitet den Verein. Er trifft wichtige<br />
Entscheidungen für die Zukunft des Vereins.<br />
Zum Beispiel beschließt er:<br />
„In zwei Jahren gibt es mehr Ambulant Betreutes<br />
Wohnen und keinen Neubau eines weiteren<br />
Wohnheims.“<br />
Der Vorstand ist verantwortlich<br />
• dass die Ziele des Vereins erfüllt werden.<br />
• damit alle Geschäfte nach <strong>der</strong> Satzung<br />
ordentlich ablaufen.<br />
• für das Geld.<br />
• für vieles an<strong>der</strong>e.<br />
Zugang/ Wie werde ich Vorstand?<br />
Der Vorstand wird gewählt aus Mitglie<strong>der</strong>n des<br />
Vereins. Vorstände haben wichtige Aufgaben zu<br />
erfüllen.<br />
1. Mitglied werden<br />
2. Mit den bisherigen Vorständen reden und sagen:<br />
„Ich interessiere mich für die Arbeit im Vorstand“.<br />
Mit vielen Mitglie<strong>der</strong>n des Vereins darüber reden.<br />
3. Sich bei <strong>der</strong> nächsten Wahl des Vorstandes als<br />
Kandidat aufstellen lassen.<br />
Viel Glück bei <strong>der</strong> Wahl!<br />
Gremium<br />
Ein Gremium ist eine Gruppe von Menschen. Diese<br />
Gruppe trifft sich um bestimmte Aufgaben zu machen.<br />
In einem Verein gibt es viele Gremien.<br />
Zum Beispiel: Vorstand, Mitglie<strong>der</strong>versammlung,<br />
Beiräte und Ausschüsse.<br />
Verein<br />
Ein Verein ist eine große Gruppe von Menschen.<br />
Zum Beispiel 50 bis 1000 Personen. Das sind die Mitglie<strong>der</strong><br />
des Vereins. Die Mitglie<strong>der</strong> haben den Verein<br />
gegründet, weil sie gemeinsame Ziele haben.<br />
z.B.: „Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen zu unterstützen<br />
selbstbestimmt zu leben.“ Ein Verein hat eine<br />
Satzung. Ein Verein hat einen Vorstand.<br />
Mitglie<strong>der</strong><br />
Ein Verein hat Mitglie<strong>der</strong>. Das sind Menschen, denen<br />
das Ziel des Vereins wichtig ist. Deshalb sind sie<br />
dem Verein beigetreten und haben eine Beitrittserklärung<br />
unterschrieben.<br />
Aufgaben/ Was machen Mitglie<strong>der</strong>?<br />
• Mitglie<strong>der</strong> haben viele Rechte im Verein.<br />
• Sie bestimmen im Verein mit.<br />
• Sie wählen den Vorstand und sie können für den<br />
Vorstand kandidieren<br />
(aktives und passives Wahlrecht)<br />
• Sie treffen sich zur Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
• Sie bezahlen jährlich Geld an den Verein<br />
(Mitgliedsbeitrag)<br />
Zugang/ Wie kann ich Mitglied werden?<br />
Grundsätzlich kann je<strong>der</strong> Mensch Mitglied in einem<br />
Verein werden.<br />
1. Informationen über den Verein holen (Was tut<br />
<strong>der</strong> Verein?) Zum Beispiel beim Verein anrufen,<br />
Vereinssitzungen besuchen, Mitglie<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
Vorstand fragen<br />
2. Beitrittserklärung ausfüllen.<br />
Herzlichen Glückwunsch sie sind Mitglied!<br />
Beitrittserklärung<br />
Satzung<br />
Gemeinnützigkeit
Europäische Richtlinien für leichte Lesbarkeit<br />
B<br />
Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH<br />
SAG ES EINFACH!<br />
Europäische Richtlinien für die Erstellung<br />
von leicht lesbaren Informationen<br />
für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
für Autoren, Herausgeber, Informationsdienste,<br />
Übersetzerund an<strong>der</strong>e interessierte Personen<br />
von<br />
Geert Freyhoff, ILSMH-EA<br />
Gerhard Heß, <strong>Lebenshilfe</strong>, Deutschland<br />
Linda Kerr, ENABLE, Schottland<br />
Elizabeth Menzel, ILSMH-EA<br />
Bror Tronbacke, „Easy to Read“ Stiftung, Schweden<br />
Kathy Van Der Veken, ANAHM, Belgien<br />
Vorwort<br />
1. Einleitung<br />
Juni 1998<br />
Inhalt<br />
2. Was bedeutet ‘leicht lesbar’?<br />
3. Für wen schreiben Sie?<br />
4. Welche Informationsbedürfnisse haben<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung?<br />
5. Wie verfaßt man einen leicht lesbaren Text?<br />
6. Bil<strong>der</strong>, Illustrationen und Symbole<br />
7. Die Gestaltung von Publikationen<br />
8. An<strong>der</strong>e Formen - Hörkassetten, Videos,<br />
interaktive Medien<br />
9. Literatur und Kontaktadressen<br />
DER ANHANG<br />
Alle Bürgerinnen und Bürger <strong>der</strong> Europäischen Union<br />
haben das demokratische Recht, am sozialen und<br />
wirtschaftlichen Leben <strong>der</strong> Gemeinschaft teilzunehmen,<br />
in <strong>der</strong> sie leben. Der Zugang zu Informationen<br />
über Kultur, Literatur, Gesetze, Lokalund Bundespolitik<br />
wie über die ethischen Grundsätze ihrer<br />
Gesellschaft ist eine wesentliche Grundlage für die<br />
Teilnahme am öffentlichen Leben. Nur informierte<br />
Bürgerinnen und Bürger können die Entscheidu gen<br />
beeinflussen und kontrollieren, die ihr Leben und<br />
das ihrer Familie bestimmen. Dies trifft ebenfalls auf<br />
die Entscheidungen <strong>der</strong> Europäischen Union zu, die<br />
zunehmend das Leben <strong>der</strong> Menschen beeinflussen.<br />
Darüber hinaus verlangt die neue „Informationsgesellschaft“,<br />
neue Informationssysteme zu verwe den<br />
und zu verstehen.<br />
Dennoch verweigern die <strong>der</strong>zeitigen Strukturen<br />
einer großen Anzahl von Menschen, die Schwierigkeiten<br />
beim Lesen, Schreiben und Verstehen haben,<br />
den Zugang zu Informationen. Die Gründe, warum<br />
Menschen Lese-, Schreib- und Verständnisprobleme<br />
haben, sind verschieden. Zu den Betroffenen gehören<br />
Menschen mit geistigen und an<strong>der</strong>en Behin<strong>der</strong>ungen,<br />
Menschen, die nur über eine begrenzte Bildung<br />
verfügen, Menschen mit sozialen Problemen<br />
sowie Einwan<strong>der</strong>innen und Ei wan<strong>der</strong>er, <strong>der</strong>en Muttersprache<br />
nicht die offizielle Sprache des Landes ist,<br />
das sie gewählt haben.<br />
Die „Standardregeln über die Chancengleichheit<br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen“ <strong>der</strong> Vereinigten<br />
Nationen for<strong>der</strong>n die Regierungen auf, alle öffentl<br />
chen Informationsdienste und Dokumentationen<br />
den verschiedenen Gruppen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
zugänglich zu machen und for<strong>der</strong>n<br />
die Medien - Fernsehen, Radio und Presse - dazu<br />
auf, ihre Dienste je<strong>der</strong> Person leicht zugänglich zu<br />
machen (Regel 5).<br />
Diesbezüglich wurden bisher nur wenige systematische<br />
Anstrengungen unternommen. In einigen Län<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union bieten Fernsehkanäle<br />
Nachrichten für Kin<strong>der</strong> an; einige Regierungen o<strong>der</strong><br />
Organisationen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
haben Dokumente in eine „leicht lesbare“ Sprache<br />
übersetzt. Jedoch ist in den meisten europäischen<br />
Län<strong>der</strong>n sehr wenig geschehen, und we<strong>der</strong> Organisationen<br />
noch Herausgeber, Autoren o<strong>der</strong> Übersetzer<br />
verfügen über Richtlinien, wie Texte und Zusammenfassungen<br />
so erstellt werden können, daß sie<br />
leicht lesbar sind.<br />
Die Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH hat zusammen<br />
mit einigen ihrer Mitglie<strong>der</strong> das Projekt zur<br />
V.<br />
73
V.<br />
74<br />
DER ANHANG<br />
Entwicklung von Richtlinien für leichte Lesbarkeit<br />
und <strong>der</strong>en Übersetzung in alle europäischen Sprachen<br />
unternommen. Wir hoffen, daß diejenigen,<br />
die für Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen,<br />
Schreiben und Verstehen Texte verfassen und Informationen<br />
verbreiten, in diesen Richtlinien wertvolle<br />
Hinweise zur Erstellung solcher Texte finden werden<br />
und daß die Produktion von leicht lesbarem Material<br />
in allen Sprachen <strong>der</strong> Europäischen Union angeregt<br />
wird. Diese Publikation wird zweifellos dazu<br />
beitragen, dem Ausschluß einer großen Anzahl von<br />
europäischen Bürgerinnen und Bürgern von wichtigen<br />
und aktuellen Informationen zu begegnen.<br />
1. Einleitung<br />
John O’Gorman<br />
Präsident<br />
Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH<br />
„Die Fähigkeit zu Lesen gibt Menschen ein enormes<br />
Selbstbewußtsein, da sie in <strong>der</strong> Lage sind, ihre Sichtweise<br />
<strong>der</strong> Welt zu erweitern und Einfluß über ihr<br />
eigenes Leben zu gewinnen. Durch das Lesen sind<br />
die Menschen in <strong>der</strong> Lage, Ideen, Gedanken und Erfahrungen<br />
zu teilen und sich als Personen weiter zu<br />
entwickeln“ (IFLA Richtlinien 1997)<br />
Doch nicht je<strong>der</strong> kann lesen, und die Art, wie Informationen<br />
verfaßt o<strong>der</strong> dargestellt werden, schließt<br />
viele Menschen aus, insbeson<strong>der</strong>e diejenigen, die<br />
Lese- o<strong>der</strong> Verständnisprobleme haben. Statt durch<br />
Information gestärkt zu werden, wird den Menschen<br />
<strong>der</strong> Zugang zu ihr verweigert. Zwischen den<br />
„Reichen an Information“ und den „Armen an Information“<br />
wird eine Barriere geschaffen, die es<br />
Menschen schwer macht, gleichberechtigte Bürgerinnen<br />
und Bürger zu sein und uneingeschränkt an<br />
<strong>der</strong> Gemeinschaft teilzunehmen.<br />
Das Ziel dieser Richtlinien ist es, diesen Prozeß überwinden<br />
zu helfen und Regierungen wie Organisationen<br />
bei <strong>der</strong> Bereitstellung von Informationen und<br />
Dokumentationen für alle zu unterstützen. Leicht<br />
lesbares Material auf lokaler, nationaler und europäischer<br />
Ebene, dessen Inhalt klar vermittelt wird,<br />
hilft jedem Menschen, nicht nur denen mit Lese-<br />
und Schreibproblemen. Des weiteren ist es wichtig,<br />
sich nicht nur auf rein schriftliche Informationen zu<br />
konzentrieren. Die zentrale Frage für alle Informationsdienste<br />
sollte sein: „Welches ist <strong>der</strong> beste Weg,<br />
Information zu vermitteln? Wie kann ich mich verständlich<br />
machen?“ Dies könnte für bestimmte<br />
Zielgruppen durchaus zu Veröffentlichungen führen,<br />
die hauptsächlich aus Bil<strong>der</strong>n und Graphiken<br />
bestehen.<br />
Wir hoffen, daß dieser Text hilfreich sein wird für<br />
viele Organisationen und Menschen, wie Regierungen,<br />
Unternehmen, freiwillige Helfer und Medien,<br />
und daß er Behörden ermutigt, mehr leicht lesbares<br />
Material zu erstellen. Zum Beispiel könnte eine<br />
Telefongesellschaft sowohl ihre Angebote als auch<br />
ihre Rechnungen verständlicher formulieren o<strong>der</strong><br />
ein Ministerium könnte den Wunsch haben, die Öffentlichkeit<br />
über neue Gesetze informieren. Diese<br />
Richtlinien sind von einer Gruppez von Experten aus<br />
vier europäischen Län<strong>der</strong>n aufgestellt worden. Angesichts<br />
<strong>der</strong> bestehenden kulturellen Unterschiede<br />
innerhalb <strong>der</strong> Europäischen Union sind sie relativ<br />
neutral formuliert. Sie sollen in jedem Zusammenhang<br />
in <strong>der</strong> europäischen Union angewendet werden<br />
können. Die Absicht ist, daß jede Person aus<br />
jedem europäischen Staat diese Richtlinien nutzen<br />
kann, um zugängliche Texte zu verfassen, von einem<br />
kurzen Absatz bis hin zu einer umfangreichen<br />
Veröffentlichung. Dennoch ist es besser, mit einem<br />
einfachen Text zu beginnen als mit einem Buch; und<br />
es sind die einfachen, kurzen alltäglichen Informationen<br />
in leicht verständlicher Sprache, die am meisten<br />
benötigt werden.<br />
Leicht lesbare Information ist wichtig für viele verschiedene<br />
Gruppen in <strong>der</strong> Gesellschaft. Diese Veröffentlichung<br />
konzentriert sich auf die Bedürfnisse<br />
von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung, doch die<br />
ihnen zugängliche Information nutzt ebenfalls vielen<br />
an<strong>der</strong>en. Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
benötigen Informationen, die nicht nur leicht lesbar,<br />
son<strong>der</strong>n auch leicht verständlich sind. Es ist notwendig,<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung während<br />
des ganzen Prozesses <strong>der</strong> Erstellung des Textes und<br />
bis hin zur endgültigen Gestaltung um Rat zu fragen.<br />
Dadurch wird sichergestellt, daß die Informationen<br />
wirklich zugänglich sind, was die Anzahl <strong>der</strong><br />
möglichen Leserinnen und Leser steigern wird.<br />
Leicht lesbare Information in gedruckter Form ist<br />
nicht immer die beste Lösung für alle. Der Verwendung<br />
an<strong>der</strong>er Formen wie Hörkassetten, Videos<br />
o<strong>der</strong> interaktiver Medien sollte ebenfalls<br />
bedacht werden. Einige Ideen zu alternativen Formen<br />
werden in Kapitel 8 behandelt, doch <strong>der</strong><br />
Schwerpunkt dieser Richtlinien liegt auf dem gedruckten<br />
Text.
2. Was bedeutet ‘leicht lesbar’?<br />
Die Frage, ob ein Text leicht lesbar o<strong>der</strong> verständlich<br />
ist, hängt sehr von den Fähigkeiten und Erfahrungen<br />
<strong>der</strong> Leserinnen und Leser ab. Manche Personen<br />
können offizielle Dokumente lesen, während an<strong>der</strong>e<br />
es als schwierig empfinden, kurze Texte aus Zeitungen<br />
o<strong>der</strong> Zeitschriften zu verstehen.<br />
Das Konzept <strong>der</strong> „leicht Lesbarkeit“ kann deshalb<br />
nicht universal sein. Es wird nicht möglich sein, einen<br />
Text zu verfassen, <strong>der</strong> den Fähigkeiten aller<br />
Menschen mit Leseund Verständnisproblemen entspricht.<br />
Dennoch weist leicht lesbares Material folgende<br />
Merkmale auf:<br />
• die Verwendung von einfacher und unkompli-<br />
zieter Sprache,<br />
• nur eine Aussage pro Satz,<br />
• die Vermeidung von technischen Ausdrücken,<br />
Abkürzungen und Initialen,<br />
• eine klare und logische Struktur.<br />
Sehr wichtig ist die Glie<strong>der</strong>ung eines Textes.<br />
Der Inhalt sollte einen klaren und logischen Ablauf<br />
haben. Alle unwesentlichen Ideen, Worte, Sätze und<br />
Phrasen sollten vermieden o<strong>der</strong> entfernt werden.<br />
Es ist ziemlich leicht, über einfache und konkrete<br />
Dinge zu schreiben. Weitaus schwieriger ist es,<br />
über abstrakte Dinge in einer Weise zu schreiben,<br />
die Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung verstehen<br />
können. Wenn möglich, sollten abstrakte Ideen vermieden<br />
werden. Ansonsten sollte eine solche Idee<br />
mit konkreten Beispielen illustriert werden.<br />
Einfach und unkompliziert zu schreiben bedeutet<br />
nicht, kindlich und banal zu schreiben. Die meisten<br />
Informationen sind für Erwachsene bestimmt. Sie<br />
müssen daher in einer angemessen Weise verfaßt<br />
werden.<br />
Die Präsentation <strong>der</strong> Information ist ebenfalls sehr<br />
wichtig. Fotografien, Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Symbole sollten,<br />
wo immer möglich, den Text unterstützen, um das<br />
Verständnis zu för<strong>der</strong>n. Diese Illustrationen müssen<br />
ebenfalls leicht verständlich und dem Text angepaßt<br />
sein. Auch die Art, wie die Textseite gestaltet<br />
ist, muß sorgfältig bedacht werden. Weitere Details<br />
hierzu werden in Kapitel 7 beschrieben. Eine leicht<br />
lesbare Publikation sollte von <strong>der</strong> größtmöglichen<br />
Zielgruppe verstanden werden. Ein leicht lesbares<br />
Dokument kann somit als ein Text definiert werden,<br />
<strong>der</strong> nur die wichtigste Information enthält und auf<br />
die direkteste Weise präsentiert wird, so daß er die<br />
größtmögliche Zielgruppe erreicht.<br />
3. Für wen schreiben Sie?<br />
DER ANHANG<br />
Es gibt viele Menschen, die Schwierigkeiten haben,<br />
die Sprache des Landes, in dem sie leben, zu verstehen.<br />
Sie alle sind möglicherweise daran interessiert,<br />
leicht lesbare Informationen zu bekommen. Menschen<br />
können aus den verschiedensten Gründen<br />
Lese- und Schreibprobleme haben, wie<br />
• eine geistige Behin<strong>der</strong>ung,<br />
• eine an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung, die die Fähig<br />
keit zu lesen und verstehen, beeinflußt,<br />
• eine begrenzte Bildung,<br />
• soziale Probleme o<strong>der</strong><br />
• die Muttersprache entspricht nicht <strong>der</strong> offiziellen<br />
Sprache <strong>der</strong> Gemeinschaft, in <strong>der</strong> sie leben.<br />
Die Lese- und Schreibfähigkeiten von Menschen unterscheiden<br />
sich sehr, auch in den oben aufgeführten<br />
Gruppen. Außerdem mögen Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung es als schwierig empfinden, den<br />
Text, den sie lesen, zu verstehen. Für sie muß ein<br />
Text also nicht nur leicht lesbar, son<strong>der</strong>n auch leicht<br />
zu verstehen sein. Diese Richtlinien konzentrieren<br />
sich darauf, wie Material für Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung erstellt werden kann, doch die Erstellung<br />
von Material für Menschen mit an<strong>der</strong>sartigen<br />
Lese-, Schreib- und Verständnisproblemen folgt im<br />
großen und ganzen den gleichen Vorgehensweisen<br />
und Prinzipien.<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung haben intellektuelle<br />
Beeinträchtigungen, die in <strong>der</strong> Regel ihr<br />
Verständnis <strong>der</strong> Welt, in <strong>der</strong> sie leben, erschweren.<br />
In Europa gehen Kin<strong>der</strong> und junge Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung heute zur Schule. Die meisten<br />
von ihnen lernen lesen und schreiben. Jedoch ist<br />
<strong>der</strong> Wortschatz, den sie erlernen, häufig auf funktionale<br />
Begriffe und Sätze zur Bewältigung von Alltagssituationen<br />
beschränkt. Dies bedeutet, daß viele<br />
in <strong>der</strong> Lage sind, Worte zu erkennen, die für ihren<br />
Alltag wichtig sind, während sie häufig Schwierigkeiten<br />
mit ausgefallenen, langen o<strong>der</strong> komplizierten<br />
Worten haben.<br />
Viele Menschen mit einer leichten geistigen Behin<strong>der</strong>ung<br />
sind in <strong>der</strong> Lage, allgemeinverständliche<br />
Texte zu lesen. Einige Menschen mit einer mittelgradigen<br />
Behin<strong>der</strong>ung sind in <strong>der</strong> Lage, kurze, leicht<br />
lesbare Texte zu lesen. Menschen mit einer schweren<br />
Behin<strong>der</strong>ung können selbst nicht lesen, aber sie<br />
können viel Freude daran haben, wenn ihnen etwas<br />
vorgelesen wird.<br />
V.<br />
75
V.<br />
76<br />
DER ANHANG<br />
In vielen Schulen lernen Kin<strong>der</strong>, die deutliche Schwierigkeiten<br />
haben, die alltägliche Sprache zu lesen und<br />
zu schreiben, alternative Kommunikationssysteme.<br />
Diese Systeme können Gebärdensprache beinhalten,<br />
doch die meisten bekannten Systeme verwenden<br />
unterschiedliche Symbole, um Kommunikation<br />
zu ermöglichen. Ein System von Symbolen enthält<br />
eine Anzahl von Zeichnungen, die verschiedene Begriffe<br />
o<strong>der</strong> Sätze repräsentieren und einfacher zu<br />
verstehen sind als ein geschriebener Text. Jedes System<br />
von Symbolen hat seine eigene Struktur und<br />
sein eigenes Vokabular, und es ist nicht möglich,<br />
Symbole aus verschiedenen Systemen auszutauschen.<br />
Eine Person mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung lernt<br />
gewöhnlich nur ein ganz bestimmtes System.<br />
Selbstverständlich kann die Fähigkeit zu lesen und<br />
zu verstehen bei Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
sehr unterschiedlich sein. Es ist sehr wichtig,<br />
die Fähigkeiten <strong>der</strong> Zielgruppe schon vor <strong>der</strong> Erstellung<br />
eines Textes zu berücksichtigen. Wenn Sie<br />
für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung allgemein<br />
schreiben, könnten Sie den Vorschlägen dieser Veröffentlichung<br />
folgen und ihrem Text Symbole, angemessene<br />
llustrationen und eine Hörkassette hinzufügen.<br />
Wenn Ihre Zielgruppe spezifischer ist, sollten<br />
Sie Ihren Text so gestalten, daß er <strong>der</strong>en beson<strong>der</strong>en<br />
Bedürfnissen entspricht.<br />
Eine <strong>der</strong> Empfehlungen in Kapitel 5 ist die Hinzuziehung<br />
von Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
während <strong>der</strong> Erarbeitung des Textes. Die Menschen,<br />
die Sie hinzuziehen, sollten über die gleichen<br />
Lese- und Verständnisfähigkeiten verfügen wie die<br />
Menschen, für die Sie schreiben wollen. Ihre Reaktionen<br />
und Empfehlungen werden Ihnen sagen, ob<br />
Ihre Zielgruppe an Ihrem Text interessiert ist und ihn<br />
versteht.<br />
4. Welche Informationsbedürfnisse haben<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung?<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung haben grundsätzlich<br />
das gleiche Bedürfnis nach Information wie<br />
jede an<strong>der</strong>e Person in ihrer Gemeinschaft: Sie benötigen<br />
Zugang zu alltäglichen Informationen, die alle<br />
Bürger in ihrem Alltag verwenden.<br />
Zum Beispiel:<br />
• Tagesnachrichten<br />
• Konsumenteninformationen<br />
• Rechte und Verpflichtungen<br />
• Nutzung von Dienstleistungen<br />
• Freizeitinformationen<br />
• (öffentliche) Verkehrsmittel<br />
Die wichtigsten Informationen für Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung betreffen ihren Alltag: wo<br />
sie leben, Menschen, die sie treffen möchten, Ansprechpartner<br />
bei Alltagsproblemen, wie Freunde<br />
o<strong>der</strong> Ärzte besuchen, etc. Diese Informationen sind<br />
in <strong>der</strong> Regel lokaler Natur und sollten deshalb eher<br />
zusammen mit den Betroffen als für sie zusammengestellt<br />
werden. Dieses Vorgehen würde sicherstellen,<br />
daß sie Zugang zu den Informationen haben,<br />
die sie wollen, in einer Weise, die sie verstehen.<br />
Zusätzlich zu diesen Informationen benötigen Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung vielleicht Hilfe, wie<br />
sie Dinge tun können, die an<strong>der</strong>e Menschen ohne<br />
Hilfe bewältigen. Beispiele sind die Nutzung von öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln, was sie beim Arztbesuch<br />
erwartet, Beschwerden über etwas, das sie än<strong>der</strong>n<br />
möchte o<strong>der</strong> Informationen über Gemeinde- o<strong>der</strong><br />
Bundestagswahlen. Diese Art von Informationen<br />
ist eher allgemeiner Natur und deshalb vielleicht<br />
schon irgendwo in Ihrem Land zusammengestellt<br />
worden. Bevor Sie also eigene Informationen auf<br />
diesem Gebiet zusammenstellen, wäre es sinnvoll<br />
zuerst herauszufinden, welche zugänglichen Informationen<br />
bereits existieren, falls Sie dies noch nicht<br />
getan haben. Die Organisationen, die in Kapitel 9<br />
dieser Richtlinien aufgeführt sind, können dabei<br />
helfen.<br />
Das gleiche trifft auf Rechte und (finanzielle) Leistungen<br />
zu. Es ist sehr wichtig, Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung und ihren Familien darüber aufzuklären,<br />
welche Rechte sie haben und welche Leistungen<br />
sie beanspruchen können. Natürlich ist es nicht<br />
möglich, ihnen einen kompakten juristischen Text<br />
detailliert in einfacher Sprache zu erklären, aber sie<br />
können über ihre Rechte aufgeklärt werden und es<br />
können ihnen Kontaktpersonen genannt werden,<br />
die ihnen weiterhelfen können.<br />
Es sollte nicht vergessen werden, daß Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung ebenfalls Bürgerinnen und<br />
Bürger ihres Landes sind und deshalb das Recht auf<br />
Teilnahme am politischen und wirtschaftlichen Leben<br />
ihrer Gemeinde haben. Aus diesem Grund sollte<br />
jede Regierung sorgfältig überlegen, wie diese<br />
Bürgerinnen und Bürger mit Lese- und Verständnisschwierigkeiten<br />
über die wichtigen Gesetze und<br />
Regelungen informiert werden können, die ihr Leben<br />
betreffen. Das gleiche betrifft mulitnationale<br />
Gremien wie die Europäische Union, die allerdings<br />
auch auf nationaler Ebene immer größere Bedeutung<br />
gewinnt.
5. Wie verfaßt man ein leicht lesbares<br />
Dokument?<br />
Dieses Kapitel zeigt einige Schritte auf, die bei <strong>der</strong><br />
Erstellung von leicht lesbarem Material angewandt<br />
werden können. Sie sind in erster Linie für diejenigen<br />
bestimmt, die zum erstenmal versuchen, einen<br />
leicht lesbaren Text zu verfassen. Wenn Autoren<br />
o<strong>der</strong> Herausgeber erst einmal Erfahrungen mit <strong>der</strong><br />
Erstellung solcher Texte und ihrer Besprechung mit<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung gesammelt haben,<br />
entwickeln sie bald ihren eigenen Stil und ihre<br />
eigene Strategie.<br />
Es ist sehr wichtig, bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> folgenden<br />
Vorschläge nicht zu dogmatisch vorzugehen.<br />
Die Erstellung einer Veröffentlichung ist ein kreativer<br />
Prozeß und daher sollten die Autoren, Herausgeber,<br />
Illustratoren und Fotografen nicht zu sehr<br />
durch Einschränkungen behin<strong>der</strong>t werden. Die folgenden<br />
Richtlinien lassen breiten Raum und wollen<br />
die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Autoren auf verschiedene<br />
wichtige Aspekte lenken, die ein Dokument leicht<br />
lesbar machen.<br />
Wenn Sie ein leicht lesbares Dokument verfassen,<br />
beginnen Sie wahrscheinlich unter einer <strong>der</strong> beiden<br />
folgenden Voraussetzungen: entwe<strong>der</strong> Sie haben<br />
bereits einen Text, den Sie Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung zugänglich machen wollen o<strong>der</strong> Sie<br />
möchten einen vollkommen neuen Text verfassen.<br />
Wie auch immer, Sie müssen zuerst an Ihre Zielgruppe<br />
und das wichtigste Ziel Ihrer Veröffentlichung<br />
denken.<br />
Schritt 1: Entscheiden Sie über das Ziel Ihrer<br />
Veröffentlichung<br />
Was wollen Sie sagen und warum ist es wichtig für<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung?<br />
Die Antwort auf diese Frage wird das wichtigste Ziel<br />
Ihrer Veröffentlichung klären. Es wäre ideal, bereits<br />
zu diesem Zeitpunkt Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
einzubeziehen. Sie können Vorschläge dazu<br />
machen, welche Themen für sie wichtig und interessant<br />
sind. Berücksichtigen Sie immer das wichtigste<br />
Ziel Ihrer Publikation, wenn Sie über das Aufnehmen<br />
o<strong>der</strong> Weglassen von Details entscheiden.<br />
In dieser Phase müssen Sie ebenfalls über das Verhältnis<br />
von Text zu Bil<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Illustrationen entscheiden.<br />
Wenn Ihre Zielgruppe aus Menschen mit<br />
beträchtlichen Lese- und Schreibproblemen besteht,<br />
dann sollten Sie sich eher auf Illustrationen und Bil-<br />
DER ANHANG<br />
<strong>der</strong> als auf Text stützen, um die Information zu vermitteln.<br />
Wenn Sie diese Fragen gelöst haben, sind Sie bereit<br />
sich mit dem Inhalt Ihrer Publikation zu beschäftigen.<br />
Es gibt viele Strategien, die beim Verfassen eines<br />
leicht lesbaren Dokumentes verfolgt werden können.<br />
Erfahrene Autoren bevorzugen es vielleicht,<br />
erst das Originaldokument gründlich zu lesen und<br />
dann einfach ihre Version in leicht lesbarer Sprache<br />
zu schreiben. Im folgenden ist eine Schritt-für-<br />
Schritt-Methode aufgeführt, <strong>der</strong> unerfahrene Autoren<br />
folgen können.<br />
Schritt 2: Entscheiden Sie über den Inhalt<br />
Stellen Sie eine Liste <strong>der</strong> Schlüsselaussagen Ihrer<br />
Publikation auf<br />
Wenn Ihnen ein Text vorliegt, den Sie übersetzen<br />
wollen, können Sie wie folgt vorgehen:<br />
1. Suchen Sie die Stellen heraus, die für Ihre Ziel<br />
gruppe wichtig sind (Sie können dabei<br />
Einleitungen, Kommentare usw. auslassen).<br />
2. Fassen Sie jeden Absatz Ihrer gewählten Text<br />
stellen in einem o<strong>der</strong> zwei Sätzen zusammen.<br />
3. Überprüfen Sie, ob Ihre Zusammenfassung<br />
einer logischen Struktur folgt.<br />
4. Überprüfen Sie, ob nur die Schlüsselaussagen<br />
in Ihrer Zusammenfassung enthalten sind. Ent<br />
fernen Sie die Stellen, die nicht direkt mit dem<br />
wichtigsten Ziel Ihrer Publikation zu tun haben.<br />
Eine klare Vorstellung über die Inhalte eines Dokumentes<br />
und <strong>der</strong>en logische Reihenfolge ist <strong>der</strong> wichtigste<br />
Schritt beim Verfassen eines zugänglichen Dokumentes.<br />
Wenn Sie einen vollkommen neuen Text<br />
schreiben, versichern Sie sich, daß die Folge des Inhaltes<br />
klar und logisch ist. Vermeiden Sie unnötige<br />
Kommentare und Inhalte, die nichts direkt mit dem<br />
wichtigsten Ziel Ihrer Publikation zu tun haben.<br />
Nachdem Sie eine Liste <strong>der</strong> Schlüsselaussagen erstellt<br />
haben, überprüfen Sie erneut, ob sie all die<br />
Informationen enthält, die Sie wünschen. Die wichtigsten<br />
Aussagen sollten am Anfang des Dokumentes<br />
stehen. Vielleicht können einige <strong>der</strong> Details<br />
ausgelassen werden. Wenn dies <strong>der</strong> Fall ist, lassen<br />
Sie sie einfach weg - je kürzer das Dokument, desto<br />
besser!<br />
V.<br />
77
V.<br />
78<br />
DER ANHANG<br />
In dieser Phase, bevor Sie mit dem eigentlichen<br />
Schreiben begonnen haben, ist es sinnvoll, Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung einzubeziehen, um<br />
sicherzustellen, daß ihre Informationsbedürfnisse<br />
über dieses Thema befriedigt werden. Diskutieren<br />
Sie das Thema mit Einzelpersonen o<strong>der</strong> mit Selbstbestimmungsgruppen.<br />
Fügen Sie <strong>der</strong>en Fragen ihrer<br />
Liste von Schlüsselaussagen hinzu.<br />
Schritt 3: Entwerfen Sie den Text<br />
Schreiben Sie den Text auf <strong>der</strong> Basis Ihrer Liste von<br />
Schlüsselaussagen<br />
Wenn Sie eine Liste <strong>der</strong> Schlüsselaussagen für Ihr<br />
Dokument haben, können sie mit dem eigentlichen<br />
Verfassen des zugänglichen Textes beginnen.<br />
Berücksichtigen Sie die Begriffe und Sprache, die<br />
Ihre Zielgruppe aller Wahrscheinlichkeit nach versteht<br />
und interessant findet. Jede Person ist in dieser<br />
Hinsicht natürlich verschieden, doch, um Ihr Dokument<br />
so vielen Menschen wie möglich zugänglich<br />
zu machen, sollten Sie einige allgemeine Regeln<br />
beachten:<br />
• Verwenden Sie eine einfache,<br />
unkomplizierte Sprache<br />
Verwenden Sie die einfachsten Worte auf möglichst<br />
einfache Weise. Vermeiden Siekomplizierte Strukturen<br />
und abstrakte Begriffe, und seien Sie klar in den<br />
Ideen, dieSie vermitteln wollen.<br />
• Vermeiden Sie abstrakte Begriffe<br />
Wenn Sie abstrakte Begriffe erwähnen müssen, verwenden<br />
Sie konkrete Beispiele und Vergleiche, die<br />
den Menschen helfen, das Problem zu verstehen.<br />
• Verwenden Sie kurze Worte<br />
aus <strong>der</strong> Alltagssprache<br />
Vermeiden Sie lange Worte, die schwer zu lesen und<br />
auszusprechen sind. Verwenden Sie nur Worte, die<br />
in <strong>der</strong> Alltagssprache bekannt sind und von Ihrer<br />
Zielgruppe verwendet werden. Achten Sie jedoch<br />
darauf, Erwachsenensprache zu verwenden, wenn<br />
Sie für erwachsenen Menschen schreiben!<br />
• Verwenden Sie häufig eine persönliche<br />
Ansprache<br />
Sprechen Sie Ihre Leser in einer direkten und persönlichen<br />
Weise an. „Du hast/Sie haben das Recht<br />
auf...“ ist immer besser als “Nutzer von Dienstleistungen<br />
haben das Recht auf...“.<br />
• Verwenden Sie praktische Beispiele<br />
Praktische Beispiele können dabei helfen, daß Menschen<br />
abstrakte Begriffe verstehen und Informationen<br />
in Beziehung zu Situationen aus ihrem eigenen<br />
Leben setzen.<br />
• Sprechen Sie Ihre Leser auf respektvolle<br />
Weise an<br />
Verwenden Sie Erwachsenensprache, wenn Sie für<br />
erwachsene Menschen schreiben. Stellen Sie sich<br />
die Frage, ob Sie die Leser mit „Du“ o<strong>der</strong> „Sie“ ansprechen<br />
wollen. Wenn Sie sich darüber nicht sicher<br />
sind, fragen Sie betroffene Personen, wie sie gern<br />
angesprochen werden möchten.<br />
• Verwenden Sie meistens kurze Sätze<br />
• Stellen Sie nur einen Gedanken pro Satz vor<br />
Versuchen Sie nicht, mehr als einen Gedanken o<strong>der</strong><br />
ein Thema pro Satz zu behandeln.<br />
• Verwenden Sie positive Sprache<br />
Vermeiden Sie negative Sprache und Verneinungen,<br />
da sie zu Verwirrung führen können.<br />
• Verwenden Sie eher aktive als passive Verben<br />
Gestalten Sie Ihr Dokument so interessant wie möglich.<br />
Aktive Verben machen Ihr Dokument in <strong>der</strong><br />
Regel lebhafter und weniger kompliziert.<br />
• Gehen Sie nicht von bereits vorhandenem<br />
Wissen über Ihr Thema aus<br />
• Verwenden Sie immer die gleichen Begriffe<br />
Verwenden Sie immer das gleiche Wort für eine Sache<br />
- auch wenn die Wie<strong>der</strong>holung von Worten den<br />
Stil beeinflußt.<br />
• Vermeiden Sie Querbezüge<br />
• Verwenden Sie eine einfache Zeichensetzung<br />
Vermeiden Sie Strichpunkte, Gedankenstriche und<br />
Kommas.<br />
• Verwenden Sie keinen Konjunktiv<br />
Die „unsichere Zukunft“ (...könnte passieren...,<br />
solltest Du/sollten Sie tun...) ist ungenau und verwirrend.<br />
Vermeiden Sie den Konjunktiv, soweit es<br />
geht.<br />
• Seien Sie sparsam mit Redewendungen und Me-<br />
taphern, wenn sie nicht sehr gebräuchlich sind<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung kennen sie<br />
vielleicht nicht, doch wenn sie in <strong>der</strong>Alltagssprache<br />
sehr verbreitet sind, können sie den Text durchaus
farbiger gestalten.<br />
• Seien Sie vorsichtig mit Zahlen<br />
Große o<strong>der</strong> komplizierte Zahlen werden häufig<br />
nicht verstanden. Verwenden Sie viele statt 4795<br />
und einige statt einer Prozentzahl wie 14%. Für ein<br />
Datum wie 1867 verwenden Sie vor langer Zeit. Verwenden<br />
Sie kleine Zahlen, schreiben Sie immer die<br />
Zahl selbst und nicht das ausgeschriebene Wort, z.B.<br />
3 statt drei.<br />
• Verwenden Sie keine Fremdworte<br />
Dies betrifft ebenfalls Worte, die häufig verwendet<br />
werden, aber fremden Ursprungs sind. Wenn Sie es<br />
nicht vermeiden können ein Fremdwort zu verwenden,<br />
da es sehr gebräuchlich ist, erklären Sie es.<br />
• Geben Sie, wenn möglich, eine Kontaktadresse<br />
für weitere Informationen an<br />
Alle Adressen sollten wie auf einem Briefumschlag<br />
geschrieben sein. Schreiben Sie die Adressen nicht in<br />
eine Zeile, auch nicht durch Kommas getrennt.<br />
• Vermeiden Sie Fachjargon, Abkürzungen<br />
und Initialen<br />
Fachjargon sollte niemals verwendet werden - er<br />
ist bedeutungslos und irrelevant für die Menschen<br />
außerhalb des Fachkreises. Versuchen Sie auch Abkürzungen<br />
zu vermeiden und verwenden Sie sie<br />
nur, wenn sie Ihrer Zielgruppe bereits bekannt sind.<br />
Erklären Sie immer, was sie bedeuten.<br />
Verwenden Sie einen Einschub, wenn es wichtig ist,<br />
einen Begriff zu erklären, den an<strong>der</strong>e benutzen werden.<br />
Wie<strong>der</strong>holen Sie ihn, um sicherzugehen (z.B.<br />
„...Satzung, die Regeln einer Organisation,...“).<br />
Wenn Sie Dokumente in einer leicht lesbaren Sprache<br />
zugänglich machen, kann dies dazu führen, daß<br />
sie länger werden als die Originaltexte. Dies betrifft<br />
insbeson<strong>der</strong>e kompakte juristische o<strong>der</strong> wissenschaftliche<br />
Texte, gerade wenn es darauf ankommt,<br />
daß Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung die Details<br />
verstehen. Es ist vielleicht nötig, das Dokument<br />
in mehrere kleinere Abschnitte aufzuteilen, um es<br />
lesbarer zu machen.<br />
Schritt 4: Überprüfen Sie, ob Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung Ihren Entwurf verstehen<br />
Bitten Sie Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung vor<br />
dem Druck, Ihren Entwurf zu lesen<br />
DER ANHANG<br />
Um sicherzustellen, daß Ihr Dokument wirklich den<br />
Ansprüchen Ihrer Zielgruppe entspricht und ihren<br />
Lesefähigkeiten angemessen ist, ist es absolut<br />
notwendig, daß es Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
o<strong>der</strong> Selbstbestimmungsgruppen vor dem<br />
Druck lesen. Dies ist die einzige Möglichkeit, sicherzustellen,<br />
daß Ihre Publikation den Bedürfnissen<br />
und Fähigkeiten Ihrer Zielgruppe entspricht und<br />
erhöht außerdem die Anzahl möglicher Leser. Falls<br />
Sie Schwierigkeiten haben, dies zu organisieren,<br />
wenden Sie sich bitte an die Organisationen, die in<br />
Kapitel 9 aufgeführt sind.<br />
Die Personen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung, die Sie um<br />
Rat fragen, sollten genügend Zeit haben, das Dokument<br />
zu lesen und zu verstehen, bevor Sie mit<br />
ihnen darüber diskutieren. Die Diskussion wird Klarheit<br />
darüber verschaffen, ob die Leser den Inhalt<br />
des Textes verstehen. Sie wird verwirrende Begriffe<br />
o<strong>der</strong> Sätze klären und mögliche weitere Fragen und<br />
Informationsbedürfnisse zum Thema aufwerfen.<br />
Schritt 5: Ergänzen Sie den Entwurf<br />
Versuchen Sie, Ihrem Text so viele <strong>der</strong> neuen Fragen<br />
und Ideen wie möglich hinzuzufügen und ihn dort<br />
zu än<strong>der</strong>n, wo <strong>der</strong> Inhalt nicht verstanden wurde.<br />
Versuchen Sie, einige <strong>der</strong> Schlüsselaussagen mit Bil<strong>der</strong>n,<br />
Zeichnungen o<strong>der</strong> Symbolen zu illustrieren<br />
(siehe auch Kapitel 6), um sie klarer zu machen.<br />
Schritt 6: Überprüfen Sie den Text noch einmal<br />
Wenden Sie sich nochmals an Ihre Lesergruppe,<br />
nachdem Sie die Än<strong>der</strong>ungen vorgenommen haben<br />
und diskutieren Sie mit ihnen den neuen Entwurf<br />
(einschließlich <strong>der</strong> Illustrationen etc.). Wenn die<br />
Leser den Text noch immer nicht verstehen o<strong>der</strong><br />
unzufrieden sind, än<strong>der</strong>n Sie Ihn noch einmal. Diskutieren<br />
Sie ihn mit den Betroffenen so oft, wie es<br />
nötig ist.<br />
6. Bil<strong>der</strong>, Illustrationen und Symbole<br />
Unabhängig davon, ob Personen deutliche Leseprobleme<br />
haben o<strong>der</strong> einen einfachen Text lesen<br />
können, hat ein leicht lesbarer Text allein seine<br />
Grenzen. Fotografien, Zeichnungen o<strong>der</strong> Symbole<br />
können auch denjenigen eine Botschaft vermitteln,<br />
die nicht lesen können und das Verständnis <strong>der</strong>er<br />
V.<br />
79
V.<br />
80<br />
DER ANHANG<br />
vergrößern, die dazu in <strong>der</strong> Lage sind. Aus diesem<br />
Grund haben Illustrationen nicht nur einen dekorativen<br />
Aspekt für Ihre Veröffentlichung, son<strong>der</strong>n<br />
transportieren auch Information. Sie sollten immer<br />
bei <strong>der</strong> Planung und Vorbereitung von leicht lesbarem<br />
Material einbezogen werden.<br />
Fotografien<br />
In vielen Situationen sind Fotografien das ideale Mittel<br />
zur Kommunikation, insbeson<strong>der</strong>e bei lokalen<br />
Informationen. Der Name einer verantwortlichen<br />
Person zusammen mit ihrer Fotografie vermittelt jedem<br />
eine klare Vorstellung über den Ansprechpartner.<br />
Eine Fotografie eines Ortes, den Sie kennen,<br />
bedeutet mehr als die geschriebene Adresse. Fotografien<br />
können ebenfalls dabei helfen, komplexe<br />
Texte zu veranschaulichen. Die Fotografien müssen<br />
jedoch deutlich sein und sich auf das gleiche Thema<br />
wie <strong>der</strong> Text beziehen. Eine einfache Fotografie<br />
kann eine Unmenge von Vorstellungen hervorrufen!<br />
Beachten Sie, wie die Fotografie gedruckt aussieht<br />
und versichern Sie sich, daß sie auch gedruckt scharf<br />
und deutlich ist.<br />
Zeichnungen und Illustrationen<br />
In manchen Fällen können Zeichnungen die bessere<br />
Lösung sein. Sie müssen anschaulich sein, um den<br />
Leser nicht zu verwirren. Eine Zeichnung, die sich<br />
auf das Hauptthema konzentriert, vermittelt präzisere<br />
Informationen als eine Fotografie mit zu vielen<br />
Details o<strong>der</strong> mit technischen Mängeln. Es gibt viele<br />
clip-art-Standardpakete und es ist durchaus möglich,<br />
daraus Zeichnungen zu verwenden, um Ihren Text<br />
zu veranschaulichen. Falls es die finanzielle Mittel<br />
erlauben, ist es am besten, einen (einschlägig qualifizierten)<br />
Graphikdesigner hinzuzuziehen. Dessen<br />
Originalzeichnungen können die wichtigsten Punkte<br />
in Ihrem Text veranschaulichen.<br />
Symbolsysteme<br />
Symbole sind eine allgemeinere und abstraktere Art<br />
<strong>der</strong> Kommunikation. Sie bestehen hauptsächlich aus<br />
einfachen Linienzeichnungen, die Objekte, Handlungen<br />
o<strong>der</strong> Ideen darstellen und können dazu verwendet<br />
werden, ganze Sätze zu konstruieren. Ihre<br />
Bildhaftigkeit gibt in <strong>der</strong> Regel (aber nicht immer)<br />
einen Hinweis auf ihre Bedeutung. Es gibt sehr viele<br />
verschiedene Symbolsysteme und jedes hat seine<br />
eigene „Sprachgemeinde“. Es ist unrealistisch, einer<br />
Person mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung eine Seite mit<br />
Symbolen vorzulegen und von ihr zu erwarten, die<br />
Symbole zu verstehen. So wie Kin<strong>der</strong>, die gerade zu<br />
lesen beginnen, Worte lernen müssen, muß auch die<br />
Bedeutung von Symbolen gelehrt werden.<br />
Deshalb ist es sehr wichtig, ein Symbolsystem zu<br />
wählen, das bereits bekannt ist und von <strong>der</strong> Zielgruppe<br />
Ihrer Publikation beherrscht wird. Dies ist<br />
ein weiterer Grund, während <strong>der</strong> Vorbereitung des<br />
Dokuments Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
hinzuzuziehen. Wenn Sie sich nicht über das richtige<br />
Symbolsystem im klaren sind, können Sie sich<br />
zwecks weiterer Informationen an eine <strong>der</strong> Organisationen<br />
wenden, die in Kapitel 9 dieser Richtlinien<br />
aufgeführt sind.<br />
Wenn Ihre Publikation für ein größeres Publikum<br />
o<strong>der</strong> für Menschen bestimmt ist, die kein Symbolsystem<br />
beherrschen, ist es vielleicht besser, nicht ein<br />
bestimmtes System zu verwenden, son<strong>der</strong>n einfache,<br />
leicht verständliche Symbole für die Schlüsselbegriffe<br />
des Textes auszuwählen. Dies reicht oft aus,<br />
um die Bedeutung des Textes zu veranschaulichen<br />
und kann genauso effektiv sein wie die Verwendung<br />
eines Symbols für jedes einzelne Wort. Wenn<br />
Symbole bekannt sind und regelmäßig verwendet<br />
werden, sind sie von unschätzbarem Wert für die<br />
Schaffung von zugänglichen Dokumenten. Sie sind<br />
in den geschriebenen Text eingeglie<strong>der</strong>t und machen<br />
ein schriftliches Dokument sowohl für Leser<br />
aus auch für Nichtleser zugänglich. Fotografien und<br />
Symbole können auch zusammen verwendet werden,<br />
insbeson<strong>der</strong>e in längeren Dokumenten. Dabei<br />
können Symbole für den Haupttext und Fotografien<br />
für die Darstellung von Personen o<strong>der</strong> Orten eingesetzt<br />
werden.<br />
Welche Methode Sie auch verwenden, um Ihren<br />
Text zu veranschaulichen, es ist wichtig, Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung - Ihre potentiellen Leser<br />
- zu fragen, ob die Illustrationen ihr Verständnis <strong>der</strong><br />
Information, die Sie vermitteln wollen, vergrößern.<br />
7. Die Gestaltung von Publikationen<br />
Die Gestaltung eines Dokumentes kann eine große<br />
Rolle dabei spielen, wie leicht lesbar es ist. Mo<strong>der</strong>ne<br />
Computer-Software bietet eine große Auswahl von<br />
verschiedenen Stilen und Möglichkeiten <strong>der</strong> Gestaltung<br />
von Publikationen. Jedoch können einige dieser<br />
Möglichkeiten die Dokumente schwerer lesbar<br />
machen, zum Beispiel ein weißer Text auf einem<br />
farbigen Hintergrund o<strong>der</strong> die Verwendung von<br />
verschiedenen Schrifttypen innerhalb eines Dokumentes.
Um die Lesbarkeit zu verbessern, werden die folgenden<br />
Richtlinien für die Gestaltung von Dokumenten<br />
empfohlen:<br />
• Verwenden Sie niemals ein Bild als Hintergrund<br />
für den Text. Dies kann das Lesen des Textes deutlich<br />
erschweren.<br />
• Versuchen Sie, nur einen Satz in einer Zeile unterzubringen.<br />
Wenn dies nicht möglich ist, versuchen<br />
Sie, einzelne Satzteile in einer Zeile unterzubringen<br />
o<strong>der</strong> den Satz dort auf einzelne Zeilen umzubrechen,<br />
wo gewöhnlich Sprechpausen gemacht werden,<br />
z.B.: Es ist wichtig, daß behin<strong>der</strong>te Menschen<br />
für sich selbst sprechen. Wenn sie das nicht können,<br />
sollten ihre Eltern für sie sprechen.<br />
• Setzen Sie Sätze nicht auf einer folgenden Seite<br />
fort.<br />
• Versichern Sie sich, daß die Illustrationen scharf<br />
sind. Achten Sie auf die Qualität <strong>der</strong> Fotografien in<br />
gedruckter Form. Wenn Sie ein Fotokopiergerät zur<br />
Vervielfältigung benutzen, sollte die Kopie als Rasterbild<br />
gedruckt werden.<br />
• Das Papier sollte matt sein und von guter Qualität.<br />
Dies gibt einen guten Kontrast. Glänzendes<br />
Papier reflektiert das Licht. Vermeiden Sie Papier,<br />
das zu dünn und nicht genügend lichtundurchlässig<br />
ist, da ansonsten <strong>der</strong> Text <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des<br />
Blattes durchscheint.<br />
• Füllen Sie das Blatt nicht mit zu viel Information.<br />
Die Gestaltung und <strong>der</strong> Textfluß sollte die Struktur<br />
des Textes unterstützen. Wenn <strong>der</strong> Text eine neue<br />
Idee vorstellt, erwägen Sie, eine neue Seite zu beginnen.<br />
Der Text sollte logisch aufgebaut sein und<br />
nicht auf <strong>der</strong> Seite hinund herspringen o<strong>der</strong> ein<br />
paar Seiten später weitergehen.<br />
• Verwenden Sie nicht mehr als zwei Schrifttypen.<br />
Sie könnten einen Schrifttyp für den Text und vielleicht<br />
einen an<strong>der</strong>en für die Überschriften verwenden.<br />
• Verwenden Sie deutliche Schrifttypen. Ein deutlicher<br />
Schrifttyp sollte bevorzugt werden, z.B. Arial,<br />
Helvetica o<strong>der</strong> Times New Roman.<br />
• Verwenden Sie große Schrifttypen. Die Buchstaben<br />
sollten nicht zu klein sein: 14 Punkt ist das empfohlene<br />
Minimum für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen.<br />
DER ANHANG<br />
• Seien Sie vorsichtig mit <strong>der</strong> Hervorhebung von<br />
Textstellen. Verwenden Sie keine Block-Großbuchstaben<br />
o<strong>der</strong> Kursivschriften im Text. Verwenden Sie<br />
Fettdruck o<strong>der</strong> Unterstreichungen zur Hervorhebung.<br />
• Verwenden Sie, wenn möglich, Farben für Bil<strong>der</strong>,<br />
Kästen usw.<br />
• Verwenden Sie niemals inversiven Druck (hellen<br />
Text auf dunklem Hintergrund). Dunkle Schrift auf<br />
hellem Papier ist am lesbarsten.<br />
• Verwenden Sie Überschriften und an<strong>der</strong>e „Navigationshilfen“.<br />
• Verwenden Sie keinen Blocksatz. Ein „flattern<strong>der</strong>“<br />
(ausgefranster) rechter Rand macht eine Textspalte<br />
lesbarer.<br />
• Trennen Sie lange Worte am rechten Rand des<br />
Textes nicht. Halten Sie die Worte zusammen.<br />
• Zahlen<br />
- Schreiben Sie Daten voll aus:<br />
„Sonntag, den 26. September 1998<br />
- Telefonnummern sollten aufgeglie<strong>der</strong>t<br />
werden: 034-22.33.44 o<strong>der</strong> 034- 22 33 44<br />
- Verwenden Sie immer die Zahl selbst und nicht<br />
das entsprechende Wort - auch für Zahlen<br />
unter 10. Zum Beispiel 3, 67, 239.<br />
- Verwenden Sie niemals römische Zahlen.<br />
Beachten Sie ebenfalls die folgenden praktischen<br />
Hinweise:<br />
• Um eine große Verbreitung Ihrer Veröffentlichung<br />
sicherzustellen, verwenden Sie ein Format,<br />
das leicht zu kopieren ist (z.B. A4 o<strong>der</strong> A3 gefaltet)<br />
und schränken Sie die Verteilung nicht durch ein<br />
Copyright ein.<br />
• Vergessen Sie nicht, ein Datum auf Ihre Veröffentlichung<br />
zu setzen.<br />
• Alle leicht lesbaren Veröffentlichungen sollten<br />
auf <strong>der</strong> Titelseite deutlich als solche kenntlich gemacht<br />
werden, so daß Kunden sie sofort erkennen<br />
können. Wenn Sie Ihre wichtigsten Aussagen beson<strong>der</strong>s<br />
hervorheben wollen, könnten Sie das Blatt<br />
in <strong>der</strong> Mitte als Poster gestalten. Dieses Blatt kann<br />
dann aus <strong>der</strong> Veröffentlichung herausgenommen<br />
und als ständige Botschaft o<strong>der</strong> Erinnerung aufgehängt<br />
werden.<br />
V.<br />
81
V.<br />
82<br />
DER ANHANG<br />
8. An<strong>der</strong>e Formen<br />
- Hörkassetten, Videos, interaktive Medien<br />
Die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit<br />
geistiger Behin<strong>der</strong>ung variieren sehr, und leicht lesbares<br />
Material wird nicht allen zugänglich gemacht<br />
werden können, insbeson<strong>der</strong>e nicht denen, die<br />
überhaupt nicht lesen können. Manchmal möchten<br />
Sie vielleicht Informationen in mehr als einer Weise<br />
vermitteln, um ein größeres Publikum zu erreichen.<br />
Im folgenden werden die wichtigsten alternativen<br />
Formen vorgestellt. Es ist unmöglich, hier die Vorteile<br />
an<strong>der</strong>er Formen vollständig aufzuführen o<strong>der</strong><br />
ausführliche praktische Hinweise zu <strong>der</strong>en Herstellung<br />
zu liefern. Dennoch könnten einige <strong>der</strong> Empfehlungen<br />
<strong>der</strong> letzten Kapitel hilfreich für die Herstellung<br />
leicht verständlichen Materials in an<strong>der</strong>en<br />
Formen sein.<br />
Hörkassetten<br />
Hörkassetten können leicht hergestellt und kopiert<br />
werden. Somit sind sie eine gute Alternative zur<br />
Herstellung von Material für Menschen, die nicht<br />
lesen können. Die meisten Personen o<strong>der</strong> Familien<br />
besitzen einen Kassettenrecor<strong>der</strong>, und so ist es<br />
gewöhnlich leicht für alle, sich eine Kassette anzuhören.<br />
Kassetten werden häufig von Gruppen von<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung gehört, was<br />
schnell zu einem Gespräch in <strong>der</strong> Gruppe führt und<br />
Gruppen bzw. Einzelpersonen helfen kann, Ideen<br />
zum Handeln zu entwickeln.<br />
Der Text auf den Kassetten sollte den Vorschlägen<br />
dieser Richtlinien folgen. Beim Strukturieren des Inhalts<br />
ist es wichtig, ähnliche Themen zusammen zu<br />
gruppieren. Der Sprecher/die Sprecherin sollte in einem<br />
gemäßigten Tempo sprechen, we<strong>der</strong> zu schnell<br />
noch zu langsam, und kurze Pausen zwischen den<br />
Sätzen einlegen. Bei längeren Texten ist es sinnvoll,<br />
mehr als eine Stimme einzusetzen und den Text mit<br />
Musik o<strong>der</strong> Klangeffekten zu unterbrechen. Für<br />
weitere Informationen über leicht zu verstehendes<br />
Material auf Hörkassetten sehen Sie auch die COTIS-<br />
Richtlinien.<br />
Eine leicht lesbare und illustrierte Veröffentlichung<br />
mit einer Hörkassette zu kombinieren, kann das<br />
Verständnis und Feedback erhöhen und Informationen<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung sehr viel<br />
zugänglicher machen.<br />
Videos<br />
Videos sind eine ausgezeichnete Alternative zur Informationsvermittlung<br />
für Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung. Die Verbindung von visueller und ge-<br />
sprochener Information kann sehr hilfreich sein und<br />
die Menschen erreichen, die große Probleme beim<br />
Lesen und Verstehen eines Textes haben. Obwohl die<br />
Herstellung eines Videos von guter technischer Qualität<br />
noch immer ein größeres Unterfangen ist und<br />
am besten kommerziell durchgeführt werden sollte,<br />
haben Organisationen immer mehr Möglichkeiten,<br />
ihre eigenen Videos zu produzieren und dabei die<br />
neuen Digitaltechnologien anzuwenden. Die wichtigsten<br />
Aspekte bei <strong>der</strong> Produktion von Videos sind<br />
ein klares und logisches Drehbuch und eine nicht zu<br />
schnelle Folge des Textes und <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>.<br />
Interaktive Medien<br />
Viele Dienste für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
verwenden Computer, und eine steigende Anzahl<br />
von Haushalten verfügt heute ebenfalls über<br />
einen PC und hat Zugang zum Internet.<br />
Dies bedeutet, daß interaktive Medien mit ihren<br />
sich bewegenden Bil<strong>der</strong>n, Geräuschen und Texten<br />
ebenfalls eine ausgezeichnete Möglichkeit für die<br />
Vermittlung von Informationen sind, aber auch von<br />
immer größerer Bedeutung für die Zukunft werden.<br />
Positiv ist, daß interaktive Medien leicht den<br />
funktionalen Möglichkeiten des Nutzers angepaßt<br />
werden können. Die Entwicklung von interaktiven<br />
Medien für Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
befindet sich noch in einem frühen Stadium und<br />
ist hauptsächlich auf Lernsoftware beschränkt. Die<br />
Entwicklung von Informationsangeboten unter Verwendung<br />
von interaktiven Medien sollte in direkter<br />
Zusammenarbeit mit den Nutzern und den sie unterstützenden<br />
Organisation unternommen werden.<br />
9. Referenzen und Kontaktadressen<br />
Der WfB-Vertrag nach dem Muster <strong>der</strong> Bundesarbeitgemeinschaft<br />
WfB, illustriert und in leicht verständlicher<br />
Fassung.<br />
<strong>Lebenshilfe</strong>-Verlag, Marburg, lieferbar voraussichtlich<br />
ab Herbst 1998 (als illustrierter Text bzw. CD<br />
o<strong>der</strong> Diskette)<br />
Maurer-Morgenstern, Monika [Hrg.]:<br />
Die Bananenschale war sein Glück. 26 Geschichten<br />
von Liebe und Leid. Mainz [jetzt: Berlin]: Gesellschaft<br />
Erwachsenenbildung und Behgin<strong>der</strong>ung 1995.<br />
111 Seiten.<br />
Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong>:<br />
Magazin <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong>-Zeitung. Marburg.<br />
Erscheint dreimal jährlich.
Diakonisches Werk <strong>der</strong> Evangelischen<br />
Kirche in Deutschland: Bunter Bil<strong>der</strong> Brief.<br />
Zeitschrift für Menschen mit geistiger<br />
Behin<strong>der</strong>ung. Berlin: verbum Druck und<br />
Verlags-Gesellschaft (vierteljährlich).<br />
Eltern für Integration [Herausgeber];<br />
Annemarie Sellin: Bunter Vogel.<br />
Zeitschrift für gestützte Kommunikation. Berlin.<br />
Friedrich, Erhard [Hrg.]: Zusammen: Material.<br />
Innenhefter in <strong>der</strong> Zeitschrift Zusammen.<br />
Seelze: Friedrich Verlag (monatlich).<br />
Richtlinien für leicht lesbares Material.<br />
Zusammengestellt von B. Tronbacke.<br />
Hrg.: IFLA Headquarters. IFLA Professional<br />
Report No. 54. The Hague 1997<br />
ISBN Nr. 90-70916-64-9<br />
(Die IFLA-Richtlinien sind erhältlich in Englisch, Spanisch,<br />
Deutsch und Russisch bei IFLA Headquarters,<br />
Prins Willem-Alexan<strong>der</strong>hof 5, 2595 BE<br />
The Hague, Nie<strong>der</strong>lande.<br />
Tel.: +31 70 3140 884, Fax: +31 03 834 827,<br />
e-mail: IFLA.HQ@IFLA.NL)<br />
Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH:<br />
Aktualisierte Liste von leicht lesbarem Material<br />
in den offiziellen EU-Sprachen.<br />
Erhältlich bei: ILSMH-EA, Galeries de la Toison d’Or,<br />
29 Chaussée d’Ixelles, #393/ 35, B-1050 Brüssel<br />
COTIS - Richtlinien für Hörkassetten<br />
COTIS (Confe<strong>der</strong>ation of Tape Information<br />
Services), 67 High Street, Tarporley,<br />
Cheshire CW6 0DP ·tel: 01829 733351<br />
ORGANISATIONEN<br />
Bundesvereinigung <strong>Lebenshilfe</strong> für<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
Postfach 70 11 63<br />
D-35020 Marburg<br />
Tel.: +49-6421-491-0<br />
Fax: +49-6421-491-167<br />
<strong>Lebenshilfe</strong> Österreich<br />
Dachverband für Menschen mit geistiger und<br />
mehrfacher Behin<strong>der</strong>ung<br />
Schönbrunner Straße 179<br />
A-1120 Wien<br />
Tel.: +43-1-812 26 42 0<br />
Fax: +43-1-812 26 42 85<br />
Easy-to-Read Stiftung<br />
Box 4035<br />
10261 Stockholm<br />
Schweden<br />
Tel.: +46-8-640 70 90<br />
Fax: +46-8-642 76 00<br />
e-mail: ll@llstiftelsen.se<br />
Homepage: www.llstiftelsen.se<br />
L’institut Roeher Institute<br />
Kinsmen Building, York University<br />
4700 Keele Street<br />
North York, Ontario<br />
Kanada M3J 1P3<br />
Tel.: +1 416 661-9611<br />
Fax: +1 416 661-5701<br />
DER ANHANG<br />
Diese Veröffentlichung wurde unterstützt von <strong>der</strong><br />
Kommission <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften,<br />
DGV-E-4, Integration behin<strong>der</strong>ter Menschen.<br />
Mitgliedsvereinigungen <strong>der</strong> Europäischen Vereinigung<br />
<strong>der</strong> ILSMH aus acht Staaten <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union erklärten sich bereit, diese Veröffentlichung<br />
in die offiziellen Sprachen <strong>der</strong> Union zu übersetzen.<br />
Wir danken ihnen für ihre Arbeit. Schließlich möchten<br />
wir Tina Detheridge von Widgit Software Ltd.<br />
für ihren professionellen Rat danken.<br />
Diese Richtlinien sind in allen offiziellen Sprachen<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union erhältlich: Dänisch, Deutsch,<br />
Englisch, Finnisch, Französisch, Nie<strong>der</strong>ländisch, Italienisch,<br />
Portugiesisch, Spanisch und Schwedisch.<br />
Exemplare können bestellt werden bei<br />
Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH<br />
Galeries de La Toison d’Or<br />
29 Chaussée d’Ixelles #393/35<br />
1050 Brüssel<br />
Belgien<br />
ISBN 2-930078-12-X<br />
Druck: CERCICA, eine Kooperative für<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in Cascais,<br />
Portugal<br />
© Europäische Vereinigung <strong>der</strong> ILSMH 1998<br />
Diese Publikation darf unter Angabe <strong>der</strong> Quelle unentgeltlich<br />
kopiert und vervielfältigt werden.<br />
V.<br />
83
84<br />
DIE DVD FILMBEITRÄGE ZUR PROJEKTDOKUMENTATION<br />
DVD zur <strong>Projektdokumentation</strong> „Aktive Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> vor Ort“:<br />
_1<br />
„Betroffene Gedanken zum Unfassbaren“<br />
Videobeitrag des Beirats behin<strong>der</strong>ter Menschen anlässlich<br />
<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung des Landesverbandes<br />
in <strong>der</strong> Gedenkstätte Grafeneck im Oktober<br />
2005<br />
_2<br />
„Gemeinsam stärker!“<br />
Sketsch des Landesbeirats zur 1. Vollversammlung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-<br />
Württemberg im Dezember 2005 in Herrenberg-<br />
Gültstein<br />
_3<br />
Eindrücke von <strong>der</strong> 1. Vollversammlung behin<strong>der</strong>ter<br />
Menschen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg im<br />
Dezember 2005 in Herrenberg-Gültstein<br />
_4<br />
Mitglie<strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> Herrenberg<br />
_5<br />
„Wenn Sie <strong>Lebenshilfe</strong> hören ...“<br />
Aussagen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, Eltern,<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n, Mitarbeitern zum 40jährigen<br />
Jubiläum <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
Landesverband <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
<strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung e.V.<br />
Jägerstr. 12, 70174 Stuttgart<br />
Tel.: 0 711 / 255 89 0 Fax: 0 711 / 255 89 55<br />
Email: info@lebenshilfe-bw.de<br />
Internet: www.lebenshilfe-bw.de<br />
Redaktion:<br />
Rudi Sack<br />
Gestaltung:<br />
Heiko Werner, ACD Werbeagentur, Pforzheim<br />
Bestellung gegen Versandkosten beim Herausgeber<br />
Das Projekt „Aktive Beteiligung von Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> vor Ort“ in den<br />
Jahren 2005-2006, dessen Ergebnisse in diesem Band<br />
dokumentiert werden, wurde geför<strong>der</strong>t von <strong>der</strong><br />
Deutschen Behin<strong>der</strong>tenhilfe – Aktion Mensch e.V. und<br />
von <strong>der</strong> Stiftung <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Baden</strong>-Württemberg.