¨Ubungen zur Kern- und Teilchenphysik I
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Prof. Dr. L. Oberauer 09.01.2008<br />
Prof. Dr. W. Hollik<br />
1. Beschleuniger<br />
Übungen <strong>zur</strong> <strong>Kern</strong>- <strong>und</strong> <strong>Teilchenphysik</strong> I<br />
Wintersemester 2007/08 · Blatt 10<br />
(a) Der Elektron-Positron-Speicherring LEP des CERN bei Genf (Krümmungsradius der Ab-<br />
lenkmagnete 3 km) wurde im Jahr 2000 bei einer Schwerpunktsenergie von 208 GeV be-<br />
trieben. Wie stark muss das Magnetfeld für die Strahlführung sein? Welchen Energie-<br />
verlust pro Umlauf erleidet ein Strahlteilchen durch die Synchrotronstrahlung? Welche<br />
Beschleunigungsspannung müsste installiert werden, um eine Schwerpunktsenergie von<br />
800 GeV zu halten?<br />
Lösung:<br />
Allgemeines <strong>zur</strong> Synchrotronstrahlung vorweg:<br />
• beschleunigte Ladungen strahlen elektromagnetische Wellen ab<br />
• Vorhersage durch Lienard (1898)<br />
• erste Beobachtung 1947 an 70 MeV Elektronen-Synchrotron von General Electrics (USA)<br />
Formel für die Strahlungsleistung einer beschleunigten Ladung:<br />
PS =<br />
mit dt = γdτ.<br />
e 2 c<br />
6πɛ0(m0c 2 ) 2<br />
�� �2 d�p<br />
−<br />
dτ<br />
1<br />
c2 � � �<br />
2<br />
dE<br />
dτ<br />
Spezialfälle, wenn Beschleunigung � <strong>zur</strong> Bewegungsrichtung bzw. ⊥ <strong>zur</strong> Bewegungsrichtung<br />
erfolgt.<br />
Kreisbahn im Magnetfeld:<br />
Lorentzkraft = Zentrifugalkraft<br />
evB = mv2<br />
r<br />
B = mv m0γv<br />
=<br />
er er<br />
Berechne v <strong>und</strong> γ aus der Energie der Elektronen bzw. Positronen:<br />
E = 104 GeV = γm0c 2<br />
γ = E<br />
v = c<br />
E0<br />
�<br />
= 104 GeV<br />
511 keV<br />
1 − 1<br />
� c<br />
γ2 = 2.04 · 105<br />
Einsetzen liefert die erforderliche Magnetfeldstärke:<br />
B = m0γv<br />
er<br />
= 511 keV · 2.04 · 105<br />
e · 3000 m · 3 · 10 8 m<br />
s<br />
= 1.16 · 10 −1 T
Energieverlust durch Synchrotronstrahlung im Speicherring, abgestrahlte Leistung:<br />
PS =<br />
e2c 6πε0(m0c2 ) 4<br />
E4 R2 ergibt Energieverlust<br />
=� pro Umlauf für ein Elektron/Positron (v = c):<br />
2πR<br />
∆E PSdt = PS<br />
βc =<br />
e2 3ɛ0(m0c2 ) 4<br />
E4 R<br />
∆E[keV] = 88.5 (E[GeV])4<br />
R[m]<br />
⇒ ∆E = 3.45 GeV<br />
Diese Energie muss den Teilchen bei jedem Umlauf durch Nachbeschleunigung wieder zugeführt<br />
werden.<br />
Bei 800 GeV wären die Abstrahlungsverluste für Elektronen:<br />
∆E = 1.2 · 10 13 eV<br />
Das ist weitaus größer als die tatsächliche Energie der Teilchen, völlig unrealistisch. Die dafür<br />
nötige Beschleunigungsspannung beträgt 1.2 · 10 13 V.<br />
(b) Zur Zeit wird im LEP Tunnel der Proton-Proton-Collider LHC aufgebaut, der eine Schwer-<br />
punktsenergie von 14 TeV erreichen soll. Wie groß sind hier die Synchrotronstrahlungs-<br />
verluste pro Umlauf? Wie stark muss das Feld der Ablenkmagnete sein?<br />
Lösung:<br />
Die Verluste durch Synchrotronstrahlung skalieren mit 1/m 4 . Daher sind die Verluste für Pro-<br />
tonen bei gleicher Energie einen Faktor (me/mp) 4 = 8.8 · 10 −14 kleiner als für Elektronen. Für<br />
Protonen mit einer Energie von 7 TeV beträgt der Energieverlust pro Umlauf<br />
∆E = 6.2 keV<br />
Das Magnetfeld, um die Protonen bei diesen hohen Energien auf der Kreisbahn zu halten, muss<br />
allerdings sehr stark sein:<br />
E = 7 TeV, γ = E<br />
=<br />
E0<br />
7 TeV<br />
= 7.46 · 103<br />
938 MeV<br />
�<br />
v = c 1 − 1<br />
� c<br />
γ2 B = m0γv<br />
= 7.8 T<br />
er<br />
Solche Magnetfeldstärken lassen sich nur mit supraleitenden Magnetspulen erreichen.<br />
(c) Am geplanten Elektron-Positron Linear Collider TESLA soll mit Hilfe von zwei gegen-<br />
einander gerichteten Beschleunigungsstrecken von je 12 km Länge eine Schwerpunkts-<br />
energie von 800 GeV erreicht werden. Wie groß muss der Energiegewinn pro Länge dE/dx<br />
sein? Wieviel Teilchenergie geht dabei in Form von Synchrotronstrahlung verloren?<br />
Lösung:<br />
Energiegewinn pro Länge:<br />
dE<br />
dx<br />
= 400 GeV<br />
12 km<br />
= 3.33 · 107 eV<br />
m<br />
= 33.3 MeV<br />
m
Energieverlust durch Synchrotronstrahlung bei linearer Beschleunigung:<br />
PS =<br />
e 2 c<br />
6πε0(m0c 2 ) 2<br />
� dp<br />
dt<br />
Bei linearer Beschleunigung gilt für relativistische Teilchen<br />
dp<br />
dt<br />
<strong>und</strong> somit<br />
PS =<br />
= dE<br />
dx<br />
e 2 c<br />
6πε0(m0c 2 ) 2<br />
� 2<br />
� �2 dE<br />
dx<br />
Zahlenwerte für TESLA eingesetzt liefert:<br />
PS = 2 · 10 −16 W<br />
vernachlässigbar klein, unabhängig von der Energie der Teilchen.<br />
Der gesamte<br />
=� Energieverlust<br />
=� ergibt sich (Annahme: v = c):<br />
dx x<br />
∆E PSdt PS = PS<br />
c c = 8 · 10−21 J = 50 meV<br />
2. Strahlfokussierung<br />
In einem Speicherring für Elektronen werden werden <strong>zur</strong><br />
Strahlfokussierung Quadrupolmagnete eingesetzt.<br />
Für den Feldverlauf eines solchen Quadrupols gilt<br />
Bx = b0y, By = b0x, Bz = 0 (b0 = const.).<br />
Die Flugrichtung der Teilchen sei in Richtung der z-Achse.<br />
(a) Zeigen Sie, dass ein Quadrupolmagnet in einer Ebene fokussierend <strong>und</strong> in der anderen<br />
Ebene defokussierend wirkt.<br />
Lösung:<br />
Annahme: die Bewegung der Teilchen erfolgt vor dem Eintritt ins Magnetfeld parallel <strong>zur</strong> z-<br />
Achse �v = (0, 0, v), Eintrittspunkt in das Magnetfeld bei (x1, y1, 0). Im Magnetfeld wirkt auf die<br />
Teilchen die Lorentzkraft � FL = q�v × � B,<br />
in x-Richtung<br />
Fx = −qvBy = −qvb0x<br />
in y-Richtung<br />
Fy = qvBx = qvb0y<br />
Damit ergibt sich für Elektronen (q = −e) in x-Richtung eine defokussierende, in y-Richtung eine<br />
fokussierende Wirkung; der Austrittspunkt aus dem Quadrupol liegt bei (x2, y2, l) mit |x2| > |x1|<br />
<strong>und</strong> |y2| < |y1|. (umgekehrt für Positronen).
(b) Geben Sie die Brennweite f eines Quadrupolmagneten abhängig von seiner Länge l (in<br />
Strahlrichtung) <strong>und</strong> dem Teilchenimpuls p an. Welcher Wert für f ergibt sich für b0 =<br />
5 T/m <strong>und</strong> eine Länge von l = 30 cm für Elektronen mit E = 50 GeV?<br />
Lösung:<br />
Definition der Brennweite einer Linse: parallel einfallende Strahlen treffen sich im Brennpunkt.<br />
Ablenkwinkel α, tan α = x<br />
x<br />
f , für kleine Winkel tan α = α = f .<br />
Näherung für dünne Linsen: x, y bleiben innerhalb der Linse konstant, d.h. auch die ablenkende<br />
Kraft ist konstant.<br />
α = | ∆p<br />
p | = |�F<br />
l<br />
dt F v eb0xl<br />
| = | | =<br />
p p p<br />
f = x p 50 GeV/c<br />
= = = 111 m<br />
α eb0l e 5 T/m 0.3 m<br />
(c) Wie kann man eine Fokussierung des Teilchenstrahls in beiden Ebenen erreichen?<br />
Lösung:<br />
Kombination von zwei Quadrupolmagneten, die um 90 ◦ gegeneinander verkippt sind.<br />
Geometrische Optik: Kombination aus Sammel- <strong>und</strong> Zerstreuungslinse gleicher Brennweite:<br />
f2 = −f1<br />
Abstand L (L < f)<br />
Gesamtbrennweite<br />
1<br />
fges<br />
= 1<br />
+<br />
f1<br />
1<br />
−<br />
f2<br />
L<br />
f1f2<br />
= L<br />
f 2 1<br />
> 0<br />
Insgesamt erreicht man in jedem Fall eine Fokussierung.<br />
Fokussierung eines Linsensystems in beiden Ebenen<br />
L<br />
Horizontale Ebene<br />
Vertikale Ebene