deutsches sachenrecht - Prof. Dr. Hans-Peter Benöhr - Humboldt ...
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Chinesisch-Deutsches Hochschulkolleg der Tongji-Universität<br />
Juristische Fakultät der <strong>Humboldt</strong>-Universität zu Berlin<br />
DR. HANS-PETER BENÖHR<br />
Universitätsprofessor a. D.<br />
DEUTSCHES SACHENRECHT<br />
MIT HINWEISEN AUF DAS<br />
CHINESISCHE SACHENRECHTSGESETZ<br />
2009
BEGRÜSSUNG<br />
1. Plan der Vorlesung<br />
Guten Tag! Willkommen in der Vorlesung zum deutschen Sachenrecht mit Hinweisen auf das<br />
chinesische Sachenrechtsgesetz.<br />
Wir werden in den folgenden Unterrichtsstunden das deutsche Sachenrecht besprechen. Das<br />
Sachenrecht ist vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die Vorlesung beruht<br />
auf meinen eigenen Vorlesungen, die ich viele Jahre lang gehalten habe. Der Inhalt beruht<br />
auch auf den Lehrbüchern anderer Autoren. Ich nennen Ihnen einige wichtige Lehrbücher in<br />
dem Literaturverzeichnis am Ende dieses Heftes.<br />
Wir werden die wesentlichen Grundlagen, aber nicht alle Regeln, des deutschen Sachenrechts<br />
studieren. Weil wir nicht genügend Zeit haben, werden wir manche Einzelheiten (z. B. das<br />
Miteigentum, das Nachbarrecht und den Nießbrauch) nicht besprechen. Sie finden in dem folgenden<br />
Text einige weitere Kapitel (Sonderformen des Eigentums, Wohnungseigentum,<br />
Dienstbarkeiten und Erbbaurecht), die wir nicht mündlich besprechen werden. Aber diese<br />
Kapitel sind trotzdem wichtig für das deutsche Recht und für den Vergleich des deutschen<br />
Rechts mit dem chinesischen Recht. Sie brauchen diese Kapitel nicht für eine Prüfung vorzubereiten.<br />
Wir werden auch die Sondergesetze, wissenschaftlichen Streitfragen und Probleme<br />
der Rechtsprechung nicht behandeln.<br />
Unsere Vorlesung wird nicht der Anordnung des deutschen BGB folgen. Sondern unsere Vorlesung<br />
wird die fünf Teile des chinesischen Gesetzes über das Sachenrecht übernehmen. Die<br />
fünf Teile sind:<br />
- Grundlegende Bestimmungen,<br />
- Eigentum,<br />
- Nutzungsrechte,<br />
- Sicherungsrechte und<br />
- Besitz.<br />
Aber wir werden innerhalb der einzelnen Teile unserer Vorlesung von dem Inhalt der einzelnen<br />
Teile des chinesischen Gesetzes abweichen. Das genaue Arbeitsprogramm für diese Vorlesung<br />
sehen Sie im „Arbeitsprogramm“ am Ende des vorliegenden Heftes.<br />
2. Chinesisches Recht<br />
Es ist sicherlich wichtig, dass Sie das Recht Ihres eigenen Landes kennen. Deswegen bemühe<br />
ich mich um Hinweise auf das chinesische Gesetz über das Sachenrecht von 2007. Es gibt eine<br />
deutsche Übersetzung zusammen mit der chinesischen Fassung des Sachenrechtsgesetzes<br />
in der Zeitschrift für Chinesisches Recht 2007, S. 78 bis 117 (von ZHOU Mei, QI Xiaokum,<br />
Sebastian LOHSSE und LIU Qingwen). Eine weitere zweisprachige Ausgabe nenne ich Ihnen<br />
auf der nächsten Seite zum Herunterladen aus dem Netz. Wegen meiner fehlenden Kenntnisse<br />
der chinesischen Sprache und des chinesischen Rechts bin ich aber unsicher, wie das chinesische<br />
Recht zu verstehen ist. Deswegen habe ich in kursiver Schreibweise notiert, wie meines<br />
Erachtens oder nach meiner Meinung das chinesische Gesetz zu verstehen ist. Die Studieren-<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
2
den werden gebeten, sich bei einem chinesischen Kollegen oder in einem chinesischen Lehrbuch<br />
über die richtige Auslegung des Sachenrechtsgesetzes zu informieren.<br />
Wir werden viele Gemeinsamkeiten, aber auch sehr viele Unterschiede zwischen dem BGB<br />
und dem Sachenrechtsgesetz bemerken. Auch wenn die Bestimmungen oft ähnlich sind, so<br />
sind sie doch im Einzelnen immer anders.<br />
Die Bedeutungen der Wörter in zwei unterschiedlichen Sprachen decken sich fast nie. Deshalb<br />
müssen Sie damit rechnen, dass die juristischen Fachausdrücke des deutschen Rechts<br />
keine genauen Entsprechungen im chinesischen Recht haben und umgekehrt. Ich nenne Ihnen<br />
am Ende dieses Heftes Spezialwörterbücher, die für Sie nützlich sein können.<br />
3. Literatur<br />
Dieses Heft soll Ihnen helfen, die Vorlesung vorzubereiten und die Vorlesung zu wiederholen.<br />
Erschrecken Sie nicht über den Umfang dieses Heftes. Ich habe versucht, alles in möglichst<br />
einfacher Weise zu schreiben. Dadurch wurde der Text etwas länger. Der Umfang erklärt<br />
sich auch durch die „Beispiele“ und „Wiederholungsfragen“.<br />
Die äußere Ausgestaltung und die inhaltlichen Ausführungen des vorliegenden Heftes können<br />
noch verbessert werden. Ich bin Ihnen für Hinweise auf Fehler, auf missverständliche Ausdrücke<br />
und auf Lücken dankbar.<br />
Sie finden im Anhang dieses Heftes eine Liste von wichtigen Büchern in deutscher Sprache,<br />
die Sie in China und in Deutschland gut gebrauchen können. Vor allem gebe ich Ihnen hiermit<br />
eine Liste von hervorragenden deutschen Büchern zum Zivilrecht, die in die chinesische<br />
Sprache übersetzt worden sind. Dazu finden Sie Angaben zu einer Übersetzung des BGB und<br />
zu einem chinesisch-deutsch-chinesischen Rechtwörterbuch.<br />
Schließlich werden Sie dringend gebeten, zu jeder Unterrichtsstunde<br />
- den Text des BGB<br />
(am besten den deutschen Text und auch die chinesische Übersetzung),<br />
- die chinesischen Gesetze<br />
- und ein Wörterbuch mitzubringen.<br />
Diese dürfen Sie auch bei einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung gebrauchen. Das ist in<br />
Deutschland üblich. Die deutschen Universitätslehrer sind der Ansicht, dass die Studierenden<br />
das Gesetz und das Recht nur dann richtig lernen und in der Praxis anwenden können, wenn<br />
sie immer den wirklichen Text des Gesetzes benutzen. Wenn Sie sich auf andere Weise die<br />
Texte nicht beschaffen können, so finden Sie sie an den folgenden Stellen im Internet:<br />
Bundesgesetzblatt Teil 1; Nr. 2<br />
Dateiformat: PDF/Adobe Acrobat<br />
42. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 2, ausgegeben zu Bonn am 8. Januar<br />
2002. Auf Grund des Artikels 8 des Gesetzes zur Moderni- ...<br />
www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl102002s0042.pdf - Ähnliche Seiten<br />
Übersetzung des BGB in die englische Sprache:<br />
http://bundesrecht.juris.de/englisch_bgb/index.html<br />
23. 02. 2012<br />
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Erster, zweiter und dritter Tag<br />
1. TEIL. GRUNDLEGENDE BESTIMMUNGEN<br />
1. Überblick über die grundlegenden Bestimmungen<br />
Die „grundlegenden Bestimmungen“ des chinesischen Sachenrechtsgesetzes enthalten ganz<br />
verschiedene Vorschriften. In unserer Vorlesung und in diesem Heft werden wir aber vor allem<br />
behandeln:<br />
- Grundfragen des Eigentums,<br />
- Schutz des Eigentums durch Gesetze und durch Menschen,<br />
- Sachenrechtsprinzipien.<br />
2. Die Anerkennung des Eigentums durch die Verfassung<br />
a) Deutsches Recht<br />
aa) Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz<br />
In Deutschland und in China zeigt die Verfassung die große Bedeutung des Eigentums. Die<br />
Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich aus dem Grundgesetz, abgekürzt GG.<br />
Das Grundgesetz bestimmt:<br />
Art. 14 Absatz 1 GG. Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und<br />
Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.<br />
Wir werden unten die praktische Bedeutung der Anerkennung des Eigentums durch das<br />
Grundgesetz kennen lernen.<br />
bb) Kurze Bemerkung zu den deutschen Verfassungen<br />
Eine kurze Bemerkung zur Geschichte der deutschen Verfassungen:<br />
1871 Kaiserreich<br />
1918 Ende des I. Weltkrieges, Revolution, Ende des Kaiserreichs<br />
1919 Verfassung beschlossen in Weimar,<br />
daher sogenannte Weimarer Verfassung, Beginn der Weimarer Republik<br />
1933 Ende der Weimarer Republik, Beginn der Diktatur der nationalsozialistischen Partei,<br />
sogenanntes „<strong>Dr</strong>ittes Reich“, Adolf Hitler als „Führer“<br />
1939 Beginn des II. Weltkrieges<br />
1945 Ende des II. Weltkrieges, Ende der nationalsozialistischen Diktatur, Ende des<br />
„<strong>Dr</strong>itten Reichs, Besatzung durch USA, England, Frankreich und Sowjetunion<br />
1949 Ende der Besatzungszeit, Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Westen,<br />
„Grundgesetz“ als Verfassung;<br />
in demselben Jahr Gründung der „Deutschen Demokratischen Republik“<br />
im Osten, in der früheren sowjetischen Besatzungszone;<br />
Spaltung Deutschlands in zwei Staaten, später getrennt durch die „Mauer“<br />
1990 Vereinigung der DDR mit der Bundesrepublik, Ende der DDR.<br />
b) Chinesisches Recht<br />
Auch die chinesische Verfassung erkennt das Privateigentum in den Artikeln 11 und 13 an.<br />
23. 02. 2012<br />
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3. Beschränkungen des Eigentums<br />
a) Deutsches Recht<br />
Kein Recht ist grenzenlos! Auch das Eigentum enthält Beschränkungen (ebenso enthält z. B.<br />
die Vertragsfreiheit Beschränkungen). Für das deutsche Recht erklärt das Grundgesetz die<br />
wichtigsten allgemeinen Beschränkungen in Art. 14 Absatz 2:<br />
Art. 14 Absatz 2 GG. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der<br />
Allgemeinheit dienen.<br />
Nach § 903 BGB hat der Eigentümer bei dem Gebrauch seiner Sache “das Gesetz“ und die<br />
„Rechte <strong>Dr</strong>itter“ zu beachten.<br />
Es gibt für viele Sachen erhebliche öffentlich-rechtliche Beschränkungen, vor allem für<br />
Grundstücke, gleich, ob sie im Eigentum der Bundesrepublik, eines Landes oder einer Gemeinde<br />
oder ob sie im Eigentum einer anderen juristischen Person oder eines einzelnen stehen,<br />
z. B. Baubeschränkungen, Ziele des Umweltschutzes oder Zwecke der Landwirtschaft.<br />
Beschränkungen gibt es auch für bewegliche Sachen, z. B. für Waffen, Gifte, Medikamente,<br />
zum Zwecke der Gesundheit, des Konsumentenschutzes oder des Tier- und Pflanzenschutzes.<br />
Es gibt wirtschaftsrechtliche Beschränkungen, z. B. zum Schutze des Wettbewerbs.<br />
Außerdem kennt das deutsche Recht besondere Eigentumsregeln z. B. für Bergwerkseigentum<br />
und für Gewässer.<br />
b) Chinesisches Recht<br />
Die Beschränkungen des Eigentumsrechts nach chinesischem Recht ergeben sich ebenfalls<br />
aus der Verfassung. § 7 Sachenrechtsgesetz wiederholt die grundsätzliche Begrenzung der<br />
Rechtsausübung.<br />
4. Staatseigentum, Kollektiveigentum und Privateigentum<br />
a) Deutsches Recht<br />
Das deutsche Recht kennt nur eine einzige Art „Eigentum“, nämlich das Privateigentum, wie<br />
es im BGB geregelt ist. Der Staat und andere juristische Personen haben Eigentum an Sachen,<br />
aber dieses Eigentum ist kein besonderes staatliches oder öffentliches Eigentum.<br />
Einige Sachen können gar nicht im Eigentum einer juristischen oder natürlichen Person stehen,<br />
z. B. das Meer.<br />
Wir werden uns in der Vorlesung im Wesentlichen auf das Privateigentum an Grundstücken<br />
und beweglichen Sachen konzentrieren.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Nennen Sie zwei Beispiele für die Einschränkung des Eigentums durch das öffentliche Recht.<br />
b) Chinesisches Recht<br />
Die Artikel 6 bis 13 der chinesischen Verfassung sowie „das Grundwirtschaftssystem des<br />
Staates und die Ordnung der sozialistischen Marktwirtschaft“ (§ 1 Sachenrechtsgesetz) führen<br />
zu der fundamentalen Unterscheidung von Staatseigentum, Kollektiveigentum und Pri-<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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vateigentum im chinesischen Recht. „Keine Einheit und kein Einzelner kann Eigentum an …<br />
Sachen erwerben, die … nur dem Staat gehören“ (§ 41 Sachenrechtsgesetz).<br />
Die Einzelheiten des Staatseigentums und Kollektiveigentums sind vor allem im Sachenrechtsgesetz<br />
geregelt. Die Verfassung und das Sachenrechtsgesetz zählen im einzelnen auf,<br />
welche Gegenstände im Staatseigentum und im Kollektiveigentum stehen. Zu den Sachen im<br />
Staatseigentum oder Kollektiveigentum gehören vor allem das Land, sowie Wälder, Berge,<br />
Grasland und Ödland, Bodenschätze, außerdem Watten, Binnengewässer und Seegebiete.<br />
Diese können meines Erachtens nicht im Privateigentum stehen und nicht an Private übereignet<br />
werden.<br />
Es ist allerdings rechtlich möglich, über diese Gegenstände „gemäß den Gesetzen und den<br />
Bestimmungen des Staatsrates“, bzw. gemäß „den Verwaltungsrechtsnormen“ zu „verfügen“<br />
(§§ 53 und 61).<br />
Vor allem können an diesen Gegenständen dingliche Nutzungsrechte auch zu Gunsten von<br />
Privatpersonen oder privaten Unternehmen bestellt werden (§§ 117 ff. Sachenrechtsgesetz).<br />
Hingegen kann „Grundeigentum“ nicht hypothekarisch belastet werden (§ 184 Nr. 1 Sachenrechtsgesetz).<br />
Privatpersonen können Eigentum an ihren Wohnhäusern und Wohnungen haben (§ 64 Sachenrechtsgesetz).<br />
Es gibt auch bestimmte „unbewegliche Sachen“, an denen Privatpersonen<br />
das Eigentum haben können (§ 64 Sachenrechtsgesetz).<br />
c) Unterschied<br />
Es bleibt der Hauptunterschied zwischen dem deutschen und dem chinesischen Recht, dass<br />
Grundstücke in China überhaupt nicht im Privateigentum eines einzelnen oder einer juristischen<br />
Person, die nicht der Staat oder ein Kollektiv ist, stehen können. Dadurch verschiebt<br />
sich die gesamte Struktur des Rechts an Grundstücken, welches in Deutschland auf dem Privateigentum<br />
an Grundstücken basiert.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Das deutsche Sachenrecht kennt kein öffentliches Eigentum und kennt keine Gegenstände, an<br />
denen nur der Staat Eigentum haben kann. Folgt daraus, dass z. B. für die Autobahn in jeder<br />
Hinsicht dieselben Bestimmungen gelten wie für den Garten eines Villeneigentümers?<br />
5. Enteignung und Beschlagnahme<br />
Die Einzelheiten für Enteignung und Beschlagnahme sind nicht im BGB geregelt, weil sie<br />
nicht zum „bürgerlichen“ oder Privatrecht gehören, sondern zum öffentlichen Recht. Die<br />
wichtigsten Punkte sind im Grundgesetz festgelegt.<br />
Art. 14 Absatz 3 GG. Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.<br />
Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß<br />
der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen<br />
der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung<br />
steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.<br />
§§ 42 bis 44 Sachenrechtsgesetz.<br />
23. 02. 2012<br />
7
6. Wirtschaftliche Bedeutung des Sachenrechts<br />
Das Eigentum ist eines der wichtigsten Vermögensrechte. Das Eigentum und andere Rechte<br />
sind außerdem unerlässlich für den Kredit, ohne den Produktion und Konsum nicht existieren<br />
könnten.<br />
7. Aufgaben und Einteilungen des Sachenrechts<br />
Wir haben eben die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und die wirtschaftliche und soziale<br />
Bedeutung des Sachenrechts gesehen. Wir müssen jetzt die privatrechtlichen Grundlagen<br />
des Sachenrechts behandeln. Dazu beantworten wir die Fragen:<br />
- Welche Aufgaben hat das Sachenrecht?<br />
- Welchen Inhalt hat das Sachenrecht des BGB?<br />
- Welche Beziehungen bestehen zwischen dem Sachenrecht und den anderen Teilen<br />
der Rechtsordnung?<br />
8. Aufgabe des Sachenrechts<br />
Das Sachenrecht hat eine Zuordnungsfunktion. Es bestimmt, welche Sachen zu welchen Personen<br />
gehören. Nach dem Sachenrecht richtet es sich, welche Personen an einer bestimmten<br />
Sache Rechte haben und welche Personen von dem Gebrauch oder von der Verwertung einer<br />
Sache ausgeschlossen sind.<br />
Das Sachenrecht hat außerdem eine Definitionsfunktion. Das Sachenrecht legt fest, welche<br />
einzelnen Befugnisse eine Person an einer Sache hat.<br />
<strong>Dr</strong>itten erfüllt das Sachenrecht eine Transaktionsfunktion. Es regelt, in welcher Weise einzelne<br />
Rechte an einer Sache entstehen, übertragen werden und untergehen. Damit ermöglicht das<br />
Sachenrecht den rechtlichen Verkehr einzelner Sachen.<br />
Schließlich regelt das Sachenrecht den Ausgleich bei Rechtsbeeinträchtigungen, deswegen<br />
enthält das Sachenrecht z. B. Regelungen über Sachherausgabe, Grundbuchberichtigung,<br />
Schadensbeseitigung und Ersatz.<br />
Sachenrechtsgesetz insbes. §§ 1, 2 Absatz 1, § 5.<br />
9. Inhalt des Sachenrechts<br />
Das Sachenrecht im objektiven Sinne enthält die Bestimmungen über die Beziehungen von<br />
Personen zu Sachen. Das Sachenrecht regelt, welche Befugnisse eine Person an einer Sache<br />
erwerben und verlieren kann.<br />
Damit unterscheidet sich das Sachenrecht vom Schuldrecht, welches die Verpflichtungen<br />
zwischen einzelnen Personen, aber nicht die Beziehung einer Person direkt zu einer Sache,<br />
betrifft.<br />
Nach dem System des BGB und des chinesischen Sachenrechtsgesetzes umfasst das Sachenrecht<br />
das Eigentum, die dinglichen Nutzungsrechte und diejenigen Sicherungsrechte, die sich<br />
auf Sachen und Rechte beziehen. Außerdem umfasst das Sachenrecht den Besitz, obwohl der<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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Besitz im deutschen Recht nicht als ein Recht, sondern als ein tatsächliches Verhältnis verstanden<br />
wird.<br />
Das Sachenrecht gibt Antwort auf solche wichtigen Fragen wie: Welche Rechte hat der Eigentümer,<br />
auf welche Weise wird das Eigentum durch das Zivilrecht geschützt, wie wird das<br />
Eigentum begründet und übertragen? Das Gesetz legt auch die Arten und den Inhalt der Nutzungsrechte<br />
und der dinglichen Sicherheiten fest und es beantwortet für die Nutzungsrechte<br />
und dinglichen Sicherheiten dieselben Fragen, die sich zum Eigentum gestellt haben.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Was versteht man unter dem Sachenrecht im objektiven Sinne?<br />
10. Sachenrecht als Teil des Zivilrechts<br />
a) Deutsches Recht<br />
In Deutschland ist der größte Teil des Sachenrechts im BGB geregelt. Dort nimmt das Sachenrecht<br />
das 3. Buch ein. Aber wie in jedem Gesetzbuch, so stehen auch im BGB die verschiedenen<br />
Teile des Gesetzbuchs nicht beziehungslos nebeneinander.<br />
Beispielsweise ist der Begriff der Sache im Allgemeinen Teil des BGB geregelt. Ebenfalls im<br />
Allgemeinen Teil finden sich die meisten Vorschriften, die für das Rechtsgeschäft hinsichtlich<br />
einer Sache maßgebend sind.<br />
Das Schuldrecht betrifft im wesentlichen die Verpflichtungen, z. B. aus Kauf, Schenkung oder<br />
Darlehen. Diese Verpflichtungen begründen einen Eigentumswechsel und bereiten ihn<br />
vor. Das Schuldrecht regelt außerdem die meisten Rechtsfolgen der Eigentumsverletzung.<br />
Schuldrecht und Sachenrecht sind in Deutschland streng getrennt und stehen trotzdem nicht<br />
beziehungslos nebeneinander.<br />
Wichtige Fragen, die die Sachen und Rechte betreffen, gehören nicht dem Privatrecht, sondern<br />
dem Strafrecht, dem Verwaltungsrecht oder sogar dem Verfassungsrecht an und sind<br />
deswegen nicht im BGB geregelt. Zum Verwaltungsrecht gehören z. B. die Bestimmungen<br />
über die Enteignung, den Umweltschutz und die Bauplanung,<br />
Wiederholungsfragen<br />
1. Geben Sie zwei Beispiele für die Fragen, die im Sachenrecht beantwortet werden.<br />
2. Geben Sie zwei Beispiele für Regelungen, die für das Sachenrecht wichtig sind,<br />
die aber nicht im dritten Buch des BGB geregelt sind.<br />
b) Chinesisches Recht<br />
Im chinesischen Recht sind wesentliche Teile des Sachenrechts im Sachenrechtsgesetz von<br />
2007 geregelt. Aber dieses Gesetz steht nicht isoliert da.<br />
Das chinesische Sachenrechtsgesetz verweist auf die Allgemeinen Rechtsgrundsätze des Zivilrechts<br />
von 1986, sowie die Gesetze über die Landverwaltung von 1986, über Sicherheiten<br />
von 1995 und über die Übernahme ländlicher Grundstücke von 2002.<br />
Eine besondere Regel enthält § 8 Sachenrechtsgesetz.<br />
23. 02. 2012<br />
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Das chinesische Sachenrechtsgesetz enthält auch verwaltungsrechtliche und verfassungsrechtliche<br />
Bestimmungen. Aber es betrifft vor allem „die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse“ (§ 2<br />
Absatz 1 Sachenrechtsgesetz).<br />
Nach meiner Kenntnis enthält das Sachenrechtsgesetz von 2007 keine Bestimmung über die<br />
Aufhebung der zahlreichen älteren Gesetze über Grundstücke, z. B. das Landwirtschaftsgesetz<br />
von 1993 oder das Städtische Immobilienverwaltungsgesetz von 1994. Diese älteren Gesetze<br />
würden also ebenfalls neben dem Sachenrechtsgesetz fortgelten.<br />
Außerdem sind mit den meisten Sachenrechtsgeschäften Verträge verbunden, so dass auch<br />
das Vertragsgesetz von 1999 von Bedeutung ist.<br />
11. Anwendbarkeit des Allgemeinen Teils des BGB<br />
Es ist sehr wichtig, dass auf die Rechtsgeschäfte des Sachenrechts (3. Buch des BGB) so gut<br />
wie alle Bestimmungen des Allgemeinen Teils des BGB (1. Buch) anzuwenden sind. Damit<br />
gelten auch im Sachenrecht die Bestimmungen des Allgemeinen Teils z. B. über<br />
- die Rechtsfähigkeit,<br />
- die gänzliche oder die beschränkte oder die fehlende Geschäftsfähigkeit,<br />
- Irrtum, Täuschung, <strong>Dr</strong>ohung,<br />
- Gesetz- und Sittenwidrigkeit,<br />
- Anfechtung und Nichtigkeit,<br />
- Abschluss des Rechtsgeschäfts durch Antrag und Annahme,<br />
- Bedingung (Ausnahme § 925 Absatz 2),<br />
- Stellvertretung und Ermächtigung.<br />
Das betrifft z. B. die Übereignung eines Grundstücks oder einer beweglichen Sache und die<br />
Bestellung einer Hypothek oder eines Pfandrechts. Diese Rechtsgeschäfte sind unwirksam,<br />
wenn einer der Beteiligten nichts rechtsfähig oder nicht geschäftsfähig ist. Die dinglichen<br />
Rechtsgeschäfte sind nichtig, wenn sie erfolgreich wegen Irrtums, Täuschung oder <strong>Dr</strong>ohung<br />
angefochten wurden. Sie sind auch nichtig, wenn sie gegen ein Gesetz oder gegen die guten<br />
Sitten verstoßen. Die Übereignung und die anderen dinglichen Rechtsgeschäfte setzen zwei<br />
übereinstimmende Willenserklärungen, d. h. Antrag und Annahme, voraus, aber sie verlangen<br />
außerdem - wie wir sehen werden - weitere Elemente.<br />
12. Begriffe und Unterscheidungen<br />
Nachdem wir die Einordnung des Sachenrechts in die gesamte Rechtsordnung studiert haben,<br />
müssen wir einige Begriffe und Unterscheidungen klären, die für die Einzelheiten besonders<br />
wichtig sind. Wir müssen klären, was eine Sache ist und welche verschiedenen Arten von Sachen<br />
es gibt. Außerdem muss man wissen, was ein dingliches Recht ist, welche Arten dingliche<br />
Rechte es gibt und wie sich dingliche Rechte vom Besitz und von Forderungen unterscheiden.<br />
Nur wenn man Klarheit über die wichtigsten Begriffe und Unterscheidungen hat,<br />
kann man die Einzelheiten richtig verstehen und die weiteren Probleme richtig lösen.<br />
13. Begriff der „Sache“<br />
§ 90 enthält eine teilweise Definition der Sache. Eine „Sache“ ist nur „ein körperlicher Gegenstand“.<br />
Aus dieser Definition folgt im Umkehrschluss, dass im deutschen juristischen<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
10
Sprachgebrauch Forderungen und andere Rechte zwar Gegenstände, aber keine Sachen sind.<br />
Infolgedessen können nach dem BGB die Regeln über Besitz und Eigentum auf Forderungen<br />
und andere Rechte auf keinen Fall angewandt werden. Der Mensch ist keine Sache. „Tiere<br />
sind keine Sachen“, erklärt § 90 a Satz 1, doch werden auf Tiere weitgehend diejenigen Vorschriften,<br />
die für Sachen gelten, angewandt.<br />
Eigentum und die meisten dinglichen Rechte sowie der Besitz können nur an Sachen bestehen.<br />
Es gibt Ausnahmen von dieser Regel, die wir aber in dieser Vorlesung nicht behandeln.<br />
Sachenrechtsgesetz § 2 Absatz 2.<br />
14. Einteilung in „bewegliche Sachen“ und „Grundstücke“<br />
a) BGB<br />
Das BGB unterscheidet zwischen beweglichen Sachen und Grundstücken. Für beide Arten<br />
gelten im deutschen und chinesischen Sachenrecht sehr unterschiedliche Regeln. Für bewegliche<br />
Sachen ist der Besitz sehr wichtig. Aber für unbewegliche Sachen hat die Eintragung in<br />
das Grundbuch eine sehr große Bedeutung.<br />
b) Sachenrechtsgesetz<br />
Das Chinesische Sachenrechtsgesetz spricht von „unbeweglichen Sachen“ und verlangt für<br />
Rechtsänderungen grundsätzlich die „Eintragung“ in das „Register unbeweglicher Sachen“ (§<br />
2 Absatz 2 Satz 1; § 6; §§ 9 ff.; § 106 Sachenrechtsgesetz). Zu den „unbeweglichen Sachen“,<br />
an denen Privateigentum bestehen kann, gehören die „Wohnhäuser“ (§ 64), „Wohnungen“<br />
und Gewerberäume (§ 70 Sachenrechtsgesetz), „Gebäude, Bauwerke und zugehörige Anlagen“<br />
(§ 135 Sachenrechtsgesetz). Nach § 24 Sachenrechtsgesetz gelten besondere Regeln für<br />
„Kraftfahrzeuge und ähnliche bewegliche Sachen“.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Warum ist der Unterschied von beweglichen Sachen und Grundstücken in Deutschland und<br />
China so wichtig?<br />
15. Einzelne Sachenrechte, einzelne dingliche Rechte<br />
a) Das einzelne Sachenrecht, das einzelne dingliche Recht<br />
Das einzelne Sachenrecht, das einer Person zusteht, wird auch „dingliches“ Recht genannt;<br />
„die Sache“ und „das Ding“ bezeichnen beide einen „körperlichen“ Gegenstand. Jedes dingliche<br />
Recht gewährt dem Berechtigten das Herrschaftsrecht unmittelbar an der betroffenen Sache<br />
(in diesem Sinne: aan dem „Ding“).<br />
b) Eigentum<br />
Das wichtigste Sachenrecht ist das Eigentum.<br />
c) Andere dingliche Rechte<br />
Neben dem Eigentum stehen andere Sachenrechte, die aber eine geringere Bedeutung als das<br />
Eigentum haben. Das sind vor allem die Hypothek an Grundstücken und das Pfandrecht an<br />
beweglichen Sachen.<br />
Übereinstimmend mit der deutschen Rechtssprache und Systematik:<br />
23. 02. 2012<br />
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Sachenrechtsgesetz § 2 Absatz 3, §§ 4 und 5.<br />
16. Abgrenzung der dinglichen Rechte zum Besitz<br />
Besitz ist die tatsächliche, nicht die rechtliche Gewalt einer Person über eine Sache (§ 854<br />
Absatz 1 BGB). Der Besitz ist kein Recht und ist deshalb kein dingliches Recht oder subjektives<br />
Sachenrecht. Der Besitz hat aber eine große Bedeutung für Sachen im allgemeinen und<br />
für die Rechte an beweglichen Sachen. Deswegen wird er im 3. Buch des BGB behandelt.<br />
17. Abgrenzung zu schuldrechtlichen Forderungen<br />
a) Ansprüche, Forderungen, Verpflichtungen<br />
Der Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen (§<br />
194 Abs. 1 BGB). Ein schuldrechtlicher Anspruch richtet sich typischerweise gegen eine bestimmte<br />
Person, z. B. der Anspruch des Eigentümers gegen diejenige Person, die seine Sache<br />
beschädigt hat (§ 823 Absatz 1 BGB), oder der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer<br />
auf Übereignung der gekauften Sache.<br />
Das Wort “Forderung“ hat fast dieselbe Bedeutung wie Anspruch. Sie ist das Recht des<br />
Gläubigers gegen den Schuldner auf eine Leistung. Forderungen betreffen die Rechtsbeziehungen<br />
zwischen bestimmten Personen, z. B. das Recht des Verkäufers gegen den Käufer auf<br />
Zahlung des Preises (§ 433 BGB). Dingliche Rechte hingegen betreffen die Befugnisse einer<br />
Person in Bezug auf eine Sache, z. B. das Recht des Eigentümers zur Einwirkung auf seine<br />
Sache (§ 903 Satz 1 BGB).<br />
Der Ausdruck „Verpflichtung“ hat eine doppelte Bedeutung. „Verpflichtung“ meint zum einen<br />
das Rechtsgeschäft, mit dem ein Schuldner eine Forderung begründet, vor allem das Versprechen,<br />
eine Leistung zu erbringen, wie die im Zweiten Buch des BGB geregelten Verträge:<br />
Kauf, Tausch, Darlehensvertrag, Schenkung, Werkvertrag oder die Gründung einer Gesellschaft.<br />
Man spricht auch von Verpflichtungsgeschäft. Auch Verträge außerhalb des Schuldrechts<br />
kommen in Betracht, z. B. die Auseinandersetzung unter Ehegatten oder Miterben.<br />
Der Ausdruck bedeutet zum anderen die Schuld einer Person gegenüber einer anderen, eine<br />
Leistung zu erbringen. Diese Schuld kann z. B. aus dem Abschluss eines Vertrages erwachsen,<br />
z. B. aus dem Kaufvertrag, dem Darlehensvertrag, der Schenkung, dem Werkvertrag oder<br />
dem Gesellschaftsvertrag. Die Verpflichtung des einen Teils (z. B. die Verpflichtung des<br />
Käufers, an den Verkäufer den Preis zu zahlen) ist die Forderung oder der Anspruch des anderen<br />
Teils (z. B. das Recht des Verkäufers, von dem Käufer die Geldzahlung zu erhalten).<br />
b) Relative Rechte<br />
Die genannten Verträge verändern nicht direkt die Rechtslage des Eigentums oder anderer<br />
dinglicher Rechte an Sachen. Dasselbe gilt von solchen Verträgen wie Miete oder Leihe oder<br />
Verwahrung. Diese Verträge beziehen sich zwar auf die Sachen, die vermietet oder verliehen<br />
oder verwahrt werden sollen.<br />
Die Schuldverträge begründen Ansprüche oder Forderungen nur zwischen bestimmten Personen.<br />
Deswegen spricht man von relativen Rechten.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
12
Das dingliche Recht hingegen gewährt Schutz gegenüber jedermann, es gilt darum als absolutes<br />
Recht.<br />
c) Keine Anwendung des Sachenrechts<br />
Auf Schuldrechtsverhältnisse, z. B. Kauf oder Miete, kann das Sachenrecht nicht angewandt<br />
werden. Beispielsweise gilt für sie nicht § 873 oder § 929. Sie erfordern zu ihrer Wirksamkeit<br />
keine Besitzübertragung und sie können nicht in das Grundbuch eingetragen werden.<br />
18. Dingliche Rechtsgeschäfte, Verfügungen, Erfüllungsgeschäfte<br />
a) BGB<br />
aa) Begriffe<br />
Dingliche Rechtsgeschäfte sind diejenigen Rechtsgeschäfte, die sich unmittelbar auf dingliche<br />
Rechte beziehen. Beispielsweise sind dingliche Rechtsgeschäfte die Übertragung des Eigentums<br />
oder die Bestellung einer Dienstbarkeit oder die Bestellung einer Hypothek oder die Bestellung<br />
eines Pfandrechts.<br />
Es gibt für die Übertragung des Eigentums, für die Begründung einer Dienstbarkeit oder eines<br />
Sicherungsrechts und für die Abtretung einer Forderung einen wichtigen Fachausdruck: die<br />
„Verfügung“. Die „Verfügung“ in diesem Sinne ist ein Rechtsgeschäft, durch das unmittelbar<br />
auf ein Recht eingewirkt wird, indem es geändert, aufgehoben, übertragen oder belastet wird.<br />
Die meisten dinglichen Rechtsgeschäfte haben den Zweck, eine bestimmte Verpflichtung zu<br />
erfüllen. Deshalb sind die meisten dinglichen Rechtsgeschäften „Erfüllungsgeschäfte“.<br />
bb) Anwendung des Allgemeinen Teils des BGB<br />
Auf die dinglichen Rechtsgeschäfte werden die meisten Regeln des Ersten Buchs des BGB,<br />
nämlich des Allgemeinen Teils, angewandt (Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über<br />
die Anwendbarkeit des Allgemeinen Teils).<br />
cc) Nicht anwendbar: das Schuldrecht des BGB (§§ 241 bis 853 BGB)<br />
Grundsätzlich gelten die Bestimmungen des Zweiten Buchs des BGB (Schuldrecht, §§ 241<br />
bis 853) nicht für die dinglichen Rechtsgeschäfte! Anwendbar jedoch § 242 BGB.<br />
b) Sachenrechtsgesetz<br />
Der Ausdruck „dingliches Rechtsgeschäft“ oder „Verfügung“ wird im chinesischen Sachenrechtsgesetz<br />
nur wenig gebraucht (z. B. in § 31 oder §§ 39, 53, 54, 61 Sachenrechtsgesetz).<br />
Stattdessen werden im Gesetz die einzelnen Rechtsvorgänge aufgezählt, z. B.: „die Bestellung,<br />
Inhaltsänderung, Übertragung und das Erlöschen dinglicher Rechte“ (§ 5 Absatz 1 Satz<br />
1 Sachenrechtsgesetz).<br />
19. Schutz der dinglichen Rechte<br />
Das ist vielleicht die wichtigste Frage überhaupt: wie wird ein dingliches Recht geschützt?<br />
Wer schützt das dingliche Recht? Welche Rechte hat der Inhaber eines dinglichen Rechts,<br />
wenn ein anderer das dingliche Recht verletzt?<br />
23. 02. 2012<br />
13
20. Schutz der dinglichen Rechte durch die Verfassung<br />
a) Grundgesetz<br />
Das Eigentum gilt als eines der wichtigsten Menschen- und Bürgerrechte überhaupt, deswegen<br />
hatte die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 das Eigentum<br />
als „unverletzbar und heilig“ erklärt. In Deutschland ist das Eigentum als Grundrecht geschützt.<br />
Lesen Sie nochmals Artikel 14 Absatz 1 GG.<br />
Deswegen müssen die drei staatlichen Gewalten (Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung)<br />
das Eigentum jeder natürlichen und juristischen Person schützen und dürfen es nicht<br />
verletzen.<br />
Wenn ein Organ des Staates das Eigentum verletzt, kann der Verletzte bei dem zuständigen<br />
Gericht Klage erheben, damit die Verletzung beseitigt wird und damit sein ursprüngliches<br />
Recht wieder hergestellt wird. Es ist insofern gleich, ob das Parlament durch ein Gesetz, oder<br />
ob die Verwaltung durch einen Verwaltungsakt oder ob ein Gericht durch ein Urteil das Eigentum<br />
verletzt hat. Der Verletzte kann wegen der Verletzung auch das Bundesverfassungsgericht<br />
anrufen. Das Bundesverfassungsgericht kann z. B. ein Gesetz für nichtig erklären, es<br />
kann einen Verwaltungsakt aufheben oder es kann ein Urteil aufheben. Es ist wichtig, dass die<br />
einzelne Privatperson oder das Privatunternehmen durch diese Bestimmungen gegenüber den<br />
Staatsorganen geschützt wird.<br />
b) Verfassung der VR China<br />
Die chinesische Verfassung schützt vor allem durch Artikel 13 Eigentum und Erbrecht der<br />
Bürger. Die Verfassungen erkennen also nicht allein die Existenz des Privateigentums an,<br />
sondern sie versprechen auch dessen Schutz. Wie erfolgt der Schutz?<br />
21. Schutz der dinglichen Rechte durch das Zivilrecht<br />
Das Zivilrecht liefert den wichtigste Schutz des Eigentums gegen alltägliche Störungen,<br />
nämlich<br />
- durch den Anspruch aus dem Vertrag zwischen den Beteiligten, wenn ein Vertrag<br />
besteht,<br />
- durch den Eigentumsherausgabeanspruch, § 985 BGB,<br />
- durch den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, § 1004 BGB,<br />
- durch den Schadensersatzanspruch, § 823 Absatz 1 BGB,<br />
- durch den Widerspruch und den Berichtigungsanspruch in Bezug auf Grundstücke,<br />
§§ 894 und 899 BGB.<br />
Diese Bestimmungen sollen jetzt kurz behandelt werden.<br />
22. Vorrang des Vertrages<br />
Wenn zwischen den Beteiligten ein Vertrag besteht, dann richten sich ihre Rechte und Pflichten<br />
nach dem Vertrag. Wenn z. B. zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer ein Mietvertrag<br />
besteht, dann ergibt sich aus dem Mietvertrag, dass der Besitzer die Sache des Eigentümers<br />
besitzen darf und sie nicht sofort an den Eigentümer herausgeben muss.<br />
Die Parteien können auch vereinbaren, dass der Besitzer für jeden Schaden haftet, auch wenn<br />
er den Schaden nicht verschuldet hat. Stattdessen können die Parteien andererseits z. B. einen<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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Vertrag schließen, nach dem der Besitzer für einen Schaden nur dann Ersatz schulden soll,<br />
wenn er ihn vorsätzlich herbeigeführt hat.<br />
Beispielsweise werden bei der Bestellung eines Erbbaurechts oder einer Grunddienstbarkeit<br />
oder bei der Sicherungsübereignung oder bei dem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt die<br />
Rechte und Pflichten der Beteiligten vertraglich genau festgelegt.<br />
23. Schutz des Eigentums durch den Herausgabeanspruch<br />
a) Herausgabeanspruch des Eigentümers<br />
Der wichtigste Schutz des Eigentums erfolgt in Deutschland durch § 985 BGB:<br />
§ 985 BGB. Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.<br />
Wenn der Eigentümer den Besitz seiner beweglichen Sache oder seines Grundstücks irgendwie<br />
verloren hat, kann er sie von jedem Besitzer herausverlangen. Der Besitzverlust kann eintreten,<br />
wenn der Eigentümer selbst seine Sache einem anderen ausgehändigt hat, oder wenn er<br />
die Sache unfreiwillig verloren hat oder wenn ein anderer ihm die Sache weggenommen hat.<br />
Selbstverständlich entfällt der Anspruch des bisherigen Eigentümers, wenn der jetzige Besitzer<br />
inzwischen selbst das Eigentum erworben hat, etwa infolge Übereignung vom bisherigen<br />
Eigentümer oder infolge gutgläubigen Erwerbs nach § 892 oder § 932 BGB.<br />
b) Recht zum Besitz, Vorrang des Vertragsrechts<br />
Der Besitzer kann aber die Herausgabe verweigern, wenn er zu dem Besitz berechtigt ist, weil<br />
z. B. der Eigentümer die Sache an den Besitzer vermietet hat; das sagt § 986 BGB. Ein Recht<br />
zum Besitz kann sich vor allem aus einem Vertrag, z. B. einem Mietvertrag, zwischen Eigentümer<br />
und Besitzer ergeben. Auch das Pfandrecht, die Sicherungsübereignung oder der Eigentumsvorbehalt<br />
begründen ein Recht zum unmittelbaren Besitz für den Besitzer.<br />
c) Weitere Ansprüche zwischen Eigentümer und Besitzer<br />
Für den Fall, dass kein Vertrag besteht, regeln die §§ 986 bis 1003 BGB im einzelnen die Risiken<br />
der Schädigung, die Fruchtziehung, die Aufwendungen und andere Fragen.<br />
Wiederholungsfragen<br />
1. Welche Aufgaben hat überhaupt das Zivilrecht?<br />
2. Frau Albas Hund ist weggelaufen. Sie sieht ihn bei dem Schlachtermeister<br />
Schlau wieder. Kann sie von Schlau Herausgabe des Hundes verlangen?<br />
3. Herr Veilchen hat seine Wohnung an Herrn Meier vermietet. Der Mietvertrag ist<br />
abgelaufen. Auf Grund welcher beiden Rechtsgrundlagen kann Herr Veilchen die Räumung<br />
und Rückgabe der Wohnung verlangen?<br />
§§ 34 und §§ 241 bis 244 Sachenrechtsgesetz.<br />
24. Schutz durch den Beseitigungsanspruch und den Unterlassungsanspruch<br />
a) Beseitigungsanspruch (Gegenwart), Unterlassungsanspruch (Zukunft)<br />
Eine zunehmende Bedeutung gewinnt § 1004 BGB:<br />
23. 02. 2012<br />
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§ 1004 Absatz 1 BGB. Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder<br />
Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die<br />
Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen,<br />
so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.<br />
Der Eigentümer kann Beseitigung und Unterlassung der Störung verlangen, wenn er beim<br />
Gebrauch seines Eigentums gestört wird, z. B. durch Rauch, Staub, Lärm oder durch Erschütterungen.<br />
Diese Arten von Störungen werden oft Immissionen genannt.<br />
b) Erlaubte Immissionen<br />
§ 1004 Absatz 2. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung<br />
verpflichtet ist.<br />
Selbstverständlich hat der Eigentümer keinen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch,<br />
wenn er die Immissionen erlaubt hat. Auch hier sieht man den „Vorrang des Vertrages“. Außerdem<br />
regeln § 906 und weitere Gesetze, die großenteils das Umweltrecht betreffen, wann<br />
derartige Immissionen erlaubt sind und wann sie rechtswidrig sind.<br />
Wiederholungsfragen<br />
1. A errichtet in einem Villenvorort eine Schweinemästerei, von der erheblicher Lärm und<br />
Gestank ausgehen. Kann der Nachbar N, Eigentümer eines Wohnhauses, die Schließung<br />
der Schweinemästerei verlangen?<br />
2. Warum hat § 1004 eine so große Bedeutung für das Umweltrecht?<br />
3. Was bedeuten „Beseitigung“ und „Unterlassung“ in § 1004?<br />
§ 35 Sachenrechtsgesetz<br />
25. Schadensersatzanspruch wegen unerlaubter Handlung<br />
Die dritte wichtige Vorschrift, die aber in systematischer Hinsicht dem Schuldrecht zugeordnet<br />
ist, ist § 823 I BGB:<br />
§ 823 Absatz 1 BGB. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit,<br />
die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich<br />
verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.<br />
Der Eigentümer hat einen Ersatzanspruch gegen den Schädiger unter drei Voraussetzungen:<br />
- Beschädigung des Eigentums,<br />
- widerrechtlich, das heißt ohne rechtliche Erlaubnis,<br />
- aus Vorsatz oder aus Fahrlässigkeit.<br />
Widerrechtlichkeit wird angenommen, wenn der Schädiger kein Recht zur Schädigung hat.<br />
Dieses Recht kann sich z. B. aus dem öffentlichen Recht ergeben, etwa aus einem rechtswirksamen<br />
Enteignungsakt. Das Recht kann aus den allgemeinen Vorschriften folgen, z. B. die<br />
Verteidigung gegen einen bissigen Hund. Der Eigentümer selbst kann die Erlaubnis erteilt<br />
haben. Wenn z. B. der Eigentümer einen Handwerker beauftragt, ein Gartenhäuschen zu beseitigen,<br />
kann der Eigentümer selbstverständlich keinen Ersatz wegen Eigentumsbeschädigung<br />
auf seinem Grundstück geltend machen.<br />
Der in § 823 Absatz 1 BGB genannte Vorsatz wird im Gesetz nicht definiert. Vorsatz bedeutet,<br />
dass der Handelnde den rechtswidrigen Erfolg seiner Handlung kennt und ihn will.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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Für die Fahrlässigkeit wird eine Legaldefinition im Schuldrecht gegeben. Lesen Sie dazu §<br />
276 Absatz 2 n. F. (n. F. bedeutet: „neue Fassung“ des Gesetzes, wenn das Gesetz geändert<br />
worden ist) BGB.<br />
§ 276 Absatz 2. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht<br />
lässt.<br />
Wenn beispielsweise ein Kunde in einem Porzellangeschäft aus Versehen eine ausgestellte<br />
Vase auf die Erde fallen lässt, muss er sie gemäß § 823 Absatz 1 ersetzen, weil er sie widerrechtlich<br />
und fahrlässig zerstört hat.<br />
Wiederholungsfragen<br />
1. Worin unterscheiden sich die Voraussetzungen des § 823 Absatz 1 und des § 1004 BGB?<br />
2. Willi hat das Fahrzeug des Leo gestohlen, es bei einem fahrlässig verursachten<br />
Verkehrsunfall beschädigt und ist dann von der Polizei festgenommen worden. Welche<br />
Rechte hat Leo gegen Willi?<br />
§§ 36, 37 und 244 Sachenrechtsgesetz<br />
26. Grundbuchberichtigungsanspruch und Widerspruch<br />
Es gibt besondere Bestimmungen für den Schutz der dinglichen Rechte an einem Grundstück.<br />
Denn der Eigentümer, der Hypothekengläubiger und andere Personen, die ein Recht an einem<br />
Grundstück haben, haben einen Anspruch darauf, dass sie und ihr Recht in dem Grundbuch,<br />
das für das Grundstück besteht, richtig eingetragen sind. Wenn die Eintragung unrichtig ist,<br />
haben sie einen Berichtigungsanspruch und ein Recht auf Widerspruch.<br />
27. Schutz der dinglichen Rechte durch andere Gesetze<br />
Das Eigentum und die anderen dinglichen Rechte sind außerdem durch das Strafrecht, vor allem<br />
durch die Strafandrohung wegen Diebstahls, Betrugs und Unterschlagung, geschützt.<br />
Wenn die Verwaltung in das Eigentum oder andere dingliche Rechte eingreift, kommen Klagen<br />
auf Grund des Verwaltungsrechts oder wegen Amtspflichtverletzung oder wegen Enteignung<br />
in Betracht.<br />
Vor allem dient auch das Verfahrensrecht dem Schutz der Rechte des einzelnen, insbesondere<br />
die Gesetze über die Organisation der Gerichte (Gerichtsverfassungsgesetz), über den ordentlichen<br />
Prozess und die Zwangsvollstreckung (Zivilprozessordnung, Zwangsversteigerungsgesetz)<br />
und über die Zahlungsunfähigkeit (Insolvenzordnung). Diese Gesetze regeln die<br />
Organisation und das Verfahren, um die dinglichen Rechte durchzusetzen.<br />
§§ 32 und 33, 38, 42 Sachenrechtsgesetz<br />
28. Schutz der Rechte nicht durch Gesetze allein<br />
Es ist besonders wichtig, dass die Rechte des einzelnen nicht direkt durch Gesetze geschützt<br />
werden können. Die Gesetze funktionieren nicht von selbst und nicht allein. Wenn zum Beispiel<br />
Julia Emils Vogel gestohlen hat, dann kann das Gesetz allein den Vogel nicht zu Emil<br />
zurückbringen, und das Gesetz allein kann Julia auch nicht bestrafen. Wenn zum Beispiel<br />
23. 02. 2012<br />
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Wilhelm in der Nacht so viel Lärm macht, dass Ewald nicht schlafen kann, kann das Gesetz<br />
allein Wilhelm nicht zwingen, den Lärm zu unterlassen. Was braucht man außer guten Gesetzen?<br />
29. Schutz der Rechte durch den Staatsapparat<br />
Der Staat muss die Gesetze verwirklichen. Das bedeutet zweierlei. Erstens muss der Staat<br />
selbst seine Gesetze beachten. Vor allem darf der Staat nicht selbst die Gesetze verletzen. Der<br />
Staat darf nicht die Gerichtsverfahren beeinflussen. Sondern der Staat muss die Tätigkeit der<br />
Richter, die einen Prozess entscheiden müssen, anerkennen. Der Staat muss auch die Gerichtsurteile<br />
befolgen und durchsetzen.<br />
Zweitens muss der Staat die Gesetze durchsetzen. Dazu muss er gute Richter, Beamte und<br />
Rechtsanwälte ausbilden und nach der Ausbildung einsetzen und bezahlen.<br />
30. Schutz der Rechte durch die Gesellschaft<br />
Auch die nicht-staatlichen Organisationen und Gemeinschaften müssen für die Anerkennung<br />
und die Durchsetzung der Gesetze und damit für den Schutz der Rechte sorgen. Das gilt für<br />
die Familie, die Freunde, die Nachbarn, das Kollektiv, die Unternehmen und den Prozessgegner.<br />
Sie dürfen nicht verhindern, dass jemand einen Prozess beginnt. Sie dürfen nicht das Gerichtsverfahren<br />
beeinflussen, zum Beispiel durch Freundschaft mit dem Richter oder durch<br />
Geschenke an den Richter. Sie müssen ein Gerichtsurteil anerkennen und es befolgen.<br />
31. Schutz der Rechte durch Menschen<br />
Man braucht Männer und Frauen, die die Gesetze richtig anwenden. Man braucht also gute<br />
Richter, gute Beamte und gute Rechtsanwälte, die die Rechte der einzelnen schützen. Was<br />
muss ein guter Richter, Beamter und Rechtsanwalt können, tun und unterlassen? Z. B.<br />
- Unparteiisch gegenüber den Parteien.<br />
- Keine Beeinflussung durch die Verwaltung oder durch die Gesellschaft oder durch<br />
einzelne Personen.<br />
- Keine Annahme von Geschenken.<br />
- Kenntnis der Gesetze.<br />
- Kenntnis der Methoden, um ein Gesetz richtig zu verstehen.<br />
- Kenntnis der Methoden, um einen Sachverhalt richtig aufzuklären.<br />
- Kenntnis der Methoden, um ein Gesetz im konkreten Einzelfall richtig auf den<br />
Sachverhalt anzuwenden.<br />
- Aber auch schnelles Arbeiten, damit die Beteiligten nicht zu lange auf die Entscheidung<br />
warten müssen.<br />
32. Sachenrechtsgrundsätze<br />
a) Deutsches Recht<br />
Es gibt eine Reihe von Grundsätzen, auf denen das deutsche Sachenrecht aufbaut. Aber diese<br />
Grundsätze werden im BGB selbst nicht ausdrücklich erklärt. Man erkennt diese Grundsätze<br />
nur, indem man die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen untersucht. Die wichtigsten<br />
Grundsätze, die wir gleich erklären werden und die wir wiederholt antreffen werden, sind:<br />
- die Übertragbarkeit,<br />
- der Offenkundigkeitsgrundsatz,<br />
- das Trennungsprinzip,<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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- das Abstraktionsprinzip,<br />
- das Rangprinzip.<br />
b) Sachenrechtsgesetz<br />
Das Sachenrechtsgesetz geht meines Erachtens ebenfalls von der Übertragbarkeit, dem Offenkundigkeitsprinzip<br />
und dem Rangprinzip aus, aber in weniger strenger Weise als das BGB.<br />
33. Übertragbarkeit<br />
a) Begriffe<br />
Die Übertragbarkeit eines dinglichen Rechts bedeutet, dass z. B. der Eigentümer seine Sache<br />
an eine andere Person übereignen kann.<br />
Die Ausdrücke „Eigentumsübertragung“, „Übertragung des Eigentums“, „Übereignung“ und<br />
„Eigentumsübergang“ bedeuten meistens dasselbe. Man spricht auch von der Übertragung einer<br />
Hypothek oder einer Forderung. Es handelt sich um Verfügungen, wie wir oben gesehen<br />
haben.<br />
b) Problem<br />
In manchen, meistens altertümlichen, Rechtsordnungen sind viele Sachen nicht übertragbar.<br />
Das gilt z. B. für Waffen oder religiöse Gegenstände. In einigen Rechtsordnungen kann<br />
Grundeigentum nicht übertragen werden. In anderen Rechtsordnungen können bestimmte Sachen<br />
nur an bestimmte Personen übertragen werden, z. B. nur an Angehörige der eigenen Familie<br />
oder des eigenen Staates. Sehr oft macht man auch einen Unterschied einerseits zwischen<br />
Gegenständen, die nicht zum Vermögen gehören, z. B. die Ehre oder die Familienbeziehung,<br />
und Vermögensrechten. Dann sind nur die Vermögensrechte übertragbar.<br />
c) Grundsatz<br />
Im deutschen Recht sind die weitaus meisten Vermögensrechte übertragbar. Das gilt auch für<br />
dingliche Rechte und schuldrechtliche Forderungen.<br />
Das Eigentum ist auch dann unbeschränkt übertragbar, wenn es mit einer Hypothek oder einem<br />
Pfandrecht belastet ist.<br />
§ 137 Satz 1 BGB erklärt ein Rechtsgeschäft für unwirksam, wenn dieses Rechtsgeschäft die<br />
Übertragbarkeit eines Rechts, das nach dem Gesetz übertragen werden kann, ausschließen<br />
soll:<br />
§ 137 Satz 1 BGB. Die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht kann nicht<br />
durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.<br />
d) Sachenrechtsgesetz<br />
Auch das chinesische Recht geht offensichtlich von der Übertragbarkeit der dinglichen Rechte<br />
aus, wenn auch mit Einschränkungen.<br />
34. Offenkundigkeitsgrundsatz<br />
a) Bedeutung<br />
Das BGB hat den Offenkundigkeitsgrundsatz angenommen. „Offenkundig“ bedeutet: „öffentlich<br />
bekannt“. Die dinglichen Rechte an Sachen und die Veränderungen der dinglichen Rech-<br />
23. 02. 2012<br />
19
te sollen möglichst allgemein bekannt gemacht werden. Denn diese Rechte wirken gegenüber<br />
jedermann. Jedermann soll diese Rechte achten. Statt von „Offenkundigkeit“ spricht man oft<br />
in demselben Sinne von „Publizität“ („publicus“ bedeutet auf lateinisch „öffentlich“).<br />
Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt für Grundstücksrechte dadurch, dass die Grundstücksrechte<br />
und ihre Veränderungen im Grundbuch eingetragen werden und dass das Grundbuch<br />
von den interessierten Personen eingesehen werden kann.<br />
Die Offenkundigkeit der Rechte an beweglichen Sachen zeigt sich darin, dass die Rechte an<br />
einer beweglichen Sache im allgemeinen mit dem Besitz an der Sache verbunden sind. Derjenige,<br />
der der Besitzer einer beweglichen Sache ist, hat meistens auch das Eigentum oder ein<br />
sonstiges dingliches Recht an der Sache.<br />
Es ist anders als bei Forderungen und anderen Rechten, die meistens nicht allgemein bekannt<br />
sind und nicht allgemein bekannt gemacht werden müssen.<br />
Das Offenkundigkeitsprinzip gilt nur für das Sachenrecht, es gilt nicht für das Schuldrecht.<br />
Der Kaufvertrag braucht also nicht öffentlich zu sein.<br />
b) Wirkungen<br />
Der Offenkundigkeitsgrundsatz zeigt sich in drei Wirkungen:<br />
1. „Übertragungswirkung“<br />
Verfügungen über ein dingliches Recht sind nur wirksam, wenn sie in besonderer Weise offenkundig<br />
sind: Verfügungen über Grundstücke müssen in das Grundbuch eingetragen werden<br />
(§ 873 Absatz 1 BGB), für Verfügungen über bewegliche Sachen muss die Sache dem<br />
Erwerber übergeben werden (§§ 929 ff., 1032, 1205).<br />
2. „Vermutungswirkung“<br />
Es wird gesetzlich vermutet, dass die Eintragung eines Grundstücksrechts im Grundbuch richtig<br />
ist und dass der Besitzer einer beweglichen Sache ein dingliches Recht an der Sache hat.<br />
3. „Gutglaubenswirkung“<br />
Der gute Glaube an die Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch oder an die Berechtigung<br />
desjenigen, der den Besitz einer beweglichen Sache hat, wird geschützt.<br />
Wir werden die Einzelheiten unten studieren.<br />
Sachenrechtsgesetz § 6,<br />
Offenkundigkeitsgrundsatz mit erheblichen Einschränkungen.<br />
35. Trennungsprinzip<br />
a) Beispiel Segelschiff I<br />
A ist Eigentümer eines Segelschiffes, B will das Segelschiff kaufen und das Eigentum an dem<br />
Segelschiff bekommen. Deswegen verhandeln A und B darüber, wie teuer das Segelschiff<br />
sein soll, wann B den Kaufpreis bezahlen soll, ob der Verkäufer A verantwortlich sein soll,<br />
wenn die Segel einen Riss haben und wann B Eigentümer des Segelschiffs sein soll. Schließlich<br />
sind A und B über alle Einzelheiten einig. Dann bezahlt B den Kaufpreis und A liefert<br />
das Segelschiff bei B ab.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
20
Welche Rechtsgeschäfte wurden hier abgeschlossen?<br />
b) Problem<br />
Sehr viele Rechtsordnungen behandeln den gesamten Vorgang, der von der Diskussion über<br />
Ware und Geld bis hin zur Hingabe der Sache und der Bezahlung des Preises reicht, als ein<br />
einziges Rechtsgeschäft. Die meisten Bürger sehen diesen wirtschaftlichen Sachverhalt als eine<br />
einheitliche rechtliche Angelegenheit an.<br />
Das BGB hat aber eine andere Ansicht. Das BGB unterscheidet zwischen dem Kaufvertrag<br />
und der Übereignung. Das BGB trennt beide Rechtsgeschäfte.<br />
c) Trennungsprinzip des BGB<br />
Das „Trennungsprinzip“ bezeichnet die Unterscheidung zwischen der Verpflichtung und der<br />
Verfügung, zwischen dem Kaufvertrag und der Übereignung. Das deutsche Recht trennt zwischen<br />
- Kaufvertrag,<br />
- Übereignung der Ware (hier: Übereignung des Segelschiffs) und<br />
- Übereignung des Geldes.<br />
d) Anders m. E. Sachenrechtsgesetz<br />
Meines Erachtens ist es sehr zweifelhaft, ob das Sachenrechtsgesetz das Trennungsprinzip<br />
übernimmt. Nach meiner Meinung könnte § 15 gegen das Trennungsprinzip im chinesischen<br />
Recht sprechen.<br />
36. Abstraktionsprinzip<br />
a) Beispiel Segelschiff II - Frage<br />
A ist Eigentümer eines Segelschiffes, B will das Segelschiff kaufen und das Eigentum an dem<br />
Segelschiff bekommen. Dann schließen A und B zuerst einen Kaufvertrag. Danach übereignet<br />
A an B das Segelschiff.<br />
Nach dem Abschluss des Kaufvertrages und der Übereignung des Geldes und der Übereignung<br />
des Segelschiffs stellt sich heraus, dass der Verkäufer A den Käufer B bei dem Vertragsschluss<br />
arglistig getäuscht hat. A hatte ausdrücklich erklärt, das Segelschiff sei für eine<br />
bestimmte Art von Wettfahrten zugelassen. Aber A wusste damals, dass das Segelschiff in<br />
Wirklichkeit für diese Arten Wettfahrten nicht geeignet und nicht zugelassen war.<br />
Deswegen ficht der Käufer B den Kaufvertrag in wirksamer Weise wegen arglistiger Täuschung<br />
an (§ 123 BGB), so dass der Kaufvertrag nichtig ist (§ 142 Absatz 1 BGB). Wer ist<br />
nun Eigentümer des Segelschiffes?<br />
b) Problem – abweichende Lösung<br />
Für die meisten Bürger ist es natürlich, dass dann, wenn der Kaufvertrages unwirksam ist, die<br />
Übereignung ebenfalls unwirksam ist. Viele Rechtsordnungen ordnen an, dass die Unwirksamkeit<br />
des Verpflichtungsgeschäfts zur Folge hat, dass das Erfüllungsgeschäft ebenfalls unwirksam<br />
sein soll. Nach diesen Regeln wäre die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts abhängig<br />
von der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts. Das würde im Beispiel Segelschiff II<br />
bedeuten, dass wegen der Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes auch das Erfüllungsgeschäft<br />
unwirksam sein soll. Aber anders ist die Regelung des BGB.<br />
23. 02. 2012<br />
21
37. Rangprinzip<br />
a) Beispiel Grundstück mit Bürohaus<br />
E ist Eigentümer eines Grundstücks mit einem Bürohaus. E braucht Geld, um seine Schulden<br />
zu bezahlen. Die Bank X ist bereit, ihm 300 000,00 Euro als Darlehen zu geben, wenn er der<br />
Bank X eine Hypothek auf seinem Grundstück mit dem Bürohaus einräumt. E ist damit einverstanden.<br />
E braucht aber noch mehr Geld, und das Grundstück mit dem Bürohaus ist auch<br />
mehr wert als 300 000,- Euro. Deswegen möchte E ein Darlehen bei der Bank Y aufnehmen<br />
und für die Bank Y eine weitere Hypothek in Höhe von 400 000,- Euro bestellen.<br />
b) Probleme<br />
Welche beiden Fragen müssen Sie jetzt beantworten?<br />
- Können an demselben Gegenstand mehrere dingliche Rechte bestehen?<br />
- In welchem Verhältnis stehen mehrere dingliche Rechte, wenn sie an derselben Sache<br />
bestellt werden können?<br />
c) Frage der Belastung mit mehreren dinglichen Rechten<br />
Die erste Frage lautet, ob an derselben Sache neben dem Eigentum mehrere weitere dingliche<br />
Rechte bestehen können. Diese Frage wird bejaht, um den wirtschaftlichen Wert einer Sache<br />
voll ausschöpfen zu können. Das Recht lässt deswegen mehrere Hypotheken und mehrere<br />
Dienstbarkeiten an demselben Grundstück zu. An einer beweglichen Sache können mehrere<br />
Pfandrechte bestehen.<br />
Beispiel Grundstück mit Bürohaus I<br />
An dem Grundstück können also zwei Hypotheken bestellt werden.<br />
d) Verhältnis der verschiedenen dinglichen Rechte zu einander<br />
Wenn die erste Frage bejaht ist, lautet die zweite Frage: Wie ist zu entscheiden, wenn zwischen<br />
den verschiedenen dinglichen Rechten ein Widerspruch besteht?<br />
Beispiel Grundstück mit Bürohaus II<br />
Wie ist es, wenn das Grundstück mit Bürohaus versteigert wird, und wenn aber der Käufer in<br />
der Versteigerung nur 490 000,- Euro bezahlt?<br />
Der Widerspruch kann zwischen zwei Hypotheken an demselben Grundstück bestehen. Soll<br />
dann jedes Recht anteilsmäßig durchgesetzt werden (Lösung A)? Bei anteilsmäßiger Befriedigung<br />
(Lösung A) würde die Bank X 210 000,- Euro erhalten und die Bank Y würde 280<br />
000,- Euro erhalten. Die Bank X würde also 90 000,- Euro verlieren, die Bank Y würde 120<br />
000,- Euro verlieren. Oder soll zwischen den einzelnen Rechten ein Rangverhältnis bestehen<br />
(Lösung B)?<br />
e) Rangverhältnis<br />
Das Rangprinzip geht davon aus, dass an demselben Gegenstand mehrere dingliche Rechte<br />
bestehen können. Das Rangprinzip ordnet an, dass diese Rechte in einem Rangverhältnis stehen<br />
(Lösung B). Das bedeutet, dass derjenige Inhaber eines Rechts, das einen besseren Rang<br />
hat, besser behandelt wird als derjenige Inhaber eines Rechts, das einen schlechteren Rang<br />
hat. Die einzelnen Befugnisse des Inhabers eines besseren Rangs gehen den Befugnissen des<br />
Inhabers eines schlechteren Rangs vor. Meistens richtet sich der Rang eines Rechts nach dem<br />
23. 02. 2012<br />
23
Zeitpunkt der Bestellung des Rechts. Wenn an einem Grundstück zwei Hypotheken bestehen<br />
und wenn dann das Grundstück versteigert wird, wird zuerst der Inhaber der ersten Hypothek<br />
befriedigt; erst wenn er befriedigt ist, wird von dem weiteren Überschuss der Inhaber der<br />
zweiten Hypothek befriedigt.<br />
Dasselbe Prinzip gilt auch für Pfandrechte und Dienstbarkeiten.<br />
f) Beispiel Grundstück mit Bürohaus II<br />
Wenn das Grundstück mit Bürohaus versteigert wird und wenn der Käufer in der Versteigerung<br />
nur 490 000,- Euro bezahlt, dann wird nach dem Rangprinzip zuerst der Hypothekengläubiger<br />
mit dem besseren Rang ganz befriedigt. Der Hypothekengläubiger im schlechteren<br />
Rang bekommt nur den Rest. Dann bekommt die Bank X 300 000,- Euro, die Bank Y bekommt<br />
nur den Rest in Höhe von 190 000,-. In Höhe von 210 000,- Euro fällt sie mit ihrer<br />
Forderung an dem Grundstück aus.<br />
Aber die Bank Y behält ihre schuldrechtliche Forderung auf Grund Darlehens gegen ihren<br />
Schuldner E! Doch das ist keine Frage des Sachenrechts, sondern des Schuldrechts.<br />
§ 199 Sachenrechtsgesetz<br />
38. Zusammenfassung der grundlegenden Bestimmungen<br />
Wir haben bisher die grundlegenden Bestimmungen des deutschen Sachenrechts zusammengestellt.<br />
Diese grundlegenden Bestimmungen ergeben sich aus dem Inhalt des BGB. Aber das<br />
dritte Buch des BGB enthält keinen besonderen Abschnitt über grundlegende Bestimmungen.<br />
Die meisten grundlegenden Bestimmungen sind nicht ausdrücklich im Gesetz formuliert.<br />
Wenn wir bei der Fortsetzung des Kurses die Einzelheiten des Sachenrechts besprechen, werden<br />
wir immer wieder diese grundlegenden Bestimmungen antreffen. Sie bilden die Grundlage<br />
des gesamten deutschen Sachenrechts.<br />
Das chinesische Sachenrechtsgesetzbuch ist anders aufgebaut. Es enthält einen besonderen<br />
Teil über „grundlegende Bestimmungen“. In diesen werden einige Bestimmungen des Verfassungsrechts<br />
und einige Bestimmungen von besonderer Bedeutung für das Sachenrecht aufgeführt.<br />
Wir haben in diesem Teil des Kurses ebenfalls die öffentlich-rechtliche Seite des Eigentums<br />
besprochen. In allen Rechtsordnungen bedeutet der Respekt vor dem Recht im allgemeinen<br />
und vor den einzelnen Rechten des einzelnen den besten Schutz. Die Bestimmungen zum<br />
Schutz des Eigentums und anderer dinglicher Rechte haben wir mit diesem Teil abgeschlossen.<br />
Der grundlegende Unterschied zwischen unseren beiden Rechtsordnungen besteht darin, dass<br />
das deutsche Recht das Privateigentum an Grundstücken anerkennt und schützt, während das<br />
chinesische Recht das Privateigentum an Grundstücken ausschließt. Das deutsche Recht kennt<br />
ein einheitliches Eigentum, während das chinesische Recht zwischen Staatseigentum, Kollektiveigentum<br />
und Privateigentum unterscheidet.<br />
In beiden Rechtsordnungen werden unterschieden:<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
24
- bewegliche Sachen und Grundstücke,<br />
- Eigentum und andere dingliche Rechte,<br />
- Besitz, Forderungen und dingliche Rechte,<br />
- Verfügungen und Verpflichtungen.<br />
Die wichtigsten Grundsätze des deutschen Sachenrechts sind:<br />
- die Übertragbarkeit,<br />
- der Offenkundigkeitsgrundsatz,<br />
- das Trennungsprinzip,<br />
- das Abstraktionsprinzip,<br />
- das Rangprinzip,<br />
dazu Beispiele Segelschiff und Grundstück mit Bürohaus.<br />
Die Anwendung dieser grundlegenden Bestimmungen werden wir im folgenden Teil sehen.<br />
Dort behandeln wir die wichtigste Einrichtung des Sachenrechts. Das ist das Eigentum.<br />
23. 02. 2012<br />
25
<strong>Dr</strong>itter, vierter und fünfter Tag<br />
2. TEIL. EIGENTUM<br />
39. Befugnisse des Eigentümers<br />
Das BGB enthält nur eine ganz allgemeine Beschreibung des Eigentums in § 903 (Lesen!).<br />
Aus den anderen Bestimmungen des BGB ergibt sich, welche Befugnisse der Eigentümer im<br />
einzelnen hat, z. B. die Befugnis zu Verfügungen über das Eigentumsrecht (wiederholen Sie<br />
den Begriff der „Verfügung“), zum Besitz und zum Gebrauch der Sache und zur Ziehung von<br />
Nutzungen.<br />
40. Räumliche Ausdehnung des Grundeigentums<br />
„Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche<br />
und auf den Erdkörper unter der Oberfläche“ (§ 905 Satz 1 BGB).<br />
Daher hat z. B. der Grundeigentümer nach dem BGB das Recht, auf seinem Grundstück einen<br />
Mast mit einer Anlage zur Erzeugung von Strom durch Wind zu errichten. Er kann auch die<br />
Führung von Elektrizitätsleitungen über sein Grundstück verbieten oder von seiner Erlaubnis<br />
abhängig machen (mietvertragsähnliches Rechtsgeschäft oder Dienstbarkeit). Jedoch kann das<br />
Verwaltungsrecht diese zivilrechtlichen Möglichkeiten beschränken.<br />
Der Grundeigentümer kann in derselben Weise auf seinem Grundstück Sand oder Kies abbauen.<br />
Er hat das Recht, Erschütterungen seines Gebäudes durch eine Untergrundbahn oder<br />
die Führung von Wasserleitungen unter seinem Grundstück zu verbieten oder von seiner Erlaubnis<br />
abhängig zu machen. Auch in diesen Fällen kommen öffentlich rechtliche Beschränkungen<br />
in Betracht.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Welche sind die wichtigsten Befugnisse, die das BGB dem Eigentümer zuspricht? Aus welchen<br />
Paragraphen ergeben sich diese Befugnisse?<br />
Die §§ 39 und 40 des chinesischen Sachenrechtsgesetzes enthalten eine umfangreichere Aufzählung<br />
der Befugnisse des Eigentümers.<br />
41. Sonderformen des Eigentums<br />
a) Bergrecht<br />
Besondere Regeln bestehen für Bodenschätze wie Salze, Kohle und Erdöl, Eisen und andere<br />
Metalle. Diese stehen nicht im Eigentum des Grundeigentümers. Hierfür ist das Berggesetz<br />
zuständig. Der Staat erteilt die Bewilligung, um Bodenschätze zu suchen und an ihnen Eigentum<br />
zu erwerben.<br />
b) Wasserrecht<br />
Besondere Regeln betreffen die Gewässer. Nur ein kleiner Teil der Wasserbetten steht im Privateigentum,<br />
die größeren Gewässer und Wasserbecken stehen im Eigentum der Gemeinde<br />
oder des Landes. Die Benutzung der Gewässer (z. B. Entnehmen von Wasser, Einführen von<br />
Wasser oder anderen Stoffen) ist von einer staatlichen Genehmigung abhängig.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
26
42. Gebäude<br />
Hier sind wir wieder bei einem wichtigen Unterschied zwischen dem deutschen und dem chinesischen<br />
Recht.<br />
a) Deutsches Recht: „Wesentlicher Bestandteil“<br />
aa) Begriff<br />
Es ist sehr wichtig, dass nach deutschem Recht ein Gebäude ein wesentlicher Bestandteil des<br />
Grundstückes ist, auf dem sich das Gebäude befindet:<br />
§ 94 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks<br />
gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere<br />
Gebäude…<br />
In der Umgangssprache bedeutet „wesentlicher Bestandteil“, dass dieser Teil (hier: das Gebäude)<br />
zu einer anderen Sache (hier: zu dem Grundstück) gehört und dass dieser Teil (Gebäude)<br />
für die andere Sache besonders wichtig ist.<br />
Das BGB gibt für den „wesentlichen Bestandteil“ eine gesetzliche Definition in § 93 (Lesen!).<br />
Das Gebäude ist also der wesentliche Bestandteil, das Grundstück ist die Hauptsache. Dieser<br />
Rechtszustand ist unabhängig von dem Willen der beteiligten Personen. Diese Regel ist<br />
„zwingend“, d. h. sie kann von den Parteien nicht geändert werden.<br />
bb) Negative Bedeutung<br />
Das Wichtigste ist die Rechtsfolge. § 93 BGB formuliert diese Rechtsfolge in negativer Weise:<br />
§ 93 BGB… wesentliche Bestandteile können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.<br />
Das Gebäude kann juristisch nicht anders behandelt werden als das Grundstück. Es ist nicht<br />
möglich, das Gebäude zu übereignen, das Grundstück aber zu behalten. Man kann ein dingliches<br />
Nutzungsrecht nicht für ein Gebäude, sondern nur für ein Grundstück in das Grundbuch<br />
eintragen lassen. Eine Hypothek ausschließlich an dem Gebäude gibt es nicht.<br />
cc) Positive Bedeutung<br />
Umgekehrt gilt für Gebäude positiv: Gebäude werden juristisch immer genauso behandelt wie<br />
das Grundstück, auf dem sie stehen. Wenn das Grundstück übereignet wird, wird auch das<br />
Gebäude übereignet. Bauerngüter, Wohnhäuser und Fabriken werden in derselben Art, nämlich<br />
nach den Regeln der Grundstücksübertragung, übereignet. Wenn an dem Grundstück eine<br />
Hypothek besteht, erstreckt sich diese auch auf das Gebäude. Diese juristische Einheit des<br />
Gebäudes mit dem Grundstück ist so bedeutend, dass man bei der Übereignung eines Grundstücks<br />
gar nicht sagen oder schreiben muss, dass mit dem Grundstück auch das Gebäude auf<br />
den Erwerber übergeht.<br />
Der wichtigste Teil des Grundbuchs betrifft (wie der Name sagt) das Grundstück, die Angaben<br />
in dem Grundbuch über das Gebäude haben fast keine rechtliche Bedeutung.<br />
Von diesem Prinzip werden wir im weiteren Verlauf der Vorlesung ausgehen!<br />
23. 02. 2012<br />
27
Von diesem Prinzip gibt es Ausnahmen, vor allem bei dem Erbbaurecht und dem Wohnungseigentum.<br />
Dieses Prinzip gilt nur für das Sachenrecht, nicht für das Schuldrecht. Ein Schuldvertrag, z. B.<br />
ein Mietvertrag, kann wirksam über ein Gebäude oder einen Gebäudeteil abgeschlossen werden,<br />
ohne dass die Rechtslage des Grundstücks betroffen wird.<br />
b) Chinesisches Recht<br />
Ganz anders ist die Rechtslage nach dem Sachenrechtsgesetz. „Land“ steht im Staats- oder<br />
Kollektiveigentum und kann nicht im Privateigentum stehen (§§ 45 bis 63 Sachenrechtsgesetz).<br />
Privatpersonen können aber Eigentum an ihren Wohnhäusern (§ 64 Sachenrechtsgesetz), an<br />
ihren Wohnungen und an anderen unbeweglichen Sachen haben.<br />
Daraus folgt die Spaltung der Rechtslage für Grundstück und Wohnhaus: Das Eigentum an<br />
dem Grundstück gehört dem Staat oder dem Kollektiv, das Eigentum an dem Wohnhaus, das<br />
sich auf dem Grundstück befindet, kann einer Privatperson gehören. Jeweils das eine kann<br />
ohne das andere übereignet werden.<br />
Das chinesische Gesetz verbindet das Recht zur Nutzung von Bauland mit den Gebäuden,<br />
Bauwerken und zugehörigen Anlangen, die mit dem Grundstück verbunden sind (§§ 142,<br />
145, 182 Sachenrechtsgesetz).<br />
43. Übereignung eines Grundstücks (§ 873 BGB)<br />
a) Problem<br />
Wie wird ein Grundstück übereignet? Der Gesetzgeber hat ganz verschiedene Möglichkeiten,<br />
um diese Fragen zu beantworten. Dabei muss der Gesetzgeber die bisherigen Gewohnheiten<br />
und die Überzeugungen der Allgemeinheit berücksichtigen. Er muss dafür sorgen, dass keine<br />
Vertragspartei benachteiligt wird. Er muss auf Sicherheit, Schnelligkeit und günstige Kosten<br />
des Rechtsverkehrs achten. Nach diesen und anderen Überlegungen hat sich das BGB für 1<br />
bestimmte Regelungsmöglichkeit entschieden. Das BGB hat bei seiner Regelung die Sachenrechtsgrundsätze,<br />
die wir oben behandelt haben, verwirklicht.<br />
b) Hauptregel<br />
Die Hauptregel für die Verfügung über ein Grundstücksrecht findet sich in § 873 Absatz 1<br />
BGB. Lesen Sie bitte diesen Paragraphen!<br />
c) Zwei Erfordernisse<br />
Demnach müssen zwei Erfordernisse gegeben sein:<br />
(1) „die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der<br />
Rechtsänderung“, und<br />
(2) „die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch“.<br />
Solange eines der beiden Erfordernisse nicht erfüllt ist, ist die Verfügung nicht wirksam.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
28
d) Begriffe<br />
Die Begriffe der Verfügung und des dinglichen Rechtsgeschäfts und des Grundstücks wurden<br />
schon besprochen (Wiederholen Sie die betreffenden Kapitel unseres Kurses).<br />
§ 873 BGB meint mit dem „Berechtigten“ diejenige Vertragspartei, die über ihr Recht verfügt,<br />
indem sie es überträgt, belastet oder aufhebt. Wir nennen den „Berechtigten“, der die<br />
Verfügung trifft, meistens den Veräußerer oder auch den Verfügenden oder gegebenenfalls<br />
den bisherigen Eigentümer oder Verkäufer.<br />
§ 873 meint mit dem „anderen Teil“ diejenige Vertragspartei, zu Gunsten welcher die Verfügung<br />
erfolgt, indem sie das Recht erhält oder indem sie von einer Belastung befreit wird. Der<br />
„andere Teil“ ist der Erwerber oder der Verfügungsempfänger, gegebenenfalls der neue Eigentümer<br />
oder der Käufer.<br />
44. „Einigung“ gemäß § 873 Absatz 1 BGB<br />
a) Einigung als Rechtsgeschäft<br />
aa) Alle Grundstücksgeschäfte<br />
Die dingliche Einigung ist - wie wir mehrfach betont haben - ein Rechtsgeschäft. Auf die<br />
Grundstücksrechtsgeschäfte sind die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des BGB anzuwenden.<br />
bb) Auflassung für Eigentumsübertragung<br />
Für die Einigung über den Eigentumsübergang an Grundstücken schreibt § 925 Absatz 1 Satz<br />
1 und 2 BGB außerdem die Erklärung vor einem Notar vor. „Auflassung“ ist der Fachausdruck<br />
für diese Einigungserklärung.<br />
b) Beteiligte Personen<br />
Die dingliche Einigung wird zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber abgeschlossen.<br />
aa) „Einigung“ mit dem Berechtigten<br />
Die „Einigung“ muss mit dem wirklich „Berechtigten“ erklärt sein, also mit dem bisherigen<br />
Eigentümer des Grundstücks. (Zu der Ausnahme des gutgläubigen Erwerbs kommen wir später.).<br />
bb) Beispiel Betrügerin Ia<br />
In diesem Beispielsfall handelt es sich um ein schönes Grundstück mit einer Villa. Die wirkliche<br />
Eigentümerin des Grundstücks ist Frau Evelyn. Frau Evelyn ist als Eigentümerin dieses<br />
Grundstücks ordnungsgemäß im Grundbuch eingetragen. Zunächst spielen in diesem Beispielsfall<br />
zwei andere Personen eine Rolle, nämlich Frau Beate, die sich aber Frau Evelyn<br />
nennt, und Herr Imme.<br />
Herr Imme ist an dem Kauf des Grundstücks interessiert. Herr Imme trifft eine Frau, die sich<br />
Frau Evelyn nennt und einen Ausweis mit dem Namen Frau Evelyn zeigt. Der Ausweis ist<br />
aber gefälscht. In Wirklichkeit heißt diese Frau, mit der Herr Imme spricht, Frau Beate, und<br />
Frau Beate ist nicht Eigentümerin des schönen Grundstücks. Frau Beate erklärt, sie sei Frau<br />
Evelyn, und sie schließt den Kaufvertrag über das Grundstück mit Herrn Imme ab. Herr Imme<br />
glaubt, Frau Beate sei Frau Evelyn. Frau Beate gibt unter dem Namen Evelyn die Erklärung<br />
ab, dass sie das Grundstück an Herrn Imme übereigne. Ist die Erklärung wirksam?<br />
23. 02. 2012<br />
29
Nein. Die Betrügerin Frau Beate war nicht „Berechtigte“. Die für § 873 erforderliche „Einigung“<br />
liegt also nicht vor. Herr Imme ist nicht neuer Eigentümer geworden. Er kann aber von<br />
Frau Beate Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages oder wegen arglistiger<br />
Täuschung verlangen.<br />
c) Objekt der Einigung<br />
Die Einigung gemäß § 873 bezieht sich ausschließlich direkt auf die Übertragung oder Begründung<br />
oder Veränderung oder Aufhebung eines dinglichen Rechts an dem Grundstück.<br />
Wie wir schon wissen, bezieht sich die Einigung im Sinne § 873 nicht etwa auf den Kaufvertrag<br />
oder einen anderen Schuldvertrag. Die Einigung über den Eigentumsübergang ist scharf<br />
von dem Schuldvertrag zu trennen, der den Grund (lateinisch: die Causa) für den Eigentumserwerb<br />
bildet. Wir sehen hier die Bedeutung des Trennungsprinzips! (Wiederholen Sie das<br />
betreffende Kapitel unseres Kurses)<br />
Vergessen Sie nicht, dass mit dem Grundstück zusammen über die Gebäude, die sich auf dem<br />
Grundstück befinden, verfügt wird (Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über Gebäude).<br />
d) Einigung nur als 1 Teil des Übertragungstatbestandes<br />
Die Einigung allein nützt nichts, solange die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch<br />
noch nicht erfolgt ist.<br />
e) Wiederholungsfragen<br />
1. Kann man ein Grundstück durch einen Stellvertreter (§ 164 BGB) übereignen?<br />
2. V hat seinen Garten an K in einem wirksamen Vertrag verkauft, hat bereits den Kaufpreis<br />
erhalten und aus Freude darüber soviel Alkohol getrunken, dass er bei dem Notar völlig<br />
betrunken war. Dennoch werden beim Notar die Erklärungen der Grundstücksübereignung<br />
beurkundet. K wird als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Ist K Eigentümer geworden?<br />
3. V hat an K ein Grundstück verkauft. Der Verkauf wurde ordnungsgemäß notariell beurkundet,<br />
gleichzeitig wurde die Übereignung des Grundstücks von V an K beim Notar erklärt<br />
und beglaubigt. Gehört jetzt das Grundstück noch dem V oder schon dem K?<br />
4. V ist Eigentümer eines Bauernhofs, den er an seinen Sohn S übereignen will. V und S<br />
fragen Sie:<br />
a) Muss man deswegen zum Notar gehen? Was macht der Notar?<br />
b) Was ist für den Eigentumsübergang erforderlich?<br />
c) In welchem Augenblick verliert V sein Eigentum und wird S neuer Eigentümer?<br />
45. “Eintragung“ in das Grundbuch gemäß § 873 Absatz 1 BGB<br />
a) Eintragungserfordernis<br />
Jeder Eigentumserwerb, jede Belastung mit einer Dienstbarkeit oder einer Hypothek, jede<br />
Rechtsänderung muss in dem Grundbuch des betroffenen Grundstücks eingetragen werden.<br />
Die Eintragung in das Grundbuch ist ebenso notwendig wie die Einigung. Sie ist insofern<br />
„konstitutiv“, d. h. notwendig für die Entstehung des Rechts, nicht bloß deklaratorisch, d. h.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
30
mit dem einfachen Ziel der Bekanntmachung. Solange die Rechtsänderung nicht im Grundbuch<br />
eingetragen ist, ist sie nicht wirksam. Sie sehen hier die Auswirkung des Offenkundigkeitsgrundsatzes<br />
(Wiederholen Sie das betreffende Kapitel unseres Kurses).<br />
Aber die Eintragung allein nützt nichts, solange die Einigung der Parteien nicht erfolgt ist.<br />
b) Beispiel Betrügerin Ib<br />
Frau Beate hatte Herrn Imme über ihre Identität getäuscht und ihm angeblich das Grundstück<br />
der Frau Evelyn verkauft und übereignet. Herr Imme hatte geglaubt, Frau Beate sei Frau Evelyn.<br />
Die für § 873 erforderliche „Einigung“ lag nicht vor. Herr Imme wurde dennoch als neuer<br />
Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Ist Herr Imme Eigentümer geworden?<br />
Nein! Die Eintragung allein genügt nicht für seinen Eigentumserwerb. Außerdem ist die wirksame<br />
Einigung erforderlich, diese fehlt hier.<br />
46. Grundbuch<br />
a) Deutsches Recht<br />
Das Grundbuch ist die weitaus wichtigste tatsächliche Voraussetzung für das Funktionieren<br />
des Grundstücksrechts in Deutschland. Für jedes einzelne Grundstück in Deutschland besteht<br />
ein besonderes Grundbuch (genannt: Grundbuchblatt). Das ganze Land in Deutschland ist in<br />
Grundbüchern erfasst. Das Grundbuch wird bei dem Amtsgericht geführt, in dessen Bezirk<br />
sich das betroffene Grundstück befindet. Das Amtsgericht ist also das Grundbuchamt. Das<br />
Grundbuch enthält eine Beschreibung des Grundstücks, die Angabe des gegenwärtigen Eigentümers<br />
und Angaben über sämtliche Dienstbarkeiten, Hypotheken und sonstigen dinglichen<br />
Rechte, die das Grundstück betreffen.<br />
Das Grundbuchamt nimmt eine Eintragung nur vor, wenn die interessierte Person (vor allem<br />
der Eigentümer oder der Veräußerer oder der Erwerber) die Eintragung beantragt und wenn<br />
der Berechtigte (vor allem der Eigentümer) die Eintragung bewilligt. Das Grundbuchamt wird<br />
nicht von selbst tätig.<br />
Jedermann kann das Grundbuch einsehen. Jedermann kann eine Abschrift des Grundbuchs<br />
erhalten.<br />
Es gibt aber kein Zertifikat über die Grundbucheintragung, welches eine besondere Beweiskraft<br />
hätte (anders: § 17 Sachenrechtsgesetz). Eine besondere Bedeutung hat nur der Hypothekenbrief<br />
nach §§ 1116 und 1117 BGB.<br />
Die Einzelheiten sind nicht im BGB, sondern in besonderen Verfahrensgesetzen geregelt. Wir<br />
sehen an diesem Beispiel, dass das materielle Recht nicht genügt, sondern dass das materielle<br />
Recht durch das Verfahrensrecht ergänzt werden muss.<br />
Die Führung des Grundbuchs ist ganz besonders wichtig in Deutschland. Das zeigt sich an<br />
folgenden Einzelheiten:<br />
- Es gibt mehrere Gesetze, die nur die Führung des Grundbuchs betreffen. Diese Gesetze<br />
waren so wichtig, dass sie 1900 zusammen mit dem BGB in Kraft gesetzt wurden.<br />
- Das Grundbuch wird bei den Gerichten geführt.<br />
23. 02. 2012<br />
31
- Verantwortlich für die Führung ist ein voll ausgebildeter Richter.<br />
- Der Richter wird unterstützt durch besonders ausgebildetes, besonders qualifiziertes<br />
Personal.<br />
- Die Erklärungen, die jemand gegenüber dem Grundbuchamt abgibt, müssen in einer<br />
besonderen Form (Beglaubigung) erfolgen.<br />
Außerdem werden die Beteiligten indirekt gezwungen, für die Richtigkeit des Grundbuchs zu<br />
sorgen:<br />
- Vor allem ist eine Verfügung über ein Grundstücksrecht überhaupt nur wirksam, wenn<br />
sie im Grundbuch eingetragen ist.<br />
- Der Berechtigte lebt in der Gefahr, dass er sein Recht verliert, wenn es im Grundbuch<br />
nicht oder nicht richtig eingetragen ist. Deswegen kann er mit dem Berichtigungsan<br />
spruch und dem Widerspruch für den richtigen Inhalt des Grundbuchs sorgen.<br />
Nur wegen dieser Voraussetzungen genießt das Grundbuch „öffentlichen Glauben“ und erlaubt<br />
den „gutgläubigen Erwerb“.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Wieso sind Besitz und Grundbuch vergleichbar?<br />
47. Nicht erforderlich für Verfügungen über Grundstücksrechte<br />
- Besitzübergang,<br />
- Schuldvertrag oder anderes Grundgeschäft,<br />
- Preiszahlung,<br />
- Kenntnis <strong>Dr</strong>itter.<br />
Wiederholungsfrage<br />
Valentin verkauft sein Grundstück formgerecht an Klaus. Darauf erfolgen Auflassung und<br />
Eintragung. Nun stellt sich heraus, dass der Käufer Klaus den Verkäufer Valentin bei Abschluss<br />
des Kaufvertrages, nicht jedoch bei der Einigung über die Eigentumsänderung, arglistig<br />
getäuscht hat. Der Verkäufer Valentin erklärt daraufhin gegenüber Klaus die Anfechtung<br />
des Kaufvertrages gemäß §§ 123, 142 BGB.<br />
a) Wer ist vor der Anfechtung des Kaufvertrages Eigentümer des Grundstücks?<br />
b) Wer ist nach der Anfechtung des Kaufvertrages Eigentümer des Grundstücks?<br />
c) Welche Rechte haben V und K gegeneinander?<br />
48. Sachenrechtsgesetz: Verfügungen über ein Grundstücksrecht<br />
a) Anwendung<br />
Nach chinesischem Recht ist die Übereignung von Grundstücken an Privatpersonen nicht<br />
möglich. Die Bestimmungen des Sachenrechtsgesetzes betreffen also im Wesentlichen nur<br />
andere unbewegliche Sachen sowie die Bestellung, Übertragung, Veränderung und Aufhebung<br />
von sonstigen dinglichen Rechten an Grundstücken. – Ob das Sachenrechtsgesetz für<br />
Rechtsgeschäfte zwischen dem Staat und den Kollektiven anzuwenden ist, ist m. E. nicht ganz<br />
klar.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
32
) Einigung über die Rechtsänderung?<br />
M. E. ist es unsicher, ob das Sachenrecht für die Rechtsänderung eine besondere Einigung<br />
verlangt. M. E. sind § 15, die Überschrift zum 2. Kapitel 1. Abschnitt, und § 19 insoweit nicht<br />
ganz klar.<br />
c) Eintragung in das Register unbeweglicher Sachen<br />
aa) Eintragungserfordernis<br />
Das Sachenrechtsgesetz verlangt mehrfach die Eintragung der Rechtsänderung. Besonders<br />
grundsätzlich ist § 6 Satz 1.<br />
§ 6 Satz 1 Sachenrechtsgesetz. Die Bestellung, Inhaltsänderung, Übertragung und das Erlöschen<br />
dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen müssen den gesetzlichen Bestimmungen<br />
gemäß eingetragen werden.<br />
Ähnlich lautet § 9, ergänzt durch §§ 14 und 16 Sachenrechtsgesetz. In diesem Punkt stimmen<br />
das Sachenrechtsgesetz und das BGB überein. Aber verschiedentlich haben meines Erachtens<br />
die Eintragungen nicht konstitutiven (d. h. für die Rechtsbegründung notwendigen), sondern<br />
nur deklaratorischen (d. h. verlautbarenden) Charakter.<br />
bb) Fehlen des Registersystems<br />
Die vollkommene Anwendung des Sachenrechtsgesetzes setzt ebenfalls ein einheitliches Registergesetz<br />
voraus. Weiterhin muss die Zahl der Registerbehörden gering sein, so dass Eintragungen<br />
in verschiedenen Registern vermieden werden. Das Gesetz muss überall sehr sorgfältig<br />
angewandt werden. Es ist ein besonders qualifiziertes Personal erforderlich. (Wiederholen<br />
Sie die Kapitel unseres Kurses über den Schutz der Rechte durch Gesetze, durch Staat,<br />
Gesellschaft und Menschen). § 10 Absatz 2 Sachenrechtsgesetz stellt eine entsprechende Gesetzgebung<br />
in Aussicht. § 246 lässt aber in der Gegenwart „lokale gesetzliche Bestimmungen“<br />
genügen. Einzelne Bestimmungen über das Register enthalten insbesondere die §§ 10<br />
bis 17 und 22. § 18 gestattet den Interessierten die Einsicht.<br />
49. Unrichtige Eintragungen im Grundbuch<br />
a) Gründe für unrichtige Eintragungen im Grundbuch<br />
Es kann sich immer wieder ereignen, dass jemand im Grundbuch als Eigentümer eingetragen<br />
ist, obwohl er in Wirklichkeit nicht der Eigentümer ist.<br />
Einen solchen Grund haben wir im Beispiel „Betrügerin“ gesehen, nämlich Betrug und<br />
Irrtum über die Identität der Personen, die an dem Rechtsgeschäft beteiligt sind.<br />
Eine Eintragung ist auch von Anfang an unrichtig, wenn die Übereignung gesetzwidrig<br />
oder sittenwidrig und deswegen nichtig ist.<br />
Eine Eintragung, die ursprünglich richtig war, kann später falsch werden, wenn beispielsweise<br />
die Übereignung (nicht: das Grundgeschäft) wegen Irrtums, Täuschung oder<br />
<strong>Dr</strong>ohung angefochten wird.<br />
Natürlich kann es sich auch ereignen, dass der Beamte, der das Grundbuch führt, versehentliche<br />
eine falsche Eintragung vornimmt.<br />
23. 02. 2012<br />
33
) Schutz des Berechtigten<br />
Eine unrichtige Angabe im Grundbuch ist für den Berechtigten gefährlich. Vor allem kann ein<br />
Nichtberechtigter, der im Grundbuch statt des Berechtigten eingetragen ist, über das Recht eine<br />
Verfügung treffen, wenn der Erwerber gutgläubig ist.<br />
Das Grundbuchamt wird meistens nicht von sich aus tätig, um eine unrichtige Angabe im<br />
Grundbuch zu berichtigen. Deswegen muss sich der Berechtigte selbst schützen.<br />
aa) Grundbuchberichtigungsanspruch<br />
Der Berechtigte hat gegen den Nichtberechtigten, der aber im Grundbuch eingetragen ist, den<br />
Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB).<br />
bb) Widerspruch<br />
Der Berechtigte hat außerdem das Recht, mit Hilfe eines besonders schnellen Gerichtsverfahrens<br />
einen Widerspruch im Grundbuch eintragen zu lassen (§ 899 BGB).<br />
In beiden Fällen wird der gutgläubige Erwerb durch einen anderen verhindert.<br />
§ 19 Sachenrechtsgesetz.<br />
c) Probleme infolge der ersten Falscheintragung, Beispiel Betrügerin I<br />
Frau Beate hatte Herrn Imme über ihre Identität getäuscht und ihm angeblich das Grundstück<br />
der Frau Evelyn verkauft und übereignet. Herr Imme hatte geglaubt, Frau Beate sei Frau Evelyn.<br />
Herr Imme wurde als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.<br />
Wird die zu Unrecht eingetragene Person (Herr Imme) neuer Eigentümer? Nein, es fehlt die<br />
Einigung.<br />
Verliert der wirklich Berechtigte sein Eigentum? Nein.<br />
Hat die zu Unrecht eingetragene Person (Herr Imme) irgendwelche Rechte? Sie kann die Person,<br />
die die unrichtige Verfügung vorgenommen hat (Frau Beate), in Anspruch nehmen, insbesondere<br />
wegen ungerechtfertigter Bereicherung und Schadensersatzes (Vertrag und unerlaubte<br />
Handlung). Dazu sind dann die einzelnen schuldrechtlichen Voraussetzungen für diese<br />
Ansprüche zu prüfen.<br />
Ist diese Rechtslage gerecht und interessengemäß? Ja. Denn nach einem alten Rechtssprichwort<br />
kann niemand (Beate) mehr Rechte übertragen, als er selbst hat. Vor allem besteht der<br />
Hauptzweck des Eigentums darin, dass nur der Eigentümer über sein Recht verfügen kann<br />
und dass er gegen fremde Eingriffe in sein Recht geschützt sein soll. Hier lässt das Gesetz einen<br />
gutgläubigen Erwerb nicht zu.<br />
d) Probleme infolge der zweiten Falscheintragung<br />
Die Rechtslage ist aber anders, wenn nach der ersten Falscheintragung in das Grundbuch<br />
(Imme) eine zweite folgt. Dann kommt es nämlich auf den gutgläubigen Erwerb an, dazu sogleich.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
34
50. Gutgläubiger Eigentumserwerb an einem Grundstück (§ 892 BGB)<br />
a) Beispiel Betrügerin II<br />
Zu den bisher bekannten Personen im Fall der Betrügerin tritt eine weitere Person hinzu.<br />
Denn bisher sind Frau Beate (die Betrügerin) und Herr Imme (der erste Käufer) sowie Frau<br />
Evelyn (die wirkliche Eigentümerin) aufgetreten. Jetzt wird noch Herr Kaplan (als der zweite<br />
Käufer) auftreten.<br />
Herr Imme will das Grundstück mit Villa von Frau Evelyn kaufen. Frau Beate gibt unter dem<br />
Namen Evelyn die Erklärung ab, dass sie das Grundstück an Herrn Imme übereigne. Herr<br />
Imme glaubt, die Betrügerin Frau Beate sei Frau Evelyn, die Grundstückseigentümerin. Herr<br />
Imme wird als der neue Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.<br />
Die für die Übereignung nach §§ 925, 873 erforderliche „Einigung“ liegt nicht vor, weil die<br />
Betrügerin Frau Beate nicht „Berechtigte“ war. Herr Imme ist deswegen nicht Eigentümer des<br />
Grundstücks geworden, obwohl er nun als neuer Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist.<br />
Ein gutgläubiger Erwerb hat nicht stattgefunden.<br />
Jetzt will Herr Imme das Grundstück an Herrn Kaplan verkaufen. Herr Kaplan hält Herrn<br />
Imme für den Eigentümer des Grundstücks, weil Herr Imme im Grundbuch eingetragen ist.<br />
Imme und Kaplan nehmen die „Auflassung“ des Grundstücks vor (§§ 925, 894 BGB). Kaplan<br />
wird im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen. Hat Kaplan das Eigentum an dem<br />
Grundstück erlangt?<br />
b) Probleme infolge der zweiten Falscheintragung<br />
aa) Schutz des ursprünglichen Eigentümers<br />
Nach den gesetzlichen Regeln, die wir bisher kennen gelernt haben, würde man die folgende<br />
Lösung annehmen: Die „Auflassung“ (im Sinne der Einigung) wurde zwischen Herrn Imme<br />
und Herrn Kaplan vorgenommen. Herr Imme war aber nicht Eigentümer des Grundstücks,<br />
obwohl er im Grundbuch eingetragen war. Deswegen wäre die Auflassung unwirksam. Auch<br />
wenn jetzt Herr Kaplan als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, wäre er dennoch<br />
nicht wirklich Eigentümer geworden. Denn es würde die Auflassung fehlen.<br />
Der Vorteil dieser Lösung würde es sein, dass nach wie vor das Eigentum der ursprünglichen<br />
Eigentümerin, Evelyn, geschützt ist. Evelyn wäre nach wie vor die Eigentümerin.<br />
bb) Störungen des Rechtsverkehrs und Prüfungsobliegenheit des Eigentümers<br />
Welche Nachteile hätte aber die Lösung, dass auch bei der zweiten Falscheintragung der ursprüngliche<br />
Eigentümer geschützt bleibt?<br />
(1) Störung des einzelnen Rechtsgeschäfts<br />
Erstens wird bei dieser Lösung derjenige enttäuscht (also: Kaplan), der das Grundstück von<br />
dem Eingetragenen (in unserem Fall: von Imme) erwerben will. Er zahlt vielleicht einen<br />
Kaufpreis an den Eingetragenen, würde aber nicht das Eigentum erhalten, sondern müsste<br />
dem ursprünglichen Eigentümer (Frau Evelyn) die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs<br />
erteilen.<br />
Diese Enttäuschung wäre deswegen besonders groß, weil derjenige, der das Grundstück von<br />
dem Eingetragenen erwerben will, damit gerechnet hatte, dass die Eintragungen in das<br />
Grundbuch so zuverlässig sind, dass er auf sie vertrauen kann.<br />
23. 02. 2012<br />
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Wegen dieser Gefahren müsste der Erwerber umständliche, langwierige und teure Prüfungen<br />
über die wirkliche Rechtslage vornehmen, wäre trotzdem nicht sicher, ob seine Prüfungen<br />
richtig sind und müsste eventuell zu seiner eigenen Sicherheit eine teure Versicherung abschließen.<br />
(2) Störung aller weiteren Rechtsgeschäfte<br />
Der zweite Nachteil würde darin bestehen, dass auch alle späteren Personen, die glauben, das<br />
Eigentum an dem Grundstück erworben zu haben, in Wirklichkeit nicht Eigentümer geworden<br />
sind. Denken Sie an die Möglichkeit, dass K das Grundstück an L veräußert hat, L an M, M<br />
an N usw. Jeder, der ein Grundstück erwirbt, müsste damit rechnen, dass er in Wirklichkeit<br />
nicht Eigentümer wird und dass er den Kaufpreis umsonst bezahlt. Das würde eine große<br />
Rechtsunsicherheit verursachen. Diese Rechtsunsicherheit würde fast ewig dauern. Denn man<br />
würde nie wissen, ob nicht irgend eine der früheren eingetragenen Eigentümer in Wirklichkeit<br />
das Eigentum nicht erlangt hat.<br />
(3) Prüfungsobliegenheit und Risiko des wirklichen Rechtsinhabers<br />
<strong>Dr</strong>ittens hat der wirklich Berechtigte (im Betrügerin-Fall II: Frau Evelyn) meistens die Möglichkeit,<br />
die Richtigkeit des Grundbuchs zu kontrollieren und bei Unrichtigkeit des Grundbuchs<br />
für einen Widerspruch (§ 899 BGB) oder eine Berichtigung (§ 894 BGB) zu sorgen.<br />
Der Erwerber hingegen (im Betrügerin-Fall II: Kaplan) hat meistens geringere Möglichkeiten,<br />
die Richtigkeit des Grundbuchs zu prüfen.<br />
(4) Staatliche und sorgfältige Führung des Grundbuchs<br />
Der Gesetzgeber sorgt auf das Äußerste dafür, dass die Eintragungen richtig sind, so dass<br />
Fehler möglichst selten passieren (Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über das<br />
Grundbuch). Der Erwerber, der eine Eintragung im Grundbuch liest, kann deshalb damit<br />
rechnen, dass diese Eintragung richtig ist.<br />
c) Entscheidung des Gesetzgebers<br />
Der Gesetzgeber musste entscheiden, ob es gerechter und nützlicher ist, das Eigentum des<br />
bisherigen Eigentümers zu schützen oder die Interessen des Verkehrs zu bevorzugen. Der Gesetzgeber<br />
des BGB hat sich für die zweite Alternative entschieden, für den Schutz des Verkehrs.<br />
Es ist offensichtlich, dass der Vorteil, den das Gesetz für den einen Betroffenen bringt, einen<br />
Schaden für den anderen Betroffenen bedeutet. Dem gutgläubigen Erwerb auf der einen Seite<br />
(im Betrügerin-Fall II für Kaplan) steht der Rechtsverlust auf der anderen Seite (Evelyn) gegenüber.<br />
d) Lösung des Gesetzgebers<br />
Die Lösung des Gesetzgebers knüpft an die beiden Erfordernisse der Grundstücksverfügung,<br />
an die Eintragung im Grundbuch und an die Einigung der Parteien, an.<br />
aa) Eintragungen<br />
Selbstverständlich muss der neue Erwerber (also Kaplan) in das Grundbuch eingetragen werden.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
36
Aber das Besondere ist, dass auch der Veräußerer (Imme) im Grundbuch eingetragen sein<br />
muss, wenn er die Verfügung vornimmt. (Dieses ist der Unterschied zu dem Betrügerin-Fall<br />
I).<br />
bb) Einigung, guter Glaube<br />
Außerdem kommt es auf das subjektive Element bei der Einigung zwischen Veräußerer und<br />
Erwerber an. Der Erwerber (K) muss nämlich annehmen, er schließe das Rechtsgeschäft mit<br />
dem Berechtigten ab über das Grundstücksrecht so, wie es eingetragen ist.<br />
Hingegen kommt es auf die Vorstellungen des Veräußerers nicht an. Es ist gleichgültig, ob<br />
der Veräußerer glaubt, er sei Eigentümer (Herr Imme), oder ob er weiß, dass er in Wirklichkeit<br />
nicht der Eigentümer ist.<br />
e) Beispiel Betrügerin II<br />
Herr Imme, der Veräußerer, war im Grundbuch eingetragen. Herr Kaplan, der Erwerber,<br />
nahm an, das Rechtsgeschäft mit dem wirklichen Eigentümer abzuschließen. Deswegen wird<br />
Herr Kaplan neuer Eigentümer, wenn im übrigen die Einigung zwischen Imme und Kaplan<br />
und die Eintragung des Kaplan als neuer Eigentümer erfolgt sind.<br />
51. Gesetzliche Grundlagen des gutgläubigen Erwerbs<br />
a) Gesetzliche Regelung<br />
Die Voraussetzungen und die Rechtsfolge des gutgläubigen Erwerbs an einem Grundstück<br />
oder Grundstücksrecht ergeben sich aus § 892 Absatz 1 Satz 1 BGB.<br />
§ 892 Absatz 1 Satz 1 BGB. Öffentlicher Glaube des Grundbuchs. Zugunsten desjenigen,<br />
welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht durch<br />
Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, dass ein Widerspruch<br />
gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber<br />
bekannt ist.<br />
b) Vier Voraussetzungen<br />
Erforderlich sind also<br />
(1) Dingliche Einigung über dingliche Rechtsänderung,<br />
(2) Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch,<br />
(3) Unrichtigkeit des Grundbuchs,<br />
(4) aber guter Glaube des Erwerbers an die Richtigkeit des Grundbuchs.<br />
Auf diese Voraussetzungen ist jetzt kurz einzugehen.<br />
52. Die vier Erfordernisse für den gutgläubigen Erwerb<br />
eines Grundstücksrechts<br />
a) Einigung<br />
Selbstverständlich muss sich der Erwerber mit dem Veräußerer in wirksamer Weise über den<br />
Rechtserwerb, insbesondere den Eigentumserwerb geeinigt haben. Im Betrügerin-Fall II erfolgte<br />
beispielsweise die Auflassung zwischen I und K. In diesem Fall wird die Einigung auch<br />
bejaht, wenn sie mit der falschen, aber eingetragenen Person erfolgt.<br />
23. 02. 2012<br />
37
) Eintragung<br />
Zweitens muss die gewollte Rechtsänderung, z. B. der Eigentumsübergang, zu Gunsten des<br />
Erwerbers in der normalen Weise in das Grundbuch eingetragen werden. Im Betrügerin-Fall<br />
II wurde beispielsweise Herr Kaplan als neuer Eigentümer eingetragen.<br />
c) Unrichtigkeit des Grundbuchs<br />
Einerseits kann es auf die besonderen Bestimmungen über den gutgläubigen Erwerb nur ankommen,<br />
wenn das Grundbuch unrichtig ist, weil es eine falsche Angaben enthält. Deswegen<br />
heißt es in § 892 Absatz 1 Satz 1, der Inhalt des Grundbuchs „gilt“ als richtig. Das bedeutet,<br />
das Grundbuch wird als richtig angesehen, obwohl es in Wirklichkeit falsch ist. Im Betrügerin-Fall<br />
II ist zum Beispiel Herr Imme als bisheriger Eigentümer des Grundstücks eingetragen,<br />
obwohl er in Wirklichkeit nicht Eigentümer ist.<br />
Wenn das Grundbuch jedoch richtig wäre, dann würde der Erwerber das Recht nach den normalen<br />
Voraussetzungen (Einigung und Eintragung) in der Weise erwerben, wie es im Grundbuch<br />
eingetragen ist, sein guter Glaube oder die besonderen Bestimmungen über den gutgläubigen<br />
Erwerb wären unerheblich.<br />
Zweitens wird nur der gute Glaube an eine Eintragung im Grundbuch geschützt, nicht andere<br />
Fälle guten Glaubens oder Irrtums. Deswegen heißt es in § 892 Absatz 1 Satz 1, dass nur „der<br />
Inhalt des Grundbuchs“ als richtig gilt. Andere Umstände, die der Erwerber nicht richtig erkannt<br />
hat, können nicht zu seinem gutgläubigen Erwerb führen. Deswegen wurde im Betrügerin-Fall<br />
I der gute Glaube Herrn Immes an die Identität der Verkäuferin (Beate oder Evelyn)<br />
nicht geschützt.<br />
d) Unkenntnis des Erwerbers, fehlender Widerspruch<br />
Derjenige, der ein Grundstück erwerben will (im Betrügerin-Fall II: Kaplan) von einer Person,<br />
die in Wirklichkeit nicht Eigentümerin ist (im Betrügerin-Fall II: Imme), kann nur dann<br />
neuer Eigentümer des Grundstücks werden, wenn er geglaubt hat, die eingetragene Person sei<br />
die Eigentümerin. Nur derjenige soll durch das Gesetz geschützt werden, der sich in dieser<br />
Hinsicht eine falsche Vorstellung gemacht hat.<br />
Wenn der Erwerber hingegen weiß, dass die Eintragung unrichtig war, handelt er mit bösem<br />
Willen und verdient nicht den Schutz des Gesetzes.<br />
Deswegen heißt es in § 892 Absatz 1 Satz 1 BGB: „es sei denn, dass die Unrichtigkeit dem<br />
Erwerber bekannt ist“. Der Ausdruck „es sei denn, dass“ bedeutet: die vorangehende Bestimmung<br />
darf nicht angewendet werden, also hier: der Inhalt des Grundbuchs gilt doch nicht<br />
als richtig. Das Gesetz will sagen: Der Inhalt des Grundbuchs gilt doch nicht als richtig, wenn<br />
„die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist“.<br />
Wenn dem Erwerber „bekannt ist“, dass z. B. der eingetragene Veräußerer in Wirklichkeit<br />
nicht der Eigentümer ist, kann er das Grundstück nicht von dem Nicht-Eigentümer erwerben.<br />
(Etwas anders ist die Regelung beim gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen, wie wir sehen<br />
werden).<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
38
Der gutgläubige Erwerb ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der wirklich Berechtigte einen<br />
„Widerspruch“ gegen die Richtigkeit des Grundbuchs hat eintragen lassen (§§ 892, 899<br />
BGB).<br />
e) Beispiel: Betrügerin-Fall I und II<br />
Wir sehen im Betrügerin-Fall also zwei Erwerbsvorgänge: von Beate an Imme (Fall I: unwirksam,<br />
weil Beate nicht eingetragen war) und von Imme an Kaplan (II: wirksam wegen<br />
Eintragung Immes und guten Glaubens Kaplans).<br />
53. Ausgleich oder Schadensersatz<br />
In den meisten Fällen hat der gutgläubige Erwerber einen Kaufpreis an den Nichtberechtigten,<br />
der über das Grundstück verfügt hat, bezahlt. Im Betrügerin-Fall II hat Kaplan den Preis an<br />
Imme bezahlt.<br />
Deswegen ordnet das Gesetz an, dass der Nichtberechtigte (im Betrügerin-Fall II: Imme) den<br />
Kaufpreis, den er für die Verfügung über das fremde Grundstück erhalten hat, an den bisherigen<br />
Eigentümer leisten muss (§ 816 Absatz 1 BGB).<br />
Wenn der Nichtberechtigte fahrlässig oder sogar vorsätzlich ohne Genehmigung über fremdes<br />
Eigentum verfügt hat, muss er dem bisherigen Eigentümer Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung<br />
zahlen (§ 823 Absatz 1 BGB). Beide Bestimmungen finden sich aber nicht im Sachenrecht<br />
des BGB, sondern im Schuldrecht.<br />
54. Sachenrechtsgesetz: Gutgläubiger Erwerb einer unbeweglichen Sache<br />
§ 106 Sachenrechtsgesetz gibt eine ausführliche Regelung. Meines Erachtens muss § 106 Nr.<br />
1 verbunden werden mit § 19 Sachenrechtsgesetz.<br />
Analysieren Sie selbst § 106 Sachenrechtsgesetz im Vergleich mit § 892 BGB.<br />
Inhalt des § 106 Sachenrechtsgesetz<br />
Voraussetzungen?<br />
Zwei Rechtsfolgen?<br />
Form des § 106 Sachenrechtsgesetz<br />
Verständlichkeit?<br />
Regel – Ausnahme?<br />
Klarheit, Bestimmtheit?<br />
55. Übereignung einer beweglichen Sache (§ 929 BGB)<br />
a) Problem<br />
Wenn der Gesetzgeber die Art und Weise regeln will, wie eine bewegliche Sache übereignet<br />
wird, hat er ganz verschiedene Möglichkeiten. Der Gesetzgeber hat für die beweglichen Sachen<br />
eine Möglichkeit gewählt, die ganz ähnlich ist wie die Regelung für Grundstücke.<br />
b) Hauptregel<br />
Die Hauptregel für die Übereignung einer beweglichen Sache findet sich in § 929 Satz 1<br />
BGB. Lesen Sie bitte diesen Satz!<br />
23. 02. 2012<br />
39
c) Zwei Erfordernisse<br />
Demnach müssen zwei Erfordernisse gegeben sein:<br />
(1) „dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt“ und dass<br />
(2) „beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll“.<br />
Solange eines der beiden Erfordernisse nicht erfüllt ist, ist die Verfügung nicht wirksam..<br />
d) Nicht erforderlich<br />
Von Gesetzes wegen sind für den Eigentumsübergang nicht erforderlich Schuldvertrag oder<br />
anderes Grundgeschäft oder Preiszahlung.<br />
56. „Einigung“ gemäß § 929 Satz 1 BGB<br />
a) Personen, Rechtsgeschäft, Anwendung des Allgemeinen Teils<br />
Es gilt hier weitgehend dasselbe, was wir schon oben zur Übertragung des Eigentums an einem<br />
Grundstück gesagt haben. Für dieses Rechtsgeschäft steht auf der einen Seite der bisherige<br />
Eigentümer, der die Sache veräußern will und deswegen der Veräußerer genannt wird<br />
(dieser kann z. B. der Verkäufer sein). Auf der anderen Seite steht der neue Eigentümer, der<br />
die Sache erwerben will, und deswegen der Erwerber heißt (dieser kann z. B. der Käufer<br />
sein).<br />
b) Formfreiheit<br />
Eine besondere Form ist für die „Einigung“ nicht erforderlich. Sie kann auch mündlich oder<br />
durch Zeichen erfolgen. Wenn beispielsweise der Käufer im Supermarkt die gekaufte Flasche<br />
Bier bezahlt und dann mit nach Hause nimmt, wurde stillschweigend die erforderliche Einigung<br />
über den Eigentumsübergang am Bier und über den Eigentumsübergang am Geld vorgenommen.<br />
c) Objekt der Einigung<br />
Die Einigung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber muss nach den Worten des Gesetzes<br />
direkt darauf abzielen, „dass das Eigentum übergehen soll“. § 929 meint nicht etwa, dass<br />
sich die Parteien über den Schuldvertrag, z. B. den Kauf, einig sein sollen. Gemeint ist nach §<br />
929 ein Vertrag, der das unmittelbare und einzige Ziel hat, den Eigentumswechsel herbeizuführen.<br />
57. „Übergabe“ gemäß § 929 Satz 1 BGB<br />
a) Gesetzliche Regelung<br />
Die zweite Voraussetzung für den Eigentumsübergang ist, neben der „Einigung“, die „Übergabe“<br />
der Sache. Der bisherige Eigentümer muss dem neuen Eigentümer den Besitz an der<br />
Sache verschaffen, das ist die „Übergabe“ vom Veräußerer an den Erwerber. Hierin liegt eine<br />
große Bedeutung des Besitzes an beweglichen Sachen. Hier zeigt sich das Offenkundigkeitsprinzip<br />
(Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über das Offenkundigkeitsprinzip).<br />
Fehlt es an der Einigung oder der Übergabe, dann ist die Übereignung völlig unwirksam.<br />
Beachten Sie den großen Bedeutungsunterschied der Worte:<br />
Die „Übergabe“ bedeutet (in diesem Zusammenhang) die Verschaffung des Besitzes.<br />
Die „Übereignung“ bedeutet die Verschaffung des Eigentums.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
40
In den besonderen Fällen der §§ 25 und 27 geht auch das Sachenrechtsgesetz von einem<br />
„Rechtsgeschäft“ oder einer „Vereinbarung“ aus.<br />
Eine besondere Regel stellt § 24 Sachenrechtsgesetz für „Schiffe, Luft- und Kraftfahrzeuge<br />
und ähnliche bewegliche Sachen“ auf.<br />
59. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums an einer beweglichen Sache<br />
a) Beispiel Segelschiff III<br />
Alexander ist Eigentümer eines Segelschiffs. Er verleiht dieses Segelschiff seinem Freund<br />
Balduin. Balduin braucht Geld und verkauft und übergibt das Segelschiff an Caesar. Dabei<br />
erklärt Balduin, dass er selbst der Eigentümer des Segelschiffes sei. Caesar hat gesehen, wie<br />
Balduin mit dem Segelschiff gesegelt ist. Caesar glaubt, Balduin sei der Eigentümer. Ist Caesar<br />
Eigentümer des Segelboots geworden?<br />
Für den Eigentumsübergang prüft man zuerst den Normalfall des § 929 Satz 1 BGB. Gemäß §<br />
929 Satz 1 hat zwar der Veräußerer Balduin dem Erwerber Caesar die Sache, nämlich das Segelboot,<br />
übergeben. Aber Balduin war nicht der „Eigentümer“, mit dem sich Caesar darüber<br />
„einig“ war, dass das Eigentum auf Caesar übergehen soll“. Der Eigentumserwerb ist also<br />
nicht nach § 929 Satz 1 zustande gekommen. – Hier kommt der gutgläubige Erwerb in Betracht.<br />
b) Problem und Problemlösung<br />
Es handelt sich um dasselbe Problem, das wir im Grundstücksrecht behandelt haben.<br />
Die gesetzliche Lösung verlangt - wie bei beweglichen Sachen üblich - Einigung und Übergabe.<br />
Sodann erklärt das Gesetz die Einigung des Erwerbers mit einer Person, die nicht Eigentümer<br />
ist, dann für ausreichend, wenn diese Person den Besitz an der veräußerten Sache<br />
hatte. Selbstverständlich gilt diese Regelung nur, wenn der Erwerber glaubte, dass derjenige,<br />
der als der Veräußerer auftraut, der Eigentümer sei. Auch gilt die Regelung nur dann, wenn<br />
der Erwerber nicht grobfahrlässig war, als er den Veräußerer zu Unrecht für den Eigentümer<br />
hielt. Schließlich macht das Gesetz wieder eine Ausnahme von der Ausnahme des gutgläubigen<br />
Erwerbs, wenn die betroffene Sache gestohlen worden war.<br />
60. Grundlagen des gutgläubigen Erwerbs<br />
a) Wortlaut des Gesetzes<br />
Lesen Sie § 932 Absatz 1 Satz 1 BGB:<br />
§ 932 Absatz 1 Satz 1 BGB. Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber<br />
auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn,<br />
dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde,<br />
nicht in gutem Glauben ist.<br />
b) Vier Voraussetzungen<br />
Wenn man § 932 zusammen mit § 929 Satz 1 BGB analysiert, ergeben sich vier Voraussetzungen<br />
für den gutgläubigen Erwerb des Eigentums an einer beweglichen Sache:<br />
(1) Dingliche Einigung über den Eigentumsübergang,<br />
(2) Übergabe der Sache von dem Veräußerer an den Erwerber,<br />
(3) der Umstand, dass „die Sache nicht dem Veräußerer gehört“,<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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(4) aber guter Glaube des Erwerbers, dass die Sache dem Veräußerer gehört.<br />
Auf diese Voraussetzungen ist jetzt kurz einzugehen.<br />
c) Eine Ausnahme<br />
Kein gutgläubiger Erwerb einer gestohlenen oder verlorenen Sache, § 935.<br />
§§ 106 bis 109 Sachenrechtsgesetz<br />
61. Die vier Erfordernisse für den gutgläubigen Erwerb<br />
a) Einigung<br />
Erstens ist die Einigung über den Eigentumsübergang erforderlich, § 929 S. 1. Denn wenn der<br />
Erwerber mit dem Veräußerer über den Eigentumserwerb nicht einig gewesen wäre, hätte der<br />
Erwerber nie das Eigentum an der Sache erhalten können.<br />
b) Übergabe<br />
Vorausgesetzt wird zweitens die Übergabe einer beweglichen Sache gemäß § 929 S. 1. Denn<br />
nur wenn diese beiden ersten Voraussetzungen sind, liegen die normalen Erfordernisse für die<br />
Übereignung vor. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, kann ja auch die Übereignung<br />
von dem wirklichen Eigentümer auf einen anderen nicht erfolgen.<br />
Außerdem kann nur der Besitz des Veräußerers den guten Glauben des Erwerbers rechtfertigen.<br />
Hier zeigt sich wieder der <strong>sachenrecht</strong>liche „Offenkundigkeitsgrundsatz“.<br />
Vorausgesetzt wird in § 932 die Übertragung des unmittelbaren Besitzes. Für den mittelbaren<br />
Besitz gibt es besondere Regeln in § 932 Absatz 1 Satz 2, 933 und 934. Über den mittelbaren<br />
Besitz werden wir am Ende des Kurses sprechen.<br />
c) Fehlen des Eigentums des Veräußerers<br />
<strong>Dr</strong>ittens ist erforderlich, dass derjenige, der die Sache übereignen will, nicht der Eigentümer<br />
der Sache ist. Denn wenn der Übereignende der wirkliche Eigentümer ist, erlangt der Erwerber<br />
ohnedies das Eigentum, irgendein guter Glaube ist in diesem Fall gleichgültig.<br />
d) Guter Glaube des Erwerbers<br />
Die vierte, die wichtigste, Voraussetzung besteht darin, dass der Erwerber gutgläubig ist, d. h.<br />
dass der Erwerber glaubt, der Veräußerer sei der wirkliche Eigentümer der Sache. Der gute<br />
Glaube des Erwerbers muss das Eigentum des Veräußerers betreffen. Diese ist die weitaus<br />
wichtigste Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb.<br />
Nur derjenige soll durch das Gesetz geschützt werden, der sich wegen des Eigentums des<br />
Veräußerers eine falsche Vorstellung gemacht hat.<br />
Der Begriff des guten Glaubens wird in § 932 Absatz 2 BGB in einer schwer verständlichen<br />
Weise erklärt. Denn das Gesetzt sagt nicht, was der gute Glaube ist, oder wann guter Glaube<br />
vorliegt. Sondern das Gesetz erklärt, in welchen beiden Fällen der Erwerber nicht in gutem<br />
Glauben ist. Lesen Sie § 932 Absatz 2 BGB.<br />
§ 932 Absatz 2 BGB. Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder<br />
infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.<br />
23. 02. 2012<br />
43
aa) Kein guter Glaube bei Kenntnis<br />
Der Erwerber ist natürlich nicht gutgläubig, wenn er bei dem Erwerb des Eigentums weiß,<br />
dass der Veräußerer nicht der Eigentümer ist. Es ist offensichtlich, dass in einem solchen Fall<br />
der Erwerber nicht schutzwürdig ist, wenn er gar nicht mit dem Eigentum des Veräußerers gerechnet<br />
hat. Daraus folgt umgekehrt, dass der Erwerber gutgläubig ist, wenn er gar nicht<br />
weiß, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist.<br />
bb) Kein guter Glaube bei grobfahrlässiger Unkenntnis<br />
Der Erwerber ist auch in dem Fall nicht gutgläubig, wenn er nur aus grober Fahrlässigkeit<br />
nicht erkennt, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist. Denn auch derjenige, der in grober<br />
Fahrlässigkeit die Eigentumsverhältnisse nicht erfasst, ist nicht schutzwürdig. Eine gesetzliche<br />
Definition der groben Fahrlässigkeit gibt es nicht. (Anders der gute Glauben in Grundstücksgeschäften,<br />
denn nach § 892 BGB schadet nur ein Widerspruch, der im Grundbuch eingetragen<br />
ist, oder die Kenntnis).<br />
„Grobfahrlässig“ handelt, wer das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedermann einleuchten<br />
musste.<br />
Beispiel Rolex<br />
Wer von einem unbekannten Mann auf dem Bahnhof für 200,- Euro eine wirkliche wertvolle<br />
Rolex-Uhr kauft, die aber dem Verkäufer gar nicht gehört, handelt sicher in grobfahrlässiger<br />
Weise, kann sich auf seinen guten Glauben nicht berufen, wird nicht Eigentümer der Rolex-<br />
Uhr und muss diese an den wirklichen Eigentümer herausgeben.<br />
Aus der Formulierung des Gesetzes folgt aber umgekehrt, dass der Erwerber sogar dann gutgläubig<br />
ist, hinsichtlich seines Erwerbs geschützt wird und das Eigentum an der Sache erhält,<br />
wenn er nur aus leichter Fahrlässigkeit das Fehlen des Eigentums des Veräußerers nicht bemerkt<br />
hat. Die einfache oder leichte Fahrlässigkeit ist in § 276 Absatz 2 BGB definiert.<br />
Beispiel Pelz-Laden I<br />
Frau Felicitas gibt ihren wertvollen Pelzmantel dem Pelzgeschäft Paulus, um ihn reparieren<br />
zu lassen. Das Pelzgeschäft Paulus ist alt und gut bekannt. Die Eigentümerin des Pelzgeschäfts<br />
jedoch verkauft und übereignet den Pelzmantel an die Kundin Karla, die gerade einen<br />
günstigen, gebrauchten Pelz kaufen will. Frau Karla hatte gehört, dass das Pelzgeschäft Paulus<br />
finanzielle Schwierigkeiten hat. Trotzdem ist Frau Karla nicht auf die Idee gekommen,<br />
sich nach der Herkunft des Pelzmantels zu erkundigen. – Vielleicht hat Frau Karla „die im<br />
Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht“ gelassen, aber jedenfalls war sie nicht grobfahrlässig.<br />
Frau K ist also Eigentümerin geworden und Frau F könnte den Pelzmantel nicht von<br />
Frau K herausverlangen.<br />
62. Wichtige Ausnahme: Gestohlene oder verlorene Sache (§ 935 BGB)<br />
Aber der gutgläubige Erwerb ist fast immer in dem wichtigsten Fall ausgeschlossen. Lesen<br />
Sie hierzu § 935 Absatz 1 Satz 1 BGB.<br />
§ 935 Absatz 1 Satz 1 BGB. Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934<br />
tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verlorengegangen oder<br />
sonst abhanden gekommen war.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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An einer Sache, die gestohlen wurde oder die der Eigentümer verloren hat, ist gutgläubiger<br />
Erwerb nicht möglich.<br />
(1. Der Begriff des „Diebstahls“ und damit der „gestohlenen“ Sache ist im deutschen Recht<br />
sehr eng. Wenn eine Sache nur „unterschlagen“ wurde, wie im Pelzladen, wurde sie nicht<br />
„gestohlen“ und kann deswegen gutgläubig erworben werden.<br />
2. Von der Ausnahme in § 935 I 1 gibt es wiederum Ausnahmen in Satz 2 der Bestimmung.)<br />
Beispiel Radio<br />
Der Dieb Daniel hat aus dem Haus des Enno ein Radio gestohlen und es an den Käufer Kai<br />
verkauft und scheinbar übereignet. Kai hat das Radio an Nikolaus verkauft und übereignet,<br />
Nikolaus hielt den Kai für den Eigentümer. Von Nikolaus ist das Radio an den ebenfalls gutgläubigen<br />
Golo gelangt. Enno sieht das Radio bei Golo, erkennt es als sein eigenes und verlangt<br />
es heraus, § 985. Mit recht?<br />
Enno war der ursprüngliche Eigentümer, das Radio ist ihm gestohlen worden, niemand konnte<br />
es gutgläubig erwerben, also hat Enno sein Eigentum an dem Radio behalten und kann das<br />
Radio bei Golo trotz dem guten Glauben des Golo gemäß § 985 BGB herausverlangen.<br />
63. Ausgleich oder Schadensersatz<br />
Der Nichtberechtigte muss den zu Unrecht erhaltenen Kaufpreis an den bisherigen Eigentümer<br />
leisten (§ 816 Absatz 1 BGB), oder er muss an den bisherigen Eigentümer Schadensersatz<br />
wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Eigentumsverletzung zahlen (§ 823 Absatz 1<br />
BGB). „Nichtberechtigt“ ist derjenige, der eine Sache in wirksamer Weise übereignet, obwohl<br />
er nicht selbst der Eigentümer ist und auch nicht vom Eigentümer dazu ermächtigt worden ist.<br />
Beispiel Pelz-Laden II<br />
Das Pelzgeschäft Paulus hat den Pelzmantel der Frau Felicitas unterschlagen und wirksam an<br />
die gutgläubige Kundin Karla verkauft und übereignet. Wenn jetzt Frau F erfährt, dass sich<br />
der Pelzmantel bei Frau K befindet, kann F den Pelzmantel von K nicht nach § 985 herausverlangen,<br />
denn F ist ja nicht mehr die Eigentümerin. Jedoch hat F einen Ersatzanspruch wegen<br />
Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung (§ 823 Absatz 1) und einen Bereicherungsanspruch<br />
wegen der Verfügung eines Nichtberechtigten (§ 816 Absatz 1 BGB) gegen P.<br />
64. Wiederholungsfragen zum gutgläubigen Erwerb<br />
1. Adolf ist Eigentümer einer Taschenuhr. Er verleiht diese Taschenuhr an Bodo. Bodo verkauft<br />
sie und übereignet sie an Claudio. Claudio denkt, ohne dass man ihm irgendwelche<br />
Vorwürfe machen könnte, dass Bodo der Eigentümer sei. Ist Claudio Eigentümer geworden?<br />
2. Was bedeutet „gutgläubiger Erwerb“?<br />
3. Welche sind seine Voraussetzungen, welche ist seine Rechtsfolge?<br />
4. Gegen welches Prinzip verstößt die Anerkennung des gutgläubigen Erwerbs<br />
durch das Gesetz?<br />
5. Warum erkennt das BGB den gutgläubigen Erwerb an?<br />
6. Nennen Sie zwei Vorschriften zum Schutz des guten Glaubens.<br />
7. Was ist im allgemeinen mit dem „Schutz des guten Glaubens“ gemeint?<br />
23. 02. 2012<br />
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8. Welche Rechte hat der bisherige Eigentümer, der sein Eigentum infolge gutgläubigen<br />
Erwerbs an einen <strong>Dr</strong>itten verloren hat? Gegen wen muss der bisherige Eigentümer seine Ansprüche<br />
richten?<br />
65. Eigentumserwerb - <strong>deutsches</strong> Recht - chinesischer Roman<br />
a) Die deutsche Abwandlung<br />
In Deutschland könnte sich der folgende Fall ereignet haben, den Sie nach dem BGB (nicht<br />
nach dem Strafrecht) entscheiden sollen:<br />
R war zum Richter am Landgericht in Hamburg ernannt worden. Dabei musste er einen<br />
Mordfall entscheiden, der kurz vorher in seinem Landgerichtsbezirk stattgefunden hatte. Die<br />
Anzeige des Mordes kam von dem Diener des Ermordeten. Der Diener erklärte: „Der Ermordete<br />
hatte eine Vase von ihrem Eigentümer, einem Antiquitätenhändler, gekauft und den<br />
Kaufpreis bezahlt. Aber er hatte ausgemacht, dass er die Vase erst drei Tage später abholen<br />
und in sein Haus bringen wolle, weil dieser Tag im Kalender als Glückstag verzeichnet stand.<br />
Der Schurke von Antiquitätenhändler hat nun diese Frist benutzt, um heimlich dieselbe Vase<br />
ein zweites Mal zu verkaufen und zu übereignen, und zwar an einen Mann namens Siä Pan.<br />
Mein Herr erfuhr rechtzeitig von diesem Handel und machte sich auf, um dem Antiquitätenhändler<br />
die Vase wegzunehmen. Aber die Leute jenes Siä Pan, eines brutalen Burschen, der<br />
im Vertrauen auf die Macht seiner Sippe Gesetz und Recht verachtete, hinderten ihn daran<br />
und schlugen ihn mit Knüppeln tot. Die Schuldigen haben sich dann mit der Vase davongemacht<br />
und sind seitdem spurlos verschwunden“.<br />
Beantworten Sie die folgenden Fragen:<br />
(1) Wer war Eigentümer der Vase, solange sie sich bei dem Antiquitätenhändler befand und<br />
noch nicht verkauft war?<br />
(2) Wer war Eigentümer der Vase nach dem Bericht: „„Der Ermordete hatte eine Vase von<br />
ihrem Eigentümer, einem Antiquitätenhändler, gekauft und den Kaufpreis bezahlt. Aber<br />
er hatte ausgemacht, dass er die Vase erst drei Tage später abholen und in sein Haus<br />
bringen wolle.“<br />
(3a) Nehmen Sie an, die Vase hätte sich noch bei dem Antiquitätenhändler befunden, und sei<br />
noch nicht an den später Ermordeten übereignet worden. Wie ist die Rechtslage nach<br />
dem weiteren Bericht: „Der Schurke von Antiquitätenhändler hat nun diese Frist benutzt,<br />
um heimlich dieselbe Vase ein zweites Mal zu verkaufen und zu übereignen, und zwar an<br />
einen Mann namens Siä Pan.“ Ist es dabei erheblich, ob Siä Pan von dem vorhergehenden<br />
Geschäft zwischen dem Antiquitätenhändler und dem (später) Ermordeten wusste?<br />
(3b) Nehmen Sie hingegen an, die Vase bei dem Antiquitätenhändler sei bereits an den Ermordeten<br />
wirksam übereignet worden. Wie ist die Rechtslage nach dem weiteren Bericht:<br />
„Der Schurke von Antiquitätenhändler hat nun diese Frist benutzt, um heimlich<br />
dieselbe Vase ein zweites Mal zu verkaufen und zu übereignen, und zwar an einen Mann<br />
namens Siä Pan.“ Ist es dabei erheblich, ob Siä Pan von dem vorhergehenden Geschäft<br />
zwischen dem Antiquitätenhändler und dem (später) Ermordeten wusste?<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
46
) Das chinesische Original<br />
(Aus dem Roman: Der Traum der roten Kammer, übersetzt von Franz Kuhn, 4. Kapitel). Yü<br />
Tsun war zum Präfekten von Ying tiän ernannt worden. Dabei musste er einen Mordfall entscheiden,<br />
der kurz vorher in seinem Bezirk stattgefunden hatte. Als Ankläger trat der Diener<br />
des Ermordeten auf und erklärte: „Der Ermordete hatte eine Sklavin von ihrem Besitzer, einem<br />
Kinderdieb, rechtmäßig erworben und den Kaufpreis auch bezahlt, aber ausgemacht,<br />
dass er die Sklavin erst drei Tage später in sein Haus abholen wolle, weil dieser Tag im Kalender<br />
als Glückstag verzeichnet stand. Der Schurke von Kinderdieb hat nun diese Frist benutzt,<br />
um heimlich dieselbe Sklavin ein zweites Mal zu verkaufen, und zwar an einen Mann<br />
namens Siä Pan. Mein Herr erfuhr rechtzeitig von diesem Handel und machte sich auf, um<br />
dem Sklavenhändler das Mädchen wegzunehmen. Aber die Leute jenes Siä Pan, eines brutalen<br />
Burschen, der im Vertrauen auf die Macht seiner Sippe Gesetz und Recht verachtete, hinderten<br />
ihn daran und schlugen ihn mit Knüppeln tot. Die Schuldigen haben sich dann mit der<br />
Sklavin davongemacht und sind seitdem spurlos verschwunden“.<br />
Historische Fragen:<br />
- Was ist eine Sklavin?<br />
- Gibt es heute von Rechts wegen noch Sklaven in Europa oder China?<br />
66. Wohnungseigentum (nicht mündlich behandelt)<br />
a) Problem<br />
Mit der kurzen Darstellung des Wohnungseigentums kehren wir von den beweglichen Sachen<br />
zurück zu den Grundstücken.<br />
Wie wir gesehen haben, ist es für das BGB sehr wichtig, dass das Grundstück und die Gebäude<br />
auf dem Grundstück eine Einheit bilden (Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über<br />
Gebäude). Zu derselben Einheit gehört die Ausstattung des Gebäudes mit Wohnungen. Nach<br />
diesem Prinzip ist immer der Grundstückseigentümer voller Eigentümer der Wohnungen, die<br />
in einem Gebäude auf seinem Grundstück gebaut wurden. Nach diesem Prinzip könnte nur<br />
derjenige Eigentum an einer Wohnung haben, der Eigentümer des Grundstücks ist. Wer nicht<br />
Eigentümer des Grundstücks ist, könnte nicht Eigentümer einer Wohnung sein.<br />
Es gibt viele Leute, die das Geld für eine Wohnung bezahlen können, die aber nicht das Geld<br />
für ein Grundstück haben. Diese Leute könnten nach dem Prinzip des BGB nicht Wohnungseigentümer<br />
werden.<br />
Um den Personen, die das Geld für eine Wohnung, aber nicht für ein ganzes Grundstück haben,<br />
zu helfen, wird das Prinzip des BGB der rechtlichen Einheit von Grundstück und Gebäude<br />
aufgegeben.<br />
Ein besonderes Gesetz ermöglicht es, dass man das volle Eigentum an einer Wohnung (Sondereigentum)<br />
und ein praktisch sehr eingeschränktes Miteigentum an dem übrigen Gebäude<br />
und an dem Grundstück (gemeinschaftliches Eigentum) haben kann.<br />
Das Wohnungseigentum bildet also eine Ausnahme von dem Grundsatz der Einheit des<br />
Grundstücks mit seinen Gebäuden.<br />
23. 02. 2012<br />
47
) Praktische und juristische Bedeutung<br />
Gegenstand des Wohnungseigentums ist eine Wohnung, die sich in einem Gebäude mit mehreren<br />
Wohnungen befindet. Diese Wohnung steht im alleinigen, vollen Eigentum des Wohnungseigentümers.<br />
Das Gesetz spricht hier von Sondereigentum. Der Wohnungseigentümer<br />
kann seine Wohnung bewohnen, vermieten und in sonstiger Weise nutzen.<br />
Aber diejenigen Teile des Gebäudes, die für den Bestand des Gebäudes oder für die Sicherheit<br />
erforderlich sind, oder die auch von den anderen Wohnungseigentümern gebraucht werden,<br />
stehen im gemeinschaftlichen Eigentum. Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört vor<br />
allem das Grundstück, auf dem sich das Wohngebäude befindet, dazu beispielsweise der Eingang<br />
und das Treppenhaus sowie der Aufzug des Gebäudes, die Außenwände des Gebäudes,<br />
die tragenden Innenwände, die Decken zwischen den Gebäudegeschossen. Jeder Wohnungseigentümer<br />
kann das gemeinschaftliche Eigentum mitgebrauchen.<br />
Im Falle des Wohnungseigentums sind also zwei Arten des Eigentums zu unterscheiden: das<br />
Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers an seiner eigenen Wohnung und das<br />
gemeinschaftliche Eigentum aller Wohnungseigentümer eines Gebäudes an denjenigen Gebäudeteilen,<br />
die für das gesamte Gebäude oder für alle Wohnungseigentümer notwendig sind.<br />
c) Begründung des Wohnungseigentums<br />
Wenn mehrere Personen Miteigentum an einem Grundstück haben, begründen sie das Wohnungseigentum<br />
für jeden der Miteigentümer durch einen dinglichen Vertrag, den sie miteinander<br />
schließen. Form: Auflassung und Eintragung (§§ 925, 873 BGB) in das Wohnungsgrundbuch,<br />
welches für jede einzelne Wohnung neu angelegt wird.<br />
Wenn nur eine Person Eigentum an einem Grundstück hat, kann sie durch Erklärung gegenüber<br />
dem Grundbuchamt das Eigentum entsprechend teilen. Erforderlich ist wiederum die<br />
Anlegung von Wohnungsgrundbüchern und die Eintragung in die Wohnungsgrundbücher.<br />
d) Übertragbarkeit und Belastbarkeit<br />
Jeder Wohnungseigentümer kann sein Wohnungseigentum auf eine andere Person übertragen<br />
und kann es vererben. Er kann sein Wohnungseigentum auch mit einer oder mit mehreren<br />
Hypotheken belasten. Auf diese Weise kann er Darlehen aufnehmen, z. B. um den Kaufpreis<br />
für seine Eigentumswohnung zu bezahlen. Durch eine Verfügung über das Wohnungseigentum<br />
werden sowohl das Sondereigentum als auch der Anteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum<br />
übertragen, vererbt oder belastet.<br />
e) Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Verwaltung<br />
Alle Wohnungseigentümer bilden eine Gemeinschaft. Alle Wohnungseigentümer zusammen<br />
fassen ihre Beschlüsse in einer Wohnungseigentümerversammlung, in der jeder Eigentümer<br />
für eine Wohnung eine Stimme hat, durch Mehrheitsbeschluss. Der Beschluss ist für alle<br />
Wohnungseigentümer bindend.<br />
Die Wohnungseigentümer bestellen in ihrer Versammlung den Verwalter. Der Verwalter<br />
kann ein Wohnungseigentümer oder ein Außenstehender sein, eine natürliche oder eine juristische<br />
Person. Der Verwalter kann durch die Wohnungseigentümerversammlung abberufen<br />
werden.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
48
§§ 70 bis 83 Sachenrechtsgesetz<br />
f) Sachenrechtsgesetz<br />
Es ist ganz offensichtlich, dass in diesem Punkt das deutsche Recht und das chinesische Recht<br />
ganz ähnlich sind. Ein Unterschied besteht darin, dass der deutsche Wohnungseigentümer<br />
auch einen kleinen rechtlichen Anteil an dem Grundstück hat, auf dem sich das Gebäude mit<br />
seiner Wohnung befindet, während der private chinesische Eigentümer keinerlei Eigentumsrecht<br />
an dem Grundstück haben kann.<br />
67. Zusammenfassung der wichtigsten Eigentumsbestimmungen<br />
Wir haben im zweiten Teil des Kurses den Inhalt und die Übertragung des Eigentums an<br />
Grundstücken und an beweglichen Sachen sowie das Wohnungseigentum behandelt. Gebäude<br />
sind wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Die rechtliche Einheit von Grundstück und<br />
Gebäude wird verändert, wenn Wohnungseigentum begründet wird. Die Übereignung von<br />
Grundstücken erfolgt gemäß §§ 873, 925 durch „Einigung (genauer: Auflassung) und Eintragung“.<br />
Die Übereignung beweglicher Sachen erfordert gemäß § 929 „Einigung und Übergabe“.<br />
Gutgläubiger Erwerb ist möglich. Der Offenkundigkeitsgrundsatz und das Trennungs-<br />
und Abstraktionsprinzip sind wichtig.<br />
23. 02. 2012<br />
49
(Nicht mündlich behandelt)<br />
3. TEIL. NUTZUNGSRECHTE<br />
68. Problem<br />
Wenn ein Eigentümer einem anderen erlauben will, sein Grundstück zu benutzen, können die<br />
Parteien in diesem Sinn eine unentgeltliche Leihe oder eine (entgeltliche) Miete oder Pacht<br />
vereinbaren. Diese Verträge haben aber nur schuldrechtliche, nicht dingliche Wirkung. Was<br />
bedeutet das?<br />
(1) Wenn der ursprüngliche Eigentümer und Vertragschließende sein Grundstück auf einen<br />
neuen Eigentümer überträgt, ist der neue Eigentümer gegenüber dem Entleiher oder Mieter<br />
oder Pächter nicht an die ursprünglichen Verträge gebunden. Denn die ursprünglichen Verträge<br />
sind nur Schuldverträge, und diese entfalten eine Bindungswirkung nur unter den vertragschließenden<br />
Parteien.<br />
(2) Wenn ein <strong>Dr</strong>itter den Entleiher oder Mieter oder Pächter auf dem Grundstück stört, haben<br />
diese nicht dieselben Schutzansprüche (vor allem §§ 985, 1004 und 823) wie der Eigentümer.<br />
(3) Entleiher, Mieter oder Pächter können ohne Zustimmung des Eigentümers ihr Benutzungsrecht<br />
nicht auf einen anderen übertragen.<br />
Das Erbbaurecht und die Dienstbarkeiten beseitigen diese Schwächen zum Teil. Der Erbbauberechtigte<br />
und der Dienstbarkeitsberechtigte erhalten dingliche Rechte, die zum Teil so stark<br />
wie das Eigentum sind.<br />
69. Systematik des BGB<br />
Der Ausdruck „Nutzungsrecht“ wird im BGB nicht verwendet. Er bezeichnet aber gut den Inhalt<br />
der Rechte, die es dem Berechtigten erlauben, ein fremdes Grundstück zu benutzen.<br />
Das umfassendste dingliche Recht zur Nutzung eines fremden Grundstücks ist das Erbbaurecht.<br />
Dieses ist aber nicht im BGB geregelt, (sondern in einer besonderen Verordnung). Das<br />
Erbbaurecht hat eine große Ähnlichkeit mit dem Recht zur Nutzung von Bauland des chinesischen<br />
Sachenrechtsgesetzes. Deswegen werden wir es besprechen.<br />
Das dingliche Recht, ein fremdes Grundstück in einer bestimmten Weise, zu nutzen, ist die<br />
Dienstbarkeit. Das BGB regelt mehrere Arten. Wir müssen die „Grunddienstbarkeit“ behandeln,<br />
weil diese die größte Ähnlichkeit mit der Grunddienstbarkeit des chinesischen Sachenrechts<br />
hat.<br />
70. „Dingliche Nutzungsrechte“ des Sachenrechtsgesetzes<br />
Lesen Sie § 117 des Sachenrechtsgesetzes. Diese gesetzliche Definition entspricht dem Inhalt<br />
der Grunddienstbarkeit des deutschen Rechts. Lesen Sie die Überschriften zum 3. Teil des<br />
Sachenrechtsgesetzes und beantworten Sie die Frage: Welche dinglichen Nutzungsrechte<br />
kennt das Sachenrechtsgesetz?<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
50
§ 117 setzt voraus, dass ein Nutzungsrecht an einer „beweglichen Sache“ bestellt werden<br />
kann. Können Sie einen solchen Fall finden?<br />
71. Erbbaurecht – Begriffe<br />
Das Erbbaurecht ist eine dingliches Recht, es gehört zu den Sachenrechten. Das Erbbaurecht<br />
betrifft keine Frage des Erbrechts, es hat mit dem Vermögen einer verstorbenen Person nichts<br />
zu tun. Die Bezeichnung „Erbbaurecht“ erklärt sich allein aus der Rechtsgeschichte. Die Beteiligten<br />
sind der Grundstückseigentümer und der Erbbauberechtigte.<br />
72. Erbbaurecht – Praktische Bedeutung<br />
Das Problem, das durch das Erbbaurecht gelöst wird, ist ähnlich wie das Problem, das durch<br />
das Wohnungseigentum beseitigt wird. In beiden Fällen hat eine Partei ein ganz starkes wirtschaftliches<br />
Bedürfnis, Eigentum an einem Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu<br />
haben, gleichzeitig hat die Partei nur ein geringes wirtschaftliches Interesse an dem Eigentum<br />
an dem Grundstück. Diese Partei hat oft genügend Geld, um ein Gebäude zu errichten, aber<br />
sie hat nicht ausreichend Geld, um außerdem das Grundstück zu kaufen. Der Vorteil für den<br />
Erbbauberechtigten liegt darin, das er voller Eigentümer des Bauwerks wird.<br />
Umgekehrt hat oft ein Grundstückseigentümer ein Interesse daran, dass ein anderer sein<br />
Grundstück für eine bestimmte Zeit in einer bestimmten Art nutzt und dafür eine finanzielle<br />
Gegenleistung erbringt. Derselbe Grundstückseigentümer will das Eigentum an dem Grundstück<br />
behalten, er hat aber kein besonderes Interesse an dem Eigentum an dem Gebäude. Ein<br />
weiterer Vorteil besteht darin, dass er selbst Wertsteigerungen seines Grundstücks genießt.<br />
Der Nachteil für den Grundstückseigentümer besteht darin, dass er tatsächlich sein Grundstück<br />
nicht mehr selbst in vollem Umfang nutzen kann. Solange das Erbbaurecht besteht, ist<br />
der Wert des Grundstücks vermindert, weil auch ein Grundstückskäufer das Grundstück nicht<br />
in vollem Umfang nutzen könnte.<br />
Der Zweck des Gebäude kann ganz unterschiedlich sein. Es kommen Wohnhäuser für eine<br />
oder für viele Familien, Vergnügungsparks, Bürogebäude, Lagerhäuser oder Fabriken in Betracht.<br />
Bauwerk im Sinne der Erbbaurechtsverordnung sind auch Kaufhäuser und Autoparkhäuser,<br />
sogar Straßen und Kanäle.<br />
Das Erbbaurecht wird oft im öffentlichen Interesse eingesetzt, um den Wohnungsbau zu fördern<br />
oder um Wirtschaftsunternehmen anzusiedeln. Das Erbbaurecht soll auch eingesetzt<br />
werden, um die Grundstücksspekulation und das Steigen der Grundstücks- und Häuserpreise<br />
zu verhindern.<br />
73. Erbbaurecht – Gesetzliche Grundlagen<br />
Das Erbbaurecht ist das Recht des Erbbauberechtigten, auf einem fremden Grundstück das<br />
Eigentum an einem Bauwerk zu haben.<br />
Die Besonderheit des Erbbaurechts ist es, dass der Erbbauberechtigte Eigentümer des Bauwerks<br />
wird, dass er aber nicht Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bauwerk errichtet<br />
ist, wird.<br />
23. 02. 2012<br />
51
Der Grundstückseigentümer behält das Eigentum an seinem Grundstück, er wird aber zunächst<br />
nicht Eigentümer des Bauwerks.<br />
Man kann kurz sagen: durch das Erbbaurecht wird die enge juristische Verbindung von<br />
Grundstück und Gebäude zerbrochen. Entgegen § 94 Absatz 1 Satz 1 BGB ist das Gebäude<br />
nicht mehr wesentlicher Bestandteil des Grundstucks. Bauwerk und Grundstück können verschiedene<br />
rechtliche Schicksale haben.<br />
74. Erbbaurecht – Gesetzliche Einzelheiten<br />
a) Bestellung<br />
Die Bestellung des Erbbaurechts erfolgt in derselben Form wie die Verfügung über ein<br />
Grundstück, nämlich durch Einigung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten<br />
und durch Eintragung in das Grundbuch des belasteten Grundstücks (§ 873<br />
BGB) und außerdem durch Eintragung in ein besonderes Erbbaugrundbuch. Gutgläubiger<br />
Erwerb ist möglich (Wiederholen Sie die Kapitel unserer Vorlesung über unrichtige Eintragungen<br />
im Grundbuch und gutgläubigen Erwerb).<br />
b) Berechtigte, Übertragbarkeit, Belastbarkeit<br />
Erbbauberechtigt kann jede natürliche oder juristische Person werden. Das Erbbaurecht ist<br />
rechtsgeschäftlich übertragbar und vererblich. Es kann auch mit anderen dinglichen Rechten<br />
(z. B. mit Dienstbarkeiten) belastet werden. Es ist besonders wichtig, dass der Erbbauberechtigte<br />
auf sein Erbbaurecht eine oder mehrere Hypotheken aufnehmen kann, z. B. um den Bau<br />
des Gebäudes, das er auf dem fremden Grundstück errichten will, zu bezahlen (Außerdem<br />
kann der Grundstückseigentümer auf seinem Grundeigentum Hypotheken aufnehmen).<br />
Erforderlich sind hierfür - wie beim Grundeigentum - die Einigung des bisherigen Erbbauberechtigten<br />
und des neuen Berechtigten und die Eintragung in das Erbbaugrundbuch. Das<br />
Gesetz verlangt hierzu nicht die Zustimmung des Grundstückseigentümers (doch kann dieses<br />
Erfordernis zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten vereinbart<br />
werden).<br />
c) Rechte des Erbbauberechtigten<br />
Der Erbbauberechtigte hat dieselben Rechte wie ein Grundstückseigentümer. Sein Recht erstreckt<br />
sich sowohl auf die Erdoberfläche wie auf den Raum unter der Erdoberfläche(, der<br />
Umfang des Rechts kann aber vertraglich beschränkt werden auf den Raum „auf“ oder „unter“<br />
der Erdoberfläche).<br />
d) Rechte des Grundstückseigentümers<br />
Umgekehrt sind die Rechte des Eigentümers des belasteten Grundstücks erheblich beschränkt.<br />
Er hat meistens nur noch die wirtschaftliche Nutzung in der Form, dass er die vereinbarten<br />
Gegenleistungen von dem Erbbauberechtigten verlangen kann. Er kann sein belastetes Grundstück<br />
veräußern oder weiter belasten.<br />
e) Gegenleistung des Erbbauberechtigen<br />
Es ist üblich, dass der Erbbauberechtigte an den Grundstückseigentümer eine Gegenleistung<br />
leistet, z. B. jedes Jahr eine bestimmte Geldleistung. Diese Gegenleistung ist nicht von dem<br />
Gesetz vorgeschrieben, sondern kann von den Beteiligten vereinbart werden.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
52
75. Ende des Erbbaurechts<br />
Das Gesetz selbst ordnet eine Beendigung des Erbbaurechts nicht an. Das Erbbaurecht kann<br />
also auf unbestimmte Zeit bestellt werden. Das Erbbaurecht kann aber durch die Beteiligten<br />
beendet werden.<br />
Wenn das Erbbaurecht erlischt, fällt das Eigentum an dem Bauwerk an den Grundstückseigentümer.<br />
Das Gesetz verpflichtet den Grundstückseigentümer, an den bisherigen Erbbauberechtigten<br />
eine Entschädigung für den Wert des Bauwerks bezahlen, wenn das Eigentum an dem Bauwerk<br />
an den Grundstückseigentümer fällt.<br />
76. Sachenrechtsgesetz - Das Recht zur Nutzung von Bauland<br />
a) Problem<br />
Einerseits hat oft eine juristische oder natürliche Person ein ganz starkes Bedürfnis, Eigentum<br />
an einem Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu haben.<br />
Andererseits hat der Grundstückseigentümer in China, nämlich der Staat oder ein Kollektiv,<br />
gar nicht die Möglichkeit, das Eigentum an dem Grundstück auf eine Privatperson zu übertragen.<br />
Gleichzeitig hat der Staat oder das Kollektiv sehr oft ein Interesse daran, dass eine Privatperson<br />
oder ein privates Unternehmen auf dem Grundstück Gebäude errichtet und dass eine<br />
Privatperson oder ein Kollektiv für den Bau auf dem Grundstück eine Gegenleistung erbringt.<br />
Es kommen auch weitere öffentliche Interessen in Betracht. Dafür ist der Staat oder<br />
das Kollektiv damit einverstanden, dass sie selbst das Grundstück gar nicht mehr oder nur<br />
noch in geringerem Maße nutzen können.<br />
b) Einzelne Bestimmungen des chinesischen Sachenrechtsgesetzes<br />
Lesen Sie das chinesische Gesetz. Vergleichen Sie das chinesische Gesetz mit dem deutschen<br />
Erbbaurecht:<br />
§ 135 Sachenrechtsgesetz: Nach deutschem Recht Befugnisse beschränkt auf das Haben eines<br />
Gebäudes.<br />
§ 136 Satz 1: Ebenso das deutsche Recht.<br />
§ 136 Satz 2: Im Ergebnis ebenso das deutsche Recht.<br />
§ 137 Absatz 1: Das deutsche Recht kennt nur eine einzige Art der Bestellung des Erbbaurechts,<br />
nämlich Einigung und Eintragung.<br />
§ 137 Absatz 2: Ähnliche Vorschriften im deutschen Verwaltungsrecht.<br />
§ 137 Absatz 2 Satz 1: Für einen deutschen Leser schwer verständlich.<br />
§ 137 Absatz 2 Satz 2: Dafür ist in Deutschland das Verwaltungsrecht zuständig, vor allem<br />
das Bauplanungsrecht.<br />
§ 138 Absatz 1: Formvorschriften für den Schuldvertrag (§§ 311 b Absatz 1 Satz 1 BGB) und<br />
für das dingliche Rechtsgeschäft.<br />
§ 138 Absatz 2: Ebenso im deutschen Recht. Aber im deutschen Recht keine Bestimmung wie<br />
Nr. 7, denn für Streitigkeiten ist ohnehin das ordentliche Gericht zuständig, wenn die Parteien<br />
nichts Abweichendes vereinbaren.<br />
§ 139 Satz 1 und Satz 2 entsprechen zwar dem deutschen Recht. Aber nach deutschem Recht<br />
muss die dingliche „Einigung“ über die Bestellung des Erbbaurechts hinzukommen.<br />
23. 02. 2012<br />
53
§ 139 Satz 3: Ein „Zertifikat“ ist dem deutschen Recht unbekannt. Aber jeder Interessent kann<br />
jederzeit eine Abschrift des Grundbuchs erhalten.<br />
§§ 140 und 141 sind nach deutschem Recht selbstverständlich und sind deswegen nicht ausdrücklich<br />
im Gesetz geregelt.<br />
§§ 142 und 143: Ebenso im deutschen Recht.<br />
§ 144 Satz 1: Anders das deutsche Recht. Formvorschriften für den Schuldvertrag (§§ 311 b<br />
Absatz 1 Satz 1 BGB) und für das dingliche Rechtsgeschäft.<br />
§ 144 Satz 2: Ebenso im deutschen Recht, aber abweichende Konstruktion.<br />
§ 145: § 145 entspricht zwar dem deutschen Recht. Aber nach deutschem Recht muss die<br />
dingliche „Einigung“ über die Bestellung des Erbbaurechts hinzukommen. Außerdem genügt<br />
es nicht, wenn die Eintragung „beantragt“ wird, die Eintragung muss wirklich erfolgt sein.<br />
§§ 146 und 147: Ebenso im Ergebnis im deutschen Recht.<br />
§ 148: Anders das deutsche Recht. Der Grundstückseigentümer kann nicht einseitig das<br />
Grundstück „zurücknehmen“. Bei öffentlichem Interesse kann der Staat das Grundstück und<br />
das Erbbraurecht nur nach den allgemeinen Vorschriften und gegen eine angemessene Entschädigung<br />
enteignen.<br />
§ 149: Keine entsprechende Regelung im deutschen Gesetz. Die Parteien können entsprechende<br />
Vereinbarungen treffen.<br />
§ 150 Satz 1: Ebenso im Ergebnis im deutschen Recht, auf Grund des Grundbuchberichtigungsanspruchs<br />
des Grundstückseigentümers.<br />
§ 150 Satz 2: Kein „Zertifikat“ im deutschen Recht.<br />
In wessen Eigentum steht das Gebäude am Ende der Nutzungszeit?<br />
Muss der Grundstückseigentümer dem Nutzungsberechtigten am Ende der Nutzungszeit eine<br />
Entschädigung zahlen?<br />
c) Vergleich mit dem deutschen Grundeigentum<br />
Vergleich Sie selbst das Recht zur Nutzung von Bauland (chinesisches Sachenrechtsgesetzbuch)<br />
mit dem Grundeigentum (<strong>deutsches</strong> Recht). Beachten Sie dabei auch die folgenden<br />
Punkte:<br />
- Dauer der Berechtigung,<br />
- Eingriffe des Verwaltungsrechts nach deutschem Recht,<br />
- Umfang der Nutzung des Grundstücks,<br />
- Bestellung einer Grunddienstbarkeit an dem Recht zur Nutzung von Bauland<br />
oder an einem Gebäude (vgl. § 156 Sachenrechtsgesetz),<br />
- Erwerbskosten.<br />
77. Grunddienstbarkeiten – Bezeichnung<br />
Die Dienstbarkeit bedeutet nicht, dass eine Person „dienen“ müsste. Das Gesetz meint in einem<br />
übertragenen Sinne, dass das „dienende“ Grundstück einem „herrschenden“ Grundstück<br />
dienen muss. Man kann sagen, dass der Eigentümer und sein Grundstück für einen anderen<br />
Eigentümer und dessen Grundstück einen bestimmten Nutzen hervorbringen muss. Die Beteiligten<br />
sind einerseits der Grundstückseigentümer und andererseits der Dienstbarkeitsberechtigte.<br />
78. Grunddienstbarkeit (BGB) – Beispiel Straße auf fremdem Grundstück<br />
In sehr vielen Fällen will jemand (B) ein fremdes Grundstück (Grundstück des A) in einer bestimmten<br />
Weise benutzen, z. B. B will über das Grundstück des A eine Straße legen, um zu<br />
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54
der Fabrik (des B) zu gelangen. Er will deswegen eine sichere Rechtssituation haben. Aber er<br />
will das fremde Grundstück nicht kaufen. Er (B) hat nicht das Bedürfnis, wegen der Straße an<br />
dem fremden Grundstück (des A) Eigentum zu erlangen. - Der Eigentümer des fremden<br />
Grundstücks (A) ist bereit, dem Interessenten (B) eine sichere Rechtsposition einzuräumen.<br />
Dafür verlangt er wahrscheinlich eine Gegenleistung, z. B. die Bezahlung eines jährlichen Betrages.<br />
79. Grunddienstbarkeit - Probleme<br />
Das Beispiel zeigt die Probleme. Es handelt sich um die rechtliche Beschränkung (durch B)<br />
der rechtlichen Möglichkeiten, die ein Grundstückseigentümer (A) an seinem eigenen Grundstück<br />
von Gesetzes wegen hat. Der Grundstückseigentümer soll sich damit einverstanden erklären,<br />
dass ein anderer (B) sein Grundstück benutzt.<br />
In den meisten Fällen vereinbaren die Parteien eine finanzielle Gegenleistung.<br />
Solche Vereinbarungen entsprechen keinen bestimmten Verträgen des Schuldrechts. Sie betreffen<br />
immer Grundstücke. Sie sollen auch von außenstehenden Personen beachtet werden.<br />
Vor allem sollen sie auch einen Rechtsnachfolger des Grundstückseigentümers binden. Deswegen<br />
sind es dingliche Rechte.<br />
80. Gesetzliche Regelung<br />
Lesen Sie § 1018 BGB.<br />
aa) Zu Gunsten des Eigentümers (B) eines anderen Grundstücks (herrschendes Grundstück),<br />
bb) Belastung eines Grundstücks (dienendes Grundstück) (des A),<br />
cc) mit dem Inhalt, in einzelnen Beziehungen das dienende Grundstück benutzen.<br />
(Auf die weiteren möglichen Inhalte einer Grundschuld können wir jetzt nicht eingehen).<br />
81. Beteiligte<br />
a) Berechtigter<br />
Die Grunddienstbarkeit kann nicht einer beliebigen Person zustehen, sondern sie kann nur<br />
derjenigen Person zustehen, die jeweils der Eigentümer eines bestimmten anderen Grundstücks<br />
oder Erbbaurechts ist. Berechtigt werden kann nur der Eigentümer des herrschenden<br />
Grundstücks (B). § 1018 BGB am Anfang nennt die Bestellung „zu Gunsten des jeweiligen<br />
Eigentümers des anderen Grundstücks“.<br />
b) Belastetes Objekt<br />
Nur ein Grundstück kann mit einer Dienstbarkeit belastet werden. Die Dienstbarkeit belastet<br />
das dienende Grundstück, in unserem Beispiel also das Grundstück des A. Die Dienstbarkeit<br />
ist ein rein dingliches Recht, sie belastet nicht die Person. In unserem Beispiel ist auf Grund<br />
der Grunddienstbarkeit nicht A persönlich verpflichtet, den Straßenbau und die Straßenbenutzung<br />
zu dulden. (Eine solche Verpflichtung kann sich aber aus einem Schuldvertrag ergeben).<br />
82. Inhalt der Grunddienstbarkeit<br />
Das BGB stellt für die Dienstbarkeiten einen weiten Rahmen zur Verfügung. Die Beteiligten<br />
müssen im einzelnen genau vereinbaren, welchen Inhalt die Dienstbarkeit im einzelnen Fall<br />
haben soll. Die Vereinbarung muss ganz genau sein, weil außenstehende <strong>Dr</strong>itte an die Grunddienstbarkeit<br />
gebunden sind, wenn eines der beiden Grundstücke veräußert wird. Die Verein-<br />
23. 02. 2012<br />
55
arung wird in das Grundbuch des belasteten Grundstücks eingetragen, damit außenstehende<br />
<strong>Dr</strong>itte sich darüber informieren können (Wiederholen Sie die Kapitel unseres Kurses über den<br />
Offenkundigkeitsgrundsatz).<br />
Der Berechtigte (B) kann das fremde Grundstück (des A) in einzelnen Beziehungen wie das<br />
eigene benutzen, z. B. einen Weg oder eine Wasserleitung oder eine Elektrizitätsleitung über<br />
das fremde Grundstück führen, dort Wasser schöpfen oder dorthin Wasser ableiten, das fremde<br />
Grundstück als Parkplatz nutzen, dort Holz oder Sand oder Steine gewinnen, einen Weinkeller<br />
oder eine Tiefgarage bauen. Deswegen der Wortlaut des § 1018 BGB: „das Grundstück<br />
in einzelnen Beziehungen benutzen“.<br />
83. Bestellung der Grunddienstbarkeit<br />
Bestellung durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch des belasteten Grundstücks, §<br />
873 BGB (Eintragung in das Grundbuch des herrschenden Grundstücks ist möglich, aber<br />
nicht notwendig). Gutgläubiger Erwerb ist möglich (Wiederholen Sie die Kapitel unseres<br />
Kurses über unrichtige Eintragungen im Grundbuch und gutgläubigen Erwerb).<br />
84. Schutz des Dienstbarkeitsberechtigten<br />
Der Dienstbarkeitsberechtigte hat gegen jeden Störer einen Anspruch auf Beseitigung und<br />
Unterlassung der Störung gemäß §§ 1027, 1004. Außerdem kann er Schadensersatzansprüche<br />
haben. Diese Ansprüche richten sich sowohl gegen außenstehende <strong>Dr</strong>itte wie gegen den<br />
Grundstückseigentümer.<br />
85. Übergang der Grunddienstbarkeit<br />
Wenn das herrschende Grundstück (hier: Grundstück des B) an einen anderen (z. B. auf C)<br />
übertragen wird, geht die Grunddienstbarkeit auf den anderen mit über (§§ 96, 93 BGB). Aber<br />
für sich allein könnte die Grunddienstbarkeit nicht auf einen anderen übertragen werden.<br />
Umgekehrt bleibt die Grunddienstbarkeit auch bestehen, wenn das belastete Grundstück (hier:<br />
des A) auf einen anderen übertragen wird.<br />
86. Vergleich Sachenrechtsgesetz - BGB<br />
§ 117. BGB keine Grunddienstbarkeit (wohl aber Nießbrauch) an beweglichen Sachen.<br />
§§ 118 und 119. „Natürliche Ressourcen“ nach deutschem Recht teils im BGB, teils in Spezialgesetzen<br />
(Bergrecht, Wasserrecht) geregelt.<br />
§ 120 Satz 1. Selbstverständlich, dass der Berechtigte die Gesetze einhalten muss.<br />
§ 120 Satz 2. Umfassender Schutz des Berechtigten durch § 1027 BGB.<br />
§ 121. Im einzelnen die deutschen Enteignungsgesetze, außerhalb des BGB.<br />
§ 156. Ähnlich § 1018 BGB. (Unterschied, dass § 156 Absatz 1 Sachenrechtsgesetz nur die<br />
erste Möglichkeit des § 1018 BGB nennt).<br />
§ 157. Nach BGB zu unterscheiden Verpflichtungsvertrag und Verfügung. Nur die Verfügung<br />
durch Einigung und Eintragung begründet die Dienstbarkeit nach BGB. Die Punkte 1 bis 3<br />
müssen auch in der Einigung nach deutschem Recht enthalten sein.<br />
§ 158 Satz 1. Das Sachenrechtsgesetz macht nicht deutlich, wann der Vertrag über die Grunddienstbarkeit<br />
wirksam wird.<br />
§ 158 Satz 2: Nach deutschem Recht ist die Eintragung unbedingt erforderlich. Es genügt<br />
auch nicht, die Eintragung nur zu beantragen, die Eintragung muss erfolgt sein.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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§ 159. Umfassender Schutz des Berechtigten durch § 1027 BGB.<br />
§ 160 Halbsatz 1. Selbstverständlich, dass der Berechtigte die Vereinbarung einhalten muss.<br />
§ 160 Halbsatz 2. Ebenso § 1020 Satz 1 BGB.<br />
§ 161. Nicht <strong>deutsches</strong> Recht.<br />
§ 162. Besonderheiten des chinesischen Rechts.<br />
§ 163. Keine Zustimmungserfordernisse nach deutschem Recht, aber Rangprinzip, Ausgleichungspflicht<br />
nach § 1024 BGB.<br />
§ 164. Selbstverständlich, im BGB nicht ausdrücklich ausgesprochen.<br />
§§ 164 und 165. Keine Belastung einer Grunddienstbarkeit nach deutschem Recht.<br />
§§ 166 und 167. Ähnlich §§ 1025 und 1026 BGB. Jedenfalls Übertragbarkeit nach deutschem<br />
Recht.<br />
§ 168. Nicht <strong>deutsches</strong> Recht.<br />
§ 169. Grundbuchberichtigungsanspruch des Grundstückseigentümers, § 894 BGB.<br />
87. Zusammenfassung unseres dritten Teils über Nutzungsrechte<br />
Wenn ein Eigentümer einem anderen erlaubt, das Grundstück des Eigentümers zu nutzen,<br />
kommt hierfür ein dingliches Nutzungsrecht in Betracht. Das umfassendste dingliche Recht<br />
zur Nutzung eines fremden Grundstücks ist das Erbbaurecht. Dieses hat große Ähnlichkeit<br />
mit dem Recht zur Nutzung von Bauland des chinesischen Sachenrechtsgesetzes. Das dingliche<br />
Recht, ein fremdes Grundstück in einer eingeschränkten Weise zu nutzen, ist die Grunddienstbarkeit.<br />
Diese hat die größte Ähnlichkeit mit der Grunddienstbarkeit des chinesischen<br />
Sachenrechts.<br />
Das dingliche Recht gewährt dem Berechtigten einen starken Schutz gegenüber dem Eigentümer<br />
und gegenüber außenstehenden <strong>Dr</strong>itten. Es hat Bestand, wenn der Eigentümer sein<br />
Grundstück auf einen neuen Eigentümer überträgt. Der Berechtigte kann sein Erbbaurecht<br />
und das Recht zur Nutzung von Bauland auf einen <strong>Dr</strong>itten übertragen. Die Grunddienstbarkeit<br />
geht nach beiden Rechtsordnungen von selbst auf den Erwerber des herrschenden Grundstücks<br />
über, wenn der bisherige Eigentümer das herrschende Grundstück auf einen anderen<br />
überträgt (§ 164 Sachenrechtsgesetz).<br />
Die Grunddienstbarkeit steht in beiden Rechtsordnungen nicht einer beliebigen Person zu.<br />
Grunddienstbarkeitsberechtigter kann nur der Eigentümer eines bestimmten anderen Grundstücks<br />
(BGB) oder einer anderen unbeweglichen Sache (chinesisches Sachenrechtsgesetz)<br />
sein.<br />
Das BGB verlangt zur Bestellung der dinglichen Rechte an Grundstücken - ähnlich wie bei<br />
der Eigentumsübertragung - erstens die dingliche Einigung. Ob das chinesische Recht eine<br />
besondere dingliche Einigung kennt, ist nicht ganz klar. Jedenfalls schreibt das chinesische<br />
Recht einen besonderen schriftlichen Vertrag vor (§ 138 und § 157).<br />
Das BGB erklärt zweitens die Eintragung der Bestellung des dinglichen Rechts in das Grundbuch<br />
für unbedingt notwendig. Nach chinesischem Recht muss das Recht zur Nutzung von<br />
Bauland eingetragen werden (§ 139). Die Grunddienstbarkeit muss nach chinesischem Recht<br />
nur eingetragen werden, um den gutgläubigen Erwerb <strong>Dr</strong>itter zu verhindern (§ 158).<br />
23. 02. 2012<br />
57
Die Besonderheit des Erbbaurechts besteht nach deutschem Recht darin, dass das Gebäude<br />
auf dem Grundstück und das Grundstück selbst verschiedenen Personen gehört. Diese Rechtslage<br />
ist für das chinesische Recht hingegen selbstverständlich. Das Recht zur Nutzung von<br />
Bauland gewährt dem Berechtigten eine eigentümerähnliche Stellung, die aber zeitlich begrenzt<br />
ist.<br />
Das Erbbaurecht (und das Recht zur Nutzung von Bauland) kann mit einer Hypothek belastet<br />
werden.<br />
Vor allem darf man nicht vergessen, dass die Nutzungsrechte im chinesischen Recht eine viel<br />
größere Bedeutung haben als im deutschen Recht, weil sie im chinesischen Recht in gewisser<br />
Weise das fehlende Privateigentum an Grundstücken ersetzen.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
58
Fünfter bis achter Tag<br />
4. TEIL. DINGLICHE SICHERUNGSRECHTE<br />
88. Problem<br />
a) Fragen<br />
Was macht ein Mensch (S), der Geld braucht, aber kein Geld hat? Er sucht eine andere Person<br />
(G), die Geld hat, die ihr Geld aber zur Zeit nicht braucht. Der Mensch, der Geld braucht (S),<br />
versucht, von der anderen Person (G) das Geld jetzt zu bekommen, das Geld für eine bestimmte<br />
Zeit zu nutzen, und das Geld nach Ablauf der bestimmten Zeit zurückzuzahlen. Diesen<br />
Vorgang nennt man „ein Darlehen aufnehmen“ und „ein Darlehen gewähren“. Wenn das<br />
Darlehen zustande kommt, ist der eine Mensch (S) der Schuldner, die andere Person der<br />
Gläubiger (G).<br />
Worin besteht die Gefahr für den Gläubiger? Die Gefahr besteht darin, dass der Schuldner das<br />
Darlehen nach Ablauf der Frist nicht zurückzahlt.<br />
Wie kann sich der Gläubiger gegen diese Gefahr sichern? Eine vollkommene Sicherheit gibt<br />
es nicht. Aber der Gläubiger versucht, eine Sicherheit zu bekommen. Der Gläubiger verlangt<br />
von dem Schuldner, dass der Schuldner für den Gläubiger eine Sicherheit bestellt. Die Sicherheit<br />
hat den Zweck, dass dann, wenn der Schuldner das Darlehen nach Ablauf der Frist<br />
nicht zurückzahlt, der Gläubiger eine Zahlung auf Grund der Sicherheit bekommt. Wir wissen<br />
jedoch, dass keine Sicherheit hundertprozentig ist.<br />
b) Zwei verschiedene Gattungen von Sicherheiten<br />
aa) Personalkredit<br />
Worin kann diese Sicherheit bestehen? Es gibt zwei Gattungen von Sicherheiten. Erstens<br />
kann eine andere Person versprechen, dass sie die Schuld des Schuldners aus ihrem eigenen<br />
Vermögen bezahlt, wenn der Schuldner selbst das Darlehen nach Ablauf der Frist nicht zurückzahlt.<br />
Der typische Fall dieser Sicherheit ist die Bürgschaft (§§ 765 bis 777 BGB; §§ 6<br />
bis 32 chines. Sicherheitengesetz). Der Bürge verpflichtet sich, den Gläubiger zu befriedigen,<br />
wenn der Schuldner seine Schuld nicht erfüllt.<br />
Die Bürgschaft findet sich im deutschen Schuldrecht (2. Buch des BGB). Das Zurückbehaltungsrecht<br />
ist nur ziemlich knapp im Allgemeinen Schuldrecht des BGB und im Handelsgesetzbuch<br />
geregelt. Wir brauchen sie deswegen in dieser Vorlesung nicht zu besprechen.<br />
bb) Realkredit<br />
Die zweite Gattung von Sicherheiten besteht darin, dass der Schuldner oder ein <strong>Dr</strong>itter dem<br />
Gläubiger ein besonderes Vermögensstück zur Verfügung stellt. Der Gläubiger darf dann dieses<br />
Vermögensstück verkaufen und den Kaufpreis behalten, um die Schuld des Schuldners zu<br />
tilgen, falls der Schuldner nicht selbst seine Schuld nach Ablauf der Frist zurückzahlt. Dieses<br />
Vermögensstück kann ein Grundstücksrecht oder eine bewegliche Sache sein. (Das Vermögensstück<br />
ist in lateinischer Sprache eine „res“, deswegen spricht man von „Realkredit).<br />
23. 02. 2012<br />
59
Wir sprechen von der Hypothek an einem Grundstück. Wir sprechen von dem Pfandrecht oder<br />
von einer Sicherungsübereignung oder von einem Eigentumsvorbehalt, wenn wir eine<br />
bewegliche Sache als Sicherung benutzen. Alle diese Rechte sind dingliche Rechte. Diese<br />
werden wir jetzt kennenlernen.<br />
89. Beispiel Salomons Autowerkstatt I<br />
Valentin hat einen Sohn namens Salomon. Valentin ist Eigentümer eines Grundstücks, das<br />
mit seinem Haus bebaut ist. Salomon betreibt eine Werkstatt für Autoreparaturen. Salomon<br />
will den Geschäftsbetrieb vergrößern und braucht dafür ein Darlehen von der Bank B. B ist<br />
bereit, dem S das Darlehen zu geben, verlangt aber eine Sicherheit. Diese Sicherheit kann V<br />
geben, indem er an seinem Grundstück eine Hypothek bestellt.<br />
90. Begriffe und System des deutschen Rechts<br />
a) Begriffe<br />
Der 4. Teil der Vorlesung behandelt die rechtlichen Möglichkeiten, einen Kredit zu sichern.<br />
Deswegen spricht man in Deutschland auch oft von Kreditsicherungsrecht und Kreditsicherungsrechten,<br />
oder von Sicherungsrechten, Sicherungen oder Sicherheiten.<br />
Das BGB hat keine eigene Kategorie der „Sicherungsrechte“. Sondern Buch 3 des BGB (Sachenrecht)<br />
hat nur einzelne Abschnitte über die „Hypothek“ und ähnliche Rechte (§§ 1113 ff.)<br />
und über das „Pfandrecht“ (§§ 1204 ff.). Es gibt noch zwei weitere dingliche Sicherungsrechte.<br />
Das BGB regelt sie nicht ausdrücklich, aber das BGB lässt sie zu. Die Rechtsprechung hat<br />
diese Sicherungsrechte ausgebildet. Das sind die Sicherungsübereignung und der Eigentumsvorbehalt.<br />
Sie sind für die Praxis in Deutschland außerordentlich wichtig.<br />
b) Die wichtigsten dinglichen Sicherungsrechte des deutschen Rechts<br />
(1) die Hypothek und<br />
(2) das Pfandrecht,<br />
(3) die Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung,<br />
(4) der Eigentumsvorbehalt.<br />
91. System und Sicherungsrechte des chinesischen Rechts<br />
a) Zwei chinesische Gesetze<br />
In China sieht das Sachenrechtsgesetz für die „dinglichen Sicherungsrechte“ den 4. Teil vor<br />
(15. bis 18. Teil, §§ 170 bis 240). China besitzt außerdem das Gesetz über Sicherheiten von<br />
1995 (dazu § 178 Sachenrechtsgesetz).<br />
b) Sicherungsrechte des chinesischen Rechts<br />
Das chinesische Sachenrechtsgesetz und das Sicherheitengesetz (1995) regeln:<br />
(1) die Hypothek,<br />
(2) das Pfandrecht,<br />
(3) die Bürgschaft,<br />
(4) das Zurückbehaltungsrecht und<br />
(5) das Festgeld.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
60
92. Hypothek – Probleme<br />
Zunächst muss geklärt werden: Welche Gegenstände können mit einer Hypothek belastet<br />
werden? An welche Personen muss man bei der Regelung denken? Sodann kommt es zu den<br />
Einzelfragen: Wie wird eine Hypothek bestellt? Kann der Gläubiger die Hypothek und kann<br />
der Grundstückseigentümer sein Grundstück auf einen anderen übertragen? Was geschieht,<br />
wenn der Schuldner sein Darlehen sein Darlehen nicht zurückzahlt? Umgekehrt fragt man<br />
nach der Rechtslage, falls der Schuldner seine Schuld ordnungsgemäß zurückzahlt.<br />
93. Gesetzliche Regelung der Hypothek<br />
Die Hypothek ist in den §§ 1113 bis 1190 geregelt. Wir werden aber nur auf einige, besonders<br />
wichtige Bestimmungen eingehen. Wir werden keine Zeit für andere, ebenfalls wichtige Regelungen<br />
haben.<br />
§ 1113 Absatz 1 BGB enthält die gesetzliche Umschreibung der Hypothek.<br />
§§ 170 bis 207 Sachenrechtsgesetz, §§ 33 bis 62 Sicherheitengesetz.<br />
94. Belastete Gegenstände - BGB<br />
a) Grundstücke<br />
Nach dem BGB kann nur ein Grundstück mit einer Hypothek belastet werden, § 1113 Absatz<br />
1 BGB. Grundstücke gelten als die sichersten Sicherungsobjekte. Als rechtliche Form für die<br />
Sicherung durch Grundstücke kommen nur die Hypothek und die Grundschuld, die ähnlich<br />
wie die Hypothek funktioniert, in Betracht. Ein Pfandrecht ist an Grundstücken nicht möglich.<br />
b) Erstreckung der Hypothek auf Gebäude<br />
Die Hypothek erfasst auch die Hypothek die Gebäude auf dem Grundstück (§§ 93 f. BGB).<br />
Es ist gleichgültig, ob die Gebäude vor oder nach der Bestellung der Hypothek errichtet wurden.<br />
(Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über die Gebäude).<br />
95. Belastete Gegenstände - Chinesisches Recht<br />
Ganz anders ist die Lage nach §§ 180 bis 184 Sachenrechtsgesetz. Nach chinesischem Recht<br />
können Grundeigentum und bestimmte andere Gegenstände gerade nicht hypothekarisch belastet<br />
werden (§ 184 Sachenrechtsgesetz).<br />
Nach §§ 180 f. Sachenrechtsgesetz und nach dem Sicherheitengesetz kann aber an Gebäuden,<br />
an beweglichen Sachen und an vielen anderen Gegenständen eine Hypothek bestellt werden,<br />
die in Deutschland nicht möglich ist.<br />
96. <strong>Dr</strong>ei Personen – drei Rechtsbeziehungen<br />
An den meisten Kreditsicherungsgeschäften sind drei Personen beteiligt. Jede einzelne Person<br />
steht in Rechtsbeziehungen zu den anderen Personen. Wir haben drei Rechtsbeziehungen.<br />
Gläubiger – Schuldner, Schuldvertrag<br />
Hypothekengläubiger - Grundstückseigentümer, Hypothek<br />
Grundstückseigentümer – Schuldner, Auftrag oder Geschäftsbesorgung.<br />
23. 02. 2012<br />
61
97. Schuldvertrag zwischen Gläubiger und Schuldner<br />
a) Ein Schuldvertrag, zwei Personen,<br />
An dem gesamten Vorgang sind immer der Gläubiger und der Schuldner beteiligt. Denn der<br />
Gläubiger hat mit dem Schuldner eine Schuld vereinbart. Diese Schuld soll der Schuldner zurückzahlen.<br />
Zur Sicherung dieser Schuld und ihrer Rückzahlung wird die Hypothek vereinbart.<br />
Jede Hypothek oder andere Sicherheit hat den Zweck, eine Forderung des Gläubigers gegen<br />
den Schuldner zu sichern. Die Forderung kann beispielsweise auf einem Darlehen, einem<br />
Kaufvertrag (über sonstige Ware oder über das Grundstück selbst), einem Werkvertrag (z. B.<br />
Hausbau auf dem belasteten Grundstück) oder einem sonstigen Rechtsverhältnis beruhen.<br />
Beispiel. Salomons Autowerkstatt. Gesichert wird die Darlehensforderung der B gegen S.<br />
b) Hauptfall Darlehen<br />
Der Schuldner schließt meistens mit dem Gläubiger (identisch mit dem Sicherungsnehmer)<br />
einen Darlehensvertrag ab. Diese Forderung kann durch ein Darlehen begründet sein, so dass<br />
der Schuldner Rückzahlung des Darlehens schuldet. Das chinesische Vertragsgesetz bestimmt<br />
ganz richtig:<br />
§ 196 Vertragsgesetz. Nach dem Darlehensvertrag nimmt der Schuldner ein Darlehen<br />
vom Gläubiger, zahlt es fristgemäß zurück und zahlt Zinsen.<br />
Der Darlehensvertrag enthält insbesondere Vorschriften zu Art, Währung, Verwendung,<br />
Höhe, Zinssatz, Frist und Art und Weise der Rückzahlung des Darlehens.<br />
§ 198 Vertragsgesetz. Beim Abschluss eines Darlehensvertrages kann der Gläubiger<br />
verlangen, dass der Schuldner Sicherheiten stellt. Die Sicherheiten richten sich nach dem<br />
Gesetz der VR China über Sicherheiten.<br />
c) Schuldrecht, nicht Sachenrecht<br />
Vorsicht: nach dem System des bürgerlichen Rechts in Deutschland und in China gehören der<br />
Kredit im allgemeinen, das Darlehen, der Kaufvertrag und der Werkvertrag nicht zum Sachenrecht,<br />
sondern zum Schuldrecht (§§ 488 ff., 611 ff. BGB; §§ 196 ff. Vertragsgesetz). Auf<br />
diese Verträge brauchen wir in der Vorlesung über das Sachenrecht nicht einzugehen.<br />
d) Aber Akzessorietät im Sachenrecht<br />
Aber die Hypothek hat den Zweck, die Forderung zu sichern. Deswegen ist die Hypothek in<br />
gewisser Weise abhängig von der Forderung. Diese Abhängigkeit nennt man Akzessorietät.<br />
Die Einzelheiten werden wir bald kennenlernen.<br />
98. Hypothek des Hypothekengläubigers am Grundstück des Eigentümers<br />
a) Hypothekengläubiger<br />
Der Hypothekengläubiger ist immer dieselbe Person wie der schuldrechtliche Gläubiger. Ihm<br />
steht die schuldrechtliche Forderung zu und außerdem die Hypothek. Aber beide Rechtsverhältnisse<br />
sind ganz unterschiedlich. Die schuldrechtliche Forderung richtet sich nach dem<br />
Schuldrecht, die Hypothek richtet sich nach dem Sachenrecht.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
62
) Grundstückseigentümer<br />
Der Grundstückseigentümer kann ein <strong>Dr</strong>itter sein oder kann der Schuldner sein.<br />
aa) Grundstückseigentümer ist ein <strong>Dr</strong>itter<br />
Der Grundstückseigentümer kann ein <strong>Dr</strong>itter sein.<br />
Beispiel Salomons Autowerkstatt: Eigentümer des belasteten Grundstücks ist Vater V, nicht<br />
etwa der Schuldner S.<br />
Mit einer Hypothek an einem Grundstück, das nicht dem Schuldner gehört, sondern einem<br />
<strong>Dr</strong>itten, gewinnt der Gläubiger eine zusätzliche Sicherheit. Der Gläubiger kann nicht allein alle<br />
Gegenstände des Schuldners verwerten, sondern der Gläubiger kann zusätzlich auf einen<br />
Vermögensgegenstand, der nicht zu dem Schuldnervermögen gehört, zugreifen.<br />
bb) Grundstückseigentümer ist der Schuldner<br />
Beispiel Bonnys Blumenladen<br />
Frau Bonny ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sie Blumen züchtet. Sie möchte einen<br />
Blumenladen bauen, um ihre Blumen selbst zu verkaufen. Für die Baukosten braucht sie<br />
ein Darlehen von ihrem Cousin C. Das Darlehen soll durch eine Hypothek an ihrem Grundstück<br />
gesichert werden.<br />
C ist gleichzeitig Gläubiger des Darlehens und Inhaber der Hypothek.<br />
B ist gleichzeitig Schuldnerin und Grundstückseigentümerin. Die Schuldnerin bestellt also<br />
selbst die Hypothek.<br />
Dieser Fall ist sehr häufig. Dann sind tatsächlich an dem ganzen Vorgang nur zwei Personen<br />
beteiligt, nämlich der Gläubiger gleichzeitig als der Hypothekengläubiger und der Schuldner<br />
gleichzeitig als der Grundstückseigentümer. Dann sind Schuldner und Grundstückseigentümer<br />
identisch.<br />
Welchen Vorteil hat der Gläubiger, wenn der Schuldner selbst an seinem eigenen Grundstück<br />
eine Hypothek für den Gläubiger bestellt? Man muss die Frage erörtern. Denn jeder Gläubiger<br />
hat das Recht, wenn seine Forderung fällig ist und der Schuldner die Forderung nicht erfüllt,<br />
alle Gegenstände des Schuldners so zu verwerten, wie das Gesetz es anordnet. Der Vorteil<br />
liegt darin, dass der Inhaber der Hypothek bei der Verwertung des Grundstücks allen anderen<br />
Gläubigern des Schuldners vorgeht. § 170 Sachenrechtsgesetz sagt ganz richtig:<br />
§ 170 Sachenrechtsgesetz. Der Inhaber eines dinglichen Sicherungsrechts ist … berechtigt,<br />
sich … aus dem als Sicherheit dienenden Vermögensgegenstand vorzugsweise zu<br />
befriedigen.<br />
Es ist sehr wichtig, dass in diesem Fall zwischen diesen 2 Personen gleichzeitig 2 ganz verschiedene<br />
Rechtsverhältnisse bestehen. Zwischen beiden Personen besteht erstens der<br />
Schuldvertrag, dieser richtet sich allein nach dem Schuldrecht. Zwischen beiden Personen besteht<br />
zweitens die Hypothek, für diese gilt allein das Sachenrecht!<br />
cc) Also zwei Möglichkeiten<br />
Die Hypothek wird also entweder von einem <strong>Dr</strong>itten an dem Grundstück des <strong>Dr</strong>itten oder von<br />
dem Schuldner an seinem eigenen Grundstück bestellt. Beide Möglichkeiten sind nach dem<br />
23. 02. 2012<br />
63
BGB und dem Sachenrechtsgesetz gegeben (besonders deutlich § 179, ähnlich § 208 Sachenrechtsgesetz;<br />
§ 4 Sicherheitengesetz).<br />
99. Rechtsbeziehungen zwischen Grundstückseigentümer und Schuldner<br />
Besondere Rechtsbeziehungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Schuldner bestehen<br />
nur, wenn der Grundstückseigentümer und der Schuldner zwei verschiedene Personen<br />
sind, so wie in dem Beispiel Autowerkstatt. In dem Beispiel Autowerkstatt ist Grundstückseigentümer<br />
der Vater Valentin und ist Schuldner der Sohn Salomon.<br />
Warum ist überhaupt ein <strong>Dr</strong>itter bereit, zu Gunsten eines anderen Schuldners eine Hypothek<br />
zu bestellen? In dem Beispiel Autowerkstatt ist der Vater aus familiärer Nähe bereit, seinem<br />
Sohn zu helfen. Ein anderes Motiv kann Freundschaft sein. Es kommen auch wirtschaftliche<br />
Verbindungen in Betracht, z. B. die Hypothekenbestellung einer Muttergesellschaft für ihre<br />
Tochtergesellschaft oder umgekehrt. Desgleichen kann es sich um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung<br />
handeln, wenn der Schuldner an den Grundstückseigentümer eine regelmäßige<br />
Geldzahlung leistet, damit der Grundstückseigentümer zur Sicherung der Forderung der<br />
Bank gegen den Schuldner eine Hypothek bestellt.<br />
Für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Schuldner ist in<br />
erster Linie der Vertrag maßgebend, wenn sie einen Vertrag abgeschlossen haben. Oft handelt<br />
es sich um einen Auftrag oder eine Geschäftsbesorgung (§§ 662 bis 675 BGB, insbesondere §<br />
670 BGB). Im Sachenrecht gibt es nur wenige Bestimmungen für diese Rechtsbeziehungen<br />
(insbesondere § 1164 und § 1143 BGB).<br />
Wenn der Grundstückseigentümer und der Schuldner dieselbe Person ist, so wie in dem Beispiel<br />
Bonnys Blumenladen, sind besondere Rechtsbeziehungen zwischen den beiden nicht<br />
denkbar.<br />
Spezielle Bestimmungen im Sachenrechtsgesetz, vor allem § 171 Absatz 2.<br />
100. Bestellung der Hypothek<br />
Bestellung der Hypothek bedeutet, dass die Hypothek begründet wird. Sie belastet das Grundstück.<br />
Die Bestellung ist eine Verfügung.<br />
Für die Bestellung der Hypothek sind gemäß § 873 BGB erforderlich:<br />
(1) die Einigung zwischen dem Gläubiger und dem Grundstückseigentümer und<br />
(2) die Eintragung der Hypothek in das Grundbuch des belasteten Grundstücks.<br />
Wenn diese beiden Erfordernisse nicht erfüllt sind, ist eine Hypothek nicht entstanden.<br />
Hinzu kommen zwei weitere Erfordernisse:<br />
(3) die Existenz der zu sichernden Forderung und<br />
(4) die Erteilung (oder der ausdrückliche Ausschluss) des Hypothekenbriefes.<br />
Wenn jedoch diese Erfordernisse nicht erfüllt sind,<br />
ist die Hypothek nicht unwirksam, sondern wirksam.<br />
Aber die Hypothek steht nicht dem Gläubiger zu, für den sie bestellt werden sollte,<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
64
sondern dem Grundstückseigentümer. Der Grundstückseigentümer hat also eine Hypothek<br />
(genauer: meistens eine Grundschuld) an seinem eigenen Grundstück. Es ist eine Eigentümerhypothek.<br />
Auf die vier Erfordernisse werden wir jetzt eingehen.<br />
101. „Einigung“ über die Bestellung der Hypothek<br />
a) BGB<br />
Die Bestellung der Hypothek ist ein Rechtsgeschäft gemäß § 873 BGB zwischen dem Grundstückseigentümer<br />
und dem Gläubiger. Die Bestellung der Hypothek erfolgt nicht zwischen<br />
dem Grundstückseigentümer und dem Schuldner, auch nicht zwischen dem Gläubiger und<br />
dem Schuldner. Gutgläubiger Erwerb der Hypothek (§ 892 BGB) ist möglich (Wiederholen<br />
Sie die Kapitel unseres Kurses über unrichtige Eintragungen im Grundbuch und gutgläubigen<br />
Erwerb).<br />
Beispiel Salomons Autowerkstatt II<br />
Valentin muss sich mit der Bank B darüber einigen, dass V an seinem Grundstück zu Gunsten<br />
der B eine Hypothek zur Sicherung der Forderung der B gegen Salomon bestellt.<br />
Beispiel Bonnys Blumenladen<br />
Bonny muss sich mit Cousin C auch über die Bestellung der Hypothek einigen.<br />
b) Sachenrechtsgesetz, Sicherheitengesetz<br />
Das chinesische Recht sieht einen besonderen „Sicherungsvertrag“ vor (§ 172 und § 185 Sachenrechtsgesetz,<br />
§ 5 Sicherheitengesetz).<br />
Das BGB kennt einen solchen Vertrag nicht, im deutschen Zivilrecht wird ein solcher Vertrag<br />
nur in besonderen Situationen angenommen. Aber der Inhalt des „Sicherungsvertrages“ des<br />
chinesischen Rechts findet sich zum Teil in der „Einigung“ des deutschen Rechts.<br />
102. „Eintragung“ der Hypothek<br />
Die Hypothek entsteht aber erst, wenn sie in dem Grundbuch des belasteten Grundstücks eingetragen<br />
ist (§ 873 BGB). Beide Elemente (Einigung und Eintragung) zusammen sind erforderlich<br />
(so wie bei der Übertragung des Grundstücks). Vor allem der Gläubiger und die gesicherte<br />
Forderung müssen eingetragen werden (§ 1115 Absatz 1 BGB).<br />
§§ 187 bis 189 und § 199 Sachenrechtsgesetz verlangen ebenfalls die Eintragung.<br />
103. Gesicherte Forderung, Akzessorietät<br />
a) Zweck der Sicherung<br />
Jede Hypothek oder andere Sicherheit hat den Zweck, eine Forderung des Gläubigers zu sichern.<br />
Im Beispiel Salomons Autowerkstatt wird die Darlehensforderung der B gegen S gesichert,<br />
im Beispiel Bonnys Blumenladen wird die Forderung C gegen B gesichert.<br />
b) Eintragungserfordernis<br />
Die hypothekarisch gesicherte Forderung muss im Grundbuch eingetragen werden (§ 1115<br />
Absatz 1 BGB).<br />
23. 02. 2012<br />
65
c) Akzessorietät<br />
Vor allem ist die Hypothek abhängig von der Forderung, die gesichert werden soll. Die Forderung<br />
muss bestehen, damit der Gläubiger die Hypothek an dem Grundstück erwerben kann.<br />
(Die Hypothek kann wirksam auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt<br />
werden, § 1113 BGB). Man spricht von der „Akzessorietät“ der Hypothek von der Forderung<br />
(lateinisch: die Hypothek sei „angelehnt“ an die Forderung, die Hypothek „trete“ zu der Forderung<br />
hinzu).<br />
d) Eigentümerhypothek<br />
Aber wenn die Forderung, die gesichert werden soll, noch nicht besteht oder wenn sie untergegangen<br />
ist, dann ist Inhaber der Hypothek nicht der Gläubiger, den die Parteien beabsichtigt<br />
hatten, sondern der Grundstückseigentümer. Die Hypothek ist nicht unwirksam, sie ist aber<br />
eine „Eigentümerhypothek“, § 1163 Absatz 1 BGB. So ist die Rechtslage in Deutschland.<br />
e) Sachenrechtsgesetz<br />
Das chinesische Sicherheitengesetz kennt ebenfalls die Abhängigkeit der Hypothek von der<br />
Forderung, bestimmt aber eine andere Rechtswirkung:<br />
§ 52 Sicherheitengesetz. Die Hypothek besteht gleichzeitig mit der Forderung; wenn die<br />
Forderung erlischt, erlischt auch die Hypothek.<br />
Außerdem ist nach chinesischem Recht der Sicherungsvertrag abhängig von dem sogenannten<br />
Hauptschuldverhältnis (§ 172 Sachenrechtsgesetz, § 5 Sicherheitengesetz).<br />
104. Hypothekenbrief als besonderes Erfordernis<br />
Das Grundbuchamt erteilt für die Hypothek einen Hypothekenbrief, der Grundstückseigentümer<br />
muss den Hypothekenbrief dem Gläubiger übergeben (§§ 1116 und 1117 BGB. Doch<br />
kann die Erteilung des Hypothekenbriefs ausdrücklich ausgeschlossen werden.). Solange der<br />
Hypothekenbrief nicht an den Gläubiger übergeben worden ist, ist die Hypothek nicht unwirksam,<br />
sondern sie gehört dem Grundstückseigentümer selbst als Eigentümerhypothek.<br />
105. Kein Besitz- oder Nutzungsrecht des Gläubigers<br />
Für die Bestellung der Hypothek müssen nur die vier genannten Erfordernisse erfüllt werden.<br />
Eine Übergabe des Grundstücks vom Eigentümer an den Gläubiger ist nicht erforderlich. Der<br />
Gläubiger hat nicht das Recht, das belastete Grundstück zu besitzen oder zu nutzen. Der<br />
Grundstückseigentümer bleibt frei, in welcher Weise er sein Eigentum an seinem Grundstück<br />
ausüben will.<br />
106. Übertragung von Hypothek und Forderung<br />
a) Übertragbarkeit von Hypothek und Forderung<br />
Der bisherige Gläubiger kann die Hypothek und die gesicherte Forderung ohne Weiteres auf<br />
einen neuen Gläubiger übertragen. Er braucht hierzu nicht die Zustimmung des Schuldners<br />
oder des Grundstückseigentümers. Gutgläubiger Erwerb der Forderung mit Hypothek ist<br />
möglich.<br />
Beispiele Autowerkstatt und Blumenladen<br />
Wenn die Bank ihrerseits Geld braucht oder wenn der Cousin Geld braucht, dann können sie<br />
die Forderung, die sie gegen S oder gegen B haben, zusammen mit der Hypothek an dem<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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Grundstücks des V oder der B an einen <strong>Dr</strong>itten verkaufen. Der <strong>Dr</strong>itte wird ihnen als Gegenleistung<br />
den Wert der Forderungen, abzüglich eines bestimmten Betrages, zahlen. Die Bank<br />
und der Cousin werden dafür die Forderung mit Hypothek an den <strong>Dr</strong>itten übertragen.<br />
b) Übertragung der Hypothek und der Forderung, Akzessorietätsprinzip<br />
Hypothek und Forderung bleiben zusammen, sie können nicht getrennt werden (§ 1153<br />
BGB). Die Hypothek kann nicht ohne die Forderung, die Forderung kann nicht ohne die Hypothek<br />
übertragen werden. Hier zeigt sich wieder das Prinzip der Akzessorietät zwischen gesicherter<br />
Forderung und Sicherungsrecht.<br />
Das Akzessorietätsprinzip ist weniger streng in § 192 Sachenrechtsgesetz.<br />
c) Form der Übertragung<br />
Die Übertragung richtet sich nach § 873 BGB, Einigung zwischen dem alten Gläubiger und<br />
dem neuen Gläubiger, Eintragung des neuen Gläubigers in das Grundbuch des belasteten<br />
Grundstücks (§ 1154 Absatz 3 BGB). (Es gibt eine weitere Übertragungsmöglichkeit, falls ein<br />
Hypothekenbrief existiert. Dann kann der bisherige Gläubiger dem neuen Gläubiger den Hypothekenbrief<br />
übergeben. Dadurch wird die Eintragung des Wechsels im Grundbuch unnötig.<br />
Erforderlich bleibt aber eine schriftliche Einigung. § 1154).<br />
107. Verfügungen über das belastete Grundstück<br />
a) Übertragbarkeit<br />
Die Belastung eines Grundstücks mit Hypotheken oder Grunddienstbarkeiten verhindert nicht<br />
die Übertragbarkeit des Grundstücks. Das Grundstück wird vom bisherigen Eigentümer auf<br />
den Erwerber nach den Bestimmungen der §§ 873, 925 in derselben Weise übertragen, ob es<br />
irgendwie belastet ist oder nicht.<br />
Der Erwerber kann sich im Grundbuch über die Rechte, die an dem Grundstück bestehen, unterrichten.<br />
Er erwirbt das Eigentum an dem Grundstück mitsamt den Belastungen.<br />
b) Fortbestand der Hypothek<br />
Es ist wichtig, dass die Hypothek unverändert an dem Grundstück bestehen bleibt, wenn der<br />
Eigentümer des Grundstücks wechselt.<br />
Beispiel. Salomons Autowerkstatt II<br />
Die Bank B hat an dem Grundstück des V eine Hypothek zur Sicherung der Forderung der B<br />
gegen Salomon. Valentin kann ohne Weiteres dieses Grundstück an den Kaufmann K verkaufen<br />
und übereignen. Die Bank hat dann keine Rechte mehr gegen den ursprünglichen Eigentümer<br />
des Grundstücks, also gegen V. Aber die Hypothek der Bank B an dem Grundstück,<br />
das jetzt dem K gehört, bleibt bestehen. Die Bank B hat dieselbe Sicherheit wie vor dem Verkauf.<br />
In der Regel bezahlt aber der Käufer einen entsprechend niedrigeren Betrag an den Verkäufer.<br />
(Die Bank behält daneben ihre persönliche Forderung gegen den ursprünglichen<br />
Schuldner, also gegen S).<br />
c) Kein Zustimmungserfordernis<br />
Nach deutschem Recht braucht der Gläubiger der Übertragung des Grundstücks nicht zuzustimmen.<br />
(Hingegen ist die Zustimmung des Gläubigers erforderlich, wenn der bisherige<br />
23. 02. 2012<br />
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Schuldner seine persönliche Schuld auf einen anderen übertragen will; § 415 BGB, dazu auch<br />
§ 1164 BGB.)<br />
d) Kein Erfordernis der vorzeitigen Rückzahlung<br />
Nach deutschem Recht muss der Grundstückseigentümer den Kaufpreis nicht dazu verwenden,<br />
um den Hypothekengläubiger zu befriedigen.<br />
e) Belastung des Grundstücks mit weiteren Rechten<br />
Der Grundstückseigentümer kann das Grundstück, das bereits mit einer Hypothek oder anderen<br />
Rechten belastet ist, mit weiteren Rechten, z. B. mit weiteren Hypotheken, belasten (Wiederholen<br />
Sie das Kapitel unseres Kurses über das Rangprinzip).<br />
f) Wiederholungsfragen<br />
1. Fabrikeigentümer E hat an seinem Grundstück eine Hypothek für die Bank X bestellt.<br />
Die Bank X fragt,<br />
a) ob sich die Hypothek nur auf den reinen Boden oder auch auf das Fabrikgebäude<br />
erstreckt,<br />
b) ob X die Hypothek eventuell weiterübertragen kann.<br />
2. Ewald hat bei der Bank B ein Darlehen über 50.000,- Euro aufgenommen und dafür der<br />
Bank eine Hypothek an seinem Grundstück bestellt.<br />
a) Welche Rechtslage tritt ein, wenn E sein Grundstück an K verkauft und übereignet?<br />
b) Welche Rechtslage tritt ein wenn die Bank B ihre Darlehensforderung an die Bank C<br />
überträgt?<br />
Sachenrechtsgesetz §§ 189 Absatz 2, 191.<br />
108. Verwertung des Grundstücks<br />
a) Versteigerung<br />
Wenn der Kredit bei Fälligkeit nicht zurückgezahlt wird, kann der Hypothekengläubiger das<br />
Grundstück durch das Gericht versteigern lassen. Durch die Versteigerung wird der Ersteher<br />
Eigentümer des Grundstücks. Der bisherige Grundstückseigentümer verliert also sein Grundstück.<br />
Der Grundstückseigentümer kann deswegen eventuell Erstattung von dem Schuldner<br />
verlangen,<br />
Der Gläubiger erhält den Erlös (= Verkaufspreis) in der Höhe seiner Forderung und muss den<br />
Überrest dem früheren Eigentümer auszahlen. Der Gläubiger darf den Überrest nicht behalten.<br />
Sobald die Hypothek mit dem besseren Rang befriedigt ist, wird die Hypothek mit dem<br />
nächsten Rang befriedigt.<br />
Wenn der Versteigerungserlös nicht ausreicht, um die gesicherte Schuld zu decken, bleibt der<br />
Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger den fehlenden Recht zu bezahlen.<br />
Wenn der Grundstückseigentümer die Versteigerung vermeiden will, kann er die Forderung<br />
gegenüber dem Gläubiger erfüllen.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
68
Es ist für die Praxis und für die Wahrung der Interessen der beteiligten Personen sehr wichtig,<br />
dass die Einzelheiten der Zwangsversteigerung in einem besonderen Gesetz geregelt sind, und<br />
dass die Zwangsversteigerung durch das Gericht und sehr qualifiziertes Personal vorgenommen<br />
wird.<br />
b) Vier Beobachtungen<br />
Man macht hier vier Beobachtungen.<br />
Erstens gehört der Überschuss aus der Verwertung des Grundstücks nicht dem Hypothekengläubiger,<br />
sondern dem Grundstückseigentümer. Die Hypothek ist ein Instrument für die Kreditsicherung,<br />
sie ist nicht ein Spekulationsobjekt.<br />
Zweitens schuldet der Grundstückseigentümer nicht die Schuld des eigentlichen Schuldners.<br />
Der Grundstückseigentümer muss nur sein Grundstück zur Verfügung stellen. Wenn der Wert<br />
des Grundstücks nicht ausreicht, braucht der Grundstückseigentümer nicht mehr Geld zu bezahlen.<br />
<strong>Dr</strong>ittens schuldet der Schuldner dem Gläubiger den gesamten Betrag. Wenn der Wert des<br />
Grundstücks nicht ausreicht, muss der Schuldner den Restbetrag an den Gläubiger bezahlen.<br />
Viertens hat der Gläubiger einen Anspruch darauf, dass seine gesamte Forderung erfüllt wird,<br />
entweder durch den Grundstücksverkauf oder durch die Zahlung des Schuldners. Der Gläubiger<br />
verliert seinen Anspruch nicht dadurch, dass der Grundstücksverkauf zu wenig Geld erbringt.<br />
§§ 195 bis 199 Sachenrechtsgesetz.<br />
109. Bezahlung der Schuld<br />
Wenn die Schuld bezahlt wird und wenn das Grundstück nicht verwertet wird, erlischt die<br />
Schuld. Nach dem Prinzip der Akzessorietät verwandelt sich die Hypothek in eine Eigentümerhypothek<br />
(genauer: Eigentümergrundschuld) (Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses<br />
über die Akzessorietät).<br />
110. Pfandrecht<br />
a) Beispiel Elenas Diamantenbrosche<br />
Elena braucht vorübergehend 200,- Euro. Sie bittet ihre Freundin Nana, ihr das Geld zu „leihen“<br />
(juristisch: Darlehen geben). Nana ist einverstanden und bittet um eine Sicherheit. Dafür<br />
verpfändet Elena ihre Brosche mit einem Diamanten an Nana; und Nana gibt der Elena 200,-<br />
Euro. Wenn Elena das Geld nicht zurückzahlt, darf Nana die Brosche Elenas nicht behalten,<br />
sie darf aber die Brosche versteigern lassen.<br />
b) Geringe praktische Bedeutung<br />
Kleinkredite werden manchmal gegen Pfand gegeben, Beispiel Elenas Diamantenbrosche.<br />
Banken nehmen die Wertpapiere der Kunden als Pfand für etwaige Forderungen der Bank.<br />
Die Bestimmungen über die Begründung und die Verwertung des Pfandrechts sind sehr detailliert<br />
und streng, um den Eigentümer und Schuldner gegenüber dem Gläubiger zu schützen.<br />
23. 02. 2012<br />
69
Deswegen hat das Pfandrecht heute eine geringe Bedeutung. Wir werden es darum auch nur<br />
ganz kurz besprechen.<br />
c) Gesetzliche Grundlage<br />
Die gesetzliche Regelung erfolgt in den §§ 1204 bis 1296 BGB. § 1204 umschreibt den gesetzlichen<br />
Inhalt des Pfandrechts, bitte lesen!<br />
§§ 170 bis 178, 208 bis 229 Sachenrechtsgesetz, §§ 63 bis 81 Sicherheitengesetz<br />
d) Belastete Gegenstände<br />
Das Pfandrecht kann nur an einer beweglichen Sache oder einem Recht, nicht jedoch an einem<br />
Grundstück, begründet werden. Wir werden uns in der Vorlesung auf das Pfandrecht an<br />
beweglichen Sachen beschränken.<br />
e) <strong>Dr</strong>ei Personen – drei Rechtsverhältnisse<br />
Wie bei allen Sicherungsgeschäften treffen wir beim Pfandrecht die bekannten drei Personen<br />
und ihre Rechtsverhältnisse (Wiederholen Sie das Kapitel unseres Kurses über drei Personen<br />
– drei Rechtsbeziehungen bei der Hypothek).<br />
Meistens ist der Eigentümer der Pfandsache derselbe, der den Pfandvertrag abschließt. Dann<br />
sind Eigentümer und Verpfänder identisch. Dieselbe Person ist meistens auch die Schuldnerin.<br />
Trotzdem sind Pfandrechtsverhältnis und Schuldverhältnis zu unterscheiden.<br />
f) Begriffe<br />
Die Begriffe sind ähnlich wie bei der Hypothek. Man spricht ohne Unterschied von der „Bestellung“<br />
des Pfandes, von der „Begründung“ des Pfandrechts, von der „Verpfändung“ einer<br />
Sache.<br />
111. Bestellung des Pfandrechts<br />
Die Bestellung des Pfandrechts ist in § 1205 BGB geregelt. Sie erfolgt ähnlich wie die Übertragung<br />
des Eigentums. Sie erfordert<br />
- die Einigung zwischen dem Gläubiger und dem Verpfänder,<br />
- die Übergabe der Sache an Gläubiger und außerdem<br />
- die Existenz der Forderung, die gesichert werden soll (§ 1204 BGB).<br />
§§ 223 bis 229 Sachenrechtsgesetz.<br />
112. Einzelne Erfordernisse der Pfandbestellung<br />
a) Einigung<br />
Der Vertragsabschluss zur Begründung des Pfandrechts erfolgt zwischen dem Gläubiger und<br />
dem Verpfänder. Die Einigung über die Pfandbestellung ist ebenso formlos wie die Einigung<br />
über den Eigentumsübergang (§ 929 Satz 1 BGB). Gutgläubiger Erwerb ist möglich.<br />
b) Übergabe<br />
Es ist sehr wichtig, dass der Verpfänder nicht den unmittelbaren Besitz an der Pfandsache behält<br />
(§§ 1205 f. BGB). Eine Registrierung ist in Deutschland nicht möglich.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
70
c) Gesicherte Forderung, Akzessorietät<br />
Das Pfandrecht erfordert immer, dass eine Forderung besteht (§§ 1204, 1203 BGB). Jede Art<br />
von Forderung kann durch Pfand gesichert werden. Wenn eine Forderung nicht besteht, besteht<br />
auch kein Pfandrecht. Es gibt kein Pfandrecht, das dem Eigentümer selbst zustehen<br />
könnte (anders bei der Hypothek).<br />
113. Übertragung von Pfandrecht und Forderung<br />
Der Pfandgläubiger kann die gesicherte Forderung ohne Weiteres auf einen neuen Gläubiger<br />
übertragen. Der neue Gläubiger erlangt zusammen mit der Forderung das Pfandrecht. Forderung<br />
und Pfandrecht können nicht von einander getrennt werden.<br />
114. Verfügungen über die verpfändete Sache<br />
Der bisherige Eigentümer bleibt Eigentümer der Sache. Insbesondere kann er die Pfandsache<br />
an einen <strong>Dr</strong>itten übereignen, er braucht hierzu nicht die Zustimmung des Pfandgläubigers.<br />
Wenn der bisherige Eigentümer die verpfändete Sache verkauft, braucht er den Erlös nicht an<br />
den Pfandgläubiger auszukehren. Im Falle der Übereignung bleibt das Pfand an derselben Sache<br />
erhalten, obwohl diese Sache jetzt einem neuen Eigentümer gehört.<br />
115. Verwertung des Pfandes<br />
Wenn der Schuldner seine Schuld bei Fälligkeit nicht erfüllt, darf der Gläubiger die Sache<br />
nicht behalten. Sondern er muss die Pfandsache versteigern lassen und an den Erwerber übereignen.<br />
Den Versteigerungserlös darf der Gläubiger in der Höhe seiner Forderung behalten,<br />
den Rest muss der Gläubiger an den Verpfänder herausgeben. Wenn der Versteigerungserlös<br />
nicht so hoch wie die gesicherte Forderung ist, behält der Gläubiger für den Rest seine Forderung<br />
gegen den Schuldner.<br />
116. Erlöschen des Pfandrechts<br />
Das Pfandrecht erlischt bei Rückzahlung der Schuld an den Gläubiger oder bei Rückgabe der<br />
Pfandsache an den Eigentümer.<br />
117. Wiederholungsfragen<br />
a) Wie unterscheiden sich das Pfandrecht und Hypothek?<br />
b) Worin gleichen sich die beiden Rechte?<br />
118. Zusammenfassung Hypothek und Pfandrecht<br />
Wenn ein Schuldner bei einem Gläubiger einen Kredit aufnimmt, verlangt der Gläubiger eine<br />
Sicherheit für den Fall, dass der Schuldner den Kredit nicht zurückzahlen wird. Es handelt<br />
sich typischerweise um drei Rechtsverhältnisse zwischen den drei Personen: Gläubiger –<br />
Schuldner –Eigentümer.<br />
Die Sicherheit kann ein dingliches Recht an einer Sache sein. An einem Grundstück, einem<br />
Wohnungseigentum und einem Erbbaurecht kann eine Hypothek bestellt werden, damit werden<br />
auch die Gebäude belastet. Aber Gebäude können nicht allein mit einer Hypothek belastet<br />
werden. An einer beweglichen Sache oder einem Recht ist ein Pfandrecht möglich. Hypothek<br />
und Pfandrecht existieren auch im chinesischen Recht. Aber im chinesischen Recht werden<br />
die Gegenstände, an denen Hypotheken und Pfandrechte bestellt werden können, anders definiert<br />
als im deutschen Recht. Im chinesischen Recht ist eine Hypothek an dem Grundstücks-<br />
23. 02. 2012<br />
71
eigentum nicht möglich. Da Hypothek und Pfandrecht dingliche Rechte sind, gewähren sie<br />
dem Gläubiger einen starken Schutz gegenüber dem Eigentümer und gegenüber außenstehenden<br />
<strong>Dr</strong>itten.<br />
Das BGB verlangt zur Bestellung der dinglichen Rechte - ähnlich wie bei der Eigentumsübertragung<br />
- erstens die dingliche Einigung. Das chinesischen Recht schreibt einen besonderen<br />
schriftlichen Vertrag vor (§ 185 und § 210 Sachenrechtsgesetz).<br />
Das BGB erklärt zweitens die Eintragung der Bestellung der Hypothek in das Grundbuch für<br />
unbedingt notwendig. Nach chinesischem Recht ist das Eintragungserfordernis weniger streng<br />
(§§ 188 f. Sachenrechtsgesetz). Nach deutschem und nach chinesischem Recht muss der Eigentümer<br />
dem Gläubiger die Pfandsache übergeben (§§ 208 und 212 Sachenrechtsgesetz).<br />
<strong>Dr</strong>ittens verlangt das BGB, dass die Schuld, die durch die Hypothek oder das Pfandrecht gesichert<br />
werden soll, existiert.<br />
Der Eigentümer kann sein Grundstück oder seine bewegliche Sache ohne Weiteres auf einen<br />
neuen Eigentümer übertragen. Auch dann bleiben die Hypothek und das Pfandrecht erhalten.<br />
Die Regelung im chinesischen Recht ist differenziert (§ 191 Sachenrechtsgesetz).<br />
Der Gläubiger kann seine gesicherte Forderung auf einen <strong>Dr</strong>itten übertragen. Der <strong>Dr</strong>itte erwirbt<br />
dann gleichzeitig die gesicherte Forderung und die Hypothek oder das Pfandrecht (Weniger<br />
streng § 192 Sachenrechtsgesetz).<br />
119. Sicherungsübereignung<br />
a) Große praktische Bedeutung<br />
Die Sicherungsübereignung ist in Deutschland das wichtigste Mittel, um Kredite zu sichern.<br />
Die Sicherungsübereignung wird sowohl unter Geschäftsleuten als auch im Verhältnis von<br />
Privatpersonen und Banken genutzt.<br />
b) Beispiel Pizza-Auto<br />
Claudio ist Pizza-Bäcker. Für den Transport der Pizza zu den Kunden hat er ein eigenes Auto.<br />
Jetzt braucht Claudio ein Darlehen von seiner Bank, um sich einen zweiten Pizza-Ofen anzuschaffen.<br />
Die Bank verlangt eine Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens. Als Sicherheit<br />
kommt Claudios Auto in Betracht. Aber Claudio muss sein Auto weiter benutzen, um die<br />
Pizza an die Kunden auszuliefern. Die Bank hat keine Möglichkeit, Claudios Auto richtig zu<br />
verwahren.<br />
c) Problem<br />
Welches juristische Sicherungsmittel kommt in Frage, wenn das Auto oder eine andere bewegliche<br />
Sache als Sicherung dienen soll? Eine Hypothek scheidet aus, weil das Auto kein<br />
Grundstück ist.<br />
Es kommt ein Pfandrecht in Betracht (Wiederholen Sie die Kapitel unserer Vorlesung über<br />
das Pfandrecht und die belasteten Gegenstände). Aber zur Bestellung des Pfandrechts ist unbedingt<br />
erforderlich, dass der Verpfänder die Sache dem Gläubiger übergibt. Meistens will<br />
der Schuldner aber die Sicherungssache im Besitz behalten, und der Gläubiger hat keine Mög-<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
72
lichkeit, die Sicherungssache richtig zu verwahren. Sehen Sie das Beispiel Pizza-Auto. Deswegen<br />
ist das Pfandrecht so, wie das BGB das Pfandrecht geregelt hat, in der Praxis oft unbrauchbar.<br />
Andere ausdrückliche Bestimmungen für die Kreditsicherung durch bewegliche Sachen enthält<br />
das BGB nicht.<br />
d) Problemlösung durch Rechtsprechung und Rechtswissenschaft<br />
Die Rechtsprechung und die Rechtswissenschaft haben die rechtliche Möglichkeit geschaffen,<br />
dass eine bewegliche Sache als Kreditsicherung verwendet werden kann, dass aber dazu nicht<br />
das Pfandrecht genutzt wird. Dieses Kreditmittel ist die Sicherungsübereignung.<br />
120. Voraussetzungen für die Sicherungsübereignung<br />
a) Sicherungsgegenstand<br />
Die Sicherungsübereignung ist nur an beweglichen Sachen üblich. Jede Sache wird in der<br />
Praxis für die Sicherungsübereignung genutzt: kleine oder große, Sachen mit geringem oder<br />
mit sehr hohem Wert, einzelne Gegenstände oder Massengüter, Fertigprodukte oder Rohstoffe.<br />
b) Beteiligte Personen<br />
An der Sicherungsübereignung sind typischerweise nur 2 Personen beteiligt.<br />
(1) Kreditnehmer, Schuldner, Kunde, Sicherungsgeber und bisheriger Eigentümer sind typischerweise<br />
identisch.<br />
(2) Kreditgeber, Gläubiger, Bank, Sicherungsnehmer und neuer Eigentümer sind typischerweise<br />
ebenfalls identisch.<br />
c) Sicherungsvertrag<br />
In der Praxis ist das Wichtigste der Sicherungsvertrag. Dieser wird zwischen dem Kunden<br />
und der Bank im einzelnen ausgehandelt. Er enthält schuldrechtliche und dingliche Elemente.<br />
(Einzelheiten des Sicherungsvertrages brauchen die Studierenden nicht zu lernen. Beispiele:<br />
Benutzung, Lagerung, Bewachung, Versicherung des Sicherungsgutes,<br />
Ersatz des Sicherungsgutes im Falle der tatsächlichen Verringerung oder des Wertverlustes,<br />
Benachrichtigungspflichten des Kunden,<br />
Kontrollrechte der Bank,<br />
Verfügungsrechte des Kunden.<br />
Einzelheiten der Rechte der Bank,<br />
Verfahrensweise im Falle ordnungsgemäßer Kreditrückzahlung,<br />
Verfahren für die Verwertung durch die Bank.).<br />
121. Rechtliche Konstruktion der Sicherungsübereignung<br />
Die Sicherungsübereignung als solche sucht man vergebens im BGB. Die Grundregel ist einfach<br />
die des § 929 S. 1 (Wiederholen Sie die Kapitel unseres Kurses über die Übereignung einer<br />
beweglichen Sache). Der Kunde übereignet das Sicherungsgut mittels Einigung und<br />
Besitzübergabe an die Bank.<br />
23. 02. 2012<br />
73
a) Einigung<br />
Vor allem ist die Einigung des bisherigen Eigentümers (Kunde) und des neuen Eigentümers<br />
(Bank) über den Eigentumsübergang erforderlich, § 929 S. 1. Gutgläubiger Erwerb für die<br />
Bank ist nur in bestimmter Weise möglich.<br />
b) Besitzübertragung<br />
Die Parteien vereinbaren, dass der Kunde den unmittelbaren Besitz an dem Sicherungsgut behält<br />
und das Sicherungsgut für die Bank besitzt. Es ist ähnlich, als ob ein Verwahrer die Waren<br />
für einen Kaufmann, der die Waren bei ihm eingelagert hat, besitzt. Ebenso ist es ähnlich,<br />
wenn ein Wohnungsmieter die Wohnung für den Eigentümer besitzt. Diese Vereinbarung ersetzt<br />
die tatsächliche Übergabe der Sache, die in § 929 Satz 1 BGB angeordnet ist.<br />
(Die juristischen Einzelheiten ergeben sich aus §§ 929 S. 1, 930, 868: Die Bank erhält nur den<br />
mittelbaren Besitz, der Schuldner behält den unmittelbaren Besitz am Sicherungsgut. Die Sicherungsübereignung<br />
ist einer der Hauptfälle des mittelbaren Besitzes im Sinne §§ 930, 868.).<br />
122. Rechtswirkung der Sicherungsübereignung<br />
Bei der Sicherungsübereignung gibt der Kunde sein Eigentum vollständig auf, er hat überhaupt<br />
kein dingliches Recht mehr an dem Sicherungsgegenstand. Die Bank hat das volle Eigentum<br />
an dem Sicherungsobjekt. Die Sicherung für die Bank stellt hier nicht ein beschränktes<br />
dingliches Recht dar, wie die Hypothek oder das Pfandrecht.<br />
123. Verfügungen des Schuldners über das Sicherungsgut<br />
a) Problem<br />
Häufig genügt es, dass der Sicherungsgeber weiterhin das Sicherungsgut besitzt und nutzt,<br />
Beispiel Pizza-Auto.<br />
In vielen anderen Fällen will der Sicherungsgeber - wie der Sicherungsnehmer weiß - das<br />
Sicherungsgut weiter veräußern. Beispiel: Der Kaffee-Importeur I übereignet zur Sicherheit<br />
500 Kaffeesäcke an die Bank B, will aber den Kaffee an Einzelhändler weiter veräußern.<br />
b) Lösung<br />
Für derartige Fälle ist es üblich, dass die Bank dem Schuldner erlaubt, entsprechende Verfügungen<br />
zu treffen. Grundlage ist eine Vorschrift aus dem Allgemeinen Teil, § 185 BGB:<br />
Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam,<br />
wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.<br />
Als „Nichtberechtigter“ gilt der Schuldner, denn er hat keine dingliches Recht an der Sache.<br />
„Berechtigter“ ist die Bank, denn sie ist die Eigentümerin.<br />
(Dazu treffen Schuldner und Bank weitere Vereinbarungen, insbesondere über die Schuldenbezahlung<br />
und über neue Sicherheiten. Ähnliche Vereinbarungen können über die Verarbeitung<br />
des Sicherungsguts getroffen werden. Beispiel: Die Autofabrik A übereignet zur Sicherheit<br />
Blech an die Bank, braucht aber das Blech für den Karosseriebau.).<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
74
124. Verwertung des Sicherungsgutes<br />
Da der Sicherungsnehmer Eigentümer wird, kann er im Sicherungsfall das Sicherungsgut ohne<br />
weiteres verwerten. Der Sicherungsfall tritt ein, wenn der Kreditnehmer den Kredit nicht<br />
bei Fälligkeit ordnungsgemäß zurückzahlt. Dann darf der Sicherungsgenehmer das Sicherungsgut<br />
verwerten und sich aus dem Erlös befriedigen. Wenn der Preis bei der Veräußerung<br />
des Sicherungsgutes höher ist als der nicht zurückgezahlte Kredit, muss die Bank den Überschuss<br />
an den Kreditnehmer weitergeben.<br />
125. Rückübereignung des Sicherungsgutes<br />
Wenn hingegen der Schuldner seine Schuld ordnungsgemäß tilgt, muss der Gläubiger das Sicherungsgut<br />
an den bisherigen Schuldner nach den Regeln des § 929 zurückübertragen.<br />
126. Beispiel Pizza-Auto<br />
Pizza-Bäcker Claudio übereignet sein Auto an die Bank zur Sicherung eines Kredites über<br />
5.000,- Euro.<br />
a) Claudio zahlt den Kredit nicht ordnungsgemäß zurück.<br />
aa) Darf die Bank das Auto endgültig behalten? Nein.<br />
bb) Darf die Bank verkaufen und an Käufer übereignen? Ja.<br />
b) Der Erlös beträgt nur 3.000,- Euro. Behält die Bank Restforderung von 2.000,- Euro gegen<br />
Claudio? Ja.<br />
c) Der Erlöst beträgt 6.000,- Euro. Darf die Bank den Überschuss von 1.000,- Euro behalten?<br />
Nein.<br />
127. Vergleich Sicherungsübereignung - Pfandrecht<br />
Die Sicherungsübereignung dient genauso wie das Pfand dem Kreditgeber zur Sicherung seines<br />
Kredites.<br />
(1) Die Sicherungsübereignung ist, im Unterschied zum Pfandrecht, nicht ausdrücklich im<br />
BGB geregelt. Sie findet aber im BGB, insbesondere in den §§ 929 ff. und 868, eine Grundlage.<br />
(2) Ein wesentlicher juristischer Unterschied besteht darin, dass bei der Sicherungsübereignung<br />
der Sicherungsgeber keinerlei dingliches Recht mehr an dem Sicherungsgut hat, während<br />
der Sicherungsnehmer volles Eigentum erhält. Beim Pfandrecht hingegen behält der<br />
Verpfänder sein Eigentum an der Sache, das lediglich belastet wird, und der Pfandgläubiger<br />
bekommt nur ein Pfandrecht an der Pfandsache, das weniger wert ist als das Eigentum.<br />
(3) Der praktische Vorzug der Sicherungsübereignung gegenüber dem Pfandrecht besteht<br />
zum einen darin, dass der bisherige Eigentümer den unmittelbaren Besitz an dem Sicherungsgut<br />
behält, während er zur Bestellung des Pfandrechts den unmittelbaren Besitz aufgeben<br />
muss. Der Sicherungsnehmer wird mittelbarer Besitzer, während beim Pfandrecht der Verpfänder<br />
den mittelbaren Besitz hat.<br />
(4) Zum anderen ist die Verwertung im Falle der Sicherungsübereignung einfacher als die<br />
Verwertung eines Pfandrechts.<br />
23. 02. 2012<br />
75
128. Wiederholungsfragen<br />
1. Welche ist die wirtschaftliche Funktion der Sicherungsübereignung?<br />
2. Warum ist die Sicherungsübereignung wichtiger als das Pfandrecht?<br />
3. In welcher Weise ist der Gläubiger durch die Sicherungsübereignung gesichert,<br />
wenn der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt?<br />
4. Wie entsteht im konkreten Fall die Sicherungsübereignung?<br />
5. Wie wird die Sicherungsübereignung abgewickelt, wenn der Kreditnehmer seine<br />
Verpflichtung gegenüber dem Kreditgeber erfüllt hat?<br />
6. Pizzabäcker Claudio will bei der Bank B einen Kredit aufnehmen. Die Bank schlägt vor,<br />
dass C ihr zur Sicherheit seinen Kraftwagen übereignet. C fragt,<br />
(1) wie eine Sicherungsübereignung vorgenommen wird,<br />
(2) wie die Rechtslage ist, wenn er den Kredit vollständig zurückgezahlt hat,<br />
(3) welche Vor- und Nachteile die Sicherungsübereignung für ihn oder<br />
für die Bank haben könnte.<br />
129. Chinesisches Recht<br />
Das Sachenrechtsgesetz und das Sicherungsrecht kennen nicht die Sicherungsübereignung. In<br />
gewisser Weise erfüllt die Hypothek an beweglichen Sachen des chinesischen Rechts (insbesondere<br />
§ 180 Nr. 4 bis 7, §§ 181, 188, 189, 199 Sachenrechtsgesetz) die gleichen praktischen<br />
Bedürfnisse wie die Sicherungsübereignung des deutschen Rechts.<br />
130. Eigentumsvorbehalt<br />
a) Beispiel Sommerkleider<br />
Großhändler V will an den Einzelhändler K Sommerkleider verkaufen. Einzelhändler K hat<br />
wenig Kapitel. K will die Sommerkleider an seine Kundinnen verkaufen und will dann erst<br />
den Kaufpreis an den Großhändler V bezahlen. V ist bereit, dem K den Kaufpreis solange zu<br />
stunden.<br />
Was geschieht, wenn der Käufer nicht zahlt, wenn der Verkäufer aber die Ware an den Käufer<br />
übereignet hat? Dann muss der Verkäufer wegen seiner Kaufpreisforderung die Zwangsvollstreckung<br />
gegen den Käufer betreiben. Aber es besteht die Gefahr, dass V zu spät kommt und<br />
leer ausgeht. Es kann sein, dass der Käufer schon über alle Vermögensstücke verfügt hat. Oder<br />
es kann sein, dass andere Gläubiger des K wegen ihrer eigenen Forderungen alle Sachen<br />
und Forderungen des Käufers gepfändet haben. Es besteht auch die Gefahr, dass der Käufer<br />
bereits insolvent geworden ist.<br />
Wenn Verkäufer und Käufer keine besondere Verabredung getroffen haben, bedeutet die Lieferung<br />
vom Verkäufer an den Käufer die Übereignung der Ware im Sinne § 929 S. 1. Alleineigentümer<br />
ist nunmehr der Käufer. Der Verkäufer verliert damit jedes Recht an der Ware, er<br />
hat auch kein besonderes Verwertungsrecht an der Ware. Die anderen Gläubiger und der Insolvenzverwalter<br />
sind nicht gehindert, die von diesem Verkäufer gelieferten Waren zu verwerten.<br />
Der Verkäufer wird also die Ware an Käufer nur dann liefern, wenn der Verkäufer entweder<br />
sofort den Kaufpreis erhält, oder wenn der Verkäufer eine Sicherheit bekommt.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
76
Als Objekt der Sicherheit kommen hier die Sommerkleider in Betracht. V und K suchen eine<br />
juristische Lösung, um die Sommerkleider als Sicherheit zu benutzen.<br />
b) Wirtschaftliches Problem<br />
Allgemein formuliert: Wenn der Verkäufer eine Ware an den Käufer verkauft, bestehen oft<br />
folgende Interessen:<br />
(1) Verkäufer und Käufer sind daran interessiert, dass der Käufer den unmittelbaren Besitz<br />
an der Ware erlangt. Meistens will der Käufer die Ware nutzen, indem er sie z. B. weiterverkauft<br />
(z. B. Sommerkleider) oder weiterverarbeitet (z. B. Rohstoffe, etwa Papier) oder für die<br />
Produktion nutzt (z. B. Werkzeugmaschinen) oder in seinem privaten Haushalt gebraucht (z.<br />
B. Nähmaschine).<br />
(2) Aber der Käufer hat oft kein bares Geld, um den Kaufpreis zu bezahlen. Oft will er die<br />
Ware gerade dazu benutzen, um Geld zu verdienen und um einen Teil des verdienten Geldes<br />
an den Verkäufer zu bezahlen.<br />
(3) Der Verkäufer ist daran interessiert, seine Ware an den Käufer zu verkaufen. Der Verkäufer<br />
ist auch oft bereit und in der Lage, dem Käufer einen entsprechenden Kredit einzuräumen.<br />
Dann erlaubt der Verkäufer dem Käufer, den Kaufpreis erst zu einem späteren Zeitpunkt<br />
zu bezahlen.<br />
(4) Aber Verkäufer und Käufer wissen, dass der Verkäufer für den Kredit, nämlich für den<br />
ausstehenden Kaufpreis, eine Sicherheit benötigt.<br />
(5) Es liegt nahe, als Sicherungsobjekt die Ware zu nutzen.<br />
a) Kommt ein Pfandrecht in Betracht? Der Käufer selbst soll die Sachen in Besitz nehmen.<br />
Das Pfandrecht setzt aber voraus, dass der Schuldner die Pfandsache nicht im unmittelbaren<br />
Besitz hand (Wiederholen Sie das Kapitel unserer Vorlesung über die Erfordernisse der<br />
Pfandbestellung).<br />
b) Kommt eine Sicherungsübereignung in Frage? Die Sicherungsübereignung geht davon<br />
aus, dass der Schuldner seine eigene Sache an den Gläubiger übereignet. Hier jedoch steht die<br />
Ware im Eigentum des Gläubigers und nicht im Eigentum des Schuldners.<br />
131. Problemlösung<br />
a) Text des BGB<br />
Der Eigentumsvorbehalt ist im BGB nicht im Einzelnen geregelt. Nur § 449 weist auf diese<br />
Möglichkeit hin. Lesen Sie § 449 Absatz 1.<br />
§ 449 Absatz 1 BGB. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis<br />
zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum<br />
unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen<br />
wird (Eigentumsvorbehalt).<br />
23. 02. 2012<br />
77
) Juristische Konstruktion<br />
Der Eigentumsvorbehalt ist relativ einfach zu konstruieren. Der Eigentumsvorbehalt kommt<br />
(wie auch die Sicherungsübereignung) durch die Anwendung des § 929 S. 1 zustande. Lesen<br />
Sie noch einmal § 929 S. 1.<br />
132. Zwei Erfordernisse des Eigentumsvorbehalts<br />
a) Übertragung des unmittelbaren Besitzes<br />
Von den beiden Voraussetzungen des § 929 S. 1, Einigung und Übergabe, bleibt das zweite<br />
Erfordernis völlig unverändert. Denn der Verkäufer und bisherige Eigentümer übergibt dem<br />
Käufer die Ware. Der Käufer wird unmittelbarer Besitzer der Ware, der Verkäufer behält den<br />
mittelbaren Besitz.<br />
b) Einigung unter einer Bedingung<br />
Die „Einigung“ erfolgt entsprechend § 929 Satz 1. Aber sie wird (in erlaubter Weise) verändert.<br />
Die „Einigung“ wird mit einer Bedingung verbunden. Die Beschreibung der Bedingungen<br />
findet sich im Allgemeinen Teil, § 158 Absatz 1 BGB.<br />
§ 158 Absatz 1 BGB. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung<br />
vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemacht Wirkung mit dem Eintritt<br />
der Bedingung ein.<br />
Die Bedingung besteht darin, dass der Kaufpreis bezahlt ist. Wenn die Bedingung erfüllt ist,<br />
tritt sofort der Erfolg ein, dass das Eigentum auf den Käufer übergeht.<br />
Der Eigentumsvorbehalt tritt im Einzelfall nie kraft Gesetzes oder Gewohnheitsrechtes ein. Er<br />
muss von den Parteien entsprechend den Regeln des Allgemeinen Teils über den Vertragsschluss<br />
durch Antrag und Annahme vereinbart werden. Aber es genügt im Allgemeinen die<br />
Angabe in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers.<br />
133. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts<br />
a) Die erste Wirkung<br />
Die Wirkung des Eigentumsvorbehalts besteht darin, dass der Verkäufer vorläufig Eigentümer<br />
der Sache bleibt.<br />
Da die Ware noch dem Verkäufer gehört, kann der Käufer noch nicht über die Ware verfügen.<br />
Andere Gläubiger des Käufers können in die Ware nicht vollstrecken, weil die Ware nicht<br />
dem Käufer gehört. Bei Insolvenz des Käufers darf der Insolvenzverwalter die Sache nicht<br />
ohne Weiteres verwerten.<br />
Aber da V dem K zur Erfüllung des Kaufvertrages die Ware geliefert hat, hat K auch das<br />
Recht, diese Kleider zu besitzen, § 986 BGB.<br />
Beispiel Sommerkleider<br />
Großhändler V verkauft und liefert an den Einzelhändler K Sommerkleider unter Eigentumsvorbehalt.<br />
K zahlt vereinbarungsgemäß die Kaufpreisraten. Einige Raten sind noch nicht fällig,<br />
deshalb hat K sie noch nicht an V bezahlt. Kann V von K Herausgabe der Sommerkleider<br />
verlangen?<br />
Herausgabeanspruch V gegen K nach § 985? Ist V Eigentümer? Ursprünglich war V Eigentümer.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
78
Dann Einigung über Eigentumsübergang zwischen V und K, aber unter Bedingung (§ 158)<br />
der Kaufpreiszahlung durch K; dazu Übergabe des Besitzes an der Ware. Solange Bedingung<br />
nicht eingetreten, kein Eigentum des K, sondern immer noch des V.<br />
Aber kein Herausgabeanspruch des V, wenn K Recht zum Besitz hat, § 986 I. So bei Eigentumsvorbehalt,<br />
solange K in der Weise, wie vereinbart, Zahlungen leistet.<br />
b) Die zweite Wirkung<br />
Erst wenn die Bedingung eingetreten ist, also erst wenn der Käufer bezahlt hat, geht das Eigentum<br />
auf den Käufer über. Der Eigentumsübergang von dem Verkäufer auf den Käufer erfolgt<br />
ohne Weiteres, ein Rechtsgeschäft hierfür ist nicht nötig und ist nicht möglich. Denn die<br />
Einigung über die Übereignung ist ja bereits, wenn auch aufschiebend bedingt, bei der Lieferung<br />
vom Verkäufer an den Käufer vorgenommen worden.<br />
c) Die dritte Wirkung<br />
Wenn der Käufer den Preis aber nicht vereinbarungsgemäß bezahlt, kann der Verkäufer vom<br />
Kaufvertrag zurücktreten und die Ware auf Grund seines Eigentums wieder an sich nehmen.<br />
Der Rücktritt hat allerdings auch zur Folge, dass der Eigentümer=Verkäufer verpflichtet wird,<br />
denjenigen Teil des Kaufpreises, den er schon erhalten hat, wieder an den Käufer zurückzuzahlen.<br />
134. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltsware<br />
Wenn die Lieferung an den Endverbraucher erfolgt, sind weitere Vereinbarungen nicht erforderlich.<br />
Beispiel: Die Buchhandlung B schickt das bestellte Buch an den <strong>Prof</strong>essor P unter<br />
Eigentumsvorbehalt.<br />
Zwischen Geschäftsleuten besteht hingegen oft das Bedürfnis, dass der Vorbehaltskäufer weiter<br />
über die Ware verfügt, Beispiel Sommerkleider. Zu einer derartigen Verfügung ist der<br />
Vorbehaltskäufer zunächst nicht befugt, denn er ist ja noch nicht der Eigentümer der Ware.<br />
In der Praxis ist es üblich, dass der Verkäufer dem Vorbehaltskäufer erlaubt, entsprechende<br />
Verfügungen zu treffen. Grundlage ist wieder § 185 BGB. (Ergänzend vereinbaren Vorbehaltsverkäufer<br />
und –käufer vor allem die Pflicht des Käufers, mit den Erlösen zuerst den Vorbehaltsverkäufer<br />
zu befriedigen. Wiederholen Sie das Kapitel betreffend die Verfügungen des<br />
Schuldners über das Sicherungsgut.).<br />
135. Wiederholungsfragen Eigentumsvorbehalt<br />
1. Wie wird der Eigentumsvorbehalt nach dem BGB konstruiert?<br />
2. Wie entsteht im konkreten Fall der Eigentumsvorbehalt?<br />
3. V verkauft an K eine elektrische Küchenwaage und übergibt sie. Der Preis soll in drei<br />
Monaten bezahlt werden. Weitere Abreden wurden nicht getroffen. Von Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
ist nicht die Rede. Ist ein Eigentumsvorbehalt entstanden?<br />
4. Wie unterscheiden sich Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung?<br />
5. Wann kommt die eine und wann kommt die andere Art der Kreditsicherung in Betracht?<br />
23. 02. 2012<br />
79
vorbehalt der Gläubiger das Eigentum an dem Sicherungsobjekt hat. Aber beim Pfandrecht<br />
behält der Schuldner das Eigentum, der Gläubiger hat lediglich ein dingliches Recht, welches<br />
nicht das Eigentum ist, an dem Sicherungsobjekt.<br />
Bei Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt hat der Schuldner den unmittelbaren Besitz<br />
an dem Sicherungsobjekt, beim Pfandrecht hat aber der Gläubiger den unmittelbaren Besitz<br />
an dem Sicherungsobjekt.<br />
23. 02. 2012<br />
81
Neunter Tag<br />
5. TEIL. BESITZ<br />
138. Inhalt des Besitzes<br />
a) Definition<br />
Besitz ist die tatsächliche Gewalt einer Person über eine Sache (§ 854 Absatz 1 BGB).<br />
b) Einzelheiten<br />
Im Unterschied zum Eigentum kommt es nur auf die tatsächliche Gewalt an. Es kommt nicht<br />
auf die Berechtigung an.<br />
Eigentümer und Besitzer sind oft identisch. So ist es, wenn der Eigentümer sein eigenes Auto<br />
benutzt.<br />
Aber es kann sich ereignen, dass der Eigentümer nicht den Besitz an seiner Sache hat, weil er<br />
sie etwa verloren hat. Es ist auch möglich, dass der Besitzer nicht das Eigentum an der Sache<br />
hat, weil er sie z. B. vom Eigentümer gemietet hat.<br />
Der Eigentümer, der sein eigenes Auto benutzt, der Mieter eines fremden Hauses, der Dieb<br />
eines Schmuckstücks - sie alle haben Besitz an der betreffenden Sache.<br />
Man besitzt alle Gegenstände, die sich im eigenen Herrschaftsbereich befinden. Besitz ist an<br />
allen Sachen möglich, also an Grundstücken wie an beweglichen Sachen. Aber an Rechten<br />
gibt es nach deutschem Recht keinen Besitz.<br />
c) Publizitätsfunktion für bewegliche Sachen<br />
Wiederholen Sie die Kapitel unserer Vorlesung über den Offenkundigkeitsgrundsatz und über<br />
den gutgläubigen Erwerb einer beweglichen Sache.<br />
d) Wiederholungsfragen<br />
1. Was ist der Besitz?<br />
2. Was ist der Unterschied zwischen Besitz und Eigentum?<br />
3. Kann dieselbe Person zugleich Eigentum und Besitz an derselben Sache haben?<br />
4. Geben Sie ein Beispiel für einen Besitzer, der nicht zugleich Eigentümer einer bestimm<br />
ten Sache ist.<br />
5. <strong>Prof</strong>essor P kann einen Brief nicht wiederfinden, den er in seiner eigenen Wohnung ver<br />
loren hat. Ist er trotzdem Eigentümer und Besitzer des Briefes?<br />
6. Welche Aufgaben hat der Besitz?<br />
139. Erwerb, Erhaltung und Verlust des Besitzes<br />
a) Einzelheiten<br />
Lesen Sie zuerst einmal die kurze Vorschrift des § 854 Absatz 1 BGB. § 854 Absatz 1 BGB<br />
beschreibt den Erwerb des Besitzes. Der Besitz wird begründet „durch die Erlangung der tatsächlichen<br />
Gewalt über eine Sache“.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
82
Der Besitz besteht fort, wenn die tatsächliche Gewalt einmal begründet worden ist, danach<br />
aber gelockert wurde.<br />
Aber wenn die tatsächliche Gewalt freiwillig oder unfreiwillig aufhört, endet der Besitz.<br />
Wenn also der bisherige Besitzer sein Zwei-Euro-Stück einem Bettler gibt oder wenn dem<br />
bisherigen Besitzer seine Scheckkarte gestohlen wird, ist sein Besitz beendet.<br />
b) Wiederholungsfragen<br />
1. Der Bundesgerichtshof hat dem Inhaber eines Großmarktes den Besitz (nicht: das Eigentum)<br />
an einem Tausendmarkschein zugesprochen, den ein unbekannter Kunde in dem Supermarkt<br />
verloren und den ein Angestellter des Supermarkts gefunden hatte. Versuchen Sie, die<br />
Entscheidung zu begründen.<br />
2. Bauer B ist Eigentümer einer Weide, die sehr weit entfernt ist von seinem Bauernhaus.<br />
Hat er an ihr Besitz, wenn er zu Hause ist?<br />
3. In welcher Vorschrift ist der Besitzerwerb geregelt?<br />
4. Ist es für den Besitzerwerb des neuen Besitzers erforderlich, dass der bisherige Besitzer<br />
mit dem Wechsel des Besitzes einverstanden ist?<br />
140. Sonderfall des „mittelbaren Besitzes“<br />
a) Gesetzliche Regelung in § 868 BGB<br />
Besitz bezeichnet typischerweise die unmittelbare tatsächliche Gewalt über eine Sache; das ist<br />
der „unmittelbare Besitz“.<br />
Das BGB erkennt aber auch als Besitz die Situation an, dass jemand nicht selbst, sondern über<br />
eine andere Person eine Sache besitzt, so dass der eine der mittelbare und der andere der unmittelbare<br />
Besitzer ist. § 868 BGB erklärt das an den Beispielen des Verpfänders (mittelbarer<br />
Besitzer) und des Pfandgläubigers (unmittelbarer Besitzer), des Vermieters (mittelbarer Besitzer)<br />
und des Mieters (unmittelbarer Besitzer), des Hinterlegers (mittelbarer Besitzer) und des<br />
Verwahrers (unmittelbarer Besitzer).<br />
b) Praktische Bedeutung<br />
Der mittelbare Besitz hat große Bedeutung für die Sicherungsübereignung und den Eigentumsvorbehalt.<br />
Bei der Sicherungsübereignung erhält der Gläubiger den mittelbaren Besitz<br />
und der Schuldner behält den unmittelbaren Besitz. Beim Eigentumsvorbehalt behält der Verkäufer<br />
der mittelbaren Besitz und der Käufer erhält den unmittelbaren Besitz. (Die Einzelheiten<br />
ergeben sich aus §§ 929, 930, 868.)<br />
141. Die besondere Beziehung zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer<br />
a) Vorrang der Vertragsbestimmungen<br />
Wenn zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer ein Vertrag besteht, ergeben sich im deutschen<br />
und im chinesischen Recht das Besitzrecht und die weiteren Rechte und Pflichten aus<br />
dem Vertrag. So ist es z. B. zwischen dem Eigentümer, der seine Wohnung oder sein Auto<br />
vermietet, und dem Mieter.<br />
§ 241 Sachenrechtsgesetz.<br />
23. 02. 2012<br />
83
) Hilfsweise gesetzliche Regelung<br />
Für den Fall, dass kein Vertrag besteht, regeln die §§ 986 bis 1003 BGB im einzelnen die Risiken<br />
der Schädigung, die Fruchtziehung, die Aufwendungen und andere Fragen. (Die Einzelheiten<br />
sollen jetzt nicht behandelt werden.)<br />
§§ 242 bis 244 Sachenrechtsgesetz.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
84
ANHANG I. WICHTIGE BESTIMMUNGEN DES BGB<br />
Vorsicht: zum Teil ist der Originaltext veraltet und nicht auf dem neuesten Stand!<br />
§ 276 II. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht lässt.<br />
§ 311 b I. Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem<br />
Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne<br />
Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn<br />
die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.<br />
§ 433 I 1. Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die<br />
Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen.<br />
§ 433 II. Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und<br />
die gekaufte Sache abzunehmen.<br />
§ 449 I. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des<br />
Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden<br />
Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigentumsvorbehalt).<br />
§ 812 I 1. Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten<br />
etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.<br />
§ 816 I 1. Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten<br />
gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die<br />
Verfügung Erlangten verpflichtet.<br />
§ 823 I. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit,<br />
das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen<br />
zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.<br />
§ 854 I BGB. Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über<br />
die Sache erworben.<br />
§ 855. Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt<br />
oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den<br />
sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere<br />
Besitzer.<br />
§ 868. Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer<br />
oder in einem ähnlichen Verhältnisse, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf<br />
Zeit zum Besitze berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer<br />
Besitz).<br />
23. 02. 2012<br />
85
§ 873 I. Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstücke, zur Belastung eines Grundstücks<br />
mit einem Rechte sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechtes ist die<br />
Einigung des Berechtigten und des anderen Teiles über den Eintritt der Rechtsänderung und<br />
die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht das Gesetz<br />
ein anderes vorschreibt.<br />
§ 903 S. 1. Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte <strong>Dr</strong>itter<br />
entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung<br />
ausschließen.<br />
§ 925 Auflassung. I 1. Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873<br />
erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger<br />
Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden.<br />
§ 925 II. Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist<br />
unwirksam.<br />
§ 929 S. 1. Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass<br />
der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum<br />
übergehen soll.<br />
§ 930. Ist der Eigentümer im Besitze der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden,<br />
dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge<br />
dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.<br />
§ 932 I 1. Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer,<br />
wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er<br />
nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist.<br />
§ 932 II. Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober<br />
Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.<br />
§ 935 I 1. Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die<br />
Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst abhanden gekommen<br />
war.<br />
§ 985. Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.<br />
§ 1004. I. Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des<br />
Besitzers beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung<br />
verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer<br />
auf Unterlassung klagen.<br />
§ 1004 II. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet<br />
ist.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
86
§ 1018. Gesetzlicher Inhalt der Grunddienstbarkeit. Ein Grundstück kann zu Gunsten des jeweiligen<br />
Inhabers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das<br />
Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf …. (Grunddienstbarkeit).<br />
§ 1020 Satz 1. Schonende Ausübung. Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte<br />
das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen.<br />
§ 1113 I. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen<br />
Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm<br />
zustehenden Forderung aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Hypothek).<br />
§ 1115 I. Bei der Eintragung der Hypothek müssen der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung<br />
und, wenn die Forderung verzinslich ist, der Zinssatz, wenn andere Nebenleistungen zu<br />
entrichten sind, ihr Geldbetrag im Grundbuch angegeben werden; im übrigen kann zur Bezeichnung<br />
der Forderung auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.<br />
§ 1147. Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die<br />
sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung.<br />
§ 1163 I. Ist die Forderung, für welche die Hypothek bestellt ist, nicht zur Entstehung gelangt,<br />
so steht die Hypothek dem Eigentümer zu. Erlischt die Forderung, so erwirbt der Eigentümer<br />
die Hypothek.<br />
§ 1163 II. Eine Hypothek, für welche die Erteilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen<br />
ist, steht bis zur Übergabe des Briefes an den Gläubiger dem Eigentümer zu.<br />
23. 02. 2012<br />
87
ANHANG II. LITERATURHINWEISE<br />
Aus der unermesslichen Literatur nur ein paar Hinweise im Hinblick auf ausländische Benutzer.<br />
1. Wörterbücher<br />
C. Creifelds, K. Weber, Rechtswörterbuch, 19. Aufl., 2007<br />
C.-E. Dietl, E. Lorenz, Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik,<br />
Teil I, Englisch- Deutsch, Teil II, Deutsch-Englisch, 5. Aufl., 2005<br />
G. Köbler, Juristisches Wörterbuch, 14. Aufl., 2007<br />
2. Allgemeine Hinweise für die Bundesrepublik Deutschland<br />
H. Avenarius, Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, 1995<br />
O. Model, C. Creifelds, Staatsbürger-Taschenbuch, Alles Wissenswerte über Staat, Verwaltung,<br />
Recht und Wirtschaft, 32. Auflage, 2007.<br />
3. Relativ einfache Lehrbücher und Kommentare für deutsche Studierende<br />
Allgemein (mit Einschluss des Sachenrechts)<br />
W. Däubler, BGB Kompakt, 2. Aufl., 2003<br />
U. Eisenhardt, Einführung in das Bürgerliche Recht, 5. Aufl., 2007<br />
G. A. Kaiser, Bürgerliches Recht Basiswissen, 9. Aufl., 2003<br />
P. Katko, Bürgerliches Recht schnell erfasst, 6, Aufl., 2006<br />
E. Klunzinger, Einführung in das Bürgerliche Recht, 13. Aufl., 2007<br />
D. Medicus, Grundwissen zum Bürgerlichen Recht, l8. Aufl., 2008<br />
D. O. Reich, P. Schmitz, Einführung in das Bürgerliche Recht, 3. Aufl., 2003<br />
Sachenrecht<br />
W. Gerhardt, Mobiliar<strong>sachenrecht</strong>, 5. Aufl., 2000<br />
W. Gerhardt, Immobiliar<strong>sachenrecht</strong>, 5. Aufl., 2001<br />
Kurze und einfache Kommentare<br />
O. Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 5. Aufl., 2007<br />
J. Kropholler, Bürgerliches Gesetzbuch, Studienkommentar, 11. Aufl., München 2008.<br />
R. Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 5. Aufl., 2007<br />
4. Größere Sachenrechtslehrbücher<br />
F. Baur, J. F. Baur, R. Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., erscheint 2009<br />
M. Wolf, Sachenrecht, 23. Aufl., 2007<br />
(Beachten Sie, dass Sie im Allgemeinen nur solche Literatur zum deutschen Privatrecht benutzen<br />
können, die nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. 11. 2001, in Kraft<br />
getreten am 1. Januar 2002, publiziert worden ist.).<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
88
fa3 dian3 (di2<br />
er2 ban3)<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
vom 2.1.2002,<br />
Stand: 1.3.2005<br />
G. Köbler, Rechtschinesisch, Deutsch-chinesisches und chinesisch-<strong>deutsches</strong><br />
Rechtswörterbuch für jedermann, 2002<br />
90
Arbeitsplan<br />
Begrüssung ............................................................................................................................................................... 2<br />
1. Plan der Vorlesung ........................................................................................................................................... 2<br />
2. Chinesisches Recht .......................................................................................................................................... 2<br />
3. Literatur ............................................................................................................................................................ 3<br />
Bundesgesetzblatt Teil 1; Nr. 2 ............................................................................................................................ 3<br />
Erster, zweiter und dritter Tag ............................................................................................................................. 5<br />
1. Teil. Grundlegende Bestimmungen ...................................................................................................................... 5<br />
1. Überblick über die grundlegenden Bestimmungen .......................................................................................... 5<br />
2. Die Anerkennung des Eigentums durch die Verfassung ................................................................................. 5<br />
a) Deutsches Recht .................................................................................................................................... 5<br />
aa) Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz ...................................................................................................... 5<br />
bb) Kurze Bemerkung zu den deutschen Verfassungen ......................................................................... 5<br />
b) Chinesisches Recht ................................................................................................................................ 5<br />
3. Beschränkungen des Eigentums ...................................................................................................................... 6<br />
a) Deutsches Recht .................................................................................................................................... 6<br />
b) Chinesisches Recht ................................................................................................................................ 6<br />
4. Staatseigentum, Kollektiveigentum und Privateigentum ................................................................................. 6<br />
a) Deutsches Recht .................................................................................................................................... 6<br />
b) Chinesisches Recht ................................................................................................................................ 6<br />
c) Unterschied ............................................................................................................................................ 7<br />
5. Enteignung und Beschlagnahme ...................................................................................................................... 7<br />
6. Wirtschaftliche Bedeutung des Sachenrechts .................................................................................................. 8<br />
7. Aufgaben und Einteilungen des Sachenrechts ................................................................................................. 8<br />
8. Aufgabe des Sachenrechts ............................................................................................................................... 8<br />
9. Inhalt des Sachenrechts .................................................................................................................................... 8<br />
10. Sachenrecht als Teil des Zivilrechts .............................................................................................................. 9<br />
a) Deutsches Recht .................................................................................................................................... 9<br />
b) Chinesisches Recht ................................................................................................................................ 9<br />
11. Anwendbarkeit des Allgemeinen Teils des BGB ........................................................................................ 10<br />
12. Begriffe und Unterscheidungen ................................................................................................................... 10<br />
13. Begriff der „Sache“ ...................................................................................................................................... 10<br />
14. Einteilung in „bewegliche Sachen“ und „Grundstücke“ ............................................................................. 11<br />
a) BGB ..................................................................................................................................................... 11<br />
b) Sachenrechtsgesetz .............................................................................................................................. 11<br />
15. Einzelne Sachenrechte, einzelne dingliche Rechte ...................................................................................... 11<br />
a) Das einzelne Sachenrecht, das einzelne dingliche Recht .................................................................... 11<br />
b) Eigentum .............................................................................................................................................. 11<br />
c) Andere dingliche Rechte ..................................................................................................................... 11<br />
16. Abgrenzung der dinglichen Rechte zum Besitz ........................................................................................... 12<br />
17. Abgrenzung zu schuldrechtlichen Forderungen ......................................................................................... 12<br />
a) Ansprüche, Forderungen, Verpflichtungen ......................................................................................... 12<br />
b) Relative Rechte ................................................................................................................................... 12<br />
c) Keine Anwendung des Sachenrechts ................................................................................................... 13<br />
18. Dingliche Rechtsgeschäfte, Verfügungen, Erfüllungsgeschäfte .................................................................. 13<br />
a) BGB ..................................................................................................................................................... 13<br />
aa) Begriffe ........................................................................................................................................... 13<br />
bb) Anwendung des Allgemeinen Teils des BGB ................................................................................ 13<br />
cc) Nicht anwendbar: das Schuldrecht des BGB (§§ 241 bis 853 BGB) ............................................. 13<br />
b) Sachenrechtsgesetz .............................................................................................................................. 13<br />
19. Schutz der dinglichen Rechte ....................................................................................................................... 13<br />
20. Schutz der dinglichen Rechte durch die Verfassung ................................................................................... 14<br />
a) Grundgesetz ......................................................................................................................................... 14<br />
b) Verfassung der VR China .................................................................................................................... 14<br />
23. 02. 2012<br />
91
21. Schutz der dinglichen Rechte durch das Zivilrecht ..................................................................................... 14<br />
22. Vorrang des Vertragsrechts .......................................................................................................................... 14<br />
23. Schutz des Eigentums durch den Herausgabeanspruch ............................................................................... 15<br />
a) Herausgabeanspruch des Eigentümers ................................................................................................ 15<br />
b) Recht zum Besitz, Vorrang des Vertragsrechts ................................................................................... 15<br />
c) Weitere Ansprüche zwischen Eigentümer und Besitzer ...................................................................... 15<br />
24. Schutz durch den Beseitigungsanspruch und den Unterlassungsanspruch .................................................. 15<br />
a) Beseitigungsanspruch (Gegenwart), Unterlassungsanspruch (Zukunft) ............................................. 15<br />
b) Erlaubte Immissionen .......................................................................................................................... 16<br />
25. Schadensersatzanspruch wegen unerlaubter Handlung ............................................................................... 16<br />
26. Grundbuchberichtigungsanspruch und Widerspruch ................................................................................... 17<br />
27. Schutz der dinglichen Rechte durch andere Gesetze ................................................................................... 17<br />
28. Schutz der Rechte nicht durch Gesetze allein .............................................................................................. 17<br />
29. Schutz der Rechte durch den Staatsapparat ................................................................................................. 18<br />
30. Schutz der Rechte durch die Gesellschaft .................................................................................................... 18<br />
31. Schutz der Rechte durch Menschen ............................................................................................................. 18<br />
32. Sachenrechtsgrundsätze ............................................................................................................................... 18<br />
a) Deutsches Recht .................................................................................................................................. 18<br />
b) Sachenrechtsgesetz .............................................................................................................................. 19<br />
33. Übertragbarkeit ............................................................................................................................................ 19<br />
a) Begriffe ................................................................................................................................................ 19<br />
b) Problem ................................................................................................................................................ 19<br />
c) Grundsatz ............................................................................................................................................. 19<br />
d) Sachenrechtsgesetz .............................................................................................................................. 19<br />
34. Offenkundigkeitsgrundsatz .......................................................................................................................... 19<br />
a) Bedeutung ............................................................................................................................................ 19<br />
b) Wirkungen ........................................................................................................................................... 20<br />
35. Trennungsprinzip ......................................................................................................................................... 20<br />
a) Beispiel Segelschiff I ............................................................................................................................ 20<br />
b) Problem ................................................................................................................................................ 21<br />
c) Trennungsprinzip des BGB ................................................................................................................. 21<br />
d) Anders m. E. Sachenrechtsgesetz ........................................................................................................ 21<br />
36. Abstraktionsprinzip ...................................................................................................................................... 21<br />
a) Beispiel Segelschiff II - Frage .............................................................................................................. 21<br />
b) Problem – abweichende Lösung .......................................................................................................... 21<br />
c) Abstraktionsprinzip des BGB .............................................................................................................. 22<br />
d) Beispiel Segelschiff II - Antwort .......................................................................................................... 22<br />
e) Wichtige Ergänzung des Abstraktionsprinzips .................................................................................... 22<br />
f) Anders m. E. das Sachenrechtsgesetz .................................................................................................. 22<br />
37. Rangprinzip .................................................................................................................................................. 23<br />
a) Beispiel Grundstück mit Bürohaus ...................................................................................................... 23<br />
b) Probleme .............................................................................................................................................. 23<br />
c) Frage der Belastung mit mehreren dinglichen Rechten ....................................................................... 23<br />
d) Verhältnis der verschiedenen dinglichen Rechte zu einander ............................................................. 23<br />
e) Rangverhältnis ..................................................................................................................................... 23<br />
f) Beispiel Grundstück mit Bürohaus II .................................................................................................. 24<br />
38. Zusammenfassung der grundlegenden Bestimmungen ............................................................................... 24<br />
<strong>Dr</strong>itter, vierter und fünfter Tag .......................................................................................................................... 26<br />
2. Teil. Eigentum .................................................................................................................................................... 26<br />
39. Befugnisse des Eigentümers ........................................................................................................................ 26<br />
40. Räumliche Ausdehnung des Grundeigentums ............................................................................................. 26<br />
41. Sonderformen des Eigentums ...................................................................................................................... 26<br />
a) Bergrecht ............................................................................................................................................. 26<br />
b) Wasserrecht ......................................................................................................................................... 26<br />
42. Gebäude ....................................................................................................................................................... 27<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
92
a) Deutsches Recht: „Wesentlicher Bestandteil“ ..................................................................................... 27<br />
aa) Begriff ............................................................................................................................................. 27<br />
bb) Negative Bedeutung ........................................................................................................................ 27<br />
cc) Positive Bedeutung ......................................................................................................................... 27<br />
b) Chinesisches Recht .............................................................................................................................. 28<br />
43. Übereignung eines Grundstücks (§ 873 BGB) ............................................................................................ 28<br />
a) Problem ................................................................................................................................................ 28<br />
b) Hauptregel ........................................................................................................................................... 28<br />
c) Zwei Erfordernisse .............................................................................................................................. 28<br />
d) Begriffe ................................................................................................................................................ 29<br />
44. „Einigung“ gemäß § 873 Absatz 1 BGB ..................................................................................................... 29<br />
a) Einigung als Rechtsgeschäft ................................................................................................................ 29<br />
aa) Alle Grundstücksgeschäfte ............................................................................................................. 29<br />
bb) Auflassung für Eigentumsübertragung ........................................................................................... 29<br />
b) Beteiligte Personen .............................................................................................................................. 29<br />
aa) „Einigung“ mit dem Berechtigten ................................................................................................... 29<br />
bb) Beispiel Betrügerin Ia ..................................................................................................................... 29<br />
c) Objekt der Einigung ............................................................................................................................. 30<br />
d) Einigung nur als 1 Teil des Übertragungstatbestandes ........................................................................ 30<br />
e) Wiederholungsfragen ........................................................................................................................... 30<br />
45. “Eintragung“ in das Grundbuch gemäß § 873 Absatz 1 BGB ..................................................................... 30<br />
a) Eintragungserfordernis ........................................................................................................................ 30<br />
b) Beispiel Betrügerin Ib .......................................................................................................................... 31<br />
46. Grundbuch .................................................................................................................................................... 31<br />
a) Deutsches Recht .................................................................................................................................. 31<br />
47. Nicht erforderlich für Verfügungen über Grundstücksrechte ...................................................................... 32<br />
48. Sachenrechtsgesetz: Verfügungen über ein Grundstücksrecht .................................................................... 32<br />
a) Anwendung .......................................................................................................................................... 32<br />
b) Einigung über die Rechtsänderung? .................................................................................................... 33<br />
c) Eintragung in das Register unbeweglicher Sachen .............................................................................. 33<br />
aa) Eintragungserfordernis .................................................................................................................... 33<br />
bb) Fehlen des Registersystems ............................................................................................................ 33<br />
49. Unrichtige Eintragungen im Grundbuch ...................................................................................................... 33<br />
a) Gründe für unrichtige Eintragungen im Grundbuch ............................................................................ 33<br />
b) Schutz des Berechtigten ....................................................................................................................... 34<br />
aa) Grundbuchberichtigungsanspruch .................................................................................................. 34<br />
bb) Widerspruch .................................................................................................................................... 34<br />
c) Probleme infolge der ersten Falscheintragung, Beispiel Betrügerin I ................................................. 34<br />
d) Probleme infolge der zweiten Falscheintragung .................................................................................. 34<br />
50. Gutgläubiger Eigentumserwerb an einem Grundstück (§ 892 BGB) .......................................................... 35<br />
a) Beispiel Betrügerin II ......................................................................................................................... 35<br />
b) Probleme infolge der zweiten Falscheintragung .................................................................................. 35<br />
aa) Schutz des ursprünglichen Eigentümers ......................................................................................... 35<br />
bb) Störungen des Rechtsverkehrs und Prüfungsobliegenheit des Eigentümers .................................. 35<br />
c) Entscheidung des Gesetzgebers ........................................................................................................... 36<br />
d) Lösung des Gesetzgebers ..................................................................................................................... 36<br />
aa) Eintragungen ................................................................................................................................... 36<br />
bb) Einigung, guter Glaube ................................................................................................................... 37<br />
e) Beispiel Betrügerin II ......................................................................................................................... 37<br />
51. Gesetzliche Grundlagen des gutgläubigen Erwerbs .................................................................................... 37<br />
a) Gesetzliche Regelung .......................................................................................................................... 37<br />
b) Vier Voraussetzungen .......................................................................................................................... 37<br />
52. Die vier Erfordernisse für den gutgläubigen Erwerb ................................................................................... 37<br />
a) Einigung ............................................................................................................................................... 37<br />
b) Eintragung ........................................................................................................................................... 38<br />
c) Unrichtigkeit des Grundbuchs ............................................................................................................. 38<br />
23. 02. 2012<br />
93
d) Unkenntnis des Erwerbers, fehlender Widerspruch ............................................................................ 38<br />
e) Beispiel: Betrügerin-Fall I und II ........................................................................................................ 39<br />
53. Ausgleich oder Schadensersatz .................................................................................................................... 39<br />
54. Sachenrechtsgesetz: Gutgläubiger Erwerb einer unbeweglichen Sache ...................................................... 39<br />
55. Übereignung einer beweglichen Sache (§ 929 BGB) .................................................................................. 39<br />
a) Problem ................................................................................................................................................ 39<br />
b) Hauptregel ........................................................................................................................................... 39<br />
c) Zwei Erfordernisse .............................................................................................................................. 40<br />
d) Nicht erforderlich ................................................................................................................................ 40<br />
56. „Einigung“ gemäß § 929 Satz 1 BGB .......................................................................................................... 40<br />
a) Personen, Rechtsgeschäft, Anwendung des Allgemeinen Teils .......................................................... 40<br />
b) Formfreiheit ......................................................................................................................................... 40<br />
c) Objekt der Einigung ............................................................................................................................. 40<br />
57. „Übergabe“ gemäß § 929 Satz 1 BGB ......................................................................................................... 40<br />
a) Gesetzliche Regelung .......................................................................................................................... 40<br />
b) Beispiel Volkswagen ............................................................................................................................ 41<br />
c) Mittelbarer Besitz ................................................................................................................................ 41<br />
d) Wiederholungsfragen ........................................................................................................................... 41<br />
58. Sachenrechtsgesetz: Übereignung beweglicher Sachen .............................................................................. 41<br />
59. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums an einer beweglichen Sache .............................................................. 42<br />
a) Beispiel Segelschiff III ......................................................................................................................... 42<br />
b) Problem und Problemlösung ............................................................................................................... 42<br />
60. Grundlagen des gutgläubigen Erwerbs ........................................................................................................ 42<br />
a) Wortlaut des Gesetzes ......................................................................................................................... 42<br />
b) Vier Voraussetzungen .......................................................................................................................... 42<br />
c) Eine Ausnahme .................................................................................................................................... 43<br />
61. Die vier Erfordernisse für den gutgläubigen Erwerb ................................................................................... 43<br />
a) Einigung ............................................................................................................................................... 43<br />
b) Übergabe .............................................................................................................................................. 43<br />
c) Fehlen des Eigentums des Veräußerers ............................................................................................... 43<br />
d) Guter Glaube des Erwerbers ................................................................................................................ 43<br />
aa) Kein guter Glaube bei Kenntnis ...................................................................................................... 44<br />
bb) Kein guter Glaube bei grobfahrlässiger Unkenntnis ....................................................................... 44<br />
62. Wichtige Ausnahme: Gestohlene oder verlorene Sache (§ 935 BGB) ........................................................ 44<br />
63. Ausgleich oder Schadensersatz .................................................................................................................... 45<br />
64. Wiederholungsfragen zum gutgläubigen Erwerb ........................................................................................ 45<br />
65. Eigentumserwerb - <strong>deutsches</strong> Recht - chinesischer Roman ........................................................................ 46<br />
a) Die deutsche Abwandlung ................................................................................................................... 46<br />
b) Das chinesische Original ..................................................................................................................... 47<br />
66. Wohnungseigentum (nicht mündlich behandelt) ......................................................................................... 47<br />
a) Problem ................................................................................................................................................ 47<br />
b) Praktische und juristische Bedeutung .................................................................................................. 48<br />
c) Begründung des Wohnungseigentums ................................................................................................ 48<br />
d) Übertragbarkeit und Belastbarkeit ....................................................................................................... 48<br />
e) Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Verwaltung .................................................................. 48<br />
f) Sachenrechtsgesetz .............................................................................................................................. 49<br />
67. Zusammenfassung der wichtigsten Eigentumsbestimmungen .................................................................... 49<br />
(Nicht mündlich behandelt) ................................................................................................................................ 50<br />
3. Teil. Nutzungsrechte ........................................................................................................................................... 50<br />
68. Problem ........................................................................................................................................................ 50<br />
69. Systematik des BGB .................................................................................................................................... 50<br />
70. „Dingliche Nutzungsrechte“ des Sachenrechtsgesetzes .............................................................................. 50<br />
71. Erbbaurecht – Begriffe ................................................................................................................................. 51<br />
72. Erbbaurecht – Tatsächliche Grundlagen ...................................................................................................... 51<br />
a) Praktische Bedeutung ................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
94
73. Erbbaurecht – Gesetzliche Grundlagen ....................................................................................................... 51<br />
74. Erbbaurecht – Gesetzliche Einzelheiten ...................................................................................................... 52<br />
a) Bestellung ............................................................................................................................................ 52<br />
b) Berechtigte, Übertragbarkeit, Belastbarkeit ........................................................................................ 52<br />
c) Rechte des Erbbauberechtigten ........................................................................................................... 52<br />
d) Rechte des Grundstückseigentümers ................................................................................................... 52<br />
e) Gegenleistung des Erbbauberechtigen ................................................................................................. 52<br />
75. Ende des Erbbaurechts ................................................................................................................................. 53<br />
76. Sachenrechtsgesetz - Das Recht zur Nutzung von Bauland ...................................................................... 53<br />
a) Problem ................................................................................................................................................ 53<br />
b) Einzelne Bestimmungen des chinesischen Sachenrechtsgesetzes ....................................................... 53<br />
c) Vergleich mit dem deutschen Grundeigentum .................................................................................... 54<br />
77. Grunddienstbarkeiten – Bezeichnung .......................................................................................................... 54<br />
78. Grunddienstbarkeit (BGB) – Beispiel Straße auf fremdem Grundstück ...................................................... 54<br />
79. Grunddienstbarkeit - Probleme .................................................................................................................... 55<br />
80. Gesetzliche Regelung ................................................................................................................................... 55<br />
81. Beteiligte ...................................................................................................................................................... 55<br />
a) Berechtigter ......................................................................................................................................... 55<br />
b) Belastetes Objekt ................................................................................................................................. 55<br />
82. Inhalt der Grunddienstbarkeit ...................................................................................................................... 55<br />
83. Bestellung der Grunddienstbarkeit .............................................................................................................. 56<br />
84. Schutz des Dienstbarkeitsberechtigten ........................................................................................................ 56<br />
85. Übergang der Grunddienstbarkeit ................................................................................................................ 56<br />
86. Vergleich Sachenrechtsgesetz - BGB ........................................................................................................ 56<br />
87. Zusammenfassung unseres dritten Teils über Nutzungsrechte .................................................................... 57<br />
Fünfter bis achter Tag ....................................................................................................................................... 59<br />
4. Teil. Dingliche Sicherungsrechte ....................................................................................................................... 59<br />
88. Problem ........................................................................................................................................................ 59<br />
a) Fragen .................................................................................................................................................. 59<br />
b) Zwei verschiedene Gattungen von Sicherheiten ................................................................................. 59<br />
aa) Personalkredit ................................................................................................................................. 59<br />
bb) Realkredit ........................................................................................................................................ 59<br />
89. Beispiel Salomons Autowerkstatt I .............................................................................................................. 60<br />
90. Begriffe und System des deutschen Rechts ................................................................................................. 60<br />
a) Begriffe ................................................................................................................................................ 60<br />
b) Die wichtigsten dinglichen Sicherungsrechte des deutschen Rechts .................................................. 60<br />
91. System und Sicherungsrechte des chinesischen Rechts ............................................................................... 60<br />
a) Zwei chinesische Gesetze .................................................................................................................... 60<br />
b) Sicherungsrechte des chinesischen Rechts .......................................................................................... 60<br />
92. Hypothek – Probleme .................................................................................................................................. 61<br />
93. Gesetzliche Regelung der Hypothek ............................................................................................................ 61<br />
94. Belastete Gegenstände - BGB ...................................................................................................................... 61<br />
a) Grundstücke ......................................................................................................................................... 61<br />
b) Erstreckung der Hypothek auf Gebäude .............................................................................................. 61<br />
95. Belastete Gegenstände - Chinesisches Recht ............................................................................................... 61<br />
96. <strong>Dr</strong>ei Personen – drei Rechtsbeziehungen .................................................................................................... 61<br />
97. Schuldvertrag zwischen Gläubiger und Schuldner ...................................................................................... 62<br />
a) Ein Schuldvertrag, zwei Personen, ...................................................................................................... 62<br />
b) Hauptfall Darlehen .............................................................................................................................. 62<br />
c) Schuldrecht, nicht Sachenrecht ............................................................................................................ 62<br />
d) Aber Akzessorietät im Sachenrecht ..................................................................................................... 62<br />
98. Hypothek des Hypothekengläubigers am Grundstück des Eigentümers .................................................... 62<br />
a) Hypothekengläubiger ........................................................................................................................... 62<br />
b) Grundstückseigentümer ....................................................................................................................... 63<br />
aa) Grundstückseigentümer ist ein <strong>Dr</strong>itter ............................................................................................ 63<br />
23. 02. 2012<br />
95
) Grundstückseigentümer ist der Schuldner ...................................................................................... 63<br />
cc) Also zwei Möglichkeiten ................................................................................................................ 63<br />
99. Rechtsbeziehungen zwischen Grundstückseigentümer und Schuldner ....................................................... 64<br />
100. Bestellung der Hypothek ............................................................................................................................ 64<br />
101. „Einigung“ über die Bestellung der Hypothek .......................................................................................... 65<br />
a) BGB .......................................................................................................................................................... 65<br />
102. „Eintragung“ der Hypothek ....................................................................................................................... 65<br />
103. Gesicherte Forderung, Akzessorietät ......................................................................................................... 65<br />
a) Zweck der Sicherung ........................................................................................................................... 65<br />
b) Eintragungserfordernis ........................................................................................................................ 65<br />
c) Akzessorietät ....................................................................................................................................... 66<br />
d) Eigentümerhypothek ............................................................................................................................ 66<br />
e) Sachenrechtsgesetz .............................................................................................................................. 66<br />
104. Hypothekenbrief als besonderes Erfordernis ............................................................................................. 66<br />
105. Kein Besitz- oder Nutzungsrecht des Gläubigers ...................................................................................... 66<br />
106. Übertragung von Hypothek und Forderung ............................................................................................... 66<br />
a) Übertragbarkeit von Hypothek und Forderung ................................................................................... 66<br />
b) Übertragung der Hypothek und der Forderung, Akzessorietätsprinzip ............................................... 67<br />
c) Form der Übertragung ......................................................................................................................... 67<br />
107. Verfügungen über das belastete Grundstück ............................................................................................. 67<br />
a) Übertragbarkeit .................................................................................................................................... 67<br />
b) Fortbestand der Hypothek ................................................................................................................... 67<br />
c) Kein Zustimmungserfordernis ............................................................................................................. 67<br />
d) Kein Erfordernis der vorzeitigen Rückzahlung ................................................................................... 68<br />
e) Belastung des Grundstücks mit weiteren Rechten .............................................................................. 68<br />
f) Wiederholungsfragen ........................................................................................................................... 68<br />
108. Verwertung des Grundstücks ..................................................................................................................... 68<br />
a) Versteigerung ....................................................................................................................................... 68<br />
b) Vier Beobachtungen ............................................................................................................................ 69<br />
109. Bezahlung der Schuld ................................................................................................................................ 69<br />
110. Pfandrecht .................................................................................................................................................. 69<br />
a) Beispiel Elenas Diamantenbrosche ..................................................................................................... 69<br />
b) Geringe praktische Bedeutung ............................................................................................................. 69<br />
c) Gesetzliche Grundlage ......................................................................................................................... 70<br />
d) Belastete Gegenstände ......................................................................................................................... 70<br />
e) <strong>Dr</strong>ei Personen – drei Rechtsverhältnisse ............................................................................................. 70<br />
f) Begriffe ................................................................................................................................................ 70<br />
111. Bestellung des Pfandrechts ........................................................................................................................ 70<br />
112. Einzelne Erfordernisse der Pfandbestellung .............................................................................................. 70<br />
a) Einigung ............................................................................................................................................... 70<br />
b) Übergabe .............................................................................................................................................. 70<br />
c) Gesicherte Forderung, Akzessorietät ................................................................................................... 71<br />
113. Übertragung von Pfandrecht und Forderung ............................................................................................. 71<br />
114. Verfügungen über die verpfändete Sache .................................................................................................. 71<br />
115. Verwertung des Pfandes ............................................................................................................................ 71<br />
116. Erlöschen des Pfandrechts ......................................................................................................................... 71<br />
117. Wiederholungsfragen ................................................................................................................................. 71<br />
118. Zusammenfassung Hypothek und Pfandrecht ........................................................................................... 71<br />
119. Sicherungsübereignung .............................................................................................................................. 72<br />
a) Große praktische Bedeutung ............................................................................................................... 72<br />
b) Beispiel Pizza-Auto .............................................................................................................................. 72<br />
c) Problem ................................................................................................................................................ 72<br />
d) Problemlösung durch Rechtsprechung und Rechtswissenschaft ......................................................... 73<br />
120. Voraussetzungen für die Sicherungsübereignung ...................................................................................... 73<br />
a) Sicherungsgegenstand ......................................................................................................................... 73<br />
b) Beteiligte Personen .............................................................................................................................. 73<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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c) Sicherungsvertrag ................................................................................................................................ 73<br />
121. Rechtliche Konstruktion der Sicherungsübereignung ............................................................................... 73<br />
a) Einigung ............................................................................................................................................... 74<br />
b) Besitzübertragung ................................................................................................................................ 74<br />
122. Rechtswirkung der Sicherungsübereignung .............................................................................................. 74<br />
123. Verfügungen des Schuldners über das Sicherungsgut ............................................................................... 74<br />
a) Problem ................................................................................................................................................ 74<br />
b) Lösung ................................................................................................................................................. 74<br />
124. Verwertung des Sicherungsgutes ............................................................................................................... 75<br />
125. Rückübereignung des Sicherungsgutes ...................................................................................................... 75<br />
126. Beispiel Pizza-Auto .................................................................................................................................... 75<br />
127. Vergleich Sicherungsübereignung - Pfandrecht ........................................................................................ 75<br />
128. Wiederholungsfragen ................................................................................................................................. 76<br />
129. Chinesisches Recht .................................................................................................................................... 76<br />
130. Eigentumsvorbehalt ................................................................................................................................... 76<br />
a) Beispiel Sommerkleider ....................................................................................................................... 76<br />
b) Wirtschaftliches Problem .................................................................................................................... 77<br />
131. Problemlösung ........................................................................................................................................... 77<br />
a) Text des BGB ...................................................................................................................................... 77<br />
c) Juristische Konstruktion ...................................................................................................................... 78<br />
132. Zwei Erfordernisse des Eigentumsvorbehalts ........................................................................................... 78<br />
a) Übertragung des unmittelbaren Besitzes ............................................................................................. 78<br />
b) Einigung unter einer Bedingung .......................................................................................................... 78<br />
133. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts ........................................................................................................ 78<br />
a) Die erste Wirkung ................................................................................................................................ 78<br />
b) Die zweite Wirkung ............................................................................................................................. 79<br />
c) Die dritte Wirkung ............................................................................................................................... 79<br />
134. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltsware .................................................................. 79<br />
135. Wiederholungsfragen Eigentumsvorbehalt ................................................................................................ 79<br />
136. Eigentumsvorbehalt nach chinesischem Recht .......................................................................................... 80<br />
137. Vergleich Sicherungsübereignung, Eigentumsvorbehalt und Pfandrecht ................................................. 80<br />
Neunter Tag ....................................................................................................................................................... 82<br />
5. Teil. Besitz .......................................................................................................................................................... 82<br />
138. Inhalt des Besitzes ...................................................................................................................................... 82<br />
a) Definition ............................................................................................................................................. 82<br />
b) Einzelheiten ......................................................................................................................................... 82<br />
c) Publizitätsfunktion für bewegliche Sachen .......................................................................................... 82<br />
d) Wiederholungsfragen ........................................................................................................................... 82<br />
139. Erwerb, Erhaltung und Verlust des Besitzes .............................................................................................. 82<br />
a) Einzelheiten ......................................................................................................................................... 82<br />
b) Wiederholungsfragen ........................................................................................................................... 83<br />
140. Sonderfall des „mittelbaren Besitzes“ ....................................................................................................... 83<br />
a) Gesetzliche Regelung in § 868 BGB ................................................................................................... 83<br />
b) Praktische Bedeutung .......................................................................................................................... 83<br />
141. Die besondere Beziehung zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer .................................................. 83<br />
a) Vorrang der Vertragsbestimmungen ................................................................................................... 83<br />
b) Hilfsweise gesetzliche Regelung ......................................................................................................... 84<br />
Anhang I. Wichtige Bestimmungen des BGB ........................................................................................................ 85<br />
Anhang II. Literaturhinweise .................................................................................................................................. 88<br />
1. Wörterbücher ................................................................................................................................................. 88<br />
2. Allgemeine Hinweise für die Bundesrepublik Deutschland .......................................................................... 88<br />
3. Relativ einfache Lehrbücher und Kommentare für deutsche Studierende .................................................... 88<br />
4. Größere Sachenrechtslehrbücher ................................................................................................................... 88<br />
23. 02. 2012<br />
97
Anhang III. Übersetzungen ..................................................................................................................................... 89<br />
<strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong><br />
Juristische Fakultät<br />
<strong>Humboldt</strong>-Universität zu Berlin<br />
Unter den Linden 9, D - 10099 Berlin<br />
hans-peter.benoehr@gmx.de<br />
© <strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong> <strong>Benöhr</strong>, Deutsches und chinesisches Sachenrecht, 2009<br />
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