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Alles mit Bedacht! - Jäger

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R E V I E R P R A X I S<br />

Schon als Lehrling war<br />

der Ansitz am Morgen<br />

und am Abend für einen<br />

Berufsjäger obligatorisch.<br />

Manches<br />

Mal war der Abendansitz<br />

die einzige Gelegenheit,<br />

nach der harten Arbeit des<br />

Tages etwas Schlaf zu �nden.<br />

Jedes Mal war es<br />

ein Genuss,<br />

Beim<br />

Ansitz<br />

gilt: Weniger<br />

bringt<br />

mehr! Bei<br />

diesem Nimrod<br />

entsteht<br />

der Eindruck,<br />

dass er daheim<br />

einen Wohnungsbrand<br />

befürchtet.<br />

Fotos: Beate Siebern<br />

<strong>Alles</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>Bedacht</strong>!<br />

42 www.jaegermagazin.de 3/2009<br />

ZEHN (VERMEIDBARE) FEHLER BEI DER ANSITZJAGD<br />

allein zu sein, allein im Revier<br />

<strong>mit</strong> allen Gerüchen, Lauten und<br />

der Spannung – denn nie können<br />

wir wissen, was uns erwartet.<br />

Auch wenn die Hoffnung oft<br />

groß ist und kaum erfüllt wird,<br />

so bleibt doch diese Spannung.<br />

Doch welche Fehler kann ich<br />

bei der Ansitzjagd begehen und<br />

wie vermeide<br />

ich sie?<br />

1<br />

Die Ansitzjagd ist fraglos die am häufigsten ausgeübte<br />

Jagdart, und wohl auch die beliebteste! Nur wer nichts<br />

macht, macht auch nichts verkehrt. Anders ausgedrückt:<br />

Wer nicht reitet, fällt auch nicht vom Pferd. Aber gerade<br />

bei der Ansitzjagd können wir einiges falsch machen,<br />

manchmal in gutem Glauben, manchmal unüberlegt.<br />

1. FALSCHER<br />

ANMARSCHWEG<br />

Der Jagderfolg hängt oft schon<br />

von der richtigen Wahl des Anmarschweges<br />

ab. Eine exzellente<br />

Planung benötigt der Morgenansitz,<br />

etwa an der Wald-/Feldkante.<br />

Wild äst bei Dunkelheit meist<br />

noch im Feld. Pirschwege helfen<br />

uns, vom Wald aus die Hochsitze<br />

am Waldrand zu erreichen,<br />

ohne Wild zu vergrämen. Auch<br />

beim Rehwild<br />

ist<br />

es<br />

wichtig,<br />

schon bei<br />

Dunkelheit<br />

den Ansitz erreicht<br />

zu haben. Da Rehe<br />

als Wiederkäuer<br />

besonders hohe Ansprüche<br />

an die Güte der<br />

Äsung stellen, halten sie<br />

auch den Äsungs-Rhythmus<br />

ziemlich genau ein.<br />

Stücke, die in der ersten<br />

Morgendämmerung in<br />

den Wald eingewechselt<br />

sind, kommen oft nach<br />

einigen Stunden nochmals<br />

auf die Feld�äche,<br />

<strong>mit</strong> Vorliebe nach Sonnenaufgang.<br />

Ist also<br />

der Hoch-<br />

sitz nicht vom Wald aus zu erreichen,<br />

nutzen wir lieber die<br />

spätere Möglichkeit zum Ansitz.<br />

Am Abend ist es stets sinnvoll,<br />

den Hochsitz über einen<br />

weiteren Anmarschweg vom<br />

Feld aus zu erreichen. Im Unterschied<br />

zum Rehwild kann<br />

ein Fuchs durch unsere menschliche<br />

Spur vergrämt werden. Um<br />

menschliche Fährten, die vom<br />

Abend stammen, kümmert sich<br />

ein Fuchs kaum. Anders sieht<br />

es aus, wenn die Fährte in der<br />

Nacht oder am frühen Morgen<br />

entstand, also durch unseren<br />

Fußmarsch zum Hochsitz. Nach<br />

meinen Erfahrungen ist es für<br />

den Fuchsansitz sinnvoll, <strong>mit</strong><br />

dem Auto bis fast unter den<br />

Hochsitz zu fahren.<br />

Für den Ansitz in kalten Winternächten<br />

ziehen wir uns warm an.<br />

Ein weiter Anmarschweg zum<br />

Hochsitz kann da zur Qual werden.<br />

Wenn wir erst einmal unter<br />

den dicken Lodensachen schwitzen,<br />

wird der Ansitz nicht lange<br />

dauern. Wir fahren also wieder<br />

<strong>mit</strong> dem Auto möglichst nah<br />

zum Hochsitz.<br />

2<br />

2. ZUVIEL AUSRÜSTUNG<br />

WIRD MITGESCHLEPPT<br />

Wir benötigen nicht viel: Waffe,<br />

Fernglas, Sitzkissen, Messer und<br />

Handy – Ende! Wir gehen nicht<br />

zum Ansitz, um dort zu vespern,<br />

ein Büro oder ein Multimediacenter<br />

zu eröffnen. <strong>Alles</strong>, was<br />

knistert, herunterfallen kann,<br />

Geräusche macht, Platz benötigt<br />

oder uns ablenkt, können<br />

wir auf dem Hochsitz nicht<br />

gebrauchen! Weniger ist mehr<br />

– diese Redensart gilt uneingeschränkt<br />

für die Ansitzjagd.<br />

Jene Waidmänner, die sich<br />

Auch wenn „Hasso” absolut gehorsam ist, unterm Hochsitz abgelegt,<br />

vergrämt er zusätzlich zum Ansitzenden anwechselndes Wild.<br />

bereits am Tag zuvor auf den<br />

Ansitz vorbereiten und ihre Sachen<br />

packen, sind meist nicht<br />

heilbar. Darauf hingewiesen,<br />

nicken sie verständnisvoll, um<br />

dann doch ihre Rucksäcke samt<br />

Dackel <strong>mit</strong> auf den Hochsitz zu<br />

schleppen. Inzwischen frage ich<br />

mich nur noch, was denn alles<br />

<strong>mit</strong>geschleppt wurde, so dass<br />

man zweimal zwischen Auto<br />

und Hochsitz hin- und herwandern<br />

muss. Am Ende pro�tiert<br />

das Wild, denn Anblick haben<br />

diese Waidgesellen selten.<br />

3<br />

3. JAGDHUND UNTERM<br />

HOCHSITZ ABLEGEN<br />

Als junger <strong>Jäger</strong> habe ich es<br />

auch getan, weil alle es machten,<br />

den Hund unter dem Hochsitz<br />

abgelegt. Im Laufe der Zeit ging<br />

mir auf, dass es nicht nur darauf<br />

ankommt, dass sich der Hund<br />

unten an der Hochsitzleiter ruhig<br />

verhält – seine Anwesenheit allein<br />

vergrämt bereits viel Wild.<br />

Warum benutzen wir eigentlich<br />

Hochsitze? Es ist nicht nur wegen<br />

der besseren Übersicht und<br />

wegen des Kugelfangs. Auf der<br />

hohen Kanzel oder Leiter be�nden<br />

wir uns häu�g über dem<br />

Wind. Vor allem Wild, welches<br />

nah am Hochsitz vorbeizieht, bekommt<br />

seltener Wind von uns,<br />

weil unsere Wittrung durch höhere<br />

Luftschichten zieht. Dieser<br />

Vorteil geht uns verloren, sobald<br />

ein Hund unten auf seiner Decke<br />

schläft. Manches Wild zieht gar<br />

nicht erst auf die Blöße oder<br />

Schneise, an der wir gerade ansitzen,<br />

und wir erfahren nie, was<br />

wir tatsächlich verpasst haben.<br />

Wohin denn nun <strong>mit</strong> dem Hund?<br />

Unser erster Gedanke ist, dass<br />

wir „Hasso” im Auto lassen!<br />

Aber auch das kann ein Problem<br />

sein. Ein Auto, das irgendwo im<br />

Revier steht, ist kein großer Störfaktor<br />

für das Wild, solange sich<br />

kein Hund darin be�ndet. Autos<br />

haben auch ein passives Belüftungssystem.<br />

Selbst wenn die<br />

Fenster geschlossen sind, wird<br />

kein Hund im Auto ersticken,<br />

weil genügend Luftaustausch erfolgt.<br />

So<strong>mit</strong> windet Schalenwild<br />

auf weite Entfernung, dass ein<br />

Hund vorhanden ist. Rehwild<br />

schreckt verärgert und lange anhaltend<br />

ob solcher Störung. Wir<br />

müssen also das Auto weit genug<br />

entfernt abstellen, da<strong>mit</strong><br />

unser Ansitz nicht gestört wird.<br />

Es ist sinnvoll, das Auto stets<br />

an denselben Stellen zu parken.<br />

Falls jemand häu�g ansitzt, kann<br />

so ein gewisser Gewöhnungseffekt<br />

für das Wild eintreten. Zumindest,<br />

was den Hund im Auto<br />

angeht. Das Wild lernt, dass<br />

davon keine Gefahr ausgeht. In<br />

vielen Revieren gibt es einsam<br />

liegende Gehöfte, in deren Einzäunung<br />

sich ständig Hunde aufhalten.<br />

Das Wild gewöhnt sich<br />

an solch einen Zustand. Diese<br />

Aussage steht freilich im Widerspruch<br />

dazu, dass wir beim<br />

nächtlichen Ansitz auf Füchse<br />

<strong>mit</strong> dem Auto möglichst nah an<br />

die Kanzel fahren sollen. Beim<br />

Fuchsansitz könnte Hasso ja<br />

auch mal zu Hause bleiben. Falls<br />

wir kleine Scherenleitern oder<br />

Ansitzböcke benutzen, die nicht<br />

besonders hoch sind, darf Hasso<br />

natürlich <strong>mit</strong> dabei sein.<br />

4<br />

4. DAUERANSITZ AUF<br />

SCHLAFKANZELN<br />

Besonders Beständer, die eine<br />

weite Anfahrt auf sich nehmen<br />

müssen, um ins Revier zu gelan-<br />

Foto Archiv JÄGER<br />

Sogenannte Schlafkanzeln sollten ihrem Namen keinesfalls Ehre<br />

machen. Denn auch der schlafende <strong>Jäger</strong> vergrämt das Wild.<br />

gen, setzen auf sogenannte<br />

Schlafkanzeln. Ich kenne Reviere,<br />

die komplett <strong>mit</strong> derartigen<br />

Ansitzeinrichtungen ausgerüstet<br />

sind. Nach dem Abendansitz<br />

kriecht der <strong>Jäger</strong> in seinen<br />

Schlafsack und ist zum Morgenansitz<br />

gleich wieder zur Stelle.<br />

Die Störung, die von Schlafkanzeln<br />

im Wald ausgeht, ist massiv.<br />

Beim Ansitz im Wald ist<br />

der Wind immer verkehrt! Hier<br />

braucht man schon Glück! Wer<br />

aber die ganze Nacht über den<br />

Wald <strong>mit</strong> seiner Wittrung belegt,<br />

erzeugt Jagddruck, ohne etwas<br />

zu erlegen. Es ist sinnvoller, eine<br />

Jagdhütte zu benutzen, und sei<br />

es nur ein Bauwagen. Der Bauwagen<br />

wird an einer Stelle im<br />

Revier stehen, an der wir keinen<br />

nennenswerten Wildwechsel<br />

vermuten.<br />

5<br />

5. BEI DER ANSITZJAGD<br />

WIRD GESCHLAFEN<br />

Der Ansitzschlaf ist unter <strong>Jäger</strong>n<br />

eigentlich ein Tabu-Thema.<br />

Viele behaupten, sie wären noch<br />

nie beim Ansitz eingeschlafen<br />

und würden das auch garantiert<br />

nie tun. Eigentlich geht es nicht<br />

um das Verhindern eines Nickerchens<br />

auf dem Hochsitz, sondern<br />

darum, wie wir da<strong>mit</strong> umgehen.<br />

Ich gehöre zu denen,<br />

die zugeben, gelegentlich beim<br />

Ansitz einzunicken. Werde ich<br />

wach, geht automatisch der<br />

erste Griff zum Fernglas. Ein<br />

Rundumblick – nichts zu sehen<br />

–, wird schon nichts gewesen<br />

sein. Von dem Keiler, der unbemerkt<br />

vorübergezogen ist, weiß<br />

ich nichts. Schon manches Mal<br />

hat das Schwarzwild mich durch<br />

Grunzen oder Quieken geweckt<br />

und mir so selbst zur Beute ver-<br />

holfen. Eines steht jedenfalls<br />

fest: Vom Bett aus hat noch niemand<br />

Wild erlegt! Ein kleines<br />

Nickerchen auf dem Hochsitz<br />

mag also besser sein, als vorzeitig<br />

abzubaumen.<br />

Die USA haben ein anderes<br />

Jagdsystem, das Lizenzsystem.<br />

Hochsitze haben daher Seltenheitswert.<br />

Warum sollte man einen<br />

Hochsitz bauen, wenn nachher<br />

fremde Leute darauf sitzen?<br />

Die Deer-Hunter im Land der<br />

unbegrenzten Möglichkeiten<br />

benutzen Bäume für ihren Ansitz<br />

– schlafen ein und fallen reihenweise<br />

herunter. Bis zu 400<br />

solcher Unfälle pro Jahr wurden<br />

schon registriert. Natürlich kann<br />

uns das auch bei einer unserer<br />

Ansitzleitern so ergehen. Wer<br />

also zum Hochsitzschlaf neigt,<br />

sollte sich auf einem freien Ansitz<br />

gegen Absturz sichern, entweder<br />

<strong>mit</strong> einem Strick (Hundeleine)<br />

oder <strong>mit</strong> einer Holzstange<br />

vor der Hüfte; ansonsten kann es<br />

ein böses Erwachen geben. Eine<br />

Personengruppe gibt es jedoch,<br />

für die sich der gelegentliche Minutenschlaf<br />

beim Ansitz völlig<br />

verbietet – das sind die Schnarcher.<br />

Sie verpassen nicht nur<br />

Wild, sie vergrämen es auch!<br />

Wer zum Einnicken neigt, wird<br />

an Kirrungen für Geräusche sorgen.<br />

In Bundesländern, in denen<br />

es noch erlaubt ist, kirrt er neben<br />

dem Getreide <strong>mit</strong> Walnüssen.<br />

Die knacken so laut, dass<br />

jeder <strong>Jäger</strong> wach wird. Ansonsten<br />

können wir über vergrabenem<br />

Mais noch einen Steinhaufen<br />

aufbauen, der für Geräusche<br />

sorgt, wenn er wegen der<br />

Schwarzkittel zusammenfällt.<br />

Hochsitzschlaf ist nie tief und<br />

fest. Bereits kleine Geräusche<br />

genügen, um uns zu wecken.<br />

3/2009 www.jaegermagazin.de 43<br />


R E V I E R P R A X I S<br />

6. DIE WINDRICHTUNG<br />

6FALSCH EINGESCHÄTZT<br />

Die „nie endende” Geschichte<br />

vom Wind: Nicht immer ist es<br />

günstig, wenn uns der Wind<br />

beim Ansitz ins Gesicht weht.<br />

Vor allem dann, wenn wir an<br />

der Wald-/Feldkante sitzen,<br />

das Wild aus dem Wald erwarten<br />

und der Wind vom Feld her<br />

auf uns zusteht. Da ist es allemal<br />

besser, wenn der Wind in<br />

die Richtung weht, in die wir<br />

unseren Blick gerichtet haben.<br />

Wenigstens zieht das Wild dann<br />

noch ins Feld. Ansonsten bekommen<br />

wir es möglicherweise<br />

gar nicht erst zu sehen. Nach<br />

meinen Erfahrungen sind Sauen<br />

besonders bedacht, alle bisherigen<br />

Erfahrungen zu nutzen, bevor<br />

sie auf eine Blöße ziehen.<br />

Der innere Waldrand, also die<br />

Deckung, wird erst einmal in aller<br />

Ruhe nach Fraß abgesucht.<br />

Dabei können sich die Sauen<br />

überzeugen, ob die Luft rein ist.<br />

7 8<br />

Eigentlich sollten wir im Wald<br />

nur ansitzen, wenn der Wind<br />

ziemlich stark weht. Nur dann<br />

können wir hier eine ziemlich<br />

klare Aussage zur Windrichtung<br />

machen. Weht der Wind nur<br />

Foto: Beate Siebern<br />

Wenn wir alles richtig machen, wird der Ansitz auch früher oder später von Erfolg gekrönt sein. Bei dieser <strong>Jäger</strong>in hat’s geklappt.<br />

gering oder kaum fühlbar, wird<br />

die Windrichtung je nach Wald-<br />

44 www.jaegermagazin.de 3/2009<br />

verhältnissen ständig umschlagen.<br />

Ein Ansitz bei derartigen<br />

Windverhältnissen <strong>mit</strong>ten im<br />

Wald kann uns zwar zufällig<br />

jagdlichen Erfolg bringen, ist<br />

aber gleichzeitig <strong>mit</strong> einem enormen<br />

Jagddruck verbunden, von<br />

dem wir selbst nur etwas merken,<br />

wenn Rehwild laut schrekkend<br />

abspringt.<br />

Wenn wir ständig auf unserem<br />

Lieblingsplatz sitzen – <strong>mit</strong>ten<br />

im Wald – ist der Wind immer<br />

falsch, der Jagddruck enorm und<br />

das Wild lernt, den Platz zu<br />

meiden. Ansitzpunkte im Wald<br />

nutzen wir nur sporadisch, um<br />

Erfolg zu haben und um Jagddruck<br />

zu vermeiden. Um durchweg<br />

günstigen Wind zu haben,<br />

nutzen wir den kleinen Ansitzstuhl.<br />

In Verbindung <strong>mit</strong> einem<br />

Schießstock ist er je nach Gelände<br />

eine gute Ergänzung zu vorhandenen<br />

Hochsitzen.<br />

7. KANZELFENSTER<br />

WERDEN GESCHLOSSEN<br />

Geschlossene Kanzeln richten<br />

wir üblicherweise <strong>mit</strong> Fenstern<br />

ein. Diese sollen in erster Linie<br />

verhindern, dass Schnee und Regen<br />

ins Kanzelinnere gelangen.<br />

Es ist sehr unangenehm, wenn<br />

wir ansitzen wollen und die<br />

Sitzbank in der Kanzel voller<br />

Schnee ist. Wenn wir ansitzen,<br />

öffnen wir die Fenster. Falls<br />

plötzlich nah neben uns ein<br />

Fuchs oder ein Stück Schwarzwild<br />

erscheint, sind wir andernfalls<br />

kaum in der Lage, das Fenster<br />

völlig lautlos zu öffnen. Die<br />

Chance ist vertan, wir ärgern uns<br />

über das geschlossene Fenster.<br />

Bei einer Kanzel am Luderplatz,<br />

der <strong>mit</strong>ten im Feld angelegt ist,<br />

und von der aus wir den Fuchs<br />

bereits aus weiter Entfernung<br />

ausmachen können, mag das anders<br />

sein. Grundsätzlich aber<br />

lassen wir die Fenster beim Ansitz<br />

geöffnet.<br />

Mehrfach hatte ich im Schnee<br />

schon die Spur eines Fuchses<br />

am Grabenrand bestätigt. Es war<br />

zwar sehr kalt, aber das Licht<br />

gut. So richtete ich mich für den<br />

Nachtansitz am Fuchspass ein.<br />

Ein scharfer Ostwind blies mir<br />

entgegen – bei Temperaturen<br />

deutlich unter dem Gefrierpunkt.<br />

Obwohl man es beim Fuchsansitz<br />

niemals tun soll, schloss<br />

ich die Fenster der Kanzel, denn<br />

diesen scharfen Wind hätte ich<br />

nicht lange ausgehalten. Die<br />

Stunden vergingen, der Fuchs<br />

ließ auf sich warten. Schließlich<br />

war die Müdigkeit so groß, dass<br />

er sich einstellte, der Hochsitz-<br />

schlaf. Als ich wach wurde, war<br />

es bereits dämmrig; rötliches<br />

Licht am Horizont kündete vom<br />

nahen Sonnenaufgang. Gleichzeitig<br />

nahm ich den Fuchs wahr,<br />

der nun zügig am Grabenrand<br />

entlang schnürte, genau auf den<br />

Hochsitz zu – bereits in Schrotreichweite.<br />

Den Drilling zu<br />

schnappen und in Anschlag<br />

zu gehen, war eine Bewegung.<br />

Splitterndes Glas machte mich<br />

endgültig wach. Ich hatte nicht<br />

bedacht, dass ich wegen des<br />

Windes die Hochsitzfenster geschlossen<br />

hatte, und zertrümmerte<br />

<strong>mit</strong> dem Laufbündel eines<br />

der Fenster. Der Fuchs hatte eine<br />

Schrecksekunde und äugte zum<br />

Hochsitz herauf, die war kürzer<br />

als meine: Mit eleganten Fluchten<br />

war er in wenigen Sekunden<br />

verschwunden und um eine Erfahrung<br />

reicher.<br />

8. GERÄUSCHGEBENDE<br />

SITZGELEGENHEITEN<br />

Manche Leute lächeln, wenn<br />

sie meinen Ansitzstuhl sehen.<br />

Es ist ein alter Küchenstuhl aus<br />

Aluminium, spärlich gepolstert,<br />

dafür aber federleicht und absolut<br />

geräuschlos. Leider lässt<br />

sich das gute Stück nicht zusammenfalten.<br />

Da<strong>mit</strong> der Stuhl<br />

nicht in weichem Boden einsinken<br />

kann, habe ich die Füße<br />

waagerecht <strong>mit</strong> dicken Holzleisten<br />

verbunden. Seit über<br />

zehn Jahren begleitet mich dieser<br />

Stuhl zum Ansitz. Dabei<br />

würde ich mich nicht sträuben,<br />

einen klappbaren Ansitzstuhl zu<br />

erwerben, wenn er wirklich leise<br />

wäre und das Preis-/Leistungs-<br />

verhältnis stimmte. In den Geschäften<br />

großer Jagdausstatter<br />

und in etlichen Läden von Büchsenmachern<br />

habe ich viele Stühle<br />

ausprobiert. Sobald ich mich<br />

bewegte, rieb der Textilstoff auf<br />

Metallrohr und gab ein Geräusch<br />

von sich, das im Laden kaum<br />

hörbar war. Für den Gebrauch<br />

im Revier aber zu laut! Wir dürfen<br />

uns als Verbraucher nicht<br />

täuschen lassen. Im Laden läuft<br />

fast immer Musik im Hintergrund,<br />

es �nden<br />

Verkaufsgespräche<br />

statt. Was<br />

uns beim Probesitzen<br />

als äußerst<br />

leise erscheint,<br />

ist nachts im Revier<br />

sehr laut.<br />

Auf Hochsitzen<br />

�nden wir öfter<br />

Sitzbretter, die<br />

einfach aufgenagelt<br />

sind. Besonders<br />

bei Frostwetter<br />

haben wir<br />

dann ein Problem,<br />

falls neben uns<br />

am Waldrand ein<br />

Fuchs erscheint.<br />

Um ihn zu erlegen,<br />

müssen wir<br />

den Oberkörper<br />

herumdrehen.<br />

Wir trauen uns<br />

noch nicht einmal, unser Gewicht<br />

von der einen Backe auf<br />

die andere zu verlagern, aus<br />

Angst, das Sitzbrett könne knakken.<br />

Die Angst ist berechtigt.<br />

Besser ist, dass wir die Au�ageholme<br />

für das Sitzbrett <strong>mit</strong> Teppichbodenstreifen<br />

verkleiden<br />

und das Sitzbrett einfach lose<br />

au�egen. Durch diesen kleinen<br />

Trick haben wir eine Geräuschquelle<br />

ausgeschaltet. Eine weitere<br />

schalten wir aus, indem wir<br />

den Fußboden auch noch <strong>mit</strong><br />

Teppichboden belegen.<br />

9 10<br />

9. JUNGJÄGER WERDEN<br />

NICHT BETREUT<br />

ben. Stattdessen sprechen wir<br />

strikte Verbote aus. Jungjäger<br />

brauchen eine feste Hand! Wir<br />

10. DER ANSITZ DIENT<br />

DEM SELBSTZWECK<br />

Für den, der die <strong>Jäger</strong>prüfung geben ihnen eine Schussentfer- Ansitzjagd ist schön und gut,<br />

bestanden hat, fängt die Lehrzeit nung von maximal 100 Metern man kann es aber auch übertrei-<br />

eigentlich erst an. Dabei sind die vor. Bereits am Tage sollen sie ben. Manche <strong>Jäger</strong> haben pro<br />

frischgebackenen Jungjäger oft ihren Platz im Revier aufsuchen Jahr nur einen Bock frei und<br />

sehr allein. Den Lehrprinzen frü- und sogenannte Markerpunkte wollen das auskosten. Der Bock<br />

herer Jahre, der sich des Jungjä- abschreiten. Sie werden heraus- wird mehrere Male beobachtet,<br />

gers noch ein, zwei Jahre lang �nden, wie weit jene Eiche oder von vorn, von hinten und von<br />

annahm, gibt es heute kaum der Zaun dort drüben entfernt ist. der Seite, morgens, <strong>mit</strong>tags,<br />

noch. Häu�g legt der Jungjäger Nur so lernen sie, die Schussent- abends. Diese Art der Jagdaus-<br />

als erste Jagdbeute gleich einen fernung richtig einzuschätzen. übung bedeutet Jagddruck fürs<br />

Jährlingssechser auf die Decke. Dann sind da noch die ewigen ganze Revier. Wir sollten als<br />

Früher war das kaum möglich. Jungjäger. Nie im Leben werden Revierinhaber darauf bestehen,<br />

Wir mussten erst einmal eine sie das jagdliche Handwerk be- dass der Bock oder Hirsch mög-<br />

Schubkarre Kaninchen schießen, herrschen, ohne dies selbst zu erlichst bald zur Strecke kommt,<br />

bevor wir einen Knopfbock frei kennen. Wenn wir wollen, dass da<strong>mit</strong> wieder Ruhe herrscht im<br />

bekamen. Wir lernten zunächst, Onkel Hubert aus Dingsda einen Busch! Den <strong>Jäger</strong>n bietet sich<br />

was es bedeutet, das Leben eines Bock beim Ansitz erlegt, müssen dann noch ein anderes Betäti-<br />

Wildtieres zu beenden und wel- wir ihn begleiten, ihn anleiten, gungsfeld: Raubwild/-zeug,<br />

che Verantwortung wir da<strong>mit</strong> ihn beruhigen, ohne dass er es Schwarzwild, Hege jeder Art,<br />

tragen. Jagd ist keine Gaudi, merkt, und ihm letztlich Waid- Bau jagdlicher Einrichtungen,<br />

mannsheil wünschen. Pirschwege und so weiter. Ex-<br />

Dass Onkel Hubert treme Auswüchse zum Thema<br />

den richtigen Bock Jagddruck �nden wir in den<br />

erlegt, ist für uns eine Mini-Pirschbezirken der Landes-<br />

größere Herausfordeforsten. Die vergebenen Pirschrung,<br />

als wenn wir bezirke sind oft nur so groß wie<br />

den Bock selbst zur eine Eigenjagd. Das hält die<br />

Strecke bringen. Die Forstamtsleitung nicht davon ab,<br />

Betreuung braucht vom Erlaubnisinhaber einen ho-<br />

Onkel Hubert nicht hen Abschuss beim Rehwild zu<br />

zuletzt wegen des verlangen, teils unter Androhung<br />

Jagd�ebers. Jagd�e- von Sanktionen. Die Folge daber<br />

bedeutet: Adrenavon ist Daueransitz. Rehwild<br />

lin pur. Dieses Stress- fühlt sich in diesen Mini-Pirschhormon<br />

schüttet der bezirken derart gestört, dass es<br />

Körper innerhalb von zum Nachtwild wird. Es kommt<br />

Sekunden aus. Es be- nicht mehr in Anblick, der Verwirkt<br />

höheren Blutbiss erhöht sich, die Abschussdruck,<br />

höheren Pulsforderungen werden noch höher.<br />

schlag und Ankurbe- Die Landesforstverwaltungen<br />

lung der Lungenakti- täten gut daran, keine kleinen<br />

Den Jungjäger, egal wie alt, wird der Erfahrene, egal wie vität. <strong>Alles</strong> Dinge, die Pirschbezirke mehr zu vergeben,<br />

jung, an die Hand nehmen, um Werte zu ver<strong>mit</strong>teln. beim Anbringen eines in denen ihnen teilweise erlegtes<br />

sauberen Schusses Wild präsentiert wird, das aus<br />

sondern anspruchsvolles Hand- nicht zu brauchen sind. Ich ha- anderen Revieren stammt, um<br />

werk, bei dem für Gefühlsdusebe bei Jagdgästen erlebt, dass die Sanktionen zu umgehen. Sie<br />

lei, Status oder Mode kein Platz ihr Körper durch Jagd�eber der- würden besser da<strong>mit</strong> fahren, gro-<br />

ist. 99 Prozent aller Jungjäger art gebeutelt wurde, dass der ße Reviere an eigenverantwort-<br />

betreiben zunächst die Ansitz- ganze Hochsitz wackelte. Hier lich handelnde Pächter abzugejagd.<br />

Nehmen wir sie bitte an die hilft nur der besonnene Jagdfühben. Die sollten ihre Abschuss-<br />

Hand, ver<strong>mit</strong>teln wir ihnen, was rer, der dem Schützen erklärt, pläne selbst aufstellen und den<br />

uns wert und wichtig ist! Lassen dass heute sicher nicht der Tag Wildschaden übernehmen, wie<br />

wir sie von unseren Erfahrungen sein wird, an dem dieser Bock das auch in gemeinschaftlichen<br />

pro�tieren, da<strong>mit</strong> sie nicht unnö- zur Strecke kommt. Ansitzjagd Jagdbezirken fast immer der Fall<br />

tig viele Erfahrungen auf Kosten ist die Hauptjagdart in fast allen ist, möglicherweise über eine<br />

der Wildtiere sammeln müssen! Revieren. Deshalb werden hier zu vereinbarende Jahrespauscha-<br />

Wenn wir Jungjäger an die An- auch die meisten Fehler beganle. Das Wild wäre wieder am<br />

sitzjagd heranführen, dürfen wir gen. Es liegt an uns „alten Ha- Tag aktiv und könnte sich artge-<br />

ihnen keine Empfehlungen gesen”, das zu verhindern. recht verhalten. Werner Siebern<br />

Foto: Archiv JÄGER<br />

3/2009 www.jaegermagazin.de 45

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