Und inwieweit reagiert Wild auf Warnlaute der eigenen - Jäger
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Und inwieweit reagiert Wild auf Warnlaute der eigenen - Jäger
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W ILDBIOLOGIE<br />
Foto: Archiv JÄGER<br />
Reaktionen Reaktionen<br />
von <strong>Wild</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>Warnlaute</strong> <strong>Warnlaute</strong><br />
ALARM!<br />
Ob Eichelhäher beim<br />
Anblick von Menschen<br />
ihren typischen<br />
Warnlaut<br />
ausstoßen<br />
o<strong>der</strong> nicht,<br />
hängt davon<br />
ab, wie<br />
häufig sie<br />
mit ihnen<br />
Kontakt<br />
haben.<br />
42 J 12/2006<br />
Welche Welche Tiere Tiere geben geben welche welche Warnsignale<br />
Warnsignale<br />
von von sich? sich? <strong>Und</strong> <strong>Und</strong> <strong>inwieweit</strong> <strong>inwieweit</strong> <strong>reagiert</strong> <strong>reagiert</strong> <strong>Wild</strong> <strong>Wild</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>Warnlaute</strong> <strong>Warnlaute</strong> <strong>der</strong> <strong>eigenen</strong> <strong>eigenen</strong> Art beziebeziehungsweisehungsweise <strong>auf</strong> solche solche an<strong>der</strong>er an<strong>der</strong>er Tiere? Tiere?<br />
Ein anerkannter anerkannter <strong>Wild</strong>biologe <strong>Wild</strong>biologe klärt klärt <strong>auf</strong>. <strong>auf</strong>.<br />
Am engsten und vielfältigsten sind die<br />
Beziehungen zwischen Tieren <strong>der</strong>selben<br />
Art. Aber auch zwischenartliche Beziehungen<br />
können eng sein. Ein wesentliches<br />
Element gegenseitiger Beziehungen<br />
sind Lautäußerungen, von denen solche, die mit<br />
<strong>der</strong> Sicherheit zusammenhängen, von beson<strong>der</strong>er<br />
Bedeutung sind. Als <strong>Warnlaute</strong> vor Feinden dienen<br />
sie <strong>der</strong> innerartlichen Kommunikation. Nutznießer<br />
dieser Lautäußerungen können aber auch<br />
an<strong>der</strong>e Tierarten sein, die die meist durchdringenden<br />
Laute ebenfalls als Warnsignale <strong>auf</strong>nehmen.<br />
Das „Rätschen”<br />
des Eichelhähers<br />
hat uns <strong>Jäger</strong><br />
schon so manches<br />
Mal um<br />
den jagdlichen<br />
Erfolg gebracht.<br />
Foto: Franz Bagyi<br />
KLEINERE SINGVÖGEL<br />
Kleine Tiere wie Singvögel, die von Natur<br />
aus viele Feinde haben, sind beson<strong>der</strong>s<br />
wachsam. Jede Annäherung von Feinden<br />
wird durch eifriges Warnen gemeldet. Weitere,<br />
sich in <strong>der</strong> Nähe befindende Vögel<br />
<strong>der</strong>selben Art – aber auch an<strong>der</strong>e – schließen<br />
sich alsbald dem Lärm an. Oft auch,<br />
obwohl sie selber den Feind noch gar nicht<br />
erblickt haben. Hauptfeinde sind Greifvögel<br />
und Eulen. Erstere werden mit Vorsicht<br />
beschimpft, es sei denn, daß Sitzposition<br />
und Blick des Greifvogels eindeutig dar<strong>auf</strong><br />
hinweisen, daß er im Moment nicht beabsichtigt<br />
zu jagen. Für den beobachtenden<br />
Menschen ist dieser Unterschied kaum zu<br />
erkennen. Vögel dagegen wissen genau,<br />
wann ihr Erzfeind in Bereitschaft gerät,<br />
Beute zu machen, und suchen dann schnellstens<br />
das Weite. Junge Greifvögel, die gerade<br />
den Horst verlassen haben und noch<br />
keine Beute machen können, wie auch Eulen,<br />
die am Tage nicht ans Beutemachen<br />
denken, werden dagegen vehement „ausgeschimpft”.<br />
Amseln lassen ein hysterisch schrilles Zetern<br />
ertönen, ein dumpfes „Gjuk” gegenüber<br />
Bodenfeinden und hohes „Ziili” gegenüber<br />
Flugfeinden. Singdrosseln zetern<br />
ebenfalls kräftig, aber weniger durchdringend<br />
als Amseln. Kohl- und Blaumeisen<br />
zetern in höheren Tonlagen; nähert sich<br />
ein Feind aus <strong>der</strong> Luft, lassen sie ein hohes<br />
„Ziii” ertönen. Der Warnruf des Stars<br />
ist ein hartes „Spett spett” o<strong>der</strong> gedehntes<br />
„Schaar”. Der Buchfink ruft ein mehrsilbiges<br />
„Pink”. An<strong>der</strong>e Vögel machen oft mit,<br />
meist jedoch weniger laut. Wegen dieses<br />
Vogellärms wird so manchem Mar<strong>der</strong>,<br />
Iltis, Habicht o<strong>der</strong> Sperber die Lust zum<br />
Jagen genommen, allerdings nicht immer.<br />
Schalenwild interessiert sich für <strong>der</strong>artigen<br />
Singvogelalarm nicht.<br />
LÄRMENDE RABENVÖGEL<br />
Größere Vögel, etwa Greifvögel, geben<br />
keine <strong>Warnlaute</strong> von sich. Das wäre auch<br />
nicht sinnvoll, da sie ja Meister im stillen<br />
Überraschungsangriff sind, dazu auch kaum<br />
direkte Feinde haben. An<strong>der</strong>s ist es mit den Rabenvögeln. Von<br />
Natur aus machen sie viel Lärm und besitzen dazu<br />
ein großes Stimmrepertoire. Alle Rabenvögel<br />
sind neugierig und etwas vorwitzig. Ich habe<br />
im Rahmen meiner <strong>Wild</strong>tierforschungen mehrfach<br />
alle möglichen Rabenvögel <strong>auf</strong>gezogen,<br />
zahm gemacht und dann frei am Haus gehalten.<br />
Interessant war zu beobachten, wie schnell sie<br />
lernten und das Gelernte anwendeten. Ihnen unbekannte<br />
Haustiere und zahme <strong>Wild</strong>tiere wurden<br />
im allgemeinen nur dann und solange „beschimpft”,<br />
ja sogar durch Scheinangriffe<br />
Rechts: Kommt ein Feind in Anblick, läßt <strong>der</strong><br />
Buchfink ein mehrsilbiges „Pink” erklingen.<br />
Fotos: Gerhard Kalden<br />
belästigt, wie sie Abwehr- o<strong>der</strong> Gegenangriffsreaktionen zeigten.<br />
Hörten diese <strong>auf</strong>, war die Streitsucht <strong>der</strong> Rabenvögel schnell<br />
gestillt. Unser Rauhhaarteckel, <strong>der</strong> in Aristokratenmanier den<br />
lärmenden Pöbel ignorierte, wurde nie belästigt. Selbst hauszahmes<br />
Haarraubwild – Fuchs, Dachs, Mar<strong>der</strong>hund und Fischotter<br />
– wurde in diesen „Nichtangriffspakt” einbezogen. Dieser wurde<br />
allerdings von unserem Fuchs „Jenny” nicht immer respektiert.<br />
Machte er einen Angriffsversuch, gab es anschließend ein<br />
anhaltendes „Schimpfen”, ehe <strong>der</strong> Status quo wie<strong>der</strong>hergestellt<br />
war. Unser Kolkrabe hat die Angriffsversuche nie richtig ernstgenommen,<br />
woraus man den Schluß ziehen könnte, daß ein<br />
Fuchs für ihn kein genetisch fixiertes Feindbild darstellt; für<br />
Eichelhäher und Elster jedoch sehr wohl. Dies belegt auch, daß<br />
beide – frei in <strong>der</strong> Umgebung unseres Hauses herumfliegend –<br />
streunende Füchse eifrig „beschimpften” und Alarm schlugen.<br />
Ein Phänomen, welches bedeuten könnte, daß die pfiffigen Rabenvögel<br />
genau unterscheiden können, ob ein Tier zu unserer<br />
Hausgemeinschaft gehörte o<strong>der</strong> wild war.<br />
Von wildlebenden Eichelhähern wird je<strong>der</strong> erblickte potenzielle<br />
Feind ausdauernd durch laute Warnrufe, das sogenannte „Rätschen”,<br />
gemeldet. Dies gilt auch für Elstern mit ihrem lauten<br />
„Schackern”. Der Mensch wird manchmal beschimpft, jedoch<br />
nicht in Ortsnähe, wo er für die Krachmacher normaler Bestandteil<br />
<strong>der</strong> Umwelt ist. Beim Eichelhäher gilt das auch <strong>auf</strong> oft begangenen<br />
Waldwegen, <strong>auf</strong> denen <strong>der</strong> Mensch einfach dazugehört.<br />
Eher wird seine Anwesenheit an stillen Orten im Wald gemeldet,<br />
was so manch pirschen<strong>der</strong> <strong>Jäger</strong> zu seinem Ärger hat<br />
hinnehmen müssen. Friedwild wird in <strong>der</strong> Regel nicht gemeldet,<br />
da es im Feindbild <strong>der</strong> Rabenvögel nicht vorhanden zu sein scheint.<br />
Umgekehrt <strong>reagiert</strong> es jedoch <strong>auf</strong> die Warnrufe. Ein das Rätschen<br />
des Eichelhähers vernehmen<strong>der</strong> Hase läßt sofort seine<br />
Löffel spielen, um verdächtige Laute <strong>auf</strong>zunehmen. Auch setzt<br />
er seinen Geruchssinn ein, wobei er beim Prüfen <strong>der</strong> Wittrung<br />
oftmals den Kopf hebt und senkt. Dadurch wird die Nase in unterschiedliche<br />
Luftströmungen gebracht. Dieses doppelte Testen<br />
findet im Funktionskreis Feindvermeidung bei vielen Tieren<br />
statt. Ist doch <strong>der</strong> Geruchssinn <strong>der</strong> einzige, bei dem es zu keiner<br />
Sinnestäuschung kommt.<br />
REAKTION DES SCHALENWILDS<br />
Größere Tiere achten nur bedingt <strong>auf</strong> den<br />
Warnruf <strong>der</strong> Vögel, da dieser für sie nur in<br />
ganz wenigen Fällen ein echtes Warnsignal<br />
bedeutet. An<strong>der</strong>s ist es dort, wo Wolf und<br />
Luchs ihre Fährte ziehen. Das warnende Rätschen<br />
<strong>der</strong> Eichelhäher verursacht hier sofort<br />
Alarmbereitschaft, sowohl beim Reh- als auch<br />
Rechts: Eine Kohlmeise. Ihr „Ziii”-Warnlaut<br />
ringt dem Schalenwild keine Reaktion ab.<br />
Katzen machen<br />
kaum einen<br />
Schritt, ohne Hess<br />
von zeternden<br />
Heinz<br />
Vögeln umgeben<br />
zu sein. Foto:<br />
12/2006 J 43
W ILDBIOLOGIE<br />
Foto: Karl-Heinz Volkmar<br />
beim Rotwild. Ob zudem<br />
beim Schwarzwild, bleibt<br />
dahingestellt. Eigene Beobachtungen<br />
habe ich dazu<br />
nicht gemacht, und auch<br />
einheimische <strong>Jäger</strong> aus Ostpolen<br />
konnten mir das nicht<br />
bestätigen. Beson<strong>der</strong>s empfindlich<br />
<strong>auf</strong> den Warnruf<br />
des Eichelhähers reagieren<br />
führende Ricken und Rottiere.<br />
Das intensive Äugen,<br />
Winden und Lauschen<br />
nimmt kaum ein Ende. Bei nur etwas Ungewißheit wird <strong>der</strong><br />
Platz sofort geräumt. Rehe ohne Anhang entscheiden sich etwas<br />
langsamer zur Flucht. Dafür schrecken sie aber manchmal anhaltend,<br />
und das, wie es scheint, nur als Reaktion <strong>auf</strong> den Warnruf<br />
<strong>der</strong> Häher. Hier findet eine zwischenartliche Kommunikation<br />
statt. Häher machen zwar Lärm<br />
wegen eines Feindes, nicht aber,<br />
um die Rehe vor ihm zu warnen.<br />
Diese wissen jedoch aus Erfahrung,<br />
die Warnrufe für sich zu<br />
nutzen.<br />
Führende Ricken reagieren<br />
empfindlicher <strong>auf</strong> artfremde<br />
<strong>Warnlaute</strong> als Einzelstücke.<br />
REHWILDSCHRECKEN<br />
Das Schrecken des Rehwildes ist<br />
Ausdruck von Ungewißheit, Beunruhigung<br />
und Aufregung. Am<br />
häufigsten schrecken Rehe, wenn<br />
sie etwas wahrgenommen haben,<br />
von dem sie keine Wittrung bekommen<br />
haben und nicht sicher<br />
sind, ob es sich nur um eine harmlose<br />
Ruhestörung o<strong>der</strong> aber um<br />
eine wirkliche Gefahr handelt.<br />
So schrecken sie beispielsweise,<br />
wenn sie <strong>auf</strong> einen <strong>Jäger</strong> treffen,<br />
den sie zwar eräugt, jedoch nicht<br />
gewindet haben. Auch schrecken<br />
sie häufig, wenn sich Sauen geräuschvoll<br />
nähern, aber noch<br />
nicht als solche identifiziert<br />
sind. Das Schrecken<br />
eines Rehs ist häufig auch Anlaß für an<strong>der</strong>e, sich in <strong>der</strong><br />
Nähe befindende Rehe, dasselbe zu tun. Schrecken ist<br />
ein Warnsignal, das bei an<strong>der</strong>en Rehen Beunruhigungserscheinungen<br />
auslöst, auch<br />
bei denen, die die Ursache<br />
<strong>der</strong> Störung<br />
nicht wahrgenommen<br />
haben. Wahrscheinlich<br />
handelt<br />
es sich auch um<br />
eine Art von<br />
Lautkontaktenzwischen<br />
den<br />
einzel-<br />
nenStük-<br />
44 J 12/2006<br />
Foto: Helmut Pieper<br />
Foto: Wolfgang Radenbach<br />
Ziehen Sauen geräuschvoll durch den Bestand, läßt das Schrecken <strong>der</strong> Rehe nicht lange <strong>auf</strong> sich warten.<br />
ken. Rehe melden gegenseitig ihre Anwesenheit, was bei <strong>der</strong> sommerlichen<br />
Territorialität seine Bedeutung haben kann. Das könnte<br />
auch ein Grund dafür sein, daß im Herbst und Winter seltener<br />
geschreckt wird, weil es in dieser Jahreszeit viel weniger natürliche<br />
Deckung gibt, wodurch plötzliche Überraschungen und unerwartetes<br />
Eintreten von Gefahren seltener vorkommt.<br />
SCHRECKEN DES ROTWILDES<br />
An<strong>der</strong>es Schalenwild <strong>reagiert</strong> <strong>auf</strong> das Schrecken von Rehwild<br />
unterschiedlich, meist jedoch nur mit mäßigem Interesse. Beobachtet<br />
man etwa ein <strong>auf</strong> einer Waldwiese äsendes Rotwildrudel<br />
und etwas abseits einige Rehe, von denen eines schreckt, weil<br />
gerade an<strong>der</strong>es <strong>Wild</strong> im Anmarsch ist, äugt das Rotwild, zumindest<br />
das Leittier zwar in Richtung des schreckendes Rehs, schenkt<br />
dem aber nicht die allerhöchste Aufmerksamkeit. Hat es dann<br />
aber selber eine sich nähernde Gefahr ermittelt, wird sofort eine<br />
höhere Alarmstufe eingeschaltet, zu <strong>der</strong> manchmal auch das<br />
Schrecken gehört. Dieses ist aber im Prinzip wie beim Rehwild<br />
Situationen vorbehalten, in denen irgend etwas das Mißtrauen<br />
des Tiers erregt hat, ohne daß es die Quelle genau identifizieren<br />
kann. Übrigens schreckt Rotwild längst nicht so häufig und intensiv<br />
wie Rehwild. Es schrecken nur das Leittier o<strong>der</strong> dasjenige<br />
Tier, dessen Verdacht erregt worden ist. Das ganze Rudel sichert<br />
dar<strong>auf</strong>hin, ohne jedoch flüchtig zu werden. Das Schrecken<br />
des Tiers trägt weit und wird von allem Rotwild beachtet, das<br />
sich in Hörweite befindet – gleichgültig, ob es zum selben Rudel<br />
gehört o<strong>der</strong> nicht.<br />
Hirsche schrecken nur selten, wobei es bei ihnen wirklich ein<br />
Schreck- und kein Warnlaut ist, den sie ausstoßen, wenn sie<br />
durch plötzliches Zusammentreffen mit dem Menschen o<strong>der</strong><br />
einem Großraubtier erschreckt werden. Natürlich wird dieser<br />
Laut auch von an<strong>der</strong>em Rotwild wahrgenommen, welches nun<br />
entsprechend <strong>reagiert</strong>. Auch das Rehwild wird gewarnt, und<br />
bisweilen quittiert es den Schrecklaut mit eigenem<br />
Schrecken. Professor<br />
Dr. Zygmunt Pielowski<br />
Rotwild <strong>reagiert</strong>gelassen<br />
<strong>auf</strong><br />
schreckendesRehwild.<br />
Doch<br />
zumindest<br />
das Leittier<br />
wirft einen<br />
Blick in die<br />
entsprechende<br />
Richtung.