Visionen und Perspektiven - Partnerschaft Rheinland-Pfalz-Ruanda ...
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Erst 40 Urteile sprach das<br />
UN-Tribunal in Tansania<br />
gegen die Hauptorganisatoren,<br />
viele der in <strong>Ruanda</strong><br />
verurteilten Täter kommen<br />
inzwischen aus den<br />
Gefängnissen frei.<br />
RUANDA REVUE · 01/2009<br />
Sie sind angeklagt, Herr Präsident!<br />
Ein abschätziges Lächeln<br />
huscht über Paul Kagames<br />
Gesicht. Er sagt: „Dadurch<br />
wollen die Franzosen von ihrer<br />
eigenen Mitschuld am Völkermord<br />
ablenken: Wir haben<br />
nichts damit zu tun, es sind die<br />
Afrikaner, die sich gegenseitig<br />
umbringen… Ein französischer<br />
Dorfrichter glaubt, seine Gerichtsbarkeit<br />
auf ein souveränes<br />
Land ausdehnen zu können.<br />
Stellen Sie sich vor, ein<br />
ruandischer Dorfrichter würde<br />
einen europäischen Präsidenten<br />
anklagen!”<br />
„Wir Afrikaner nehmen<br />
Europas Arroganz nicht<br />
mehr hin“<br />
Kagame lacht, um seinen Ärger<br />
zu überspielen. Zum Inhalt<br />
der Anklage schweigt er. „Ein<br />
Dorfrichter aus Frankreich!<br />
Wir Afrikaner nehmen diese<br />
Arroganz nicht mehr hin, wir<br />
halten dagegen.” Und die Verstrickung<br />
Ihres Landes in den<br />
Kongokrieg? Der kongolesische<br />
Präsident Joseph Kabila<br />
beschuldigt Ihre Regierung, eine<br />
Invasion zu planen. „Kabila<br />
wird von der internationalen<br />
Gemeinschaft behandelt wie<br />
ein verwöhntes Kind. Ich bin<br />
nicht verantwortlich dafür,<br />
dass er sein Land nicht regiert.<br />
Seit 14 Jahren sind die geflohenen<br />
Völkermörder im Kongo,<br />
der Weltgemeinschaft ist das<br />
bekannt, aber sie tut nichts dagegen.<br />
Kabila hat ein Abkommen<br />
unterzeichnet, die Völkermörder<br />
zu entwaffnen, doch<br />
er tut genau das Gegenteil: Er<br />
bewaffnet sie.”<br />
Kabila behauptet, Sie würden<br />
insgeheim die kongolesischen<br />
Tutsi-Rebellen von General<br />
Laurent Nk<strong>und</strong>a unterstützen.<br />
„Ganz ehrlich: Nk<strong>und</strong>a<br />
braucht doch keine Waffen<br />
von <strong>Ruanda</strong>. Er holt sie sich<br />
aus den kongolesischen Militärkasernen,<br />
die er erobert<br />
hat.” Kagame klingt sehr verärgert.<br />
„Nk<strong>und</strong>a <strong>und</strong> seine<br />
Truppe sind ein rein kongolesisches<br />
Problem, damit haben<br />
wir überhaupt nichts zu tun.”<br />
Ein dunkles Kapitel, über das<br />
er nicht mehr reden will. Im<br />
nächsten Moment schaltet der<br />
Präsident wieder auf Gleichmut<br />
um. Immer wieder kommt<br />
er auf die helle Zukunft zu<br />
sprechen, als müsse sein Denken<br />
eine neue Richtung nehmen.<br />
Erinnert er sich an den<br />
Völkermord, dann führt er<br />
diese Gedanken weit von sich<br />
weg, klagt die Welt an, tatenlos<br />
zugesehen zu haben, <strong>und</strong> zieht<br />
sich am Ende auf den Satz zurück:<br />
„Uns Afrikanern wird<br />
eben ein geringerer menschlicher<br />
Wert beigemessen”. Eine<br />
St<strong>und</strong>e nimmt er sich für das<br />
Gespräch Zeit, er hört aufmerksam<br />
zu <strong>und</strong> antwortet<br />
präzise. Manchmal entsteht<br />
eine seltsame Nähe, ein Gefühl<br />
der Vertrautheit, als säße da<br />
ein Fre<strong>und</strong>, dessen Sorgen man<br />
teilt. Aber schon im nächsten<br />
Moment blitzt jener andere<br />
Kagame auf, der arrogante,<br />
unheimliche Offizier, der generalstabsmäßig<br />
ein Regierungsprogramm<br />
durchzieht,<br />
in dem Widerspruch nicht geduldet<br />
wird. Werden Sie von<br />
der Furcht getrieben, dass sich<br />
der Völkermord wiederholen<br />
könnte, Herr Präsident? „Es<br />
soll nie wieder geschehen”,<br />
sagt Kagame. „Also dürfen<br />
die Fehler der Vergangenheit<br />
nicht wiederholt werden. Das<br />
ist unsere Bestimmung, ich<br />
werde dabei nicht von Furcht<br />
getrieben.” Aber es ist in Ihrem<br />
Land verboten, von Hutu<br />
<strong>und</strong> Tutsi zu sprechen. „Nein.<br />
Ich nenne mich selber einen<br />
Tutsi. Wenn ich aber sage,<br />
dass mir durch meine Ethnizität<br />
mehr Rechte zustehen,<br />
wenn ich also diskriminierend<br />
entscheide, mache ich mich<br />
strafbar.” Nie wieder darf der<br />
völkische Hass auflodern –das<br />
ist die oberste Maxime von<br />
Kagames Politik. Man kann<br />
sie nur auf dem Hintergr<strong>und</strong><br />
des Völkermords verstehen.<br />
Erst 40 Urteile sprach das UN-<br />
Tribunal in Tansania gegen die<br />
Hauptorganisatoren, viele der<br />
in <strong>Ruanda</strong> verurteilten Täter<br />
kommen inzwischen aus den<br />
Gefängnissen frei. Und sie sind<br />
noch da, die Unversöhnlichen,<br />
die bis zum heutigen Tage Fememorde<br />
an Zeugen verüben,<br />
<strong>und</strong> die Hutu-Milizen, die in<br />
den Urwäldern des Nachbarlandes<br />
Kongo die dortige Zivilbevölkerung<br />
terrorisieren <strong>und</strong><br />
<strong>Ruanda</strong> zurückerobern wollen.<br />
Die génocidaires, ein ungelöstes<br />
Folgeproblem der ruandischen<br />
Tragödie, gehören<br />
neben den Stammesmilizen,<br />
Kriegsfürsten <strong>und</strong> Kindersoldaten<br />
zu den Gewalttätern, die<br />
das unregierbare Staatswrack<br />
Kongo beherrschen. (…)<br />
„Wir werden es schaffen,<br />
unsere Elite will sich nicht<br />
bereichern“<br />
<strong>Ruanda</strong> war einmal eine deutsche<br />
Kolonie, deswegen gehört<br />
das Land zu den Lieblingen der<br />
deutschen Entwicklungshilfe.<br />
Das war schon vor dem Völkermord<br />
so. Seit 1962 summierten<br />
sich die Leistungen der Bun-