h. - Prof. Dr. Hans-Peter Benöhr - Humboldt-Universität zu Berlin
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H.-P. BENÖHR<br />
REPETITORIUM GRUNDSTÜCKSRECHT<br />
WINTERSEMESTER 2004 - 2005<br />
(VORLÄUFIGE FASSUNG)<br />
HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN<br />
(Stand: 30. Juli 2004)<br />
<strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong>, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, D 10099 <strong>Berlin</strong><br />
<strong>Hans</strong>-<strong>Peter</strong>.Benoehr@rz.hu-berlin.de<br />
http://www.rewi.hu-berlin.de/jura/ex/bnr<br />
Sprechzeit im allgemeinen mittwochs 11.00 Uhr, Raum 02, möglichst nach Voranmeldung<br />
Die folgenden Ausführungen ersetzen nichts: weder das Vor- und Nacharbeiten, noch das Gesetz. Die einzelnen Punkte wurden unter dem<br />
Gesichtspunkt der Klausurengefahr, ohne Rücksicht auf „allgemeine Bildung“, ausgewählt. Für das wirkliche Verständnis - examensorientiert<br />
ausgedrückt: für die mündliche Prüfung - müssten Sie noch einiges ergänzen. Leider sind die Ausführungen immer noch nicht frei<br />
von Fehlern, also auch insofern ist Vorsicht geboten!
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Inhaltsverzeichnis 2<br />
1. Teil. Abschluss des Kausalgeschäfts 4<br />
Kapitel 1. Formerfordernis, §§ 311 b I, 125 4<br />
Kapitel 2. Personenrechtliche oder ehegüterrechtliche Besonderheiten 7<br />
Kapitel 3. Weitere Willensmängel 8<br />
Kapitel 4. Vollmacht für Grundgeschäft 8<br />
Kapitel 5. Konsequenzen eines Fehlers im Grundgeschäft 8<br />
Kapitel 6. Gläubigerwechsel 8<br />
Kapitel 7. Rechts- und Sachmängel 9<br />
Kapitel 8. Kauf bricht nicht Miete, § 566 9<br />
2. Teil. Eigentumsübertragung 10<br />
Kapitel 1. Auflassung, Eintragung und Berechtigung 10<br />
Kapitel 2. Auflassung 10<br />
Kapitel 3. Eintragung, Grundbuch 12<br />
Kapitel 4. Berechtigung 14<br />
Kapitel 5. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums 16<br />
Kapitel 6. Grundbuchberichtigungsanspruch und ähnliche Ansprüche 19<br />
Kapitel 7. Widerspruch 21<br />
Kapitel 8. Prüfungsfolge Grundstücksübertragung 23<br />
Kapitel 9. Entstehung der Vormerkung 24<br />
Kapitel 10. Wirkung der Vormerkung 26<br />
Kapitel 11. Übergang der Vormerkung 30<br />
Kapitel 12. Übertragung der Rechtsstellung des künftigen Erwerbers 31<br />
3. Teil. Bestellung der Hypothek 33<br />
Kapitel 1. Grundlagen 33<br />
Kapitel 2. Bestellung der Hypothek: Einigsein, § 873 35<br />
Kapitel 3. Eintragung, § 873 36<br />
Kapitel 4. Berechtigung, § 873, oder gutgläubiger Erwerb, § 892 36<br />
Kapitel 5. Hypothekenbrief, §§ 1116 f. 38<br />
Kapitel 6. Forderung, § 1113 38<br />
Kapitel 7. Vormerkung 40<br />
Kapitel 8. Eigentümer-Grundschuld, seltener Eigentümer-Hypothek 41<br />
Kapitel 9. Einwendungen und Einreden des Eigentümers gegen den Erstgläubiger 42<br />
Kapitel 10. Geltendmachung der Gegenrechte durch den Eigentümer 44<br />
4. Teil. Übertragung der Hypothek oder des Grundstücks 45<br />
Kapitel 1. Übertragung der Hypothekenforderung: Grundlagen 45<br />
Kapitel 2. Übertragung der Hypothekenforderung: Form 47<br />
Kapitel 3. Gegenrechte des Eigentümers gegen den Zweit-Gläubiger 48<br />
Kapitel 4. Aber gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek 49<br />
Kapitel 4. Zweiterwerb der Hypothek: Guter Glaube des Hypothekenerwerbers 50<br />
Kapitel 6. Eingeschränkter gutgläubiger Zweiterwerb der Sicherungshypothek 53<br />
Kapitel 7. Gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek: Formerfordernisse 53<br />
Kapitel 8. Zusammenfassung 55<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
2
Grundstücksrecht<br />
Kapitel 9. Übertragung des belasteten Grundstücks 56<br />
5. Teil. Befriedigung des Gläubigers 58<br />
Kapitel 1A. Zahlung 58<br />
Kapitel 1B. Aufrechung 59<br />
Kapitel 2. Rückgriff 60<br />
Kapitel 3. Zwangsvollstreckung des Gläubigers, Verteidigung des Eigentümers 63<br />
Kapitel 4. Rang 64<br />
Kapitel 5. Haftungsgegenstände 66<br />
Kapitel 6. Wesentliche Bestandteile 67<br />
Kapitel 7. Haftung des Zubehörs 68<br />
Kapitel 8. Enthaftung des Zubehörs 71<br />
Kapitel 9. Ansprüche wegen Zubehörs 73<br />
Kapitel 10. Befreiung von der Hypothek 74<br />
6. Teil. Grundschuld 74<br />
Kapitel 1. Beschreibung der Grundschuld 74<br />
Kapitel 2. Bestellung der Grundschuld, Einwendungen und Einreden des Eigentümers 75<br />
Kapitel 3. Übertragung von Grundschuld oder Forderung 78<br />
Kapitel 4. Zahlung und Rückgriff 80<br />
7. Teil. Weitere Grundstücksrechte 81<br />
8. Teil. Abwehr- oder Ausgleichsansprüche 82<br />
Kapitel 1. Basisvorschriften §§ 1004 und 906 82<br />
Kapitel 2. Weitere Anspruchsgrundlagen 83<br />
Kapitel 3. Tatbestand des § 1004 Absatz 1 83<br />
Kapitel 4. § 1004 Absatz 2: Verweisungsnorm für Duldungspflicht des Eigentümers 85<br />
Kapitel 5. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 1 86<br />
Kapitel 6. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 2 Satz 1 87<br />
Kapitel 7. Ausgleichsanspruch, § 906 II 2 88<br />
Kapitel 8. Rechtsprechung und Lehre 88<br />
9. Teil. Weitere Bemerkungen 89<br />
Kapitel 1. Begriffe 89<br />
Kapitel 2. Sachenrechtsprinzipien 90<br />
Kapitel 3. Schwerpunkte 90<br />
Kapitel 4. Literatur 91<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
1. TEIL. ABSCHLUSS DES KAUSALGESCHÄFTS<br />
Selbstverständlich beruht das Zivilrecht auf dem Trennungs- und dem Abstraktionsprinzip. Das Verkennen dieser Prinzipien bedeutet das<br />
Scheitern einer Klausur. Aber in Klausuren wie im Geschäftsverkehr sind Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft mit einander verbunden.<br />
Für die Stellung einer Examensaufgabe ist es geschickt, Probleme aus dem Allgemeinen Teil, dem Schuldrecht und dem Sachenrecht in einer<br />
Klausur miteinander <strong>zu</strong> verknüpfen. Hierauf muss ein Kandidat vorbereitet sein.<br />
Kapitel 1. Formerfordernis, §§ 311 b I, 125<br />
In diesem Kapitel kommt es vor allem auf die Formvorschrift, §§ 311 b I 1, 125, für den Schuldvertrag und auf die Heilung des Formmangels<br />
an. Hieran schließen sich drei berühmte Rechtsprechungs- und Klausurfälle, natürlich mit Varianten im Einzelfall, an: Rückforderung<br />
des Kaufpreises durch den Käufer, Erfüllungsanspruch bei einem Scheingeschäft, Verhinderung der Heilung durch den Verkäufer. Auch weitere<br />
Fragen <strong>zu</strong> den obligatorischen Verträgen werden hier beantwortet.<br />
1. Grundstücksstreifen. V und K waren befreundete Nachbarn, Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zur Verbreiterung einer Garageneinfahrt<br />
wollte K von V einen bestimmten Grundstücksstreifen kaufen, der 40 cm schmal und 15 m lang ist. V und K einigten sich<br />
schnell über den Verkauf <strong>zu</strong>m Gesamtpreis von 600,- Euro. Wegen der Geringfügigkeit des Geschäftes begnügten sie sich mit einem<br />
schriftlichen, von beiden unterzeichneten Vertrag und vereinbarten, die notarielle Auflassung innerhalb der nächsten drei Monate vor<strong>zu</strong>nehmen.<br />
K zahlte den Betrag von 600,- Euro sogleich an V in bar.<br />
Dann jedoch gereut den K das ganze Geschäft. Kann K von V Rückzahlung verlangen?<br />
2. Formerfordernis, §§ 311 b I, 125, betrifft Grundstücke:<br />
Eigentum, Miteigentumsanteile, Wohnungseigentum, Erbbaurecht.<br />
Entsprechend beurkundungspflichtig die schuldrechtliche Verpflichtung<br />
<strong>zu</strong>r Übertragung eines Auflassungsanwartschaftsrechts.<br />
3. Verpflichtung <strong>zu</strong><br />
1. Veräußerung oder<br />
2. Erwerb.<br />
4. Rechtsgeschäfte<br />
1. Insbesondere Kaufvertrag, Unternehmenskaufvertrag, Tausch, meistens Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag,<br />
Schenkung und vorweggenommene Erbfolge, Gesellschaftsvertrag,<br />
Änderung der Eigentumsform (Gesellschaft), Vereinbarung der Nachlassteilung.<br />
2. Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts, § 141 I.<br />
Auf Bestätigung kommt es nicht an, wenn Heilung von Gesetzes wegen erfolgt ist, § 311 b I 2.<br />
Keine Formbedürftigkeit für Bestätigung eines nur anfechtbaren Rechtsgeschäfts, § 144 II.<br />
3. Bedingte Verpflichtungen und Vorverträge.<br />
4. Wegen Aufhebung eines Grundstückskaufvertrages ist wohl <strong>zu</strong> differenzieren.<br />
- Ist Vertrag voll vollzogen, Verpflichtung <strong>zu</strong>r Rückabwicklung formbedürftig.<br />
- Aber wenn bloß Konkretisierung des § 812, dann kein Formerfordernis.<br />
- Wenn K schon AR hat (s. u.), dann Formerfordernis.<br />
5. Vollmacht <strong>zu</strong> Veräußerung oder Erwerb, wenn Bindung des Vollmachtgebers,<br />
insbesondere, wenn unwiderruflich<br />
5. Meistens formfrei: Verpflichtungen, ein Grundstück nicht <strong>zu</strong> veräußern oder nicht <strong>zu</strong> erwerben.<br />
6. Zwecke u. a.<br />
1. Warnung, Übereilungsschutz, Schuldnerschutz<br />
2. Beweissicherung<br />
3. Beratung (durch Notar).<br />
7. § 311 b I betrifft nicht Verfügung<br />
- über das Eigentum gelten nur §§ 925, 873;<br />
- über Anwartschaft und Anwartschaftsrecht, §§ 925, 873 entsprechend, doch ohne Eintragung.<br />
- Abtretung des Anspruchs aus Kaufvertrag auf Übereignung , § 398, ist Verfügung, deswegen nicht § 311 b I.<br />
8. Notarielle Beurkundung: § 128 + Beurkundungsgesetz. In der Praxis häufig in derselben Urkunde wie Auflassungserklärung.<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
4
Grundstücksrecht<br />
9. Sehr strenge Anwendung des § 311 b I.<br />
Formerfordernis für Antrag wie für Annahme.<br />
Vor allem Vollständigkeitserfordernis mit allen Einzelheiten und Nebenabreden, insbes.<br />
- vollständiger Preis,<br />
- Hypothekenbeseitigungspflicht des V,<br />
- Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit,<br />
- Ausschluss der Gewährleistung und Übernahme von Grundstücksbelastungen,<br />
- Vereinbarung eines Rücktrittsrechts,<br />
- Verkauf mit Bebauungspflicht des Verkäufers<br />
10. Trotz § 311 b I 1 schadet unbewusste falsa demonstratio nicht. Das Gewollte ist schuldrechtlich wirksam.<br />
11. Sanktion: Nichtigkeit, § 125<br />
1. Bei Falschbeurkundung<br />
1. Unwirksamkeit des Beurkundeten und<br />
2. des Gewollten.<br />
3. Falschbeurkundung des Preises macht im allgemeinen<br />
ganzen Vertrag unwirksam, § 139.<br />
2. Bei unvollständiger Beurkundung<br />
1. sind die nicht beurkundeten Abreden unwirksam,<br />
2. die Gültigkeit des Vertrages im Übrigen richtet sich nach § 139.<br />
12. Sanktion <strong>zu</strong>m Nachteil des Käufers<br />
1. Unwirksamkeit des Übereignungsanspruchs des Käufers,<br />
Verkäufer hat rechtshindernde Einwendung.<br />
2. Bereicherungsanspruch des Verkäufers gegen den Käufer, § 812 I 1 Alt. 1,<br />
falls Verkäufer schon Auflassungserklärung, Eintragungsbewilligung etc.abgegeben hat,.<br />
Auflassungserklärung des Verkäufers ist vermögenswerte Rechtsposition für den Käufer,<br />
sie bindet den Verkäufer, wenn die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 873 II erfüllt sind.<br />
Keine Einwendungen des Käufers gegen Bereicherungsanspruch des V:<br />
- § 814 nicht gegeben, wenn K in der Erwartung geleistet hat,<br />
das Rechtsgeschäft werde vollzogen und der Formmangel werde dadurch geheilt.<br />
- Auch § 815 Alt. 2 greift nicht bei § 812 I ein, vor allem keine Treuwidrigkeit.<br />
- § 817 S. 2 ist ebenfalls nicht gegeben, trotz Absicht, Gebühren oder Steuern <strong>zu</strong> hinterziehen.<br />
Erfüllung des Bereicherungsanspruchs durch Aufhebungsvertrag<br />
oder durch Erklärung des Kl. und Verurteilung des Beklagten mit § 894 ZPO.<br />
3. Unwirksamkeit der Vormerkung<br />
(weder gutgläubiger Ersterwerb noch gutgläubiger Zweiterwerb, unstr. für diesen Fall).<br />
4. Aber kein Bereicherungsanspruch des Verkäufers gegen Käufer<br />
auf Rückübereignung des Grundstücks, § 311 b I 2,<br />
sobald Auflassung und außerdem Eintragung erfolgt sind.<br />
13. Sanktion <strong>zu</strong>m Nachteil des Verkäufers<br />
1. Unwirksamkeit des Zahlungsanspruchs des Verkäufers,<br />
Käufer hat rechtshindernde Einwendung.<br />
2. Bereicherungsanspruch des Käufers gegen Verkäufer auf Rückzahlung,<br />
solange Auflassung und Eintragung noch nicht erfolgt sind; s. o.<br />
3. Aber kein Bereicherungsanspruch des Käufers gegen Verkäufer<br />
auf Rückzahlung, § 311 b I 2,<br />
sobald Auflassung und außerdem Eintragung erfolgt sind.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
14. Fast nie verstößt Berufung auf Formmangel gegen Treu und Glauben, § 242,<br />
im allgemeinen laufen Referendar-Klausuren nicht auf § 242 <strong>zu</strong>.<br />
Parteien können nicht auf Einwand der Formnichtigkeit verzichten.<br />
15. Heilung des formnichtigen Grundgeschäfts durch vollwirksames Erfüllungsgeschäft,<br />
nämlich durch Auflassung und Eintragung, §§ 311 b I S. 2, 925, 873.<br />
Vormerkung bewirkt nicht die Heilung. S. auch §§ 925 a BGB, 20, 29 GBO.<br />
Nach § 311 b I 2 werden andere Mängel nicht geheilt, z. B. beschränkte Geschäftsfähigkeit.<br />
Nicht analogiefähig für andere Rechtsgeschäfte.<br />
Heilung nur ex nunc, arg. ,,wird“ in § 311 b I 2.<br />
16. Scheingeschäft, § 117; wichtig für Praxis und Klausuren;<br />
Grundstückskauf unter Beurkundung eines geringeren als des vereinbarten Preises,<br />
um Schwarzgeld des Käufers an den Mann <strong>zu</strong> bringen<br />
oder um Grundsteuer und Gebühren <strong>zu</strong> sparen.<br />
Millionengeschäft I. K kaufte von B ein Grundstück. Nach der notariellen Urkunde betrug der Kaufpreis 5 Mio. Euro. Außerdem erhielt<br />
B von K eine <strong>zu</strong>sätzliche, nicht beurkundete Zahlung von 150 000,- Euro.<br />
1. Beide Parteien wollen nicht das simulierte (d. h. scheinbare) Geschäft,<br />
wollen also z. B. nicht den Grundstückskauf <strong>zu</strong> dem beurkundeten niedrigeren Preis,<br />
das simulierte Rechtsgeschäft ist deswegen nichtig, § 117 I.<br />
Millionengeschäft Ia. Also kein wirksamer Kaufvertrag <strong>zu</strong> 5 Mio. Euro.<br />
2. Aber beide Parteien wollen meistens ein bestimmtes anderes Rechtsgeschäft,<br />
das durch das simulierte verdeckt werden sollte,<br />
wollen also z. B. den Grundstückskauf <strong>zu</strong> dem vereinbarten,<br />
doch nicht beurkundeten, höheren Preis.<br />
Millionengeschäft Ib. K und B wollen Kaufvertrag <strong>zu</strong> 5,15 Mio. Euro.<br />
1. Dann ist zwar das verdeckte Rechtsgeschäft gewollt, § 117 II.<br />
2. Aber für dieses verdeckte Rechtsgeschäft gelten dann alle Regeln,<br />
die für dieses Rechtsgeschäft gelten würden,<br />
wenn es offen abgeschlossen worden wäre, § 117 II.<br />
3. An<strong>zu</strong>wenden vor allem die gesetzlichen Formvorschriften, z. B. § 311 b I.<br />
Millionengeschäft I c. Also Kaufvertrag <strong>zu</strong> 5,15 Mio. Euro ist voll formbedürftig.<br />
Wenn diese ganz oder teilweise<br />
hinsichtlich des verdeckten Rechtsgeschäfts fehlen,<br />
ist auch dieses verdeckte Rechtsgeschäft nichtig, § 125.<br />
4. Das bedeutet am Ende meistens, dass keines<br />
der beiden in Frage kommenden Geschäfte wirksam geworden ist,<br />
also Grundstückskauf weder <strong>zu</strong> dem beurkundeten<br />
noch <strong>zu</strong> dem gewollten, verdeckten, Preis.<br />
Millionengeschäft I d Also Kaufvertrag weder <strong>zu</strong> 5 Mio. EURO, noch <strong>zu</strong> 5,15 Mio. EURO wirksam, sondern ganz nichtig.<br />
5. Aber Heilungsmöglichkeit, § 311 b I 2.<br />
Millionengeschäft I e. Sobald Auflassung und Eintragung erfolgt sind, ist trotz unrichtiger Beurkundung Kaufvertrag <strong>zu</strong><br />
5,15 Mio. EURO voll wirksam.<br />
17. In gewissen Fällen kann V daran interessiert sein,<br />
dass der formunwirksame Vertrag nicht durch Auflassung und Eintragung geheilt wird.<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
6
Grundstücksrecht<br />
Zur Verhinderung der Heilung nach § 311 b I S. 2<br />
kann V gerichtliches Erwerbsverbot erwirken.<br />
Wieso das? Falls den V das Geschäft mit K reut, weil etwa ein anderer Interessent mehr bietet.<br />
Millionengeschäft II. Der X bietet dem V 6 Mio. Euro.<br />
Dann kann V versuchen, Auflassung und Eintragung für den K <strong>zu</strong> verhindern.<br />
Dem Käufer auf Grund formnichtigen Grundstückskaufvertrages (§§ 311 b I 1, 125) wird mittels einstweiliger Verfügung<br />
untersagt, das Grundstück <strong>zu</strong> erwerben (§§ 925, 873).<br />
Von Rechtsprechung anerkannt auf Grund § 938 II ZPO.<br />
Eintragungs-fähig entsprechend § 892 I 2, aber nicht eintragungs-bedürftig.<br />
Verbotswidriger Erwerb ist relativ unwirksam analog §§ 136, 135 BGB.<br />
Anspruch K gegen V wegen verschuldeter Nichterfüllung?<br />
Nein, Kaufvertrag ist ja wegen Formmangels unwirksam.<br />
18. Falschbeurkundung <strong>zu</strong>m Zwecke der Steuerhinterziehung gilt nicht als Verstoß gegen Verbotsgesetz i. S. § 134.<br />
Verträge, mit denen Steuerhinterziehung verbunden ist, sind im allgemeinen nur sittenwidrig, wenn diese Hauptzweck ist.<br />
19. Rechtsprechung<br />
„Un<strong>zu</strong>lässigkeit der Verurteilung <strong>zu</strong>r Abgabe der Auflassungserklärung, wenn der Beklagte nicht Eigentümer des betreffenden<br />
Grundstücks ist“ (BGH Urt. v. 26. 3. 1999; NJW 1999, 2034 = ZIP 1999, 790 = JuS 1999, 1019).<br />
„Teilweise Nut<strong>zu</strong>ngsbeschränkung (durch Landschaftsschutzgebiet) als Sachmangel“ (Düsseldorf, NJW-RR 2003, 48).<br />
Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages bei <strong>Dr</strong>ittfinanzierung (Oldenburg,NJW-RR 2003, 447).<br />
20. Millionengeschäft I. K kaufte von B ein Grundstück. Nach der notariellen Urkunde betrug der Kaufpreis 5 Mio. EURO. Außerdem<br />
erhielt B von K eine <strong>zu</strong>sätzliche, nicht beurkundete Zahlung von 150 000,- EURO. Der Kaufvertrag wurde nicht durchgeführt, weil<br />
sich die (einseitigen, nicht Vertragsinhalt gewordenen) Erwartungen des K hinsichtlich der Bebaubarkeit nicht erfüllt hatten. Kann K<br />
Rückzahlung der 150 000,- EURO verlangen? (BGH Urt. v. 2. 7. 1999; NJW 1999, 2892 = JuS 2000,190; da<strong>zu</strong> <strong>zu</strong>st. Keim, JuS 2001,<br />
636; s. auch BGH Urt. v. 9. 7. 1999; WM 1999, 1887).<br />
Der erste Satz für den Ausgangsfall könnte z. B. lauten: „Der Anspruch des K gegen B ist begründet, wenn B auf Kosten des K ungerechtfertigt<br />
bereichert ist“.<br />
Kapitel 2. Personenrechtliche oder ehegüterrechtliche Besonderheiten<br />
1. Für die rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen von Geschäftsunfähigen<br />
und beschränkt Geschäftsfähigen<br />
für die Verpflichtung <strong>zu</strong>r Übertragung oder Belastung von Grundstücken,<br />
1. Vornahme oder Zustimmung durch gesetzlichen Vertreter<br />
§§ 104 f., 106 ff., 1901 f.<br />
2. meistens erforderlich Zustimmung des Familiengerichts,<br />
§§ 1643, 1821 ff., § 1908 i.<br />
Fehlt es an der erforderlichen Zustimmung,<br />
dann Unwirksamkeit des obligatorischen Vertrages,<br />
keine Heilung, kein § 311 b I 2.<br />
Meistens auch Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts.<br />
2. Bei Schenkung an beschränkt Geschäftsfähige<br />
ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters<br />
nimmt BGH seit 1981 eine Gesamtbetrachtung<br />
des schuldrechtlichen und des dinglichen Rechtsgeschäftes vor.<br />
Einzelfälle (meistens str.)<br />
Nicht lediglich rechtlich vorteilhaft<br />
- Übernahme der persönlichen Schuld,<br />
- Vertrag mit Verpflichtung für Minderjährigen, z. B. Auflage, oder Pflicht <strong>zu</strong> späterer Rückgabe,<br />
- Erwerb eines vermieteten Grundstücks wegen § 566 n. F.<br />
Rechtsfolge: Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages;<br />
keine Heilung von Gesetzes wegen.<br />
Meistens auch Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts.<br />
Zu prüfen nachträgliche Genehmigung. Formlos, § 182 II.<br />
Lediglich rechtlich vorteilhaft trotz Nachteilen, also Wirksamkeit:<br />
- Schenkung von Wohnungseigentum, wenn mit Pflichten verbunden, die nicht über WEG hinausgehen,<br />
- Schenkung trotz gesetzlicher Rückgewährpflicht in §§ 528, 530,<br />
- dingliche Belastung ohne persönliche Verpflichtung, insbes. Grundschuld,<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
auch Hypothek (wenn ohne persönliche Schuldübernahme)<br />
- öffentlich-rechtliche Lasten und Pflichten.<br />
3. Zugewinngemeinschaft, § 1363 I,<br />
Erfordernis der Zustimmung des anderen Ehegatten<br />
<strong>zu</strong> Verpflichtungen über das Vermögen im Ganzen, § 1365 I 1,<br />
Rechtsfolge: Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages,<br />
Vorsicht: ungenaue Paragraphen-Überschrift.<br />
Keine Heilung von Gesetzes wegen.<br />
Nachträgliche Genehmigung ist möglich, § 1366; außer bei einseitigen Rechtsgeschäften, § 1367.<br />
Desgleichen Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts (Satz 2).<br />
Kapitel 3. Weitere Willensmängel<br />
Auch Irrtum, arglistige Täuschung, Gesetzwidrigkeit, Sittenwidrigkeit oder Wucher<br />
können das Grundgeschäft beeinträchtigen, ohne gesetzliche Heilungsmöglichkeit, mit Bereicherungsfolge;<br />
aber im allgemeinen ohne Beeinträchtigung des dinglichen Rechtsgeschäfts,<br />
wenn nicht, wie im allgemeinen bei Wucher, Fehleridentität gegeben ist.<br />
Kapitel 4. Vollmacht für Grundgeschäft<br />
1. Formerfordernis?<br />
1. Grundsatz theoretisch § 167 II: formlos wirksam.<br />
2. Ausnahme theoretisch: Formerfordernis.<br />
3. Rsprg tendiert <strong>zu</strong> Formerfordernis, Hauptfall: § 311 b I 1, wenn:<br />
wenn Vollmachtgeber bereits durch die Erteilung der Vollmacht rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise gebunden wird wie<br />
durch den Abschluss des formbedürftigen Rechtsgeschäfts selbst: meistens bei Unwiderruflichkeit; oder bei Vertragsstrafe o.<br />
ä.; wenn Bevollmächtigter ohne eigenen Entscheidungsspielraum; bei Befreiung des Vertreters vom Verbot des Selbstkontrahierens,<br />
§ 181 (z. B. Schleswig, NJW-RR 2001, 733).<br />
4. Für Eintragung in Grundbuch erforderlich notarielle Beurkundung<br />
oder öffentliche Beglaubigung auch der Vollmacht, § 29 GBO, str.<br />
2. Sorgfältig den Umfang der jeweiligen Vollmacht prüfen, ob sie wirklich das beabsichtigte Grundstücksgeschäft deckt.<br />
Auch Vollmachtsmissbrauch des Bevollmächtigten prüfen.<br />
Kapitel 5. Konsequenzen eines Fehlers im Grundgeschäft<br />
1. Selbstverständlich keine vertraglichen Erfüllungsansprüche, sondern rechtshindernde Einwendungen<br />
und grundsätzlich Bereicherungsansprüche.<br />
Veräußerer kann<br />
- nach Auflassung, vor Eintragung die Rechtsstellung des Erwerbers,<br />
- nach Eigentumserwerb des Erwerbers das Eigentum kondizieren.<br />
2. Keine wirksame Vormerkung, kein gutgläubiger Vormerkungserwerb bei unwirksamem Anspruch.<br />
3. Erfüllungsgeschäft = Verfügung<br />
1. grundsätzlich von Grundgeschäft unabhängig entsprechend Abstraktionsprinzip, also wirksam;<br />
Grundbuch wird nicht unrichtig, wenn lediglich das Grundgeschäft fehlerhaft ist.<br />
2. Dieselben Bestimmungen, die die Wirksamkeit des Grundgeschäfts verhindert haben,<br />
können auch das dingliche Rechtsgeschäft unwirksam oder nichtig machen; „Fehleridentität“;<br />
in diesem besonderen Fall also Unrichtigkeit des Grundbuchs.<br />
3. Nur der Formmangel des Grundgeschäfts wird geheilt, wenn die Übereignung wirksam ist; keine Heilung anderer Mängel.<br />
Kapitel 6. Gläubigerwechsel<br />
1. Beide Forderungen aus dem Schuldvertrag, d. h.<br />
- Anspruch auf Grundstücksübertragung und<br />
- Anspruch auf Preiszahlung<br />
können ohne weiteres abgetreten werden, §§ 398 ff.<br />
Abtretung selbst ist formlos wirksam, desgleichen die Verpflichtungen <strong>zu</strong>r Abtretung.<br />
Abtretungsverbot ist möglich, § 399 a. E.<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
8
Grundstücksrecht<br />
2. Abtretung eines unwirksamen Anspruchs ist unwirksam, kein gutgläubiger Erwerb.<br />
3. Mit der Abtretung gehen Sicherungsrechte auf den neuen Gläubiger über, d. h.<br />
- bei Bestehen einer Vormerkung geht diese analog § 401 vom Käufer auf den neuen Gläubiger über,<br />
- bei Bestehen einer Bürgschaft für den Kaufpreis geht diese vom Verkäufer auf den neuen Gläubiger über.<br />
4. Aber die Abtretung der Forderung bedeutet nicht, dass der jeweilige neue Gläubiger auch der Schuldner würde.<br />
5. Eine Schuldübernahme ist gemäß §§ 414 ff. möglich.<br />
Kapitel 7. Rechts- und Sachmängel<br />
1. Sachmängel, §§ 434, 433<br />
Beispiele für Beschaffenheit: tatsächliche Hindernisse für beabsichtigte Bebauung, ö.-r. Baubeschränkungen,<br />
Unbewohnbarkeit, Bodenverunreinigung (insbes. Altlast), Schwamm, Immissionen durch Nachbarn.<br />
1. Vereinbarte Beschaffenheit, § 434 I 1; formbedürftig aber Heilungsmöglichkeit, § 311 b I,<br />
z. B. Wohnfläche, Mietertrag.<br />
2. Eignung <strong>zu</strong>r vorausgesetzten Verwendung. § 434 I 2 Nr. 1, nur anwendbar,<br />
wenn entsprechende Vereinbarung (Abs. 1 Satz 1) fehlt.<br />
3. Eignung <strong>zu</strong>r gewöhnlichen Verwendung etc. § 434 I 2 Nr. 2, nur anwendbar,<br />
wenn entsprechende Vereinbarung oder vertragliche Vorausset<strong>zu</strong>ng der Verwendung fehlt;<br />
Auffangtatbestand.<br />
2. Rechtsmängel, § 435, 433<br />
1. Insbesondere Hypotheken, Grundschulden; Nießbrauch und andere dingliche Rechte; Vormerkungen; Miet- und Pachtverträge<br />
(wegen § 566).<br />
2. Außerdem im Grundbuch eingetragene Rechte, § 442 II, selbst wenn sie nicht bestehen, § 435 S. 2.<br />
3. „Öffentliche Lasten“ von Grundstücken, § 436, meinen „Leistungen“, insbes. Abgaben.<br />
Nicht gemeint Baubeschränkungen u. ä. In § 436 Regelung für das Verhältnis zwischen V und K.<br />
4. Gleiche Rechtsfolgen bei Sach- und Rechtsmängeln, § 437.<br />
5. Haftungsausschluss<br />
1. Kenntnis des Käufers;<br />
grobfahrlässige Unkenntnis des K, es sei denn Arglist oder Garantie des V; § 442 I.<br />
Kein Haftungsausschluss trotz Kenntnis des K, wenn belastendes Recht im Grundbuch eingetragen ist, § 442 II.<br />
2. Vertraglich, § 444.<br />
Besonders wichtig, „Übernahme“ von Hypotheken oder Grundschulden durch Käufer, da<strong>zu</strong> auch §§ 414 ff.<br />
6. Rechtsfolgen, § 437.<br />
7. Übergang von Gefahr, Lasten und Nut<strong>zu</strong>ngen mit Besitzübergang, § 446.<br />
1. §§ 566, 578, 581, 593 b.<br />
Kapitel 8. Kauf bricht nicht Miete, § 566<br />
2. Amtliche Überschrift, aber inhaltlich in mehrfacher Hinsicht unpassend.<br />
3. „Veräußerung“ bedeutet:<br />
1. Schuldvertrag, der auf Übereignung zielt, also nicht bloß Kauf,<br />
sondern z. B. auch Tausch, Schenkung, Einbringung in Gesellschaft, Erfüllung eines Vermächtnisses,<br />
2. mit da<strong>zu</strong> gehörender Auflassung und Eintragung (Vormerkung genügt nicht).<br />
4. Sonderregel für Zwangsversteigerung eines Grundstücks:, §§ 57 und 57a ZVG.<br />
1. Zwar ist der Ersteher an § 566 gebunden,<br />
2. aber Ersteher kann das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen.<br />
3. Mieter oder Pächter kann Zwangsversteigerung durch Befriedigung des Gläubigers abwenden,<br />
mit der Folge des Forderungsübergangs, § 268 BGB.<br />
5. § 986 II gilt nicht für Grundstücke, sondern nur für bewegliche Sachen.<br />
6. Historische Herkunft<br />
- nicht aus römischem Recht,<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
- aber m. a. und neuzeitliche Stadtrechte sowie preußisches ALR von 1794,<br />
- nicht im I. BGB-Entwurf mit Motiven,<br />
- aber nach Kritik Otto von Gierkes und anderer im II. BGB-Entwurf<br />
- und damit als § 571 a. F. BGB.<br />
7. § 566 regelt nur das Verhältnis des Mieters <strong>zu</strong> früherem und <strong>zu</strong> neuem Eigentümer.<br />
8. Im Verhältnis zwischen dem früheren und dem neuen Eigentümer stellt Mietverhältnis Rechtsmangel dar,<br />
§ 435, mit den Rechtsfolgen nach § 437.<br />
2. TEIL. EIGENTUMSÜBERTRAGUNG<br />
Kapitel 1. Auflassung, Eintragung und Berechtigung<br />
Selbstverständlich ist es das Allerwichtigste im Sachenrecht, <strong>zu</strong> wissen, wie das Eigentum übertragen wird. Es kommt hin<strong>zu</strong>, dass die meisten<br />
Regeln der Eigentumsübertragung (Grundnorm § 873) auch für andere dingliche Rechtsgeschäfte über Grundstücke gelten. Die Übereignung<br />
setzt Auflassung, Eintragung und Berechtigung voraus. Die Auflassung als wenig problematisch kann man in der Fallbearbeitung meistens<br />
als ersten Punkt behandeln.<br />
1. Rechtsgrundlage für sämtliche Grundstücksgeschäfte<br />
- Grundlage für alle Immobiliarrechtsgeschäfte<br />
ist § 873, mit den drei Erfordernissen<br />
1. „Einigsein“ (Veräußerer und Erwerber) und<br />
2. „Eintragung“ (des Erwerbers) und<br />
3. Berechtigung (des Veräußerers).<br />
An diese drei Schlagworte müssen Sie sich immer halten.<br />
- meistens ergänzt durch spezielle Vorschriften,<br />
so für die „Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“<br />
§ 925, mit<br />
- der Legaldefinition der „Auflassung“,<br />
- einer Formvorschrift und<br />
- dem Verbot einer „Bedingung oder einer Zeitbestimmung“.<br />
2. Umfang der Übereignung<br />
1. Zu dem Grundstück gehören ohne weiteres wesentliche Bestandteile, §§ 93 ff.<br />
2. Durch Auflassung und Eintragung können die Parteien auch Zubehör übertragen, §§ 926, 97 f.,<br />
hier<strong>zu</strong> kann der Veräußerer nach § 311 c verpflichtet sein.<br />
3. Tödlicher, regelmäßig, aber immer nur bei wenigen Bearbeitern wiederkehrender Fehler:<br />
Zu beachten, dass es bei Grundstücksübereignung<br />
- weder auf Wirksamkeit des Grundgeschäfts,<br />
- noch auf Besitzübertragung ankommt.<br />
4. Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau für Eigentumsübertragung<br />
1. Auflassung, §§ 925, 873<br />
2. Eintragung (des Erwerbers) und<br />
3. Berechtigung (des Veräußerers).<br />
Kapitel 2. Auflassung<br />
1. Hasenheide I. A ist 75 Jahre alt, lebt in einem Altersheim, <strong>zu</strong>rückgezogen von Geschäften, hat keinerlei Kenntnis des Grundstücksmarktes,<br />
ist aber Eigentümer eines Grundstücks in der Hasenheide. Von B über den wahren Wert des Grundstücks getäuscht, verkauft<br />
er das Grundstück <strong>zu</strong>r Hälfte seines Wertes an den B. Auflassung und Eintragung sind erfolgt. Ist B Eigentümer geworden?<br />
2. Legaldefinition der Auflassung, § 925 I 1; da<strong>zu</strong> § 873.<br />
3. Dingliche Einigung ist eine andere als die mit dem Schuldvertrag herbeigeführte Einigung: Trennungsprinzip.<br />
Schwerer und leider häufiger Klausur-Fehler: ungenügende Trennung Schuldvertrag und dingliches Rechtsgeschäft.<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
4. Allgemeiner Teil: Alle Grundstücksrechtsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte,<br />
man spricht hinsichtlich der Einigung auch von „dinglichem Vertrag“,<br />
1. auf die grundsätzlich die Bestimmungen des Allgemeinen Teils an<strong>zu</strong>wenden sind,<br />
sorgfältig erwägen, ob einzelne Bestimmungen die Auflassung betreffen und nicht etwa allein das Grundgeschäft.<br />
2. Daher können die Unwirksamkeitsgründe des Allgemeinen Teils<br />
auf das dingliche Übereignungsgeschäft einwirken.<br />
Besonders wichtig<br />
- mangelnde Geschäftsfähigkeit,<br />
- Wucher, § 138 II („Vermögensvorteile ... gewähren“),<br />
- Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder <strong>Dr</strong>ohung, § 123.<br />
Vorsicht in anderen Fällen:<br />
- Sittenwidrigkeit, § 138 I, erfasst meistens nicht das grundsätzlich sittlich indifferente dingliche Geschäft,<br />
- Gesetzwidrigkeit, § 134, richtet sich ebenfalls sehr oft nur gegen den Schuldvertrag,<br />
nicht gegen das dingliche Rechtsgeschäft.<br />
Bei Anfechtung <strong>zu</strong> prüfen,<br />
1. ob der Anfechtungsgrund dem Schuldvertrag und/oder dem dinglichen Rechtsgeschäft anhaftet,<br />
(besonders schwierig in Irrtumsfällen), und da<strong>zu</strong><br />
2. ob die Anfechtungserklärung die Willenserklärung für den Schuldvertrag und/oder<br />
für das dingliche Rechtsgeschäft betrifft.<br />
3. „Falsa demonstratio non nocet“, betrifft aber nur Auflassung,<br />
anders hinsichtlich Eintragung, wegen Publizität.<br />
5. Formerfordernis der „gleichzeitigen Anwesenheit beider Teile“ gemäß § 925 I 1 ist missverständlich,<br />
1. meint lediglich Gleich-"zeitigkeit“ und verbietet Antrag und Annahme <strong>zu</strong> verschiedenen Zeitpunkten,<br />
z. B. eine WE heute, die andere morgen.<br />
2. Auf die ,,Anwesenheit“ kommt es im übrigen kaum an.<br />
Nicht erforderlich persönliche Anwesenheit. Vertretung genügt.<br />
3. Die Auflassung<br />
1. als solche erfordert nach § 925 zwar keine Beglaubigung oder Beurkundung.<br />
2. Aber Beglaubigungen (§ 29 GBO) und Beurkundungen (§ 311 b I wegen § 925 a) sind nahe<strong>zu</strong> üblich.<br />
6. Auflassung ist bedingungsfeindlich, § 925 II,<br />
1. Deswegen keine Grundstücksübertragung unter Eigentumsvorbehalt;<br />
stattdessen möglich Anweisung an Notar, Eintragungsantrag erst nach Eingang des Kaufpreises <strong>zu</strong> stellen.<br />
2. Auch der Eintragungsantrag an das Grundbuchamt ist bedingungsfeindlich, § 16 1 GBO.<br />
3. Aber Vormerkung für bedingten Anspruch ist wirksam, so ausdrücklich § 883 I 2.<br />
4. Sonstige Verfügungen über Grundstücksrechte können unter Bedingung stehen,<br />
z.B. bedingte Bestellung von Grundschuld oder Hypothek.<br />
5. Der meistens schuldrechtliche Übertragungsanspruch kann unter Bedingung gestellt werden.<br />
Weitaus wichtigste Sicherungsmittel für den Veräußerer ist die Vormerkung (diese nicht bei Veräußerung beweglicher Sachen).<br />
7. Auflassungserklärung kann einseitig widerrufen werden, arg. § 873 II.<br />
V oder K kann sich also wirksam von der dinglichen Einigung lösen.<br />
Grund nach den BGB-Materialien: „dass nicht leicht und übereilt über die Rechte auf Grund und Boden verfügt wird“.<br />
Meistens darf K oder V es nicht, sondern ist schuldrechtlich gebunden, z.B. durch Kaufvertrag. Dann bedeutet<br />
Widerruf der dinglichen Einigung meistens Vertragsverlet<strong>zu</strong>ng mit schuldrechtlicher Folge der Schadenersatzpflicht.<br />
8. Aber sachenrechtliche Bindung an die Einigung,<br />
Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 873 II,<br />
wenn (wie üblich) notarielle Beurkundung oder bei Grundbuchamt eingereicht<br />
oder Aushändigung von Eintragungsbewilligung etc.<br />
Trotz Bindung nach § 873 II bleibt Eigentümer verfügungsbefugt solange,<br />
bis der Erwerber wirklich Eigentümer geworden ist.<br />
9. Wegen § 873 II besser sprechen von „Einig-sein“, statt von „Einigung“.<br />
Manche Autoren trennen deshalb bei Aufzählung der Erfordernisse für Eigentumsübergang<br />
„Einigung“ und „Einigsein“ als zwei unterschiedliche TBM’e.<br />
10. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass, entsprechend dem Abstraktionsprinzip,<br />
die Wirksamkeit des obligatorischen Rechtsgeschäfts für Wirksamkeit der Übereignung irrelevant ist,<br />
arg. e silentio §§ 873, 925.<br />
Also nochmals: auch wenn Schuldvertrag aus irgendeinem Grunde unwirksam ist,<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
ist trotzdem Auflassung wirksam. Wenn die Eintragung hin<strong>zu</strong>kommt, ist der Eigentumsübergang perfekt.<br />
Keine Grundbuchberichtigung. Das Grundbuch ist richtig. Sondern Bereicherungsanspruch.<br />
Es sei denn Fehleridentität (z. B. Wucher oder fehlende Zustimmung wegen Geschäftsfähigkeit oder Betreuung).<br />
Aber Schlagwort der „Fehleridentität“ in Klausur möglichst vermeiden,<br />
sondern sorgfältig für dingliches Rechtsgeschäft unter entsprechende Bestimmungen (meistens des AT) subsumieren.<br />
Selten gibt es ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Unwirksamkeit beider Rechtsgeschäfte<br />
(z. B. fehlende Zustimmung des Ehegatten).<br />
11. Auflassungsempfänger hat u. U. Anwartschaft oder sogar Anwartschaftsrecht (da<strong>zu</strong> s. u.).<br />
12. Übertragung von Anwartschaft oder Anwartschaftsrecht nach §§ 873, 925, aber ohne Eintragung in Grundbuch.<br />
13. Konsequenzen eines Fehlers bei der Auflassung<br />
1. Auflassung und damit Übereignung ist unwirksam.<br />
Die Grundbuch-Eintragung allein nützt nichts.<br />
2. (Erst-)-Erwerber hat kein Eigentum erworben.<br />
Kein Schutz des guten Glaubens des (Erst-)-Erwerbers.<br />
3. Bisheriger Eigentümer hat Eigentum behalten.<br />
4. Wenn Erwerber ohne wirksame Auflassung eingetragen ist, ist<br />
1. Grundbuch unrichtig, deswegen<br />
2. Widerspruch durch Eigentümer, § 899, und<br />
3. Berichtigungsanspruch, § 894.<br />
14. Entscheidung falsa demonstratio non nocet (Düsseldorf, NJW-RR 2000, 1006).<br />
Kapitel 3. Eintragung, Grundbuch<br />
Wie kommt nun der Erwerber in das Grundbuch und was soll man sich unter dem „formellen Grundbuchrecht“ vorstellen? Da<strong>zu</strong> ein paar Basis-Bemerkungen<br />
im folgenden. Die Regeln für sich sind kaum Prüfungsgegenstand. Sie sind aber wissenswert, weil sich aus dem formellen<br />
Recht <strong>zu</strong>m Teil die Bestimmungen des BGB erklären und weil teilweise aus diesen Regeln ein Anwartschaftsrecht konstruiert werden kann.<br />
1. Froschgelände. V hat dem K das Grundstück „Froschgelände“ verkauft und aufgelassen. Dann haben sich beide auf das Grundstück<br />
begeben und V hat dem K erklärt: „Hier stehen wir an dem Teich, der unser schönes ‚Froschgelände’ ausmacht, das ist nun Ihrer“. K<br />
antwortet: „Ja danke, das nehme ich hiermit in Besitz“. – Ist damit das Eigentum an dem „Froschgelände“ von V an K übergegangen?<br />
(Häufiger, aber vereinzelter Fehler)<br />
2. Für sämtliche Verfügungen über ein Grundstück oder ein Grundstücksrecht, in § 873 I aufgeführt,<br />
ist „die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich“.<br />
3. Grundbuch<br />
- Beim Amtsgericht geführt, § 1 GBO.<br />
- Rechtsgrundlagen vor allem<br />
1. Grundbuchordnung (GBO)<br />
2. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG).<br />
- Im Wesentlichen gleich: das Wohnungsgrundbuch für Eigentumswohnungen.<br />
4. Grundbuch besteht aus: Aufschrift, Bestandverzeichnis,<br />
und vor allem drei Abteilungen<br />
- Abteilung I. Eigentümer und Grundlage der Eigentumsänderung,<br />
- Abteilung II. Lasten und Beschränkungen, z.B.<br />
Grunddienstbarkeiten,<br />
Vormerkungen und Widersprüche (bezüglich Eigentum),<br />
Beschlagnahme durch Insolvenzeröffnung oder<br />
Veräußerungs- oder Erwerbsverbote auf Grund einstweiliger Verfügung,<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
- Abteilung III. Hypotheken, Grund- und Rentenschulden.<br />
5. Eintragungsverfahren, wichtige Normen: §§ 13, 17, 19, 20, 29, 45 GBO:<br />
1. Antrag, § 13 GBO<br />
2. Bewilligung und Auflassung, §§ 19 + 20 GBO<br />
3. Voreintragung, § 39 I GBO<br />
4. Form, § 29 GBO<br />
5. Tempus, §§ 17, 45 GBO.<br />
Wenn es geht, prägen Sie sich diese 5 Erfordernisse ein.<br />
6. Antragsprinzip, § 13 I 1 GBO,<br />
1. Antragsberechtigt sind sowohl der Erwerber wie der Verfügende.<br />
2. Antrag kann von dem Antragsteller bis <strong>zu</strong>r Vollendung der Eintragung <strong>zu</strong>rückgenommen werden.<br />
Deswegen ist die Rechtslage des Auflassungsempfängers, d. h. des Erwerbers,<br />
nur gesichert, wenn er selbst den Antrag gestellt hat.<br />
7. Bewilligungsgrundsatz, § 19 GBO, „formelles Konsensprinzip“,<br />
1. Zur Bewilligung der Eintragung ist nur der in seinem Recht Betroffene berechtigt;<br />
wer als der Betroffene an<strong>zu</strong>sehen ist, ergibt sich aus § 39 GBO, nämlich der im Grundbuch Eingetragene.<br />
Deswegen z. B. § 888 und § 894, 895.<br />
2. Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO ist <strong>zu</strong> unterscheiden von Willenserklärung nach § 873 BGB.<br />
8. Bei Übereignung Nachweis der Auflassung, § 20 GBO, erforderlich,<br />
„materielles Konsensprinzip“, <strong>zu</strong>sätzlich neben der Bewilligung (str.).<br />
9. Voreintragung, § 39 GBO<br />
1. Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn der Betroffene <strong>zu</strong>vor eingetragen ist.<br />
Dadurch erspart man Prüfung, ob der Verfügende wirklich der materiell-rechtlich Berechtigte ist.<br />
Ist der Berechtigte, der Verfügung vornehmen will, noch nicht eingetragen, muss <strong>zu</strong>erst Grundbuch geändert werden.<br />
Ergebnis: Lückenlose Chronologie der Berechtigungen.<br />
2. Ausnahmen: Verfügung durch<br />
- Erben des Eingetragenen, § 40 1 GBO,<br />
- Gläubiger einer Brief-Hypothek, -Grund- oder -Rentenschuld, § 39 II GBO.<br />
10. Formerfordernis, § 29 GBO: Öffentliche Beurkundung oder öffentliche Beglaubigung,<br />
§§ 128, 129 BGB, Beurkundungsgesetz.<br />
1. Das gilt nach h. M. auch für Nachweis der Auflassung i. S. §§ 873 I, 925,<br />
str. hinsichtlich Vollmacht.<br />
2. Aber Antrag gemäß § 13 GBO formfrei, § 30 GBO.<br />
11. Tempus-Prinzip, §§ 17, 45 GBO; s. deswegen § 13 II GBO.<br />
Erledigung in der Reihenfolge der Eingänge der Anträge, Prioritätsprinzip.<br />
1. für die Reihenfolge der Eintragungen, §§ 17 und 45 GBO<br />
2. und damit für Rang der Rechte, § 879 BGB.<br />
Vorsicht:<br />
1. Bloß formelles Recht, berührt nicht die materielle Rechtslage.<br />
2. Verlet<strong>zu</strong>ng kann <strong>zu</strong> Amtshaftungsanspruch führen, § 839 BGB, Art. 34 GG.<br />
3. Wirkt nicht mehr, wenn der frühere Antrag <strong>zu</strong>rückgewiesen wird, § 18 I 1 Fall 1 GBO.<br />
12. Die Buchung = das Eintragungsverfahren<br />
Wenn Eintragungsantrag eingegangen ist, hat Grundbuchamt nur drei Möglichkeiten<br />
1. Entweder Eintragung, oder<br />
2. Ablehnung, § 18 I 1 Alt. 1 GBO, oder<br />
3. Zwischenverfügung, d. h. Grundbuchamt kann statt der Ablehnung<br />
dem Antragsteller die Beseitigung des Mangels seines Antrags oder<br />
seiner Unterlagen innerhalb bestimmter Frist aufgeben, § 18 I 1 Alt. 2 GBO.<br />
13. Rechtsmittel gegen Ablehnung oder Zwischenverfügung<br />
22. August 2011<br />
13
Erinnerung bzw. Beschwerde, § 71 GBO.<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
14. Divergenz zwischen Einigung und Eintragung<br />
verhindert im allgemeinen Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts.<br />
15. Konsequenzen eines Fehlers bei der Eintragung<br />
1. Wenn keine Eintragung – dann keine Verfügung.<br />
2. Aber die Verlet<strong>zu</strong>ng oder Beachtung der GBO<br />
und des sonstigen Verfahrensrechts<br />
hat keine Auswirkung auf das materielle Recht.<br />
Das bedeutet:<br />
1. Wenn GBO oder sonstiges Verfahrensrecht verletzt ist<br />
(z. B. Verlet<strong>zu</strong>ng des Tempus-Prinzips),<br />
aber Eintragung erfolgt und außerdem Auflassung fehlerfrei,<br />
dann tritt Rechtsänderung ein.<br />
Allenfalls kommen Schadenersatzansprüche gegen das Land in Betracht, § 839 BGB, Art. 34 GG.<br />
2. Umgekehrt: sind GBO und sonstiges Verfahrensrecht eingehalten<br />
(also Antrag, Bewilligung etc.),<br />
und ist Eintragung erfolgt,<br />
fehlt es aber an Vorausset<strong>zu</strong>ngen des materiellen Rechts<br />
(z. B. keine wirksame Auflassung),<br />
dann keine Rechtsänderung, sondern Unrichtigkeit des Grundbuchs.<br />
Kapitel 4. Berechtigung<br />
Die Übereignung setzt Auflassung, Eintragung und Berechtigung voraus. Vor allem die letztere ist „klausurträchtig“, weil eine Partei in ihrer<br />
Verfügungsbefugnis beschränkt sein oder weil statt ihrer ein anderer handeln kann:<br />
1. Reihenhaus (mit Varianten gängiger Klausurfall). M und F sind miteinander verheiratet und haben eine gemeinsame, jetzt volljährige<br />
Tochter T. Das einzige Vermögensstück des M ist das Grundstück, auf dem sein Reihenhaus steht. M und T schließen <strong>zu</strong>r Vorwegnahme<br />
der Erbfolge formgerechten Schenkungsvertrag über das Grundstück ab. Auflassung und Eintragung <strong>zu</strong> Gunsten der T erfolgen.<br />
Nun erfährt die Ehefrau F von dem Vorgang. Kann F Grundbuchberichtigung <strong>zu</strong> Gunsten des M verlangen?<br />
2. Veräußerer muss Eigentümer und/oder verfügungsbefugt sein, § 873 I.<br />
Berechtigt i. S. § 873 I ist, wer hinsichtlich des Rechts verfügungsbefugt ist,<br />
also in der Regel Rechtsinhaber oder der mit seiner Einwilligung Handelnde.<br />
Aber Gutglaubensschutz hinsichtlich Eigentums und mancher anderer Fälle.<br />
3. Auch bei dinglichen Rechtsgeschäften mit minderjährigen, verheirateten oder betreuten Personen sind die betreffenden Bestimmungen<br />
des Allgemeinen Teils (namentlich §§ 104 ff.) und des Familienrechts (namentlich §§ 1363 ff., 1643, 1821 ff., 1908 i), insbesondere<br />
<strong>zu</strong>m Zustimmungserfordernis des Familiengerichts, <strong>zu</strong> beachten..<br />
4. Bei Zugewinngemeinschaft (klausurverdächtig), auch bei Lebenspartnerschaft,<br />
Vorsicht: schwierige Gesetzesformulierung in § 1365 I Sätze 2 und 1.<br />
1. Erfordernis der Zustimmung des anderen Ehegatten <strong>zu</strong> Verfügung<br />
über das Vermögen im Ganzen;<br />
formlos genügt zwar nach § 182 II, falls nicht unwiderruflich, aber gegenüber Grundbuchamt Beglaubigung, § 29 GBO.<br />
Zustimmung <strong>zu</strong>r Verpflichtung genügt auch für Verfügung, § 1363 I, 1365 I 2.<br />
Solange Zustimmung fehlt, ist Verfügung schwebend unwirksam.<br />
Genehmigung ist möglich, § 1366 (aber nicht bei einseitigen Rechtsgeschäften, § 1367).<br />
2. „Vermögen im Ganzen“<br />
1. „Einzeltheorie“ (h. M.) hält Verfügung über 1 besonderen Gegenstand<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
für unwirksam,<br />
wenn dieser wertmäßig das ganze oder nahe<strong>zu</strong> ganze Vermögen ausmacht,<br />
unter Ab<strong>zu</strong>g der Belastungen, z. B. Hypotheken; aber Wert der Gegenleistung bleibt außer Betracht.<br />
Das kann gerade auch ein Grundstück sein,<br />
bei kleineren Vermögen über 85 % oder mehr,<br />
bei größeren, ab etwa 250 000,- Euro, über 90 % oder mehr.<br />
2. Damit verbunden „subjektive“ Theorie (h. M.):<br />
Vertragspartner muss positiv wissen oder Umstände kennen,<br />
dass es sich um das ganze oder nahe<strong>zu</strong> ganze Vermögen handelt.<br />
3. Unerheblich hingegen Kenntnis über Ehe und Zugewinngemeinschaft,<br />
in diesem Sinne gilt, dass sich Vertragspartner nicht auf seinen guten Glauben berufen kann.<br />
4. Rechtsfolge bei fehlender Zustimmung des anderen Ehegatten<br />
1. Übereignung ist unwirksam,<br />
1. Hauptfolge meistens Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894,<br />
2. da<strong>zu</strong> Widerspruch, § 899,<br />
3. evtl. Bereicherungsanspruch, § 812,<br />
4. gegebenenfalls Herausgabeanspruch, § 985.<br />
2. Unwirksamkeit kann geltend gemacht werden<br />
- durch vertragschließenden Ehegatten, ohne Schadenersatzpflicht<br />
(ausnahmsweise Schadenersatzpflicht bei Versicherung wider besseres Wissen, §§ 823, 826),<br />
- oder durch <strong>zu</strong>stimmungsberechtigten Ehegatte, § 1368, insbes. § 894,<br />
obwohl dieser nicht Vertrag abgeschlossen hat und nicht Eigentümer ist,<br />
und zwar auch nach der Scheidung. Fall der Prozessstandschaft.<br />
3. Im allgemeinen <strong>zu</strong> Gunsten des vertragschließenden Ehegatten,<br />
insbesondere wird dieser infolge Grundbuchberichtigung wieder eingetragen.<br />
4. Kein Zurückbehaltungsrecht des Vertragspartners.<br />
5. Klausurfall: S. Edenfeld, „Die übertragene Apotheke“, JA-Übungsblätter 1996, Heft 2, S. 122.<br />
5. Vollmacht <strong>zu</strong>r Übereignung, sogenannte „Auflassungsvollmacht“<br />
1. Kein Formerfordernis für die Vollmacht <strong>zu</strong>r Auflassung selbst, § 167 II,<br />
falls nicht unwiderruflich; aber für Eintragungsantrag Beglaubigung erforderlich, § 29 GBO.<br />
2. Sorgfältig Umfang der jeweiligen Vollmacht prüfen ,<br />
ob sie wirklich das beabsichtigte Grundstücksgeschäft deckt.<br />
Auf Vollmachtsmissbrauch achten.<br />
Gilt z. B. auch für Erlaubnis <strong>zu</strong>m Selbstkontrahieren, § 181.<br />
Prüfung der Vollmacht für Grundgeschäft und für Übereignung trennen.<br />
3. Sogar ohne Vertretungsmacht wirksam, § 177 ff.,<br />
muss aber natürlich nachgeliefert werden, §§ 177 ff.<br />
4. Klausurfall: H.-G. Gersch, „Grundstückseigentümer auf Reisen“, JA-Übungsblätter 4/89, Heft 4, S. 55.<br />
6. Auflassung auch wirksam durch<br />
Ermächtigten (im eigenen Namen), §§ 185, 182 ff.,<br />
insoweit auch formfrei, falls nicht unwiderruflich, § 182 II, aber § 29 GBO,<br />
Beispiele: Ermächtigung des Veräußerers an Käufer, noch vor Eintragung des Käufers über Grundstück <strong>zu</strong> verfügen,<br />
der Zweiterwerber wird dann als Rechtsnachfolger des eingetragenen Erstveräußerers<br />
(und nicht etwa als Nachfolger des gar nicht eingetragenen Erstkäufers) eingetragen;<br />
oder Grundstück mit Hypothek oder Grundschuld zwecks Kaufpreisfinanzierung <strong>zu</strong> belasten.<br />
7. Maßgebender Zeitpunkt für Berechtigung<br />
1. ist zwar geplante Vollendung des Rechtserwerbs,<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
meistens Eintragung.<br />
Zu diesem Zeitpunkt muss also Verfügender eigentlich<br />
noch berechtigt sein.<br />
2. Gilt auch für Ermächtigung und Vertretung.<br />
3. Aber nachträgliche Verfügungsbeschränkung ist unschädlich<br />
nach Vorausset<strong>zu</strong>ngen § 878,<br />
nämlich: § 873 II + Antrag (§§ 13 + 29 GBO).<br />
Seeschlösschen. Eigentümer E verkauft sein Seeschlösschen an Käufer K. Auflassung erfolgt. Alle erforderlichen Genehmigungen<br />
gehen ein. Im Auftrag von E und K stellt Notar am 1. März bei Grundbuchamt Eintragungsantrag. Am 10. März wird über<br />
das Vermögen des E das Insolvenzverfahren eröffnet. Muss das Grundbuchamt den K als Eigentümer eintragen, wird K wirksam<br />
Eigentümer?<br />
Nach §§ 80 I, 35 InsO verliert E als der „Schuldner“ die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse. Ein Rechtserwerb aus<br />
der Insolvenzmasse ist gegenüber den Gläubigern unwirksam, § 91 I InsO.<br />
Aber nach § 91 II InsO bleibt § 878 BGB von dieser Regelung unberührt. Die Auflassungserklärung sowie die sonstigen Erklärungen<br />
des E bleiben also wirksam. K muss als Eigentümer eingetragen werden und wird voll wirksamer Eigentümer.<br />
Das Gleiche gilt analog für Eintragung und sodann für Wirkung einer Vormerkung.<br />
8. Konsequenzen eines Fehlers bei der Berechtigung<br />
Dieselbe Wirkungen wie bei Fehlern in der Auflassung.<br />
9. Entscheidung: Schenkung von Wohnungseigentum mit Eintritt in Verwaltervertrag (Hamm NJW-RR 2000, 1611; s. jedoch BGHZ<br />
78, 28 = NJW 1981, 109).<br />
Kapitel 5. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums<br />
Wie bei beweglichen Sachen, so gibt es auch bei Grundstücken den gutgläubigen Erwerb. Grundlage für den <strong>zu</strong> schützenden guten Glauben<br />
ist aber hier nicht der Besitz, sondern das Grundbuch. Der gewichtigste Unterschied ist jedoch, dass im Grundstücksrecht erst die positive<br />
Kenntnis schadet, dass die sogar grobfahrlässige Unkenntnis des Erwerbers hingegen diesem nicht nachteilig ist. Was in diesem Teil für den<br />
Eigentumserwerb beschrieben wird, gilt dann auch für den gutgläubigen Erwerb der Vormerkung (soweit dieser anerkannt wird), der Hypothek<br />
und sonstiger Grundstücksrechte.<br />
1. Hasenheide II. A ist 75 Jahre alt, lebt in einem Altersheim, <strong>zu</strong>rückgezogen von Geschäften, hat keinerlei Kenntnis des Grundstücksmarktes,<br />
ist aber Eigentümer eines Grundstücks in der Hasenheide. Von B über den wahren Wert des Grundstücks getäuscht, verkauft<br />
er das Grundstück <strong>zu</strong>r Hälfte seines Wertes an den B. Auflassung und Eintragung sind erfolgt.<br />
B verkauft das Grundstück <strong>zu</strong> seinem wirklichen Wert an C, Auflassung und Eintragung erfolgen. C weiß nichts von dem Wuchervertrag<br />
zwischen A und B. Ist C Eigentümer geworden?<br />
2. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die Eintragung im Grundbuch<br />
mit der wirklichen Rechtslage nicht übereinstimmt.<br />
3. Wichtiger Fachausdruck: „der Buchberechtigte”,<br />
nämlich derjenige, der zwar im Grundbuch als Berechtigter eingetragen ist,<br />
in Wirklichkeit aber gerade nicht der Berechtigte ist,<br />
also der „nur” nach dem Grundbuch Berechtigte = der nur scheinbar Berechtigte.<br />
Ihm gegenüber steht der wirklich oder wahre Berechtigte,<br />
dessen Recht gerade nicht oder nicht richtig im Grundbuch eingetragen ist.<br />
4. Vielfältige mögliche Ursachen für die Unrichtigkeit des Grundbuchs z. B<br />
- Unrichtigkeiten bei der Auflassung mit der Folge der Nichtigkeit der Verfügung,<br />
Louisenplatz I. A hat sein Grundstück Louisenplatz an B verkauft. Auflassung und Eintragung <strong>zu</strong> Gunsten des B sind ordnungsgemäß<br />
erfolgt. Also <strong>zu</strong>nächst Eigentum des B, §§ 873 und 925. Aber jetzt ficht A <strong>zu</strong> recht die Auflassung (!) wegen arglistiger<br />
Täuschung an. Damit Nichtigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts, §§ 123 I, 142 I, 873.<br />
Also ist B ex tunc nicht Eigentümer, A ist Eigentümer geblieben.<br />
B ist nicht Eigentümer, obwohl im Grundbuch eingetragen, das Grundbuch ist unrichtig.<br />
- Fehlende Zustimmung, z. B.<br />
Vollmachtgeber, Ermächtigender, gesetzl. Vertreter, Ehegatte, Familiengericht<br />
(keine Heilung durch Erfüllung, kein gutgläubiger Ersterwerb).<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
16
Grundstücksrecht<br />
- Fehler in Verbindung mit Todesfall, z. B.<br />
scheinbarer gesetzlicher Erbe wird eingetragen, dann wird Testament gefunden, dem<strong>zu</strong>folge ein anderer Erbe ist.<br />
- Fehler bei Eintragung,<br />
z. B. versehentlich auf falsches Grundbuchblatt, z. B. statt Erbengemeinschaft eine Bruchteilsgemeinschaft.<br />
5. Grundbuch ist unrichtig, wenn<br />
- bestehendes Recht gar nicht eingetragen oder <strong>zu</strong> Unrecht gelöscht ist,<br />
- oder falsch eingetragen ist oder<br />
- wenn nicht bestehendes Recht <strong>zu</strong> Unrecht eingetragen ist.<br />
6. Vorsicht: selbstverständlich ist das Grundbuch richtig,<br />
wenn eine wirksame Verfügung erfolgt, aber das Grundgeschäft unwirksam ist<br />
etwa wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung nur bezüglich Grundgeschäft<br />
(Folge: nicht §§ 892 ff.; sondern §§ 812 ff., 925, 873 etc.).<br />
7. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten gemäß §§ 892 f.<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau<br />
Alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen für Rechtserwerb eines Grundstücksrechts gemäß § 873, nämlich<br />
1. vollwirksame Auflassung, insbes. Einigsein des Verfügenden mit dem Erwerber,<br />
2. Eintragung des Erwerbers.<br />
3. Aber Berechtigung des Verfügenden fehlt.<br />
4. Stattdessen ist Verfügender im Grundbuch eingetragen, §§ 892 f.<br />
5. Dem Erwerber ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt,<br />
und zwar im richtigen Zeitpunkt.<br />
6. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit<br />
oder eine Berichtigung des Grundbuchs<br />
ist nicht oder nicht rechtzeitig eingetragen.<br />
8. Infolgedessen kann Prüfungsansatz in einer Klausur lauten: „Obwohl, wie festgestellt, A nicht Eigentümer des Grundstücks war und<br />
seine Verfügung infolgedessen unwirksam ist, hat dennoch B gemäß § 892 das Eigentum an dem Grundstück erworben, wenn ihm die<br />
Unrichtigkeit der Grundbucheintragung nicht bekannt war, ein Widerspruch nicht eingetragen war und der gutgläubige Erwerb auch<br />
aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen war“.<br />
9. „Kenntnis“ des Erwerbers, also fehlt „guter Glaube“, § 892 I am Ende.<br />
Es schadet nicht: Grobfahrlässige Unkenntnis, im Unterschied <strong>zu</strong> beweglichen Sachen.<br />
Keine Nachforschungspflicht des Erwerbers bei Verdacht auf Unrichtigkeit.<br />
Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich Unrichtigkeit des Grundbuchs ergibt,<br />
schadet grundsätzlich nicht;<br />
schadet nur, wenn der (scheinbare) Erwerber aus diesen Tatsachen<br />
den Schluss auf die Unrichtigkeit wirklich gezogen hat.<br />
Nicht erforderlich, dass Erwerber Grundbuch wirklich eingesehen und darauf vertraut hat.<br />
Vorsicht: Aber gutgläubiger Erwerb scheitert, wenn Erwerber keine Kenntnis der Grundbucheintragung hat,<br />
wenn aber im entscheidenden Zeitpunkt Grundbuch richtig ist, oder berichtigt wurde oder Widerspruch enthält.<br />
10. Guter Glaube hilft nur über fehlende Berechtigung hinweg, nützt nichts, wenn z. B. Rechtsgeschäft im übrigen fehlerhaft ist;<br />
aber Sondervorschriften <strong>zu</strong> beachten, z. B. § 142 II; §§ 2113 III, § 2211 II, 2366.<br />
11. Widerspruch oder Berichtigung schaden dem Gutgläubigen, verhindern seinen gutgläubigen Erwerb,<br />
1. selbst wenn Gutgläubiger sie nicht kennt,<br />
2. selbst wenn diese nach Einigung und Antrag eingetragen sind.<br />
12. Zeitpunkte <strong>zu</strong> differenzieren hinsichtlich Eintragung und guten Glaubens:<br />
22. August 2011<br />
17
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
1. Wenn Eintragung<br />
1. der Berichtigung oder<br />
2. des Widerspruchs des wirklich Berechtigten<br />
vor der Eintragung des Gutgläubigen erfolgt ist, § 892 I 1 Alt. 1,<br />
dann ist gutgläubiger Erwerb nicht mehr möglich<br />
(auch ohne Kenntnis des Erwerbers, also selbst wenn der gute Glauben fortbesteht),<br />
arg. e contrario § 878 und § 892 II.<br />
Cäcilienplätzchen. B ist als Buchberechtigter einer Villa am Cäcilienplätzchen eingetragen, wirklicher Eigentümer ist E. B<br />
verkauft an gutgläubigen K und erklärt Auflassung. Am 10. 6. beantragt E in <strong>zu</strong>lässiger Weise Eintragung eines Widerspruchs<br />
gegen Eintragung des B. Am 12. 7. stellt K Antrag auf Eintragung als neuer Eigentümer. Am 13. 8. wird der beantragte Widerspruch<br />
des E eingetragen. Am 15. 9. wird antragsgemäß K als neuer Eigentümer eingetragen. Kein Eigentumserwerb des K.<br />
2. Guter Glaube muss noch vorhanden sein<br />
bei dem zweiten, erforderlichen Akt des Erwerbers, § 892 II, also bei<br />
1. Antragstellung, wenn vorher (wie üblich) Einigung i. S. § 873 erfolgt ist,<br />
2. und noch bei Einigung, wenn (seltener) Antrag schon vorher.<br />
Aber danach eintretende Kenntnis schadet nicht.<br />
Friedchenrondeel. B ist als Buchberechtigter eines Hauses am Friedchenrondeel eingetragen, wirklicher Eigentümer ist E. B<br />
verkauft an gutgläubigen K und erklärt Auflassung. Am 4. 4. stellt K beim Grundbuch Eintragungsantrag. Am 5. 5. erfährt K<br />
von E, dass E wirklicher Eigentümer ist. Am 6. 6. wird K als neuer Eigentümer eingetragen. Eigentumserwerb des K ist wirksam.<br />
13. Ausschluss gutgläubigen Erwerbs, wenn<br />
1. Grundbucheintragung guten Glauben nicht genügend stützt,<br />
2. kein schutzwürdiges Rechtsgeschäft,<br />
3. Kenntnis des Erwerbers,<br />
4. Widerspruch.<br />
14. Grundbucheintragung stützt guten Glauben nicht genügend, insbes.:<br />
1. Tatsächliche Angaben genießen keinen guten Glauben,<br />
insbes. ,,Wirtschaftsart und Lage“ im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs.<br />
2. Nicht eintragungsfähige Umstände, vor allem persönliche Verhältnisse,<br />
z.B. Geschäftsfähigkeit, Güterstand, Rechtsfähigkeit eines Vereins.<br />
3. Wenn Grundbuch in sich widersprüchlich ist.<br />
Hauptbeispiel Miterben. Grundstückseigentümer E ist gestorben, wird beerbt von Kindern A und B. Richtige Eintragung muss<br />
lauten: ,,A und B als Miterben (oder: in ungeteilter Erbengemeinschaft)“. Fälschlicherweise wird aber hier eingetragen: ,,A und<br />
B als Miteigentümer je <strong>zu</strong>r Hälfte, eingetragen auf Grund Erbscheins.“ Hier ist Grundbuch in sich widersprüchlich, denn Miterben<br />
bilden Gesamthandsgemeinschaft und können nicht Miteigentümer i. e. S. sein.<br />
Jetzt bestellt A an seinem angeblichen Miteigentumsanteil gemäß §§ 747 S.1, 1114 eine Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten des H. H glaubt<br />
<strong>zu</strong> Unrecht, A sei Miteigentümer.<br />
Kein Schutz des guten Glaubens des H. H hat trotz Eintragung und gutem Glauben keine Hypothek erworben, das Grundbuch<br />
ist unrichtig.<br />
Folge: guter Glaube des scheinbaren Erwerbers wird nicht geschützt, er wird nicht Eigentümer,<br />
seine Eintragung macht Grundbuch unrichtig.<br />
15. Kein schutzwürdiges Rechtsgeschäft zwischen Buchberechtigtem und Erwerber,<br />
1. z. B. Fehlen des Rechtsgeschäfts, weil Erwerb kraft Gesetzes,<br />
z.B. Erbschaft.<br />
Zeppelinweg. A ist eingetragen als Eigentümer eines Grundstücks im Zeppelinweg, in Wirklichkeit ist X der Eigentümer. A<br />
stirbt und wird beerbt von B. Kein gutgläubiger Eigentumserwerb des B. Aber dann gutgläubiger Zweiterwerb des C von B.<br />
2. Erwerb kraft Staatsaktes, insbes. Zwangsvollstreckung. Spezialregeln im Zwangsversteigerungsgesetz.<br />
3. Fehlen eines Verkehrsgeschäfts, wenn faktisch auf Veräußerseite und Erwerberseite dieselben Personen stehen,<br />
z. B. Übertragung von Erbengemeinschaft auf personengleiche Gemeinschaft von Miteigentümern.<br />
4. Schuldvertrag<br />
Hotel Kiekut. Der <strong>zu</strong> Unrecht als Eigentümer des Hotels Kiekut Eingetragene buchberechtigte B verpachtet Hotelgrundstück<br />
Kiekut an gutgläubigen P.<br />
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18
Grundstücksrecht<br />
Pachtvertrag zwar zwischen B und P wirksam, aber nicht zwischen wirklichem Eigentümer E und P. E kann Grundstück von P<br />
herausverlangen (umgekehrt schützt Vormerkung den Vormerkungsberechtigten nicht gegen Schuldverträge oder Besitzübertragungen<br />
durch den Vormerkungsbelasteten, str.).<br />
16. Gerade im Immobiliarrecht können andere Gutglaubensvorschriften hin<strong>zu</strong>kommen,<br />
insbesondere<br />
- § 142 II Kenntnis der Anfechtbarkeit = Kenntnis der Nichtigkeit<br />
wegen § 142 II kann für den Veräußerer die Anfechtung (wegen Irrtums, Täuschung, <strong>Dr</strong>ohung) einer von Anfang an unwirksamen<br />
Auflassung (z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit) nützlich sein,<br />
- § 2113 III Vorerbe, § 2211 II Testamentsvollstreckung, § 2366 Erbschein.<br />
17. Natürlich wäre im Grundstücksrecht die Anwendung des § 932 ein tödlicher Fehler.<br />
18. Wenn gutgläubiger Erwerb, dann<br />
1. Ausgleich zwischen dem ,,enteigneten“ Berechtigten<br />
und dem verfügenden Nichtberechtigten, insbesondere auf Grund<br />
1. Vertrag<br />
2. § 816<br />
3. Geschäftsführung ohne Auftrag oder Geschäftsanmaßung<br />
4. Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, §§ 987 ff., entsprechend,<br />
Bucheigentümer gleicht dem unrechtmäßigen Besitzer und schuldet<br />
1. Beseitigung der Belastung, §§ 990, 989, 249 I, und<br />
2. Schadenersatz, §§ 990, 989, falls weitere Vorausset<strong>zu</strong>ngen gegeben sind.<br />
5. Eigentumsverlet<strong>zu</strong>ng, § 823 I.<br />
2. Selten erfolgreich Ansprüche des ,,enteigneten“ Berechtigten<br />
gegen gutgläubigen Erwerber.<br />
1. Kaum je Vertrag.<br />
2. Bei Unentgeltlichkeit § 816 1 2.<br />
3. Selten unerlaubte Handlung. Fahrlässigkeit des Erwerbers ist unschädlich,<br />
weil § 892 trotz Fahrlässigkeit schützt.<br />
Kapitel 6. Grundbuchberichtigungsanspruch und ähnliche Ansprüche<br />
Wie Sie gesehen haben, kann ein Grundbuch aus vielerlei Gründen unrichtig sein. Das hat <strong>zu</strong>r Folge, dass der Berechtigte nicht über sein<br />
Recht verfügen kann, weil er nicht richtig eingetragen ist. Vor allem kann ein <strong>Dr</strong>itter, der gutgläubig ist, von dem sogenannten Buchberechtigten,<br />
der im Grundbuch <strong>zu</strong> Unrecht eingetragen ist, ein Recht an diesem Grundstück erwerben. Das bedeutet die dringende Gefahr für den<br />
wirklich Berechtigten, dass er ohne seinen Willen sein Grundstücksrecht oder sogar sein Eigentum verliert. Wie begegnet er dieser Gefahr?<br />
Endgültig durch Berichtigung des Grundbuchs, provisorisch durch Eintragung eines Widerspruchs.<br />
1. Louisenplatz II. A hat sein Grundstück Louisenplatz an B verkauft. Auflassung und Eintragung <strong>zu</strong> Gunsten des B sind ordnungsgemäß<br />
erfolgt. Aber jetzt ficht A <strong>zu</strong> recht die Auflassung wegen arglistiger Täuschung an.<br />
Infolgedessen Nichtigkeit und zwar der Auflassung und damit der Eigentumsübertragung, §§ 123 I, 142 I, 873. Also ist B ex tunc<br />
nicht Eigentümer, obwohl im Grundbuch eingetragen, B ist lediglich Buchberechtigter. A ist Eigentümer geblieben, obwohl im<br />
Grundbuch nicht mehr eingetragen. Das Grundbuch ist unrichtig.<br />
Wie bekommt A sein Eigentum <strong>zu</strong>rück? Falsche Frage, denn A ist ja Eigentümer geblieben.<br />
Jetzt praktische Notwendigkeit und rechtliche Begründetheit für Grundbuchberichtigung gemäß § 894.<br />
A kann nicht etwa „allein“ vom Grundbuchamt Änderung der Eintragung begehren. Denn es bleibt bei den 5 Erfordernissen für<br />
Grundbucheintragung, nämlich: (1) Antrag, § 13 GBO; (2) Bewilligung, § 19 GBO; (3) Voreintragung, § 39 I GBO; (4) Form, § 29<br />
GBO; und (5) Tempus, §§ 17, 45 GBO.<br />
2. Mögliche Ansprüche des wirklich Berechtigten gegen den bloß Buchberechtigten<br />
1. die typisch grundstücksrechtlichen Ansprüche<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
1. Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894,<br />
2. Widerspruch, § 899,<br />
2. andere, allgemeine Ansprüche auf Änderung des Grundbuchs<br />
1. vertragliche Ansprüche je nach Verhältnis der Parteien <strong>zu</strong> einander,<br />
2. Bereicherungsanspruch, § 812,<br />
3. Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, §§ 987 ff., analog,<br />
4. Schadenersatz, §§ 823, 249,<br />
3. Ansprüche auf Besitzherausgabe, insbes. §§ 985 f.<br />
3. Am wichtigsten § 894.<br />
4. Beteiligte<br />
1. Der wirklich Berechtigte (dinglich Berechtigte, nicht eingetragene Berechtigte),<br />
2. der (<strong>zu</strong> Unrecht) Eingetragene, der Buchberechtigte.<br />
5. Wenn der Buchberechtigte nicht die gem. § 19 GBO erforderliche Bewilligung<br />
für die Eintragung des wirklich Berechtigten geben will,<br />
kommt es auf Berichtigungsanspruch, § 894, an.<br />
6. Vier Anspruchsvorausset<strong>zu</strong>ngen für Berichtigungsanspruch, § 894,<br />
einfach subsumieren, nicht auswendig lernen:<br />
1. Eintragung in Grundbuch,<br />
2. Eintragung und wirkliche Rechtslage "nicht im Einklang",<br />
3. Anspruchs-berechtigt ist nur der wirkliche Inhaber desjenigen Rechts,<br />
das durch die unrichtige Eintragung beeinträchtigt ist.<br />
4. Anspruchs-gegner ist der Buchberechtigte, also derjenige,<br />
der <strong>zu</strong> Unrecht im Grundbuch eingetragen ist,<br />
der aber durch die beantragte Grundbuchberichtigung formell benachteiligt wird,<br />
dessen Bewilligung deswegen gemäß § 19 GBO erforderlich ist.<br />
7. Einrede des Berichtigungsverpflichteten,<br />
z. B. dolo petit, falls Eintragung zwar unwirksam, falls aber Anspruchsgegner Anspruch auf jetzige Eintragung hat,<br />
z. B. Bucheigentümer hat gegen wirklich Berechtigten Übereignungsanspruch .<br />
Oder bei Zurückbehaltungsrecht, etwa nach §§ 1000, 994 analog wegen Verwendungen des Buchberechtigten;<br />
oder § 273 wegen Rückzahlung des Kaufpreises.<br />
8. Verfahrensrecht<br />
Durchset<strong>zu</strong>ng des Anspruchs (!) auf Grundbuchberichtigung durch (Leistungs-)-Klage<br />
des nichteingetragenen wirklichen Berechtigten<br />
auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gegen den eingetragenen Buchberechtigten.<br />
Mit Rechtskraft des <strong>zu</strong>sprechenden Urteils gilt die Willenserklärung des Beklagten als abgegeben, § 894 I 1 ZPO.<br />
9. Hingegen kein Berichtigungsanspruch i. S. § 894,<br />
wenn Verfügung wirksam, Grundgeschäft aber unwirksam ist.<br />
Dann ist Grundbuch richtig.<br />
Dann nur ein sogenannter „schuldrechtlicher Berichtigungsanspruch”, § 812,<br />
gerichtet auf Rückübertragung des Eigentums am Grundstück, gemäß §§ 873, 925.<br />
10. Bereicherungsansprüche<br />
1. Unrichtige Grundbucheintragung, sogenannte Buchberechtigung, ist vorteilhafte Rechtsstellung,<br />
weil der eingetragene Nichtberechtigte über das betroffene Recht<br />
wirksam an einen Gutgläubigen verfügen kann (auch wenn er es nicht darf).<br />
Diese Vermögensposition ist nach den Vorausset<strong>zu</strong>ngen der §§ 812 ff. kondizierbar.<br />
Die Kondiktion kann gerade dann von Bedeutung sein, wenn der Gläubiger nicht wirklich Berechtigter ist.<br />
2. Bei richtiger Grundbucheintragung, die aber ohne Causa erfolgt ist<br />
(wegen nichtigen Grundgeschäfts, ausgenommen Fall der Heilung ),<br />
kann das Eigentum an dem betroffenen Grundstück nach den Vorausset<strong>zu</strong>ngen der §§ 812 ff. kondiziert werden.<br />
3. Wie bereits gesagt, können auch die Auflassungserklärung oder die Preiszahlung<br />
nach den Vorausset<strong>zu</strong>ngen der §§ 812 ff. kondiziert werden,<br />
solange Schuldvertrag nicht geheilt ist, § 311 b I S.1 und 2.<br />
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Grundstücksrecht<br />
11. Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, §§ 987 ff., entsprechend,<br />
wobei „Eigentümer“ der wirkliche Eigentümer ist<br />
und analog <strong>zu</strong>m unrechtmäßigen „Besitzer“ der bloße Bucheigentümer behandelt wird;<br />
gerade dann, wenn Bucheigentümer nicht als Besitzer gehandelt hat.<br />
Der Bucheigentümer gleicht dem unrechtmäßigen Besitzer, insbes. schuldet er<br />
1. Beseitigung der Belastung, §§ 990, 989, 249 I,<br />
2. Schadenersatz, §§ 990, 989, falls weitere Vorausset<strong>zu</strong>ngen gegeben sind,<br />
3. Ver<strong>zu</strong>gsschaden, §§ 990 II,<br />
4. Nut<strong>zu</strong>ngen, §§ 988, 987.<br />
Verwendungsansprüche des Buchberechtigten gegen den wirklich Berechtigten,<br />
§§ 994 ff. entsprechend .<br />
Kapitel 7. Widerspruch<br />
Sobald ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist, kann niemand mehr im Vertrauen auf die Richtigkeit des<br />
Grundbuchs gutgläubig ein Recht durch Verfügung des Nichtberechtigten <strong>zu</strong>m Nachteil des wirklich Berechtigten erwerben. Also Widerspruch<br />
verhindert gutgläubigen Erwerb. Aber unter welchen Vorausset<strong>zu</strong>ngen wird er eingetragen, und wie wirkt er genau?<br />
1. Enneccerus I. Enneccerus, im Grundbuch eingetragener, wirklicher Eigentümer, ist gestorben. Das Grundstück ist 800 000,- Euro<br />
wert. Sein Sohn Sohm hält sich für den gesetzlichen Erben und lässt nunmehr sich selbst als neuen Eigentümer eintragen. Nun wird<br />
ein Testament gefunden, in dem Enneccerus seine Freundin Fichard <strong>zu</strong>r Alleinerbin eingesetzt hat. Frau Fichard verlangt von Sohn S<br />
Einwilligung in die Berichtigung des Grundbuchs. Sohn weigert sich, er glaubt, das von Frau Fichard vorgelegte Testament sei gefälscht.<br />
Sohn S veräußert das Grundstück für 1,1 Mio. Euro an den gutgläubigen Gebhard. Antrag auf Eintragung des G wird am 1. Juli beim<br />
Grundbuchamt eingereicht. Die Eintragung des G als neuer Eigentümer erfolgt am 1. Dezember. Ist G Eigentümer geworden?<br />
Abwandlung: Freundin F hat am 20. Juni bei dem Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs eingereicht. Der<br />
Widerspruch wird am 16. Juli eingetragen. G erfährt nichts von dem Widerspruch. G wird am 1. Dezember als neuer Eigentümer eingetragen.<br />
An der Richtigkeit des Testaments <strong>zu</strong> Gunsten der Freundin F besteht kein Zweifel.<br />
1. Ist die Eintragung des G <strong>zu</strong> recht erfolgt?<br />
2. Kann Freundin F gegen den Widerstand von S und G die Eintragung als Eigentümerin erreichen?<br />
2. Lesen Sie die wichtigen Bestimmungen<br />
§ 899 Eintragung eines Widerspruchs<br />
§ 894 Vorausset<strong>zu</strong>ng für Widerspruch<br />
§ 892 I 1 Hauptwirkung des Widerspruchs.<br />
3. Widerspruch wird eingetragen<br />
1. entweder auf Bewilligung des unrichtig Eingetragenen, § 899 II 1 BGB, § 19 GBO,<br />
2. häufiger auf Grund einstweiliger Verfügung, § 899 II 1 BGB,<br />
3. oder ausnahmsweise auf Antrag des in Wirklichkeit Berechtigten, § 1139.<br />
4. Selten: Amtswiderspruch, § 53 I 1 GBO.<br />
5. Oder als Urteilswirkung, § 895 ZPO: Satz 1. „Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Schuldner <strong>zu</strong>r Abgabe einer<br />
Willenserklärung verurteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch ... erfolgen soll, so gilt die Eintragung ... eines<br />
Widerspruchs als bewilligt“.<br />
4. Anspruchsvorausset<strong>zu</strong>ngen wie für Berichtigungsanspruch, §§ 899 I, 894.<br />
5. Kein Widerspruch wenn keine Gefahr gutgläubigen Erwerbs, nämlich<br />
gegen nicht übertragbare Rechte (Nießbrauch)<br />
und auch nicht gegen Vormerkung für eine nicht-bestehende Forderung.<br />
6. Verfahren <strong>zu</strong>r Eintragung des Widerspruchs<br />
Wie bekommt der (angeblich wirklich) Berechtigte (meistens nicht Eingetragene)<br />
nun den Widerspruch in das Grundbuch,<br />
wenn der Buchberechtigte die Bewilligung der Eintragung nicht erteilt?<br />
Einstweilige Verfügung, § 899 II 1 Alt. 1 BGB (hier<strong>zu</strong> nun ein bisschen ZPO):<br />
1. „Gesuch“ des Berechtigten, §§ 936, 920, 942 ZPO.<br />
3. Mit der Behauptung<br />
1. des Arrest-Anspruchs, hier: wegen unrichtiger Eintragung im Grundbuch,<br />
22. August 2011<br />
21
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. und eines Arrest-Grundes i. S. § 920 I Alt. 2 ZPO.<br />
4. Glaubhaftmachung<br />
1. zwar der Unrichtigkeit der Eintragung, §§ 920 II ZPO,<br />
z. B. durch Urkunden, auch durch Versicherung des Gläubigers an Eides Statt, § 294 I ZPO,<br />
2. aber nicht erforderlich Glaubhaftmachung des Arrest-Grundes, § 899 II 2 BGB.<br />
5. Art der gerichtlichen Entscheidung und des Rechtsmittels<br />
1. Entweder in mündlicher Verhandlung durch Urteil, § 922 ZPO, dagegen Berufung an nächsthöhere Instanz,<br />
2. oder ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, §§ 922, 924 ZPO,<br />
dagegen Widerspruch an das entscheidende Gericht, § 924 ZPO.<br />
6. Ersuchen des Amtsgerichts an das Grundbuchamt um Eintragung des Widerspruchs, § 941 ZPO.<br />
7. Zur Eintragung in Grundbuch die üblichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen: Antrag ( § 13 GBO) meistens des Berechtigten,<br />
statt „Bewilligung“ hier Beschluss oder Urteil (§ 38 GBO), Voreintragung des betroffenen Buchberechtigten (§ 39 GBO).<br />
7. Entscheidende Wirkung des Widerspruchs:<br />
der Gutgläubige kann nicht endgültig erwerben,<br />
§ 892 I 1, wenn Widerspruch berechtigt ist.<br />
8. Widerspruch wirkt unabhängig von Kenntnis des gutgläubigen Erwerbers.<br />
§ 892 I 1 schließt gutgläubigen Erwerb kategorisch aus, wenn <strong>zu</strong>r Zeit der Eintragung des Erwerbers<br />
der Widerspruch bereits eingetragen ist. Auf Kenntnis des Erwerbers kommt es für Widerspruch nicht an<br />
(anders § 892 II bezüglich der Kenntnis der Unrichtigkeit; nicht etwa Analogie <strong>zu</strong> Absatz 2).<br />
9. Entscheidender Zeitpunkt für Widerspruch sind die Eintragungen:<br />
- wenn Widerspruch vor Eintragung des Gutgläubigen eingetragen ist, ist er wirksam,<br />
- wenn aber <strong>zu</strong>erst Gutgläubiger eingetragen ist, kommt Widerspruch <strong>zu</strong> spät.<br />
Zeitpunkt der Antragsstellungen<br />
- ist materiellrechtlich eigentlich gleichgültig, es kommt auf Eintragung an.<br />
- Aber Grundbuchamt soll in der Reihenfolge der Antragstellungen erledigen, § 17 GBO, Tempusprinzip.<br />
Das Gleiche gilt für Verhältnis Widerspruch / gutgläubiger Ersterwerb einer Vormerkung.<br />
Erwerber muss sich deshalb in seinem Interessen nach schwebenden Anträgen auf Eintragung eines Widerspruchs erkundigen.<br />
10. Der Widerspruch bewirkt keine Grundbuchsperre.<br />
Der (eingetragene) Widerspruchsgegner kann weiterhin Verfügungen treffen,<br />
das ist der Hauptunterschied <strong>zu</strong>r erfolgten Grundbuchberichtigung.<br />
Aber die Verfügungen des Buchberechtigten sind unwirksam, wenn der Widerspruch berechtigt ist.<br />
11. Widerspruch wirkt nur, wenn er für den Berechtigten eingetragen ist, nicht bei Eintragung für einen anderen.<br />
Kuhweide: A ist der wirkliche Eigentümer des Grundstücks Kuhweide. Eingetragen ist der C (also bloßer Buchberechtigter). Nun erwirkt<br />
aber der B mit der Behauptung, dass er, der B, der wirkliche Eigentümer sei, die Eintragung eines Widerspruchs. Dann veräußert<br />
C (der Buchberechtigte) das Grundstück Kuhweide an den D, D. weiß nichts von Eigentum des A.<br />
1. Kann B die Berichtigung des Grundbuchs verlangen? Nein, war ja nicht wirklicher Eigentümer.<br />
2. Kann A Berichtigung verlangen? Zwar war A wirklicher Eigentümer, Widerspruch war eingetragen, aber kein Widerspruch für<br />
den A. D war gutgläubig. Also Eigentum des D. Keine Berichtigung.<br />
12 Wirkungen des Widerspruchs betreffen auch spätere Erwerber.<br />
Enneccerus I b. Wie ist es, wenn nach der Eintragung des Widerspruchs der F und der Eintragung des G als neuer Eigentümer der G<br />
das Grundstück an Irnerius veräußert hat und dieser im Grundbuch eingetragen wurde? Auch I hat kein Eigentum erlangt, kann aber<br />
weiter verfügen, wenn auch nicht wirksam.<br />
13. Die Wirkung des Widerspruchs ist nur provisorisch. Denn wenn sich herausstellt, dass der Widerspruch unberechtigt ist,<br />
weil der Eingetragene der wirklich Berechtigte ist, wenn also Grundbuch in Wirklichkeit nicht unrichtig ist,<br />
dann ist die Verfügung des bisher Eingetragenen und der Erwerb derjenigen,<br />
die nach dem Widerspruch eingetragen worden sind, endgültig wirksam.<br />
Enneccerus II. Enneccerus, der wirkliche Eigentümer ist gestorben. Sein Sohn Sohm lässt sich als gesetzlicher Erbe als neuer Eigentümer<br />
eintragen. Aber nach einem zwischenzeitlich aufgefunden Testament ist Freundin Fichard <strong>zu</strong>r Alleinerbin eingesetzt. Frau<br />
Fichard erreicht die Eintragung eines Widerspruchs. Sohm veräußert das Grundstück trotzdem an Gebhard, Eintragung des Gebhard<br />
erfolgt. Nun stellt sich heraus, dass das Testament <strong>zu</strong> Gunsten der F unwirksam ist.<br />
Dann wurde Fichard mit dem Erbfall nicht Eigentümerin des Grundstücks, sondern S wurde Eigentümer.<br />
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Grundstücksrecht<br />
Auch wenn die F die Eintragung eines Widerspruchs erreicht hat, hat G dennoch das Eigentum von S erlangt. Denn S, als der wirkliche<br />
gesetzliche Erbe, war der Berechtigte, der als solcher eine wirksame Verfügung getroffen hat; mit gutgläubigem Erwerb hat das<br />
nichts <strong>zu</strong> tun. Auch Weiterverfügungen des G und späterer Erwerber sind wirksam.<br />
14. Erlöschen des Widerspruchs vor allem<br />
- durch Verwirklichung des entsprechenden Berichtigungsanspruchs, oder, umgekehrt,<br />
- durch Löschung der (unberechtigten) Widerspruchseintragung selbst auf Antrag des Widersprechenden<br />
(notfalls auf Grund Berichtigungsklage des ursprünglichen, nach wie vor wirklich Berechtigten, § 894 analog oder unmb.).<br />
15. Allgemeine Charakterisierung der Wirkungen des Widerspruchs<br />
1. Der Widerspruch<br />
1. hat also eine Warnfunktion, ebenso wie Vormerkung<br />
2. ist ein vorläufiges Sicherungsmittel, ebenso wie Vormerkung.<br />
2. Der Widerspruch<br />
1. widerspricht der gegenwärtigen Grundbucheintragung.<br />
2. ,,Der Widerspruch protestiert“ gegen die Richtigkeit des Grundbuchs.<br />
3. Der Widerspruch dient<br />
1. da<strong>zu</strong>, ein bestehendes Recht <strong>zu</strong> bewahren,<br />
2. <strong>zu</strong>r Sicherung eines dinglichen Rechts<br />
3. vor allem gegen Verfügung eines Nichtberechtigten mit Folge des Gutglaubenserwerbs.<br />
16. Widerspruch gegen Vormerkung? A, Mutter der Tochter T und des Sohnes S, ist als Eigentümerin von zwei Eigentumswohnungen,<br />
Wohnung Nr. 1 und Wohnung Nr. 2, im Grundbuch eingetragen. Sie überträgt die Eigentumswohnung Nr. 1 mittels notariell beurkundeten<br />
Vertrages an ihre Tochter T. In demselben Vertrag wird zwischen A, T und S vereinbart: „Der Ausgleich soll dadurch erfolgen,<br />
dass S nach dem Tode der A die Eigentumswohnung Nr. 2 <strong>zu</strong> Alleineigentum erhalten soll. S und T verpflichten sich für den<br />
Fall, dass sie als Miterben der gemeinsamen Mutter Miteigentümer der Wohnung Nr. 2 werden sollten, der Übereignung an S <strong>zu</strong>stimmen,<br />
ohne hierfür ein Entgelt <strong>zu</strong> fordern. Die jeweiligen Veräußerer bewilligen die Eintragung einer Vormerkung nach § 883<br />
BGB <strong>zu</strong>r Sicherung des vereinbarten Übereignungsanspruchs“.<br />
S beantragt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung an dem Wohnungseigentum Nr. 2. Das Grundbuchamt trägt die Vormerkung<br />
antragsgemäß <strong>zu</strong> Gunsten des S ein. A will die Löschung dieser Vormerkung oder <strong>zu</strong>mindest die Eintragung eines Widerspruchs<br />
erreichen, vor allem, um einen gutgläubigen Erwerb der Vormerkung durch einen weiteren Interessenten <strong>zu</strong> verhindern. Wird sie Erfolg<br />
haben? (Vereinfacht nach BayObLG NJW-RR 1999, 1689; s. auch Düsseldorf NJW-RR 2000,1686);<br />
Kapitel 8. Prüfungsfolge Grundstücksübertragung<br />
1. Die Frage, ob die Grundstücksübertragung wirksam war,<br />
wird kaum jemals ausdrücklich als einzige Klausurfrage gestellt.<br />
Meistens kommt es bei der Prüfung eines Anspruchs auf die Vorfrage an,<br />
ob der Kläger oder Beklagte Eigentümer ist, und daher kann man <strong>zu</strong> der Frage kommen,<br />
ob eine Übereignung wirksam war. In etwa:<br />
2. Einleitungssatz<br />
„Der Kläger B ist Eigentümer des Grundstücks, wenn er es wirksam von A erworben hat.<br />
Die Grundstücksübereignung setzt nach §§ 925, 873 voraus, dass<br />
sich der Veräußerer A mit dem Erwerber B in der Form des § 925<br />
über die Übertragung des Eigentums an dem Grundstücksgeeinigt hat,<br />
dass B als neuer Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen wurde und<br />
dass der Veräußerer A Eigentümer des Grundstücks<br />
oder dass der Erwerber B hinsichtlich des Eigentums des A gutgläubig war".<br />
3. Gedankenführung. Daraufhin sind <strong>zu</strong> prüfen:<br />
1. Auflassung<br />
1. vor einem Notar, § 925 I 1 und 2,<br />
2. gleichzeitige Anwesenheit von A und B (oder deren Vertreter etc.), § 925 I 1,<br />
3. Einigsein über das betreffende Grundstück, § 873 I 1.<br />
2. Eintragung in das Grundbuch, § 873 I 1<br />
3. Bisheriges Eigentum des Veräußerers A oder<br />
gutgläubiger Erwerb des B.<br />
4. Formulierung des (Zwischen-)-Ergebnisses<br />
„Also ist B Eigentümer des Grundstücks geworden“.<br />
5. „Varianten“ je nach Fallfrage und Sachverhalt sind im Ausgangssatz, in der Gedankenführung und im Ergebnis-Satz <strong>zu</strong> markieren,<br />
etwa im Ausgangssatz mit dem Hinweis „insbesondere die Verfügung des A nicht wegen Fehlens der Zustimmung der Ehefrau F unwirksam<br />
ist“ oder „wobei vor allem <strong>zu</strong> prüfen sein wird, ob die Übereignung auf den nur beschränkt geschäftsfähigen B der Zustimmung<br />
seiner gesetzlichen Vertreter bedurft hätte“.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Kapitel 9. Entstehung der Vormerkung<br />
Die Vormerkung, die Sie in diesem Kapitel wiederholen, ist ein provisorisches Sicherungsrecht <strong>zu</strong>r Sicherung eines, meistens schuldrechtlichen,<br />
Anspruchs auf Grundstücksübertragung, Hypothekenbestellung, Grundschuldlöschung etc. Man mag fragen: Warum wird nicht gleich<br />
statt der Vormerkung das dingliche Recht selbst eingetragen oder gelöscht? Erstens erfolgt die Eintragung der Vormerkung sehr viel schneller<br />
als die Eintragung des gesicherten Rechts. Und zweitens hat eine Vormerkung den Vorteil, dass sie, im Unterschied <strong>zu</strong>r Eintragung des<br />
Eigentums selbst, einen „künftigen oder bedingten” Anspruch sichern kann. <strong>Dr</strong>ittens ist Vormerkung, nicht aber Grundbucheintragung des<br />
dinglichen Rechts möglich, wenn eine noch <strong>zu</strong> vermessende Teilfläche eines größeren Grundstücks betroffen ist. Für eventuelle Klausuren<br />
sind vor allem zwei Punkte wissenswert: in welche Fällen kann eine Vormerkung gutgläubig erworben werden, und wie wirkt eine Vormerkung?<br />
Aber vorher ist die Entstehung der Vormerkung <strong>zu</strong> behandeln.<br />
1. Friederikes Welt. Friederike und Maximilian sind miteinander verheiratet. Der einzige Gegenstand von Wert, den Maximilian sein eigen<br />
nennt, ist ein Grundstück. Dieses verkauft er an Kasimir, der die Vermögens- und Familienverhältnisse Maximilians kennt. Vormerkung<br />
wird eingetragen. Friederike erklärt ausdrücklich, dass sie mit dem Geschäft nicht einverstanden ist. Aber Maximilian und<br />
Kasimir glauben (<strong>zu</strong> Unrecht, §§ 1363 I, 1365), dass es auf die Meinung Friederikes nicht ankomme. Hat Kasimir Vormerkung erworben?<br />
2. Lesen Sie die wichtigen Bestimmungen §§ 883, 885, 888.<br />
3. Beteiligte<br />
1. Vormerkungsgläubiger = Vormerkungsberechtigter = (Vormerkungs-)-Begünstigter<br />
= <strong>zu</strong> dessen Gunsten die Vormerkung eingetragen ist,<br />
z. B. bei Auflassungsvormerkung auf Grund Grundstückskaufvertrages: der Käufer.<br />
2. Betroffener = der Inhaber des Grundstücksrechts<br />
= meistens der Schuldner, der Recht auf den Vormerkungsgläubiger übertragen soll,<br />
z.B. bei Auflassungsvormerkung auf Grund Kaufs: der Eigentümer des verkauften Grundstücks.<br />
3. „Erwerber“ = <strong>Dr</strong>itter,<br />
derjenige, <strong>zu</strong> dessen Gunsten der Betroffene eine Verfügung getroffen hat,<br />
die den Anspruch des Vormerkungsgläubigers vereiteln oder beeinträchtigen würde,<br />
z.B. derjenige, an den Eigentümer sein Grundstück ein zweites Mal verkauft und aufgelassen hat.<br />
4. Vorausset<strong>zu</strong>ngen, § 885 I 1:<br />
1. Vormerkung wird eingetragen<br />
1. entweder auf Bewilligung des Betroffenen<br />
nicht, wie sonst: „Einigsein“.<br />
Bewilligung ist einseitiges Rechtsgeschäft des Betroffenen,<br />
bestehend aus empfangsbedürftiger Willenserklärung,<br />
ab<strong>zu</strong>geben gegenüber dem Grundbuchamt oder dem Inhaber des <strong>zu</strong> sichernden Anspruchs.<br />
Materiellrechtlich formfrei, § 125 BGB, nach § 29 GBO aber beglaubigt.<br />
In der Praxis bei üblichen Grundstücksgeschäften Bewilligung der Vormerkung<br />
in der notariellen Urkunde neben Kaufvertrag und Auflassung, §§ 925, 873.<br />
2. Oder auf Grund einstweiliger Verfügung,<br />
Verfahren wie bei Widersprach.<br />
Vorsicht: einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung erlaubt<br />
keinen gutgläubigen Ersterwerb der Vormerkung,<br />
da einstweilige Verfügung kein „Rechtsgeschäft“ i. S. § 893 BGB ist.<br />
3. Oder als Urteilswirkung, § 895 ZPO: Satz 1 (Lesen!).<br />
2. Eintragung in das Grundbuch,<br />
die üblichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen, wie bei Widerspruch,<br />
3. Berechtigung des Bewilligenden<br />
oder eventuell guter Glaube des Begünstigten,<br />
4. vormerkungsfähiger Anspruch.<br />
5. Vormerkungsfähig ist jeder wirksame Anspruch,<br />
1. meistens auf Grund Schuldvertrages,<br />
Hauptfall: Sicherung des Anspruchs des Grundstückskäufers auf Grundstücksübereignung,<br />
2. aber auch auf Grund Gesetzes, z. B. Rückauflassungsanspruch des früheren Eigentümers<br />
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Grundstücksrecht<br />
- wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812) oder<br />
- groben Undanks (§ 530) des jetzigen Eigentümers.<br />
6. Ausdrücklich gesetzlich <strong>zu</strong>gelassen:<br />
Sicherung eines künftigen oder bedingten Anspruchs,<br />
(obwohl die eigentliche Auflassung [nicht jedoch sonstige Verfügungen]<br />
nicht unter Bedingung oder Zeitbestimmung stehen kann, § 925 II).<br />
- Für Vormerkung eines künftigen Anspruchs muss aber der Rechtsboden für seine Entstehung vorbereitet sein.<br />
- Künftiger oder bedingter Anspruch muss genügend bestimmt sein.<br />
Beispiele: Vereinbarte Rückauflassungsansprüche, falls Erwerber entgegen dem Vertrag nicht rechtzeitig Kaufpreis zahlt oder falls er<br />
abredewidrig Grundstück nicht bebaut oder falls er es weiterveräußert oder falls er ohne leibliche Erben verstirbt. Ankaufsrechte, persönliche<br />
Vorkaufsrechte.<br />
7. Wenn der gesicherte (meistens schuldrechtliche) Anspruch nicht besteht,<br />
z. B. wegen Scheins, § 117, oder wegen Formmangels, §§ 311 b I 2, 125, oder wegen Fehlens einer notwendigen Zustimmung,<br />
1. dann ist auch Vormerkung nicht wirksam, obwohl sie eingetragen ist (unstr.),<br />
keine Heilung nach § 311 b I 2; kein „künftiger Anspruch” nach § 883 I 2.<br />
Beispiel oben „Friederikes Welt“.<br />
2. Vormerkung wird unwirksam, wenn gesicherter Anspruch erlischt, insbes.durch Erfüllung,<br />
dann insbes. Berichtigung des Grundbuchs.<br />
3. Daher „Akzessorietät“ der Vormerkung.<br />
4. Hier kein Gedanke an gutgläubigen Erst- oder Zweit-Erwerb der Vormerkung (allg. M.).<br />
Beispiel oben „Friederikes Welt“.<br />
Raabestraße I. A hat an B ein Hausgrundstück an der Raabestraße verkauft, vereinbart wurde ein Kaufpreis von 2 Mio. Euro,<br />
beurkundet wurde ein Preis von nur 1,4 Mio. Euro (Der Kaufvertrag ist also als Scheingeschäft, § 117, und wegen Falschbeurkundung<br />
des wirklich Gewollten, §§ 311 b I 1, 125, unwirksam.). A bewilligte dem B die Eintragung einer Vormerkung, diese<br />
wurde eingetragen.<br />
Kein Erwerb der Vormerkung durch B.<br />
5. Raabestr. II. Der gleiche Fall des Verkaufs von A an B <strong>zu</strong> einem <strong>zu</strong> niedrig beurkundeten Preis. Aber Abwandlung: in Wirklichkeit<br />
ist E der Eigentümer: Dann auch kein gutgläubiger Erwerb des B.<br />
6. In diesem Fall auch kein wirksamer Zweiterwerb der Vormerkung: Raabestraße III. Der gleiche Fall des Verkaufs von A an B<br />
<strong>zu</strong> einem <strong>zu</strong> niedrig beurkundeten Preis. Aber Abwandlung: danach übertrug B seinen angeblichen Anspruch auf Erwerb des<br />
Hausgrundstücks und die diesbezügliche Vormerkung auf C. C glaubt an die Wirksamkeit des Kaufvertrages A - B, der Vormerkung<br />
und der Vereinbarung B - C. – Keine Rechte des C auf Grund Vormerkung.<br />
7. Nicht vormerkungsfähig z. B. erbrechtliche Positionen <strong>zu</strong> Lebzeiten des Erblassers.<br />
8. Aber in den meisten Fällen nach überwiegender Meinung vormerkungsfähig folgende Fälle der Praxis:<br />
- Vereinbarte Übereignungspflicht, ohne Hypothek, bei Nichtrückzahlung eines Darlehens, trotz<br />
Bedenken wegen Verfallabrede (§ 1149) oder Verfügungsverbots (§§ 1136, 137) (BayObLG NJW-RR 1997, 590),<br />
- Vereinbarte Rückübereignungspflicht bei Weiterveräußerung, trotz Bedenken wegen Verfügungsverbots (§ 137)<br />
(BGH Beschl. v. l4. 12. 1996, NJW 1997, 861, da<strong>zu</strong> Stadler, Jura 1998, 189; Beschl. v. 13. 6. 2002, BGHZ 151, 116 = NJW<br />
2002, 2461 = JURA-Telegramm 2003, 162; Urt. v. 19. 5. 2000, NJW 2000, 2899 = JuS 2000, 1119; BayOblG NJW-RR 2002,<br />
1594),<br />
- Vereinbarte Rückübereignungspflicht bei grobem Undank, trotz Bedenken wegen Verfügungsverbots (§ 137) oder wegen<br />
grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes des Bedingungseintritts<br />
(BayObLG NJW-RR 2001, 1529; gegen Hamm, NJW-RR 2000, 1611),<br />
- Gegenseitige Ankaufs- und Vorkaufsrechte unter Miteigentümern (BayObLG NJW-RR 2003, 450),<br />
- Übereignungsrecht für den Fall der Insolvenzeröffnung (BayObLG NJW-RR 2002, 1594; 2003, 450).<br />
9. Gutgläubiger Erwerb einer Vormerkung - <strong>Dr</strong>ei verschiedene Fälle unbedingt sorgfältig unterscheiden:<br />
1. Formal wirksame Bestellung der Vormerkung durch Nichteigentümer für wirksamen Anspruch.<br />
2. Bei Vormerkung für nicht bestehenden Anspruch trotz gutem Glauben weder Ersterwerb noch Zweiterwerb.<br />
3. Nach Fehler bei Vormerkungsbestellung für Ersterwerber, gutgläubiger Zweiterwerb.<br />
10. Gutgläubiger Erst-Erwerb einer Vormerkung vom Nichtberechtigten,<br />
d. h. Bestellung der Vormerkung von dem Buchberechtigten<br />
mit Wirkung gegenüber<br />
1. dem wirklich Berechtigten und<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. gegenüber sonstigen Erwerbern, § 893 Alt. 2.<br />
Ist anerkannt (str.), denn Bestellung einer Vormerkung ist entweder sonstige Verfügung über das Grundstücksrecht,<br />
oder einem sonstigen Verfügungsgeschäft wenigstens gleich<strong>zu</strong>stellen,<br />
weil Vormerkung einem obligatorischen Anspruch in beträchtlichem Umfang<br />
dingliche Wirkungen verleiht,<br />
ähnlich wie endgültige Übertragung des Grundstückseigentums.<br />
11. Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau<br />
Alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen für Rechtserwerb einer Vormerkung gemäß § 885 I 1,nämlich<br />
1. Bewilligung des Betroffenen<br />
Kein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung infolge einstweiliger Verfügung, § 885 I,<br />
weil kein „Rechtsgeschäft“ i. S. §§ 892 f. (hM.).<br />
2. Eintragung des Begünstigten<br />
3. Vormerkungsfähiger und wirksamer Anspruch<br />
4. Aber Berechtigung des Bewilligenden fehlt<br />
5. Stattdessen: Bewilligender ist im Grundbuch eingetragen, §§ 892 f.<br />
6. Dem Begünstigten ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt,<br />
bei Stellung des Antrags auf Eintragung der Vormerkung, § 892 II,<br />
7. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit oder eine Berichtigung des Grundbuchs<br />
ist nicht oder nicht rechtzeitig eingetragen,<br />
d. h. vor der Eintragung der Vormerkung, selbst wenn nach der Antragstellung<br />
auch selbst wenn ohne Kenntnis des Vormerkungsempfängers.<br />
Kein Widerspruch (wohl aber Berichtigung) des wirklich Berechtigten, wenn unrichtige Vormerkung<br />
nicht gutgläubig erworben werden kann, insbes. bei Nichtbestehen der angeblich gesicherten Forderung.<br />
12. Schillerstraße I. Volker ist <strong>zu</strong> Unrecht als Eigentümer des Grundstücks Schillerstraße eingetragen; der wirkliche, aber nicht eingetragene<br />
Eigentümer ist Ernst. Volker verkauft Grundstück formgerecht an Krause, erklärt Auflassung und bewilligt Vormerkung, welche<br />
eingetragen wird. Krause ist gutgläubig.<br />
Hat Krause Vormerkung erworben? Ja, § 893 Alt. 2.<br />
Kapitel 10. Wirkung der Vormerkung<br />
Das Funktionieren der Vormerkung macht dem Anfänger Schwierigkeiten. Aber man muss sich bloß klarmachen, dass hierfür 2 Schritte erforderlich<br />
sind: einer gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber und einer gegenüber dem vormerkungswidrig Verfügenden.<br />
1. Nach mir die Sintflut. Der verwitwete Emil hat fünf Söhne. Er ist Eigentümer eines Grundstücks. Er verkauft einem seiner Söhne,<br />
dem Albert, das Grundstück in der Form des § 311 b I 1 für 400 000,- Euro, fällig bei Durchführung des Vertrages. Der Kaufvertrag<br />
ist betagt und aufschiebend bedingt in der Weise, dass Albert erst innerhalb von 2 Jahren nach dem Tod des Emil erklären kann, ob er<br />
den Vertrag durchführen will. Der Auflassungsanspruch des Albert wird durch Vormerkung gesichert.<br />
Emil lebt noch, er braucht Geld, die Grundstückspreise fallen, er will das Grundstück für den nun angemessenen Preis von 250 000,-<br />
Euro an Zamir verkaufen. Er selbst wie auch Zamir rechnen nicht mit einem erheblichen Wert<strong>zu</strong>wachs des Grundstücks in den nächsten<br />
Jahren und daher auch nicht damit, dass Albert sein Ankaufsrecht einmal ausüben wird.<br />
- Können Albert und Zamir wirksam Kaufvertrag abschließen?<br />
- Kann Albert wirksam an Zamir Eigentum übertragen?<br />
- Wenn ja, kann Zamir wirksam an einen <strong>Dr</strong>ittern weiter übereignen?<br />
- Wie müsste Albert nach dem Tode des Emil vorgehen, wenn er das Eigentum an dem Grundstück erwerben will?<br />
2. Wirkung der Vormerkung wird in verständlicher Weise in § 883 II beschrieben:<br />
die spätere Verfügung ist relativ unwirksam<br />
- soweit sie den gesicherten Anspruch gänzlich vereiteln ... würde,<br />
- oder soweit sie den Anspruch ... beeinträchtigen würde.<br />
3. Der vormerkungswidrige Erwerb des Erwerbers<br />
ist "gegenüber" dem Vormerkungsbegünstigten unwirksam.<br />
Infolgedessen hat der vormerkungs-widrige Erwerber<br />
im Verhältnis <strong>zu</strong>m Vormerkungsbegünstigten das Recht nicht wirksam erworben.<br />
Hölderlinstraße. V verkauft in wirksamer Weise sein Hausgrundstück in der Hölderlinstraße an K. Zur Sicherung seines Anspruchs<br />
auf Eigentumsübertragung erbittet K von V die Bewilligung einer Vormerkung. Vormerkung wird bewilligt und eingetragen. Trotzdem<br />
verkauft V an den <strong>Dr</strong>itten D und erklärt die Auflassung. D wird ordnungsgemäß als neuer Eigentümer eingetragen.<br />
Die Eintragung des D ist dem vormerkungsberechtigten K gegenüber unwirksam, § 883 II 1.<br />
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Grundstücksrecht<br />
4. Wie muss der Vormerkungsberechtigte nun vorgehen, um sein Recht durch<strong>zu</strong>setzen,<br />
wenn ein anderer Erwerber vormerkungswidrigerweise in das Grundbuch eingetragen wurde?<br />
Zwei Schritte sind erforderlich (in beliebiger Reihenfolge):<br />
1. Gegenüber dem Erwerber und<br />
2. Gegenüber dem Belasteten.<br />
5. Anspruch des Vormerkungsberechtigten gemäß § 888 I<br />
gegen den vormerkungswidrig (meistens: später) eingetragenen Erwerber<br />
auf Zustimmung <strong>zu</strong> der<br />
- Eintragung des Rechts des Vormerkungsbegünstigten,<br />
z. B. wenn Erwerber in vormerkungwidriger Weise als neuer Eigentümer eingetragen wurde,<br />
so im Fall Hölderlinstraße,<br />
oder<br />
- auf Löschung des Rechts des später eingetragenen Erwerbers,<br />
z. B. wenn entgegen einer Auflassungsvormerkung in vormerkungswidriger Weise Hypothek eingetragen wurde.<br />
Denselben Anspruch hat Vormerkungsberechtigter gegen etwaige Rechtsnachfolger des Erwerbers.<br />
6. Anspruch des Begünstigten gegen den Belasteten<br />
auf Abgabe der Erklärungen, die für die Verfügung erforderlich sind,<br />
soweit nicht schon geschehen,<br />
insbesondere auf<br />
1. Erklärung der Einigung, § 873, bzw. Auflassung, § 925,<br />
2. Bewilligung der Eintragung des Begünstigten, § 19 GBO,<br />
so als wäre der Vormerkungsbelastete noch voll Eigentümer des Grundstücks.<br />
Grundlage für diesen Anspruch ist der gesicherte Anspruch selbst,<br />
z. B. Kaufvertrag zwischen Belastetem und Begünstigtem, §§ 433.<br />
Im Beispiel Hölderlinstraße ist die Verfügung durch V dem vormerkungsberechtigten K gegenüber unwirksam, § 883 II 1. Daher hat<br />
K gegen V einen Anspruch auf Abgabe der Eintragungsbewilligung, die ja erforderlich ist, damit das Grundbuchamt den K als den<br />
neuen Eigentümer in das Grundbuch einträgt.<br />
7. Bei gutgläubigem Ersterwerb der Vormerkung: Anspruch des Vormerkungsberechtigten<br />
1. gegen den wirklichen Berechtigten auf Zustimmung, falls Grundbuch inzwischen berichtigt wurde.<br />
Wenn der Widerspruch des wirklich Berechtigten eingetragen wurde<br />
nach der Eintragung der Vormerkung des gutgläubigen Erwerbsgläubigers,<br />
dann ist die Eintragung dieses Widerspruchs insoweit unwirksam, § 883 II analog.<br />
2. Anspruch gegen den Buchberechtigten auf Abgabe der erforderlichen Erklärungen,<br />
8. Vormerkung begründet den wichtigsten Fall der nur „relativen Unwirksamkeit“. Das heißt<br />
1. Die Unwirksamkeit bezieht sich nur auf die Beziehung (= Relation) Vormerkungsberechtigter - Erwerber,<br />
deswegen wird sie als „relativ“ bezeichnet.<br />
2. Dass die Unwirksamkeit nur „relativ” ist, ergibt sich aus den Worten in § 888 I:<br />
der Erwerb sei „gegenüber“ demjenigen, <strong>zu</strong> dessen Gunsten die Vormerkung besteht, unwirksam.<br />
3. Die Unwirksamkeit besteht nicht im Verhältnis <strong>zu</strong> <strong>Dr</strong>itten. Denn im Verhältnis <strong>zu</strong> allen anderen (außer im Verhältnis <strong>zu</strong>m<br />
Vormerkungsberechtigten) ist der Erwerber der Berechtigte. Deswegen ist das Grundbuch nach Eintragung des Erwerbers gegenüber<br />
jedermann (außer gegenüber dem Vormerkungsberechtigten) richtig.<br />
4. Deswegen erhält der Vormerkungsberechtigte keinen Grundbuchberichtigungsanspruch.<br />
9. Verfügungen des (Zwischen-)-Erwerbers vor Geltendmachung der Vormerkung:<br />
Weil das Grundbuch nach Eintragung des Erwerbers richtig ist,<br />
deswegen wirksame Verfügungen des Erwerbers an <strong>Dr</strong>itten,<br />
des <strong>Dr</strong>itten an Vierten etc., auf guten Glauben kommt es insofern nicht an.<br />
Aber der Vormerkungsbegünstigte kann seine Vormerkung wie gegenüber dem ersten Erwerber,<br />
so auch gegenüber dessen Erwerbern geltend machen, § 888 I.<br />
10. Schützt Vormerkung den Vormerkungsbegünstigten<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
auch gegen Vermietung oder Verpachtung mit Besitzeinräumung durch den Vormerkungsbelasteten?<br />
Hotel Heideröschen. V verkauft an K Hotelgrundstück „Heideröschen“, das <strong>zu</strong>r Zeit noch unbewirtschaftet ist. V bewilligt für K Auflassungsvormerkung,<br />
die eingetragen wird. Dann verpachtet V dasselbe Hotel an den Pächter P. Später wird K als neuer Eigentümer<br />
eingetragen. Ist K als neuer Eigentümer gemäß §§ 566, 581 an Pachtvertrag mit P gebunden, oder kann K seine Vormerkung dem P<br />
entgegenhalten? Str.<br />
1. Für den Schutz des Begünstigten K: überwiegende Lehre, also Wirksamkeit der Vormerkung, § 883 II 1 analog.<br />
2. Aber gegen Schutz des Vormerkungsbegünstigten, also <strong>zu</strong> Gunsten des Mieters etc. entscheidend:<br />
Schuldvertrag (Verpachtung V – P) ist keine Verfügung, auch nicht in Verbindung mit Besitzüberlassung; Sozialstaatsprinzip;<br />
Mieter schaut üblicherweise nicht in Grundbuch; Grundstückserwerber erhält Ausgleich in Form Mietzins<br />
und möglicherweise Rechte wegen Rechtsmangels gegen Veräußerer.<br />
11. Wirkung der gutgläubig vom Nichteigentümer erworbenen Auflassungsvormerkung<br />
1. Gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung ist anerkannt.<br />
2. Fraglich, ob der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch noch durchgesetzt werden kann,<br />
wenn der Vormerkungsempfänger vor der Eintragung seines Vollrechts bösgläubig wird.<br />
- Dagegen spricht zwar der Schutz des wirklichen Eigentümers.<br />
- Dafür spricht aber der Sinn von Vormerkung und gutgläubigem Erwerb,<br />
denn andernfalls hätte gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung keine Bedeutung.<br />
§ 892 II entsprechend.<br />
3. Daher auch Anspruch des gutgläubigen Vormerkungsempfängers gegen wirklichen Eigentümer analog § 888 I<br />
(also analog <strong>zu</strong> dem Anspruch gegen vormerkungswidrig eingetragenen Zwischenerwerber),<br />
falls inzwischen der wirkliche Eigentümer entweder infolge Grundbuchberichtigung wieder eingetragen wurde<br />
oder einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs erwirkt hat.<br />
Streitig, ob<br />
- Lediglich formellrechtliche Zustimmung im Hinblick auf §§ 19, 39 GBO („Voreintragung“),<br />
- oder ob Zustimmungserfordernis entsprechend § 185 BGB, weil nicht der Bucheigentümer,<br />
sondern nur der wirkliche Eigentümer der Berechtigte ist?<br />
4. Schillerstraße II. Volker ist <strong>zu</strong> Unrecht als Eigentümer des Grundstücks Schillerstraße eingetragen; der wirkliche, aber nicht<br />
eingetragene Eigentümer ist Ernst. Volker verkauft Grundstück formgerecht an Krause, erklärt Auflassung und bewilligt Vormerkung,<br />
welche eingetragen wird. Krause ist gutgläubig. Dann wird infolge Grundbuchberichtigung wirklicher Eigentümer<br />
Ernst eingetragen. Ernst verkauft an Detlef, Detlef wird als neuer Eigentümer eingetragen. Welche Rechte hat Krause?<br />
12. Sicherungswirkung, Vollwirkung, Rangwirkung der Vormerkung<br />
1. Sicherungswirkung, § 883 II.<br />
2. Vollwirkung, d. h. auch<br />
1. bei Insolvenz, § 106 InsO,<br />
2. in der Zwangsversteigerung (§ 48 ZVG: „...Rechte, die durch Eintragung...einer Vormerkung gesichert sind,<br />
sind wie eingetragene Rechte <strong>zu</strong> berücksichtigen“.),<br />
3. setzt sich gegen beschränkte Erbenhaftung durch, § 884 BGB.<br />
3. Rangwirkung, § 883 III BGB.<br />
13. Vormerkung begründet Anwartschaftsrecht (aber hier<strong>zu</strong> wenige Klausuren).<br />
14. Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Nut<strong>zu</strong>ngen<br />
1. gegen Erwerber. § 987 nicht direkt, denn Vormerkungsberechtigter ist nicht Eigentümer ex tunc. Aber analog., für die Periode<br />
zwischen (Rück-)-Übertragungspflicht und Vollendung der Rückübertragung.<br />
2. Aus § 987 analog zwar kein Anspruch gegen vormerkungsbelasteten Veräußerer, denn dieser war ja <strong>zu</strong>r Zeit seines Eigentums<br />
voll Berechtigter auch gegenüber Vormerkungsberechtigtem und nach Übertragung an Erwerber hatte er weder dingliches<br />
Recht noch Besitz am Grundstück. Aber gegen Eigentümer ab Rechtshängigkeit des Übereignungsanspruchs, § 292 (betrifft<br />
auch Übereignung mit Besitzübertragungspflicht), oder ab Ver<strong>zu</strong>g, §§ 286, 280 ff.<br />
Umgekehrt auch Verwendungsansprüche des Erwerbers gegen Vormerkungsberechtigten, §§ 994 ff. analog.<br />
(BGHZ 75, 288 = NJW 1980, 833; BGHZ 87, 296 = NJW 1983, 2024; Urt. v. 19. 5. 2000; BGHZ 144, 323; NJW 2000, 2899 = JuS<br />
2000, 1119; aber str.).<br />
15. Allgemeine Charakterisierung der Wirkungen der Vormerkung/ teils übereinstimmend, teils anders als Widerspruch<br />
1. Die Vormerkung<br />
1. hat eine Warnfunktion, wie Widerspruch, und<br />
2. ist ein vorläufiges Sicherungsmittel, wie Widerspruch.<br />
2. Die Vormerkung (im Unterschied <strong>zu</strong>m Widerspruch)<br />
1. merkt eine künftige Rechtsänderung im Grundbuch vor.<br />
2. ,,Die Vormerkung prophezeit“ eine künftige Rechtsänderung.<br />
3. Die Vormerkung dient<br />
1. da<strong>zu</strong>, um künftig ein dingliches Recht <strong>zu</strong> bekommen,<br />
2. <strong>zu</strong>r Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs<br />
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28
Grundstücksrecht<br />
3. gegen Verfügung des Berechtigten mit Folge des einfachen Erwerbs.<br />
16. Welche Wirkung hat die Vormerkung nicht?<br />
Um das "Funktionieren" der Vormerkung noch besser <strong>zu</strong> verstehen,<br />
fragen wir: Welche Wirkungen hat Vormerkung nicht?<br />
1. Betreffend den Vormerkungsbelasteten<br />
bewirkt die Vormerkung nicht,<br />
- dass dieser allein durch die Vormerkung irgendwie sein Recht verlöre,<br />
- oder dass er sein Recht nicht mehr veräußern oder belasten könnte.<br />
2. Betreffend den vormerkungs-widrigen „Erwerber“<br />
- verhindert die Vormerkung nicht, dass der neue Erwerber im Grundbuch eingetragen wird.<br />
Eine Vormerkung bewirkt keine Grundbuchsperre.<br />
- Vor allem verhindert Vormerkung nicht den Eigentumserwerb eines anderen.<br />
- Das Grundbuch wird im eigentlichen Sinne nicht unrichtig,<br />
deswegen hat Vormerkungsberechtigter keinen Berichtigungsanspruch.<br />
3. Zu Gunsten des Vormerkungsberechtigten bewirkt die Vormerkung nicht,<br />
- dass Berechtigter durch die Eintragung der Vormerkung bereits Inhaber des vorgemerkten Rechts würde,<br />
- oder dass der Vormerkungsberechtigte irgendwann später<br />
gewissermaßen von Gesetzes wegen ("automatisch") Inhaber des vorgemerkten Rechts werde.<br />
- Übrigens hat Vormerkung auch keine Heilungswirkung i. S. § 311 b I 2.<br />
17. Prüfungsfolge = Gutachtenaufbau<br />
Angenommen: E hat <strong>zu</strong>erst an K1 Grundstück verkauft und Vormerkung bewilligt, und sodann an K2 Grundstück verkauft und wirksam<br />
übertragen.<br />
Gefragt ist nach den Rechten des K1.<br />
Vorschlag <strong>zu</strong>r Prüfung der Ansprüche des Vormerkungsberechtigten K1, §§ 883 bis 888:<br />
"K1 wird Eigentümer des von E gekauften Grundstücks, obwohl K2 das Grundstück erworben hat (da<strong>zu</strong> 1.), wenn K1 von K2 die<br />
Abgabe der erforderlichen Erklärungen verlangen kann, damit K1 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden kann (da<strong>zu</strong><br />
2.), und wenn K1 auch von E die Abgabe der für den Eigentumserwerb erforderlichen Erklärungen verlangen kann (da<strong>zu</strong> 3.).<br />
(1) Infolge von Auflassung zwischen E und K2 sowie Eintragung des K2 hat K2 das Grundstück erworben, §§ 925, 873.<br />
(2) K1 kann von K2 die Abgabe der erforderlichen Erklärungen verlangen, wenn K1 wirksam eine Auflassungsvormerkung erlangt<br />
hat, §§ 883, 885, und wenn der Erwerb des K2 den Anspruch des K1 vereitelt. Bewilligung des E liegt vor. Die Vormerkung<br />
wurde für K1 eingetragen. E war als Grundstückseigentümer <strong>zu</strong>r Bewilligung der Vormerkung berechtigt. Der Anspruch<br />
des K1 auf Grund Kaufvertrages ist vormerkungsfähig. Also hat K1 wirksam die Vormerkung erlangt. K1 kann nicht das Eigentum<br />
an dem Grundstück erlangen, solange der K2 als Eigentümer eingetragen ist, also vereitelt der Erwerb des K2 die<br />
Verwirklichung des Anspruchs des K1. Demnach kann K1 auf Grund seiner Vormerkung von K2 Abgabe der für die Eintragung<br />
des K1 erforderlichen Erklärungen verlangen.<br />
(3) Infolge des Kaufvertrages muss E dem K1 gegenüber die für den Eigentumserwerb erforderlichen Erklärungen abgeben (soweit<br />
nicht schon geschehen), nämlich die Auflassungserklärung und die Eintragungsbewilligung".<br />
18. Rechtsprechung<br />
Auflassungsvormerkung und Belastungsvollmacht (BGH Beschl. v. 25. 3. 1999, NJW 1999, 2275 = JuS 1999, 1232)<br />
Gesicherter Anspruch befristet auf Tod des jetzigen Grundstücksübernehmers (BGH NJW 2002, 2874)<br />
Rangverhältnis mehrerer Vormerkungen (<strong>Dr</strong>esden NJW-RR 1999, 1177)<br />
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis entspr. (BGH NJW 2000, 2899).<br />
19. Literatur<br />
Hager, Die Vormerkung, JuS 1990, S.429; Knöpfle, Die Vormerkung, JuS 1981, S.157; Schwerdtner, Die Auflassungsvormerkung,<br />
JURA 1985, S.316.<br />
20. Tochter Tina. Der verwitwete V übereignete 1982 seiner Tochter Tina mittels notariellen Vertrages sein Hausgrundstück und bewilligte<br />
und beantragte die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Nach diesem Vertrage durfte die T das Grundstück <strong>zu</strong><br />
Lebzeiten des V ohne seine Zustimmung nicht an einen anderen veräußern. V behielt sich das Recht vor, Rückübereignung verlangen<br />
<strong>zu</strong> können, wenn die T einen Vertrag abschließt, der sie <strong>zu</strong>r Übereignung des Grundstücks verpflichtet. V ließ auch eine entsprechende<br />
Vormerkung <strong>zu</strong>r Sicherung seines Rückübereignungsanspruch eintragen.<br />
Trotzdem verschenkte und übereignete die T 1989 das Grundstück an ihren Sohn S. S wurde als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen.<br />
V verweigert die Zustimmung. Aus dem Haus zog S Mieterträge in Höhe von 100 000,- DM.<br />
a) Hat V eine Möglichkeit, den Verkauf oder die Übereignungen irgendwie rückgängig <strong>zu</strong> machen?<br />
b) Kann V von T und S oder einem von ihnen Herausgabe der Mieterträge verlangen?<br />
(BGH Beschl. v. 5. bzw. l4. 12. 1996, WM 1997, 535 = NJW 1997, 861 = JuS 1997, 564, da<strong>zu</strong> Stadler, Jura 1998, 189; Beschl. v. 13.<br />
6. 2002, BGHZ 151, 116 = NJW 2002, 2461 = JURA-Telegramm 2003, 162; Urt. v. 19. 5. 2000; NJW 2000, 2899 = JuS 2000, 1119;<br />
BayObLG NJW-RR 2002, 1594).<br />
22. August 2011<br />
29
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Kapitel 11. Übergang der Vormerkung<br />
Kann ein Vormerkungsberechtigter die <strong>zu</strong> seinen Gunsten eingetragene Vormerkung auf einen anderen übergehen lassen?<br />
1. Eigentümer E hat an A sein Grundstück verkauft, aufgelassen und Vormerkung bewilligt. Eintragung ist noch nicht erfolgt.<br />
A hatte das Grundstück für 600 000,- Euro gekauft. A will es jetzt für 750 000,- Euro an B weiterverkaufen, B ist damit einversta<br />
den, will aber durch eine entsprechende Vormerkung gesichert werden.<br />
- Kann A an B die Vormerkung, die E für den A hat eintragen lassen, übertragen?<br />
- Würde B auf Grund der Vormerkung, die A auf ihn übertragen hat, sein Recht gegenüber Z durchsetzen,<br />
wenn E zwischenzeitlich für den Z Auflassung und Eintragung bewirkt hat?<br />
2. ,,Übertragung“ der ,,Vormerkung“<br />
1. § 401 I analog, mit Übertragung des gesicherten Rechts,<br />
insbesondere Abtretung, § 398, z. B. des Übereignungsanspruchs K gegen V,<br />
Übergang der Vormerkung als Sicherung, ohne besonderes weiteres Rechtsgeschäft,<br />
2. im allgemeinen formlos, vgl. § 125, und ohne Eintragung.<br />
3. Erwerber des gesicherten Rechts nebst Vormerkung kann seine Eintragung<br />
als Vormerkungsberechtigter im Wege der Grundbuchberichtigung herbeiführen (BayObLG NJW-RR 1999, 310),<br />
§ 894, aber erforderlich ist das nicht für Wirksamkeit des Übergangs der Vormerkung.<br />
3. Rechtlich unwirksam wäre die isolierte Übertragung der Vormerkung allein, ohne die <strong>zu</strong> sichernde Forderung.<br />
4. Gutgläubiger Zweit-erwerb der Vormerkung,<br />
d. h. Erwerb der eingetragenen, aber trotzdem unwirksamen Vormerkung<br />
von dem scheinbar Vormerkungsberechtigten? Zwei Fälle <strong>zu</strong> unterscheiden:<br />
1. Unwirksamkeit der Forderung oder<br />
2. Unwirksamkeit der Vormerkungsbewilligung.<br />
5. Kein gutgläubiger Zweiterwerb der unwirksamen Vormerkung,<br />
bei Unwirksamkeit der Forderung,<br />
dann ist infolge Akzessorietätsprinzip<br />
auch gutgläubiger Erwerb der Vormerkung ausgeschlossen (unstr.).<br />
D. h. Vormerkung wird nur akzessorisch <strong>zu</strong> Forderung übertragen, §§ 398, 401; wenn<br />
keine Forderung, dann auch keine Übertragung, kein gutgläubiger Erwerb einer Forderung.<br />
Nie gutgläubiger Erwerb der Vormerkung bei Fehlen eines <strong>zu</strong> sichernden Anspruchs;<br />
Ausnahme § 405, wirkt gemäß § 401 auch für Vormerkung.<br />
Raabestraße III. A hat an B ein Hausgrundstück an der Raabestraße verkauft, vereinbart wurde ein Kaufpreis von 2 Mio. Euro, beurkundet<br />
wurde ein Preis von nur 1,4 Mio. Euro. A bewilligte dem B die Eintragung einer Vormerkung, diese wurde eingetragen. Danach<br />
übertrug B seinen angeblichen Anspruch auf Erwerb des Hausgrundstücks und die diesbezügliche Vormerkung auf C. C glaubt<br />
an die Wirksamkeit des Kaufvertrages A - B, der Vormerkung und der Vereinbarung B - C. – Keine Rechte des C auf Grund Vormerkung.<br />
6. Aber gutgläubiger Zweiterwerb der unwirksamen Vormerkung<br />
wenn Anspruch besteht, §§ 892 f. analog (BGH, str.).<br />
1. Z. B. nach Unwirksamkeit der Vormerkungsbestellung wegen Bewilligung der Vormerkung durch Nichtberechtigten <strong>zu</strong><br />
Gunsten eines bösgläubigen Erwerbers, oder wegen gänzlichen Fehlens der materiellrechtlich erforderlichen Bewilligung des<br />
Berechtigten.<br />
2. Keine direkte Anwendung §§ 892 f., weil Vormerkung kein dingliches „Recht“ ist (unstr.).<br />
3. Bedenken gegen Analogie <strong>zu</strong> §§ 892 f.:<br />
- kein Erwerb des Zweiterwerbers kraft „Rechtsgeschäfts“, sondern infolge § 401 kraft Gesetzes,<br />
- kein Erwerb in Form des Liegenschaftsrechts,<br />
- kein Bedarf gutgläubigen Erwerbs.<br />
4. Aber für Analogie:<br />
- Vertrauen auf Grundbucheintragung,<br />
- rechtsgeschäftlicher Rechtsübergang gemäß § 398,<br />
- § 893 auch für Rechtsgeschäfte außerhalb Grundbuchs, z. B. Kündigung einer Hypothek.<br />
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30
- Bedarf wegen Kettenveräußerung.<br />
Grundstücksrecht<br />
7. Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau<br />
Gutgläubiger Zweiterwerb der unwirksamen Vormerkung für bestehenden Anspruch<br />
Alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen für Zweiterwerb einer Vormerkung gemäß §§ 398, 401,nämlich<br />
1. Abtretung, § 398, z. B. des Übereignungsanspruchs K gegen V<br />
vom angeblichen Vormerkungsbegünstigten<br />
an den Zessionar als Vormerkungsempfänger.<br />
2. Existenz des ab<strong>zu</strong>tretenden und angeblich gesicherten Anspruchs,<br />
sorgfältig <strong>zu</strong> prüfen!<br />
3. Aber Berechtigung des abtretenden<br />
als angeblichem Vormerkungsbegünstigten fehlt,<br />
4. Jedoch ist Abtretender als Vormerkungsbegünstigter im Grundbuch<br />
eingetragen, §§ 892 f.<br />
5. Dem Zessionar als Vormerkungsempfänger<br />
ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt,<br />
und zwar im richtigen Zeitpunkt.<br />
6. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Vormerkung<br />
oder eine Berichtigung des Grundbuchs<br />
ist nicht oder nicht rechtzeitig eingetragen.<br />
In diesem Fall auch Widerspruch gegen die Vormerkung <strong>zu</strong>lässig, § 899<br />
(wirksam, solange der bösgläubige Vormerkungsberechtigte nicht weiterübertragen hat).<br />
8. Entenweiher. A ist der wirkliche Eigentümer des Grundstücks Entenweiher. Eingetragen als Eigentümers ist der Buchberechtigte B. B<br />
verkauft das Grundstück an den bösgläubigen C und bewilligt für den C Auflassungsvormerkung, dies am 1.Juli e wird eingetragen.<br />
Am 2. August verkauft und überträgt C seinen Anspruch gegen B an D, D hält den B für den Eigentümer. Am 3. September wird für<br />
den A ein Widerspruch gegen das Eigentum des B eingetragen. D wird als Grundstückseigentümer eingetragen. Aber A verlangt von<br />
D Zustimmung <strong>zu</strong>r Grundbuchberichtigung und Herausgabe des Grundstücks Entenweiher.<br />
Kapitel 12. Übertragung der Rechtsstellung des künftigen Erwerbers<br />
In der Praxis trat das Bedürfnis auf, dass der Grundstückskäufer seine wirtschaftliche und rechtliche Position weiter überträgt, schon bevor<br />
die Übereignung des Grundstücks an ihn vollendet ist. Die Gründe für dieses Bedürfnis sind die bekannten: Kreditbedarf, Zeitersparnis, Kostenminimierung.<br />
Die Juristen eilten, dieses Bedürfnis auf verschiedene Weise <strong>zu</strong> befriedigen. Problem und Lösung könnten sich für eine anwaltsorientierte<br />
Klausur anbieten:<br />
1. Möglichkeit. Auflassungsermächtigung durch den Veräußerer<br />
1. Unstr. kann Eigentümer = Veräußerer den (Erst-)Erwerber ermächtigen,<br />
dass (Erst-)-Erwerber<br />
im eigenen Namen Grundstück des Veräußerers<br />
an Zweiterwerber weiterveräußern kann, § 185, §§ 925, 873;<br />
formlos wirksam, § 182 II, falls nicht unwiderruflich; aber Beglaubigung wegen § 29 GBO.<br />
2. Im allgemeinen liegt in Auflassung (§§ 873, 925) von bisherigem Eigentümer = Veräußerer an Ersterwerber<br />
stillschweigend diese Zustimmung.<br />
3. Praktisch wichtig: nicht erforderlich, dass <strong>zu</strong>erst (Erst-)Erwerber im Grundbuch eingetragen wird,<br />
damit dann später Zweiterwerber eingetragen wird.<br />
4. Sogenannte Kettenauflassung, z. B. Erwerber kauft großes Grundstück, parzelliert es und verkauft Parzellen weiter.<br />
5. Diese Verfügungsermächtigung nach § 185 ist weiter übertragbar von Zweiterwerber auf <strong>Dr</strong>itterwerber etc.<br />
6. Wenn § 185, ist Konstruktion über Anwartschaftsrecht entbehrlich;<br />
gerade dann von Bedeutung, wenn Erwerber noch kein Anwartschaftsrecht hat.<br />
7. Nachteil: Erst-Veräußerer kann diese Ermächtigung widerrufen (auch wenn er es nicht dürfte), § 183,<br />
so dass Verfügung an <strong>Dr</strong>itterwerber unwirksam ist.<br />
8. Entscheidungen: Auflassungsermächtigung betr. Anteile an Grundstücksgesellschaft (BGH Urt.v. 22.11. 1996, WM 1997, 480);<br />
Ausschluss der Auflassungsermächtigung (BGH Urt.v. 22.11. 1996, WM 1997, 480).<br />
22. August 2011<br />
31
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. Möglichkeit. Übertragung des Auflassungsanspruchs aus Kaufvertrag,<br />
§ 398, zweifelsohne formfrei.<br />
Nachteil für Zweiterwerber: rein obligatorische Vorgänge,<br />
keinerlei grundbuchliche Sicherung oder Publizität.<br />
Auflassung <strong>zu</strong>r Darlehenssicherung. Die A ist Eigentümerin eines Grundstücks. In einem notariellen Vertrag von 1982 gewährte die Bank B<br />
der A ein Darlehen von 3,9 Mio. DM. In derselben Urkunde räumte A der B ein Ankaufsrecht für die Dauer von 26 Monaten ab Auszahlung<br />
des Darlehens bezüglich dieses Grundstücks ein. Das Ankaufsrecht berechtigte die B, den Abschluss eines Kaufvertrages <strong>zu</strong> 3,9 Mio. DM<br />
sowie die Übereignung des Grundstücks <strong>zu</strong> verlangen, falls das Darlehen länger als zwei Monate nach dem Rückzahlungstermin noch nicht<br />
vollständig <strong>zu</strong>rückgezahlt und A von B gemahnt worden war. In derselben Urkunde bewilligte die A der B die Eintragung einer Vormerkung<br />
<strong>zu</strong>r Sicherung des sich aus dem Ankaufsrecht ergebenden Übereignungsanspruchs. Zum Schluss heißt es in der Urkunde: „Weitere Abreden<br />
wurden nicht getroffen“. Die Vormerkung wurde eingetragen. Das Darlehen wurde 1982 ausgezahlt.<br />
1983 trat die B den Anspruch auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages mit der A und den künftigen Übereignungsanspruch auf Grund<br />
dieses Grundstückskaufvertrages an die C ab und bewilligte die Eintragung der Abtretung bei der Auflassungsvormerkung im Grundbuch im<br />
Wege der Grundbuchberichtigung. (Nach: BGH JuS 2002, 1594; BayObLG NJW-RR 1997, 590; und 1999, 309; sowie 2002, 1594).<br />
3. Möglichkeit. Sogenannte „Übertragung der Auflassungsvormerkung“<br />
1. D. h. genauer:<br />
als akzessorisches Recht folgt Vormerkung analog § 401<br />
der Abtretung der Forderung auf Grundstücksübereignung<br />
aus dem Kaufvertrag, § 398.<br />
Sowohl der entsprechende Verpflichtungsvertrag als auch die Abtretung<br />
sind formfrei.<br />
2. Aber möglich Ausschluss der Abtretbarkeit der Vormerkung (BayObLG NJW-RR 1999, 310).<br />
3. Nach verbreiteter Ansicht begründet auch Vormerkung ein Anwartschaftsrecht.<br />
4. Möglichkeit. Übertragung der Auflassungs-Anwartschaft<br />
Bereits die Auflassung (§§ 873, 925) allein (ohne Eintragungsantrag an das Grundbuchamt<br />
oder Eintragung in das Grundbuch) begründet für den Auflassungsempfänger (den Ersterwerber)<br />
eine in gewissem Maße gesicherte Rechtsstellung. Diese kann man als Anwartschaft<br />
(nicht etwa: Anwartschaftsrecht) bezeichnen und in der Form des § 925, ohne Eintragung,<br />
übertragen.<br />
5. Möglichkeit. Übertragung des Auflassungsanwartschaftsrechts<br />
1. Der Ausgangssatz könnte lauten: „Der Zweiterwerber kann das Auflassungsanwartschaftsrecht erwerben, wenn der Ersterwerber ein<br />
solches hatte und auf den Zweiterwerber übertragen kann“.<br />
2. Anwartschaftsrecht – eine einhellig anerkannte Definition fehlt. Ein Anwartschaftsrecht<br />
wird angenommen, wenn von einem mehraktigen Entstehungs- oder Übertragungstatbestand<br />
eines Rechts so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition<br />
des Erwerbers nicht mehr durch einseitige Erklärung zerstören kann;<br />
... wenn der Erwerb des Vollrechts nur noch vom Erwerber abhängt.<br />
3. Eine solche Rechtsposition hat Ersterwerber<br />
1. Auf jeden Fall erforderlich: notarielle Auflassung, §§ 873 I und II, 925.<br />
Denn in diesem Fall:<br />
1. Wirksambleiben der Willenserklärungen<br />
nach Tod oder Geschäftsunfähigkeit, § 130 II.<br />
2. V kann die Auflassungserklärung nicht mehr widerrufen<br />
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Grundstücksrecht<br />
unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 873 II.<br />
2. Da<strong>zu</strong> außerdem erforderlich<br />
Erfolgter Eintragungsantrag durch Ersterwerber K. Denn in diesem Fall:<br />
1. (Spätere) Verfügungsbeschränkungen des V sind unerheblich,<br />
wichtigster Fall: Insolvenz, § 106 InsO,<br />
unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 873 II + Eintragungsantrag, § 878.<br />
2. V kann den Eintragungsantrag nicht mehr <strong>zu</strong>rücknehmen,<br />
wenn Erwerber diesen gestellt hat, arg. §§ 13, 31 GBO.<br />
3. V kann zwar wirksam Antrag <strong>zu</strong>r Eintragung eines <strong>Dr</strong>itten stellen,<br />
aber das Grundbuchamt soll diesen<br />
nicht vor Erledigung eines früher gestellten erledigen, §§ 17, 45 GBO.<br />
4. Nachträglicher böser Glaube des Erwerbers schadet nicht, § 892 II.<br />
4. Grundsätzlich Schutz des Auflassungsanwartschaftsrechts als absolutes Recht<br />
vergleichbar dem Eigentum gemäß §§ 985, 1004, 823 I.<br />
5. Übertragbarkeit des Auflassungsanwartschaftsrechts<br />
des künftigen (Erst-)-Erwerbers auf einen Zweiten<br />
1. durch Auflassung, aber ohne Eintragung, §§ 925, 873,<br />
2. Str. ob außerdem <strong>zu</strong>sätzlich erforderlich Antrag auf Eintragung des Zweiterwerbers<br />
als neuer Grundstückseigentümer.<br />
3. Nicht erforderlich sind für den Erwerb des Anwartschaftsrechts durch den Zweiterwerber<br />
1. Eintragung<br />
1. des Ersterwerbers oder<br />
2. des Zweiterwerbers,<br />
2. Zustimmung des Veräußerers = (Noch-)-Eigentümers.<br />
4. Zweiterwerber kann gemäß § 20 GBO unter Vorlage<br />
1. der Auflassung des Veräußerers an Ersterwerber und<br />
2. der Auflassung des Anwartschaftsrechts<br />
von Ersterwerber an Zweiterwerber<br />
beim Grundbuchamt direkt seine Eintragung als neuer Eigentümer beantragen, § 13 GBO.<br />
6. Folge: Direkterwerb des Zweiterwerbers vom Erst-Veräußerer,<br />
ohne Zwischenerwerb des Ersterwerbers.<br />
7. Schuldrechtlicher Verpflichtungsvertrag <strong>zu</strong>r Übertragung des Anwartschaftsrechts zwischen Ersterwerber<br />
und Zweiterwerber ist formbedürftig, § 311 b I.<br />
3. TEIL. BESTELLUNG DER HYPOTHEK<br />
Hypotheken und Grundschulden, die wichtigsten Grundpfandrechte, spielen als Realkredite in der wirtschaftlichen und deswegen auch in der<br />
juristischen Praxis eine große Rolle und sind darum wiederholt Gegenstand von Klausuren. In großem Umfang kann auf das bisher Wiederholte<br />
verwiesen werden. Sie werden gleich sehen, dass für die Bestellung einer Hypothek weitgehend die bisher erarbeiteten Regeln gelten.<br />
Kapitel 1. Grundlagen<br />
1. Ausgangsfall Kiefernwald: „Eigentümer Ewald hat bei der Bank B ein Darlehen über 50 000,- Euro aufgenommen. Zur Sicherung des<br />
Rückzahlungsanspruchs der Bank B hat E an seinem Grundstück, dem Kiefernwald, <strong>zu</strong> Gunsten der B eine Hypothek bestellt. E zahlt<br />
seine Schuld nicht <strong>zu</strong>rück. B fragt nach ihren Rechten.“<br />
22. August 2011<br />
33
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Der Ausgangssatz könnte lauten: „B kann gegen E einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens gemäß § 488 I 2 Halbs. 2 (Klausurhinweis:<br />
meistens empfiehlt sich als erste die Prüfung des Darlehens) und einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung<br />
in das Grundstück des E nach § 1147 haben.<br />
Wirksamkeit des Darlehens, Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs...<br />
Wirksamkeit der Hypothek: Zu prüfen ist, ob die Hypothek wirksam für B bestellt worden ist und nach wie vor der B <strong>zu</strong>steht. B hat<br />
die Hypothek erworben, wenn sich E und B über die Bestellung der Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten der B einig waren, die Hypothek für die B<br />
im Grundbuch eingetragen wurde, E Eigentümer des Grundstücks war und wenn E der B den Hypothekenbrief ausgehändigt oder<br />
wenn er ihr eine Buchhypothek bestellt hat und wenn schließlich die B dem E das Darlehen ausgezahlt hat....“<br />
2. Legaldefinition der Hypothek, § 1113 I.<br />
3. Verständnisproblem<br />
Die Hauptschwierigkeit für das Verständnis der Hypothek besteht darin,<br />
dass nach der allgemeinen Auffassung im Wirtschaftsleben die Hypothek (als Recht an einem Grundstück) das Wesentliche ist,<br />
während nach der Konstruktion des BGB die Hypothek lediglich ein Sicherungsrecht an einem Grundstück ist,<br />
um eine bestimmte Forderung des Gläubigers <strong>zu</strong> sichern.<br />
Das BGB liefert nun bestimmte Regeln, um dieses Sicherungsrecht, die Hypothek,<br />
<strong>zu</strong> begründen, <strong>zu</strong> übertragen und <strong>zu</strong> verwirklichen<br />
(ähnlich wie das BGB bestimmte Regeln für die anderen Sicherungsrechte, nämlich Bürgschaft und Pfandrecht, aufgestellt hat).<br />
4. „Grundpfandrechte“<br />
Hypotheken und Grundschulden, da<strong>zu</strong> die seltenen Rentenschulden<br />
werden als „Grundpfandrechte“ <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />
5. Verschiedene Arten von Hypotheken und Grundschulden,<br />
je nach den Unterscheidungskriterien, die man als Akzessorietät, Brief und Berechtigung bezeichnen könnte.<br />
1. Grad der Abhängigkeit der Hypothek von der gesicherten Forderung, Frage der Akzessorietät:<br />
Sicherungs-hypothek (Vorsicht: Sicherungs-Grundschuld ist etwas ganz anderes) / Verkehrs-Hypothek / Grundschuld<br />
2. Ausstellung oder Ausschluss des Hypotheken- bzw. Grundschuldbriefes:<br />
Brief-Hypothek und Brief–Grundschuld / Buch-Hypothek und Buch–Grundschuld<br />
3. Berechtigung aus der Hypothek bzw. Grundschuld für einen <strong>Dr</strong>itten (als Gläubiger), so der Normalfall<br />
oder ausnahmsweise für den Grundstückseigentümr selbst:<br />
Fremd-Hypothek und Fremd-Grundschuld./ Eigentümer-Hypothek und Eigentümer–Grundschuld /<br />
6. Wichtige Bestimmungen<br />
Es kommt immer wieder auf die folgenden, sehr wichtigen Bestimmungen an.<br />
Wenn Sie diese Bestimmungen behalten können, dürfen Sie sich in diesem Bereich ziemlich sicher fühlen.<br />
- § 1113: Legaldefinition,<br />
Beginn der Bestimmungen <strong>zu</strong>r Hypothek und Grundschuld<br />
- § 1147: Anspruchsnorm<br />
- § 873: Einigsein, Eintragung und Berechtigung<br />
- §§ 1163, 1177: Fehlen der Forderung - Eigentümerhypothek - Eigentümergrundschuld<br />
- §§ 873 I, 1157, 1163 und 1177, 1137 I: Einwendungen und Einreden<br />
- § 892 und §§ 1140, 1157 und §§ 1138; 1155: guter Glaube<br />
- § 1154: Abtretung<br />
- § 1120: Mithaftende Gegenstände<br />
- § 1191: Grundschuld.<br />
7. Beteiligte<br />
1. Hypothekengläubiger und Gläubiger der gesicherten persönlichen Forderung, soll immer identisch sein,<br />
das ist der Hypothekar (G).<br />
2. Eigentümer des belasteten Grundstücks (E).<br />
3. Persönlicher Schuldner (S), Eigentümer und Schuldner können identisch sein,<br />
können aber auch verschiedene Personen sein.<br />
8. 2 Anspruchsnormen besonders häufig:<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
34
Grundstücksrecht<br />
1. auf Grund Hypothek § 1147, Lesen!<br />
Nämlich Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück.<br />
Daher gelten Hypothek und Grundschuld als dingliche Verwertungsrechte (so wie Pfandrecht).<br />
2. Daneben der persönliche Anspruch z. B.<br />
1. auf Darlehensrückzahlung, § 488 I 2, oder<br />
2. auf Kaufpreiszahlung, § 433 II Halbs.1.<br />
9. Dinglicher und persönlicher Anspruch kommen nebeneinander in Betracht,<br />
1. sei es gegen denselben Beklagten, sei es gegen verschiedene.<br />
2. Die Prüfung dieser beiden Ansprüche können <strong>zu</strong> unterschiedlichen Ergebnissen führen, z. B.<br />
Bejahung des dinglichen Anspruchs, § 1147, aber Ablehnung der persönlichen Forderung.<br />
10. Prüfungsfolge = Gutachtenaufbau = Klausurhinweise für § 1147.<br />
Da<strong>zu</strong> muss man meistens chronologisch prüfen:<br />
1. Bestellung der Hypothek<br />
1. Hat damaliger Grundstückseigentümer<br />
wirksam Hypothek oder Grundschuld für einen Gläubiger bestellt?<br />
2. Wenn nicht: Hat dann der Erstgläubiger gutgläubig Hypothek oder Grundschuld vom Nichtberechtigten erworben?<br />
3. Wenn nicht: Hat vielleicht Zweitgläubiger gutgläubig vom nichtberechtigten Erstgläubiger erworben?<br />
2. Fortbestand der Hypothek - Ist Hypothek inzwischen<br />
1. erloschen (selten) oder<br />
2. auf einen anderen Hypothekengläubiger (= Hypothekar) übergegangen?<br />
3. Übertragung der Hypothek - Hat der jetzige angebliche Gläubiger die Hypothek<br />
1. durch Erwerb vom Berechtigten<br />
2. oder gutgläubig vom Nichtberechtigten erworben?<br />
4. Einreden<br />
1. Hat Eigentümer Einreden gegen die Hypothek oder Grundschuld?<br />
2. Hat der neue Gläubiger die Hypothek gutgläubig einrede-frei erworben?<br />
Selbstverständlich nur auf diejenigen Punkte näher eingehen, die im konkreten Fall Anlass <strong>zu</strong> Zweifeln geben.<br />
11. Wenn sich E wegen der Hypothek in einer vollstreckbaren Urkunde<br />
der sofortigen Zwangsvollstreckung wegen der Hypothek unterworfen hat, § 794 I Nr. 5 ZPO,<br />
dann kann G ohne weiteres auf Grund dieser Urkunde die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben.<br />
E kann diese Urkunde sogar mit Wirkung gegenüber späteren Eigentümern desselben Grundstücks errichten, § 800 ZPO.<br />
12. Grundsätzlich fünf Vorausset<strong>zu</strong>ngen für Bestellung der Hypothek <strong>zu</strong> prüfen:<br />
Zuerst wie bei Übereignung, § 873<br />
1. Einigsein, § 873<br />
2. Eintragung, § 873<br />
3. Berechtigung, § 873,<br />
Da<strong>zu</strong> zwei wichtige Besonderheiten<br />
4. Brief-<br />
1. entweder Übergabe, oder<br />
2. Ausschluss des Briefes, §§ 1116 f., und<br />
5. Forderung, § 1113 (nicht bei Grundschuld, §§ 1191 f.).<br />
13. Schulfall: Reiff und Arnold, Jura 1999, 474.<br />
14. Budenbender, Grundsätze des Hypothekenrechts, JuS 1996, 665; Reischl, Grundfälle, JuS 1998, 125, 220, 318, 414, 516, 614.<br />
Kapitel 2. Bestellung der Hypothek: Einigsein, § 873<br />
1. Im Wesentlichen wie bei der Auflassung (§ 873, aber ohne § 925).<br />
Kein materiellrechtliches Formerfordernis. Aber § 29 GBO.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. Unwirksamkeits- und Nichtigkeitsgründe insbesondere auf Grund des Allgemeinen Teils, dieselben Gründe,<br />
die auch die Übereignung verhindert hätten. Wuchereinwand erfasst auch die dingliche Sicherung.<br />
Sorgfältig unterscheiden, ob Unwirksamkeitsgründe das Einigsein hinsichtlich der Hypothek<br />
(oder hinsichtlich der Forderung) betreffen.<br />
3. Keine Bestellung eines Grundpfandes ohne wirksame Mitwirkung des Begünstigten,<br />
kein dinglicher Vertrag <strong>zu</strong> Gunsten <strong>Dr</strong>itter (str.).<br />
Verkäuferkind. V verkauft Grundstück an K. Einen Teil des Kaufpreises soll K in der üblichen Weise an V zahlen, einen Teil an ein<br />
Kind des V. Zur Sicherung dieses Anspruchs des Kindes wurde eine Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten des Kindes vereinbart, ohne dass das Kind<br />
an dem Vertragsabschluß beteiligt war. Im übrigen wurden Schuldvertrag, Grundstücksübereignung und Hypothekenbestellung ordnungsgemäß<br />
vereinbart, die Grundsbucheintragungen sind erfolgt.<br />
1. Ist das Verkäuferkind Inhaberin der Hypothek geworden? BGH verneint.<br />
Lehre bejaht mit verschiedenen Konstruktionen und Differenzierungen, z. B.<br />
- Zuerst Eintragung, dann später Einigung Kind mit Käufer.<br />
- Oder: Handeln des V als vollmachtloser Vertreter des Kindes, das später genehmigt.<br />
2. Ist wenigstens eine Eigentümergrundschuld entstanden, analog §§ 1163, 1177 ?<br />
Überwiegende Meinung verneint.<br />
4. Bei oder nach der Bestellung der Hypothek können der Eigentümer und der Gläubiger<br />
weitere Abreden treffen,<br />
z. B. Abrede zwischen E und G, dass die Hypothek nur nach bestimmter Mahnung, oder erst bei Nichtzahlung des persönlichen<br />
Schuldners, oder erst nach Verwertung bestimmter anderer Sicherheiten geltend gemacht werden kann.<br />
1. Wirksam auch ohne Eintragung, vgl. § 1157 I 1.<br />
2. Wirken als Einreden des E gegenüber G.<br />
Wichtig, die Einreden gegen die Hypothek <strong>zu</strong> unterscheiden von Einreden gegen die persönliche Forderung.<br />
5. Wirkung der Einreden des E gegen die Hypothek als solche:<br />
E kann die Duldung der Zwangsvollstreckung (vorübergehend) verweigern, vgl. § 1157.<br />
6. Konsequenzen eines Fehlers bei der Einigung<br />
1. Einwendung des Eigentümers,<br />
im Wesentlichen dieselben Konsequenzen wie bei fehlender oder fehlerhafter Auflassung.<br />
Trotz Eintragung ist Hypothek nicht entstanden, Berichtigungsanspruch und Widerspruch.<br />
2. Keine Eigentümergrundschuld (str.),<br />
gegen Eigentümergrundschuld: arg.e contrario (nicht: Analogie) § 1163,<br />
erheblich schwererer Fehler als bei Fehlen von Forderung oder von Brief,<br />
Rechtsklarheit.<br />
3. Ein-reden hingegen<br />
beeinträchtigen zwar nicht die Wirksamkeit der Hypothek,<br />
können aber vom Eigentümer dem Gläubiger entgegengesetzt werden.<br />
7. Rechtsprechung<br />
Grenzen der Schutzwirkung des § 878 (BGH Urt.v. 17. 6. 1997, BGHZ 136, 87 = WM 1997, 1745); überraschende Klausel für alle<br />
bestehenden und künftigen Ansprüche ( BGH WM 1997, 1324; BGH Urt. v. 24. 6. 1997, WM 1997, 1615; Hamm, Urt. v. 17. 12.<br />
1998, WM 1999, 2005).<br />
Eintragungsverfahren nach der GBO.<br />
Kapitel 3. Eintragung, § 873<br />
Kapitel 4. Berechtigung, § 873, oder gutgläubiger Erwerb, § 892<br />
1. Bestellung durch Eigentümer als den Berechtigten.<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. Dieselben Unwirksamkeitsgründe auf Grund Allgemeinen Teils, Personen- und Familienrechts etc.<br />
wie bei der Auflassung. Z. B. § 1365, wenn Verkehrswert des Grundstücks nahe<strong>zu</strong> ausgeschöpft wird.<br />
3. Schulfall Kohlenhandlung I. S nahm für den Betrieb seiner Kohlenhandlung persönlich bei G einen Kredit über 240 000,- Euro auf;<br />
der Kredit wurde ihm ordnungsgemäß ausgezahlt. Zur Sicherung hatte der V in Vertretung des E für G eine Hypothek am Grundstück<br />
des E bestellt. Einigung mittels Stellvertretung des V für E, Eintragung im Grundbuch des Grundstücks des E und Briefübergabe von<br />
V als Vertreter des E an G sind erfolgt. Nun stellt sich heraus, dass V keine Vertretungsmacht hatte, für E <strong>zu</strong> handeln, E lehnt eine<br />
Genehmigung ab, § 177.<br />
Ist die Hypothek wirksam begründet worden? Nein, § 873 I.<br />
Rechtshindernde Einwendung des E gegen den Bestand der Hypothek.<br />
Kein Schutz des guten Glaubens des G an Vertretungsmacht des V.<br />
(Zum Fortbestand der Einwendung auch gegenüber einem neuen Gläubiger und dessen gutgläubigen Erwerb s. u.).<br />
4. Belastungsvollmacht oder –ermächtigung.<br />
1. Durch diese ermöglicht der Veräußerer und noch berechtigte Eigentümer dem Käufer, dass dieser bei einem <strong>Dr</strong>itten einen Kredit<br />
<strong>zu</strong>r Finanzierung des Kaufpreises aufnimmt und diesen Kredit durch die Hypothek oder Grundschuld auf dem Grundstück,<br />
das dem Käufer ja noch nicht gehört, sichert.<br />
2. Grenzen der Ermächtigung: Verkäufer E ermächtigt Käufer K <strong>zu</strong>r Bestellung einer Hypothek zwecks Kaufpreisfinanzierung<br />
mit der Klausel: „Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer, bereits jetzt, im Rahmen der Finanzierung des Kaufpreises, die<br />
Eintragung von Grundpfandrechten auf dem veräußerten Grundeigentum <strong>zu</strong> bewilligen und <strong>zu</strong> beantragen“. K nimmt bei der<br />
Bank B eine Hypothek auf, jedoch für sonstige eigene Geschäftszwecke. Später zerschlägt sich der Kaufvertrag und K zahlt<br />
auch seine Schulden bei B nicht <strong>zu</strong>rück. Anspruch der Bank B gegen E nach § 1147?<br />
Ermächtigung von E an K deckte nicht Hypothek <strong>zu</strong>r Sicherung sonstiger Geschäftsverbindlichkeiten. Also fehlte Berechtigung<br />
des K. Kein guter Glaube der B. Kein Recht der B.<br />
5. Konsequenzen eines Fehlers hinsichtlich der Berechtigung<br />
Hypothek nicht wirksam entstanden, trotz evtl. Eintragung.<br />
Im Wesentlichen dieselben Konsequenzen wie bei fehlender oder fehlerhafter Auflassung,<br />
aber u. U. gutgläubiger Ersterwerb der Hypothek.<br />
Keine Eigentümerhypothek oder –grundschuld.<br />
6. Gutgläubiger Erst-Erwerb der Hypothek<br />
1. Wenn die dingliche Einigung des Gläubigers<br />
nicht mit dem wirklichen Grundstückseigentümer<br />
oder dessen Bevollmächtigten oder Ermächtigten erfolgt,<br />
dann kommt allenfalls der gutgläubige Erst-Erwerb der Hypothek in Betracht,<br />
§ 892, nach denselben Regeln wie der gutgläubige Eigentumserwerb.<br />
2. Adlerhorst. Anton ist Eigentümer des Grundstücks Adlerhorst. Er übereignet es mittels Einigseins und Eintragung an Bertram.<br />
A ist noch minderjährig, was A und B wissen, der Notar aber übersieht. B bestellt an dem Grundstück für ein ihm gewährtes<br />
Darlehen der Kreissparkasse C eine Hypothek. C hält den B für den Eigentümer. Kann C aus der Hypothek gegen A oder B<br />
vorgehen?<br />
Eigentum des A ist nicht auf B übergegangen. C hat Hypothek am Grundstück des A, persönliche Forderung gegen B.<br />
3. Entscheidender Zeitpunkt, § 892:<br />
1. Zwar braucht G nicht mehr bei Eintragung gutgläubig <strong>zu</strong> sein, weil er auf diesen Zeitpunkt keinen Einfluss hat.<br />
2. Aber Gutgläubigkeit erforderlich bei letztem Vorgang, der von G abhängig ist,<br />
also bei Einigung bzw. Antrag bzw. Valutierung bzw. Briefübergabe, § 892 II entspr.<br />
3. Widerspruch oder Grundbuchberichtigung vor Eintragung der Hypothek für G schadet immer,<br />
auch wenn G davon nichts weiß, § 892 I.<br />
7. Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau für gutgläubigen Ersterwerb der Hypothek<br />
Alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen für Hypothek gemäß §§ 873, 1116 f., 1113, nämlich<br />
1. Einigsein, § 873<br />
2. Eintragung, § 873<br />
3. Brief Übergabe oder Ausschluss des Briefes, §§ 1116 f., und<br />
4. Forderung, § 1113 (nicht bei Grundschuld, §§ 1191 f.).<br />
Aber<br />
5. Berechtigung des Bestellers der Hypothek, des angeblichen Eigentümers, fehlt.<br />
Stattdessen<br />
6. Besteller der Hypothek ist im Grundbuch eingetragen, § 892.<br />
7. Dem Hypothekengläubiger ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt.<br />
8. Widerspruch oder Grundbuchberichtigung ist nicht eingetragen.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
8. Rechtsprechung<br />
gutgläubiger Ersterwerb einer Grundschuld vom Nichteigentümer (BGH NJW 2001, 1069); Grenzen der Schutzwirkung des § 878<br />
(BGH Urt.v. 17. 6. 1997, BGHZ 136, 87 = WM 1997, 1745); mangelnde Geschäftsfähigkeit bei Einigung (Koblenz Urt. v. 29. 1.<br />
1998, WM 1999, 2068); Auflassungsvormerkung und Belastungsbevollmächtigung für Käufer (BGH Beschl. v. 25. 3. 1999, WM<br />
1999, 969); Weitergabe der Belastungsbevollmächtigung (Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1178); Unwirksamkeit einer Vollmacht (Köln,<br />
NJW-RR 2001, 652).<br />
Kapitel 5. Hypothekenbrief, §§ 1116 f.<br />
E hat dem G ordnungsgemäß eine Hypothek bestellt. Nun stellt das Grundbuchamt dem E (!) einen Hypothekenbrief <strong>zu</strong>r Verfügung. Was ist<br />
der Hypothekenbrief, wie erfolgt seine Ausstellung, welchen Zweck hat er, was soll E mit dem Hypothekenbrief machen?<br />
1. Streichmann. Streichmann erhält von der Bank Blaustein die Zusage eines Darlehens über 45 000,- Euro und lässt auf seinem Grundstück<br />
vereinbarungsgemäß für B eine Hypothek eintragen. Aus irgendeinem Grund kommt es wider Erwarten weder <strong>zu</strong>r Auszahlung<br />
des Darlehens an S noch <strong>zu</strong>r Übergabe des Hypothekenbriefes an die Bank B.<br />
1. Ist B Inhaber der Hypothek geworden?<br />
1. Keine Auszahlung der Forderung, § 1163 I 1.<br />
2. Keine Briefübergabe, § 1117 I 1.<br />
Also nein.<br />
2. Besteht für S die Gefahr, dass B über die für B eingetragene Hypothek an einen gutgläubigen Erwerber verfügt?<br />
§ 1154 I 1 verlangt Briefübergabe, also nein.<br />
2. Der Hypothekenbrief ist die über eine Hypothek vom Grundbuchamt ausgestellte öffentliche Urkunde.<br />
3. Zweck: Übertragbarkeit und damit Umlauf der Hypothek erleichtern.<br />
Deswegen besonders wichtig die Übertragungsregeln für die Hypothek, §§ 1154 f.<br />
4. Ob Hypothekenbrief als Wertpapier an<strong>zu</strong>sehen ist, hängt von der Definition des WP ab.<br />
Abgesehen von der Begründung der Hypothek gemäß § 1117 I, keine selbständige Übereignung des Hypothekenbriefs,<br />
sondern § 952: das Recht „an“ dem Papier folgt dem Recht „aus“ dem Papier.<br />
- Weiter WP-Begriff: eine Urkunde, deren Innehabung Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Geltendmachung des in ihr verbrieften Rechts ist.<br />
Demnach ja.<br />
- Enger WP-Begriff: eine Urkunde, bei der durch die Verfügung über die Urkunde über das in ihr verbriefte Recht verfügt wird<br />
(Hauptfall: Wechsel). „Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht an dem Papier. Demnach nein.<br />
5. Die Brieferteilung ist die Regel, § 1116 I, sie kann aber ausgeschlossen werden, § 1116 II.<br />
Brief- oder Buch-Hypothek, -Grundschuld und -Rentenschuld,<br />
je nachdem, ob Brieferteilung nicht ausgeschlossen oder ausgeschlossen wird.<br />
6. Bei Bestellung des Grundpfandrechts erforderlich,<br />
1. 1. Entweder muss Eigentümer Brief an Grundpfandgläubiger übergeben,<br />
2. oder Aushändigungsabrede, § 1117 II,<br />
3. oder Übergabesurrogat, §§ 1117 I, 929 – 931,<br />
2. oder Parteien schließen wirksam Erteilung des Briefes aus, §§ 1116 II.<br />
Kann nachträglich geändert werden, § 1116 III.<br />
7. Funktionen des Hypothekenbriefes insbes. bei Erwerb der Hypothek (§ 1117 I), Übertragung (§§ 1154 ff.), Belastung mit Pfandrecht<br />
oder Nießbrauch, Geltendmachung (§§ 1160 f.), Befriedigung (§ 1144); wichtig für gutgläubigen Zweiterwerb.<br />
8. Konsequenzen eines Fehlers hinsichtlich des Hypothekenbriefs<br />
Wenn Brieferteilung nicht ausgeschlossen,<br />
Brief aber noch nicht von Eigentümer an Gläubiger ausgehändigt,<br />
1. dann ist Hypothek nicht unwirksam,<br />
2. auch keine Hypothek für Gläubiger, sondern<br />
3. Eigentümergrundschuld, § 1163 II, § 1177 I 1.<br />
Zweck: eine Art gesetzliches Zurückbehaltungsrecht des Eigentümers.<br />
Kapitel 6. Forderung, § 1113<br />
Wie schon gesagt, dient die Hypothek eigentlich der Sicherung einer persönlichen Forderung, insbesondere aus Darlehen, aber etwa auch <strong>zu</strong>r<br />
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Grundstücksrecht<br />
Sicherung der Kaufpreisforderung des Grundstücksverkäufers (insofern ersetzt sie den bei Grundstücken wegen § 925 II nicht möglichen Eigentumsvorbehalt)<br />
oder <strong>zu</strong>r Sicherung eines Ausgleichsanspruchs zwischen Miterben. Was passiert nun, wenn die Forderung nicht entstanden<br />
oder wenn sie schon wieder erloschen oder wenn sie mit einer Einrede (durch den persönlichen Schuldner) behaftet ist?<br />
1. Kiesgrube I. K kaufte von V ein Grundstück mit einer Kiesgrube für 50 000,- Euro; der Kaufpreis soll in 10 Jahresraten <strong>zu</strong> je 5000,-<br />
Euro bezahlt werden. Zur Sicherung der Kaufpreisforderung bestellte der E an einem Grundstück des E für den V eine Hypothek. Da<br />
die Ausbeutung der Kiesgrube geringer ist, als zwischen V und K vereinbart, tritt K von dem Kaufvertrag wirksam <strong>zu</strong>rück. Ist die<br />
Hypothek trotzdem wirksam? Müssen E und K befürchten, dass V trotzdem aus der Hypothek gegen E vorgehen wird?<br />
2. Der Grund für viele Schwierigkeiten des Hypothekenrechts<br />
liegt in der Verbindung von Hypothek und persönlicher Forderung.<br />
Der Zweck der Hypothek besteht in der Sicherung einer bestimmten Forderung.<br />
Daher unterscheidet das Gesetz scharf<br />
1. Hypothek mit der Rechtsbeziehung E – G und<br />
2. persönliche Forderung mit der Rechtsbeziehung S - G.<br />
Diese Unterscheidung bleibt selbst dann grundlegend,<br />
wenn der Grundstückseigentümer E und der persönliche Schuldner S identisch ist.<br />
3. Das BGB kennt keine Hypothek ohne Forderung. Ein Grundpfandrecht ohne <strong>zu</strong> sichernde Forderung<br />
ist eine Grundschuld, keine Hypothek.<br />
4. Immobiliardarlehensvertrag, Legaldefinition § 492 I a S. 2, im Wesentlichen §§ 488 – 498.<br />
Verbraucherdarlehen umfasst auch Immobiliardarlehensvertrag, § 491 I a S. 2, mit:<br />
Definition des Verbraucherdarlehens (§ 491 I), Schriftformerfordernis und Formmangel (§§ 492, 494),<br />
Widerrufsrecht binnen 2 Wochen (§§ 495, 355, 506 III).<br />
Spezialregeln: Ver<strong>zu</strong>gszinsen und Teilleistungen (§ 497 f.), Widerrufsrecht (§ 506).<br />
5. Wenn die Forderung, die durch die Hypothek gesichert werden soll,<br />
(noch) nicht entstanden ist,<br />
wenn z. B. Darlehensvertrag nicht <strong>zu</strong>stande gekommen ist oder wenn z. B. das Darlehen, dessen Rückzahlung gesichert werden soll,<br />
noch nicht vom Gläubiger an den Schuldner ausgezahlt ist (also rechtshindernde Einwendung bezüglich Forderung),<br />
d. h. wenn Hypothek noch nicht valutiert ist,<br />
1. dann ist Hypothek nicht unwirksam,<br />
2. auch keine Hypothek für Gläubiger, sondern<br />
3. Eigentümergrundschuld, § 1163 I 1, § 1177.<br />
Dasselbe gilt, wenn Forderung erloschen ist., § 1163 I 2.<br />
6. Es kann sich auch ergeben, dass die Forderung, die eigentlich gesichert werden sollte,<br />
aus den allgemeinen Gründen unwirksam ist, z. B. wegen: fehlender oder beschränkter Geschäftsfähigkeit,<br />
Scheingeschäfts (§ 117 I), Fehlens der Form (z. B. Schenkungsversprechen, § 518), überraschende Klauseln (§ 305 c I),<br />
„Generalklausel“/unangemessene Benachteiligung (§ 307) oder wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 I).<br />
Folge: Eigentümergrundschuld.<br />
Aber prüfen, ob Unwirksamkeit<br />
1. die Forderung (Folge: Eigentümergrundschuld)<br />
2. oder die Einigung der Bestellung der Hypothek (Folge: gar kein wirksames Grundpfandrecht)<br />
3. oder beides (z. B. Wucher, § 138 II) betrifft (Folge str.).<br />
7. Wenn die Forderung, die ursprünglich gesichert werden sollte, unwirksam ist,<br />
wenn aber zwischen Gläubiger und Schuldner eine andere Forderung besteht?<br />
1. Hauptfall: Darlehen ist von G an S ausbezahlt, die Darlehensvereinbarung ist aber unwirksam,<br />
so dass G gegen S keinen vertraglichen Anspruch auf Darlehensrückzahlung hat,<br />
sondern einen Bereicherungsanspruch.<br />
Je nach Auslegung der Einigung gemäß § 873, ob Bereicherungsanspruch des G gegen S gesichert sein soll;<br />
Tendenz: wegen Bestimmtheitsgrundsatz im Sachenrecht bleibt es bei Eigentümergrundschuld.<br />
2. Sonderfall Wucher i. S. § 138 II: Nicht nur darlehensvertragliche Rückzahlungsforderung des Wucherers<br />
(= G) ist unwirksam, sondern auch das dingliche Rechtsgeschäft insgesamt.<br />
1. Daher bei strikter Anwendung des § 873, weder Fremdhypothek noch Eigentümergrundschuld (überw. Meinung);<br />
2. oder analog §§ 1163, 1177: Eigentümergrundschuld (Baur).<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
3. Wegen des Zwecks des § 138 II keine Umdeutung der Bestellung<br />
in Sicherung des bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs des Wucherers G (allg. Meinung).<br />
8. Schenkung einer Hypothek?<br />
1. Falls Eigentümer sich mit einem Gläubiger über Hypothekenbestellung einigt,<br />
die völlig unentgeltlich sein soll, dann Schenkung beabsichtigt, § 516 I.<br />
Da Hypothek nur Sicherung ist, kommt es auf gesicherte Forderung an.<br />
Diese ist das Versprechen, eine bestimmte Geldsumme <strong>zu</strong> schenken. Formbedürftig, § 518 I 1; s. auch I 2.<br />
Hypothek ist noch keine „Bewirkung” i. S. § 518 II. Also Forderung nichtig, § 125.<br />
Infolgedessen Eigentümergrundschuld (RGZ und überwiegende M.).<br />
2. Begründung einer Grundschuld <strong>zu</strong>m Zweck der Schenkung hingegen wäre zweifelsohne wirksam,<br />
weil Grundschuld auch ohne jede Forderung als Fremdgrundschuld wirksam ist, §§ 1191 f.<br />
(Umdeutung, §§ 157, 140 entspr., anscheinend nicht möglich).<br />
3. Übertragung einer Hypothek vom Erstgläubiger auf einen zweiten zwecks Schenkung<br />
dürfte ebenfalls voll wirksam sein.<br />
9. Bei oder nach der Entstehung der Forderung<br />
können der persönliche Schuldner und der Gläubiger weitere Abreden treffen<br />
oder können sonstige Umstände eintreten,<br />
die dem Schuldner eine Einrede gegenüber der Forderung verschaffen.<br />
1. z. B. Stundung der Forderung als solcher; Zurückbehaltungsrecht des S gegenüber G, § 273 oder § 320,<br />
2. rechtlich gegebene, aber noch nicht ausgeübte Gestaltungsrechte, §§ 1137 I 1, 770: der Anfechtbarkeit, § 142;<br />
der Aufrechenbarkeit, §§ 387 ff.; analog: andere Gestaltungsrechte,<br />
z. B. des noch möglichen Rücktrittsrechts, wichtig wegen Mangels, § 437 etc.<br />
Verzicht auf Gestaltungsrecht durch S ist aber auch gegenüber E wirksam.<br />
Der „Witz“ ist nun, dass der Eigentümer auch diese Einreden,<br />
die ihm „eigentlich“ ursprünglich gar nicht selbst <strong>zu</strong>stehen,<br />
dem Gläubiger gegenüber geltend machen kann, § 1137 I 1;<br />
Ausdruck des Akzessorietätsprinzips, dieselbe Rechtsstellung hat insofern der Bürge gegenüber dem Gläubiger.<br />
Einrede des E sogar dann, wenn S auf diese Einreden wieder verzichtet hat, § 1137 II, wegen Schutz des Sicherungsgebers E.<br />
10. Wenn die Forderung, die durch die Hypothek gesichert wurde,<br />
z. B. Darlehensrückzahlungsanspruch oder Kaufpreisanspruch,<br />
erloschen ist, insbesondere durch Erfüllung, § 362,<br />
Eigentümer-Grundschuld, §§ 1163 I 2, 1177 I 1.<br />
12. Konsequenzen des Fehlens der Forderung<br />
wie bei Fehlen von Briefübergabe oder von Briefausschlussvereinbarung:<br />
1. Hypothek ist nicht unwirksam,<br />
2. auch keine Hypothek für Gläubiger, sondern<br />
3. Eigentümergrundschuld, § 1163 I, § 1177.<br />
4. Ein-reden gegen die Forderung hat auch der Eigentümer, § 1137 I 1 Halbs.1.<br />
5. Berichtigungs- und Widerspruchsrecht des Eigentümers, §§ 894, 899.<br />
(6. Kein Schutz des guten Glaubens des angeblichen Gläubigers an Existenz der Forderung.).<br />
Kapitel 7. Vormerkung<br />
1. Auch für die Bestellung einer Hypothek kann eine Vormerkung eingetragen werden,<br />
§§ 883 ff.,<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ngen und Wirkungen im Wesentlichen wie bei der Auflassungsvormerkung.<br />
Wichtigste Wirkung: Rangwahrung.<br />
Gutgläubiger Erwerb der Vormerkung für Hypothek möglich.<br />
2. „Löschungsvormerkung“<br />
1. § 1179: typischerweise die Vormerkung <strong>zu</strong>r Sicherung des Anspruchs eines Hypothekengläubigers (= Hypothekar) mit einem<br />
späteren Rang auf Löschung einer vorrangigen Hypothek, sobald diese <strong>zu</strong>r Eigentümergrundschuld geworden ist, <strong>zu</strong> dem<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
Zweck, dass damit die spätere Hypothek im Rang aufrückt.<br />
2. Heute entbehrlich nach der Einführung des § 1179 a.<br />
Kapitel 8. Eigentümer-Grundschuld, seltener Eigentümer-Hypothek<br />
Es überrascht allgemein, dass man an seinem eigenen Grundstück, an dem man ohnehin als Eigentümer das Vollrecht hat, außerdem eine<br />
Grundschuld haben kann, und man fragt sich, welchen Sinn eine solche Eigentümergrundschuld haben kann. Dabei geht es nicht nur um reine<br />
Konstruktion und Theorie, sondern auch um die Ursachen einer Eigentümergrundschuld.<br />
1. Sumpfwiese. E ist Eigentümer des Grundstücks, genannt Sumpfwiese. E bestellte dem G <strong>zu</strong>r Sicherung eines Darlehens, das G dem E<br />
gewährt hatte, eine Hypothek in Höhe von 50 000,- Euro. Später einigen sich E und G darüber, dass E dem G 40 000,- Euro bezahlt<br />
und dass im Gegen<strong>zu</strong>g G die gesamte Hypothek an der Sumpfwiese auf E überträgt. Das geschieht.<br />
Wie gestaltet sich die Rechtslage hinsichtlich der Hypothek?<br />
2. Eigentümer eines Grundstücks kann gleichzeitig Inhaber<br />
eines beschränkt dinglichen Rechts an seinem eigenen Grundstück sein, vgl. § 889,<br />
keine sogenannte „Konsolidation“.<br />
3. Wenn ein Grundpfandrecht für den Eigentümer an seinem eigenen Grundstück entsteht,<br />
kann es meistens nur Grundpfandrecht sein, das eine Forderung nicht voraussetzt,<br />
weil man keine Forderung gegen sich selbst haben kann,<br />
also eine Grundschuld; §§ 1177 I 1 (nicht eine Hypothek), 1191 ff.<br />
4. Hauptzwecke der Eigentümergrundschuld:<br />
1. Rang, nämlich<br />
1. Reservierung des Rangs für spätere Zwecke,<br />
2. Verhinderung des Aufrückens nachrangiger Grundpfandrechte.<br />
2. Erleichterung der Verfügung des Eigentümers über ein Grundstücksrecht.<br />
5. Entstehen der Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld<br />
1. Eigentümer bestellt selbst, so ausdrücklich § 1196,<br />
2. oder er erwirbt Hypothek oder Grundschuld vom Gläubiger,<br />
3. oder von Gesetzes wegen.<br />
6. Von Gesetzes wegen entsteht Eigentümergrundschuld<br />
1. wegen Forderung: im Fall der Hypothek bei Nichtentstehen oder Erlöschen<br />
der gesicherten Forderung, §§ 1163 I Satz 1 oder 2, 1177 I,<br />
„vorläufige Eigentümergrundschuld“, auflösend bedingt durch Entstehung der Forderung.<br />
Bei dem Übergang der gesicherten Forderung mit Hypothek vom Gläubiger auf den Eigentümer,<br />
falls Eigentümer Rückgriff gegen persönlichen Schuldner hat,<br />
entsteht Eigentümer-Hypothek, §§ 1143, 1153 I, 1177 II; gilt nicht für Grundschuld.<br />
2. Wegen Briefs: nach Einigung und Eintragung,<br />
wenn Brief nicht ausgeschlossen und noch nicht übergeben wurde,<br />
bei Hypothek oder Grundschuld, §§ 1192, 1163 II, 1177,<br />
7. Besonders wichtig: Eigentümer kann diese Grundschuld auf andere übertragen.<br />
Z. B. auch Erleichterung der Zwischenfinanzierung.<br />
Beispiel: E und G vereinbaren Kredit und Hypothekenbestellung, Hypothek wird eingetragen,<br />
Briefübergabe erfolgt oder wird ausgeschlossen, es fehlt nur noch Auszahlung des Darlehens.<br />
Dann hat E eine vorläufige Eigentümergrundschuld.<br />
Diese kann E an Finanzier F übertragen um einen Kredit des F an E <strong>zu</strong> sichern,<br />
solange bis E die Auszahlung von G erhält (und damit evtl den Kredit des F <strong>zu</strong>rückzahlt).<br />
Andere Gläubiger des Eigentümers können sie pfänden, §§ 857 VI; 830 ZPO (h. M.). Oder §§ 857 I und II, 829 ZPO (Baur).<br />
8. Wenn Eigentümer sein Grundstück veräußert, behält er seine Grundschuld,<br />
diese wird Fremdgrundschuld an dem Grundstück, das nun dem Erwerber gehört.<br />
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9. Aber § 1179 a:<br />
1. Zwar kein Untergang des Grundpfandrechts infolge Zahlung,<br />
es entsteht <strong>zu</strong>nächst Eigentümergrundschuld, §§ 1163, 1177,<br />
2. jedoch Anspruch der nachrangigen Hypothekengläubiger auf Löschung,<br />
wenn die vorrangige Hypothek „mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist“.<br />
3. Aber das gilt weder für<br />
1. vorläufige Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 1 und 1163 II,<br />
2. noch für rechtsgeschäftlich begründete Eigentümergrundschuld, § 1196.<br />
Kapitel 9. Einwendungen und Einreden des Eigentümers gegen den Erstgläubiger<br />
An dieser Stelle, nach der Bestellung, vor der Übertragung der Hypothek, ist ein kurzer Halt geboten. Man soll sich hier klar machen, welche<br />
Einwendungen und Einreden für den Eigentümer gegenüber dem angeblichen Gläubiger aus Mängeln oder besonderen Abreden, die die Hypothek<br />
und die Forderung betreffen, folgen. Denn <strong>zu</strong>m einen hängt hiermit die Art und Weise <strong>zu</strong>sammen, in der der Eigentümer seine Gegenrechte<br />
geltend machen kann. Zum anderen ist die genaue Kenntnis der Mechanik erforderlich, um nach einer Abtretung der <strong>zu</strong>mindest<br />
scheinbaren Hypothek die Reaktion des Eigentümers gegenüber dem neuen Gläubiger <strong>zu</strong> verstehen. Auf diesem Verständnis wiederum bauen<br />
die Gutglaubensregeln <strong>zu</strong> Gunsten eines neuen Gläubigers, der von den Mängeln oder besonderen Abreden keine Kenntnis hatte, gegenüber<br />
dem Eigentümer auf.<br />
1. Fassen wir <strong>zu</strong>nächst die Entstehungsvorausset<strong>zu</strong>ngen der Hypothek<br />
und die Folgen des Fehlens der Entstehungsvorausset<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong>sammen,<br />
und folgen wir dabei der Systematik des BGB, dann sehen wir:<br />
Erforderlich bei allen Verfügungen über ein Grundstücksrecht, § 873:<br />
1. Einigsein, § 873,<br />
2. Eintragung, § 873,<br />
3. Berechtigung, § 873 (abgesehen von gutgläubigem Ersterwerb).<br />
Bei Fehlen eines dieser Tatbestandsmerkmale<br />
ist die Hypothekenbestellung unwirksam, es entsteht keine Hypothek, § 873.<br />
Wenn der Grundstückseigentümer gegenüber dem angeblichen Hypothekengläubiger (= Hypothekar)<br />
diese Unwirksamkeit geltend macht, so spricht man von einer Einwendung.<br />
Eine Ein-wendung ist die Geltendmachung, dass ein Recht gar nicht entstanden („rechtshindernd“),<br />
z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit oder wegen Sittenwidrigkeit,<br />
oder schon wieder untergegangen ist („rechtsvernichtend“),<br />
z. B. infolge Aufhebung der Hypothek, §§ 1183, 875.<br />
Da<strong>zu</strong> <strong>zu</strong>nächst eine wichtige Besonderheit für Hypothek wie für Grundschuld:<br />
4. Briefübergabe oder Ausschluss des Briefes, §§ 1116 f., und<br />
Bei Fehlen dieses Tatbestandsmerkmals<br />
entsteht keine Hypothek für den angeblichen Gläubiger,<br />
die Hypothekenbestellung ist aber auch nicht unwirksam,<br />
sondern es entsteht eine Grundschuld für den Eigentümer selbst, Eigentümergrundschuld, §§ 1163, 1177.<br />
Auch diese Rechtswirkung kann der Grundstückseigentümer gegenüber dem angeblichen Hypothekengläubiger<br />
als Einwendung geltend machen.<br />
Die genannten Einwendungen beziehen sich auf die Hypothek als solche,<br />
sie stehen dem Eigentümer als solchem <strong>zu</strong>, sie werden deswegen als „eigentümerbezogen“ bezeichnet.<br />
Eine zweite Besonderheit für die Hypothek (betrifft nicht die Grundschuld):<br />
5. Erfordernis der Forderung, § 1113 (nicht bei Grundschuld, §§ 1191 f.).<br />
Fehlt es von Anfang an an dieser, entsteht ebenfalls keine Hypothek für den angeblichen Gläubiger,<br />
die Hypothekenbestellung ist auch nicht unwirksam,<br />
sondern es entsteht ebenfalls eine Eigentümergrundschuld, §§ 1163, 1177.<br />
Auch diese Rechtswirkung kann der Grundstückseigentümer gegenüber dem angeblichen Hypothekengläubiger<br />
(= Hypothekar) als Einwendung geltend machen.<br />
Die Einwendung wegen Fehlens der Forderung betrifft zwar die Berechtigung an der Hypothek,<br />
lässt sich aber trotzdem eher als „schuldnerbestimmt“ charakterisieren.<br />
Ergebnis in diesem Zusammenhang:<br />
1. Eigentümerbezogene Einwendungen, insbesondere rechtshindernde.<br />
Hauptfälle: Fehlerhafte Einigung oder fehlende Berechtigung des Bestellers der Hypothek.<br />
Rechtsfolge: Unwirksamkeit der Hypothek.<br />
2. Schuldnerbestimmte Einwendung, hier: rechtshindernde,<br />
einziger Fall: (anfängliches) Fehlen der Forderung. Rechtsfolge: Eigentümergrundschuld.<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. Zu ergänzen, dass nachträgliche Änderungen der Forderung<br />
dem Eigentümer ebenfalls schuldnerbestimmte Einwendungen gewähren,<br />
- insbesondere führt Erlöschen der Forderung oft <strong>zu</strong> einer Eigentümergrundschuld, § 1163 I 2, 1177,<br />
und damit <strong>zu</strong> einer rechtsvernichtenden Einwendung.<br />
- Aber auch der Übergang der Forderung mit Hypothek auf einen neuen Gläubiger<br />
entzieht dem bisherigen Gläubiger die Hypothek, §§ 1153 ff.<br />
3. Eine weitere Ergän<strong>zu</strong>ng betrifft Einreden.<br />
Eine Ein-rede im materiellen Recht ist ein Gegenrecht des Verpflichteten oder Belasteten,<br />
das die Ausübung des bestehenden Rechts des Gläubigers,<br />
meistens nur vorübergehend, also „dilatorisch“, hemmt,<br />
Beispiele: Stundung oder Zurückbehaltungsrechte; die Vereinbarung zwischen E und G, dass die Hypothek nur unter bestimmten weiteren<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ngen oder erst nach einer bestimmten Frist oder erst nach Fehlschlagen des Zwangsvollstreckungsversuchs in das<br />
übrige Vermögen geltend gemacht werden soll.<br />
Wirkung der Einrede: der beklagte Eigentümer kann die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147<br />
meistens vorübergehend, manchmal (vgl. § 1169; da<strong>zu</strong> §§ 821, 853) dauernd, verweigern; arg. § 1157.<br />
Diese Einreden können sich auf die Hypothek, nicht auf die persönliche Forderung, beziehen. Sie können damit<br />
eigentümerbezogen sein, also hauptsächlich dem Eigentümer als solchem gegen den Gläubiger <strong>zu</strong>stehen, vgl. § 1157.<br />
4. Schuldnerbestimmte Einreden stehen in erster Linie dem persönlichen Schuldner gegenüber dem Gläubiger <strong>zu</strong>, §§ 1138, 1137.<br />
1. Gemeint sind alle Einreden, die den persönlichen Schuldner berechtigten, die Befriedigung der gesicherten Forderung<br />
auf Dauer oder für eine bestimmte Zeit <strong>zu</strong> verweigern.<br />
2. Z. B. Stundung der persönlichen Forderung, nichterfüllter Vertrag (etwa wegen noch nicht erfolgter Warenlieferung) Zurückbehaltungsrecht,<br />
Bereicherungseinrede (§ 821), Vereinbarung der Nichtklagbarkeit der gesicherten Forderung.<br />
3. Diese schuldnerbestimmten Einreden kann der Eigentümer erheben, § 1137 I 1 Halbsatz 1,<br />
Ausnahme: keine Einrede der Verjährung, § 216 I n. F. (außer wegen Zinsen).<br />
4. Sonderfall: Gestaltungsrechte des persönlichen Schuldners.<br />
1. Z. B. Anfechtung oder Aufrechnung oder (analog) Rücktrittsrecht<br />
2. Diese kann zwar Eigentümer nicht ausüben.<br />
3. Aber Eigentümer hat ihretwegen Einrede, §§ 1137 I 1, 770.<br />
5. Dem entspricht die folgende Gesetzessystematik<br />
1. Das Gesetz trifft eine doppelte Unterscheidung:<br />
1. Es unterscheidet <strong>zu</strong>m einen danach, ob<br />
1. die Hypothek als solche betroffen ist<br />
und damit die Beziehung des Eigentümers <strong>zu</strong>m Hypothekengläubiger,<br />
das sind die dinglichen = eigentümerbezogenen<br />
Einwendungen oder Einreden,<br />
§§ 873; 1157; 1116 ff., 1163 II; mit der Wirkung, dass<br />
1. entweder Hypothek (trotz Eintragung) gar nicht entstanden ist, oder<br />
2. dass Hypothek entstanden, aber einredebehaftet ist, oder<br />
3. dass Eigentümergrundschuld gegeben ist,<br />
2. oder ob in erster Linie die persönliche Forderung betroffen ist,<br />
also die Beziehung des persönlichen Schuldners <strong>zu</strong>m Gläubiger,<br />
das sind die schuldrechtlichen = schuldnerbestimmten<br />
Einwendungen oder Einreden,<br />
§§ 1113, 1163 I, 1138, 1137; mit der Wirkung, dass<br />
1. Eigentümergrundschuld oder<br />
2. Hypothek für einen anderen oder<br />
3. Hypothek, gegen die Einrede auf Grund Forderung <strong>zu</strong> erheben ist,<br />
gegeben ist,<br />
2. und das Gesetz differenziert außerdem nach<br />
1. Einwendungen und<br />
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2. Einreden, §§ 1157 (betr. Hypothek), 1138, 1137 (betr. Forderung).<br />
6. Maßgebend sind die folgenden Paragraphen, die Sie unbedingt behalten müssen:<br />
§ 873 I. Grundstücksbelastung (Fehler = eigentümerbezogene Einwendung)<br />
§ 1113 I. Gesetzlicher Inhalt der Hypothek<br />
§ 1163 II, 1177. Fehlende Briefübergabe (Eigentümergrundschuld)<br />
§ 1157 Einrede gegen Hypothek.<br />
§§ 1163 I, 1177. Nichtentstehen, Untergang d. Forderung (Eigentümergrundschuld)<br />
§§ 1153 ff. Übergang der Forderung auf neuen Gläubiger<br />
§§ 1138, 1137 Einreden gegen Forderung.<br />
7. Addieren Sie die bisherigen Bemerkungen, so kommen Sie<br />
<strong>zu</strong> der Faustregel 1,<br />
die so einfach ist, dass sie nicht in einem Gesetz oder Lehrbuch steht:<br />
„Der Eigentümer hat gegenüber dem Gläubiger<br />
fast alle überhaupt denkbaren Einwendungen und Einreden“.<br />
Kapitel 10. Geltendmachung der Gegenrechte durch den Eigentümer<br />
Es ist eine für Klausuren entscheidende Frage, auf welche Weise der Eigentümer Einwendungen und Einreden überhaupt geltend machen<br />
kann. Das hängt natürlich vom Sachverhalt und von der Klausurfrage ab.<br />
1. Kiesgrube II. K kaufte von V ein Grundstück mit einer Kiesgrube für 50 000,- Euro; der Kaufpreis soll in 10 Jahresraten <strong>zu</strong> je 5000,-<br />
Euro bezahlt werden. Zur Sicherung der Kaufpreisforderung bestellte der E an einem Grundstück des E für den V eine Hypothek. Da<br />
die Ausbeutung der Kiesgrube geringer ist, als zwischen V und K vereinbart, tritt K von dem Kaufvertrag wirksam <strong>zu</strong>rück. Damit<br />
verwandelt sich die Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten des V in eine Eigentümergrundschuld <strong>zu</strong> Gunsten des E, §§ 1163 I 2, 1177 I. Auf welche<br />
Weise macht E diese Rechtsänderung geltend?<br />
2. Hier kommen drei verschiedene Situationen in Betracht:<br />
1. Der Eigentümer geht offensiv gegen die Eintragung des scheinbaren Gläubigers im Grundbuch vor, §§ 894 ff., 899, oder<br />
2. der Eigentümer verteidigt sich gegen den Anspruch des scheinbaren Gläubigers aus § 1147, oder<br />
3. der Eigentümer klagt gegen den scheinbaren Gläubiger, falls dieser aus einer vollstreckbaren Urkunde vorgehen kann,<br />
§§ 794 I Nr. 5, 795, 767 ZPO.<br />
3. Wenn einfach nach den Möglichkeiten des E gefragt ist, dann liegen am nächsten<br />
1. Berichtigungsanspruch, §§ 894ff., und<br />
2. Widerspruch, § 899, des E,<br />
im Wesentlichen wie gegen die unrichtige Eintragung eines Eigentümers.<br />
Wichtigste Wirkung: verhindert gutgläubig einredefreien (Zweit-)-Erwerb der Hypothek.<br />
4. Wenn nach dem Sachverhalt und der Aufgabenstellung<br />
der scheinbare Gläubiger aus der ihm scheinbar <strong>zu</strong>stehenden Hypothek vorgeht,<br />
- dann beginnt man mit § 1147 als Anspruchsnorm für den G<br />
und prüft in diesem Zusammenhang<br />
- ob die Hypothek dem G <strong>zu</strong>steht und ob der E eventuell Einreden hat.<br />
5. Wenn sich E wegen der Hypothek in einer vollstreckbaren Urkunde<br />
der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, § 794 I Nr. 5 ZPO,<br />
dann ist mit der Vollstreckungsabwehrklage des E <strong>zu</strong> beginnen.<br />
Antrag des E: „Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde...für un<strong>zu</strong>lässig <strong>zu</strong> erklären“.<br />
Die Vollstreckungsabwehrklage des E gegen G ist begründet,<br />
wenn E Einwendungen oder Einreden gegen die Hypothek hat, §§ 795, 767, 797 IV ZPO.<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
4. TEIL. ÜBERTRAGUNG DER HYPOTHEK ODER DES GRUNDSTÜCKS<br />
Die eigentliche Übertragung der Hypothek ist nicht besonders klausurrelevant. Es ist auch nicht überraschend, dass der Grundstückseigentümer<br />
gegenüber dem neuen Hypothekengläubiger (= Hypothekar) dieselben Einwendungen und Einreden hat wie gegenüber dem Erstgläubiger.<br />
Diese sind lediglich Vorfragen <strong>zu</strong> dem nicht unbeliebten Klausurproblem des gutgläubigen Zweiterwerbes einer fehlerhaften Hypothek.<br />
Außerdem seien in diesem Teil des Skripts die dinglichen und vor allem die schwer verständlichen schuldrechtlichen Folgen der Übertragung<br />
des belasteten Grundstücks behandelt.<br />
Kapitel 1. Übertragung der Hypothekenforderung: Grundlagen<br />
Bei der Übertragung der Hypothek tritt als erstes ein Grundsatzproblem auf, nämlich die Konstruktion des Gesetzes (im Gegensatz <strong>zu</strong> den<br />
Anschauungen der Praxis), nach der eigentlich die persönliche Forderung übertragen wird und diese die Hypothek nach sich zieht. Aber der<br />
zweite merkwürdige Punkt ist der, dass die Übertragung der persönlichen Forderung nicht in der Form des Schuldrechts (§ 398), sondern in<br />
besonderen Formen des Immobiliarrechts erfolgt. Hierfür stehen, drittens, alternativ die allgemeine Regelung des § 873 oder besondere Regeln<br />
für die Briefhypothek <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />
1. Pfirsichbaumfeld. E hatte an seinem Grundstück, dem Pfirsichbaumfeld, dem W wirksam eine Briefhypothek über 20 000,- Euro bestellt.<br />
W hat diesen Hypothekenbrief seiner Tochter X mit einem Brief geschickt, in welchem W ausführte: „Hiermit schicke ich Dir,<br />
liebe X, den Hypothekenbrief über die Hypothek von 20 000,- Euro an dem Pfirsichbaumfeld des E. Ich selbst kann mich mit meinen<br />
sonstigen Wertpapieren begnügen. Dein Vater W.“. Freudig überrascht bedankt sich die X sofort telefonisch bei ihrem Vater W.<br />
Kann die X von dem E wirksam die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 verlangen?<br />
2. Zum besseren Verständnis des Folgenden rasch ein Blick auf die Gründe, die einer Hypothekenübertragung <strong>zu</strong> Grunde liegen können.<br />
- Gelegentlich schenkt der bisherige Gläubiger seine Hypothekenforderung an den neuen Gläubiger, den Zessionar.<br />
- Am häufigsten Finanzierungsbedarf des bisherigen Gläubigers, er verkauft typischerweise die Hypothek <strong>zu</strong> einem niedrigeren<br />
Preis als den Nennwert an den Zessionar.<br />
Diese sind die Verpflichtungsgeschäfte, Causae, für die Zession. Entsprechend dem Abstraktionsprinzip<br />
irrelevant für die Wirksamkeit der Übertragung. Nicht besonders klausurträchtig.<br />
3. Der Ausgangssatz für die Klausur könnte lauten: „X kann von E wirksam die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 verlangen,<br />
wenn X wirksam die Forderung mit Hypothek von W erworben hat und wenn der Geltendmachung der Hypothek keine weiteren<br />
Einwendungen oder Einreden entgegenstehen. Die Übertragung der Forderung mit Hypothek setzt gemäß § 1154 voraus...“<br />
4. Sehr wichtig ist die Konstruktion des BGB,<br />
dass nämlich die gesicherte persönliche Forderung übertragen wird<br />
und dass diese sodann die hypothekarische Sicherung mit sich zieht,<br />
das will sagen, dass dem Gesetz <strong>zu</strong>folge eigentlich nicht die Hypothek als solche direkt übertragen wird<br />
(s. schon oben die Übertragung des Anspruchs des Grundstückskäufers, die die Vormerkung mit sich zieht).<br />
,,Mit der Übertragung der Forderung geht die Hypothek<br />
auf den neuen Gläubiger über“, § 1153 I; Akzessorietätsprinzip.<br />
Deswegen unbedingt in der Klausur ausdrücklich den Erwerb der „hypothekarisch gesicherten Forderung“ prüfen,<br />
§ 1154, und bejahendenfalls fortfahren, dass mit der Forderung die Hypothek gemäß § 1153 I übergegangen ist.<br />
Die Hypothek allein kann gar nicht übertragen werden, „Aufspaltungsverbot“, § 1153 II Halbs.2.<br />
5. Daher erforderlich Abtretungsvertrag i. S. § 398 (Forderungsübertragung)<br />
zwischen bisherigem Hypothekengläubiger (= Hypothekar) und Neugläubiger.<br />
1. Aber diese Abtretung der Forderung, für die eine Hypothek besteht,<br />
erfolgt nicht in formfreier Weise wie gemäß § 398, sondern<br />
2. nach der Bestimmung des § 1154.<br />
Auch § 1154 I 1 spricht ausdrücklich von "Abtretung der Forderung".<br />
6. § 1154 ist auf den ersten Blick schwer verständlich.<br />
1. Abs. 1 spricht nur von der Brief-Hypothek,<br />
2. Abs. 2 enthält die Variante ebenfalls nur für die Übertragung der Briefhypothek,<br />
3. Abs. 3 regelt die Buchhypothek und enthält eigentlich die Grundregel.<br />
7. Entscheidend ist § 1154 Absatz 3. Dann ist es ganz einfach.<br />
Absatz 3 enthält die Grundregel,<br />
spricht diese jedoch nur für die Buchhypothek aus.<br />
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Grundsätzlich erfolgt gemäß § 1154 III die Abtretung der durch Hypothek gesicherten Forderung<br />
auf dieselbe Weise wie die Übertragung des Grundeigentums, § 873 (ohne § 925), nämlich<br />
entsprechend § 873:<br />
1. Einigsein zwischen bisherigem und neuem Hypothekengläubiger<br />
2. Formalien, nämlich Bucheintragung oder weitere Form,<br />
unterschiedlich für<br />
1. Buchhypothek und<br />
2. Briefhypothek,<br />
3. Berechtigung des bisherigen Hypothekengläubigers (= Hypothekars)<br />
(nicht etwas gemeint Berechtigung des Grundstückseigentümers).<br />
8. Einigsein zwischen bisherigem und neuem Hypothekengläubiger (= Hypothekar) .<br />
Dieses ist Vertrag entsprechend § 398 BGB zwischen bisherigem und neuen Gläubiger<br />
über die Abtretung der Forderung, welche gemäß § 401 und § 1153 I die Hypothek mit sich zieht.<br />
Übertragung der Forderung bzw. Hypothek ist ein Rechtsgeschäft, grundsätzlich mit Anwendung des Allgemeinen Teils.<br />
Infolgedessen Nichtigkeit z. B. wegen Wuchers oder Sittenwidrigkeit oder nach erfolgter Anfechtung<br />
sowie Unwirksamkeit wegen Fehlens eventuell erforderlicher Zustimmungen.<br />
(Diese Verfügung über Hypothekenforderung <strong>zu</strong> unterscheiden von der <strong>zu</strong> Grunde liegenden Verpflichtung).<br />
Die Form dieses Abtretungsvertrages ist, wie gesagt, nicht in § 398, sondern in § 1154 festgelegt.<br />
9. Fehlt es an Einigsein über Forderungs- bzw. Hypothekenübergang<br />
vom Erstgläubiger auf den Zweitgläubiger,<br />
dann ist der Übergang unwirksam. Das gilt für Buch- wie für Briefhypothek.<br />
10. Konsequenz der fehlenden Abtretungsvereinbarung<br />
1. Hypothek ist nicht wirksam übertragen,<br />
2. bisheriger Gläubiger hat sein Recht behalten,<br />
3. Eintragung des neuen Gläubigers hat Grundbuch unrichtig gemacht,<br />
4. dagegen Berichtigungsanspruch und Widerspruch des bisherigen Gläubigers,<br />
5. andernfalls Möglichkeit gutgläubigen Weitererwerbs der Hypothek (durch „<strong>Dr</strong>itten“).<br />
11. Die Übertragung der Hypothek ist eine „Verfügung“ im eigentlichen Sinne<br />
(ebenso wie die Begründung der Hypothek oder die Übertragung des Grundstückseigentums).<br />
12. Rechtsgeschäftlicher Abtretungsausschluss, § 399 Halbs.2 (str.):<br />
1. wirksam hinsichtlich der Forderung,<br />
infolgedessen auch hinsichtlich Hypothek, § 1153 II,<br />
trotz dogmatischen Bedenken im Hinblick auf § 137.<br />
Wirkt gegenüber <strong>Dr</strong>itten nur bei deren Kenntnis oder Eintragung, §§ 1138, 893.<br />
2. Entsprechendes gilt für Abtretungsausschluss hinsichtlich Hypothek<br />
Aber als Inhalt des dinglichen Rechts ist dieser eintragungsbedürftig, § 877.<br />
13. Grundsätzlich<br />
1. kann nur eine bestehende Hypothek<br />
2. durch den wirklichen Gläubiger übertragen werden.<br />
Aber Wirksamkeit gutgläubigen Erwerbs.<br />
14. Wenn ein Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs stattgefunden hat, z. B. infolge Ablösung oder Erbfalls,<br />
dann entsteht ein Grundbuchberichtigungsanspruch und Widerspruchsrecht des neuen Hypothekengläubigers, §§ 894, 899.<br />
Das Gleiche gilt für Erwerb einer Briefhypothek außerhalb des Grundbuchs.<br />
15. Übertragung Briefgrundschuld (BGH Beschl. v. 28. 1. 1997, NJW-RR 1997, 910).<br />
16. Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau<br />
für Übertragung der Hypothekenforderung:<br />
1. Einigsein des bisherigen Gläubigers und des neuen Gläubigers<br />
über Abtretung der gesicherten Forderung, § 398,<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. in der Form des § 1154,<br />
3. Wirksamkeit der Hypothek,<br />
4. Berechtigung des bisherigen Gläubigers.<br />
Kapitel 2. Übertragung der Hypothekenforderung: Form<br />
1. Form der „Abtretung der Forderung“ richtet sich nach § 1154.<br />
2. Buchhypothek, § 1154 III, nichts Besonderes:<br />
es genügt zwar die formlose Einigung gemäß § 398,<br />
aber erforderlich ist Eintragung des neuen Hypothekengläubigers in Grundbuch,<br />
wie nicht anders nach § 873 <strong>zu</strong> erwarten. Kein weiteres Formerfordernis für die Abtretungserklärung nach §§ 398, 1153.<br />
3. Form für Briefhypothek – diese ist schwerer verständlich.<br />
Briefhypothek soll nach § 1116 I die Regel sein.<br />
1. Da Brief so wichtig ist, da ja Brief vorhanden ist und vorhanden sein muss,<br />
ist immer erforderlich Briefübergabe, § 1154 I 1.<br />
Ohne Briefübergabe keine wirksame Übertragung der Briefhypothek.<br />
2. Da<strong>zu</strong> ein weiteres Erfordernis,<br />
<strong>zu</strong> welchem aber die Parteien das Wahlrecht haben:<br />
1. entweder schriftliche Abtretungserklärung, § 1154 I 1,<br />
1. eine Spitzfindigkeit des Gesetzes ist es, nur für die Abtretungserklärung des Verfügenden<br />
(d. h. des Altgläubigers) die Schriftform <strong>zu</strong> verlangen;<br />
die Annahmeerklärung des Forderungserwerbers (d. h. des Neugläubigers)<br />
bedarf keiner Form (Beispielsfall Pfirsichbaumfeld).<br />
2. Abtretungserklärung ist auf Verlangen öffentlich <strong>zu</strong> beglaubigen, §§ 1154 I 2, 129, wegen § 1155,<br />
oder<br />
2. Eintragung der Abtretung in das Grundbuch, § 1154 II (in der Praxis seltener),<br />
dennoch behält die Hypothek ihre Eigenschaft als Briefhypothek,<br />
der Brief muss unbedingt trotzdem übergeben werden (solange keine Umwandlung nach § 1116 erfolgt ist).<br />
4. Zusammenfassung der Formerfordernisse für Forderungsabtretung<br />
1. Eintragung in Grundbuch<br />
1. immer erforderlich für Übertragung der Buchhypothek, § 1154 III,<br />
2. nur fakultativ für Briefhypothek, § 1154 II,<br />
dann darf bei Briefhypothek Schriftform für die Erklärung des Abtretenden entfallen.<br />
2. Schriftform der Erklärung des Abtretenden nur erforderlich für Brief-Hypothek,<br />
falls die Abtretung der Hypothekenforderung nicht in das Grundbuch eingetragen wird, § 1154 I und II,<br />
auf Verlangen öffentlich beglaubigt,<br />
3. Briefübergabe ist immer erforderlich bei Briefhypothek,<br />
ist gar nicht möglich bei Buchhypothek.<br />
5. Konsequenz eines Fehlers in den Formalien: §§ 1154, 125<br />
Hypothek ist nicht wirksam übertragen.<br />
6. „Blankoabtretung“ erfolgt ohne die erforderliche schriftliche Bezeichnung des Abtretungsempfängers;<br />
wird aber erst ex nunc wirksam, wenn Blankett ausgefüllt wird;<br />
Übergabe des Blanketts bedeutet i. d. R. Ermächtigung <strong>zu</strong>r Blankettausfüllung.<br />
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Kapitel 3. Gegenrechte des Eigentümers gegen den Zweit-Gläubiger<br />
Sie haben oben gesehen, in welcher Weise der Eigentümer gegenüber dem ersten Hypothekengläubiger (= Hypothekar) Mängel oder besondere<br />
Abreden, die die Hypothek und die Forderung betreffen, geltend machen kann. Daher werden Sie jetzt ohne weiteres verstehen, welche<br />
Rechte der Eigentümer hat, wenn der Erstgläubiger die Hypothek auf einen anderen, den Zweitgläubiger, übertragen hat. Und um so leichter<br />
werden Sie im nächsten Schritt begreifen, wie sich der gute Glaube des Zweitgläubigers auswirkt.<br />
1. Kohlenhandlung II. S nahm für den Betrieb seiner Kohlenhandlung persönlich bei G einen Kredit über 240 000,- Euro auf. Zur Sicherung<br />
hatte der V in Vertretung des E eine Hypothek am Grundstück des E bestellt. Einigung, Eintragung und Briefübergabe sind darauf<br />
erfolgt. Nunmehr überträgt G ordnungsgemäß die Hypothek auf den Neugläubiger N. Dann stellt sich heraus, dass V keine Vertretungsmacht<br />
hatte, E lehnt eine Genehmigung ab, § 177; die Hypothek war also nicht wirksam begründet worden, § 873 I.<br />
Nun überträgt G diese angebliche Hypothek an G 2. G 2 hat aber Unwirksamkeit der Hypothek von Anfang an gekannt.<br />
Erwerb des G2? Nein.<br />
2. In der Klausurlösung<br />
- wird es hinsichtlich der Einwendungen, die also die Wirksamkeit der Forderung oder der Hypothek betreffen, im allgemeinen<br />
überflüssig sein, an diesem Punkt ausdrücklich <strong>zu</strong> prüfen: „Es fragt sich, ob E seine Einwendung durch die Übertragung der<br />
Hypothekenforderung von G1 auf G2 verloren hat“. Denn diese Frage ist offensichtlich <strong>zu</strong> verneinen, wie sich im Folgenden<br />
zeigen wird: kein Verlust der Einwendungen bei (scheinbarer) Übertragung von Forderung bzw. Hypothek.<br />
- Hingegen ist die Fortdauer von Einreden nicht selbstverständlich, sondern „es ist <strong>zu</strong> prüfen, ob E diese Einrede (ist <strong>zu</strong> präzisieren),<br />
die er gegenüber G1 hatte, auch gegenüber G2 geltend machen kann“.<br />
3. Fortset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> der obigen Faustregel 1: „Der Eigentümer hat gegenüber dem Gläubiger<br />
fast alle überhaupt denkbaren Einwendungen und Einreden“:<br />
Zweite Faustformel:<br />
„Der Eigentümer behält seine ursprünglichen Einwendungen und Einreden, wenn die Hypothek<br />
auf einen neuen Gläubiger übertragen werden sollte“. Anders gesagt:<br />
„Der Eigentümer verliert seine Einwendungen und Einreden<br />
nicht allein dadurch, dass die Hypothek (oder Grundschuld)<br />
auf einen neuen Gläubiger übertragen werden sollte.“<br />
Alltagserfahrung: Der Apfel bleibt faul, auch wenn man ihn weitergibt.<br />
Auf römisch: Niemand kann mehr an Rechten übertragen, als er selbst hat,<br />
nemo plus iuris transferre potest quam ipse haberet.<br />
Bei Übertragung der durch Hypothek gesicherten Forderung<br />
vom ursprünglichen angeblichen Hypothekengläubiger (G 1)<br />
auf neuen Hypothekengläubiger (G 2)<br />
bleiben grundsätzlich alle Einwendungen und Einreden<br />
gegen die Hypothek als solche oder gegen die Forderung bestehen.<br />
4. Grundsätzlich soll der Eigentümer keinen Nachteil erleiden, wenn der Hypothekar die Hypothek auf einen Neugläubiger überträgt.<br />
Den Nachteil erleidet grundsätzlich der Neugläubiger: er erhält gar keine oder nur eine einredebehaftete Hypothek,<br />
wegen deren er aber in vielen Fällen an den angeblichen Altgläubiger eine Zahlung erbracht hat.<br />
5. Fortbestand<br />
1. Ein-wendungen gegen die Hypothek als solche, § 873, ist selbstverständlich,<br />
d. h. die im Grundbuch eingetragene Hypothek existiert nicht,<br />
wenn z. B. die Hypothek ursprünglich nicht ordnungsgemäß bestellt worden ist.<br />
2. Ein-reden gegen die Hypothek als solche wird ausdrücklich angeordnet,<br />
§ 1157 S. 1<br />
("Einrede" und "Hypothek" im Gesetzestext unterstreichen),<br />
z. B. Abrede zwischen E und G, dass Geltendmachung der Hypothek<br />
bestimmte Mahnung oder Nichtzahlung des persönlichen Schuldners oder Verwertung anderer Sicherheiten voraussetze.<br />
3. Ein-wendungen gegen die persönliche Forderung, §§ 1163, 1177, arg. § 1138.<br />
Beispiele: Darlehen wurde nicht ausgezahlt oder wurde <strong>zu</strong>rückgezahlt,<br />
oder gesicherte Forderung mit Hypothek ist inzwischen auf einen anderen übergegangen.<br />
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Grundstücksrecht<br />
4. Ein-reden des E gegen die persönliche Forderung, arg. §§ 1137 I, 1138<br />
z. B. Stundung der Forderung als solcher, Zurückbehaltungsrecht des S, noch nicht ausgeübte Gestaltungsrechte.<br />
6. Außerdem kann Eigentümer selbstverständlich eine eventuelle Unwirksamkeit<br />
der Übertragung der (wirksamen) Hypothekenforderung<br />
vom Altgläubiger auf den Neugläubiger geltend machen,<br />
beispielsweise wenn G1 bei Übertragung der Hypothekenforderung an G2 geisteskrank war.<br />
7. Bestimmte Gegenrechte des Schuldners gegenüber dem Altgläubiger<br />
1. kann der S zwar nach §§ 406 – 408 gegenüber dem Alt- oder dem Neugläubiger hinsichtlich der persönlichen Schuld,<br />
2. kann aber gemäß § l156 der Eigentümer nicht hinsichtlich der Hypothek geltend machen.<br />
Ziegelsteig I. E, persönlicher Schuldner des G1, hat an seinem Grundstück, Ziegelsteig, Hypothek für G1 bestellt. G1 tritt ordnungsgemäß,<br />
mit Grundbucheintragung etc., an G2 ab. Dann zahlt E an G1, weil E den G1 nach wie vor für den Gläubiger hält.<br />
1. Kann G2 dennoch die Zwangsvollstreckung in Grundstück des E betreiben, § 1147?<br />
Keine wirksame Leistung des E an G1, wegen § 1156 kein Gutglaubensschutz nach § 407, Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 893 nicht<br />
gegeben. Also Anspruch des G2 gegen E.<br />
2. Kann G2 auf Grund persönlicher Forderung gegen E vorgehen? Nein, diese ist erloschen, § 407<br />
(Falls E und S nicht identisch ist, bei Zahlung durch den E kein Erlöschen der Forderung des G2, fraglich).<br />
Ziegelsteig II. E hat eigene Forderung aus früherem Rechtsgeschäft gegen G 1. E ist aber auch persönlicher Schuldner des G1. Zur Sicherung<br />
der Forderung des G1 hat E an seinem Grundstück, Ziegelsteig, Hypothek für G1 bestellt. G1 tritt ordnungsgemäß, mit<br />
Grundbucheintragung etc., an G2 ab. Dann erklärt E gegenüber G2 die Aufrechnung mit seiner eigenen früheren Forderung gegen G1.<br />
Auch hier wird <strong>zu</strong> differenzieren sein:<br />
1. Zwar § 406, so dass beide persönlichen Forderungen (E – G 1, G 2 – E) erlöschen.<br />
(Falls E und S nicht identisch ist, bei Aufrechnung durch den E kein Erlöschen der Forderungen, fraglich).<br />
2. Aber nach § 1156 Satz 1 bleibt Hypothek für G 2 am Grundstück des E erhalten (vgl. Gedanken des § 1138)<br />
(Ausnahme: Vertrauen auf Grundbuch und Brief, §§ 893, 1155).<br />
Kapitel 4. Aber gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek<br />
Wie der gutgläubige Erwerb des Eigentums, so stellt auch der gutgläubige Erwerb einer angeblich bestehenden Hypothek ein beliebtes Fragenfeld<br />
dar. Dabei ist der gutgläubige Zweit-Erwerb der Hypothek (d. h. Übertragung vom nichtberechtigten Erstgläubiger an den gutgläubigen<br />
Zweitgläubiger) <strong>zu</strong> unterscheiden von dem gutgläubigen Erst-Erwerb (oben behandelt: Begründung der Hypothek durch den Nichteigentümer<br />
<strong>zu</strong> Gunsten eines gutgläubigen Gläubigers).<br />
1. Kohlenhandlung III. S nahm für den Betrieb seiner Kohlenhandlung persönlich bei G einen Kredit über Euro 240 000,- auf; der Kredit<br />
wurde ihm ordnungsgemäß ausgezahlt. Zur Sicherung hatte der V in Vertretung des E <strong>zu</strong>gesagt, für G eine Hypothek am Grundstück<br />
des E <strong>zu</strong> bestellen. Einigung zwischen V als Vertreter des S und G, Eintragung und Briefübergabe sind daraufhin erfolgt. Nunmehr<br />
überträgt G ordnungsgemäß die Hypothek auf den Neugläubiger N. Dann stellt sich heraus, dass V keine Vertretungsmacht hatte, für<br />
E <strong>zu</strong> handeln, E lehnt eine Genehmigung ab, § 177.<br />
Die Hypothek war also nicht wirksam begründet worden, § 873 I. G kann nicht existierende Hypothek nicht übertragen.<br />
Aber gutgläubiger Erwerb des N.<br />
2. Faustformel 3:<br />
„ G2 kann sich meistens gegen alle Einwendungen und Einreden des E<br />
auf seinen guten Glauben berufen.<br />
Das endet immer bei § 892. Aber die Wege dahin sind unterschiedlich.”<br />
3. Das bedeutet im Ergebnis:<br />
1. wenn der Neugläubiger auf Grund der Hypothek Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147,<br />
kann sich der Eigentümer zwar gegen den Neugläubiger der Einwendungen und Einreden bedienen,<br />
die er gegen den Erstgläubiger hatte.<br />
2. Der Neugläubiger, vorausgesetzt,<br />
er ist gutgläubig und ein Widerspruch oder eine Berichtigung ist nicht eingetragen,<br />
erwirbt aber vom angeblichen Altgläubiger eine vollwertige Hypothek,<br />
obwohl diese bis dahin entweder gar nicht bestand oder die einem anderen Gläubiger <strong>zu</strong>stand<br />
oder gegen deren Durchsetzbarkeit Einreden geltend gemacht werden konnten,<br />
3. mit der Folge, dass praktisch<br />
- das bisher unbelastete Grundstück des Eigentümers mit der Hypothek belastet ist,<br />
- oder dass der Eigentümer andere Abwehrrechte gegen die Hypothek einbüßt,<br />
- oder dass der wirkliche Hypothekengläubiger (= Hypothekar) seine Hypothek verliert.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
4. Der hier behandelte gutgläubige Erwerb der Hypothek vom Nicht-Hypothekengläubiger („Zweiterwerb“)<br />
ist <strong>zu</strong> unterscheiden vom gutgläubigen Erwerb vom Nicht-Eigentümer („Ersterwerb“).<br />
5. „Widerspruch bei Veräußerungskette“: „Der Bucheigentümer B bestellt dem unredlichen H eine Hypothek. Danach wird für den Eigentümer<br />
E ein Widerspruch gegen das Eigentum des B eingetragen. Schließlich tritt H die Hypothek an den redlichen G ab. G klagt<br />
aus der Hypothek gegen den inzwischen als Eigentümer eingetragenen E.“ (Medicus Rdnr. 551, gegen RGZ 129, 124 ff.).<br />
Widerspruch war bei Hypothekenbestellung für H noch nicht eingetragen und betreffe deswegen nicht Hypothek. G habe annehmen<br />
dürfen, dass H <strong>zu</strong>mindest kraft Redlichkeit Hypothek wirksam erworben habe. G erwerbe kraft § 892.<br />
6. Rechtsprechung<br />
Gutgläubiger Zweiterwerb nach Belastungsvollmacht (BGH Urt. v. 14. 3. 2000, NJW 2000, 2021 = JuS 2000, 920).<br />
7. Vorausset<strong>zu</strong>ngen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau<br />
für gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothekenforderung:<br />
1. Einigsein des bisherigen Gläubigers und des neuen Gläubigers<br />
über Abtretung der gesicherten Forderung, § 398,<br />
2. in der Form des § 1154,<br />
Aber es fehlt an<br />
3. Wirksamkeit der Hypothek oder<br />
4. Berechtigung des bisherigen Gläubigers,<br />
Stattdessen<br />
5. guter Glaube, §§ 1157, 1138, 892 und<br />
6. besondere Formerfordernisse, §§ 892, 1155.<br />
Kapitel 4. Zweiterwerb der Hypothek: Guter Glaube des Hypothekenerwerbers<br />
1. Unterschiedliche Gutglaubens-Vorschriften für neuen Gläubiger<br />
je nachdem ob<br />
1. ein Einwendung gegen die Hypothek, § 892 I,<br />
2. eine Einrede gegen die Hypothek, §§ 1157 S. 2, 892, oder<br />
3. eine Einwendung gegen die persönliche Forderung, §§ 1138, 892 I,<br />
4. eine Einrede gegen die persönliche Forderung, §§ 1138, 1137, 892,<br />
betroffen ist.<br />
(Deswegen ist die oben beschriebene Mechanik der „Gegenrechte des Eigentümers gegen den Erstgläubiger“ so wichtig.).<br />
2. Gutglaubensvorschriften betreffend<br />
Ein-wendungen gegen die Hypothek,<br />
d. h. die im Grundbuch eingetragene Hypothek existiert nicht:<br />
immer direkt § 892.<br />
Wenn also der Neugläubiger auf Grund der Hypothek Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147,<br />
kann sich der Eigentümer zwar gegen den Neugläubiger der Einwendungen gegen die Hypothek bedienen,<br />
die er gegen den Erstgläubiger hatte.<br />
Der Neugläubiger, vorausgesetzt, er ist gutgläubig und ein Widerspruch ist nicht eingetragen,<br />
erwirbt aber vom angeblichen Altgläubiger eine vollwertige Hypothek obwohl diese bis dahin gar nicht bestand,<br />
mit der Folge, dass praktisch das bisher unbelastete Grundstück des Eigentümers mit der Hypothek belastet ist,<br />
und der Eigentümer die Zwangsvollstreckung nach § 1147 dulden muss.<br />
Aber § 892 nicht allein anwendbar (sondern nur in Verbindung mit § 1138),<br />
wenn die Unwirksamkeit der Hypothek ihre Ursache in Fehlern der Forderung hat,<br />
z. B. Forderung ist unwirksam, ist erloschen oder steht einem anderen <strong>zu</strong>.<br />
Denn kein gutgläubiger Erwerb der Forderung.<br />
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Grundstücksrecht<br />
3. Gutglaubens-Vorschriften betreffend<br />
Ein-reden gegen die Hypothek, §§ 1157 S. 2, 892,<br />
z.B. wegen unerlaubter Handlung des G 1, § 853, oder z.B. Abrede der Stundung der Hypothek.<br />
Auch hier gilt, dass dann, wenn der Neugläubiger die Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147,<br />
der Eigentümer die Einrede erheben kann, die er gegen den Erstgläubiger hatte,<br />
dass aber der Neugläubiger, vorausgesetzt, er ist gutgläubig und ein Widerspruch ist nicht eingetragen,<br />
vom Altgläubiger eine einrede-freie, vollwertige Hypothek erworben hat,<br />
mit der Folge, dass praktisch der Eigentümer sein Abwehrrecht gegen die Hypothek einbüßt.<br />
4. Guter Glaube betreffend die Forderung<br />
1. Fundamentalsatz: kein Schutz des guten Glaubens an Forderung, § 404.<br />
2. Ausnahme: Aber Schutz des guten Glaubens an Forderung,<br />
um gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothek <strong>zu</strong> ermöglichen, § 1138.<br />
3. Einschränkung der Ausnahme:<br />
§ 1138 erlaubt aber nicht gutgläubigen isolierten Erwerb der Forderung.<br />
4. Jedoch umstrittene Ansicht <strong>zu</strong>r Einschränkung der Ausnahme,<br />
wenn die persönliche Forderung existiert, aber<br />
nicht dem übertragenden Hypothekengläubiger, sondern einem anderen <strong>zu</strong>steht<br />
(Da<strong>zu</strong> gleich im einzelnen).<br />
5. Fundamentalsatz, dass guter Glaube an Existenz einer Forderung, die in Wirklichkeit nicht existiert,<br />
bei Abtretung grundsätzlich nicht geschützt wird, § 404 BGB.<br />
Teehandlung I. Der Großteehändler G vereinbart schriftlich mit Frau F, dass G der F ein Darlehen von Euro 50 000,- <strong>zu</strong>r Einrichtung<br />
ihres Teegeschäftes gewähren wird; über eine Sicherung für den G wird nicht gesprochen. Zu der Auszahlung kommt es jedoch nicht.<br />
Nun tritt G diese angebliche Forderung gegen F an das gutgläubige Kreditinstitut K ab. Anspruch K gegen F? Nein; auch die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
der Ausnahmevorschrift des § 405 sind nicht gegeben.<br />
6. Gutglaubens-Vorschriften betreffend<br />
Ein-wendungen gegen die persönliche Forderung, §§ 1138, 892 I,<br />
z. B. wenn die Forderung und infolgedessen Hypothek nicht entstanden ist oder erloschen ist<br />
oder in Wirklichkeit einem anderen Gläubiger <strong>zu</strong>steht.<br />
Aber der ausnahmsweise Schutz des guten Glaubens an Forderung nur <strong>zu</strong> dem beschränkten dogmatischen Zweck,<br />
nur um gutgläubigen Zweiterwerb einer solchen Hypothek <strong>zu</strong> ermöglichen,<br />
die eine einwendungs- oder einredebehaftete Forderung sichert.<br />
Wirtschaftliches Ziel: Stärkung des Hypothekarkredits.<br />
„Die Vorschriften der §§ 891 bis 899“,<br />
insbesondere die Gutglaubensvorschrift des § 892,<br />
„gelten für die Hypothek (unterstreichen!) auch in Ansehung der Forderung“.<br />
Wenn also der Neugläubiger auf Grund der Hypothek Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147,<br />
kann der Eigentümer zwar gegenüber den Neugläubiger die Einwendung erheben,<br />
dass die Forderung nicht entstanden oder erloschen ist oder einem anderen Gläubiger <strong>zu</strong>steht,<br />
aber der Neugläubiger erlangt auch in diesem Fall unter den bekannten Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
eine vollwertige Hypothek,<br />
mit der Folge, dass praktisch das bisher unbelastete Grundstück des Eigentümers mit der Hypothek belastet ist,<br />
oder dass der wirkliche Hypothekengläubiger (= Hypothekar) seine Hypothek verliert.<br />
Kirschgarten I. Simon und Blau vereinbaren, dass Blau dem Simon ein Darlehen in Höhe von 40 000,- Euro gewähren und dass Simon<br />
dem Blau an seinem Grundstück ,,Kirschgarten“ <strong>zu</strong>r Sicherung eine Hypothek bestellen wird. Die Hypothek für Blau wird schon<br />
in das Grundbuch eingetragen, und der Hypothekenbrief wird unvorsichtigerweise von Simon dem Blau ausgehändigt. Zu der Darlehensauszahlung<br />
kommt es nicht. Dennoch überträgt Blau die angeblich ihm <strong>zu</strong>stehende Hypothek an den gutgläubigen Grün mit Abtretungserklärung<br />
und Eintragung des Grün im Grundbuch (G 2).<br />
1. Wurde ein Grundpfandrecht wirksam begründet? Ja.<br />
2. Aber wem steht es <strong>zu</strong>? Als Eigentümergrundschuld dem S, §§ 1163 I 1, 1177, nicht dem B.<br />
3. Jedoch gutgläubiger Erwerb des G 2 von B, §§ 1154 I und II, 873; 1138 Halbs. 1, 892.<br />
7. Einschränkung der Ausnahmebestimmung des § 1138.<br />
Die Vorschriften der §§ 891 bis 899<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
gelten nur für die Hypothek (unterstreichen!) auch in Ansehung der Forderung.<br />
Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers<br />
1. erlangt Hypothekengläubiger nicht die persönliche Forderung für sich.<br />
2. Kirschgarten II. Simon und Blau vereinbaren, dass Blau dem Simon ein Darlehen in Höhe von 40 000,- Euro gewähren wird.<br />
Simon bestellt dem Blau an seinem Grundstück ,,Kirschgarten“ als Sicherheit eine Hypothek und händigt den Hypothekenbrief<br />
aus. Zu der Darlehensauszahlung kommt es nicht. Dennoch überträgt Blau die angeblich ihm <strong>zu</strong>stehende Hypothek, die in<br />
Wirklichkeit gemäß §§ 1163 I 1, 1177 eine Eigentümergrundschuld des S war, an den gutgläubigen Grün. Kraft seines guten<br />
Glaubens hat Grün zweifelsohne die Hypothek an dem Grundstück des Simon erworben; 1138 Halbs. 1, 892.<br />
Aber hat Grün auch die nicht existente Forderung erworben? Nein.<br />
3. Berühmtes Bild: § 1138 sei wie eine Brücke,<br />
so dass die Hypothek auf den Hypothekenerwerber übergeht;<br />
aber danach bricht die Brücke <strong>zu</strong>sammen, so dass<br />
die Forderung allein nicht mehr <strong>zu</strong>m Hypothekenerwerber gelangen kann.<br />
4. Praktische Folge? Dieser neue Hypothekengläubiger (= Hypothekar)<br />
1. kann zwar in das belastete Grundstück des Eigentümers vollstrecken,<br />
2. aber er hat keinen Zugriff auf das sonstige Vermögen des Schuldners,<br />
insbesondere, wenn Eigentümer und angeblicher persönlicher Schuldner identisch ist.<br />
5. Das ist unstreitig, wenn die persönliche Forderung gar nicht existiert,<br />
d. h. wenn es sich um eine Eigentümergrundschuld handelt.<br />
8. Rechtslage ist umstritten, wenn die persönliche Forderung existiert, aber<br />
nicht dem übertragenden Hypothekengläubiger, sondern einem anderen <strong>zu</strong>steht.<br />
1. Birnenplantage. Emil bestellt an seinem Grundstück, einer Birnenplantage, wirksam eine Buchhypothek <strong>zu</strong> Gunsten des Alexander,<br />
nämlich <strong>zu</strong>r Sicherung eines Darlehens, das Alexander dem Samuel gewährt hatte. Alexander überträgt die Forderung<br />
mit Buchhypothek in ordnungsgemäßer Form an Blau, Blau sodann an Caesar. Nun stellt sich heraus, dass Alexander zwar das<br />
Darlehen an den persönlichen Schuldner S ausgezahlt und die Hypothek wirksam vom Grundstückseigentümer Emil erworben<br />
hat, dass Alexander aber später, bei der Übertragung an Blau, geisteskrank war. Das hat niemand gewusst. Hat Caesar die Hypothek<br />
und die persönliche Forderung erworben?<br />
- Alexander hat die Hypothek wirksam erworben, §§ 1113 ff., 873.<br />
- Aber keine wirksame Übertragung A – B, §§ 104 f. A ist Inhaber der Hypothek geblieben, obwohl B eingetragen ist.<br />
- Nie Schutz des guten Glaubens an Geschäftsfähigkeit,<br />
schon deswegen kein gutgläubiger Erwerb der Forderung durch B, § 404.<br />
- Eigentlich auch keine wirksame Übertragung B – C, weil B nicht Inhaber der Hypothek ist.<br />
- Auch eigentlich kein Schutz des guten Glaubens des C an Forderung des B, § 404.<br />
Aber guter Glaube des C an Wirksamkeit der Hypothek mit Forderung geschützt, §§ 1138, 892,<br />
so dass C Inhaber der Hypothek geworden ist, A hat damit die Hypothek verloren<br />
(bis <strong>zu</strong> diesem Punkt alles unstreitig).<br />
Aber ist C auch Inhaber der persönlichen Forderung des A gegen S geworden? Str.<br />
2. Konventionelle Lösung (Palandt; MK):<br />
1. § 1138 will nur gutgläubigen Erwerb der Hypothek erlauben,<br />
erklärt sich nur aus der Vorstellung, dass Hypothek eine Forderung voraussetze.<br />
2. Also bleibt es dabei, dass gutgläubig nur die Hypothek erworben wird.<br />
3. Die Forderung gegen S steht nach wie vor dem ursprünglich Berechtigten (hier: A) <strong>zu</strong>.<br />
4. Eigentümer und persönlicher Schuldner müssen aber gegen Doppelinanspruchnahme geschützt werden, etwa<br />
1. mit der Einrede, bei Geltendmachung des einen Rechts das andere <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>übertragen oder<br />
2. mit Erlöschen der Forderung bei Zahlung auf die Hypothek oder<br />
3. mit Ausgleichsansprüchen zwischen Grundstückseigentümer und persönlichem Schuldner.<br />
3. Aber moderne Ansicht (W. Gerhardt, M. Wolf):<br />
1. Zwar beschränkte Bedeutung des § 1138.<br />
2. Aber Argumente für die moderne Ansicht:<br />
1. da die Hypothek gemäß § 1153 II Halbs. 2<br />
nicht ohne die Forderung übertragen werden kann,<br />
geht auch die Forderung auf den neuen Hypothekengläubiger (hier:C) über<br />
und der bisher Berechtigte (hier A) verliert seine Forderung.<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. Auf diese Weise werden Auseinanderfallen<br />
Hypothek und Forderung vermieden.<br />
3. Hauptzweck: Eigentümer wie Schuldner sind auf einfache Weise gegen doppelte Inanspruchnahme<br />
geschützt, und dieser ist der Zweck des § 1153.<br />
Mit dem Ergebnis, dass hier Forderung der Hypothek folgt, wird gerade Trennung beider verhindert.<br />
9. Ähnliches gilt für Ein-reden gegen die persönliche Forderung.<br />
1. Diese kann ja grundsätzlich<br />
der Eigentümer gegenüber der Hypothek geltend machen, § 1137 I 1.<br />
2. Aber der Hypothekengläubiger (G 2), der diese Einreden nicht kennt,<br />
erwirbt die Hypothek insofern einrede-frei, § 1138;<br />
der Eigentümer verliert also die Einreden.<br />
3. Aber wenn der Erwerber G 2 auf Grund der Forderung<br />
von dem Schuldner Leistung verlangt,<br />
kann der Schuldner die Einrede erheben, § 404.<br />
Kapitel 6. Eingeschränkter gutgläubiger Zweiterwerb der Sicherungshypothek<br />
1. §§ 1184 ff.<br />
2. Gar kein guter Glaube an Forderung, kein § 1138.<br />
1. Daher kein gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek,<br />
wenn Forderung nicht existiert oder einem anderen Gläubiger <strong>zu</strong>steht,<br />
2. kein gutgläubig einredefreier Erwerb hinsichtlich Einreden gegen Forderung,<br />
§§ 1137, 1138.<br />
Es können also nur noch Mängel der dinglichen Rechtsgeschäfte geheilt werden.<br />
3. Den Gegensatz <strong>zu</strong>r Sicherungshypothek bildet die übliche „Verkehrshypothek“.<br />
Nicht verwechseln Sicherungs-Hypothek und Sicherungs-Grundschuld.<br />
Kapitel 7. Gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek: Formerfordernisse<br />
Für den gutgläubigen Erwerb der Buchhypothek ist es erforderlich und ausreichend, dass der Erwerber auf die Eintragung im Grundbuch<br />
vertraut. Aber damit die Briefhypothek auch wirklich umlauffähig ist, muss sie möglichst mit demselben Gutglaubensschutz ausgestattet sein<br />
wie das Grundbuch. Damit wiederum der Grundstückseigentümer nicht ohne Schutz bleibt, müssen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen und Grenzen des<br />
Gutglaubensschutzes genau festgelegt werden (§ 1155). Dabei hatte der Gesetzgeber auch <strong>zu</strong> entscheiden, welche Bedeutung unterschiedliche<br />
Eintragungen auf dem Grundbuchbrief und im Grundbach haben sollen (§ 1155, § 1140). Der Wortlaut der Vorschriften ist klar, aber<br />
trotzdem machen sie den Studierenden oft Schwierigkeiten.<br />
1. Buchhypothek<br />
1. Erforderlich und genügend, dass Veräußerer der Hypothek im Grundbuch als Hypothekengläubiger eingetragen war und<br />
2. dass nicht rechtzeitig Widerspruch oder Grundbuchberichtigung erfolgt sind.<br />
Hinsichtlich der Buchhypothek kommt es im übrigen auf besondere Formerfordernisse nicht an.<br />
2. Für gutgläubigen Erwerb der Briefhypothek sind erforderlich<br />
- wie bei Erwerb vom Berechtigten die Beachtung der Form des § 1154, Absatz 1 oder Absatz 2,<br />
- außerdem für gutgläubigen Erwerb vom Nichtgläubiger Besonderheiten bezüglich<br />
Grundbuch, Hypothekenbrief und Abtretungserklärungen.<br />
3. Eckgrundstück. E hat dem G1 <strong>zu</strong>r Sicherung einer Darlehensforderung des G1 gegen S von 1 Mio. Euro wirksam eine Hypothek an<br />
seinem Eckgrundstück bestellt; die Eintragung erfolgt am 1. März.<br />
Am 2. April zahlt E 100 000,- an G1 <strong>zu</strong>rück, worüber ein entsprechender Vermerk im Grundbuch, aber nicht auf dem Hypothekenbrief<br />
erfolgte.<br />
Bei dieser Gelegenheit vereinbarten E und G1, ohne Eintragung, dass die Hypothek erst geltend gemacht werden dürfe, nachdem sich<br />
die Zwangsvollstreckung gegen S als erfolglos erwiesen habe.<br />
Am 3. Mai erwirkt E im Wege einer einstweiligen Verfügung die Eintragung des Widerspruchs im Grundbuch betreffend die Vereinbarung<br />
zwischen E und G1 über die Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Geltendmachung der Hypothek.<br />
G1 überträgt am 4. Juni die Hypothek mit Briefübergabe und öffentlich beglaubigter Abtretungserklärung an G2. G2 weiß weder etwas<br />
von der Zahlung noch von der Abrede des 2. April.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
G2 überträgt die Hypothek in schriftlicher Form mit Briefübergabe an G3. G3 weiß nichts von der Zahlung und der Abrede und<br />
glaubt, eine vollwirksame Hypothek über 1 Mio. Euro am Eckgrundstück des E erlangt <strong>zu</strong> haben.<br />
Kann G3 ohne weiteres von E die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Eckgrundstück verlangen?<br />
4. Erforderlich für gutgläubigen Erwerb der Forderung aus einer Briefhypothek<br />
sind Abtretungserklärungen<br />
1. von einem im Grundbuch eingetragenen Gläubiger<br />
(dieser kann auch der Eigentümer sein, der sich eine Eigentümergrundschuld bestellt hat),<br />
bis hin <strong>zu</strong>m veräußernden Gläubiger<br />
(das ist der „Vormann“ des jetzigen Gläubigers) und<br />
2. öffentliche Beglaubigung dieser Veräußererkette<br />
- (deswegen das Recht des Hypothekenerwerbers auf öffentliche Beglaubigung, § 1154 I 2),<br />
- hier wieder die „Spitzfindigkeit“ des Gesetzes: nur der Veräußerer<br />
muss sich durch ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen ausweisen,<br />
nicht der neue Gläubiger.<br />
Gutgläubiger Erwerb ist auch möglich, wenn vom letzten Veräußerer auf den neuen Gläubiger<br />
nur schriftliche Abtretungserklärung oder Grundbucheintragung (§ 1154 I 1 oder II).<br />
Unterbrechung der Kette durch bloß schriftliche Abtretungserklärung ohne Beglaubigung<br />
1. schadet und verhindert gutgläubigen Erwerb aller Späteren, wenn diese Abtretung unwirksam war,<br />
z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit des Abtretenden oder des Abtretungsempfängers,<br />
2. aber ist nach h. M. unschädlich und erlaubt späteren gutgläubigen Erwerb,<br />
wenn die fragliche, nur schriftliche Abtretung, wirksam war (aber str.).<br />
Ob Fälschung schadet, weil auch sonst nicht durch guten Glauben gedeckt ist,<br />
oder wegen Umlaufsinteresses (§ 1155) durch guten Glauben ersetzt wird (so RG in obiter dictum), ist str.<br />
5. Aber kein Schutz des guten Glaubens des Erwerbers einer Briefhypothek<br />
wenn Widerspruch<br />
oder Berichtigung im Grundbuch eingetragen ist,<br />
und zwar <strong>zu</strong>r Zeit der Abtretungserklärung und der Briefübergabe, je nach späterem Zeitpunkt,<br />
auch wenn aus dem Brief nicht <strong>zu</strong> ersehen ist, und zwar gerade dann,<br />
wenn neuer Gläubiger gutgläubig ist und von Bucheintragung nichts weiß.<br />
Denn § 1155 S. 1 am Ende stellt nur die beschränkte Gleichstellung auf,<br />
„wie wenn der Besitzer des Briefes (d.h. der Veräußerer der Briefhypothek) als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre“.<br />
Dann sind im übrigen die weiteren Eintragungen im Grundbuch <strong>zu</strong> berücksichtigen.<br />
Auch arg. § 1140 für Erheblichkeit der Berichtigung oder des Widerspruchs im Grundbuch.<br />
Kurz: richtiges Grundbuch zerstört falschen Hypothekenbrief.<br />
Wenn z. B. Hypothek im Grundbuch richtig mit 80 000 Euro eingetragen,<br />
oder wenn im Grundbuch Widerspruch gegen die Hypothek, soweit die Forderung 80 000 Euro übersteigt,<br />
wenn aber auf dem Brief <strong>zu</strong> Unrecht 100 000 Euro angegeben sind,<br />
dann nur Erwerb der Hypothek in Höhe von 80 000 Euro möglich.<br />
6. Guter Glaube an unrichtiges Grundbuch wird zwar geschützt, § 892 direkt.<br />
Aber wenn Hypothekenbrief richtig ist,<br />
dann nützt die Unrichtigkeit des Grundbuchs nichts, § 1140 S. 1.<br />
Kurz: richtiger Brief zerstört falsches Grundbuch,<br />
und zwar gerade dann, wenn Gläubiger gutgläubig ist und von Briefeintragung nichts weiß.<br />
Wenn z. B. im Betrag von 80 000 Euro ein Teil von 25 000 Euro wirksam <strong>zu</strong>rückgezahlt<br />
und entsprechend auf dem Hypothekenbrief quittiert aber nicht im Grundbuch eingetragen wurden,<br />
dann nur Erwerb der Resthypothek in Höhe von 55 000 Euro.<br />
7. Faustformel:<br />
- Richtiges Grundbuch oder<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
- richtiger Brief oder<br />
- richtige Abtretungskette<br />
zerstören gutgläubigen Erwerb.<br />
Also Vorsicht: der Erwerber einer Briefhypothek ist weniger geschützt, als man eigentlich glauben würde.<br />
Umgekehrt: nur die übereinstimmende Unrichtigkeit<br />
von Buch, Brief und Abtretungskette erlaubt gutgläubigen Erwerb.<br />
Kapitel 8. Zusammenfassung<br />
Wie man sehen konnte, werden die Hauptprobleme bei der Hypothek durch Fehler entweder bei der Bestellung oder bei Übertragung oder infolge<br />
sonstiger Umstände verursacht. Die Probleme werden meistens durch den guten Glauben des Erwerbers ausgeglichen. Das soll im folgenden<br />
noch einmal <strong>zu</strong>sammengestellt werden.<br />
1. Fehler bei der Bestellung der Hypothek<br />
1. Fehlendes oder fehlerhaftes Einigsein über die Hypothekenbestellung, § 873 I,<br />
Hypothek ist nicht entstanden, keine Eigentümergrundschuld, kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers,<br />
aber gutgläubiger Erwerb des Zweiterwerbers, § 892.<br />
2. Fehlen der Eintragung - sowieso keine Hypothek, gutgläubiger Zweiterwerb nicht denkbar.<br />
3. Bestellung durch den Nichtberechtigten.<br />
Hypothek ist eigentlich nicht entstanden, keine Eigentümergrundschuld.<br />
1. Aber bei Bestellung durch Nichteigentümer<br />
und bei gutem Glauben des Erstgläubigers wirksam, § 892. Guter Glaube des Zweitgläubigers irrelevant.<br />
Wenn ausnahmsweise kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers, dann gutgläubiger Erwerb des Zweitgläubigers, § 892.<br />
2. Bei Fehlen sonstiger Berechtigung, z. B. Minderjährigkeit oder § 1365<br />
(falls diese Fälle nicht <strong>zu</strong>m fehlenden „Einigsein“ gerechnet werden),<br />
keine Hypothek, keine Eigentümergrundschuld, kein gutgläubiger Ersterwerb; erst gutgläubiger Zweiterwerb.<br />
4. Fehlende Briefübergabe etc., § 1117,<br />
Eigentümergrundschuld, §§ 1163 Absatz 2, 1177 I, kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers.<br />
Übertragung auf Zweitgläubiger ohne Briefübergabe nicht möglich, § 1154.<br />
5. Nicht entstandene Forderung bei der Bestellung der Hypothek,<br />
Eigentümergrundschuld, §§ 1163 Absatz 1, 1177 I; kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers,<br />
aber gutgläubiger Erwerb des Zweiterwerbers, §§ 1138, 892.<br />
2. Fehler bei der Übertragung auf Zweitgläubiger<br />
1. Fehler<br />
1. bei der Bestellung der „Hypothek“ des eingetragenen Erstgläubigers,<br />
gutgläubiger Erwerb des Zweitgläubigers, § 892,<br />
2. „in Ansehung der Forderung“ für den eingetragenen Erstgläubiger,<br />
gutgläubiger Erwerb der Hypothek durch Zweitgläubiger, §§ 1138, 892.<br />
2. Fehler bei der „Abtretung der Forderung“ mit Hypothek, § 1154,<br />
scheinbarer Zweitgläubiger erwirbt nicht die Hypothek,<br />
aber danach gutgläubiger Erwerb des <strong>Dr</strong>ittgläubigers, §§ 892, 1138.<br />
3. Einreden<br />
1. Einreden gegen die Hypothek<br />
1. hat Eigentümer ohnehin gegen Erstgläubiger, außerdem<br />
2. auch gegen neuen Gläubiger, § 1157 Satz 1.<br />
3. Hat Eigentümer aber gegen neuen Gläubiger nicht,<br />
1. wenn neuer Gläubiger diese nicht kennt, §§ 1157 Satz 2, 892, und<br />
2. wenn sie aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind.<br />
2. Einreden gegen die persönliche Forderung<br />
1. hat Eigentümer gegen Erstgläubiger, § 1137, außerdem<br />
2. auch gegen neuen Gläubiger, §§ 404, 1137.<br />
3. Hat Eigentümer aber nicht gegenüber der „Hypothek“,<br />
1. wenn neuer Gläubiger diese nicht kennt, §§ 1138, 1137, 892, und<br />
2. wenn sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
4. Die drei Faustregeln<br />
1. „Der Eigentümer hat gegenüber dem Gläubiger fast alle überhaupt denkbaren Einwendungen und Einreden“.<br />
2. „Der Eigentümer verliert seine Einwendungen und Einreden<br />
nicht allein dadurch, dass die Hypothek auf einen neuen Gläubiger übertragen werden sollte.“<br />
3. „Der neue Gläubiger kann sich aber meistens gegen alle Einwendungen und Einreden auf seinen guten Glauben berufen.<br />
Das endet immer bei § 892. Aber die Wege dahin sind unterschiedlich.”<br />
5. Guter Glaube „in Ansehung der Forderung“, § 1138<br />
1. Wenn Forderung gänzlich fehlt,<br />
1. wird sie für Existenz der „Hypothek“ fingiert,<br />
2. Erwerber erwirbt sie aber nicht, um sie isoliert gegenüber persönlichem Schuldner<br />
geltend machen <strong>zu</strong> können.<br />
2. Wenn sie existiert, aber nicht dem eingetragenen Gläubiger <strong>zu</strong>steht,<br />
1. wird sie ebenfalls als dem Eingetragenen <strong>zu</strong>stehend fingiert.<br />
2. Ob außerdem die persönliche Forderung auch als solche auf den Erwerber übergeht, ist str.<br />
3. Das Gleiche gilt hinsichtlich Einreden gegen die persönliche Forderung.<br />
6. Guter Glaube bei Erwerb einer Briefhypothek, § 1155 (und § 1140)<br />
1. Vorausset<strong>zu</strong>ngen des Gutglaubensschutzes des Erwerbers<br />
1. Inhaber des Hypothekenbriefs<br />
1. war veräußernder Gläubiger und<br />
2. ist jetzt der Erwerber der Briefhypothek,<br />
2. Abtretungserklärungen<br />
1. von einem im Grundbuch eingetragenen Gläubiger<br />
2. bis hin <strong>zu</strong>m veräußernden Gläubiger<br />
sind öffentlich beglaubigt.<br />
3. Aber kein Schutz des guten Glaubens<br />
1. wenn Widerspruch oder Berichtigung im Grundbuch eingetragen ist,<br />
2. oder wenn Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief ersichtlich ist.<br />
Kapitel 9. Übertragung des belasteten Grundstücks<br />
Die im folgenden beantworteten Fragen: „Ist der Eigentümer des belasteten Grundstücks durch die Hypothek oder Grundschuld in seiner<br />
Verfügung über das Grundstück beschränkt? Welche Rechtsstellung hat der Käufer eines solchen Grundstücks?“, sind natürlich für den<br />
Grundstücksverkehr von großer praktischer Bedeutung und könnten Gegenstand einer sogenannten Anwaltsklausur sein.<br />
1. Kastanienhof. E hast sein Grundstück „Kastanienhof“ mit einer Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten der Bank B belastet. Kann er ohne weiteres das<br />
Grundstück an den Interessenten I veräußern? Muss B <strong>zu</strong>stimmen? Muss I haften?<br />
2. Keine Verfügungsbeschränkung<br />
Der Eigentümer des Grundstücks, das mit einer Hypothek oder Grundschuld belastet ist,<br />
ist in keiner Weise in der Verfügung über das Grundstück beschränkt. Er kann es z. B. an<br />
einen Käufer übereignen.<br />
3. Beteiligte am Eigentümerwechsel<br />
1. bisheriger Eigentümer des belasteten Grundstücks = Verkäufer<br />
2. neuer Eigentümer des belasteten Grundstück = Käufer<br />
3. persönlicher Schuldner,<br />
- kann mit bisherigem Gläubiger identisch sein,<br />
- kann stattdessen verschiedene Person sein.<br />
4. Gläubiger der Forderung ist gleichzeitig Gläubiger der Hypothek oder Grundschuld.<br />
4. Wichtig <strong>zu</strong> unterscheiden<br />
1. Frage der Hypothek oder Grundschuld einerseits,<br />
2. Frage der persönlichen Schuld andererseits.<br />
5. Sogenannter „Sukzessionsschutz“ hinsichtlich Hypothek oder Grundschuld.<br />
Wenn das belastete Grundstück vom bisherigen Eigentümer<br />
auf einen neuen Eigentümer übertragen wird (Sukzession),<br />
wenn also der Eigentümer des Grundstücks wechselt,<br />
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Grundstücksrecht<br />
bleibt die Hypothek oder Grundschuld ohne weiteres erhalten.<br />
Das Eigentum an einer Sache ist wie ein Elefant,<br />
es trägt die Belastung mit Pfandrecht<br />
oder anderen beschränkten dinglichen Rechten mit sich,<br />
auch wenn es weiterwandert, daher Elefantenprinzip ©.<br />
Der Gläubiger bleibt derselbe,<br />
das Grundstück, das ihm haftet, bleibt dasselbe,<br />
nur der Eigentümer des haftenden Grundstücks wird ein anderer.<br />
Bei der Vereinbarung der Übernahme der Hypothek durch den Käufer<br />
ist ein besonderes dingliches Rechtsgeschäft in Be<strong>zu</strong>g auf die Hypothek nicht denkbar,<br />
denn Käufer als neuer Eigentümer ist ohnehin mit der Hypothek belastet<br />
(anders: bezüglich der persönlichen Schuld).<br />
6. Ausgenommen gutgläubig lastenfreier Erwerb, wenn eine Hypothek <strong>zu</strong> Unrecht gelöscht worden war, § 892.<br />
7. Der (bisherige) Eigentümer kann sich in einer vollstreckbaren Urkunde sogar mit Wirkung<br />
„gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks“ der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen, § 800 ZPO.<br />
8. Fortdauer der persönlichen Schuld bei ursprünglichem Schuldner<br />
Auch wenn das Eigentum an dem belasteten Grundstück wechselt,<br />
selbst wenn der Schuldner bis dahin Eigentümer des belasteten Grundstücks war,<br />
so bleibt doch der ursprüngliche Schuldner nach wie vor der einzige Schuldner<br />
des Gläubigers.<br />
Der Gläubiger bleibt gleichzeitig der Gläubiger der persönlichen Schuld<br />
und der Hypothek.<br />
9. Infolgedessen würden als Folge der Übereignung des Grundstücks<br />
- persönliche Schuld und Eigentum am belasteten Grundstück auseinanderfallen,<br />
- der Käufer würde für seinen vollen Kaufpreis ein belastetes Grundstück erhalten,<br />
wenn nicht die drei Beteiligten entsprechende Vereinbarungen treffen würden.<br />
10. Wenn die drei Beteiligten keine entsprechenden Vereinbarungen treffen,<br />
1. dann bleibt der ursprüngliche Schuldner der Schuldner,<br />
2. das Grundstück des Käufers bleibt mit der Hypothek oder Grundschuld belastet,<br />
3. aber die bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld bedeutet<br />
einen Rechtsmangel, §§ 433, 435 S. 1, 442 II BGB n. F.<br />
11. Erste Möglichkeit:<br />
Verkäufer (der bisherige Eigentümer) und Käufer vereinbaren,<br />
dass der Verkäufer die Hypothek oder Grundschuld ablöst.<br />
1. Dann muss der (bisherige) Eigentümer mit dem Gläubiger<br />
(üblicherweise gegen Zahlung) eine entsprechende Vereinbarung treffen,<br />
insbesondere zwecks<br />
- Aufhebung der Hypothek, §§ 1183, 875; oder Verzicht, § 1168;<br />
- oder Befriedigung, § 1142 oder § 362;<br />
da<strong>zu</strong> a. o. Kündigungsrecht des S, § 490 II.<br />
2. Damit geht meistens auch die persönliche Schuld unter.<br />
3. Der Käufer erhält unbelastetes Eigentum<br />
und schuldet dem Verkäufer vollen Kaufpreis.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
12. Zweite Möglichkeit<br />
1. Der Käufer erklärt sich mit dem Bestehenbleiben der Belastung einverstanden,<br />
und vereinbart mit dem Verkäufer eine entsprechend niedrigere Barzahlung,<br />
das ist die weitverbreitete „Übernahme der Hypothek (oder Grundschuld)<br />
mit Anrechnung auf den Kaufpreis“.<br />
Nach § 435 I 1 schließt derartige Vereinbarung Rechtsmangel aus.<br />
2. Hinsichtlich der persönlichen Schuld<br />
1. ist damit gleichzeitig die Schuldübernahme gewollt, §§ 414 f., § 416.<br />
2. Wenn aber G mit der Schuldübernahme durch den neuen Eigentümer<br />
nicht einverstanden ist, Verkäufer und Käufer jedoch den Kaufvertrag durchführen wollen,<br />
1. bleibt es dabei, dass<br />
1. der Käufer als neuer Eigentümer mit seinem Grundstück für Hypothek oder Grundschuld haftet und<br />
2. bisheriger Schuldner nach wie vor persönlich haftet.<br />
2. Aber der Käufer ist im Innenverhältnis <strong>zu</strong>m Verkäufer und Schuldner verpflichtet,<br />
bei Fälligkeit die Schuld <strong>zu</strong> bezahlen,<br />
so auch die gesetzliche Regelung für den „Zweifel“, § 415 III.<br />
3. Wenn bei Fälligkeit<br />
1. vertragsgemäß der Käufer (= der neue Eigentümer) an den Gläubiger zahlt, § 362,<br />
wird die Hypothek <strong>zu</strong>r Eigentümergrundschuld des Käufers, §§ 1163 I 2, 1177.<br />
Kein Regress des Käufers gegen den Verkäufer.<br />
2. Wenn aber der Verkäufer (= der frühere Eigentümer) in diesem Fall an den Gläubiger zahlt, § 362,<br />
hat der Verkäufer einen Regressanspruch gegen den Käufer,<br />
und die Hypothek geht <strong>zu</strong>r Sicherung dieses Regressanspruchs auf den Verkäufer über,<br />
§ 1164 I 1 (nicht: § 1143).<br />
13. <strong>Dr</strong>itte Möglichkeit<br />
Der Käufer erklärt sich mit dem Bestehenbleiben der Belastung einverstanden,<br />
der Verkäufer bleibt der persönliche Schuldner des Gläubigers, und beide vereinbaren,<br />
dass Verkäufer rechtzeitig für die Bezahlung an den Gläubiger sorgt,<br />
der Käufer zahlt aber vollen Kaufpreis an den Verkäufer.<br />
1. Wenn nun bei Fälligkeit vertragsgemäß der Verkäufer an den Gläubiger zahlt, § 362,<br />
wird die Hypothek <strong>zu</strong>r Eigentümergrundschuld des Käufers, §§ 1163 I 2, 1177.<br />
Kein Regress des Verkäufers gegen den Käufer.<br />
2. Wenn aber der Käufer (= der jetzige Eigentümer) in diesem Fall an den Gläubiger zahlt,<br />
hat Käufer Regress gegen Verkäufer,<br />
die persönliche Forderung des G gegen V erlischt nicht,<br />
sondern geht auf den Käufer, als den jetzigen Eigentümer über, §§ 1143 I 1 (nicht § 1164), 412, 398 ff.,<br />
mit der Forderung geht die Hypothek auf den Käufer über, § 1163 I 2,<br />
bleibt aber bis <strong>zu</strong>r Bezahlung der persönlichen Schuld durch den V eine Eigentümerhypothek des K.<br />
5. TEIL. BEFRIEDIGUNG DES GLÄUBIGERS<br />
Bisher ging es um Begründung und Übertragung der Hypothek und um die Einwendungen und Einreden des Eigentümers. Damit kommt<br />
man <strong>zu</strong> der naheliegenden Frage: Was passiert, wenn Zahlung an den Gläubiger erfolgt? Die Frage nach den Wirkungen der Zahlung betrifft<br />
die Existenz von Hypothek und persönlicher Schuld und, was wichtiger ist, den möglichen Rückgriff zwischen Eigentümer und persönlichem<br />
Schuldner, wenn diese nicht identisch sind. Wenn aber keine freiwillige Zahlung erfolgt, dann fragt sich, in welcher Weise und auf welche<br />
Gegenstände des Grundstückseigentümers der Gläubiger nun <strong>zu</strong>greifen darf.<br />
Kapitel 1A. Zahlung<br />
Der Eigentümer muss nicht zahlen, doch er darf. Aber natürlich ist die Zahlung nur wirksam, wenn der Eigentümer an den Richtigen zahlt:<br />
1. Persönliche Schuld und Hypothek sind fällig. G verklagt den E auf Zahlung. Wird G Erfolg haben?<br />
2. Der Hypothekengläubiger (= Hypothekar) hat als solcher<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
keinen Zahlungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer,<br />
1. sondern nur Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, § 1147.<br />
2. Gläubiger hat zwar auf Grund der persönlichen Schuld einen Zahlungsanspruch; das ist aber eine andere Frage.<br />
3. Aber es darf freiwillig gezahlt werden, § 1142,<br />
1. durch persönlichen Schuldner, § 362,<br />
2. durch Eigentümer als solchen, § 1142,<br />
3. durch <strong>Dr</strong>itte, § 267; §§ 1150, 268.<br />
4. Zahlung an<br />
1. den wirklichen Gläubiger befreit. Wirklicher Gläubiger ist auch der gutgläubige Erwerber einer Hypothek<br />
vom Nichtberechtigten, §§ 892, 1138 (also § 893 ist nicht einschlägig).<br />
2. Auch gutgläubige Zahlung an den Scheingläubiger befreit,<br />
d. h. an<br />
- den im Grundbuch eingetragenen Nichtberechtigten, § 893,<br />
- oder an den gehörig ausgewiesenen Briefinhaber, §§ 1155, 893,<br />
wenn „auf“ die Hypothek oder Grundschuld geleistet wird. § 893 insofern lex specialis gegenüber § 407.<br />
Ausgleich zwischen dem wirklichen Gläubiger und dem nichtberechtigten Zahlungsempfänger<br />
nach Vertrag, GoA, § 816 II etc.<br />
Wenn jedoch ein persönlicher Schuldner, der nicht mit dem Eigentümer identisch ist,<br />
an buchberechtigten Nichtgläubiger leistet,<br />
dann gilt das nur als Zahlung auf die persönliche Schuld, § 893 ist nicht an<strong>zu</strong>wenden, sondern nur § 407.<br />
3. Aber keine befreiende Zahlung an Nichtgläubiger ohne Legitimation durch das Grundbuch.<br />
§ 407, wirksame Leistung des Schuldners an bisherigen Gläubiger,<br />
gilt nicht „in Ansehung der Hypothek“, § 1156 S. 1.<br />
Ziegelsteig I. E, persönlicher Schuldner des G1, hat an seinem Grundstück, Ziegelsteig, Hypothek für G1 bestellt. G1 tritt ordnungsgemäß,<br />
mit Grundbucheintragung etc., an G2 ab. Dann zahlt E an G1, weil E den G1 nach wie vor für den Gläubiger<br />
hält.<br />
1. Kann G2 dennoch die Zwangsvollstreckung in Grundstück des E betreiben, § 1147?<br />
Keine wirksame Leistung des E an G1, wegen § 1156 kein Gutglaubensschutz nach § 407, Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 893<br />
nicht gegeben. Also Anspruch des G2 gegen E.<br />
2. Kann G2 auf Grund persönlicher Forderung gegen E vorgehen? Nein, diese ist erloschen, § 407<br />
(Falls E und S nicht identisch ist, bei Zahlung durch den E kein Erlöschen der Forderung des G2, fraglich).<br />
Kapitel 1B. Aufrechung<br />
Fragen der Aufrechnung sind nur mäßig relevant für Klausuren aus dem Immobiliarrecht. Sie sind aber kompliziert und sollen deswegen<br />
kurz angesprochen werden.<br />
1. Grundfall § 387.<br />
1. Der Schuldner (S) rechnet eigene Forderung gegen den Gläubiger (G)<br />
gegen eine Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner auf,<br />
2. oder umgekehrt, G – S.<br />
2. Aufrechnung bei hypothekengesicherter Schuld, im Verhältnis S – G oder G - S<br />
Rechtsfolgen<br />
1. Persönliche Forderung erlischt, § 389.<br />
2. Hypothek<br />
1. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177, oder<br />
2. Hypothek des S, 1164.<br />
3. Aufrechnung im Verhältnis E – G<br />
1. Grundstückseigentümer E rechnet eigene Forderung gegen Gläubiger G<br />
gegen Hypothek des G am Grundstück des E auf, § 1142 II.<br />
Rechtsfolgen<br />
1. Forderungsübergang mit Hypothek auf E, § 1143,<br />
2. oder<br />
1. Erlöschen der persönlichen Forderung, § 389, und<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177.<br />
2. Keine Aufrechnung des G gegenüber E (h. M.), wegen<br />
- enger Wortinterpretation § 1142 und<br />
- wegen Fehlen der Gleichartigkeit i. S. § 387.<br />
4. Leistungsverweigerungsrecht (= Einrede) des E gegenüber G,<br />
solange G (!) die gesicherte Forderung gegen S aufrechnen kann<br />
gegen eine Forderung des S gegen G, §§ 1137 I 1, 770<br />
(Zweck: E darf den G darauf verweisen, sich <strong>zu</strong>erst auf andere Weise aus Vermögen des S <strong>zu</strong> befriedigen).<br />
5. Aufrechnung nach Abtretung (Grundfall, d. h. ohne Hypothekenrecht) im Verhältnis S – G1 – G2,<br />
nach Abtretung der Forderung gegen S von Altgläubiger G 1 an Neugläubiger G 2, § 398.<br />
1. Zweifelsohne Aufrechung des S mit eigener Forderung gegen Neugläubiger G 2, § 387,<br />
2. oder umgekehrt.<br />
3. S darf auch eigene Forderung, die er gegen Altgläubiger G 1 erworben hat,<br />
aufrechnen gegen die auf den Neugläubiger G 2 übergegangene Forderung, § 406<br />
und zwar durch Erklärung des S gegenüber G 2<br />
(Ausnahme vom Gegenseitigkeitserfordernis des § 387, <strong>zu</strong>m Schuldnerschutz).<br />
4. S darf eigene Forderung, die er gegen Altgläubiger G 1 erworben hat,<br />
aufrechnen gegen die auf den Neugläubiger G 2 übergegangene Forderung, § 407<br />
und zwar durch Erklärung des S gegenüber G 1<br />
(gewissermaßen umgekehrte Ausnahme vom Gegenseitigkeitserfordernis des § 387, ebenfalls Schuldnerschutz).<br />
5. Aber Gegenseitigkeitsgebot des § 387 verhindert Aufrechnungserklärungen durch Alt- oder Neugläubiger:<br />
1. durch G 1 mit der auf G 2 übergegangenen Forderung gegen eine Forderung des S gegen G 1<br />
(das wäre Eingriff des G 1 in Vermögen des G 2), oder<br />
2. durch G 2 mit seiner auf ihn übergegangenen Forderung gegen eine Forderung des S gegen G 1<br />
(das wäre Eingriff in Vermögen des S und wäre Vermögenseinbuße ohne einen Gewinn für G 2).<br />
6. Aufrechnung des Schuldners S nach Abtretung im Rahmen des Hypothekenrechts<br />
1. Zweifelsohne Aufrechnung S – G 2,<br />
1. Persönliche Forderung erlischt, § 389.<br />
2. Hypothek<br />
1. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177, oder<br />
2. Hypothek des S, 1164.<br />
2. Desgleichen umgekehrt, Aufrechnungserklärung des G 2 gegenüber S.<br />
3. Kann S eigene Forderung, die er gegen den früheren Hypothekengläubiger G 1 erworben hat,<br />
gegen die auf den neuen Hypothekengläubiger G 2 übergegangene Forderung aufrechnen? Hier wird <strong>zu</strong> differenzieren sein:<br />
1. Zwar § 406 oder § 407, so dass beide persönlichen Forderungen (S – G 1, G 2 – S) erlöschen.<br />
2. Aber § 1156 Satz 1 schaltet u. a. § 406 „in Ansehung der Hypothek“ aus.<br />
Das bedeutet, dass Hypothek für G 2 am Grundstück des E erhalten bleibt (vgl. Gedanken des § 1138).<br />
7. Keine Aufrechnung des Grundstückseigentümers E gegenüber früherem Hypothekengläubiger (= Hypothekar)<br />
1. Zwar eigentlich keine Aufrechnung wegen fehlender Gleichartigkeit, § 387.<br />
Ausnahmsweise Aufrechnung, § 1142 II.<br />
Aber Sperre der §§ 1156, 406.<br />
2. Ausnahme: Vertrauen auf Grundbuch und Brief, §§ 893, 1155.<br />
Kapitel 2. Rückgriff<br />
Gar nicht selten in der Praxis, aber, abgesehen von einer beliebten Kontroverse, bisher nur wenig in Klausuren tritt die Frage auf, ob dann,<br />
wenn Eigentümer und persönlicher Schuldner nicht identisch sind und wenn einer der beiden an den Gläubiger gezahlt hat, der Zahlende gegen<br />
den anderen einen Rückgriff hat. Derartige Ansprüche ergeben sich in erster Linie aus dem Innenverhältnis zwischen Eigentümer und<br />
persönlichem Schuldner.<br />
1. Rückgriffsrechte des Eigentümers gegen den persönlichen Schuldner<br />
(falls der Eigentümer an den Gläubiger <strong>zu</strong>r Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat):<br />
1. Hauptfälle<br />
1. Sehr häufig ein Geschäftsbesorgungsvertrag oder Auftrag,... § 670.<br />
Dieser ist überhaupt der wichtigste, da<strong>zu</strong> noch der einfachste Fall.<br />
Wildschweinwald. Siegfried will bei der Bank Grün einen Kredit über 500 000,- Euro aufnehmen, um sich eine Zahnarztpraxis<br />
ein<strong>zu</strong>richten. Siegfrieds Vater, Emil, ist Eigentümer des Wildschweinwaldes. S und E vereinbaren in einem<br />
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Grundstücksrecht<br />
Auftragsvertrag, dass E an seinem Grundstück <strong>zu</strong> Gunsten der Bank G eine Hypothek <strong>zu</strong>r Sicherung des Rückzahlungsanspruchs<br />
der G gegen S bestellt. Sie vereinbaren weiter, dass S dem E sämtliche Leistungen und Kosten, die im Zusammenhang<br />
mit der Hypothek entstehen werden, erstatten werde. Hypothekenbestellung und Darlehensauszahlung erfolgen<br />
in wirksamer Weise.<br />
Da S den Kredit nicht <strong>zu</strong>rückzahlt, zahlt E an G, um die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück <strong>zu</strong> vermeiden. Welche<br />
Rechte hat E gegen S?<br />
2. Grundstückskaufvertrag in der besonderen Ausgestaltung:<br />
Das von V an K verkaufte Grundstück ist mit einer Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten des G belastet, persönlicher Schuldner ist der<br />
Eigentümer und Verkäufer. Der Käufer erklärte sich mit dem Bestehenbleiben der Belastung einverstanden. Der Verkäufer<br />
erklärte sich gegenüber dem Käufer <strong>zu</strong>r Erfüllung der persönlichen Schuld verpflichtet. Im Vertrauen auf diese<br />
Zusage zahlte der Käufer den vollen Kaufpreis, obwohl er Grundstück mit Hypothek übernahm.<br />
Wenn aber tatsächlich der Käufer und damit Eigentümer die Zahlung an den Gläubiger leistet, hat natürlich der Käufer=Eigentümer<br />
auf Grund der Vertragsabrede einen Rückgriffsanspruch gegen den Verkäufer=persönlicher Schuldner.<br />
2. Wenn Eigentümer zahlt,<br />
1. geht Forderung von G gegen Schuldner auf ihn über, § 1143<br />
(wie bei Bürgschaft, § 774 I 1).<br />
Genauer: wenn Eigentümer als solcher (§ 1142) zahlt, dann cessio legis nach § 1143 I 1.<br />
Das Gesetz verlangt nicht ausdrücklich, dass Eigentümer bereits ein Regressrecht gegen den Schuldner hat;<br />
aber wenn E kein Regressrecht gegen S hat, kann er nicht auf Grund § 1143 Zahlung verlangen (s. u.).<br />
§ 1143 regelt nur persönliche Forderung/Schuld (Regelung des dinglichen Rechts in §§ 1153, 1177).<br />
2. Außerdem geht Hypothek auf den E selbst über, § 1153 I, 1177 II,<br />
also wie bei Regressrecht des persönlichen Schuldners,<br />
aber hier <strong>zu</strong>nächst als Eigentümerhypothek, nach Zahlung durch Schuldner als Eigentümergrundschuld, § 1177<br />
(doch nützt dem E die Hypothek ja nichts gegenüber dem S).<br />
3. Außerdem hat E das ursprüngliche Rückgriffsrecht gegen S,<br />
z. B. aus entgeltlicher Geschäftsbesorgung, §§ 675, 670.<br />
2. Rückgriffsrechte des persönlichen Schuldners gegen den Eigentümer<br />
(falls der persönliche Schuldner an den Gläubiger gezahlt hat). Derartige Fälle dürften seltener sein.<br />
1. Hauptfall<br />
Typischerweise der Grundstückskaufvertrag in einer anderen Ausgestaltung:<br />
Das von V an K verkaufte Grundstück ist mit einer Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten des G belastet, persönlicher Schuldner ist der Eigentümer<br />
und Verkäufer.<br />
Auch diesmal bleibt einverständlich die Hypothek auf dem verkauften Grundstück ruhen.<br />
Aber diesmal verpflichtete sich im Innenverhältnis (V – K) der Käufer=(neuer) Eigentümer gegenüber dem Verkäufer <strong>zu</strong>r<br />
Zahlung an den Gläubiger, während der Verkäufer aber persönlicher Schuldner des G bleibt (meistens, weil G die Schuldübernahme<br />
durch K nicht genehmigt hatte, vgl. § 415); wohingegen der K auch nur einen entsprechend geringeren Kaufpreis an<br />
den V ausbezahlt hatte.<br />
Wenn jetzt, entgegen der Abrede, der Verkäufer=persönliche Schuldner an den G zahlt, hat diesmal natürlich V auf Grund der<br />
Vertragsabrede einen Rückgriffsanspruch gegen den Käufer=Eigentümer<br />
2. Wenn persönlicher Schuldner zahlt und wenn S Regress gegen Eigentümer hat,<br />
1. erlischt die ursprünglich gesicherte Forderung G - S, § 362,<br />
sie geht also nicht auf S über,<br />
2. aber Hypothek geht auf Schuldner über, § 1164<br />
(gesetzlicher Rechtsübergang; entgegen § 1163 I 2 nicht etwa Eigentümerhypothek oder –grundschuld),<br />
<strong>zu</strong>r Sicherung des Regressrechts des Schuldners gegenüber Eigentümer,<br />
(gesetzliche Forderungsauswechslung;<br />
und hier ist der vom Gesetz angeordnete Hypothekenübergang wirklich von Nutzen gegenüber dem Anspruchsgegner).<br />
3. Außerdem hat S das ursprüngliche Rückgriffsrecht gegen E,<br />
z. B. aus Verlet<strong>zu</strong>ng des Kaufvertrages, Geschäftsbesorgung, Auftrag, Bereicherung.<br />
3. Wenn <strong>Dr</strong>itter zahlt, um dingliches Recht oder Besitz am Grundstück <strong>zu</strong> behalten,<br />
gehen Forderung, §§ 268 III, und Hypothek, § 1153 I, auf ihn über.<br />
Hauptfälle:<br />
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1. Inhaber eines nachrangigen dinglichen Rechts,<br />
dessen Recht durch Zwangsvollstreckung eines vorrangigen Rechts erlischt,<br />
§§ 91, 52 I 2, 44 ZVG;<br />
2. Grundstücksmieter und -Pächter wegen Kündigungsrecht nach § 57 a ZVG.<br />
Aber kein gutgläubiger Erwerb des D, da kein rechtsgeschäftlicher Forderungserwerb (BGH, str.).<br />
4. Beliebtes Klausurthema:<br />
Ausgleich mehrerer Sicherungsgeber,<br />
falls diese nicht die persönlichen (Haupt-)-Schuldner sind.<br />
Werkhof. S hat <strong>zu</strong>r Tilgung seiner Geschäftsschulden ein Darlehen bei der Bank G aufgenommen. Zur Sicherung hat E an seinem<br />
Grundstück, dem Werkhof, eine Hypothek bestellt, und <strong>zu</strong>r Sicherung desselben Darlehens hat B die Bürgschaft übernommen. S zahlt<br />
nicht. G wendet sich an E, E zahlt. Hat E Regress gegen S und/oder gegen B, gegebenenfalls in welcher Höhe?<br />
1. Grundsätzlich Übergang der gesicherten Forderung auf Eigentümer, § 1143 I 1,<br />
das Gleiche gilt für Bürgen, § 774 I 1.<br />
2. Mit der Forderung gehen die akzessorischen Sicherungsrechte über,<br />
§§ 412, 401, also Hypothek und/oder Bürgschaftsanspruch,<br />
und zwar nach dem Gesetzeswortlaut Übergang der Forderung<br />
und der Sicherungsrechte in voller Höhe.<br />
3. Ergebnis<br />
1. Das würde bedeuten: „Wer <strong>zu</strong>erst kommt, mahlt <strong>zu</strong>erst“,<br />
1. wenn also z. B. der Eigentümer <strong>zu</strong>erst zahlt,<br />
geht Forderung mit Bürgensicherung auf E über.<br />
D. h. E hat<br />
1. gegen S die Forderung, welche ursprünglich dem G <strong>zu</strong>stand,<br />
2. außerdem gegen Bürgen B volle Bürgschaftsforderung,<br />
§§ 1143 I, 412, 401<br />
(nur <strong>zu</strong>r Ergän<strong>zu</strong>ng:<br />
3. außerdem hat E wahrscheinlich auf Grund Innenverhältnisses weiteren Anspruch gegen S,<br />
4. die Hypothek selbst wird Eigentümerhypothek.).<br />
2. Würde, umgekehrt, B <strong>zu</strong>erst zahlen, hätte B<br />
1. gegen S die Forderung, welche ursprünglich dem G <strong>zu</strong>stand,<br />
2. außerdem in vollem Umfang Hypothek am Grundstück des E,<br />
§§ 774 I 1, 412, 401<br />
(<strong>zu</strong>r Ergän<strong>zu</strong>ng: außerdem hat B wahrscheinlich auf Grund Innenverhältnisses weiteren Anspruch gegen S).<br />
Also: „Wettlauf der Sicherungsgeber“ (<strong>zu</strong>r Bezahlung des Gläubigers)?<br />
Oder vielleicht stattdessen Privilegierung des Bürgen?<br />
2. Aber Gedanke aus §§ 774 II, 426:<br />
1. Mehrere Sicherungsgeber bilden zwar<br />
keine vertragliche Gesamtschuldnergemeinschaft.<br />
2. Jedoch allgemeiner Rechtsgedanke,<br />
dass mehrere auf gleicher Stufe stehende Sicherungsgeber<br />
entsprechend § 426 I <strong>zu</strong> gleichen Teilen regresspflichtig sind(jetzt ü. M.).<br />
5. Wenn Eigentümer oder Schuldner oder <strong>Dr</strong>itter zahlt und keinen Regress hat,<br />
1. erlischt Forderung, § 362 I,<br />
und es entsteht Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177.<br />
2. § 1143 I 1 ordnet ohne ausdrückliche Einschränkung den Forderungsübergang auf den Eigentümer an.<br />
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Grundstücksrecht<br />
Doch muss § 1143 in dem Sinne verstanden werden,<br />
dass E im Ergebnis die auf ihn übergegangene Forderung gegen S nicht durchsetzen kann,<br />
wenn E selbst dem S gegenüber <strong>zu</strong>r Tilgung der Forderung verpflichtet war, entweder<br />
- infolge teleologischer Reduktion des § 1143,<br />
- oder weil dann, wenn Eigentümer in Verpflichtung gegenüber Schuldner zahlt,<br />
E gemäß § 362 (und nicht gemäß § 1142) gezahlt hat,<br />
so dass persönliche Forderung erloschen ist und nicht übergehen konnte<br />
(und lediglich Eigentümergrundschuld entstanden ist, §§ 1163 I 2, 1177),<br />
- oder §§ 1143 I 2, 774 I 3: Einwendungen des S gegenüber E<br />
(hier: kein Regress E gegen S).<br />
3. Bei Zahlung ohne Verpflichtung oder besondere Berechtigung sind Erstattungsansprüche vor allem<br />
auf Grund Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung <strong>zu</strong> erwägen.<br />
Kapitel 3. Zwangsvollstreckung des Gläubigers, Verteidigung des Eigentümers<br />
Die Frage ist eigentlich naheliegend: Wie setzt der Gläubiger sein Recht gegenüber dem Eigentümer durch? Hierfür finden sich die Regeln in<br />
der ZPO und im ZVG.<br />
1. Waldacker. G hat Forderung in Höhe von 100 000,- Euro gegen S. Zur Sicherung hat G Hypothek am Waldacker des E. Forderung<br />
und Hypothek sind fällig. Kann G von E Zahlung verlangen? Wie muss G vorgehen?<br />
2. §§ 1147, 1192 I BGB. Einzelheiten geregelt in ZPO und ZVG.<br />
3. In den drei Definitionen der §§ 1113, 1191 und 1199 sowie in § 1147 heißt es,<br />
die Geldsumme sei "aus dem Grundstück <strong>zu</strong> zahlen“. Was bedeutet diese Bestimmung?<br />
1. Kein Anspruch des Gläubigers gegen Eigentümer auf Zahlung.<br />
Gläubiger hat Zahlungsanspruch nur gegen persönlichen Schuldner, auch wenn dieser mit Eigentümer identisch ist,<br />
für Verhältnis <strong>zu</strong>m persönlichen Schuldner aber nicht maßgebend Hypothekenrecht und ZVG.<br />
2. Sondern Gläubiger hat nur das Recht,<br />
dass notfalls das Grundstück und mithaftende Gegenstände<br />
zwangsversteigert werden, § 1147,<br />
und dass er aus dem Erlös Zahlung erhält, falls der Erlös soweit ausreicht.<br />
Daher Anspruch bzw. Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung.<br />
4. Unwiderlegbare Vermutung für das Eigentum des Eingetragenen, § 1148,<br />
Hypothekar muss daher Duldungsklage gegen Eingetragenen richten.<br />
5. Vorausset<strong>zu</strong>ngen für jede Zwangsvollstreckung<br />
(auch unabhängig von Sachenrecht) sind schlagwortartig:<br />
1. (Vollstreckungs-)-Titel (§ 704 oder § 794)<br />
2. (Vollstreckungs-)-Klausel (§§ 724 ff. ZPO)<br />
3. Zustellung (nämlich des Titels, § 750 ZPO).<br />
6. Wichtig für Klausur ist Vollstreckungstitel,<br />
(denn ohne „Titel“ ist Zwangsvollstreckung in Grundstück nicht möglich),<br />
1. vor allem Urteile.<br />
2. Außerdem vollstreckbare Urkunde, lesen Sie § 794 1 Nr.5 ZPO;<br />
da<strong>zu</strong> §§ 795, 797 ff. ZPO; insbesondere notarielle Urkunden,<br />
s. auch § 800 ZPO; in der Praxis außerordentlich wichtig für Hypotheken und Grundschulden.<br />
Vorteil für G: Klage des G gegen E auf Duldung der Zwangsvollstreckung ist überflüssig.<br />
Dagegen: Vollstreckungsabwehrklage des E gegen G, § 767 I ZPO.<br />
7. Lösungsansatz für Klausur mit vollstreckbarer Urkunde des G, § 794 Nr. 5 ZPO:<br />
G hat angeblich Hypothek am Grundstück des E.<br />
E hat sich in einer Urkunde nach § 794 Nr. 5 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.<br />
Jetzt betreibt G die Zwangsvollstreckung.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Wie macht nun E geltend, dass die Hypothek gar nicht dem G <strong>zu</strong>steht<br />
oder dass E gegen die Geltendmachung der Hypothek Einreden hat?<br />
Eine Klage des G auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen E ist überflüssig,<br />
weil ja G bereits eine vollstreckbare Urkunde in Händen hat.<br />
E kann also seine Einwendungen oder Einreden nicht als Verteidigung gegen die Klage des G geltendmachen.<br />
Hier steht dem E die Vollstreckungsabwehrklage gegen G <strong>zu</strong>r Verfügung, §§ 794 I Nr. 5, 795, 767 I ZPO,<br />
mit dem Klagantrag, „die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für un<strong>zu</strong>lässig <strong>zu</strong> erklären“.<br />
Die Parteirollen werden damit gewissermaßen umgekehrt:<br />
Nach § 767 ZPO klagt der Eigentümer gegen den (angeblichen) Gläubiger,<br />
um seine Gegenrechte geltend <strong>zu</strong> machen,<br />
(nach § 1147 BGB klagt der (angebliche) Gläubiger gegen den Eigentümer um seine Hypothek geltend <strong>zu</strong> machen).<br />
„E kann gegen G die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 794 I Nr. 5, 795, 767 I ZPO erheben,<br />
mit dem Antrag‚ die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für un<strong>zu</strong>lässig <strong>zu</strong> erklären’,<br />
weil G nicht Inhaber der Hypothek ist<br />
oder weil der Geltendmachung der Hypothek Einreden entgegenstehen“.<br />
8. Formen der Verwertung<br />
1. Zwangsversteigerung, § 15 ff. ZVG<br />
2. Zwangsverwaltung, §§ 146 ff. ZVG<br />
3. <strong>zu</strong> anderen Zwecken Sicherungshypothek, § 866 ZPO.<br />
4. Einzelzwangsvollstreckung, § 765, durch Pfändung und Verwertung in<br />
1. mithaftende Forderungen, §§ 828 ff. ZPO, oder<br />
2. Erzeugnisse, § 808 ff. ZPO,<br />
aber nie Einzel-Zwangsvollstreckung in Zubehör, § 865 II 1 ZPO.<br />
9. Das Zwangsversteigerungsgesetz, ZVG, betrifft (trotz dem weiten Titel)<br />
nur die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken,<br />
hierauf verweist § 869 ZPO!<br />
10. Kurzbeschreibung des Vorgehens nach dem ZVG: Auf Antrag eines Gläubigers<br />
ordnet das Gericht die Versteigerung des haftenden Grundstücks an und bestimmt einen Versteigerungstermin.<br />
In diesem Termin wird das Grundstück versteigert<br />
und dem Meistbietenden durch Zuschlagsbeschluss des Gerichts übereignet.<br />
Der erzielte Versteigerungserlös wird dann in einem besonderen Verteilungstermin<br />
an den betreibenden Gläubiger und die übrigen Berechtigten ausgezahlt.<br />
11. Der Beschluss, durch den die Versteigerung des haftenden Grundstücks angeordnet wird,<br />
1. gilt als Beschlagnahme, § 20 I ZVG,<br />
2. und umfasst im Wesentlichen<br />
1. das Grundstück selbst und<br />
2. die mithaftenden Gegenstände, nämlich<br />
Zubehör des Grundstückseigentümers, Erzeugnisse, Bestandteile,<br />
Miet- und Pachtzinsforderungen, § 20 II ZVG, § 1120 ff.<br />
3. „Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes“,<br />
§§ 23 I 1 ZVG, §§ 136, 135 BGB,<br />
allerdings mit Ausnahmen in Satz 2 des § 23 I ZVG.<br />
Aber nur relatives Veräußerungsverbot.<br />
12. Im Grundbuch wird die Anordnung der Zwangsversteigerung eingetragen,<br />
der sogenannte "Versteigerungsvermerk“. Damit Verhinderung gutgläubigen Erwerbs.<br />
13. Bei Insolvenz des Grundstückseigentümers, Recht des Gläubigers auf abgesonderte Befriedigung, §§ 49, 52 f. InsO.<br />
Kapitel 4. Rang<br />
Wenn ein Grundstück mit mehreren dinglichen Rechten belastet ist und wenn diese Rechte irgendwie mit einander kollidieren, stellt sich die<br />
Frage, welche Rechte vorgehen, welche <strong>zu</strong>rücktreten sollen. Diese Frage stellt sich besonders dringend im Fall der Zwangsversteigerung,<br />
aber auch in anderen Fällen. Entscheidend ist der Rang der Rechte. Die wichtigsten Fragen sind natürlich, wonach sich der Rang eines<br />
Rechts bestimmt und welche Bedeutung der Rang im einzelnen hat. Demgegenüber ist das berühmte Problem, welche Rechte der Benachteiligte<br />
nach der Eintragung eines falschen Rangs hat, im wörtlichen Sinne eher von akademischem Wert.<br />
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Grundstücksrecht<br />
1. Auf dem Grundstück des E ruhen vier Hypotheken: <strong>zu</strong> Gunsten des A über 100 000,- €, des B über 90 000,- €, des C über 80 000,-€<br />
und des D über 70 000,-€. C betreibt die Zwangsversteigerung. Den Zuschlag erhält X. Nach den Kosten bleibt ein Erlös von 170<br />
000,-€. Wie wird der Erlös verteilt, was geschieht mit den eingetragenen Rechten?<br />
2. Welche Rechte sollen vorgehen, welche sollen <strong>zu</strong>rücktreten, wenn ein Grundstück mit mehreren Rechten belastet ist, und wenn die<br />
Rechte mit einander kollidieren?<br />
Die Kollision kann sich unter gleichartigen Rechten, die also in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen sein müssen, ergeben,<br />
z. B. zwischen einer Grunddienstbarkeit (lesen: § 1018) einerseits und dem Nießbrauch (lesen: 1030) andererseits,<br />
wie auch unter ganz unterschiedlichen Rechten, die in verschiedenen Abteilungen eingetragen sind, z. B. zwischen einem dinglichen<br />
Vorkaufsrecht (§ 1094), ein<strong>zu</strong>tragen in Abteilung 2, und einer Hypothek, ein<strong>zu</strong>tragen in Abteilung 3.<br />
3. Die Antwort liefert das Rangprinzip.<br />
Das Rangprinzip gehört <strong>zu</strong> den Prinzipien des Sachenrechts<br />
(während im Schuldrecht weitgehend die einfache zeitliche Priorität des Zugriffs eines der Gläubiger entscheidet).<br />
Nach § 879 besteht ein „Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist“.<br />
4. Wonach bestimmt sich der Rang? Maßgebend in erster Linie das BGB, §§ 879 ff.<br />
1. § 879 BGB<br />
1. In derselben Abteilung des Grundbuchs:<br />
1. örtliche ,,Reihenfolge der Eintragung“ in dem Grundbuch, sog. ,,Locus-Prinzip“.<br />
2. Wonach bestimmt sich Reihenfolge? Nach Eingang der Anträge bei Grundbuchamt,<br />
§§ 17, 45 GBO, „Tempus-Prinzip“,<br />
2. In verschiedenen Abteilungen: nach der ,,Angabe“ des Tages im Grundbuch; am selben Tag: gleicher Rang.<br />
2. Abweichende Bestimmungen, Rangänderung und Rangvorbehalt möglich, §§ 879 - 881.<br />
3. Erlischt vorrangiges Recht, rücken nachrangige vor.<br />
4. Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld behalten ihren Rang,<br />
können also den Grundpfandrechten eines ,,fremden“ Gläubigers vorgehen.<br />
5. Persönliche Gläubiger stehen im Rang hinter den Inhabern dinglicher Rechte.<br />
6. Eigentum ist nicht rangfähig, es steht gewissermaßen am letzten Rang.<br />
5. Bedeutung des Rangs in der Zwangsvollstreckung. Maßgebend in erster Linie das ZVG, §§ 44 ff.<br />
1. Grundstücksrechte, die im Rang dem Recht des betreibenden Gläubigers vorgehen,<br />
1. müssten eigentlich vorrangig befriedigt werden;<br />
aber aus Gründen der wirtschaftlichen Praktikabilität<br />
bleiben sie bei der Zwangsversteigerung erhalten, sie fallen in das ,,geringste Gebot“, §§ 44 I, 52 I ZVG;<br />
sie werden weiterhin das Grundstück belasten, wenn es dem Erwerber <strong>zu</strong>geschlagen ist.<br />
Sie werden vom Erwerber des Grundstücks übernommen.<br />
2. Insofern rangwahrende Wirkung haben auch „Rechte, die durch Eintragung eines Widerspruchs<br />
oder einer Vormerkung gesichert sind“, § 48 ZVG.<br />
3. Der Ersteher braucht darum bei der Versteigerung nur um so weniger bar <strong>zu</strong> bezahlen, §§ 44 I, 49 I, 52 I 1 ZVG.<br />
4. Wird bei der Versteigerung kein Gebot in der Höhe des „geringsten Gebots“ abgegeben,<br />
d. h. in Höhe der vorangehenden Rechte und der Kosten (genauer: Legaldefinition § 44 ZVG),<br />
dann würde der betreibenden Gläubiger bei der Versteigerung leer ausgehen,<br />
die Versteigerung wäre für ihn sinnlos und würde allein dem Eigentümer Schaden bringen,<br />
deswegen wird dann das Verfahren einstweilen eingestellt oder aufgehoben, § 77; s. auch § 44 I.<br />
2. Mit dem Zuschlag in der Versteigerung erlischt das Grundpfandrecht des betreibenden Gläubigers.<br />
Er wird aus dem Versteigerungserlös befriedigt, soweit der Erlös reicht.<br />
3. Die nachrangigen Rechte<br />
1. erlöschen ebenfalls mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung, §§ 52 I 2, 91 I ZVG;<br />
2. sie werden ebenfalls aus dem Erlös befriedigt, § 105 ff. ZVG, soweit der Erlös reicht,<br />
3. und zwar in der Reihenfolge ihres Ranges, § 11 I ZVG.<br />
4. Inhaber von Rechten, die durch den Zuschlag erloschen sind und für die der Erlös nicht ausreicht,<br />
gehen hinsichtlich ihres Grundstücksrechts endgültig leer aus,<br />
behalten aber ihre persönliche Forderung gegen ihren Schuldner.<br />
6. Deswegen ist ein Recht um so riskanter, je schlechter sein Rang ist, wegen des höheren Risikos sind die Zinsen um so höher.<br />
7. Können vor- oder nachrangige Rechtsinhaber etwas gegen Zwangsvollstreckung eines Berechtigten unternehmen?<br />
1. Am einfachsten, sie befriedigen diesen, §§ 1150, 268<br />
2. oder kaufen diesem sein Recht ab, §§ 1153 f.<br />
8. Un<strong>zu</strong>treffende Rangeintragung (Klausurfall)<br />
Hier sind verschiedene Fälle und Lösungen <strong>zu</strong> unterscheiden,<br />
auch wenn wir nur den Fall der Hypotheken und Grundschulden nehmen:<br />
1. Zeitlich falsche Behandlung durch Grundbuchamt, es behandelt<br />
<strong>zu</strong>erst den spätere Antrag des B und erst danach der früheren Antrag des A.<br />
22. August 2011<br />
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Rechte des A?<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Fichtenwald: Eigentümer E des „Fichtenwaldes“ bewilligt an seinem Grundstück dem A eine Hypothek über 80 000,- Euro,<br />
<strong>zu</strong> 4,5 % Zinsen, und stellt den Eintragungsantrag am 2. Januar. Darauf bewilligt E dem B eine Hypothek über 60 000,- Euro,<br />
<strong>zu</strong> 6 % Zinsen und stellt den Eintragungsantrag am 3. Februar.<br />
Im Grundbuch wird versehentlich <strong>zu</strong>erst die Hypothek des B und dann die des A eingetragen.<br />
Verlet<strong>zu</strong>ng des Tempus-Prinzips, § 17 GBO. Aber nur Ordnungsvorschrift,<br />
Reihenfolge der Eintragungen ist maßgebend, § 879 I 1 BGB.<br />
1. Also geht B dem A im Rang vor (unstr.).<br />
2. Das Grundbuch ist nicht unrichtig,<br />
also kein Berichtigungsanspruch oder Widerspruchsrecht des A.<br />
3. Bereicherung des B „in sonstiger Weise“? Str.<br />
1. B hat eine günstige Rechtsposition erlangt.<br />
Auf Kosten des A? A hatte eine rechtlich gesicherte Rangaussicht.<br />
Ohne rechtlichen Grund (Gerhardt, Baur, Westermann, Westermann).<br />
Also Bereicherungsanspruch gegeben.<br />
2. Dagegen ist <strong>zu</strong> sagen,<br />
dass A noch keine geschützte Rechtsstellung hatte und dass<br />
§ 879 im Interesse des Rechtsverkehrs eine abschließende Regelung<br />
und damit die rechtfertigende Causa enthalte (BGH, MK).<br />
Also kein Bereicherungsanspruch.<br />
Aber Amtshaftungsanspruch des A gegen Grundbuchamt, § 839.<br />
9. Betreibt ein Gläubiger auf Grund eines persönlichen (nicht dinglichen) Titels die Zwangsvollstreckung<br />
in das Grundstück, dann steht er an letzter Stelle.<br />
Kapitel 5. Haftungsgegenstände<br />
Erstens ist es für den Kreditgeber einerseits, die anderen Gläubiger und den Eigentümer andererseits wichtig, Klarheit darüber <strong>zu</strong> haben,<br />
welche Gegenstände von der Hypothek oder Grundschuld erfasst sind. Gesetzesziel ist es, die wirtschaftliche Einheit auch als rechtliche Einheit<br />
an<strong>zu</strong>erkennen, um für den Kreditbedürftigen, den Kreditgeber, den Erwerber in der Zwangsverwertung und in volkswirtschaftlichem<br />
Allgemeininteresse diejenigen Gegenstände <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>halten, die <strong>zu</strong>sammengehören. Die neben dem eigentlichen Grundstück mithaftenden<br />
Gegenstände machen nicht selten 50 % des Sicherungswertes aus. Zweitens liegen hier reizvolle Probleme der Rechtsprechung und Prüfung.<br />
1. Neuland I. G hat Hypothek an dem Grundstück „Neuland“ des E in Höhe von 50 000,- Euro <strong>zu</strong>r Sicherung einer Forderung des G<br />
gegen S. Auf dem Grundstück des E befinden sich eine barocke gemauerte Einfahrt, 2 Vergnügungsboote auf dem auf dem Grundstück<br />
„Neuland“ befindlichen Teich und eine Zinnsoldatensammlung. G fragt, ob und bejahendenfalls wie er auf Grund seiner Hypothek<br />
auf diese Gegenstände <strong>zu</strong>greifen kann.<br />
2. In den drei Definitionen der §§ 1113, 1191 und 1199 sowie in § 1147 heißt es,<br />
die Geldsumme sei "aus dem Grundstück <strong>zu</strong> zahlen“. Was bedeutet diese Bestimmung?<br />
Dem Grundpfandgläubiger haften nur das Grundstück selbst<br />
und bestimmte andere Gegenstände.<br />
Kein Anspruch G auf Befriedigung aus dem sonstigen Vermögen des Belasteten.<br />
3. Gesamthypothek, Gesamtgrundschuld als ein Recht an mehreren Grundstücken möglich, §§ 1132, 1172 - 1176.<br />
4. Im allgemeinen haften<br />
1. das belastete Grundstück selbst und<br />
2. selbstverständlich die wesentlichen Bestandteile, §§ 93 - 96, da<strong>zu</strong><br />
3. Erzeugnisse und getrennte Bestandteile, wie Vieh und Getreide auf Bauernhof,<br />
4. Zubehör im Eigentum des Belasteten,<br />
analog Anwartschaftsrechte auf Eigentumserwerb an Zubehör,<br />
5. Miet- und Pachtzins,<br />
6. Versicherungsforderungen;<br />
Beispiel: Hypothek auf Grundstück, Gebäude brennt, ist aber versichert.<br />
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Grundstücksrecht<br />
5. Aufsätze und Fälle<br />
Eckardt, Jura 1997, 439; W. Harms/ R. Ahorn, Sachen, Bestandteile, Zubehör, in: Jura 1982, 404 – 418.<br />
Kapitel 6. Wesentliche Bestandteile<br />
Was sind „wesentliche Bestandteile“? Wem gehören sie? Welche Rechte hat an ihnen ein Hypothekengläubiger?<br />
1. Neuland II. G hat Hypothek an dem Grundstück „Neuland“ des E in Höhe von 50 000,- Euro <strong>zu</strong>r Sicherung einer Forderung des G<br />
gegen S. Auf dem Grundstück des E befindet sich u. a. eine barocke gemauerte Einfahrt. G fragt, ob und bejahendenfalls wie er auf<br />
Grund seiner Hypothek auf diese Gegenstände <strong>zu</strong>greifen kann.<br />
2. Am wichtigsten §§ 946, 93 - 95, 951.<br />
3. „Bestandteile“ sind „Teile einer <strong>zu</strong>sammengesetzten Sache“.<br />
4. „Wesentliche“ Bestandteile, Legaldefinition § 93<br />
Es kommt nur darauf an, ob einer der Sachteile zerstört werden würde etc.<br />
Es ist unerheblich, ob die ganze Sache zerstört wird etc. oder ob ein Bestandteil für die ganze Sache besonders wichtig ist.<br />
5. Wichtig ist die Erweiterung des § 93 durch § 94<br />
1. § 94 I, feste Verbindung, s. Gesetz;<br />
z. B. Einfriedigungsmauern, Fertighaus.<br />
2. § 94 II, auch wenn Verbindung nicht fest:<br />
alle Teile, ohne die ein Gebäude noch nicht fertiggestellt ist;<br />
nach Beschaffenheit und Zweck; Verkehrsanschauung entscheidet,<br />
z. B. Waschbecken, Fenster, Türen, Fahrstuhl, Heizkessel, Gewächshaus, Beleuchtungsanlagen.<br />
Weitere Beispiele, aber Vorsicht, immer auf Definition und Einzelfall achten:<br />
Antenne, Be- und Entlüftungsanlage in Gaststätte; Kies auf Parkfläche.<br />
6. Eingefügt durch Realakt. „Der Realakt ist eine Handlung, an die die Rechtsordnung Rechtsfolgen knüpft,<br />
unabhängig vom Willen des Handelnden“. Im Unterschied <strong>zu</strong>m Realakt: die Willenserklärung.<br />
7. Rechtsfolgen bei Verbindung als wesentlicher Bestandteil mit Grundstück, §§ 93, 946<br />
1. Der bisherige Eigentümer verliert sein Eigentum,<br />
Wichtig bei Verkauf unter Eigentumsvorbehalt.<br />
2. Eigentümer des Grundstücks wird Eigentümer<br />
3. Ausgleichsansprüche des bisherigen Sacheigentümers kommen gegen dessen Vertragspartner,<br />
gegen einen <strong>Dr</strong>itten oder gegen den Grundstückseigentümer in Betracht. Zu prüfen u. a.<br />
1. Vertraglich geregelter Ausgleich,<br />
2. Schadenersatz (da<strong>zu</strong> § 951 II)<br />
1. Vertrags-Verlet<strong>zu</strong>ng wie Unmöglichkeit der Herausgabe, positive Forderungsverlet<strong>zu</strong>ng,<br />
2. §§ 987 ff.,<br />
3. Eigentumsverlet<strong>zu</strong>ng, § 823 I,<br />
3. § 951 I 1, zwecks Ausgleich für den Rechtsverlust infolge Verbindung Rechts-grund-verweisung auf §§ 812 ff.<br />
4. Wegnahmerecht, s. § 950 II.<br />
5. Zweitgarage. Bauunternehmer Stehl soll Eigen auf dessen Villengrundstück eine Zweitgarage aus Fertigteilen errichten,<br />
Stehl entwendet das Material von einer Großbaustelle und baut daraus die Garage. Krause, der Eigentümer des Baumaterials,<br />
will die Garage wieder „abholen“. Kann Krause die Fertigteile nach § 985 von Eigen herausverlangen?<br />
8. Hypothek erstreckt sich ohne weiteres auf alle wesentlichen Grundstücksbestandteile.<br />
9. Keine Zwangsvollstreckung allein in wesentlichen Grundstücksbestandteil,<br />
weder durch Hypothekengläubiger, noch durch andere Gläubiger;<br />
sondern nur Zwangsvollstreckung in Grundstück selbst,<br />
diese erfasst auch wesentlichen Bestandteil.<br />
10. Wichtige Einschränkung der §§ 93 f. durch § 95: Scheinbestandteile.<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Scheinbestandteil ist kein wesentlicher Bestandteil.<br />
Scheinbestandteil kann sogar fest mit dem Boden verbunden sein.<br />
Da<strong>zu</strong> muss Sache gemäß § 95<br />
1. Satz 1: entweder nur <strong>zu</strong> vorübergehenden Zweck<br />
nach erkennbarem Willen des Einfügenden eingefügt sein;<br />
z. B. Baugerüste; Bäume in Baumschule; Kinderschaukel;<br />
meistens Einfügungen durch Mieter oder Pächter;<br />
Gartenhaus auf Pachtgrundstück; aber auch Massivgebäude, Fabrik, Tankstelle,<br />
wenn nach Ablauf etwa der Miet- oder Pachtzeit abgebrochen werden soll.<br />
Holzhaus. Pächter P baute auf dem Grundstück des Verpächters E ein Holzhaus. E verkaufte und übereignete das Grundstück<br />
an K. Ist K Eigentümer des Holzhauses?<br />
§ 95 I kein Eigentumserwerb des E; kein Eigentumserwerb des K nach § 892 oder 932.<br />
2. Oder nach Satz 2 kraft dinglichen Rechts, d. h. „in Ausübung eines Rechts“ an einem fremden Grundstück .<br />
3. Vom Gesetzgeber gewollter Unterschied in Rechtsfolgen<br />
hinsichtlich der gleichen Sachen (z. B. Einbauküche), je nachdem ob<br />
1. Mieter, dann Scheinbestandteil, dann Eigentum des Mieters,<br />
2. oder ob Einbau durch Grundstückseigentümer, dann wesentlicher Bestandteil,<br />
zwar Eigentum des Grundeigentümers, aber Untergang von Vorbehaltseigentum,<br />
keine Möglichkeit für Sicherungseigentum. Folge: Vorrang der Grundpfandgläubiger.<br />
4. Wenn Sache nicht Eigentum des Grundstückseigentümers wird, dann können<br />
- Vorbehalts- oder Sicherungseigentum wegen Forderungen <strong>Dr</strong>itter gegen Mieter,<br />
- sowie Vermieterpfandrecht des Vermieters=Grundstückseigentümers in Betracht kommen, § 562.<br />
5. Lagerhalle. M hat das Grundstück des E als Lagerplatz gemietet. E hat ihm gestattet, darauf für die Dauer der Mietzeit von <strong>zu</strong>nächst<br />
10 Jahren eine Lagerhalle <strong>zu</strong> errichten. Nach Beendigung des Mietvertrags ist M <strong>zu</strong>r Beseitigung der Halle verpflichtet.<br />
Nachdem M die Halle errichtet hat, behauptet E, sie gehöre ihm, weil er Grundstückseigentümer sei. M verneint dies. Wer hat<br />
Recht?<br />
11. Rechtsprechung: BGH NJW-RR 1991, 343.<br />
12. Rhododendron. Die Klägerin K mietete 1964 auf unbestimmte Zeit eine Parterrewohnung. Sie hatte nach dem Mietvertrag das Recht,<br />
den Garten ebenso wie die anderen Hausbewohner <strong>zu</strong> benutzen. Der Mietvertrag bestimmte weiter, dass Einrichtungen und Anlagen<br />
beim Aus<strong>zu</strong>g kostenlos <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>lassen seien. In dem allgemein <strong>zu</strong>gänglichen Garten pflanzte die K noch 1964 zwei Rhododendronsträucher<br />
ein. Der Beklagte ist Eigentümer und Bewohner einer Wohnung im Kellergeschoss desselben Hauses. Er beschnitt<br />
die beiden Rhododendronsträucher im Jahre 1996, weil er meinte, sie nähmen seiner Wohnung <strong>zu</strong>viel Licht weg. Die K behauptete,<br />
dadurch seien die Sträucher völlig zerstört und verlangt als Schadenersatz den Preis für gleich große neue Sträucher, nämlich<br />
25.000,- DM. (Düsseldorf, NJW-RR 1999, 160)<br />
Kapitel 7. Haftung des Zubehörs<br />
Hier soll gezeigt werden: Was ist Zubehör, unter welchen Vorausset<strong>zu</strong>ngen unterliegt es der hypothekarischen Haftung und wie verträgt sich<br />
die Hypothekenhaftung mit Sicherungsübereignung oder Eigentumsvorbehalt? Nicht <strong>zu</strong>letzt sollte man sich in diesem Zusammenhang die<br />
beschränkte Bedeutung der „Haftung“ klar machen.<br />
1. Neuland III. G hat Hypothek an dem Grundstück „Neuland“ des E in Höhe von 50 000,- Euro <strong>zu</strong>r Sicherung einer Forderung des G<br />
gegen S. Auf dem Grundstück des E befinden sich zwei Vergnügungsboote auf dem auf dem Grundstück „Neuland“ befindlichen<br />
Teich. G fragt, ob und bejahendenfalls wie er auf Grund seiner Hypothek auf diese Gegenstände <strong>zu</strong>greifen kann.<br />
2. Legaldefinition des Zubehörs § 97,<br />
nicht auswendig lernen. Zubehör ist eine Sache,<br />
1. bestimmt, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache <strong>zu</strong> dienen,<br />
wichtig in der Praxis: Hauptsache ist das Grundstück;<br />
Zubehör sind dann insbesondere Maschinen (sofern nicht wesentlich Bestandteile)<br />
auf Fabrikgrundstück (so ausdrücklich § 98), oder Einrichtung für Gastwirtschaft;<br />
Büroeinrichtung in Bürohaus, Apothekeneinrichtung auf Apothekengrundstück, Alarmanlage eines Hauses, Baumaterial auf<br />
Baugrundstück, Kohlen- oder Ölvorräte <strong>zu</strong>m Heizen, Zahnpressformen, wenn Grundstückseigentümer ein Dentaltechniklabor<br />
betreibt;<br />
2. für die Dauer,<br />
schon deswegen nicht: Vorräte an Waren und Erzeugnissen, die <strong>zu</strong>m Verkauf bestimmt sind,<br />
oder Rohmaterialien, die nach Be- oder Verarbeitung verkauft werden sollen.<br />
3. räumliche Beziehung <strong>zu</strong>r Hauptsache, aber weit ausgedehnt,<br />
Beispiele: Baugerät, das sich auf dem Grundstück selbst eines Baugeschäfts (nicht auf einem anderen Lagerplatz und wohl<br />
auch nicht auf Baugrundstück) befindet; Gondeln und Schwäne auf gepachtetem See <strong>zu</strong>m Gasthaus; Anschlussgleis auf einem<br />
Bahngelände <strong>zu</strong>r Fabrik; Leitungsnetz über Land für Gas, Wasser und Elektro; Förderbagger für Kieswerk, auch wenn immer<br />
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außerhalb eingesetzt.<br />
Grundstücksrecht<br />
4. Muss aber von der Hauptsache getrennt oder trennbar sein,<br />
darf nicht Bestandteil sein,<br />
d. h., wenn eine Sache von der Hauptsache nicht getrennt werden kann, § 93, dann ist sie Bestandteil und nicht Zubehör.<br />
Faustregel: weiter Zubehör-Begriff.<br />
3. Neben der Legaldefinition, § 97, liefert das Gesetz selbst in § 98 eine Erläuterung.<br />
4. Zu differenzieren bei dem praktisch wichtigen Fall der LKW:<br />
1. wenn bloß dienend, so meistens, dann Zubehör,<br />
2. wenn hingegen LKW gerade das Wichtigste, wie bei Spedition, dann kein Zubehör (BGHZ 85, 234),<br />
hingegen Fahrzeuge bei Autovermietung als Zubehör bejaht (Eckardt, Jura 1997, 439),<br />
3. wenn Verkaufsobjekt, sowieso kein Zubehör.<br />
4. Außerdem Frage des Eigentums oder Anwartschaftsrechts.<br />
5. Rechtliche Bedeutung des Zubehörs<br />
1. Zwar Gegenstand besonderer Rechte und Rechtsgeschäfte, d. h.,<br />
1. Eigentümer der Hauptsache ist nicht notwendig Eigentümer der Zubehörsache,<br />
das ist der entscheidende rechtliche Unterschied <strong>zu</strong>m wesentlichen Bestandteil, §§ 93 ff.;<br />
2. keine Bedenken gegen schuldrechtliche Verträge über Zubehörsachen.<br />
2. Aber<br />
1. Verpflichtung <strong>zu</strong>r Veräußerung oder Belastung der Hauptsache<br />
erfasst im Zweifel auch Zubehör, § 311 c n. F. (ohne Rücksicht auf Eigentum, s. aber §§ 133, 157).<br />
2. Übertragung des Grundstücks, §§ 873, 925, ergreift im Zweifel ohne weiteres auch Zubehör,<br />
aber nur im Eigentum des Veräußerers, § 926 I 1, andernfalls guter Glaube nötig, §§ 926 II, 932 ff.<br />
3. Hypothek und Grundschuld<br />
erfassen Zubehör des Grundstückseigentümers, § 1120.<br />
Also Hypothek an einer beweglichen Sache!<br />
6. Nach § 1120 haften nur solche Zubehörsachen dem Gläubiger,<br />
die dem Grundstückseigentümer gehören,<br />
negative Formulierung des Gesetzes <strong>zu</strong>m Zwecke der Beweislastregelung.<br />
Gleichgültig, ob Zubehöreigenschaft oder Eigentum vor oder nach Bestellung der Hypothek<br />
begründet worden ist.<br />
Sobald Hypothek auf eine bewegliche Sache trifft, die gleichzeitig<br />
1. im Eigentum des Grundstückseigentümers E steht und<br />
2. <strong>zu</strong>m Grundstücks<strong>zu</strong>behör gehört,<br />
schlägt (so kann man sagen) die Hypothekenhaftung <strong>zu</strong>.<br />
Trotzdem kann auch fremdes Zubehör der Zwangsversteigerung unterfallen, § 55 II ZVG.<br />
Umgekehrt: Keine Haftung als Zubehör, wenn Grundstückseigentümer die Sache<br />
an einen anderen, insbesondere einen Sicherungsnehmer, übereignet hat,<br />
1. entweder vor der Begründung der Zubehör-Eigenschaft,<br />
(insbesondere vor der Verbringung auf das Grundstück),<br />
2. oder vor der Begründung der Hypothek<br />
Unterschiedliche rechtliche Behandlung von Sicherungseigentum und Eigentumsvorbehalt.<br />
7. Damit beantwortet sich auch die Frage nach der Sicherungsübereignung von Zubehörsachen an einen <strong>Dr</strong>itten (D).<br />
Geldschranklieferwagen. Das Grundstück des E ist mit einer Hypothek für den G belastet. E betreibt auf seinem Grundstück einen<br />
Geldschrankhandel, indem er Geldschränke kauft und verkauft. Zum Transport der gekauften oder verkauften Geldschränke hat sich E<br />
einen Lieferwagen gekauft und diesen sich übereignen lassen. Da E weiteren Kredit braucht, übereignet E diesen Lieferwagen <strong>zu</strong>r Sicherheit<br />
an den Darlehensgeber D. Hat D Sicherungseigentum an dem Lieferwagen erlangt? Ist, bejahendenfalls, dieses Sicherungseigentum<br />
mit der Hypothek für den G belastet?<br />
1. Ausgangslage<br />
1. Sicherungsübereignung ist in jedem Fall wirksam unter den allgemeinen Vorausset<strong>zu</strong>ngen,<br />
2. fraglich ist allein, ob Sicherungseigentum des <strong>Dr</strong>itten<br />
1. mit Grundstückshypothek <strong>zu</strong> Gunsten des G belastet ist<br />
2. oder nicht.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
3. Selbst wenn Sicherungseigentum mit Hypothek belastet ist,<br />
wird es unter den Vorausset<strong>zu</strong>ngen der §§ 1121 f. frei.<br />
2. Die Antwort ergibt sich einfach aus § 1120 a. E.:<br />
Es kommt darauf an, ob Hypothek die bewegliche Sache ergriffen hat.<br />
Haftung bleibt bestehen, auch wenn danach Sicherungseigentum begründet wird.<br />
3. Anwendungsfälle<br />
1. (1) Hauptfall: Hypothekenbestellung für G<br />
(2) Zubehör und Eigentumserwerb des E<br />
(3) Sicherungsübereignung an D<br />
Hypothekenhaftung greift ein.<br />
Aber zweifelhaft, ob Vorrang der Hypothekenhaftung vor Sicherungseigentums,<br />
wenn Sicherungsübereignung <strong>zu</strong>m Zweck der Finanzierung gerade dieser Sache.<br />
2. (1) Wichtigster Ausnahmefall: Sicherungsübereignung an D (insbesondere außerhalb des Grundstücks)<br />
(2) Zubehör<br />
(3) Hypothekbestellung für G<br />
Keine Hypothekenhaftung.<br />
3. (1) Hypothekenbestellung<br />
(2) Sicherungsübereignung<br />
(3) erst danach Zubehöreigenschaft<br />
Keine Hypothekenhaftung.<br />
8. Infolgedessen keine Haftung des Zubehörs,<br />
solange Zubehörsache noch unter Eigentumsvorbehalt eines anderen steht.<br />
9. Wie auch sonst wird das Anwartschaftsrecht analog <strong>zu</strong>m Eigentum behandelt:<br />
Wenn z. B. ein LKW <strong>zu</strong>m Zubehör gehört, den der Grundstückseigentümer unter EV erworben und noch nicht voll bezahlt hat,<br />
so ist <strong>zu</strong> betonen, dass<br />
1. dieser LKW zwar Zubehör ist (wenn die weiteren Vorausset<strong>zu</strong>ngen gegeben sind),<br />
2. aber weil er nicht dem Grundstückseigentümer gehört, nicht unmittelbar der Haftung nach § 1120 unterfällt,<br />
3. dass aber auch das AR an dem LKW durch § 1120 erfasst wird.<br />
4. Überträgt Grundstückseigentümer das AR sicherheitshalber an X, so erlangt X AR.<br />
5. Aber dieses AR unterliegt weiterhin der Haftung nach §§ 1120 f.<br />
6. Verwandelt sich AR in Vollrecht = Eigentum, setzt sich Haftung am Eigentum fort.<br />
In vielen Fällen ereignet es sich tatsächlich so, dass der noch offene Kaufpreisrest an V bezahlt wird und sich nunmehr die Bank, welche<br />
den Grundkredit gewährt hatte, und die Bank, welche den durch Sicherungseigentum gesicherten Mobiliarkredit gewährt hatte,<br />
um das Objekt streiten.<br />
10. Grundstücks<strong>zu</strong>behör darf weder von dem Hypothekengläubiger noch von anderen Gläubigern gepfändet werden,<br />
Pfändung des Grundstücks<strong>zu</strong>behörs ist immer un<strong>zu</strong>lässig, § 865 II 1 ZPO,<br />
auch wenn an dem betreffenden Grundstück aktuell keine Hypothek besteht.<br />
Gegen die Pfändung<br />
1. § 766 ZPO, Erinnerung gegen die Art und Weise der ZV,<br />
2. § 771 ZPO, <strong>Dr</strong>ittwiderspruchsklage, durch Hypothekengläubiger (= Hypothekar) (str.).<br />
Verwertung von Zubehör nur mittels Zwangsversteigerung des Grundstücks nach ZVG.<br />
11. Was bedeutet „Haftung“ in diesem Zusammenhang?<br />
Es handelt sich hier um eine nur „latente Haftung“ des Zubehörs.<br />
1. Denn solange keine „Beschlagnahme“ des Grundstücks erfolgt ist,<br />
kann der Grundstückseigentümer E über Zubehör wirksam verfügen.<br />
2. Durch die Verfügung des Grundstückseigentümers wird die Zubehörsache<br />
1. in vielen Fällen frei, nämlich „ent-haftet“;<br />
2. aber in einigen Fällen bleibt Haftung bestehen.<br />
3. Erst wenn die Beschlagnahme des Grundstücks erfolgt ist,<br />
kann grundsätzlich über die Zubehörsache nicht mehr verfügt werden;<br />
erst dann wird die Haftung voll wirksam.<br />
12. Man könnte also verschiedene Phasen der Rechtsänderung einer Sache annehmen:<br />
0. Zuerst ist es eine bewegliche Sache außerhalb des Haftungsbereichs der Hypothek.<br />
1. Dann wird die Sache als Zubehör und als Eigentum des Eigentümers eines Grundstücks,<br />
das mit einer Hypothek belastet ist, von der hypothekarischen Haftung erfasst.<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. Wenn über sie wiederum verfügt wird, ist sie in vielen Fällen enthaftet.<br />
3. Wenn sie aber nicht enthaftet wird und wenn dann das Grundstück wegen der Hypothek beschlagnahmt wird,<br />
dann kann über sie nicht mehr frei verfügt werden, sondern sie wird <strong>zu</strong>sammen mit dem Grundstück versteigert;<br />
Ausnahme: gutgläubiger Erwerb.<br />
Kapitel 8. Enthaftung des Zubehörs<br />
Sie haben schon gesehen, dass die hypothekarische Haftung der Zubehörsachen ganz merkwürdig ist: Erstens ergreift die Hypothek, obwohl<br />
sie das typische Grund-pfandrecht ist, hiermit auch eine bewegliche Sache. Zweitens ist es bei dieser Belastung wie bei allen anderen: sie<br />
verhindert in keiner Weise weitere Verfügungen über denselben Gegenstand. Aber im diametralen Gegensatz <strong>zu</strong> den meisten anderen dinglichen<br />
Belastungen verschwindet diese sogar in vielen Fällen der Weiterverfügung. Man spricht deshalb von Enthaftung, und deren Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
sind in diesem Kapitel <strong>zu</strong> zeigen. Oft wird übersehen, dass auch dann, wenn der Grundstückseigentümer wirksam die Enthaftung<br />
bewirken kann, er es nicht ohne weiteres darf.<br />
1. Ackergaul Ansgar. Bauer E hat sein Grundstück mit einer Hypothek <strong>zu</strong> Gunsten des G belastet. Auf seinem Grundstück beschäftigt er<br />
den noch rüstigen Ackergaul Ansgar. Nunmehr wird der gesamte Landwirtschaftsbetrieb auf moderne Maschinen umgestellt: größere<br />
Traktoren und sonstige Maschinen werden angeschafft, von Pferden gezogene Geräte, etwa Pflüge, werden verschrottet. E begibt sich<br />
deswegen wegen Ackergaul Ansgar in Verkaufsverhandlungen. Haftet der rüstige Ansgar dem G?<br />
2. Man spricht, wie gesagt, von der nur „latenten Haftung“ nach §§ 1120 ff. ,<br />
vorausgesetzt, eine Sache ist überhaupt Zubehör im Eigentum des Grundstückseigentümers und von der Hypothek erfasst.<br />
1. Der Hypothekengläubiger G kann auf diese Gegenstände, insbesondere Zubehörsachen,<br />
auf Grund seiner Hypothek <strong>zu</strong>greifen, aber<br />
erst durch die Zwangsvollstreckung nach den Bestimmungen des ZVG (nicht etwa einfach nach ZPO).<br />
2. Solange keine „Beschlagnahme“ des Grundstücks erfolgt ist,<br />
kann der Grundstückseigentümer E über Zubehör wirksam verfügen.<br />
3. Durch die Verfügung des Grundstückseigentümers wird die Zubehörsache<br />
in drei Fällen frei, nämlich „ent-haftet“, wenn<br />
1. Zubehöreigenschaft in ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben, oder<br />
2. wenn Sache vor der Beschlagnahme übereignet und entfernt wurde, oder<br />
3. wenn bei Verfügung nach der Beschlagnahme Erwerber gutgläubig ist<br />
(guter Glaube in diesem Fall selten).<br />
4. Enthaftung der Sachen, wenn<br />
Zubehöreigenschaft in ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben wird, § 1122 II;<br />
„ordnungsgemäße Wirtschaft“, d. h. entsprechend dem natürlichen wirtschaftlichen Ablauf;<br />
keine „ordnungsgemäße Wirtschaft“, wenn Maßnahme wegen Betriebsstilllegung,<br />
schlechter wirtschaftlicher Situation, Beschaffung von Bargeld.<br />
„Aufhebung“ der Zubehöreigenschaft ist Tatfrage, muss irgendwie nach außen erkennbar sein,<br />
insbes. Aufhebung der zweckdienenden Funktion auf Dauer, entsprechend § 97; strenge Anforderungen;<br />
auch Veränderung der wirtschaftlichen Nut<strong>zu</strong>ng des Grundstücks (z. B. Bauernhof wird Golfanlage).<br />
Vor (§ 1122 II) oder sogar nach der Beschlagnahme (§ 23 I 2 ZVG);<br />
auch, wenn Sache auf dem Grundstück verbleibt und/oder nicht veräußert wird.<br />
5. Enthaftung der Sachen auch,<br />
wenn vor der Beschlagnahme<br />
1. veräußert, d. h. übereignet nach §§ 929 ff.,<br />
Kaufvertrag allein genügt nicht, und<br />
2. außerdem vom Grundstück entfernt werden, § 1121 I,<br />
d. h. Wegschafften vom Grundstück im Zusammenhang mit Veräußerung, auf Dauer,<br />
deswegen genügt § 930 (Besitzkonstitut) ohne Wegschaffen nicht,<br />
Übergabe oder Wegnahme nur <strong>zu</strong>r Sicherung eines Anspruchs genügt nicht.<br />
Wenn zeitlich danach Beschlagnahme des Grundstücks wegen<br />
Grundpfandrechts erfolgt, haftet der enthaftete Gegenstand nicht mehr.<br />
Wenn der Gegenstand jedoch erst nach Beschlagnahme des Grundstücks entfernt oder veräußert wird,<br />
dann ist er nur enthaftet, wenn Erwerber hinsichtlich der Beschlagnahme gutgläubig war.<br />
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6. Sobald der Gläubiger die Beschlagnahme des Grundstücks erwirkt hat,<br />
dann sind auch die mithaftenden Gegenstände, also Zubehörsachen, beschlagnahmt.<br />
Beschlagnahme i. S. §§ 1121 f. erfolgt im allgemeinen durch Versteigerungsbeschluss nach § 20 ZVG.<br />
Beschlagnahme begründet relatives Veräußerungsverbot gegenüber dem Eigentümer, §§ 136, 135 BGB; 23 I 1 ZVG.<br />
1. Zwar kann Eigentümer nach wie vor über diese Gegenstände verfügen,<br />
2. aber diese Verfügung ist gegenüber Hypothekengläubiger und Ersteher des Grundstücks unwirksam.<br />
7. Aber gutgläubig haftungs-freier Erwerb trotz Beschlagnahme, § 1121 II 2:<br />
Guter Glaube des Erwerbers hinsichtlich Hypothek ist und bleibt irrelevant, § 1121 II 1.<br />
Vorausgesetzt: Veräußerung und Entfernung und Guter Glaube.<br />
1. Guter Glaube.<br />
Erwerber ist „nicht in gutem Glauben“ i. S. § 1121 II 2,<br />
1. gemäß § 932 II, da bewegliche Sachen, wenn dem Erwerber „bekannt<br />
oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist“,<br />
dass Versteigerungsantrag gestellt ist, § 22 I 2 ZVG.<br />
2. Außerdem Ausschluss gutgläubigen Erwerbs, wenn<br />
Versteigerungsvermerk in Grundbuch eingetragen ist, § 23 II 1 ZVG,<br />
auch ohne Kenntnis des Erwerbers.<br />
2. Zeitpunkt für guten Glauben, wenn Erwerber durchgehend,<br />
noch bei dem letzten Akt,<br />
bei Beschlagnahme – Veräußerung – Entfernung<br />
hinsichtlich Beschlagnahme gutgläubig ist, § 1121 II.<br />
1. Wenn Entfernung<br />
nach Veräußerung (und Beschlagnahme), § 1121 II 2,<br />
also Reihenfolge V – B – E oder B – V – E,<br />
guter Glaube erforderlich noch bei Entfernung.<br />
§ 1121 II 2 war nötig, um gutgläubigen Erwerb <strong>zu</strong> verhindern,<br />
wenn Erwerber zwischen Veräußerung und unmittelbarer Inbesitznahme bösgläubig wurde.<br />
2. Wenn Veräußerung<br />
nach Entfernung (und Beschlagnahme),<br />
also Reihenfolge E – B – V oder B – E – V,<br />
§ 23 I 1 ZVG, 136, 135 II, 932 ff. BGB;<br />
guter Glaube erforderlich noch bei Veräußerung.<br />
3. Wenn Beschlagnahme nach Entfernung und Veräußerung,<br />
also Reihenfolge V – E - B oder E – V – B,<br />
tritt Enthaftung sowieso ein, § 1121 I; guter Glaube also irrelevant.<br />
8. Rechte des Hypothekengläubigers wegen Entziehung der Zubehörsache<br />
1. Auf Grund allgemeiner Ansprüche <strong>zu</strong> prüfen<br />
1. Evtl. Vertrag mit Grundstückseigentümer,<br />
2. § 816 I und<br />
3. Geschäftsführung ohne Auftrag.<br />
2. Speziell, wenn Zubehörsache vom Grundstück entfernt wurde<br />
entgegen „den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft“,<br />
hat Hypothekengläubiger (= Hypothekar) G<br />
1. Unterlassungsklage, §§ 1134 f.,<br />
2. Schadenersatzklage § 823 I (Hypothek), § 823 II (Schutzgesetz, §§ 1134 f.)<br />
und zwar gegen<br />
1. den Grundstückseigentümer und<br />
2. eventuell gegen den Erwerber der Zubehörsache.<br />
9. Es bleibt also bei den schon skizzierten Phasen der Rechtsänderung einer Sache:<br />
0. Zuerst ist es eine bewegliche Sache außerhalb des Haftungsbereichs der Hypothek.<br />
1. Dann wird die Sache als Zubehör und als Eigentum des Eigentümers eines Grundstücks,<br />
das mit einer Hypothek belastet ist, von der hypothekarischen Haftung erfasst.<br />
2. Wenn über sie wiederum verfügt wird, ist sie enthaftet, wenn<br />
1. Zubehöreigenschaft in ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben, oder<br />
2. wenn vor der Beschlagnahme übereignet und vom Grundstück entfernt wurde.<br />
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Grundstücksrecht<br />
3. Wenn sie aber nicht enthaftet wird und wenn dann das Grundstück wegen der Hypothek beschlagnahmt wird,<br />
dann kann über sie nicht mehr frei verfügt werden, sondern sie wird <strong>zu</strong>sammen mit dem Grundstück versteigert.<br />
4. Aber selbst nach Beschlagnahme gutgläubiger Erwerb möglich.<br />
Kapitel 9. Ansprüche wegen Zubehörs<br />
Auf welche Weise werden nun Rechte an den Zubehörsachen geltend gemacht? Häufiger Streit zwischen bisherigem Grundstückseigentümer<br />
(E), Ersteher in der Versteigerung (K), Hypothekengläubiger (G), (angeblichem) Eigentümer der Zubehörsache (Z).<br />
1. Rasenmäher. Zubehör des Grundstücks des E ist ein Rasenmäher, der sich auf dem Grundstück befindet und dem E gehört. Auf Betreiben<br />
des Hypothekengläubigers G wird die Zwangsversteigerung des Grundstücks betrieben. Das Grundstück wird ersteigert von<br />
K. Aus dem Versteigerungserlös wurde G wegen seiner Hypothek <strong>zu</strong>m Teil befriedigt.<br />
Ist K Eigentümer des Rasenmähers geworden?<br />
Macht es einen Unterschied, ob der Rasenmäher von der Hypothek erfasst war oder nicht?<br />
Hat dann, wenn der Rasenmäher nicht dem Grundstückseigentümer E, sondern dem Eigentümer Z gehörte, Z einen Anspruch gegen<br />
E, K oder G?<br />
2. Normalerweise erfasst die Verwertung des Grundstücks die mithaftenden Gegenstände,<br />
also auch die Zubehörsachen des Grundstückseigentümers,<br />
§§ 20 II ZVG, 1120 BGB.<br />
D.h. Der Grundstücksersteher wird Eigentümer auch dieser Sachen,<br />
der bisherige Grundstückseigentümer verliert sein Eigentum an diesen Sachen,<br />
der Wert dieser Sachen ist eingegangen in den gesamten Versteigerungserlös<br />
und ist damit im Ergebnis dem letzten der befriedigten Gläubiger <strong>zu</strong> Gute gekommen.<br />
3. Ersteher in Ersteigerung hat Vindikation, § 985, gegen Besitzer, §§ 20 I und II ZVG, 1120 BGB, 55 I ZVG, 136, 135 BGB.<br />
4. Probleme treten vor allem hinsichtlich solcher Sachen auf,<br />
die nicht als Zubehör im Eigentum des Grundstückseigentümers von der Hypothekenhaftung erfasst sind,<br />
aber trotzdem in die Verwertung geraten.<br />
Es muss also als erstes immer geprüft werden:<br />
unterfällt die betreffende Sache der hypothekarischen Haftung, § 1120,<br />
ist sie von der Haftung frei geworden, §§ 1121 f.?<br />
5. Selten Klage des Grundstückseigentümers E, um geltend <strong>zu</strong> machen, dass eine bestimmte Sache nicht als Zubehör hafte.<br />
6. Häufig begehrt der angebliche Eigentümer einer Sache (Z),<br />
dass diese nicht als Zubehör des Grundstückseigentümers mit versteigert werde.<br />
Damit fremde Sache nicht mit versteigert wird, muss der wirkliche Eigentümer der Sache (Z)<br />
1. nach der Beschlagnahme des Grundstücks<br />
hinsichtlich dieser Sache die Aufhebung des Verfahrens beantragen,<br />
§ 37 Nr. 5 ZVG.<br />
2. Wenn das Gericht dem Antrag des Z<br />
- nicht stattgibt<br />
- oder Verfahren insoweit nur einstweilig einstellt, § 37 Nr. 5:<br />
<strong>Dr</strong>ittwiderspruchsklage des Z gegen den betreibenden Gläubiger G, § 771 ZPO.<br />
7. Wenn der wirkliche Eigentümer der Sache die Aufhebung der Zwangsversteigerung<br />
hinsichtlich seiner Sache nicht erreicht hat, wird die Sache mitverwertet.<br />
Die Beschlagnahme erfasst zwar nur Zubehör des Grundstückseigentümers, §§ 20 II ZVG, 1120 BGB.<br />
Aber weil die Eigentumsverhältnisse an den Zubehörsachen nicht ohne weiteres <strong>zu</strong> erkennen sind,<br />
erstrecken sich Versteigerung und Zuschlag auch auf fremdes Zubehör, § 55 II, 90 II ZVG<br />
(obwohl dieses gar nicht im eigentlichen Sinne beschlagnahmt war).<br />
Daher die berühmte Besonderheit des Erwerbes durch Zuschlag in der<br />
Zwangsversteigerung des Grundstücks nach dem Zwangsversteigerungsgesetz, ZVG,<br />
§§ 90 ZVG , § 55 I, § 20 II ZVG, § 1120 BGB, 55 II ZVG.<br />
1. § 90 ZVG (1) „Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks,...“.<br />
(2) „Mit dem Grundstück erwirbt er <strong>zu</strong>gleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat.“<br />
2. Auf welche Gegenstände hat sich denn die Versteigerung erstreckt?<br />
§ 55 ZVG (1) „Die Versteigerung des Grundstücks erstreckt sich auf alle Gegenstände,<br />
deren Beschlagnahme noch wirksam ist.“<br />
§ 20 ZVG (2) „Die Beschlagnahme umfasst auch diejenigen Gegenstände,<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
auf welche sich bei einem Grundstücke die Hypothek erstreckt.“<br />
§ 1120 BGB: Hypothek erstreckt sich auch auf das Zubehör.<br />
3. Nach § 1120 erstreckt sich die Hypothek zwar nicht auf fremdes Zubehör.<br />
Aber Ausnahmeregelung des § 55 II ZVG:<br />
§ 55 ZVG (2)<br />
„Auf Zubehörstücke, die sich im Besitze des Schuldners ... befinden,<br />
erstreckt sich die Versteigerung auch dann, wenn sie einem <strong>Dr</strong>itten gehören,<br />
es sei denn, dass dieser sein Recht nach Maßgabe des § 37 Nr. 5 geltend gemacht hat.“<br />
4. Kurz: der Ersteher erwirbt das Eigentum auch an fremden Zubehörstücken,<br />
und zwar ohne Rücksicht auf seinen, des Erwerbers, guten Glauben.<br />
5. Aber Anspruch des bisherigen Eigentümers der Zubehörsache<br />
- zwar nicht gegen Ersteher,<br />
- wohl aber auf Ersatz aus dem Versteigerungserlös, §§ 37 Nr. 5, 113 ff. ZVG<br />
- hilfsweise gegen den letztrangig Begünstigten, § 812 I 1 Alt. 2 BGB.<br />
8. Entscheidungen, Fälle und Aufsätze<br />
BGHZ 92, 280; JuS 1973, S. 96 ff.; JuS 1979, S. 200 ff.; Fortdauer der Zubehöreigenschaft (BGH Urt. v. 30. 1. 1995, NJW 1996,<br />
835 = JuS 1996, 647); H. Plander, JuS 1975, S. 345 ff.; H. Plander, JuS 1981, S. 565, <strong>zu</strong> BGH NJW 1979, S. 2514 betr. „Haftung und<br />
Enthaftung von Zubehör für eine Eigentümergrundschuld“; JuS 1982, S. 924 ff.; H. Kollhosser, JA 1984, S. 196 ff.; M. Reinicke,<br />
JuS 1986, S. 957; J. Wilhelm, NJW 87, S. 1785; Ludwig, NJW 1989, S. 14785; BGH NJW 1991, S. 695 (Zahnpressformen); H.-<br />
M. Müller-Laube, JuS 1993, S. 529 ff.<br />
Kapitel 10. Befreiung von der Hypothek<br />
In verschiedenen Situationen hat der Eigentümer gegen denjenigen, der als Hypothekengläubiger (= Hypothekar) im Grundbuch eingetragen<br />
ist, Ansprüche auf Rückübertragung, Löschung oder Zustimmung <strong>zu</strong>r Berichtigung. Wie sind diese Ansprüche <strong>zu</strong> verwirklichen?<br />
1. Rückübertragung einer Hypothek auf den Eigentümer, §§ 1153 ff.: meistens Eigentümergrundschuld, § 1177.<br />
2. Verzicht, § 1168, s. auch § 1165: Eigentümergrundschuld, § 1177.<br />
3. Aufhebung, §§ 1183, 875 I, s. auch § 1165: Hypothek ist aufgehoben, spätere rücken nach: meistens „Löschungsbewilligung“.<br />
4. Erlöschen durch Befriedigung mittels Zwangsvollstreckung, § 1181.<br />
5. Berichtigung, § 894: Bewilligung entsprechend § 19 GBO, beglaubigt entspr. § 29 I 1 GBO.<br />
(In weiteren Fällen: Eigentümerhypothek bzw. –grundschuld).<br />
6. TEIL. GRUNDSCHULD<br />
Nachdem im BGB die Hypothek in aller Ausführlichkeit geregelt worden ist, genügt es für die Grundschuld, weitgehend auf die ausführlichere<br />
Regelung der Hypothek <strong>zu</strong> verweisen. Wichtig ist der fundamentale Unterschied, dass die Hypothek von Rechts wegen an eine Forderung<br />
gebunden ist, die Grundschuld aber nicht. Gerade deswegen wird letztere heute bei weitem von den Kreditinstituten bevor<strong>zu</strong>gt.<br />
Kapitel 1. Beschreibung der Grundschuld<br />
In diesem Kapitel soll die Grundschuld etwas genauer beschrieben werden, so dass man in den folgenden Kapiteln die von der Grundschuld<br />
verursachten Probleme besser verstehen und lösen kann.<br />
1. Handelsbank I. Grundstückseigentümer E und die Handelsbank H sind sich darüber einig, dass H dem E einen Kredit in Höhe von<br />
600 000,- Euro gewährt und dass E der H <strong>zu</strong>r Sicherheit eine Grundschuld bestellt. Die Grundschuld wird bestellt, E übergibt der H<br />
den Grundschuldbrief.<br />
2. Legaldefinition § 1191 I, Lesen; da<strong>zu</strong> § 1192.<br />
3. Unterscheiden Sie „Grund-schuld“ und „Grund-pfandrecht“ (z. B. § 489 I Nr. 2) und<br />
verwechseln Sie nicht die Sicherungs-Grundschuld mit der Sicherungs-Hypothek (§§ 1184 ff.).<br />
4. Einziger Unterschied zwischen Grundschuld und Hypothek:<br />
Grundschuld ist rechtlich (aber meistens nicht: tatsächlich) von Forderung unabhängig,<br />
keine Akzessorietät, §§ 1191 I, 1192 I.<br />
5. Vorteile der Grundschuld, vor allem für Sicherungsgeber: Beweislast des Eigentümers wegen aller Einwendungen und Einreden, die<br />
die gesicherte Forderung betreffen, volle Wirksamkeit <strong>zu</strong> Gunsten Sicherungsgeber auch bei Fehlen oder Fehlern der <strong>zu</strong> sichernden<br />
Forderung, kein automatischer Rückfall der Sicherung an Eigentümer oder Schuldner bei Tilgung der persönlichen Forderung, Mög-<br />
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Grundstücksrecht<br />
lichkeit der gleichzeitigen oder auf einander folgenden Sicherung verschiedener Forderungen ohne Grundbuchänderungen. Eigentümer<br />
kann mit Eigentümergrundschuld eine Rangstelle reservieren, bei Bedarf schnell Grundschuld an einen Kreditgeber abtreten. Außerdem<br />
bleibt Kreditgeber bei Grundschuld leichter anonym. Die Grundschuld ist in der rechtlichen Konstruktion unkomplizierter<br />
und im Bestand sicherer, weil sie nicht von einer Forderung abhängig ist.<br />
6. Anwendbar Hypothekenrecht, § 1192 I Halbs.1, als Verweisung stets mitzitieren,<br />
soweit sich nicht wegen Fehlens der Akzessorietät<br />
etwas anderes ergibt, § 1192 1 Halbs. 2.<br />
(Sinnlos, die folgende Liste auswendig <strong>zu</strong> lernen!)<br />
1. Anwendbar sind Normen, die nur das dingliche Recht als solches betreffen, z. B. §§ 1116, 1117 (Buch- oder Briefgrundschuld),<br />
1120 ff. (Haftungsverband), 1140 (Briefgrundschuld), 1147 (Befriedigung durch Zwangsvollstreckung), 1157 (Einreden<br />
gegen die Grundschuld), 1163 Absatz 2 (Briefgrundschuld).<br />
2. Entsprechend anwendbar sind auch bestimmte Normen, die zwar von der Forderung sprechen, aber nicht Ausdruck der Akzessorietät<br />
sind, z. B. §§ 1115 I 1 Halbs. 1 (Eintragung der Grundschuldsumme), 1142 (Befriedigungsrecht des Eigentümers),<br />
1143 (Übergang der Grundschuld auf Eigentümer, str.), 1150 (Ablösungsrecht <strong>Dr</strong>itter), besonders wichtig: 1154 (Übertragung<br />
der Grundschuld), § 1155 (gutgläubiger Zweiterwerb der Briefgrundschuld), 1163 I Satz 2 (Zahlung des Grundschuldbetrages,<br />
str.). Lassen Sie sich also nicht dadurch verwirren, dass in den genannten Bestimmungen von „Forderung“ die Rede ist, denn<br />
das dort Angeordnete gilt gleicherweise für die Grundschuld.<br />
3. Aber nicht anwendbar Normen, die Ausdruck der Akzessorietät sind, wie §§ 1113 (Legaldefinition), 1137 – 1139 (Einwendungen<br />
und Einreden auf Grund der persönlichen Forderung), 1153 (Untrennbarkeit Hypothek und Forderung), 1163 I Satz 1<br />
(Eigentümerhypothek bei Nichtentstehen der Forderung), 1164 – 1166 (Befriedigung durch persönlichen Schuldner), 1177<br />
(Umwandlung Eigentümerhypothek in Eigentümergrundschuld), 1184 ff. (Sicherungs-Hypothek).<br />
7. Anspruchsgrundlage ist auch für den Inhaber der Grundschuld<br />
1. entweder § 1147 (Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung), über § 1192,<br />
2. oder Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde, § 794 I Nr. 5 ZPO.,<br />
gegen welche Eigentümer notfalls die Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO, erheben muss.<br />
3. Auch hier hat Eigentümer das Befriedigungsrecht nach § 1142.<br />
8. Die praktische Ausnahme: sogenannte isolierte Grundschuld,<br />
wenn von Gläubiger und Eigentümer gar keine persönliche Forderung ins Auge gefasst ist. In der Praxis sehr selten, etwa wenn Eigentümer<br />
sich selbst Grundschuld bestellt oder wenn er die Grundschuld als solche verschenken will.<br />
Onkel Emil. Onkel Emil will seinem geliebten Neffen Gundobad ein Grundstücksrecht schenken, ohne Gundobad <strong>zu</strong>m Miteigentümer<br />
<strong>zu</strong> machen und ohne sich ihm gegenüber persönlich <strong>zu</strong> verpflichten. Deswegen bestellt E dem G formgerecht eine Grundschuld.<br />
Wirksam als Grundschuld. Wirksam auch als Schenkungsvoll<strong>zu</strong>g (anders bei Hypothek).<br />
9. Aber das Übliche ist die „Sicherungsgrundschuld“. Diese liegt vor,<br />
wenn G und E die Grundschuld bestellen, um eine Forderung des G <strong>zu</strong> „sichern“,<br />
ohne jedoch die Existenz der Grundschuld<br />
von der Forderung rechtlich abhängig <strong>zu</strong> machen. In der Praxis sehr häufig.<br />
10. <strong>Dr</strong>ei Rechtsgeschäfte sind hier <strong>zu</strong> unterscheiden:<br />
1. Begründung der persönlichen Forderung,<br />
2. Sicherungsvertrag,<br />
3. Grundschuldbestellung.<br />
Unterschiedliche Rechtsfolgen bei Fehlern in einem der drei Rechtsgeschäfte.<br />
11. Literatur: Goertz und Roloff, Die Anwendung des Hypothekenrechts auf die Grundschuld, JuS 2000, 762.<br />
Schulfälle: Schanbacher, JuS 1999, 44; Bukow und Vogelmann, JuS 2001,773.<br />
Kapitel 2. Bestellung der Grundschuld, Einwendungen und Einreden des Eigentümers<br />
Hier kommt es vor allem auf die problematische Beziehung der Forderung <strong>zu</strong>r Grundschuld und auf den Sicherungsvertrag, der die Causa<br />
für die Grundschulbestellung bildet, an.<br />
1. Handelsbank II. Grundstückseigentümer E und Handelsbank H sind sich über Kreditgewährung und Grundschuldbestellung einig, die<br />
Grundschuld wird in voll wirksamer Weise bestellt. Dann aber ruft E den Kredit bei H nicht ab, weil E eine für ihn günstigere Kreditmöglichkeit<br />
bei X findet.<br />
22. August 2011<br />
75
1. Kann H aus der Grundschuld gegen E vorgehen?<br />
2. Kann E von H die Grundschuld <strong>zu</strong>rückverlangen?<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. Die Grundschuld wird auf dieselbe Weise wie eine Hypothek bestellt,<br />
aber ohne die Besonderheiten der Forderung, §§ 873, 1192 I, 1115 I, 1116, 1117.<br />
3. Grundsätzlich vier Vorausset<strong>zu</strong>ngen für Bestellung der Grundschuld <strong>zu</strong> prüfen:<br />
wie bei Übereignung, § 873<br />
1. Einigsein, § 873<br />
2. Eintragung, § 873<br />
3. Berechtigung, § 873,<br />
Da<strong>zu</strong> die eine Besonderheit<br />
4. Brief-<br />
1. entweder Übergabe (Briefgrundschuld), oder<br />
2. Ausschluss des Briefes (Buchgrundschuld), §§ 1116 f., 1154.<br />
Aber gerade nicht, wie bei der Hypothek:<br />
Forderung, § 1113.<br />
4. Also<br />
- keine wirksame Grundschuld, wenn Einigsein oder Eintragung oder Berechtigung fehlt;<br />
Eigentümer hat entsprechende Einwendung.<br />
- Eigentümergrundschuld, solange keine Briefübergabe oder kein Briefausschluss, § 1163 II;<br />
auch deswegen entsprechende Einwendung des Eigentümers.<br />
- Aber: wirksame Fremdgrundschuld, auch wenn gesicherte Forderung nicht ausgezahlt ist.<br />
5. Entstehen der Eigentümergrundschuld wie Eigentümerhypothek:<br />
1. Eigentümer bestellt selbst, so ausdrücklich § 1196,<br />
2. oder er erwirbt Hypothek oder Grundschuld vom Gläubiger,<br />
3. oder von Gesetzes wegen.<br />
1. wegen Forderung<br />
- nicht wegen Nichtentstehens der gesicherten Forderung (nicht § 1163 I Satz 1),<br />
- wohl aber im Falle der Rückzahlung auf die Grundschuld, § 1163 I Satz 2 (str.),<br />
2. wenn Brief nicht ausgeschlossen und noch nicht übergeben wurde, § 1163 II.<br />
Wenn V an seinem Grundstück Eigentümergrundschuld hat und Grundstück an K übereignet,<br />
bleibt V Inhaber der Grundschuld, diese wird also <strong>zu</strong>r Fremdgrundschuld.<br />
6. Da Grundschuld kein akzessorisches Sicherungsrecht ist, §§ 1191 f.:<br />
1. Entstehen der Forderung irrelevant für Wirksamkeit der Fremdgrundschuld,<br />
also keine Eigentümergrundschuld, nur weil nicht valutiert (d. h.: „bezahlt“) wurde,<br />
keinesfalls § 1163 Abs. 1 Satz 1 (allg. M.).<br />
2. Grundschuld steht dem Gläubiger <strong>zu</strong> (unstr.).<br />
3. Eigentümer hat also keinerlei Einwendung wegen Fehlens der Forderung.<br />
4. Selbstverständlich ist Höhe der Grundschuld (aber nicht der <strong>zu</strong> sichernden persönlichen Forderung) ein<strong>zu</strong>tragen.<br />
5. Aber durch Rückzahlung auf die Grundschuld entsteht Eigentümergrundschuld, § 1163 I Satz 2 entsprechend (str.).<br />
7. Wenn aber der Darlehensvertrag unwirksam ist<br />
oder das Darlehen nicht ausgezahlt worden ist,<br />
<strong>zu</strong> deren Sicherung die Grundschuld bestellt wurde,<br />
1. Dann erfolgte die Grundschuldbestellung zwar nicht sine causa,<br />
denn die Causa für die Grundschuldbestellung ist ja der Sicherungsvertrag.<br />
Nach a. A. greift Bereicherungseinrede ein, § 821.<br />
2. Aber aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich,<br />
dass in diesem Fall die Grundschuld nicht geltend gemacht werden darf.<br />
1. Damit liefert in diesem Fall der Sicherungsvertrag<br />
eine Einrede gegen die Grundschuld,<br />
die „Einrede der fehlenden Valutierung“.<br />
Diese Einrede kann der Eigentümer dem Grundschuldgläubiger entgegenhalten,<br />
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76
§§ 1192, 1157 S. 1.<br />
Grundstücksrecht<br />
2. Diese Einrede ist<br />
1. sogar eintragungsfähig;<br />
2. nicht eintragungsbedürftig;<br />
2. aber Eintragung verhindert gutgläubigen Erwerb durch Zweitgläubiger.<br />
3. Außerdem Rückübertragungsanspruch des Eigentümers<br />
gegen den Grundschuldgläubiger<br />
- auf Grund Sicherungsabrede<br />
- oder aus § 812 1 2 Alt. 2,<br />
- oder aus § 1169, „rechtszerstörende Einrede“, § 821.<br />
Das gilt auch ohne ausdrückliche Rückgewährklausel. Denn dem Sicherungsvertrag ist wegen seiner Treuhandnatur die Verpflichtung<br />
immanent, die Sicherheit <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>gewähren, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt wird. Der Sicherungsgeber<br />
hat damit einen durch den Wegfall des Sicherungszweckes aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr. Zur<br />
Sicherung sogar Vormerkungsanspruch.<br />
8. Ein-reden, die allein die Forderung betreffen,<br />
z. B. Berechtigung <strong>zu</strong>r Ausübung eines Gestaltungsrechts (§ 770) oder Zurückbehaltungsrecht (§ 273 oder § 320)<br />
kann Eigentümer dem Gläubiger meistens nicht entgegensetzen, § 1192 I Halbs.2, anders als bei der Hypothek.<br />
9. Selbstverständlich hat der persönliche Schuldner gegen die persönliche Forderung diejenigen Einwendungen und Einreden,<br />
die die persönliche Schuld betreffen, wie Unwirksamkeit, Stundung, Zurückbehaltungsrecht.<br />
Diese Rechte hat Schuldner auch dann gegen persönliche Forderung, wenn er mit Eigentümer identisch ist.<br />
10. Bei Inanspruchnahme allein aus der Forderung hat der Schuldner im allgemeinen<br />
Zurückbehaltungsrecht, § 273, bis <strong>zu</strong>r Rückübertragung der Grundschuld.<br />
11. Sicherungsabrede = Sicherungsvereinbarung = Zweckerklärung.<br />
Diese ist das Grundgeschäft, die causa,<br />
geht der Bestellung der Grundschuld typischerweise voraus; insbesondere<br />
1. Festlegung, dass eine bestimmte persönliche Forderung mit Zinsen<br />
durch eine bestimmte Grundschuld gesichert werden soll.<br />
2. Rechte und Pflichten der Beteiligten, z. B. Abtretungsverbot, Trennungsverbot, Rückübertragungspflichten,<br />
Tilgungsmodalitäten.<br />
3. Abschluss:<br />
- Könnte im allgemeinen formlos abgeschlossen werden,<br />
- aber meistens AGB (dann verschärfte rechtliche Kontrolle).<br />
- Wenn ausdrücklicher Abschluss nicht nach<strong>zu</strong>weisen ist, dürfte meistens konkludenter Abschluss nahe liegen.<br />
4. Wenn AGB, dann oft Bedenken gegen die Erstreckung der Haftung auf „alle anderen<br />
gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Bank gegen den Schuldner“.<br />
Hier ist <strong>zu</strong> differenzieren:<br />
1. Sind Schuldner und Sicherungsgeber (= Grundstückseigentümer) identisch, ist Klausel meistens wirksam.<br />
2. Haftet hingegen das Grundstück des E für Schulden eines <strong>Dr</strong>itten, dann oft unwirksam als „überraschende Klausel“.<br />
5. Dieses Grundgeschäft ist scharf <strong>zu</strong> trennen von der <strong>zu</strong> sichernden Forderung.<br />
6. Fehlt es an einer Sicherungsabrede (in der Praxis selten), dann<br />
1. ist die Bestellung des Grundpfandrechtes trotzdem wirksam, Abstraktionsprinzip.<br />
2. Aber der Besteller des Grundpfandrechtes, d. h. der Grundstückseigentümer, hat<br />
1. Einrede aus § 821, §§ 1192 I, 1157, und<br />
2. Rückübertragungsanspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 oder I 2, §§ 1192 I, 1157,<br />
wegen Fehlens der causa, und aus § 1169.<br />
12. Eigentümer kann also Bereicherungsrecht im Falle der Sicherungsgrundschuld<br />
aus 2 unterschiedlichen Gründen haben:<br />
1. wegen Fehlens <strong>zu</strong> sichernder Forderung und/oder<br />
2. wegen Fehlens wirksamer Sicherungsabrede.<br />
13. Eintragung im Hinblick auf „Sicherungsgrundschuld“?<br />
1. Nicht<br />
1. Eintragung als „Sicherungsgrundschuld“ oder<br />
2. Bedingung der Existenz der <strong>zu</strong> sichernden Forderung (Grundschuld unwirksam, str.) oder<br />
3. Sicherungsvertrag insgesamt.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. Aber rechtswirksam Eintragung einzelner Einreden.<br />
- z. B. unter welchen Vorausset<strong>zu</strong>ngen ein Rückübertragungsanspruch entsteht.<br />
- Weiteres Beispiel: Grundschuld als solche ist sofort fällig, Sicherungsabrede erlaubt aber Geltendmachung der Grundschuld<br />
erst nach Ver<strong>zu</strong>g des S mit Erfüllung der gesicherten persönlichen Forderung. E hat entsprechende Einrede gemäß<br />
§ 1157 gegen Anspruch des G aus § 1147.<br />
3. Aufschiebend bedingter Rückübertragungsanspruch kann durch Vormerkung gesichert werden.<br />
14. Auch hinsichtlich der Grundschuld als solcher können Grundstückseigentümer und Grundschuldgläubiger Vereinbarungen treffen, auf<br />
Grund deren Eigentümer Einrede gegen Gläubiger gemäß §§ 1192 I, 1157 erheben kann.<br />
15. Rechtsprechung<br />
Zweckerklärung für Grundschuld, Vollstreckungsabwehrklage (BGH Urt. v. 23. 5. 2000, NJW 2000, 2675 = JuS 2000, 1121).<br />
Viele Entscheidungen, die bei der Hypothek zitiert wurden, sind <strong>zu</strong>r Grundschuld ergangen, wenn es nicht speziell um Fragen der<br />
Forderung ging.<br />
16. Muttersöhnchen. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde vom 20. Oktober<br />
1978. Die K hatte damals an ihrem Wohngrundstück eine Grundschuld von 190 000,- DM bestellt, und zwar <strong>zu</strong> Gunsten der Beklagten<br />
<strong>zu</strong>r Sicherung eines Darlehens. Nachdem dieses Darlehen vollständig getilgt war, kam es 1986 <strong>zu</strong> Verhandlungen der Beklagten<br />
mit S, dem Sohn der - damals schon 78 Jahre alten - Klägerin, über eine neue Sicherungszweckvereinbarung. Dieser S schuldete<br />
der Beklagten insgesamt 1430 000,- DM. Die Beklagte übersandte dem S eine neue Zweckerklärung für die Grundschuld sowie eine<br />
Zusatzerklärung und bat, diese Unterlagen möglichst schnell unterschrieben wieder ein<strong>zu</strong>reichen. Der Sohn legte beide Erklärungen<br />
am 22. September 1986 der Klägerin in ihrer Wohnung vor. Nach Einsetzen des Datums unterschrieb sie das gedruckte Zweckerklärungsformular<br />
und die maschinenschriftliche Zusatzerklärung. Diese hatte folgenden Wortlaut: „Ich habe Ihnen gegenüber am 22. 9.<br />
1986 die Zweckerklärung sowie Abtretungs- und Verpfändungserklärung unterschrieben und bin von Ihnen gleichzeitig darauf hingewiesen<br />
worden, dass die von mir <strong>zu</strong> Gunsten der K und des S als Hauptschuldner gestellte Sicherheit nicht nur für die gegenwärtigen<br />
Forderungen Ihrer Bank gegen den Hauptschuldner, sondern für sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus der<br />
bankmäßigen Geschäftsverbindung mit Ihrer Bank in dem in der Zweck- sowie Abtretungs- und Verpfändungserklärung näher bezeichneten<br />
Umfang herangezogen werden kann. Ich bin weiter darüber belehrt worden, dass mir daraus unter Umständen die Gefahr<br />
des ganzen oder teilweisen Verlustes des Eigentums am Eigentum erwachsen kann, wenn Ihre Bank gezwungen ist, bei Ver<strong>zu</strong>g des<br />
Hauptschuldners die Sicherheit <strong>zu</strong> verwerten“. Die B ließ sich 1993 eine notarielle Vollstreckungsklausel erteilen. Daraus betreibt sie<br />
die Zwangsvollstreckung in das Wohngrundstück der Klägerin. Diese hält die Sicherungszweckerklärung vom 22. September 1986<br />
für unwirksam und erhebt die Vollstreckungsgegenklage. (BGHZ 131, 55).<br />
Kapitel 3. Übertragung von Grundschuld oder Forderung<br />
Die Übertragung der Grundschuld ist eigentlich ganz einfach, weil das Gesetz hier keine Rücksicht auf die persönliche Forderung <strong>zu</strong> nehmen<br />
braucht. Man muss nur wissen, dass hier nach der Verweisungsnorm des § 1192 die §§ 1154 ff. gelten, indem statt „Forderung“ <strong>zu</strong> lesen ist:<br />
„Grundschuld“. Noch einfacher ist die Übertragung der Forderung. Sorgen macht es aber, wenn Grundschuld und Forderung durch die Übertragung<br />
getrennt werden.<br />
1. Handelsbank III. Grundstückseigentümer E und Handelsbank H sind sich über Kreditgewährung und Grundschuldbestellung einig,<br />
die Grundschuld wird in voll wirksamer Weise bestellt. Dann aber ruft E den Kredit bei H nicht ab, weil E eine für ihn günstigere<br />
Kreditmöglichkeit bei X findet. H tritt Grundschuld und angebliche Forderung an G2 ab, G2 kennt sämtliche Umstände.<br />
Hat G2 persönliche Forderung erworben? Hat G2 Grundschuld erworben? Hat E Einwendung oder Einrede gegen G2?<br />
2. Übertragung der Grundschuld nach denselben Regeln wie die Hypothek,<br />
§§ 1192 I, 1154 ff., <strong>zu</strong> lesen: „Grundschuld“ statt „Forderung“,<br />
Buchgrundschuld: Einigung und Eintragung, §§ 1192 I, 1154 III,<br />
Briefgrundschuld: Einigung und Briefübergabe, §§ 1192 I, 1154 I und II.<br />
3. Fehler hinsichtlich Einigung oder Brief bei der Übertragung machen Übertragung unwirksam, wie bei der Hypothek.<br />
4. Die Einwendungen und Einreden des Eigentümers, die die Grundschuld betreffen,<br />
bleiben im Falle der Abtretung der Grundschuld bestehen.<br />
E hat gegen Zweitgläubiger G2, grundsätzlich Einreden und Einwendungen,<br />
die E auf Grund der Grundschuld schon gegen G1 hatte, §§ 1192 I Halbs. 1, 1157 S. 1,<br />
Insbesondere, wie bei der Hypothek, betreffend dingliche Einigung,<br />
oder auch Einreden, die von vorneherein gegen die Grundschuld gerichtet sind,<br />
z. B. Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Geltendmachung, Stundung der Grundschuld, Ausschluss der Abtretung der Grundschuld,<br />
Beschränkung der Zwangsvollstreckung,<br />
5. Die Einreden auf Grund des Sicherungsvertrages<br />
1. insbesondere wegen<br />
1. Nichtvalutierung oder Rückzahlung des Darlehens oder ausgeübten Gestaltungsrechts,<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. Unerlaubte Trennung von Darlehen und Grundschuld.<br />
2. stammen zwar aus einem schuldrechtlichen Sicherungsvertrag,<br />
betreffen auch meistens irgendwie die persönliche Forderung,<br />
richten sich aber gegen die Grundschuld als solche, wirken also dinglich,<br />
daher gemäß §§ 1192, 1157 S. 1 grundsätzlich auch gegen Zweitgläubiger.<br />
Hier also keinesfalls mit §§ 1137 f. operieren, diese gelten gerade nicht bei der Grundschuld,<br />
auch nicht § 404, betrifft nur Verhältnis zwischen Zweitgläubiger und persönlichem Schuldner als solchen.<br />
3. Aber Eigentümer hat diese Einreden gegenüber Neugläubiger im allgemeinen nur,<br />
wenn der volle Tatbestand der Einrede bereits im Verhältnis<br />
Eigentümer – Erstgläubiger begründet war,<br />
also z. B. Rückzahlung schon von Erstgläubiger erfolgt, Rücktritt (z. B. Sachmangel) bereits gegenüber Erstgläubiger.<br />
6. Der gutgläubige Erwerb einer angeblich bestehenden Grundschuld bereitet keine größeren Probleme als der gutgläubige Zweiterwerb<br />
einer Hypothek. Im Gegenteil: da die Rücksichtnahme auf eine Forderung (§ 1138) wegfällt, ist es hier sogar noch einfacher:<br />
1. § 892, betreffend Ein-wendungen gegen die Grundschuld, und<br />
2. §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 für Ein-reden gegen die Grundschuld,<br />
plus § 1155 bei Briefgrundschuld.<br />
7. Wenn gemäß § 892 I 1 diese Einwendungen oder Einreden<br />
nicht<br />
1. „aus dem Grundbuch ersichtlich“ oder<br />
2. „dem Erwerber bekannt“ oder<br />
3. Gegenstand eines “Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs“<br />
sind,<br />
dann bestehen sie nicht gegenüber dem Erwerber G2, dieser hat also<br />
die Grundschuld gutgläubig einwendungs- und einredefrei erworben.<br />
8. Wie auch sonst im Grundstücksrecht: unschädlich ist grobfahrlässige Unkenntnis.<br />
Grundschuld-Erwerber ist nur dann bösgläubig,<br />
wenn er bezüglich Sicherungsgrundschuld<br />
1. Sicherungscharakter der Grundschuld und außerdem<br />
2. Einrede oder Einwendung<br />
kannte.<br />
9. Eigentümer kann <strong>zu</strong>r Abwendung gutgläubigen Erwerbs<br />
1. Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung oder<br />
2. entsprechenden Widerspruch im Grundbuch eintragen lassen,<br />
3. eventuell auch Vormerkung des Anspruchs auf Rückübertragung der Grundschuld<br />
(Koblenz Urt. v. 29. 1. 1998, WM 1999, 2068).<br />
10. E hat häufig auf Grund desselben TB, der die Einwendung oder Einrede gegen die Grundschuld begründete,<br />
einen Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld,<br />
Handelsbank. Wenn Grundschuld für Darlehen bestellt wurde, das endgültig nicht <strong>zu</strong>r Auszahlung kommt.<br />
Diesen Anspruch kann E nicht gegen G2 haben. G2 ist eigentlich allenfalls Gläubiger, aber nicht Schuldner des E.<br />
Hier die wichtige Funktion des § 1169 i.V.m. § 1192:<br />
Wenn gegen die Grundschuld eine dauernde Einrede besteht, so dass Grundschuld nicht durchgesetzt werden kann,<br />
dann handelt es sich um eine „rechtszerstörende Einrede“,<br />
und diese gewährt einen Rückübertragungsanspruch des E auch gegen G2.<br />
11. Gesondert <strong>zu</strong> übertragen die gesicherte Forderung, einfach § 398,<br />
weil § 1153 bei Grundschuld gerade nicht gilt.<br />
12. Zweitgläubiger der persönlichen Forderung hat meistens Anspruch<br />
gegen Erstgläubiger auf Übertragung der (Sicherungs-)-Grundschuld, § 401 analog.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
13. Einwendungen und Einreden des persönlichen Schuldners gegen die persönliche Schuld,<br />
auch gegen Zweitgläubiger, § 404,<br />
kein gutgläubig einredefreier Erwerb der persönlichen Forderung.<br />
Aber, wie gesagt, Einreden und Einwendungen dieser Art nicht gegen den Inhaber der Grundschuld.<br />
14. Getrennte Verfügung des G über Forderung und Grundschuld ist dinglich wirksam.<br />
Daher kann es leicht <strong>zu</strong>r „Spaltung“<br />
von Grundschuld und persönlicher Forderung kommen.<br />
Wenn Gläubiger G seine Grundschuld am Grundstück des E<br />
und seine persönliche Forderung gegen S<br />
an die beiden verschiedenen Neugläubiger N1 und N2 abtritt,<br />
dann erwirbt jeder der Neugläubiger sein Recht,<br />
also etwa N1 die Grundschuld, N2 die persönliche Forderung.<br />
15. Getrennte Verfügung des G über Forderung und Grundschuld,<br />
1. vor Fälligkeit bedeutet Verstoß gegen Sicherungsvertrag,<br />
ist aber dennoch dinglich wirksam (str. wegen § 399 Alt.2),<br />
2. nach Fälligkeit gilt als Verwertung des Sicherungsrechts.<br />
16. Die Einrede gegen Inanspruchnahme aus der persönlichen Forderung<br />
ohne Rückübertragung der Grundschuld<br />
hat Schuldner auch gegen Zweitgläubiger, §§ 273, 404,<br />
kein Gutglaubensschutz.<br />
17. Verteidigung bei Inanspruchnahme allein aus der Grundschuld:<br />
Einrede der Rückübertragungspflicht der persönlichen Forderung<br />
auf Grund des Sicherungsvertrages,<br />
wirkt aber nur gegen Erstgläubiger, nicht gegen Zweitgläubiger,<br />
wegen Erfordernis der vollen TB-Verwirklichung bei Erstgläubiger.<br />
Da<strong>zu</strong> braucht sich G2 noch nicht einmal auf guten Glauben <strong>zu</strong> berufen.<br />
Anders gesagt: E unterliegt dem Anspruch des G2, §§ 1147, 1192 Halbs.1,<br />
keine Einrede des E gegen G2 aus § 1157 S.1.<br />
20. Rechtsprechung<br />
Gutgläubiger Zweiterwerb, Ausgleich nach § 816 (BGH Urt. v. 24. 9. 1996, WM 1996, 2197 = NJW 1997, 190; Urt. v. 16.1. 2001,<br />
NJW-RR 2001, 1097); s. auch BGHZ 85, 388.<br />
Kapitel 4. Zahlung und Rückgriff<br />
Auch wenn auf die Grundschuld oder auf die Forderung, welche durch die Grundschuld gesichert werden sollte, gezahlt wird, stellt sich die<br />
praktische Frage, ob der Zahlende bei einem anderen Rückgriff nehmen kann, wenn der Eigentümer als Sicherungsgeber und der persönliche<br />
Schuldner verschiedene Personen sind. Da<strong>zu</strong> gehört die dogmatische Frage nach dem „Schicksal“ von Grundschuld und Forderung in Folge<br />
einer Zahlung. Ausgangspunkt und Grundregeln sind dieselben wie bei der Hypothek, also §§ 1142 und 1147 BGB, §§ 794 I Nr. 5, 795,767<br />
ZPO. Aber jetzt kommt es noch stärker auf den Zahlungszweck an: wird „auf die Grundschuld“ oder „auf die persönliche Forderung“ oder<br />
„auf beide Rechte“ gezahlt?<br />
1. Der häufige praktische Fall dürfte so aussehen wie in dem Fall Silberwald. S nimmt ein Darlehen bei G auf, E bestellt <strong>zu</strong>r Sicherung<br />
dem G eine Grundschuld am Grundstück des E. Da S die Schuld an G nicht <strong>zu</strong>rückzahlt, leistet E Zahlung, um die Zwangsvollstreckung<br />
in sein Grundstück ab<strong>zu</strong>wenden. Kann E von S Rückzahlung verlangen?<br />
2. Vorfrage ist, ob b die Zahlung auf die Grundschuld oder auf die persönliche Forderung oder auf beide gleichzeitig<br />
(„Doppeltilgung“) erfolgt. Die Antwort ergibt sich aus<br />
1. dem vom Zahlenden bei der Zahlung geäußerten Willen, entsprechend § 366 I,<br />
2. Sicherungsvertrag mit dem Grundschuldgläubiger,<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
80
3. Auslegung, Umstände, §§ 133, 157.<br />
Grundstücksrecht<br />
4. Nach der praktischen Erfahrung geht der Wille<br />
1. des Bankkreditgebers als Zahlungsempfängers auf Zahlung auf die persönliche Schuld,<br />
2. des zahlenden Eigentümers fraglich:<br />
- <strong>zu</strong>r Abwendung der Zwangsvollstreckung auf Zahlung auf Grundschuld,<br />
- wegen § 1163 I 2 bzw. §§ 1142 f. auf Zahlung auf die Grundschuld,<br />
- im Hinblick auf § 1179 a auf Zahlung auf die persönliche Schuld,<br />
3. des zahlenden Schuldners auf die persönliche Schuld.<br />
2. Bei Zahlung „auf die Grundschuld“<br />
1. Grundschuld wird kraft Gesetzes Eigentümergrundschuld, allg. M.,<br />
aber Begründung ist str.:<br />
1. nach §§ 1192, 1163 I 2, oder<br />
2. nach §§ 1192, 1142, 1143, oder weiter <strong>zu</strong> differenzieren.<br />
2. Die persönliche Forderung<br />
1. erlischt nach dem Zweck der Sicherungsabrede,<br />
wenn der persönliche Schuldner zahlt und Forderung fällig war.<br />
2. Wenn der Eigentümer bezahlt und nicht gleichzeitig der persönliche Schuldner ist,<br />
1. und wenn Eigentümer keinen Regress gegen persönlichen Schuldner hat,<br />
dann erlischt Forderung ebenfalls.<br />
2. Aber wenn Eigentümer Regress gegen den persönlichen Schuldner hat,<br />
- dann erlischt die persönliche Forderung nicht<br />
sondern bleibt Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner,<br />
- und ist vom Gläubiger auf den Eigentümer <strong>zu</strong> übertragen, § 398 ff.<br />
auf Grund des Sicherungsvertrages (Gedanke des § 1143 I 1;<br />
aber keine direkte Anwendung, keine eigentliche Analogie i. e. S.,<br />
kein gesetzlicher = „automatischer“ Forderungsübergang)<br />
- so dass E diese Forderung nunmehr gegen S geltend machen kann<br />
(außerdem hat E gegen S meistens eigene Forderung auf Grund des Innenverhältnisses E – S).<br />
3. Bei Zahlung nur „auf die persönliche Schuld“<br />
1. Diese erlischt, § 362 I.<br />
2. Grundschuld<br />
1. bleibt bestehen, und zwar als Grundschuld des Gläubigers<br />
(also nicht §§ 1143 oder 1163 analog),<br />
2. aber gegen G besteht Übertragungsanspruch (§ 1154) je nach Innenverhältnis S und E<br />
1. entweder auf S (wenn dieser Regressanspruch hat), m. E. § 1164 I 1 entspr., oder<br />
2. auf E, § 1154 oder § 1169 oder § 875.<br />
4. <strong>Dr</strong>itter zahlt auf Grundschuld:<br />
Übergang der Grundschuld auf <strong>Dr</strong>itten, §§ 1150, 268 III (wenn Vorausset<strong>zu</strong>ngen des Abs.1 gegeben sind).<br />
5. Tilgungsbestimmung des Eigentümers (BGH Urt. v. 8. 4. 1997, WM 1997, 1012); Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld wegen<br />
Wegfalls des Sicherungszwecks nach Erlöschen der persönlichen Forderung (Hamm, Urt. v. 17. 12. 1998, WM 1999, 2005); Erlöschen<br />
der persönlichen Forderung (BGH Urt. v. 7. 12. 1999, NJW 2000, 1108 = JuS 2000, 712); Zweckerklärung für Grundschuld,<br />
Vollstreckungsabwehrklage (BGH Urt. v. 23. 5. 2000, NJW 2000, 2675 = JuS 2000, 1121<br />
7. TEIL. WEITERE GRUNDSTÜCKSRECHTE<br />
Sicherheitshalber sollten Sie für die Prüfung wissen, dass es außer Eigentum, Hypothek und Grundschuld weitere wichtige Grundstücksrechte<br />
gibt. Aber diese sind nicht so klausurwichtig, dass diese jetzt im Skriptum nachgezeichnet werden müssten. Es genügt, wenn Sie sich gelegentlich<br />
die einschlägigen Titel im BGB sowie die Spezialgesetze anschauen, alle mit gut verständlichen Legaldefinitionen.<br />
- Grunddienstbarkeiten, § 1018 (herrschendes / dienendes Grundstück)<br />
(Z. B. Wegerechte [BGH Urt. v. 2. 10. 1998, NJW-RR 1999, 166], Bauverbote, Lichtrechte; wichtig <strong>zu</strong>r Wettbewerbsbeschränkung:<br />
Brauerei- und Tankstellendienstbarkeiten[BGH Urt. v. 10. 7. 1998, NJW 1998, 3273 = JuS 1999, 80]);<br />
- beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, § 1090 unübertragbar, nur Ausübung<br />
übertragbar, endet mit Tod des Berechtigten;<br />
- Nießbrauch an Sachen, § 1030; an Grundstück, § 1048<br />
unübertragbar, unpfändbar, endet mit Tod des Nießbrauchers<br />
(häufig als Vorbehalt bei Grundstücksschenkungen [Köln, NJW-RR 1999, 239 = JuS 1999, 708], für Versorgung Hinterbliebener,<br />
22. August 2011<br />
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selten als Kreditmittel);<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
- Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit, § 1093;<br />
- dingliches Vorkaufsrecht, § 1094,<br />
im Unterschied <strong>zu</strong>m persönlichen Vorkauf, § 463 n. F.;<br />
- Reallast, § 1105 (z. B. persönliche Pflegepflicht des Beschenkten<br />
[BGH Beschl. v. 13. 7. 1995, NJW 1995, 2780 = JuS 1996, 172]).<br />
In besonderen Gesetzen, aber wie Grundstücke behandelt und mit Grundbüchern ausgestattet, so dass die diesbezüglichen Fälle und Entscheidungen<br />
auch für Grundstücke Bedeutung haben:<br />
- Wohnungseigentum und<br />
- Erbbaurecht.<br />
8. TEIL. ABWEHR- ODER AUSGLEICHSANSPRÜCHE<br />
In diesem Teil wiederholen Sie die Rechte, die dem Eigentümer, insbesondere dem Grundeigentümer, <strong>zu</strong>stehen, wenn ihn ein anderer im<br />
Gebrauch seines Eigentums, insbesondere seines Grundbesitzes, stört, und zwar ohne Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes. Sie erfahren<br />
auch, welche Grenzen insofern dem Eigentum gesetzt sind. Denn „das zivile Nachbarrecht gehört <strong>zu</strong> den sich am stärksten bewegenden<br />
Teilen des Sachenrechts“ (K. Schmidt).<br />
Kapitel 1. Basisvorschriften §§ 1004 und 906<br />
1. Schweinestall. S hat Schweineställe, deren Gestank beeinträchtigt Wohlbefinden und Vermögen des E. Hat E Rechte gegenüber S?<br />
2. Gesetzgeberisches Programm, Struktur des § 1004<br />
1. Anspruchsziele (= Rechtsfolgen)<br />
1. <strong>zu</strong>r Abwehr der Störungen<br />
1. Beseitigung (§ 1004 I 1)<br />
2. Unterlassung (§ 1004 I 2) oder<br />
2. auf finanziellen Ausgleich (§ 906 II 2)<br />
2. Ausschluss der Ansprüche durch Rechtfertigung<br />
1. Verweisungsvorschrift (§ 1004 II)<br />
(fast eine Leerformel).<br />
2. Wichtigste Regelung, auf die § 1004 II verweist, ist § 906<br />
Am besten bei § 1004 den § 906 notieren und umgekehrt.<br />
3. Struktur des § 906<br />
1. § 906 erlaubt Immissionen in 2 Fällen.<br />
In diesem Umfang also kein Anspruch nach § 1004 I, nämlich<br />
1. unwesentliche Beeinträchtigung, Absatz 1; oder<br />
2. ortsübliche, aber nicht verhinderbare Beeinträchtigung, Abs. 2, S.1.<br />
Insofern ist § 906 keine Anspruchsnorm (abgesehen von Abs. 2 S. 2), sondern begründet nur Einwendung.<br />
2. § 906 verbietet gewisse Immissionen.<br />
In derartigen Fällen bleibt es also bei Anspruch nach § 1004 I, nämlich<br />
1. wesentliche, aber nicht ortsübliche Immissionen; Abs. 2; und<br />
2. Immissionen durch eine besondere Leitung; Absatz 3,<br />
z.B. Auspuffrohr an der Grenze.<br />
3. Grobimmissionen,nämlich größere körperliche Stoffe, wie Steinbrocken,<br />
werden durch § 906 nicht erfasst, sind also nicht gestattet<br />
(Menschen und Tiere zählen aber in ds. S. nicht <strong>zu</strong> den<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
82
Grundstücksrecht<br />
"größeren körperlichen Stoffen").<br />
3. § 906 gewährt aber einen Ausgleichsanspruch für<br />
wesentliche, ortsübliche, aber nicht verhinderbare Immissionen; Abs. 2, Satz 2.<br />
4. Wer sich gestört fühlt, muss <strong>zu</strong>r Durchset<strong>zu</strong>ng seines angeblichen Rechts<br />
3 hintereinander aufgebauten Hindernisse durchstoßen:<br />
1. Es muss sich um eine Beeinträchtigung i. S. § 1004 I handeln.<br />
2. Diese Beeinträchtigung muss festgelegte Werte überschreiten<br />
und den verständigen Durchschnittsnutzer stören (§ 906 I).<br />
Andernfalls ist die Beeinträchtigung nur unwesentlich i. S. § 906 I und muss hingenommen werden.<br />
3. Selbst wenn die Beeinträchtigung i. S. § 1004 I existiert und i. S. § 906 I wesentlich ist,<br />
kann dennoch ihre Unterlassung nicht verlangt werden,<br />
wenn sie ortsüblich ist und nicht in <strong>zu</strong>mutbarer Weise verhindert werden kann (§ 906 II 1).<br />
Aber in diesem Fall hat der Gestörte wenigstens einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich (§ 906 II 2).<br />
5. Die Obersätze könnten beispielsweise lauten: „Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 1004 Abs. 1 Beseitigung und Unterlassung<br />
des Gestankes verlangen, wenn der Kläger Eigentümer des betroffenen Grundstücks ist, dieses durch den Gestank beeinträchtigt ist,<br />
der Beklagte hierfür als Störer haftet und wenn der Kläger <strong>zu</strong>r Duldung nicht verpflichtet ist. Wenn der Anspruch ausgeschlossen sein<br />
sollte, ist <strong>zu</strong> prüfen, ob dem Kläger ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 1 Satz 2 <strong>zu</strong>steht“.<br />
Kapitel 2. Weitere Anspruchsgrundlagen<br />
1. Neben § 1004 sind als Anspruchsgrundlagen <strong>zu</strong> erwägen:<br />
1. Vertrag, insbes. positive Vertragsverlet<strong>zu</strong>ng,<br />
2. Besitz-Entziehung oder -störung als possessorische Ansprüche, §§ 861 f.,<br />
3. § 985 wegen Besitzvorenthaltung,<br />
4. § 823 auf Schadenersatz.<br />
2. Nachbarrecht<br />
1. Gesetzliche Sonderfälle des allgemeinen Abwehranspruchs, vorbeugende Abwehransprüche wegen<br />
- künftiger störender Anlage, § 907<br />
- Einsturzgefahr, § 908<br />
- Vertiefung, dagegen auch Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, § 909.<br />
2. Sonstiges Nachbarrecht<br />
- Selbsthilferecht: Überhang, (Vorsicht: auch Wurzeln!), § 910.<br />
- Eigentumserwerb, praktisch mit Folge der Selbsthilfe: Früchte = „Überfall“, § 911 (s. dagegen §§ 953 ff.).<br />
- Differenzierend: „Überbau“, §§ 912 ff. (s. da<strong>zu</strong> § 946).<br />
3. § 1004 kraft gesetzlicher Verweisung auch <strong>zu</strong>m Schutz beschränkt dinglicher Rechte,<br />
z. B. gemäß § 1227 <strong>zu</strong>m Schutz des Pfandrechts; § 34 II WohnungseigentumsG.<br />
4. Man spricht auch von dem quasinegatorischen Schutz durch "dem § 1004 ähnliche Vorschriften", etwa für<br />
1. Besitz, § 862,<br />
2. Namen, § 12 BGB; Firma, § 37 II HGB; Unternehmensbezeichnung, § 16 UWG.<br />
5. Rechtsanalogie aus §§ 1004 I etc.: Da<strong>zu</strong> die Kommentare und Lehrbücher <strong>zu</strong> den entsprechenden Bestimmungen.<br />
Alle absoluten Rechte sind gegen gegenwärtige Beeinträchtigungen durch einen Beseitigungs-Anspruch<br />
und gegen drohende künftige Beeinträchtigungen durch einen Unterlassungs-Anspruch geschützt. Wiederholen Sie: Analogie.<br />
Kapitel 3. Tatbestand des § 1004 Absatz 1<br />
1. Pianistin. Hilda hat eine Wohnung im Mehrfamilienhaus des Grundstückseigentümers Erbs gemietet. Sie läßt sich Piano-Unterricht<br />
verabreichen. Da<strong>zu</strong> übt Hilda jeden Abend zwischen 22 und 23 Uhr, und zwar trotz der wiederholten Beschwerden des Vermieters<br />
Erbs und des Mieters Malus einer anderen Wohnung im Haus. Ansprüche auf Unterlassen?<br />
2. Einzelne Tatbestandsmerkmale des § 1004 I,<br />
ergibt sich aus Gesetzestext (s. die unterstrichenen Wörter); also nicht auswendig lernen:<br />
1. Kläger ist Eigentümer der beeinträchtigten Sache<br />
2. Eigentum an beweglicher Sache oder, häufiger, Grundstück<br />
3. Beeinträchtigung, und zwar<br />
1. gegenwärtige (dann Beseitigungsanspruch) oder<br />
22. August 2011<br />
83
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. drohende (dann Unterlassungsanspruch),<br />
1. entweder Wiederholungsgefahr oder<br />
2. erstmals drohende Beeinträchtigung<br />
(= vorbeugender Unterlassungsanspruch).<br />
4. Beklagter als Störer<br />
5. Eigentümer <strong>zu</strong>r Duldung nicht verpflichtet, § 1004 II,<br />
= Rechtswidrigkeit des Eingriffs.<br />
6. Aber keine Vorausset<strong>zu</strong>ng ist Verschulden oder Deliktsfähigkeit des Störers, wichtiger Unterschied <strong>zu</strong> § 823.<br />
3. „Beeinträchtigung“<br />
1. „Beeinträchtigung“, d. h. verbotene Störung entsprechend § 1004 I beispielsweise<br />
1. größere körperliche Stoffe (grobkörperliche Immissionen) wie Steinbrocken;<br />
Errichtung einer „Klagemauer“ auf dem Kölner Domplatz.<br />
2. Entsprechend der Aufzählung in § 906 I: „Gase, Dämpfe, Gerüche, Geräusch,<br />
Erschütterungen“ und Ähnliches, besonders wichtig jetzt Bodenkontamination.<br />
3. Betreten eines Grundstücks; Eindringen größerer Tiere;<br />
Behinderung der Grundstücks<strong>zu</strong>fahrt durch verbotenes Parken.<br />
4. Spezielle Störungen unter Nachbarn wie Vertiefung, Baumwurzeln, Blätterbefall,<br />
Überbau, §§ 907 – 912 (im einzelnen zweifelhaft).<br />
2. Keine Beeinträchtigungen i. S. § 1004,<br />
also kein Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch,<br />
§ 906 kommt deswegen gar nicht mehr ins Spiel:<br />
1. Beeinträchtigungen, die nur von Naturkräften ausgehen,<br />
z. B. Blätter von Nachbarbäumen; Unkrautsamenflug; Mehltau; Ungeziefer;<br />
natürliche Schäden durch Regenwasser;<br />
aber fast alle Beispiele umstritten: ob überhaupt Beeinträchtigung; auch je nach Schwere des Einzelfalls;<br />
ob ortsüblich;<br />
ob einem anderen etwa ein schädigendes Unterlassen oder Zustandshaftung <strong>zu</strong>gerechnet werden kann.<br />
Jedenfalls bei Naturkatastrophen meistens kein persönlicher Störer.<br />
Begründung: Nur solche Beeinträchtigungen fallen unter § 1004 I,<br />
die auf menschliches Verhalten <strong>zu</strong>rückgehen,<br />
da nur diese einem „Störer“ <strong>zu</strong>gerechnet werden können.<br />
2. Nicht: ,,negative Einwirkungen“. ,,Diese bestehen darin,<br />
dass jemand durch ein Verhalten in den Grenzen seines Grundstücks<br />
einem anderen Grundstück Vorteile entzieht“;<br />
z. B. die Entziehung von Licht, Luft und Grundwasser, die Beeinträchtigung von Aussicht,<br />
die Störung des Fernsehempfangs durch Hochhäuser.<br />
Begründung: Gemäß § 903 kann ,,der Eigentümer<br />
(auch des Nachbargrundstücks) ...<br />
mit der Sache nach Belieben verfahren“, s. auch § 905.<br />
3. Aus demselben Grund und da den Immissionen in § 906 nicht „ähnlich“,<br />
unterfallen dem § 1004 I nicht ,,ideelle (= ästhetische) Einwirkungen“,<br />
insbesondere der Anblick störender Vorgänge oder Zustände,<br />
auch nicht wenn wertmindernd;<br />
z. B. Lagerplatz für Baumaterial, Schrottfahrzeuge neben Schlosshotel,<br />
Bordell (wenn Betrieb nach außen nicht wahrnehmbar).<br />
Auf Sachverhalt achten: Verunreinigungen des eigenen Grundstücks und Zugangsbehinderung<br />
durch <strong>Dr</strong>ogenzentrum sind keine bloß ästhetischen Störungen.<br />
So die Rsprg., die Lehre im einzelnen kritisch.<br />
4. Beklagter als „Störer“<br />
1. Beklagter als Handlungsstörer (wie im öffentlichen Recht)<br />
derjenige, ,,der die Beeinträchtigung durch sein Handeln,<br />
das in positivem Tun oder pflichtwidrigem Unterlassen bestehen kann, adäquat verursacht hat“;<br />
z.B. eigenes Musizieren <strong>zu</strong>r Nachtzeit.<br />
Betreiber einer stinkenden Schweinemästerei, chemischen Fabrik, Kläranlage.<br />
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Grundstücksrecht<br />
Wenn eine tiefe ungesicherte Baugrube dem Nachbarbau die erforderliche Stütze nimmt, sind Störer:<br />
Bauherr, Architekt, Bauunternehmer.<br />
Wenn Arbeitnehmer tätig werden, haften diese in der Regel;<br />
ausgenommen, wenn sie gar keinen eigenen Entschließungsspielraum haben (str.).<br />
2. Sehr wichtig ist auch die Haftung des nur ,,mittelbaren Störer“ oder Veranlassers;<br />
z.B. Besteller lärmender Bauarbeiten; Sportverein wegen des Lärms von seinen Tennisplätzen und auf der Straße; Vermieter<br />
(wichtig) wegen Lärms des Mieters (<strong>zu</strong>mindest wenn Vermieter den Lärm des Mieters hindern kann); Verpächter eines Tanzcafés;<br />
mit Lärm verbundene Waren-Annahme <strong>zu</strong>r Nachtzeit; Eigentümer eines kläffenden Hundes; Unternehmer einer Omnibuslinie,<br />
deren Fahrgäste fremdes Grundstück verschmutzen; Betreiber eines <strong>Dr</strong>ogenhilfezentrums.<br />
Haftung des Auftraggebers kommt in Betracht, wenn er gerade die störende Tätigkeit bestellt hat.<br />
(MüKo-Medicus unterscheidet stattdessen Tätigkeits- und Untätigkeitsstörer).<br />
3. Haftung des Zustandsstörers<br />
"wer willentlich den beeinträchtigenden Zustand aufrechterhält“ (Schreiber),<br />
z.B. Altersmängel oder Brandgefahr eines Bauwerks.<br />
Eigentum einer störenden Anlage allein macht aber noch nicht <strong>zu</strong>m „Störer“.<br />
Bei Veräußerung einer störenden Anlage endet im allgemeinen<br />
die Zustandshaftung des bisherigen Eigentümers,<br />
und der neue Eigentümer tritt in die Verantwortlichkeit des bisherigen Eigentümers ein.<br />
4. Mehrere Störer können nebeneinander verantwortlich sein.<br />
5 Der Kläger kann <strong>zu</strong>lässigerweise<br />
1. einen Hauptantrag auf Beseitigung oder Unterlassen und<br />
2. einen Hilfsantrag auf Ausgleich in Geld stellen.<br />
6. Aber auf Grund § 1004 I darf niemand <strong>zu</strong> einer unmöglichen Leistung verurteilt werden;<br />
z. B. <strong>zu</strong>r Beseitigung von Menschenansammlungen vor und neben <strong>Dr</strong>ogenhilfezentrum.<br />
Kapitel 4. § 1004 Absatz 2: Verweisungsnorm für Duldungspflicht des Eigentümers<br />
Dabei geht es meistens um die Konflikte zwischen zwei Grundstückseigentümern, die beide gemäß § 903 mit ihrer Sache nach ihrem Belieben<br />
verfahren und den anderen von jeder Einwirkung ausschließen wollen. Diese können zwei „gewöhnliche Privatleute“ sein. Aber heute<br />
(und schon bei der Schaffung des BGB) u. a. Konflikte zwischen Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, geistiger Produktion, Sozialeinrichtungen,<br />
Privatsphäre. Nachbarrecht regelt Inhalt und Ausmaß der Einschränkung des Grundeigentums im Verhältnis zwischen den Eigentümern<br />
benachbarter Grundstücke, insbesondere Umfang des Immissionsschutzes.<br />
1. Steinbruch I. Flohrs Grundstück grenzt an Gills Steinbruch. Bei starkem Westwind wirkt etwas Staub auf Flohrs Wohlbefinden. Kann<br />
Flohr von Gill Unterlassung der Steinbrucharbeiten verlangen? (vgl. Gerhardt, Fall 12)<br />
2. Duldungspflicht des Eigentümers, negatives TBM,<br />
bedeutet Rechtfertigungsgrund = rechtshindernde Einwendung für den "Störer"<br />
gegenüber Anspruch des Eigentümers aus § 1004 I oder 823 I; ähnlich wie § 986 im Verhältnis <strong>zu</strong> § 985.<br />
Selbstverständlich kommt es hierauf nur an, wenn <strong>zu</strong>nächst § 1004 Absatz 1 bejaht wurde.<br />
3. Der Obersatz könnte beispielsweise lauten: „Der Beseitigungsanspruch des Klägers K ist jedoch gemäß § 1004 II ausgeschlossen,<br />
wenn der Kläger <strong>zu</strong>r Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Eine derartige Duldungspflicht kann sich insbesondere aus einem<br />
Rechtsgeschäft, aus § 906 wie aus anderen Normen ergeben“.<br />
4. Duldungspflichten auf Grund Rechtsgeschäfts,<br />
Vorrang vor gesetzlicher Regelung, z. B.<br />
1. auf Grund dinglicher Rechtsgeschäfte, insbes. Dienstbarkeiten, §§ 1018, 1090;<br />
z. B. Erdgasleitung eines fremden Unternehmens unter eigenem Grundstück,<br />
wirken gegenüber jedem Rechtsnachfolger des jetzt gestattenden Eigentümers,<br />
wenn (meistens in Grundbuch ein<strong>zu</strong>tragende) Dienstbarkeit;<br />
2. oder auf Grund schuldrechtlicher Gestattung auf Grund Miete, Pacht, Leihe,<br />
z. B. Erlaubnis, Strommast einer fremden Gesellschaft auf eigenem Grundstück <strong>zu</strong> errichten;<br />
wirkt als relatives subjektives Recht im allgemeinen nur inter partes,<br />
also nicht gegenüber neuem Grundstückseigentümer;<br />
aber Erbe ist gebunden, da er mit dem Vermögen des Erblassers<br />
auch Schulden des Erblassers übernimmt, § 1967.<br />
5. Duldungspflichten auf Grund Gesetzes, aber teilweise mit Ausgleichspflicht<br />
1. Die wichtigsten Bestimmungen: § 906 I und II 1.<br />
22. August 2011<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
2. Nachbarrecht des BGB: entschuldigter Überbau (§ 912 1), Notweg (§ 917 1).<br />
3. Fraglich, ob darüber hinausgehend Duldungs- und Rücksichtnahmepflicht auf Grund<br />
nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses besteht. Jedenfalls Grundsatz von Treu und Glauben.<br />
4. Immissionen gemäß § 14 BundesimmissionsschutzG. Ausschluss von privatrechtlichen Abwehransprüchen.<br />
1. ... kann nicht die Einstellung der Anlage verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar ist.<br />
2. Es können aber Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen.<br />
3. Wenn solche Vorkehrungen nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, Anspruch auf Schadenersatz.<br />
Auch weitere Fälle von Planfeststellungsverfahren mit Einspruchsmöglichkeit Betroffener.<br />
Aber im allgemeinen nicht einfache behördliche Erlaubnisse, z. B. Baugenehmigung.<br />
6. Analogie - Ausweitung des § 906 II 1: Kein Verbietungsrecht<br />
- wenn die störende Anlage im Allgemeininteresse liegt,<br />
lebenswichtige Betriebe, Daseinsvorsorge; wie Bau- und Verkehrslärm auf der Bundesstraße,<br />
Hochspannungsleitungen, unterirdische Gasspeicherung, <strong>Dr</strong>ogenhilfezentrum, oder<br />
- hoheitliche Tätigkeit oder<br />
- Naturschutz (deswegen nur beschränkte Mittel gegen Froschkonzerte).<br />
Aber Rechtsfolge sehr oft: Fortführung der Analogie <strong>zu</strong> § 906 II, nämlich Ausgleichsanspruch entsprechend Satz 2.<br />
7. Notwehr, Notstand etc., §§ 227, 228, 904, 229.<br />
6. Mitverschulden des E reduziert seinen Anspruch, § 254 analog.<br />
7. Keine Duldungspflicht auf Grund Priorität, weil etwa störender Betrieb schon existierte,<br />
als der Eigentümer das beeinträchtigte Grundstück erworben hat.<br />
Kapitel 5. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 1<br />
Das weitaus wichtigste Gegenrecht entsprechend § 1004 Absatz 2, das <strong>zu</strong>m Ausschluss der Rechte nach § 1004 Absatz 1 führt, begründet §<br />
906. Dessen Tatbestände sind im folgenden <strong>zu</strong> studieren.<br />
1. „Erlaubt“ ist fehlende oder unwesentliche Beeinträchtigung, § 906 Absatz 1<br />
1. Zwischenergebnis und Klausuransatz: „Obwohl, wie festgestellt, das Eigentum des E durch die Störung des S beeinträchtigt<br />
wird, ist ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen S nicht gegeben, wenn es sich um unwesentliche Einwirkungen i.<br />
S. § 906 I handelt...“<br />
2. § 906 I erlaubt unwägbare Stoffe, daher ,,Imponderabilien“,<br />
wenn sie nur unwesentliche Einwirkungen darstellen.<br />
- Praktisch von entscheidender Bedeutung: „Grenz- oder Richtwerte“,<br />
§ 906 I 2 und 3.<br />
Nicht hoheitlich festgelegte Werte haben Indiziencharakter.<br />
Einen gewissen Indiziencharakter dürften auch Bebauungspläne haben.<br />
- Beurteilung durch verständigen Durchschnittsnutzer,<br />
so dass trotz Überschreiten oder Unterschreiten der festgelegten Werte oder bei Fehlen einer Festlegung<br />
„wesentliche“ Beeinträchtigung verneint oder bejaht werden kann.<br />
- In dem von der Immission betroffenen Gebiet.<br />
Damit nimmt das TBM der „wesentlichen“ Beeinträchtigung auch Kriterien der Ortsüblichkeit in sich auf.<br />
Beispiel Lärm je nach Ort, Dauer und Zeitpunkt: Kinderlärm nach allgemeinem Toleranz-Gebot;<br />
Tierlärm vor allem je nach betroffenem Gebiet, eher <strong>zu</strong> dulden;<br />
bei Kirchenglocken ist aber <strong>zu</strong>rückgehender Kirchenbesuch <strong>zu</strong> berücksichtigen;<br />
Diskomusik ist häufig „wesentlich“ wegen elektrischer Verstärkung, Wiederholungen, rhythmischer Impulse.<br />
3. Rechtsfolgen gemäß §§ 1004, 906 I<br />
1. Wenn der Tatbestand des § 906 I vorliegt,<br />
dann wegen § 1004 II: kein Anspruch aus § 1004 I.<br />
Dann endet hier die Prüfung des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs.<br />
Auf § 906 II oder § 14 BImSchG ist nicht mehr ein<strong>zu</strong>gehen, kein Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2.<br />
2. Wenn aber § 906 I nicht gegeben ist,<br />
1. besteht Anspruch aus § 1004 I, aber nur<br />
2. wenn sich nicht aus anderen Vorschriften<br />
die Duldungspflicht des Eigentümers ergibt.<br />
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Grundstücksrecht<br />
Es sind also insbesondere § 906 II 1 und § 14 BImSchG <strong>zu</strong> prüfen.<br />
Kapitel 6. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 2 Satz 1<br />
1. Chemie I. In einem Industriegebiet scheidet ein Chemiewerk im Rahmen ortsüblicher Benut<strong>zu</strong>ng und trotz aufwendiger Filteranlagen<br />
immer noch in geringen Mengen Schadstoffe aus. Die an das Industriegebiet angrenzenden Landwirte können deshalb auf ihren Feldern<br />
nicht, wie in dieser Gegend allgemein üblich, hochwertiges Getreide anbauen, weil sie wegen der Angst vor Vergiftungserscheinungen<br />
dafür keine Abnehmer finden. Sie begnügen sich deshalb mit minderwertigen Futtermitteln. Müssen sie das hinnehmen?<br />
2. „Erlaubt“ ist auch ortsübliche, aber nicht verhinderbare Beeinträchtigung, § 906 II 1,<br />
gerade, wenn sie wesentlich ist.<br />
3. Zwischenergebnis und weiterer Klausuransatz: „Zwar war fest<strong>zu</strong>stellen, dass das Eigentum des E durch die Störung des S beeinträchtigt<br />
wird und dass es sich dabei nicht um unwesentliche Einwirkungen i. S. § 906 I handelt. Trotzdem kann E nicht die Beseitigung<br />
und Unterlassung der Störung verlangen, wenn diese durch ortsübliche Benut<strong>zu</strong>ng des Grundstücks des S herbeigeführt wird und<br />
nicht durch effiziente und wirtschaftlich <strong>zu</strong>mutbare Maßnahmen verhindert werden kann.“<br />
4. § 906 II 1 erlaubt gewisse Einwirkungen,<br />
wenn die folgenden TBM’e vorliegen (= Prüfungsfolge = Gutachtenaufbau):<br />
1. Beeinträchtigung<br />
(denn wenn keine Beeinträchtigung, dann schon kein Anspruch aus § 1004 I),<br />
„Beeinträchtigung ist jede Störung des gesundheitlichen Wohlbefindens<br />
der auf dem betroffenen Grundstück lebenden Personen bzw. jede Schädigung der dort befindlichen Sachen“,<br />
2. die nicht unwesentlich sind<br />
(denn wenn un-wesentlich, dann schon Duldungspflicht aus § 906 I),<br />
3. die weder Grobimmission darstellen<br />
(sind ohnehin von § 906 nicht erfasst, sondern bleiben verboten),<br />
4. noch durch besondere Leitung <strong>zu</strong>geführt<br />
(ist durch § 906 III ausdrücklich für „un<strong>zu</strong>lässig“ erklärt).<br />
5. Ortsüblich für immittierendes Grundstück<br />
(nicht-ortsübliche Einwirkungen von § 906 nicht erfasst, sondern verboten, also § 1004 I).<br />
Ortsüblichkeit ist gegeben, wenn die Immission sich nach Intensität und Wirkungsdauer im Rahmen der von den anderen<br />
Grundstücken eines räumlichen Vergleichsbezirks ausgehenden Einwirkungen halten.<br />
- Es kommt auf den ,,Bezirk“, den ,,räumlichen Bereich“ an,<br />
in dem sich das störende Grundstück befindet (nicht das betroffene, gestörte Grundstück).<br />
- Welches ,,Gepräge“? Industrie-, Gewerbe-, Wohngebiet?<br />
- Anhaltspunkt ist öffentl.-rechtl. Bauplanung.<br />
- Wenn die gleiche Art der Benut<strong>zu</strong>ng wie auf dem ,,störenden“ Grundstück<br />
auch tatsächlich häufiger vorkommt.<br />
6. Außerdem kommt es darauf an, ob die Beeinträchtigung<br />
,,nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann“,<br />
1. die technisch durchführbar und effizient sind und die außerdem<br />
2. ,,den Benutzern dieser Art wirtschaftlich <strong>zu</strong>mutbar sind“, § 906 II 1<br />
(wenn <strong>zu</strong> verhindern in wirtschaftlich <strong>zu</strong>mutbarer Weise, dann sind Einwirkungen un<strong>zu</strong>lässig, also § 1004 I).<br />
7. Nicht <strong>zu</strong> prüfen: Verschulden.<br />
5. Rechtsfolgen gemäß §§ 1004, 906 II 1<br />
1. Soweit § 906 II 1 dem Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks<br />
eine Duldungspflicht auferlegt, schließen §§ 906 II 1, 1004 II<br />
den negatorischen Anspruch des Eigentümers gemäß § 1004 I aus.<br />
2. Der große Unterschied des § 906 II 1 einerseits<br />
<strong>zu</strong> §§ 1004 I und 906 I andererseits besteht darin,<br />
dass nur § 906 II <strong>zu</strong> einem Ausgleichsanspruch führt.<br />
3. Soweit die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 906 II 1 nicht gegeben sind, insbesondere<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
- wenn Störung nicht ortsüblich ist oder<br />
- wenn sie in <strong>zu</strong>mutbarer Weise <strong>zu</strong> verhindern ist,<br />
ist Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch des § 1004 I begründet,<br />
soweit sich nicht aus anderen Normen eine Duldungspflicht ergibt.<br />
Kapitel 7. Ausgleichsanspruch, § 906 II 2<br />
§ 906 hat, wie gesagt, drei verschiedene Funktionen: Rechtfertigung (Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1), Ausschluss der Rechtfertigung (Absatz<br />
3) und Anspruchsbegründung (Absatz 2 Satz 2). Die Anspruchsbegründung nach Absatz 2 Satz 2 erfolgt aber allein <strong>zu</strong>m Ausgleich der „Beeinträchtigungserlaubnis“<br />
in dem vorhergehenden Satz 1 des Absatz 2 (nicht etwa im Zusammenhang mit Absatz 1). Auf diese Mechanik<br />
kommt es in diesem Kapitel an.<br />
1. Chemie II. Die an das Industriegebiet angrenzenden Landwirte können wegen der Schadstoffe des Chemiewerks kein hochwertiges<br />
Getreide anbauen. Sie haben aber gemäß §§ 1004 II, 906 II 1 keinen Unterlassungsanspruch gegen das Chemiewerk.<br />
Können sie für ihre Ertragseinbußen vom Verursacher, dem Chemiewerk, Ausgleich in Geld verlangen? Ja, gemäß § 906 II 2.<br />
2. Zum Ausgleich für die Duldungspflicht des Eigentümers gemäß § 906 II 1<br />
gewährt das Gesetz einen besonderen Ausgleichsanspruch, § 906 II 2.<br />
3. Der Ausgleichsanspruch wird nur dann wegen Grundstücksbeeinträchtigung gegeben, wenn<br />
die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 906 II 1 gegeben sind. Also für § 906 II 2 einfach unter § 906 II Satz 1 subsumieren.<br />
4. „Entsprechende Anwendung von § 906 II 2“<br />
1. Wenn Kläger aus rechtlichen Gründen an Unterlassungsanspruch gehindert ist.<br />
Hauptfall: „Bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch“ als Ausgleich für Duldungspflicht entgegen § 906 II 1,<br />
- wenn die störende Anlage im Allgemeininteresse liegt oder<br />
- auf hoheitlicher Tätigkeit beruht.<br />
2. Ebenso, wenn Kläger aus tatsächlichen Gründen gehindert ist,<br />
die Einwirkungen rechtzeitig ab<strong>zu</strong>wehren, also bei „faktischem Duldungszwang“.<br />
Beispiel: Gebäudeschäden durch Ausschachtungsarbeiten oder durch Brand auf Nachbargrundstück.<br />
Wichtig, weil kein Verschulden des Störers vorausgesetzt wird.<br />
5. Höhe des Ersatzes zwischen Rsprg. und Lehre str.:<br />
1. Rsprg. in Anlehnung Wortlaut § 906 II 2: "angemessenen" Ausgleich<br />
für un<strong>zu</strong>mutbaren Teil der Beeinträchtigung,<br />
„nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung“,<br />
„kann je nach Art und Weise der Einwirkung auf vollen Schadenersatz gehen“,<br />
insbesondere bei Substanzschaden.<br />
Lehre: voller Ausgleich wegen "privater" Interessen beider Teile.<br />
2. Anspruch auch wegen Beseitigungskosten, verbleibender Minderwert, Ertragseinbußen.<br />
6. Ansprüche auch des Nichteigentümers, nämlich Mieters=Besitzers gegen Störer.<br />
7. Klärschlamm. Unerwünschte Klärschlammdüngung einer benachbarten ökologischen Anbaufläche, Schadenersatzanspruch des Nachbar-Bauern,<br />
§ 906 II 2 analog (Hamm, NJW 1996, S.1354).<br />
Kapitel 8. Rechtsprechung und Lehre<br />
1. Rechtsprechung<br />
Kupolofen (BGHZ 92, 143; Gerhardt, Fall 13); “Wurzelrechtsprechung“ (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; BGH JZ 1992, 310;<br />
NJW 1995, 395); Milchpulver (BGHZ 110, 313; da<strong>zu</strong> Gursky, JZ 1990, 921); „Jugendzeltplatz“ (BHZ 121, 248 = JuS 1993, 775);<br />
Steinschlag (BGH Urt. v. 19. 1. 1996, NJW-RR 1996, 659); Bodenkontamination (BGH Urt. v. 1. 12.1995; NJW 1996, 845; da<strong>zu</strong> abl.<br />
Gursky, JZ 1996, 683, und Lobingen, JuS 1997, 981); Grundstücksvertiefungsschaden (BGH NJW-RR 1997, 1374); Schweinemästerei<br />
(BGH Urt. v. 30. 10. 1998; NJW 1999, 356 = JuS 1999, 610); Sprengungen (BGH Urt. v. 20. 11. 1998; NJW 1999, 1029 = JuS<br />
1999, 709); Brand des Nachbarhauses (BGH Urt. v. 11. 6. 1999; NJW 1999, 2896 = JuS 2000, 190); Anspruch des Besitzers=Mieters<br />
wegen Beeinträchtigung gegen Nachbarn, „Produktionshalle“ (BGH Urt. v. 23. 2. 2001; NJW 2001, 1865 = JuS 2001, 816); „Mehltau“<br />
(BGH Urt. v. 16. 2. 2001; NJW-RR 2001, 1208 = WM 2001, 1299; abl. Roth, JuS 2001, 1161); Duldungspflicht von Industrielärm<br />
(BGH Urt. v. 6. 7. 2001; NJW 2001, 3119 = JuS 2001, 1227); Duldungspflicht spielbedingten Kinderlärms (Düsseldorf, NJW-<br />
RR 1996, 211); „Fäkalienregen von der Eisenbahnbrücke“ (Schleswig, NJW-RR 1996, 399); Beschädigung Rhododendron des Mieters<br />
(Düsseldorf NJW-RR 1999, 160); Backstube neben Hotel (Karlsruhe, NJW 2001, 1236); Bauarbeiten (LG Hamburg, NJW-RR<br />
1999, 378); Videoüberwachung sei keine Grundstücksbeeinträchtigung (LG Itzehoe, NJW-RR 1999, 1394); <strong>Dr</strong>ogenhilfezentrum<br />
(BGH Urt. v. 7. 4. 2000; BGHZ 144, 200 = NJW 2000, 2901 = JuS 2000, 1120).<br />
2. Literatur<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
H. Kollhosser, Grundfälle <strong>zu</strong> Besitz und Besitzschutz, 3. Teil. Der Besitzschutz, in: JuS 1992,<br />
K. Schreiber, Possessorischer und petitorischer Besitzschutz, in: Jura 1993, 440 ff.<br />
3. Schulfall: „Die unverdaulichen Golfbälle“ (Hammhorst, JuS 1996, 225);<br />
Trendfall: Blätter vom Nachbarbaum (Gerhardt, Fall 14 a).<br />
4. Gestörte Computermonitore durch Bundesbahn. K verlangt von B, der Deutschen Bundesbahn, 50 000,- DM. K ist Eigentümer eines<br />
Gebäudes auf einem Grundstück, in dem er einen Betrieb für Grafik und Text betreibt. Unmittelbar neben dem Grundstück verläuft<br />
eine Bahnlinie. Diese wurde 1996 elektrifiziert. Der Elektrifizierung ist ein Planfeststellungsverfahren vorausgegangen. Der Planfeststellungsbescheid<br />
ist rechtskräftig und sagt nichts über die Nachteile der Anlieger aus sogenanntem Elektrosmog. Infolge der Elektrifizierung<br />
kann der Kläger die Bildschirme seiner Computer nicht mehr für seinen Betrieb benutzen. Eine Abhilfe ist nur möglich,<br />
wenn er neue Flachbildschirme anschafft. Für die Anschaffung macht er den Zahlungsanspruch geltend (Stuttgart, NW-RR 2001,<br />
1313).<br />
9. TEIL. WEITERE BEMERKUNGEN<br />
Kapitel 1. Begriffe<br />
1. Der Ausdruck Sachenrecht hat zwei verschiedene Bedeutungen<br />
1. die Gesamtheit der Regelungen, die Sachen betreffen,<br />
in dieser Bedeutung „das Sachenrecht als das 3. Buch des BGB“,<br />
das ist das Sachenrecht im objektiven Sinne,<br />
2. das einzelne Recht einer Person, das eine bestimmte Sache betrifft,<br />
z. B. das Eigentum des Herrn Altmann an seinem Auto,<br />
das Sachenrecht als subjektives Recht;<br />
wiederholen Sie die Bedeutung von objektivem und subjektivem Recht;<br />
auch bezeichnet als dingliches Recht, gleichbedeutend: dingliches Recht.<br />
2. Das dingliche Recht ordnet dem Berechtigten<br />
eine unmittelbare rechtliche Herrschaft über eine Sache <strong>zu</strong>.<br />
3. Eigentum: Lesen Sie § 903, das dingliche Vollrecht an einer Sache.<br />
4. Beschränkt dingliche Rechte sind alle dinglichen Rechte,<br />
z. B. Hypotheken und Grundschulden,<br />
außer dem Eigentum als dem dinglichen Vollrecht.<br />
5. Subjektives Recht<br />
kurz: Berechtigung.<br />
Genauer: die vom objektiven Recht einem Rechtssubjekt<br />
in dessen Interesse verliehene Herrschaftsmacht.<br />
6. Anwartschaftsrecht – eine einhellig anerkannte Definition fehlt. Ein Anwartschaftsrecht<br />
wird angenommen, wenn von einem mehraktigen Entstehungs- oder Übertragungstatbestand<br />
eines Rechts so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition<br />
des Erwerbers nicht mehr durch einseitige Erklärung zerstören kann;<br />
... wenn der Erwerb des Vollrechts nur noch vom Erwerber abhängt.<br />
7. Als dingliche Rechtsgeschäfte werden die Rechtsgeschäfte des Sachenrechts bezeichnet.<br />
8. Die Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar die Übertragung,<br />
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. H.-P. <strong>Benöhr</strong><br />
Belastung oder Aufhebung eines Rechts bewirkt<br />
und das damit unmittelbar auf eine Rechtsänderung gerichtet ist.<br />
Also sind die meisten dinglichen Rechtsgeschäfte Verfügungen<br />
(im Unterschied <strong>zu</strong> Verpflichtungen). Wichtig z. B. für §§ 185, 816 und 883.<br />
Kapitel 2. Sachenrechtsprinzipien<br />
1. Spezialitätsprinzip<br />
2. Publizitätsprinzip, Öffentlichkeitsgrundsatz<br />
3. Typenzwang, Typenfixierung, numerus clausus der Sachenrechte,<br />
Die Arten und der Inhalt der im (objektiven) Sachenrecht möglichen Berechtigungen<br />
sind gesetzlich festgelegt; die Parteien können keine weiteren (subjektiven) Sachenrechte neu schaffen;<br />
die Gestaltungsfreiheit als Teil der Privatautonomie ist insofern beschränkt.<br />
Damit ist die Zahl der Sachenrechte erschöpfend festgelegt.<br />
4. Absolutheit der dinglichen Rechte.<br />
Das absolute Recht ist ein Herrschaftsrecht,<br />
das gegenüber jedermann wirkt (Gegensatz: relatives Recht wirkt nur zwischen bestimmten Personen).<br />
5. Trennungsprinzip<br />
6. Abstraktionsprinzip<br />
7. das Problem der Akzessorietät<br />
8. Sukzessionsschutz („Elefanten-Prinzip“ ©)<br />
9. Rangprinzip<br />
10. gutgläubiger Erwerb<br />
11. Unterordnung unter das Verfassungsrecht.<br />
Kapitel 3. Schwerpunkte<br />
1. Klausuren<br />
1. Kaufvertrag<br />
1. Formerfordernis und Heilung des Formmangels<br />
2. Kauf bricht nicht Miete<br />
2. Eigentumsübertragung<br />
1. Zustimmung des Ehegatten, § 1365<br />
2. Verhinderung der Weiterübertragung, Vorbehalt der Rückübertragung<br />
3. Vormerkung<br />
1. Wirkung einer Vormerkung auf späteren Mietvertrag<br />
2. Gutgläubiger Ersterwerb vom Nichteigentümer<br />
3. Gutgläubiger Zweiterwerb vom Nichtvormerkungsberechtigten<br />
4. Hypothek<br />
1. Gutgläubiger Zweiterwerb vom Nichtgläubiger, insbes. Briefhypothek<br />
2. Rückgriff bei mehreren Sicherungsgebern<br />
3. Fehler bei der Rang-Eintragung<br />
4. Verwertung fremden Zubehörs<br />
5. Sicherungsgrundschuld<br />
1. Mängel der gesicherten Forderung<br />
2. getrennte Übertragung von Grundschuld und Forderung<br />
Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc<br />
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Grundstücksrecht<br />
2. Rechtsprechung<br />
1. Wirksamkeit der Vollmacht<br />
2. Übertragung der Stellung des Grundstückserwerbers<br />
3. Hypothek: wesentliche Bestandteile, Zubehör<br />
4. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, §§ 1004, 906<br />
3. Weiterer Schwerpunkt: Verkauf eines belasteten Grundstücks<br />
etc.<br />
Kapitel 4. Literatur<br />
Zum Einstieg: W. Gerhardt, Immobiliarsachenrecht, 5. Aufl., 2001<br />
anspruchsvoller: M. Wolf, Sachenrecht, 19. Aufl., 2003<br />
ausgefallen: K. Schellhammer, Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen, 2001<br />
Standardwerk: Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., 1999<br />
Klassiker: Martin Wolff, Ludwig Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., 1957.<br />
Allgemeines „Handwerkszeug“: G. Köbler, Juristisches Wörterbuch, 12. Aufl., 2003.<br />
Unerlässlich für Klausurvorbereitung: R. Schimmel, Juristische Klausuren und Hausarbeiten<br />
richtig formulieren, 5. Aufl., 2004.<br />
22. August 2011<br />
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