RA Nr. 223 - Rote Anneliese
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16 ROTE ANNELIESE / NR. <strong>223</strong> / Juni 2012<br />
Weit verbreitet: Mobbing unter schülerinnen und<br />
schülern kann verheerende auswirkungen haben.<br />
AZB 3900 Brig • NR. <strong>223</strong> / Juni 2012<br />
adressänderungen bitte melden bei:<br />
Verein <strong>Rote</strong> anneliese, Postfach 441, 3900 brig-glis<br />
Mobbing an Schulen<br />
«Beunruhigende Zahlen» zum<br />
Mobbing an Walliser Schulen<br />
WALLIS – Wiederholt berichtete die <strong>RA</strong> über Mobbing-Fälle an<br />
Oberwalliser Schulen. Eine Studie stellt nun erstmals offiziell<br />
fest: «Die Zahl der betroffenen Kinder ist sehr beunruhigend.»<br />
Von Cyrill Pinto<br />
Immer wieder erreichen die «<strong>Rote</strong> <strong>Anneliese</strong>»<br />
Anrufe von besorgten Eltern, deren Kinder unter<br />
Mobbing an der Schule leiden. In einem aktuellen<br />
Fall wird eine Schülerin einer mittelgrossen<br />
Schule von ihrem Lehrer gemobbt: Vor allen Klassenkameraden<br />
wird die OS-Schülerin als dumm<br />
hingestellt. Beschwerden bei der Schulleitung<br />
haben nicht gefruchtet. Die einzige Hoffnung für<br />
die Schülerin und ihre Eltern: Der Lehrer wird<br />
bald pensioniert.<br />
An einer anderen Schule arbeitet ein Lehrer, der<br />
eigentlich schon in der Pension war, dann aber<br />
wieder zurück in die Schule geholt wurde – aus<br />
akutem Personalmangel. Eigentlich wurde der<br />
Lehrer in die Früh-<br />
13 Prozent der<br />
Schülerinnen und<br />
Schüler werden häufig<br />
bis sehr häufig<br />
gehänselt und beleidigt.<br />
pension geschickt,<br />
weil sich wiederholt<br />
Eltern bei der Schulleitung<br />
über die Art<br />
des Lehrers, wie er<br />
seine Schüler behandelte,<br />
beschwert hatten.<br />
Eine noch viel<br />
weiter verbreitete<br />
Art des Mobbings an<br />
Schulen ist das Mobbing<br />
unter Schülern.<br />
Erst im letzten Juni berichtete die «<strong>Rote</strong> <strong>Anneliese</strong>»<br />
ausführlich über eine Schülerin in Brig-Glis,<br />
die von ihren Mitschülerinnen auf übelste Weise<br />
beschimpft und ausgegrenzt wurde. Im Bericht<br />
mit dem Titel «Es riecht nach Ausländerin hier»,<br />
schilderte der Vater des Mädchens, wie seine<br />
Tochter von ihren Mitschülerinnen rassistisch<br />
beschimpft wurde. Die Lehrerin intervenierte<br />
nicht und wurde sogar selbst ausfällig gegenüber<br />
dem Kind. Als letzte Möglichkeit wurde das Kind<br />
an eine neue Schule versetzt.<br />
Eine im Mai veröffentlichte Studie der Pädagogischen<br />
Hochschule Wallis, die zusammen mit<br />
dem Institut Kurt Bösch erstellt wurde, bringt<br />
ans Tageslicht, wie gross das Problem wirklich ist:<br />
Knapp 13 Prozent der Walliser Schülerinnen und<br />
Schüler im Alter zwischen 10 und 13 Jahren gaben<br />
an, häufig bis sehr häufig gehänselt und beleidigt<br />
zu werden. In Zahlen sind dies 520 Schüler. Doch<br />
Mobbing macht vor physischer Gewalt nicht<br />
Halt: 7,2 Prozent der befragten Schülerinnen und<br />
Studie Mobbing an Schulen<br />
Schüler gaben an, wiederholt von Rempeleien und<br />
«Stossen» betroffen zu sein – 5,9 Prozent sind «oft<br />
in Raufereien in der Schule involviert», wie es in<br />
der Studie heisst.<br />
Nicht nur körperliche und psychische Gewalt sind<br />
offenbar ein weitverbreitetes Problem an Walliser<br />
Primarschulen, auch sexuelle Nötigung kommt<br />
vor: 280 Schülerinnen und Schüler wurden laut<br />
der Studie seit Beginn des Schuljahres gegen ihren<br />
Willen geküsst. Erstaunlich: Mobbing im Internet<br />
ist weniger verbreitet als angenommen. Jedenfalls<br />
gaben weniger Schüler an, von Cybermobbing<br />
betroffen zu sein, als direkt von Gewalt betroffene:<br />
131 Schülerinnen und Schüler oder 3,2 Prozent<br />
gaben an, immer wieder<br />
Opfer von Beleidigungen<br />
und Spott im Internet<br />
zu sein. Auch stellten<br />
die Pädagogen bei der<br />
Auswertung der Umfrage<br />
fest, dass es erhebliche<br />
Unterschiede zwischen<br />
Schulen im Talgrund<br />
und in den Seitentälern<br />
gibt.<br />
In ihrer Zusammenfassung<br />
halten die Forscher<br />
fest, dass die grosse Zahl Mobbing-Betroffener<br />
sehr beunruhigend sei. Deshalb sei eine proaktive<br />
Prävention der Schulbehörde nötig. Dazu gibt es<br />
auch Ideen: So sollte zum Beispiel durch eine Begleitung<br />
auf dem Schulweg Mobbing ausserhalb<br />
des Einflussgebietes von Eltern und Lehreren<br />
unterbunden werden.<br />
Ein weiterer Vorschlag: Mehrstufige Klassen haben<br />
laut Studienergebnissen einen positiven Effekt auf<br />
das Verhalten der Schüler. Mobbing kommt dort<br />
weniger oft vor.<br />
Hilfe im Notfall<br />
schülerinnen und schüler, die von Mobbing betroffen<br />
sind, können sich an die Mediatoren ihrer<br />
schule oder den speziellen dienst für kinder und<br />
Jugendliche beim PZo wenden: 027 970 36 50