ZAK, Ausgabe April 10 (pdf - 5 MB) - Arbeiterkammer
ZAK, Ausgabe April 10 (pdf - 5 MB) - Arbeiterkammer
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nr. 4/<strong>April</strong> 20<strong>10</strong><br />
www.akstmk.at<br />
P.b.b. – Erscheinungsort Graz<br />
Verlagspostamt 8020 Graz<br />
GZ03Z034962M<br />
<strong>ZAK</strong><br />
Produktionsschulen<br />
Wie Jugendliche ohne<br />
Lehrstelle in Graz den<br />
Sprung ins Berufsleben<br />
proben.<br />
Seiten 8/9<br />
die Zeitung der KAmmer FÜr ArBeiter und AngeSteLLte FÜr SteiermArK<br />
Betriebskindergärten<br />
Kinder am Arbeitsplatz<br />
– gut betreut und doch<br />
ganz in der Nähe der<br />
Eltern.<br />
Seiten 12/13<br />
Vorreiter voestalpine<br />
Nach Linz soll auch<br />
im voest-Stahlwerk in<br />
Donawitz künftig um 4,1<br />
Wochenstunden weniger<br />
gearbeitet werden. Das<br />
AMS federt vorerst den<br />
Einkommensverlust der<br />
Stahlkocher auf 3,5<br />
Prozent ab.<br />
Seiten 2/3<br />
tatort Zug<br />
Beschimpft und bedroht: Viele<br />
Verkehrsbedienstete klagen über<br />
gewaltbereite Fahrgäste.<br />
Seite 5<br />
Modelagenturen<br />
Dubiose Agenturen<br />
locken jungen Leuten<br />
viel Geld aus der Tasche<br />
– und bieten wenig.<br />
Seite 15<br />
A Card
poLitiK<br />
2 <strong>ZAK</strong> <strong>ZAK</strong> 3<br />
Die Stahlkocher arbeiten künftig um zehn Prozent weniger und nehmen auch Einkommensnachteile in Kauf. (Hans Klaus Techt/APA/PictureDesk.com)<br />
das wichtigste Ziel:<br />
Beschäftigung sichern<br />
„Arbeitszeitverkürzung kann helfen, das wichtigste Ziel<br />
zu erreichen: Beschäftigung zu sichern“, ist Arbeits- und<br />
Sozialminister Rudolf Hundstorfer überzeugt.<br />
Es gehe um „Solidarität in<br />
der Krise, um Umverteilung<br />
bezahlter Arbeit zwischen<br />
Beschäftigten, die etwa dauerhaf<br />
t viele Ü berstunden<br />
leisten, und arbeitslosen Menschen<br />
oder solchen, die gerne<br />
Vollzeit statt Teilzeit arbeiten<br />
würden“, bekennt sich Hundstorfer<br />
zu einer Neuverteilung<br />
der Arbeitszeit. Verkürzung<br />
und Umverteilung der Arbeit<br />
seien aber nicht nur aus beschäftigungs-,<br />
sondern auch<br />
aus gesundheitspolitischen<br />
Gründen geboten: „Als konkrete<br />
Ansatzpunkte sehe ich<br />
arbeitszeitpolitische Maßnahmen,<br />
die auf Überstundenabbau,<br />
die Ausweitung<br />
der Bildungsurlaube, aber<br />
auch die Forcierung neuer, gesundheitsfördernderSchichtmodelle<br />
zielen. Da können natürlich<br />
Förderungen helfen,<br />
um die finanziellen Folgen<br />
einer Arbeitszeitverkürzung<br />
abzufedern.“ Die Kurzarbeit<br />
und das Solidaritätsprämienmodell<br />
seien gute Beispiele<br />
dafür.<br />
Die voestalpine habe eine<br />
wichtige Vorbildfunktion bei<br />
der Umsetzung innovativer<br />
Arbeitszeitmodelle und sei<br />
daher auch ein wichtiger<br />
Partner bei der Umsetzung<br />
von Fördermodellen: „Dies<br />
zeigt sich etwa am Beispiel<br />
des Solidaritätsprämienmodells,<br />
das in der voestalpine<br />
schon seit Jahren erfolgreich<br />
gelebt wird.“ Grundgedanke<br />
sei die Umverteilung des<br />
Gutes „Arbeit“: Durch die<br />
Reduzierung der Normalarbeitszeit<br />
mehrerer Beschäftigter<br />
wird die so „gewonnene“<br />
Arbeitszeit zur Einstellung<br />
Arbeitsloser genutzt.<br />
Wie steht die Belegschaftsvertretung<br />
zur Arbeitszeitverkürzung?<br />
Arbeitszeitverkürzung ist nicht<br />
zuletzt aufgrund der Wirtschaftskrise<br />
ein topaktuelles<br />
Thema. Die bestehende Arbeit<br />
auf mehr Menschen aufzuteilen<br />
ist eine Möglichkeit für Betriebsrat<br />
und Gewerkschaften,<br />
nicht nur bestehende Beschäftigung<br />
zu erhalten, sondern<br />
auch zur Schaffung von neuen<br />
Arbeitsplätzen beizutragen.<br />
Arbeitsplätze vernichten eh<br />
andere.<br />
Kann das modell der voestalpine<br />
Schule machen?<br />
Dieses Modell ist mit den notwendigen<br />
betriebsspezifischen<br />
Adaptierungen jedenfalls auf<br />
Betriebe mit vollkontinuier-<br />
<strong>ZAK</strong> interview<br />
josef gritz<br />
BRV voestalpine Stahl Donawitz<br />
Arbeit aufteilen<br />
lichem Schichtbetrieb umlegbar.<br />
Was die voestalpine<br />
betrifft, wäre das in der Steiermark<br />
neben der voestalpine<br />
Stahl Donawitz auch Böhler<br />
Edelstahl in Kapfenberg.<br />
Wie schätzen Sie die einstellung<br />
der Belegschaft zu<br />
diesem modell ein?<br />
Ich bin davon überzeugt, dass<br />
die überwiegende Mehrheit<br />
der betroffenen Kollegen – bei<br />
uns arbeiten rund 650 der insgesamt<br />
1.300 Beschäftigten im<br />
Schichtbetrieb – die Vorteile<br />
der gewonnenen Freizeit und<br />
der geringeren Gesundheitsbelastung<br />
zu schätzen weiß.<br />
In Linz, wo das Modell bereits<br />
seit längerer Zeit erprobt wird,<br />
beträgt der Zustimmungsgrad<br />
mittlerweile 95%.<br />
poLitiK<br />
Einkommensverlust durch „Solidaritätsprämie“ verringert<br />
voestalpine Stahl setzt auf<br />
kürzere Wochenarbeitszeit<br />
Spätestens seit der Wirtschaftskrise ist Arbeitszeitverkürzung zur besseren Verteilung<br />
der Arbeit wieder modern. Die voestalpine übernimmt als größter österreichischer<br />
Industriebetrieb eine Vorreiterrolle.<br />
Eine substanzielle Verkürzung<br />
der Wochenarbeitszeit<br />
bei möglichst geringen Einkommensverlusten<br />
für die<br />
betroffenen Arbeitnehmer,<br />
die für das Unternehmen<br />
kostenneutral ist: Was nach<br />
einer Quadratur des Kreises<br />
klingt, ist für rund 500 Mitarbeiter<br />
der voestalpine Stahl in<br />
Linz bereits Realität und soll<br />
nun auch bei der voestalpine<br />
Stahl Donawitz – vorerst in<br />
einem Pilotprojekt für rund<br />
50 Beschäftigte – in die Tat<br />
umgesetzt werden.<br />
AMS federt Verluste ab<br />
Eine wichtige Rolle übernimmt<br />
dabei das Arbeitsmarktservice,<br />
das die mit der<br />
Arbeitszeitverkürzung verbundenenEinkommensnachteile<br />
durch eine Ausweitung<br />
des so genannten Solidaritätsprämienmodells<br />
abfedert.<br />
Konkret soll die wöchentliche<br />
Arbeitszeit durch den Umstieg<br />
auf einen Fünfschichtbetrieb<br />
von derzeit 38,5 auf<br />
34,4 Stunden, also um rund<br />
<strong>10</strong>% gekürzt werden. Die<br />
unmittelbar spürbaren Einkommensverluste<br />
betragen<br />
lediglich 3,5%, den Rest trägt<br />
für zweieinhalb Jahre das<br />
AMS bei. Wobei die Solidaritätsprämie<br />
allerdings<br />
schrittweise im Ausmaß der<br />
zu erwartenden Kollektiv-<br />
<strong>ZAK</strong> zitat<br />
„Belastung verringert<br />
durch weniger<br />
Nachtschichten“<br />
BRVStv. Franz Jantscher<br />
vertragserhöhungen sinkt.<br />
Auch für den Fall, dass die<br />
KV-Erhöhungen nicht den<br />
Erwartungen entsprechen, ist<br />
vorgesorgt. Dann springt das<br />
Unternehmen ein, damit der<br />
nominelle Einkommensverlust<br />
nie mehr als die anfänglichen<br />
3,5% beträgt.<br />
Real ist der Einkommensverlust<br />
auf Sicht natürlich<br />
höher, da die betroffenen<br />
Arbeitnehmer aufgrund der<br />
Verminderung der Solidaritätsprämie<br />
mindestens zwei<br />
KV-Erhöhungen nicht spüren,<br />
räumt BRVStv. Franz Jantscher<br />
ein.<br />
Längere Freizeitblöcke<br />
Jantscher, der das Projekt<br />
für den Betriebsrat begleitet,<br />
streicht aber die Vorteile für<br />
die Arbeitnehmer heraus:<br />
„Längere Freizeitblöcke zwischen<br />
den Schichten – vier<br />
statt bisher zwei Tage – bringen<br />
wesentlich mehr Zeit zur<br />
Erholung und für die Familie<br />
sowie eine bessere Vereinba<br />
rkeit mit dem sozialen<br />
Umfeld.“<br />
Ein weiterer Vorteil sei die<br />
Tatsache, dass deutlich weniger<br />
Nachtschichten anfallen:<br />
„Nachtschicht ist sehr belastend.<br />
Eine deutliche Verringerung<br />
dieser Belastungen<br />
führt zu einer Verringerung<br />
der Gesundheitsrisiken“, ist<br />
Jantscher überzeugt.<br />
berndt.heidorn@akstmk.at<br />
Der Einkommensverlust beträgt in den ersten zweieinhalb Jahren nur 3,5 Prozent. (Techt/APA/PictureDesk.com)<br />
Walter Rotschädl<br />
AK-Präsident<br />
Zur SACHe<br />
Auf dem Arbeitsmarkt ist<br />
die Krise noch lange nicht<br />
vorbei, darin sind sich alle<br />
Experten einig. Neben den<br />
vordergründigen Arbeitsmarktdaten<br />
gilt es aber<br />
auch Entwicklungen zu beachten,<br />
die durch die Krise<br />
zumindest beschleunigt<br />
wurden. So müssen wir davon<br />
ausgehen, dass in der<br />
Sachgütererzeugung jeder<br />
zehnte Arbeitsplatz verloren<br />
ArBeitSZeit<br />
gegangen ist, und zwar unwiderruflich.<br />
Nicht zuletzt<br />
aufgrund dieser Entwicklung<br />
stellt sich die Frage der Arbeitszeit<br />
neu.<br />
Tatsache ist, dass Österreich<br />
„Überstundenweltmeister“<br />
ist. Ein sehr sensibles Thema,<br />
da viele ihren Lebensstandard<br />
nach ihrem aktuellen<br />
Einkommen bestimmen<br />
– und dazu gehören eben<br />
auch die Überstunden. Überstunden<br />
haben aber auch<br />
eine Kehrseite: nämlich die<br />
gesundheitliche Belastung.<br />
Eine Diskussion über die Verteilung<br />
der Arbeit ist unumgänglich.<br />
Zumindest wenn<br />
wir nicht wollen, dass immer<br />
mehr von einer unfreiwilligen<br />
Arbeitszeitverkürzung<br />
betroffen sind: in Form von<br />
Teilzeitarbeit, prekären Arbeitsverhältnissen<br />
oder in<br />
Form der „Arbeitszeit null“,<br />
also der Erwerbslosigkeit.
poLitiK<br />
ArBeit & reCHt<br />
4 <strong>ZAK</strong> <strong>ZAK</strong> 5<br />
Bankenpaket - ein gutes Geschäft<br />
„Das Bankenpaket ist ein gutes Geschäft für die Steuerzahler“, sagt der Finanzminister. Bei genauerem Hinsehen entpuppt<br />
sich das Paket tatsächlich als gutes Geschäft, allerdings für die betroffenen Banken.<br />
Begründet wird die Behauptung<br />
vom „guten Geschäft<br />
für den Steuerzahler“ mit der<br />
Dividende, zu deren Zahlung<br />
jene Banken verpfl ichtet wurden,<br />
die sogenanntes Partizipationskapital<br />
des Staates in<br />
Anspruch genommen haben.<br />
Tatsächlich haben diese Dividenden<br />
im abgelaufenen Jahr<br />
in Summe immerhin 263,5<br />
Millionen Euro ausgemacht.<br />
<strong>ZAK</strong> zitat<br />
„Bankensteuer dient<br />
zur Bewältigung<br />
neuer Finanzkrisen“<br />
AK-Präsident Walter Rotschädl<br />
Dieser Summe stehen allerdings<br />
die Refi nanzierungskosten<br />
gegenüber, da der Staat die<br />
knapp sechs Milliarden Euro<br />
Partizipationskapital nicht<br />
fl üssig hatte, sondern selbst<br />
auf dem Markt aufnehmen<br />
musste. Stellt man nun diese<br />
Refinanzierungskosten den<br />
Dividenden gegenüber, bleiben<br />
von dem „guten Geschäft<br />
für den Steuerzahler“ am Beispiel<br />
des Jahres 2009 gerade<br />
noch magere 42,6 Millionen<br />
Euro übrig (siehe Grafi k).<br />
Eigenkapital<br />
Für die Banken ist das<br />
staatliche Partizipationskapital<br />
hingegen billigesEigenkapi-<br />
tal. Vor dem Hintergrund,<br />
dass der<br />
Marktpreis für<br />
E i g e n k a p i t a l<br />
z u m Zeitpu n k t<br />
des Bankenpakets<br />
15% betragen hatte,<br />
dem Staat aber nur<br />
eine Dividende von 8<br />
bzw. 9,3% gezahlt werden<br />
muss, ersparen sich die<br />
betroffenen Banken immerhin<br />
265,1 Millionen Euro pro<br />
Jahr. In diesen Betrag sind<br />
allerdings die Hypo Alpe Adria<br />
und die Volksbanken AG<br />
noch gar nicht eingerechnet,<br />
die ohne das Staatskapital<br />
schlicht zahlungsunfähig gewesen<br />
wären.<br />
Bankensteuer<br />
Dazu kommt, dass die Banken<br />
in den „Boomjahren“ vor der<br />
großen Krise gut verdient haben.<br />
Im letzten Jahrzehnt sind<br />
die Gewinne der Banken geradezu<br />
explodiert, die durchschnittliche<br />
Steuerbelastung<br />
ist aber gesunken. Im Jahr<br />
2007, dem letzten „Vor-Krisen-<br />
Jahr“, steht einem Jahresüberschuss<br />
von 5,1 Milliarden<br />
Euro eine Körperschaftssteuerleistung<br />
von 346 Millionen<br />
Euro gegenüber,<br />
das ist eine Steuerbelastung<br />
von gerade einmal 6,8%. Vor<br />
diesem Hintergrund ist für<br />
AK-Präsident Walter<br />
Rotschädl<br />
eine Bankensteuer<br />
mehr als<br />
nur gerechtfertigt:<br />
„Auf Dauer kann<br />
es nicht sein, dass<br />
in guten Zeiten die<br />
Aktionäre abkassieren<br />
und in schlechten<br />
Zeiten die Steuerzahler<br />
einspringen müssen.<br />
Ich interpretiere eine<br />
Ba n k en s teuer<br />
als eine Art Versicherungsleistung<br />
der Banken<br />
für die Be-<br />
wältigung eventueller neuer<br />
Finanzkrisen.“ Das Ansinnen<br />
mancher Bank-Lobbyisten,<br />
eine Bankensteuer auf die<br />
Kunden zu überwälzen, weist<br />
Rotschädl unter Hinweis auf<br />
die enormen Gewinne<br />
vor der<br />
„großen Krise“<br />
strikt zurück.<br />
Auf dem Handrücken<br />
ausgedrückte Zigaretten,<br />
Schläge, Bespucken,<br />
Beschimpfen, Bedrohen:<br />
Ungeheuerlich, was Angestellte<br />
öffentlicher Verkehrsbetriebe<br />
im Alltag erleiden.<br />
Sie fühlen sich sowohl von<br />
der Polizei als auch von der<br />
Gesellschaft „übrig- und<br />
allein gelassen“.<br />
ÖBB-Zugbegleiter Wolfgang Lang: „Muss ich jetzt schon mein Leben riskieren?“ (Fotos: Fritz Langmann)<br />
tatort Tram und Zug<br />
Die Gewerkschaft vida will<br />
helfen und tut es. Dabei käme<br />
es im Alltag auf uns alle an.<br />
Sie alle, nämlich die Bus- und<br />
Tramwayfahrer und die Zugbegleiter,<br />
registrieren ständig<br />
eine allgemeine Verrohung<br />
der Sitten. Eine Zunahme von<br />
schlechtem Benehmen und<br />
von Gewalt. Sie müssten sich<br />
schon von Schulkindern befl<br />
egeln und bespucken lassen.<br />
Dies sei ihr Alltag.<br />
Und sie haben keinerlei Handhabe<br />
dagegen. Die verbietet<br />
ihnen das Gesetz. Sie dürfen<br />
nach solchen Vorkommnissen<br />
halt einen Bericht schreiben.<br />
Nach dem Dienst. Und die<br />
alltäglichen Exzesse werden<br />
währenddessen immer<br />
schlimmer.<br />
Schwarzfahrer zog Pistole<br />
Als Wolfgang Lang – er ist<br />
seit 21 Jahren Zugbegleiter bei<br />
den ÖBB – einen chronischen<br />
Schwarzfahrer in Wiener Neustadt<br />
„aus dem Zug gestellt“<br />
hat, zog dieser eine Pistole und<br />
versprach ihm den Tod. Das ist<br />
dann doch glimpfl ich ausgegangen.<br />
Sonst ist Lang schon<br />
mehrmals mit Messern bedroht<br />
worden. „Ach, das zähle<br />
ich schon gar nicht mehr.“ So<br />
etwas scheint inzwischen alltäglich<br />
und normal geworden<br />
zu sein. Wie auch die Tritte<br />
ins Schienbein, die man in<br />
diesem Beruf bei Gelegenheit<br />
kassiert. Wolfgang Lang fragt:<br />
„Muss ich jetzt schon mein<br />
Leben riskieren, nur weil ich<br />
Brot und Miete verdienen<br />
will?“<br />
Beleidigungen & Bierdusche<br />
Karin Mondschein, seit 19 Jahren<br />
bei den Grazer Verkehrsbetrieben<br />
und alles andere<br />
als eine scheue Jammerliese,<br />
sondern eher eine gestandene<br />
und tapfere Frau, hat es als<br />
Tramwayfahrerin satt, von<br />
Besoffenen unentwegt beleidigt<br />
und mit Bier beschüttet<br />
zu werden. „Früher hat es das<br />
ab und zu gegeben, jetzt ist es<br />
extrem. Es ist Alltag.“ Sie sieht<br />
keinen anderen Ausweg als<br />
Polizei in der Tramway. Traurig,<br />
dass man so reden müsse,<br />
durchaus, natürlich, aber wo<br />
bitte sei die Alternative? Ihrer<br />
Kollegin hätte ein Irrer die<br />
Zigarette auf dem Handrücken<br />
ausgedrückt, nachdem sie gesagt<br />
hatte, in der Tramway sei<br />
das Rauchen nicht gestattet.<br />
Fahrgäste schauen weg<br />
Und der GVB-Busfahrer Peter<br />
Holzer erzählt: „Sie glauben<br />
gar nicht, wie lange die Leute<br />
beim Fenster hinausschauen<br />
können, wenn ein Fahrer attackiert<br />
wird! Da haben alle, die<br />
es sonst sooo eilig haben, auf<br />
einmal Geduld. Und nachher,<br />
GVB-Lenkerin Karin Mondschein:<br />
extremer Alltag.<br />
wenn der Irre ausgestiegen ist,<br />
werden sie mutig.“ Er selbst<br />
ist mit einem abgebrochenen<br />
Scheibenwischer am Kopf<br />
verletzt worden. Niemand ist<br />
ihm beigestanden, niemand.<br />
Deshalb verweist er auf das<br />
New Yorker Konzept und<br />
fordert: „Null Toleranz – und<br />
ständige Kontrolle! Dann wird<br />
die Stadt wieder lebenswert.“<br />
Beim Reden mit diesen Kollegen<br />
fällt auf: Sie fühlen sich<br />
allein- und übriggelassen.<br />
vida bietet Hilfe an<br />
ÖGB-Landesvorsitzender und<br />
GVB-BRV Horst Schachner<br />
kennt den alarmierenden<br />
Umstand, dass jeder Zweite im<br />
Verkehrssektor schon einmal<br />
eine persönliche Gewalterfahrung<br />
gemacht hat: „Die<br />
Betroffenen sollen wissen,<br />
dass sie immer zu uns kommen<br />
können! Wir helfen, wie<br />
wir können.“<br />
In Ostösterreich startet vida<br />
eine psychosoziale Erstberatung,<br />
außerdem werden BetriebsrätInnen<br />
Kurse in Konfl<br />
iktmanagement angeboten.<br />
Mathias Grilj
6 <strong>ZAK</strong> geSundHeit BiLdung<br />
<strong>ZAK</strong> 7<br />
Voll V tal<br />
Zeit für Vitamine<br />
Der Frühling ist da, und damit beginnt die ideale Zeit, Vitaminspeicher, die über den Winter<br />
etwas „gelitten“ haben, wieder aufzufüllen.<br />
Warum sooo viel Grünzeug?<br />
Obst und Gemüse sind vollgepackt<br />
mit Vitaminen, Mineralstoffen<br />
und sekundären<br />
Pflanzenstoffen. Stoffe, die<br />
für den reibungslosen Ablauf<br />
zahlreicher Körperfunktionen<br />
unentbehrlich und somit<br />
lebensnotwendig sind. Weil<br />
unser Organismus sie nicht<br />
selbst bilden kann, müssen sie<br />
regelmäßig mit der Nahrung<br />
zugeführt werden.<br />
Gemüse und Obst halten<br />
also fi t und gesund.<br />
Die optimale Balance<br />
Ernährungsmed<br />
i z i n i s c h<br />
w i r d<br />
g r u n d -<br />
s ät z l ic h<br />
„ 5 x a m<br />
Tag eine<br />
P o r t i o n<br />
G e m ü s e<br />
oder Obst“<br />
e m p f o h l e n .<br />
Verschieben Sie das<br />
Verhältnis in Richtung Gemüse,<br />
denn es ist noch vitaminreicher<br />
als Obst. Der ideale<br />
Mix: drei Portionen Gemüse<br />
und zwei Portionen Obst.<br />
Das richtige Maß<br />
Keine Angst – man muss nicht<br />
zum Vegetarier werden, um im<br />
„grünen“ Bereich zu liegen.<br />
Im Klartext: Wer fünfmal am<br />
Tag eine Hand voll Obst und<br />
Gemüse isst, ist ernährungstechnisch<br />
auf dem richtigen<br />
Weg.<br />
Sie wollen es ganz genau wissen:<br />
mindestens 400 Gramm<br />
pro Tag. Übrigens – auch Obst-<br />
ernährungstipps<br />
von<br />
dr. michaela Felbinger<br />
und Gemüsesäfte zählen als<br />
Portion.<br />
Die Vielfalt macht’s<br />
Je abwechslungsreicher –<br />
desto besser. Wechseln Sie<br />
in Ihrer Auswahl einfach die<br />
Farben. Rotes, gelbes, grünes<br />
Obst und Gemüse,<br />
den n d ie<br />
verschiedenen Sorten enthalten<br />
verschiedene Vitamine<br />
und andere Inhaltsstoffe.<br />
Mehr Farbe auf dem Teller<br />
heißt somit: optimale Vielfalt<br />
für Ihren Körper.<br />
Bevorzugen Sie saisonales<br />
Gemüse und Obst. Vitamine<br />
sind großteils sehr empfi ndlich<br />
und werden unter anderem<br />
beim Lagern weniger.<br />
Auch lange Transportwege<br />
mindern den Vitamingehalt.<br />
Häufi g werden Obst und Gemüse<br />
unreif geerntet, um den<br />
Transportweg unbeschadet zu<br />
überstehen. Der Großteil der<br />
Vitamine wird jedoch wäh-<br />
rend des Reifens gebildet, also<br />
in der Phase, in der die grüne<br />
Tomate zur roten wird. Dieser<br />
Prozess läuft beim Nachreifen<br />
in den Lagerhäusern bei Weitem<br />
nicht optimal ab, sodass<br />
der Nährstoffgehalt geringer<br />
ist.<br />
Gnadenlos zugreifen<br />
5x tägl. Gemüse und Obst<br />
im Essalltag unterzubringen<br />
erscheint nur auf den<br />
ersten Blick schwierig.<br />
Hier einige Tipps, Obst<br />
und Gemüse geschmackvoll<br />
und unkompliziert<br />
über den Tag verteilt<br />
zu genießen:<br />
Frühstück:<br />
Wie wär’s mit<br />
M ü s l i , J o -<br />
ghurt mit frischenFrücht<br />
e n o d e r<br />
frisch gepresstem<br />
Fruchtsaft?<br />
Vormittag: Haben<br />
Sie schon an eine Hand voll<br />
Obst gedacht?<br />
Mittagessen:<br />
Denken Sie immer an einen<br />
Salat und wählen Sie zur<br />
Hauptspeise auch eine Gemüsebeilage.<br />
Nachmittags:<br />
Wie wär’s mit einem Brot, belegt<br />
mit Gurken, Radieschen<br />
oder Tomaten?<br />
Abendessen: Auch das Abendessen<br />
soll nicht ohne Paprika<br />
& Co. auskommen.<br />
So leicht erfüllen Sie die Erfolgsformel<br />
„5x tägl. Gemüse<br />
und Obst“ für mehr Wohlbefi<br />
nden, Gesundheit und Elan.<br />
E-Mail: dr.felbinger@tmo.at<br />
Zugangsbeschränkungen, weil Universitäten in Budgetnöten stecken? (APA/PictureDesk.com)<br />
türen auf oder zu?<br />
Die neue Ministerin hat<br />
eine Debatte um Zugangsbeschränkungen<br />
an den<br />
Universitäten losgetreten.<br />
Wollen plötzlich zu viele<br />
Studenten akademische<br />
Luft schnuppern?<br />
„Wenn bloß die Deutschen mit<br />
ihrem Numerus clausus nicht<br />
wären“, stöhnen Kassandras<br />
an heimischen Hochschulen.<br />
17.000 Deutsche haben sich<br />
im Vorjahr für ein Studium<br />
an österreichischen Unis<br />
entschieden. 2001 waren es<br />
erst knapp über 5.000. Der<br />
„Notfallparagraf“ 124b des<br />
Universitätsgesetzes erlaubt<br />
Zugangsbeschränkungen für<br />
Studien, in denen wegen<br />
deutscher Numerus-clausus-<br />
Flüchtlinge „unvertretbare<br />
Studienbedingungen“ entstehen.<br />
Derzeit liegen Anträge<br />
für Publizistik, Architektur<br />
(u. a. TU Graz) und ein Antrag<br />
der Wirtschaftsuni Wien vor.<br />
Außerdem kann eine Studierendenhöchstzahl<br />
festgelegt<br />
werden, die den Durchschnitt<br />
der vergangenen drei Jahre<br />
nicht unterschreiten darf.<br />
Geringe Akademikerquote<br />
Die Studentenvertretung (ÖH)<br />
wirft dem Ministerium vor<br />
(siehe auch Gastkommentare<br />
nebenan), noch immer nicht<br />
gelernt zu haben, dass ein<br />
Anstieg der Studierendenzahlen<br />
wünschenswert sei.<br />
Zugangsbeschränkungen würden<br />
sich lediglich gegen die<br />
Studierenden richten, es seien<br />
jedoch einfach mehr fi nanzielle<br />
Mittel bereitzustellen. Die<br />
Studentenvertreter verweisen<br />
auf die ohnehin „katastrophal<br />
geringe“ Akademikerquote<br />
von knapp 20 Prozent.<br />
Die EU hat als Ziel proklamiert,<br />
den Akademikeranteil<br />
auf 40 Prozent zu steigern. Österreich<br />
liegt bei dieser Quote<br />
auf Platz 21 von 27 Staaten.<br />
Angesichts der jüngsten Studentenproteste<br />
hat sich die<br />
steirische AK für Verbesserungen<br />
im tertiären Bildungsbereich<br />
ausgesprochen und eine<br />
Hinaufsetzung der Budgetmittel<br />
für Wissenschaft und For-<br />
schung auf zwei Prozent des<br />
BIP bis 2020 verlangt (derzeit<br />
1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts).<br />
AK-Bildungschef<br />
Mag. Albert Kaufmann bedauert,<br />
dass Studiengebühren<br />
nur „weitgehend“ abgeschafft<br />
sind: An nichtsteirischen<br />
Fachhochschulen werden<br />
Studiengebühren eingehoben.<br />
Orientierungsphase<br />
Anstelle von Zuga ngsbeschränkungen<br />
tritt die AK<br />
für verbesserte Information<br />
an Schulen und erneuerte<br />
Studieneingangs- und Orientierungsphasen<br />
an den Unis<br />
ein. Die Konzentration auf<br />
bestimmte Studien hänge<br />
auch mit Informationsmangel<br />
zusammen. Ein gewisser<br />
Lenkungseffekt ist nur zu<br />
erzielen, wenn Neigungen<br />
und Karrierechancen vorher<br />
abgeklärt werden. Schließlich<br />
werden durch Zugangshürden<br />
nicht nur die Studentenzahlen<br />
stagnieren, sondern sozial<br />
schwächere Studierende auch<br />
weiter ausgebremst.<br />
rudolf.willgruber@akstmk.at<br />
<strong>ZAK</strong> gastkommentar<br />
dr. Beatrix Karl<br />
Bundesministerin für Wissenschaft<br />
Qualität für Studierende<br />
Überfüllte Hörsäle, in denen<br />
die Studierenden auf dem Boden<br />
sitzen – das ist zurzeit das<br />
öffentliche Bild der Universitäten,<br />
auch wenn in den meisten<br />
Studienfächern hervorragende<br />
Qualität geboten wird. Doch<br />
auch die Massenfächer sind leider<br />
Teil der Realität. Es ist weder<br />
den Studierenden noch den<br />
Lehrenden zumutbar, unter<br />
diesen Bedingungen zu arbeiten.<br />
Wer vor diesen Problemen<br />
die Augen verschließt, übersieht<br />
die offensichtliche Gefahr:<br />
Es droht die „Zweiklassen-Uni“.<br />
Wer es sich leisten kann, wird<br />
an teuren Privatuniversitäten<br />
studieren, für die Masse bleibt<br />
die Uni ohne Klasse.<br />
Zugangsbeschränkungen, dieses<br />
Wort hört man von so genannten<br />
BildungsexpertInnen<br />
sehr häufig. Doch der Standard<br />
des Bildungssystems wird sich<br />
durch diesen „Lösungsansatz“<br />
nicht verbessern.<br />
Laut OECD-Studien sind die Zugangschancen<br />
für Kinder aus<br />
sozial schwächeren Haushalten<br />
in kaum einem anderen Land<br />
so schlecht wie in Österreich.<br />
Diese Tatsache wird durch Zugangsbeschränkungen<br />
weiter<br />
verschärft. Das zeigt etwa die<br />
Aufnahmeprüfung in Medizin.<br />
Dort ist der Anteil der StudentInnen<br />
aus sozial schwächeren<br />
Schichten nach Einführung der<br />
Tests weiter zurückgegangen.<br />
An einer fairen Regelung des<br />
Zugangs zu den Massenstudien<br />
führt kein Weg vorbei. Einfach<br />
nur mehr Geld in das System<br />
zu pumpen, ohne auch<br />
strukturelle Maßnahmen in<br />
Angriff zu nehmen, führt zu<br />
keiner Verbesserung. Investitionen<br />
in Bildung sind wichtig –<br />
aber jeder Euro muss sinnvoll<br />
eingesetzt werden. Nur mit<br />
einer transparenten Regelung<br />
können wir jungen Menschen<br />
die hochqualitative Ausbildung<br />
bieten, die sie für den<br />
Arbeitsmarkt brauchen. Es ist<br />
Zeit, in der Bildungspolitik die<br />
ideologischen Scheuklappen<br />
gegen die Brille der Vernunft<br />
zu tauschen.<br />
<strong>ZAK</strong> gastkommentar<br />
nina Heidorn<br />
Pressereferentin ÖH Uni Graz<br />
gegen soziale Selektion<br />
Denn sozial Schwächere müssen<br />
oft arbeiten und haben<br />
deshalb nicht die gleichen (zeitlichen)<br />
Ressourcen wie finanziell<br />
Bessergestellte, um sich auf<br />
die Prüfungen vorzubereiten.<br />
Zugangsbeschränkungen fördern<br />
also die ohnehin schon<br />
vorhandene soziale Selektion<br />
und sind darüber hinaus ungerecht.<br />
Der richtige Weg wären daher<br />
der Ausbau von Studienplätzen,<br />
die Verbesserung der Lehrbedingungen,<br />
ein besseres<br />
Beihilfensystem und die soziale<br />
Öffnung der Hochschulen.<br />
Denn Österreich braucht nicht<br />
weniger, sondern mehr AkademikerInnen.
8 <strong>ZAK</strong> jugend jugend<br />
<strong>ZAK</strong> 9<br />
Keine Krise beim<br />
AK-Rechtsschutz<br />
Den Rekordbetrag von schuldig gebliebenen Entgeltzahlungen<br />
der Firmen in der Höhe von knapp 14 Millionen<br />
Euro erstritt die <strong>Arbeiterkammer</strong> 2009 für ihre Mitglieder.<br />
„Der kostenlose Rechtsschutz,<br />
den AK-Mitglieder bei Streitigkeiten<br />
im Bereich des Arbeits-<br />
und Sozialrechts genießen,<br />
wurde im Krisenjahr 2009<br />
besonders stark in Anspruch<br />
genommen“, bilanziert AK-<br />
Präsident Walter Rotschädl.<br />
Sowohl bei der Zahl der eingebrachten<br />
Klagen als auch<br />
beim erstrittenen Betrag gab es<br />
Höchstwerte. Auffallend groß<br />
war die Zunahme bei der Zahl<br />
der Pensionswerber, die mit<br />
AK-Hilfe gegen negative Pensionsbescheide<br />
ankämpften.<br />
3.760 Euro pro Streitfall<br />
Die Krise im Vorjahr hat quer<br />
durch die AK-Rechtsschutzbilanz<br />
ihre Spuren gezogen. So<br />
wurden deutlich mehr Rat-<br />
suchende gezählt, die wegen<br />
einer Kündigung durch den<br />
Arbeitgeber den Rechtsschutz<br />
in Anspruch nahmen. Der<br />
durchschnittliche Streitwert<br />
pro Fall beim Arbeits- und<br />
Sozialgericht Graz ist auf<br />
3.760 Euro gestiegen. Der für<br />
die Mitglieder erstrittene Betrag<br />
in Arbeitsrechtssachen<br />
erreichte die enorme Höhe von<br />
13,9 Millionen Euro.<br />
Die am häufigsten betroffenen<br />
Branchen waren das Gastgewerbe,<br />
der Handel, Branchen<br />
ohne Kollektivvertrag und die<br />
Arbeitskräfteüberlassung. Am<br />
öftesten ging es um das laufende<br />
Entgelt, Sonderzahlungen,<br />
Urlaubsersatzleistungen, Kündigungsentschädigungen<br />
und<br />
Überstunden.<br />
Absicherung für<br />
PflichtpraktikantInnen<br />
Gratisarbeit, nicht sozialversichert<br />
und von Schulen<br />
häufig allein gelassen: PraktikantInnen<br />
brauchen eine<br />
gesetzliche Regelung.<br />
Damit Ausbildung nicht zur<br />
Ausbeutung wird, hat AK-<br />
Präsident Rotschädl bereits<br />
vor zwei Jahren auf ein Pflichtpraktikumsgesetz<br />
gedrängt,<br />
in dem ein Mindestentgelt für<br />
kollektivvertragslose Bereiche<br />
eingeführt und die Sozialversicherungspflichtfestgeschrieben<br />
werden sollen. Die<br />
Leiterin der AK-Jugendabteilung,<br />
Mag. Ursula Strohmayer,<br />
prangert besonders kritische<br />
Bereiche an: „Im Gastgewerbe<br />
werden oft Überstunden nicht<br />
bezahlt, und in Sozialberufen<br />
und im Medienbereich sind<br />
Missstände ebenso an der Tagesordnung.“<br />
An der HTL klären Schulen<br />
Praktikanten selten über ihre<br />
rechtliche Situation auf. „Die<br />
SchülerInnen glauben, sie<br />
seien ohnehin versichert,<br />
und wenn jemand in eine<br />
Kreissäge greift, stellt sich<br />
heraus: Hoppla, wir haben ein<br />
Problem!“<br />
Rund 11.000 steirische SchülerInnen<br />
und Studierende<br />
müssen im Rahmen ihrer<br />
schulischen Ausbildung ein<br />
Pflichtpraktikum als Ergänzung<br />
zu ihrer theoretischen<br />
Ausbildung absolvieren. „Aus<br />
unserer täglichen Beratungspraxis<br />
wissen wir, dass bei<br />
den Praktika Probleme auftreten“,<br />
erklärt die AK-Expertin.<br />
„Ein Mindestlohn ist das Mindeste,<br />
wie man die Generation<br />
Praktikum auf das Berufsleben<br />
vorbereiten kann.“<br />
rudolf.willgruber@akstmk.at<br />
Sprungbrett in das Berufsleben<br />
Eine neue Institution sucht einen Fixplatz in der Berufsausbildung:<br />
Auf eine „Produktionsschule“ kommt, wem auch AMS<br />
und Schnuppertage nicht beim Sprung ins Berufsleben helfen<br />
konnten. Ein Lokalaugenschein in der Grazer Grabenstraße.<br />
Zielgruppe: Jugendliche zwischen<br />
15 und 25 Jahren, mehr<br />
als die Hälfte mit Migrationshintergrund<br />
und sozialen<br />
Anpassungsschwierigkeiten,<br />
Schul- oder Ausbildungsabbrecher,<br />
Frauenanteil 50<br />
Prozent. Die Stempel drücken<br />
aus: nicht gerade pflegeleichte<br />
Teilnehmer. Ob Trainer<br />
und SozialpädagogInnen mit<br />
dicker Haut ausgestattet sein<br />
müssen? Es heißt Vorurteile<br />
vergessen beim Besuch in<br />
der ersten Produktionsschule<br />
in der Steiermark, der noch<br />
drei weitere heuer folgen (in<br />
Deutschlandsberg, Leoben<br />
und Kapfenberg).<br />
Das Positive finden<br />
Koordinatorin Martina Theis<br />
kann sich auf ihr Personal<br />
verlassen: „Die TrainerInnen<br />
kennen keine Angst und sind<br />
besondere Anforderungen<br />
gewöhnt.“ Die Aufgaben erfordern<br />
nicht nur eine fachliche<br />
Vorbildung, sondern<br />
auch Fingerspitzengefühl und<br />
Motivationskunst. „In jedem<br />
Jugendlichen steckt etwas<br />
Positives“, ist Theis überzeugt.<br />
Man müsse sie erst an einen<br />
Arbeitsrhythmus gewöhnen,<br />
eine Grundqualifizierung<br />
anstreben und dann die Möglichkeiten<br />
auf dem Arbeitsmarkt<br />
ausloten.<br />
Vier Fachbereiche<br />
Die Mädchen und Burschen<br />
haben meist keine sehr geradlinige<br />
Biografie, wie Stefan<br />
Kovacs, 16: Nach Schulabbruch,<br />
Praktikum, angefangener<br />
Gastrolehre, die durch<br />
Krankheit unterbrochen wurde,<br />
startet er jetzt erneut im<br />
Restaurantfach. Die Grazer<br />
Produktionsschule bildet in<br />
fünf gängigen Bereichen mit<br />
hohem Bedarf aus, neben der<br />
Gastronomie sind dies Büro/<br />
Handel, Textil, Holz und Metall.<br />
„Ich möchte unbedingt<br />
eine Lehre machen. Was ich<br />
durch Kochen dazulerne, ist<br />
mir als Kellner nützlich“, ist<br />
Stefan überzeugt.<br />
Aus sieben Ländern<br />
Hermann Theußl, Geschäftsfeldleiter<br />
in der Trägerorganisation<br />
BBRZ (Berufliches Bildungs-<br />
und Rehabilitations-<br />
Martina Theis und Hermann<br />
Theußl fördern die Stärken<br />
ihrer Schützlinge in der Produktionsschule<br />
in Graz (links).<br />
(Fotos: Fritz Langmann)<br />
Neben Holz und Metall wird<br />
eine Grundausbildung in drei<br />
weiteren Fachbereichen angeboten,<br />
nämlich Gastronomie,<br />
Büro/Handel und Textil.<br />
zentrum), zum Ansatz des aus<br />
Dänemark stammenden Modells<br />
der Produktionsschulen:<br />
„Wir orientieren uns an den<br />
Stärken der Jugendlichen.“<br />
Nach einer Eingangsphase<br />
werden die Jugendlichen einem<br />
Fachbereich zugewiesen.<br />
Der 32 Stunden dauernde<br />
Unterricht besteht aus einem<br />
Mix aus produktiver Tätigkeit,<br />
Fachunterricht, Förderung<br />
von sozialen Kompetenzen<br />
und einem Ausgleich des<br />
Sprachdefizits. Die derzeit<br />
31 Jugendlichen stammen<br />
ursprünglich aus sieben Ländern.<br />
Da muss auch Rücksicht<br />
Stefan Kovacs startet erneut im<br />
Restaurantfach durch.<br />
auf den interkulturellen Hintergrund<br />
der Personen genommen<br />
werden.<br />
Die junge Türkin Ruken Akbulut<br />
ist erst seit drei Jahren in<br />
Graz und bekam keinen Lehrplatz<br />
als Friseurin. Nun will<br />
sie auf Köchin umsatteln. Mit<br />
türkischen Süßspeisen wie<br />
Baklava hat sie schon die anderen<br />
Neustarter eingekocht,<br />
lieber würde sie aber in einem<br />
österreichischen Restaurant<br />
arbeiten, erzählt sie. „Wir<br />
unterstützen die Schüler bei<br />
der Anbahnung von Praktika<br />
und der Suche nach Lehrstellen“,<br />
erklärt Martina Theis.<br />
<strong>ZAK</strong> nfo<br />
19 Trampoline<br />
Bis 2011 sollen 450 Jugendliche<br />
zwischen 15 und 25<br />
die vier steirischen Produktionsschulen<br />
durchlaufen,<br />
dafür investieren Bund, Land<br />
und EU 3,7 Millionen Euro.<br />
Zwischen 6 und 12 Monaten<br />
werden die Jugendlichen in<br />
Einrichtungen von Jugend<br />
am Werk und BBRZ betreut.<br />
Österreichweit sollen insgesamt<br />
19 Produktionsschulen<br />
als „Trampolin“ in den Arbeitsmarkt<br />
fungieren.<br />
Denn die Sprungübung in<br />
eine künftige Lehre oder einen<br />
Job dauert sechs Monate oder<br />
höchstens ein Jahr. In dieser<br />
Zeit erhalten die Schützlinge<br />
unter 18 eine monatliche Unterstützung<br />
vom AMS in der<br />
Höhe von 240 Euro.<br />
Erfolgsquote 40 Prozent<br />
Die vor zehn Jahren aus Rumänien<br />
ihren Eltern nachgefolgte<br />
Beatrice Florea glaubt, bald<br />
einen Bürojob zu finden. Die<br />
22-jährige Ex-Zahnarztassistentin<br />
wirkt selbstbewusst<br />
und gut integriert. „Außer zu<br />
meiner besten Freundin habe<br />
Ruken Akbulut kocht lieber in<br />
einem österreichischen Lokal.<br />
ich in erster Linie Kontakt zu<br />
Österreichern“, erzählt sie.<br />
Und auch die Projektleiterin<br />
glaubt, dass Beatrice den beruflichen<br />
Wiedereinstieg bald<br />
schafft. Die Erfolgsquote der<br />
Produktionsschule in Steyr<br />
liegt bei 40 Prozent.<br />
Einige KandidatInnen werden<br />
also noch weitere „Maßnahmen“<br />
brauchen, um auf dem<br />
Arbeitsmarkt letztlich Fuß zu<br />
fassen. Angesichts der schwierigen<br />
Lage zählen bereits der<br />
Versuch und der Wille – und<br />
die Absicht der Politik, niemand<br />
hängenzulassen.<br />
rudolf.willgruber@akstmk.at<br />
Beatrice Florea strebt einen<br />
Bürojob an.
<strong>10</strong> <strong>ZAK</strong> jugend<br />
WALLrAFF in grAZ<br />
<strong>ZAK</strong> 11<br />
gewinnen Sie<br />
<strong>10</strong>0 Bücher<br />
von Wallraff!<br />
Für sein neues Buch „Aus der<br />
schönen neuen Welt“ ist der<br />
Bestseller-Autor nicht nur in<br />
die Rolle eines schwarzen<br />
Einwanderers geschlüpft. Er<br />
ist auch in seinem gewohnten<br />
Umfeld präsent – in den<br />
Untiefen der deutschen Arbeitswelt.<br />
Sei es als Arbeiter<br />
in einem Zulieferbetrieb eines<br />
Lebensmitteldiskonters oder<br />
als Agent in einem Callcenter.<br />
Wallraff erlebt am eigenen<br />
Leib, wie Arbeitnehmerrechte<br />
mit Füßen getreten werden.<br />
Abgerundet werden die Reportagen<br />
durch abenteuerliche<br />
Augenzeugenberichte über<br />
Mobbing bei der Deutschen<br />
Bahn oder Ausbeutermethoden<br />
in einem von der Politik<br />
hofi erten Nobel-Gastronomiebetrieb.<br />
Die AK-Marketingabteilung<br />
verschenkt <strong>10</strong>0 Exemplare dieser<br />
lesenswerten Reportagen<br />
an die schnellsten Leseratten.<br />
Schreiben Sie eine Mail an die<br />
<strong>ZAK</strong>-Redaktion:<br />
marketing@akstmk.at<br />
Lehrstück gegen Fremdenfeindlichkeit<br />
Betroffen, erschüttert und empört: Der Film „Schwarz auf Weiß“ von Günter Wallraff über<br />
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland ließ kaum einen der 4.500 steirischen<br />
Lehrlinge kalt, die auf Einladung der AK und des Landesschulrates in die Grazer Messehalle<br />
gekommen waren.<br />
dem Fremden, mit dem man<br />
nichts zu tun haben möchte.<br />
Neue Sichtweisen mit Film eröffnet: Jugendlandesrätin Elisabeth<br />
Grossmann mit AK-Präsident Walter Rotschädl. (Fotos: Langmann)<br />
„Ich würde einschreiten“,<br />
empörte sich ein Lehrling,<br />
nachdem er die vielfältigen<br />
Diskriminierungen gesehen<br />
hatte, die einem Schwarzen<br />
tagtäglich passieren. Er und<br />
4.500 weitere Jugendliche<br />
waren auf Einladung der <strong>Arbeiterkammer</strong><br />
und des Landesschulrates<br />
und mit fi nanzieller<br />
Unterstützung des<br />
Jugendressorts in die Grazer<br />
Messehalle gekommen, um<br />
den Film „Schwarz auf Weiß“<br />
von Günter Wallraff zu sehen.<br />
Der Film zeigt den als Kwami<br />
Ogonno verkleideten Wallraff<br />
bei seiner Reise quer durch<br />
Deutschland: als Wohnungssuchenden,<br />
als Fußballfan,<br />
als Kneipengast, als Arbeitsuchenden,<br />
als Auskunftsuchenden<br />
bei Ämtern, als Besucher<br />
von Volksfesten …<br />
Und (fast) überall trifft er auf<br />
offene oder versteckte Feindseligkeit,<br />
auf Herablassung,<br />
auf Spott oder auf Angst vor<br />
Großes<br />
Medienecho<br />
auf die größte<br />
Kinovorstellung<br />
in Österreich:<br />
Ausschnitt aus<br />
der Steirerkrone.<br />
Betroffenheit<br />
„Ja, genau so ist es“, musste<br />
nach dem Film Victor, ein<br />
Gymnasiast, betroffen zugeben.<br />
Auch er habe solche<br />
Szenen schon beobachtet. Das<br />
Thema berühre ihn, denn er<br />
engagiere sich im Rahmen<br />
eines Projektes, das minder-<br />
<strong>ZAK</strong> zitat<br />
„Hoffe, dass wir alle<br />
einiges mit anderen<br />
Augen sehen“<br />
AK-Präsident Walter Rotschädl<br />
jährige Flüchtlinge durch den<br />
Alltag begleitet. Auch Johannes,<br />
ein Verkäuferlehrling,<br />
meinte, der Film zeige sehr<br />
gut, wie Ausländer behandelt<br />
werden. Er habe in der Berufsschule<br />
viele ausländische Kol-<br />
Johannes, Verkäuferlehrling: „Der<br />
Film zeigt, wie es ist.“<br />
legen und komme mit allen gut<br />
aus. Julia und Jasmin fi nden<br />
die Vorurteile der Inländer<br />
„schon sehr arg“. Beide Lehrlinge<br />
haben aus dem Ausland<br />
stammende Freunde, sogar<br />
„mehr als inländische“.<br />
Ein Berufsschullehrer für politische<br />
Bildung versicherte,<br />
er werde den Schwung der<br />
Veranstaltung für die Nachbereitung<br />
in der Schule nutzen:<br />
„Für das Thema Vorurteile ist<br />
Interesse da, man muss aber<br />
bei der Lebensrealität der Jugendlichen<br />
ansetzen.“<br />
Begeistert von der Initiative<br />
der AK und den zahlreichen<br />
positiven Reaktionen der Lehrerschaft<br />
zeigte sich der für<br />
Berufsschulen zuständige<br />
Schulinspektor Michel Pichler:<br />
„Der Film ist eine gute<br />
Anregung für den Unterricht<br />
zur politische Bildung.“<br />
Politische Bildung<br />
AK-Präsident Walter Rotschädl<br />
freute sich, dass die<br />
<strong>Arbeiterkammer</strong> einen Beitrag<br />
zur politischen Bildung leisten<br />
konnte: „Unsere jungen<br />
Mitglieder haben gerade in der<br />
Arbeitswelt immer wieder mit<br />
Menschen mit Migrationshintergrund<br />
zu tun. Der Wallraff-<br />
Victor, Gymnasiast: „Ich arbeite<br />
bei einem Flüchtlingsprojekt mit.“<br />
Zum zweiten Mal hintereinander und vor einem großen Publikum in Graz: Enthüllungsautor Günter Wallraff.<br />
Film hat uns die Probleme<br />
dieser Menschen aus deren<br />
Perspektive gezeigt.“ Er hoffe,<br />
dass „wir alle in Zukunft einiges<br />
mit anderen Augen sehen“<br />
werden.<br />
Jugendlandesrätin Elisabeth<br />
Grossmann bekannte, sie habe<br />
sich schon als Jugendliche mit<br />
Wallraffs kritischen Betrachtungen<br />
unserer Welt auseinandergesetzt:<br />
„Ich fi nde es sehr<br />
Marie-Christine, Masseurin: „Das<br />
Denken der Menschen ändern.“<br />
wichtig, den Jugendlichen von<br />
heute auf diese Weise ebenso<br />
neue Sichtweisen auf unsere<br />
Gesellschaft und unsere Heimat<br />
zu eröffnen.“<br />
Zivilcourage<br />
Wallraff, der zu der Mega-<br />
Filmvorführung angereist<br />
war, forderte in der Diskussion<br />
mit den Jugendlichen<br />
auf, ungerechte Zustände zu<br />
kritisieren, sich bei Missständen<br />
einzumischen, sich zu organisieren<br />
und zu engagieren:<br />
„Um etwas zu ändern, braucht<br />
es Zivilcourage im täglichen<br />
Leben. Ihr müsst es in die<br />
Hand nehmen“, sagte Wallraff<br />
zu den Tausenden jungen<br />
Menschen, „wenn es um üble<br />
Sprüche geht oder Übergriffe<br />
passieren.“<br />
stephan.hilbert@akstmk.at<br />
Julia, Jasmin, Bürolehrlinge: „Wir haben viele ausländische Freunde.<br />
Es ist arg, wie mit diesen Menschen umgegangen wird.“
FrAu<br />
12 <strong>ZAK</strong> <strong>ZAK</strong> 13<br />
(Foto: Fotolia)<br />
Viele ratlos in<br />
der Berufswahl<br />
„Berufswunsch unklar“ wird zum neuen Lieblingsberuf der<br />
steirischen Jugendlichen. Jene, die doch einen Wunsch haben,<br />
wählen termimmer n noch traditionell.<br />
„Was willst du einmal werden?“<br />
Mit dieser Frage werden<br />
bereits Kindergartenkinder<br />
konfrontiert. Doch auch die<br />
frühe Beschäftigung mit dem<br />
Thema Berufswahl garantiert<br />
noch keine klare Antwort:<br />
Unter den steirischen Lehrstellensuchenden<br />
herrscht<br />
zurzeit Ratlosigkeit. Bei den<br />
jungen Männern rangiert der<br />
unklare Berufswunsch sogar<br />
noch vor dem Lieblingsberuf<br />
Kfz-Techniker, gefolgt von<br />
Bürokaufmann, Koch und<br />
EDV-Techniker.<br />
Junge Frauen haben etwas klarere,<br />
aber ebenso traditionell<br />
geprägte Berufsvorstellungen:<br />
An erster Stelle steht immer<br />
noch die Friseurin – ungeachtet<br />
des schlechten Verdienstes<br />
und der ätzenden Chemikalien.<br />
Danach kommt die Einzelhandelsverkäuferin.<br />
Den<br />
dritten Rang belegt auch bei<br />
den weiblichen Jugendlichen<br />
der unklare Berufswunsch.<br />
Unter den Top Ten der favorisierten<br />
Berufe befi ndet sich<br />
nur die Malerin – an 7. Stelle<br />
– als nicht traditioneller Frauenberuf.<br />
Früh fi xiert<br />
Die traditionellen Berufsbilder<br />
sind unheimlich schwer aus<br />
den Köpfen der Jugendlichen<br />
herauszubekommen, nicht<br />
zuletzt, weil sie ab dem Kleinkindalter<br />
gefestigt werden. In<br />
der realen Arbeitswelt fehlt es<br />
dann oft an weiblichen Vorbildern<br />
und Mentorinnen im<br />
naturwissenschaftlichen oder<br />
technischen Bereich. „Besonders<br />
Mädchen brauchen eine<br />
bessere Berufsorientierung<br />
und mehr Wissen über Karriere-<br />
und Verdienstmöglichkeiten<br />
in den verschiedenen<br />
Branchen“, fordert AK-Frauenreferentin<br />
Pöcheim. „Veränderungen<br />
bei der Berufswahl hin<br />
zu Mangelberufen und besser<br />
bezahlten Jobs sind gerade für<br />
junge Frauen zur eigenständigen<br />
Sicherung ihrer Existenz<br />
besonders wichtig. Um das<br />
zu erreichen, sollten bereits<br />
Bilderbücher und Arbeitsmaterialien<br />
für den Kindergarten<br />
geschlechterbewusst gestaltet<br />
werden. Wenn Technikerinnen,<br />
Chefi nnen, Sozialarbeiter<br />
und Kindergärtner Einzug<br />
in die Kinderbücher halten,<br />
steigen die Chancen, dass<br />
die geschlechterspezifische<br />
Berufswahl und das Machtgefälle<br />
im Beruf einmal ein Ende<br />
haben werden.“<br />
Kinder am Arbeitsplatz – gut<br />
betreut und ganz in der Nähe<br />
der Eltern. Keine zusätzlichen<br />
Wege zum Kindergarten oder<br />
zur Tagesmutter. Und der<br />
Arbeitgeber hat volles Verständnis<br />
dafür, wenn Eltern<br />
früher aufhören, weil im Kindergarten<br />
Osternestersuche<br />
oder Laternenfest ist. Was ein<br />
bisschen nach Utopia klingt,<br />
wird dort wahr, wo Unternehmen<br />
das berufl iche und das<br />
familiäre Engagement ihrer<br />
MitarbeiterInnen zu schätzen<br />
wissen und dafür sorgen, dass<br />
beides bestmöglich in Einklang<br />
gebracht werden kann.<br />
„Betriebskindergärten und Betriebstagesmütter<br />
erleichtern<br />
Eltern den Alltag ungemein<br />
und sorgen dafür, dass ArbeitnehmerInnen<br />
schneller in den<br />
Job zurückkehren und länger<br />
im Unternehmen verbleiben.<br />
Investitionen in Kinderbetreuung<br />
lohnen sich daher<br />
auch für Arbeitgeber“, betont<br />
AK-Frauenreferentin Mag.<br />
Bernadette Pöcheim.<br />
Arbeitswelt zum Angreifen<br />
Führende steirische Unternehmen<br />
haben das bereits<br />
erkannt und in den vergangenen<br />
Jahren Wohlfühloasen für<br />
FrAu<br />
Kinder am Arbeitsplatz<br />
Ob Tagesmutter, Kindergarten, Ferienbetreuung: Wo Unternehmen<br />
betriebseigene Möglichkeiten zur Kinderbetreuung<br />
schaffen, nutzen ArbeitnehmerInnen das Angebot gerne.<br />
ihre „Betriebskinder“ geschaffen.<br />
Als einziges steirisches<br />
Unternehmen hat die Anton<br />
Paar AG im Herbst 2008 auf<br />
ihrem neuen Firmengelände<br />
in Graz-Straßgang einen Betriebskindergarten<br />
und eine<br />
Krippe eröffnet, deren pädagogisches<br />
Personal auch im<br />
Unternehmen angestellt ist.<br />
Rund 40 Kinder werden dort<br />
betreut – damit sind die Einrichtungen<br />
voll ausgelastet.<br />
„Als ganzjähriger Ganztagsbetrieb<br />
sind wir optimal auf<br />
die Arbeitszeiten der Eltern<br />
abgestimmt. Sie können auch<br />
ihre Urlaube frei wählen und<br />
müssen sie nicht zu Schließzeiten<br />
im Sommer nehmen“,<br />
erzählt Kindergartenleiterin<br />
Elisabeth Flachs.<br />
Die betreuten Kinder sind<br />
sowohl organisatorisch als<br />
auch inhaltlich in den Betrieb<br />
integriert: Sie dürfen dort<br />
sogar in die Arbeitswelt hineinschnuppern.<br />
Kooperationspartner<br />
Betriebskindergärten können<br />
aber auch mit Partnern wie der<br />
Volkshilfe oder WIKI geführt<br />
werden. So hat es die Andritz<br />
AG organisiert: Ihr Kindergarten<br />
in Kooperation mit<br />
Kleine und große Kinder profitieren von der gemeinsamen Betreuung.<br />
40 Kinder werden in zwei Gruppen im Kindergarten der Andritz AG betreut. (Fotos: Langmanm)<br />
WIKI besteht nun seit fast drei<br />
Jahren. „Wir betreuen 40 Kinder<br />
in zwei alterserweiterten<br />
Gruppen. Das bedeutet, dass<br />
Kinder zwischen 18 Monaten<br />
und <strong>10</strong> Jahren zusammen sind<br />
– davon profi tieren Große wie<br />
Kleine enorm!“, erklärt der<br />
Leiter Florian Vötsch. Auch<br />
in diesem Kindergarten wird<br />
schon den Jüngsten Freude<br />
und Faszination an der Technik<br />
vermittelt.<br />
Betriebskindergärten gibt es<br />
aber natürlich auch abseits<br />
technisch orientierter Unternehmen.<br />
Die steirische<br />
Krankenanstaltengesellschaft<br />
KAGes führt einen, und die<br />
Graz AG plant gerade einen.<br />
Betriebstagesmütter<br />
Für kleinere Unternehmen,<br />
die keinen eigenen Kindergarten<br />
erhalten können, gibt<br />
es seit Herbst 2007 die Möglichkeit,<br />
Betriebstagesmütter<br />
zu beschäftigen. „Dabei stellt<br />
der Betrieb die Räumlichkeiten.<br />
Die Tagesmütter können<br />
direkt vom Unternehmen oder<br />
– was häufi ger geschieht – bei<br />
einem Trägerverein angestellt<br />
werden“, erklärt Michaela<br />
Lienhart, Geschäftsführerin<br />
des Vereins Tagesmütter Steiermark.<br />
Die erste Betriebstagesmutter<br />
wurde von einer Grazer<br />
Steuerberatungskanzlei eingestellt.<br />
Mittlerweile gibt es<br />
welche an der MedUni ebenso<br />
wie bei Magna Power Train.<br />
„Der Vorteil der Betriebstagesmütter<br />
liegt neben der<br />
räumlichen Nähe darin, dass<br />
ihre Arbeitszeiten jenen der<br />
Eltern angepasst sind“, erläutert<br />
AK-Frauenreferentin<br />
Pöcheim. „Das ermöglicht oft<br />
eine schnellere Rückkehr aus<br />
der Karenz.“<br />
Für eine Betriebstagesmutter<br />
an ihrem eigenen Arbeitsplatz<br />
hat sich auch die steirische<br />
ÖGB-Frauenvorsitzende Patricia<br />
Berger als Betriebsrätin des<br />
BBRZ stark gemacht. „Zwei<br />
Drittel unseres Teams sind<br />
Frauen, die Hälfte ist unter<br />
40 Jahre alt – der Bedarf ist<br />
also gegeben. Als an unserem<br />
Standort in Kapfenberg eine<br />
Dienstwohnung frei wurde,<br />
haben wir dort eine Kindergruppe<br />
eingerichtet. Eine<br />
zweite ist gerade in Planung“,<br />
erzählt Berger.<br />
Möglich sind derartige Initiativen<br />
nur mit Unterstützung<br />
der Arbeitgeber. „Da im Bildungs-<br />
und Sozialbereich eine<br />
hohe Fluktuation gang und<br />
gäbe ist, wurde dieser Vorstoß<br />
zur MitarbeiterInnen-Bindung<br />
von Seiten des Unternehmens<br />
sehr begrüßt“, berichtet die<br />
Betriebsrätin.<br />
Ferienkinderbetreuung<br />
Unterstützung haben auch<br />
jene Betriebsrätinnen erfahren,<br />
die bei der Forschungsgesellschaft<br />
Joanneum Research<br />
Kinderbetreuung in den Ferienzeiten<br />
organisiert haben.<br />
„Mit Kooperationspartnern<br />
wie unikid und M.A.M.A. ist<br />
es uns gelungen, den MitarbeiterInnen<br />
über das Sommerloch<br />
ihrer Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
zu helfen“, erzählt<br />
Betriebsrätin DI Maria Fellner.<br />
Rund 30 Betreuungswochen<br />
pro Jahr konsumieren die MitarbeiterInnen<br />
bereits, Tendenz<br />
steigend.<br />
Jüngster Erfolg bei der Forschungsgesellschaft:<br />
zwei<br />
voll bezahlte Papawochen für<br />
frisch gebackene Väter!<br />
Ursula Jungmeier-Scholz<br />
pflichtjahr im<br />
Kindergarten für<br />
Fünfjährige<br />
Im Herbst packen die Fünfjährigen<br />
verpflichtend ihre<br />
Kindergartentasche. Denn ab<br />
Mitte September startet das<br />
vorgeschriebene Kindergartenjahr<br />
für jene, die 2011 in die<br />
Schule kommen. „Das Kindergartenjahr<br />
für alle ist wichtig<br />
für das soziale Lernen der Kinder<br />
und ein Beitrag zur Chancengleichheit“,<br />
betont AK-<br />
Frauenreferentin Pöcheim.<br />
„Die Kinder bekommen eine<br />
zusätzliche Entwicklungschance<br />
– und ein etwaiger<br />
spezieller Förderbedarf wird<br />
noch vor dem Schuleintritt<br />
erkannt und kann vermindert<br />
werden.“<br />
Auch eine mindestens halbtägige<br />
Betreuung durch Tageseltern<br />
entspricht der Voraussetzung.<br />
Eltern, die ihrem Kind<br />
jedoch gar keine professionelle<br />
Betreuung zukommen lassen,<br />
droht eine Verwaltungsstrafe.<br />
Werbungskosten<br />
für angestellte<br />
tagesmütter<br />
Unselbstständig erwerbstätige<br />
Tagesmütter können ihre<br />
Aufwendungen pauschal als<br />
Werbungskosten steuerlich<br />
absetzen. „Ohne Einzelnachweis<br />
absetzbar sind bis zu<br />
50 Prozent der Bemessungsgrundlage,<br />
allerdings nicht<br />
mehr als 400 Euro monatlich“,<br />
erklärt AK-Steuerreferent Dr.<br />
Bernhard Koller.<br />
Bei der Bemessungsgrundlage<br />
werden von den Einkünften<br />
neben den Sozialversicherungsbeiträgen<br />
auch 58,86<br />
Euro pro Kind und Monat für<br />
die Verpflegung abgezogen.<br />
Wird mehr Essensgeld eingehoben,<br />
muss der Rest versteuert<br />
werden – sofern die Einkünfte<br />
überhaupt hoch genug<br />
sind, um steuerpflichtig zu<br />
sein. Voraussetzung ist, dass<br />
die Tagesmutter ihre Tätigkeit<br />
in ihrer Wohnung ausübt – für<br />
Betriebstagesmütter gilt diese<br />
Regelung nicht. Ebenso wenig<br />
wie für Selbstständige.
14 <strong>ZAK</strong> KonSument<br />
KonSument<br />
<strong>ZAK</strong> 15<br />
Einzug in neue Wohnung: Für Mietverträge gilt eine Mindestbefristung von drei Jahren. (wibaimages – Fotolia.com)<br />
mietverträge –<br />
was ist erlaubt?<br />
Nicht für alle Mietverträge gilt das Mietrechtsgesetz.<br />
Daher gibt es auch unterschiedliche Bestimmungen zur<br />
Befristung.<br />
Wer zur Miete wohnt, hat<br />
noch nicht unbedingt einen<br />
Vertrag nach dem Mietrechtsgesetz<br />
unterschrieben. „Die<br />
Befristungsregelungen des<br />
Mietrechtsgesetzes gelten nur<br />
beim Anmieten von Wohnungen<br />
in Mehrparteienhäusern<br />
– unabhängig davon, ob es<br />
sich um einen Alt- oder Neubau<br />
handelt“, erklärt Mag.<br />
Herbert Erhart. „Nicht vom<br />
Mietrechtsgesetz erfasst sind<br />
jedoch Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
sowie Garagen.“ Für<br />
diese gilt das Allgemeine Bürgerliche<br />
Gesetzbuch ABGB.<br />
Drei Jahre Mindestzeit<br />
Wo das Mietrechtsgesetz gilt,<br />
gibt es klare Regeln zur Befristung<br />
eines Vertrages: Die<br />
Mindestbefristung beträgt<br />
drei Jahre, nach oben hin<br />
sind keine Grenzen gesetzt.<br />
Eine vorzeitige Kündigung<br />
von Seiten der Mietenden ist<br />
frühestens nach einem Jahr<br />
möglich – zum Monatsletzten<br />
und unter Einhaltung einer<br />
dreimonatigen Kündigungsfrist.<br />
Wer zum Beispiel so<br />
kündigt, dass sein Schreiben<br />
noch vor dem 30. <strong>April</strong> den<br />
Vermieter erreicht, kann mit<br />
<strong>ZAK</strong> nfo<br />
Rechtzeitig kündigen<br />
Die Kündigung zum Monatsletzten<br />
muss so erfolgen,<br />
dass der Vermieter schon am<br />
Ende des Monats Bescheid<br />
weiß. Bei einem – möglichst<br />
eingeschriebenen – Brief ist<br />
also der Postweg samt möglichen<br />
Verzögerungen durch<br />
Wochenende oder Feiertage<br />
zu berücksichtigen. Übergibt<br />
man das Kündigungsschreiben<br />
persönlich, sollte man<br />
sich eine Bestätigung mit<br />
dem Datum der Übernahme<br />
ausstellen lassen.<br />
Ende Juli sein Mietverhältnis<br />
beenden.<br />
Wollen die Mietenden nach<br />
drei Jahren noch in der Wohnung<br />
bleiben und der Vermieter<br />
ist einverstanden, kann der<br />
Vertrag wieder um mindestens<br />
drei Jahre befristet verlängert<br />
werden. Eine automatische<br />
gesetzliche Verlängerung des<br />
Mietvertrages um drei Jahre<br />
tritt dann ein, wenn nach<br />
Auslaufen des befristeten<br />
Vertrages der Mieter in der<br />
Wohnung verbleibt und der<br />
Vermieter die weiteren Mietzinszahlungen<br />
akzeptiert.<br />
Sonderfall Einfamilienhaus<br />
Beim Mieten von Ein- oder<br />
Zweifamilienhäusern empfi<br />
ehlt es sich, gleich zu Beginn<br />
ein vorzeitiges Kündigungsrecht<br />
vertraglich zu vereinbaren.<br />
Nach ABGB wird ein<br />
befristetes Mietverhältnis<br />
übrigens automatisch zum unbefristeten,<br />
wenn nach Ablauf<br />
der Befristung weitergezahlt<br />
wird und der Vermieter die<br />
Zahlung akzeptiert.<br />
Ursula Jungmeier-Scholz<br />
Viel geld<br />
für den Kanal<br />
Viele Gemeinden haben<br />
mit Finanzproblemen zu<br />
kämpfen. Dementsprechend<br />
kräftig schlagen sie bei den<br />
Kanalabgaben zu, bei denen<br />
die Teuerung deutlich über<br />
der Inflationsrate liegt.<br />
So haben sich die Kanalbenützungsgebühren<br />
in der Steiermark<br />
in den vergangenen 15<br />
Jahren mit einer Erhöhung<br />
um 91 Prozent fast verdoppelt.<br />
Auch der einmalige Kanalisationsbeitrag(„Anschlussgebühren“)<br />
ist immerhin um 36<br />
Prozent gestiegen, während<br />
der Verbraucherpreisindex in<br />
diesem Zeitraum lediglich um<br />
29% zugenommen hat. Das ist<br />
das Ergebnis einer Studie der<br />
steirischen <strong>Arbeiterkammer</strong><br />
über die Kanalabgaben, an<br />
der sich im Vorjahr 390 der<br />
insgesamt 542 steirischen Gemeinden<br />
beteiligt haben.<br />
Diese Studie bringt aber auch<br />
beträchtliche regionale Unterschiede<br />
ans Tageslicht. Betragen<br />
die Anschlussgebühren<br />
bei einer Nutzfläche von 94<br />
Quadratmetern beispielsweise<br />
im Bezirk Mürzzuschlag<br />
965,32 Euro, schlägt die Landeshauptstadt<br />
mit 2.136,07<br />
Euro zu.<br />
Gemeindeweise Unterschiede<br />
Bei den laufenden Benützungsgebühren<br />
gibt es Graz<br />
hingegen steiermarkweit am<br />
billigsten. Einer Jahresbelastung<br />
eines durchschnittlichen<br />
Grazer Haushalts von 176,88<br />
Euro stehen die Kosten für<br />
einen vergleichbaren Haushalt<br />
im Bezirk Liezen in einer Höhe<br />
von 268,18 Euro gegenüber.<br />
Dass es auch innerhalb eines<br />
Bezirkes von Gemeinde zu<br />
Gemeinde zum Teil deutliche<br />
Unterschiede bei den Kanalabgaben<br />
geben kann, belegt eine<br />
„Kanalgebühren-Landkarte“<br />
der Steiermark, die Interessierte<br />
– ebenso wie die gesamte<br />
Studie – im Internet unter<br />
www.akstmk.at fi nden.<br />
berndt.heidorn@akstmk.at<br />
web nfo<br />
www.akstmk.at<br />
Statt Aufträgen werden oft nur schlechte Fotos für hohe Vorauszahlungen geboten. (Marko Wydmuch – Fotolia.com)<br />
modelagenturen:<br />
Kosten statt Karriere<br />
Dubiose Modelagenturen locken jungen Leuten viel Geld<br />
aus der Tasche – Aufträge bieten sie jedoch keine. Der AK-<br />
Konsumentenschutz vertritt Betroffene.<br />
Für manche erweist sich der<br />
Weg zum Laufsteg als Sackgasse:<br />
In letzter Zeit mehren<br />
sich die Anfragen von AK-<br />
Mitgliedern, die ihr Budget<br />
als Model aufbessern wollten<br />
und stattdessen draufgezahlt<br />
haben.<br />
In Inseraten oder über das Internet<br />
werden vorwiegend junge<br />
Menschen damit angelockt,<br />
als Fotomodell gutes Geld zu<br />
verdienen. „Einige der Modelagenturen<br />
veranstalten Vorstellungstermine,<br />
bei denen<br />
die InteressentInnen zu Vertragsabschlüssen<br />
überredet<br />
werden. Mit diesem Vertrag<br />
beauftragen sie die Agentur,<br />
um rund 500 Euro Fotos für<br />
eine Sedcard – eine Art Visitenkarte<br />
für Models – und<br />
eine Foto-CD zu erstellen. Bei<br />
einer anderen Agentur zahlt<br />
man allein für die Internetpräsentation<br />
schon 540 Euro.<br />
„Im Gegenzug werden be-<br />
zahlte Aufträge angekündigt,<br />
die dann letztlich aber nicht<br />
zustande kommen“, berichtet<br />
Mag. Birgit Eisenpaß.<br />
„Seriöse Agenturen erkennt<br />
man üblicherweise daran,<br />
dass keine Vorauszahlung<br />
verlangt wird. Eventuelle<br />
Kosten werden erst später von<br />
den Honoraren abgezogen.<br />
Wird eine Vorleistung für in<br />
Aussicht gestellte Aufträge<br />
verlangt, sollten die Alarmglocken<br />
läuten“, betont die<br />
Konsumentenschützerin.<br />
„Bietet ein Unternehmen als<br />
Gegenleistung für 500 Euro<br />
lediglich überbelichtete Fotos,<br />
haben die KundInnen<br />
wahrscheinlich zu viel dafür<br />
bezahlt!“, so die AK-Expertin.<br />
Vor Gericht gewonnen<br />
Das Landesgericht Steyr, an<br />
das sich ein Geschädigter mit<br />
Rechtsschutz der AK Oberösterreich<br />
gewandt hatte,<br />
entschied vor Kurzem in 2.<br />
Instanz rechtskräftig, dass der<br />
Vertrag mit der Modelagentur<br />
aufgehoben wird. Ein Grund<br />
dafür, so das Gericht, sei der<br />
von der Agentur veranlasste<br />
Irrtum über die Erfolgsaussichten.<br />
Der Kläger hatte den<br />
zugesicherten Auftrag nämlich<br />
nie erhalten. Als weiterer<br />
Grund für die Vertragsaufl ösung<br />
wurde die so genannte<br />
Verkürzung über die Hälfte<br />
des wahren Wertes anerkannt.<br />
Das heißt, dass die Internetpräsentation<br />
nicht einmal die<br />
Hälfte ihres Preises wert war,<br />
wie ein vom Gericht bestellter<br />
Sachverständiger ermittelt<br />
hatte.<br />
In einem jüngsten Urteil gegen<br />
eine andere Modelagentur<br />
stellte das Gericht fest, dass<br />
die Sedcard für eine Vermittlung<br />
als Model ungeeignet war.<br />
„Aufgrund immer wiederkehrender<br />
Beschwerden auch von<br />
steirischen AK-Mitgliedern<br />
warnen wir jedenfalls vor<br />
Vorauszahlungen an Modelagenturen“,<br />
betont Eisenpaß.
16 <strong>ZAK</strong> <strong>ZAK</strong> 17<br />
gewinn mit<br />
Widerhaken<br />
Per Gewinnspiel werden AbonnentInnen für ein Gewinn-<br />
Magazin geworben, oft ohne dass sie es merken – bis die<br />
Mahnung ins Haus kommt.<br />
„Sie haben gewonnen!“ Wenn<br />
dieser Satz am Telefon zu<br />
hören ist, ist Vorsicht angebracht.<br />
Derzeit mehren sich<br />
die Anfragen von angeblichen<br />
GewinnerInnen, denen per<br />
Telefon der Gewinn eines<br />
Kosmetikgutscheins über <strong>10</strong>0<br />
Euro angekündigt und dabei<br />
ein Zeitschriftenabonnement<br />
des Fokus-Gewinn-Verlages<br />
verkauft wurde. „Name und<br />
Telefonnummer sollen die<br />
Betroffenen selbst im Rahmen<br />
des Gewinnspiels eingesandt<br />
haben. Einige können sich daran<br />
aber gar nicht erinnern“,<br />
erzählt Mag. Birgit Auner vom<br />
AK-Konsumentenschutz.<br />
Im Zuge des telefonischen<br />
Verkaufsgesprächs werden<br />
dann noch Adress- und Geburtsdaten<br />
aktualisiert – angeblich,<br />
damit der Gutschein<br />
zugesandt werden kann. So<br />
kommen Unternehmen aber<br />
auch zu wertvollen Daten.<br />
Nebenbei wird noch gesagt,<br />
<strong>ZAK</strong> nfo<br />
Daten als Gewinn<br />
Viele Unternehmen veranstalten<br />
Gewinnspiele, um Daten<br />
potenzieller WerbekundInnen<br />
zu gewinnen. Daher<br />
sollte man bei persönlichen<br />
Angaben extrem vorsichtig<br />
sein, besonders bei Geburtstag<br />
oder Kontonummer. Sie<br />
machen die Adresse wertvoller,<br />
weil beim Weiterverkauf<br />
der Daten aufgrund des Alters<br />
eine Zielgruppe identifizierbar<br />
ist – beispielsweise<br />
wer für Jugendtickets oder<br />
Anti-Falten-Creme infrage<br />
kommt. Außerdem ist es für<br />
Inkassobüros leichter, die<br />
KundInnen zu finden.<br />
dass die GewinnerInnen eine<br />
Probeausgabe des Magazins<br />
„WIN“ bekommen. „Nur beiläufig<br />
erwähnt wird, dass daraus<br />
ein kostenpflichtiges Abo<br />
wird, wenn man nicht gleich<br />
kündigt“, so Auner.<br />
Verlängerung so unzulässig<br />
Derartige Abo-Vereinbarungen<br />
sind nicht selten und werden<br />
von den Geschädigten oft<br />
erst dann registriert, wenn sie<br />
die Mahnung eines Inkassobüros<br />
erhalten. „Unternehmen<br />
müssen immer ausdrücklich<br />
darauf hinweisen, wenn ein<br />
Gratis-Test-Abo automatisch<br />
kostenpflichtig weiterläuft,<br />
sofern nicht innerhalb einer<br />
bestimmten Frist eine Kündigung<br />
erfolgt“, betont die<br />
Konsumentenschützerin.<br />
Auf den Mahnschreiben, die<br />
einige AK-Mitglieder erhalten<br />
haben, ist die Nummer einer<br />
kostenpflichtigen deutschen<br />
Hotline angegeben. Unter<br />
diesem Anschluss kann das<br />
anlässlich des Gewinns geführte<br />
Telefongespräch als<br />
Beweis für die Zustimmung<br />
zum Abo abgehört werden.<br />
„Wir haben das ausprobiert<br />
und ein Gespräch abgehört,<br />
bei dem eine Norddeutsche<br />
mit einem südsteirischen<br />
Kunden telefoniert. Bei jenem<br />
Teil, der das Zeitschriftenabo<br />
betrifft, spricht sie sehr rasch<br />
und im Dialekt, sodass die beiden<br />
offensichtlich aneinander<br />
vorbeireden“, erzählt Auner.<br />
„Aus diesem Grund sind Vertragsabschlüsse<br />
per Telefon<br />
prinzipiell problematisch.“<br />
Einige Geschädigte haben sich<br />
schon beim AK-Konsumentenschutz<br />
gemeldet, der direkt<br />
beim Verlag in den USA interveniert<br />
hat. Ein Fall wurde<br />
bereits positiv erledigt.<br />
KonSument<br />
Nur jedes zweite von zwölf<br />
steirischen Gütesiegeln wird laut<br />
einer AK-Studie seinem Anspruch<br />
gerecht. Sechs Qualitätssiegel –<br />
Almo, Steirisches Kürbiskernöl,<br />
Bioland Ennstal, Schirnhofer, Steirerhuhn<br />
und Styria Beef – stuften<br />
unabhängige Prüfer als „empfeh-<br />
Welche Änderungen von Seiten der Banken resultieren<br />
wirklich aus dem Zahlungsdienstegesetz, und wozu dient es<br />
nur als Ausrede: Die <strong>ZAK</strong> informiert, was rechtens ist.<br />
Langen Gehälter und Pen-<br />
sionen nun später auf dem<br />
Konto ein?<br />
Vor dem neuen Gesetz lag das<br />
Buchungsdatum für Gehälter<br />
und Pensionen oft noch vor<br />
dem folgenden Monatsersten.<br />
Beheben konnte man das Geld<br />
allerdings erst ab dem Ersten –<br />
dadurch kam es zu ungewollten<br />
Kontoüberziehungen. Ein<br />
wesentlicher Punkt des neuen<br />
Gesetzes ist die Verpflichtung,<br />
dass Buchungsdatum und<br />
Wertstellungsdatum übereinstimmen<br />
müssen. Gehälter<br />
und Pensionen sind daher<br />
ab dem üblichen Zeitpunkt<br />
behebbar, sie scheinen nur<br />
nicht mehr bereits vorab auf<br />
dem Kontoauszug auf.<br />
Geht sich trotzdem ein Dauerauftrag<br />
am Monatsersten aus?<br />
Selbst wenn ein Gehalt oder<br />
die Pension erst am Nachmittag<br />
einlangt, muss sich am selben<br />
Tag ein Dauerauftrag ausgehen,<br />
denn dieser ist nicht<br />
auf eine bestimmte Uhrzeit<br />
ausgerichtet. Es ist allerdings<br />
trotzdem vorgekommen, dass<br />
lenswert“ ein. AK-Präsident Walter<br />
Rotschädl fordert als Konsequenz<br />
einheitliche Kriterien für die Vergabe<br />
und Kontrolle von Qualitätssiegeln.<br />
Die Studie „Steirische<br />
Lebensmittelzeichen“ kann auf<br />
www.akstmk.at heruntergeladen<br />
werden. (Foto: Langmann)<br />
Banken Spesen verrechnet haben<br />
– eine so genannte Rücklastschriftgebühr<br />
–, weil in<br />
der Früh, als die Überweisung<br />
durchgeführt werden sollte,<br />
noch nicht genügend Geld<br />
auf dem Konto war. Für diese<br />
Transaktion steht allerdings<br />
der gesamte Bankarbeitstag<br />
zur Verfügung. Spesen dürfen<br />
laut Zahlungsdienstegesetz<br />
nur verrechnet werden, wenn<br />
sie tatsächlich anfallen. In<br />
diesem Fall also nicht.<br />
Darf für die Zahlung mit Erlagschein<br />
noch eine Gebühr<br />
eingehoben werden?<br />
Mit dem neuen Gesetz ist die<br />
Zahlscheingebühr ersatzlos<br />
gefallen. Einige Versicherungen<br />
haben die Gebühr jedoch<br />
kurzerhand umbenannt: beispielsweise<br />
in Bearbeitungsgebühr.<br />
Das ist allerdings nicht<br />
zulässig. Der Gesetzgeber<br />
erlaubt zwar Vergünstigungen<br />
für jene, die per Bankeinzug<br />
ihre Prämien bezahlen,<br />
aber keine Zusatzkosten für<br />
diejenigen, die eine andere<br />
Zahlungsart bevorzugen. Der-<br />
Staunen Sie manchmal über den Kontoauszug? (Foto: APA/PictureDesk.com)<br />
KonSument<br />
e-Bikes: bequem radeln,<br />
bis der Akku streikt<br />
Lieber treten lassen als selber treten: Der boomende Markt<br />
für E-Bikes bietet entspannten Radlern Modelle zwischen 599<br />
und 2.799 Euro an, ergab ein Preistest der AK-Marktforscher.<br />
Wer beim Radeln seine Wadeln<br />
schonen will, kann auf<br />
ein breites Angebot an Elektrorädern<br />
(mit einem Motor<br />
von bis zu 600 Watt Leistung<br />
als Trethilfe) zugreifen. AK-<br />
Experten haben 22 Modelle<br />
von 16 Herstellern verglichen.<br />
„Den großen Unterschied<br />
macht die Lebensdauer der<br />
Batterie aus“, erklärt MMag.<br />
Josef Kaufmann, denn nach<br />
500 bis 1.200 Vollladezyklen<br />
geht dem Hilfsmotor endgültig<br />
der Saft aus. Ein neuer Akku<br />
schlägt sich dann mit Kosten<br />
von 250 bis 800 Euro nieder.<br />
Die von sechs Grazer Sporthäusern,<br />
einem Diskonter<br />
und einem Internetvertrieb<br />
angebotenen Elektrofahrräder<br />
kosten zwischen 599 und<br />
2.799 Euro und sind 19 bis 28<br />
Kilo schwer. Das Um und Auf<br />
des elektrischen Strampelns<br />
bestimmen Reichweite und<br />
Lebensdauer des „Pedelecs“,<br />
aber hier wird der Konsument<br />
mit rechtlich unverbindlichen<br />
Angaben versorgt. So liegt<br />
die Reichweite eines E-Bikes<br />
laut Hersteller bei 20 bis 80<br />
Kilometern, die Ladedauer des<br />
Akkus kann zwischen 2,5 und<br />
9 Stunden betragen (Details<br />
auf www.akstmk.at).<br />
rudolf.willgruber@akstmk.at<br />
Was Banken an Gebühren gebührt<br />
zeit führt der VKI dazu Musterprozesse.<br />
Wir raten daher<br />
zum Bezahlen der Gebühr nur<br />
unter Vorbehalt. Der Vorbehalt<br />
kann dem Unternehmen in einem<br />
Schreiben mitgeteilt oder<br />
einfach auf dem Zahlschein<br />
unter „Verwendungszweck“<br />
vermerkt werden.<br />
Ist ein Prozent Kontosperrgebühr<br />
angemessen?<br />
Laut Zahlungsdienstegesetz<br />
dürfen Banken nur tatsächlich<br />
anfallende Kosten verrechnen.<br />
Eine Kontosperrung<br />
verursacht zwar Kosten, allerdings<br />
sind diese nicht höher,<br />
wenn mehr Geld auf dem<br />
Konto liegt. Daher ist eine prozentuell<br />
berechnete Gebühr<br />
vermutlich nicht zulässig. Die<br />
AK lässt gerade vom Gericht<br />
abklären, welcher Beitrag für<br />
eine Sperre angemessen ist.<br />
Wie lange dürfen Überweisungen<br />
nach dem neuen Gesetz<br />
nun dauern?<br />
Bis Ende 2011 darf eine Überweisung<br />
in Papierform – also<br />
mit Zahlschein – maximal<br />
vier Banktage dauern. Wochenenden<br />
und Feiertage werden<br />
dabei nicht mitgezählt. Ab<br />
1. Jänner 2012 darf die Verbuchung<br />
beim Erlagschein dann<br />
Beim Elektrorad kommt es vor<br />
allem auf die Lebensdauer der<br />
Batterie an.<br />
nur noch zwei Tage dauern.<br />
Die Frist beginnt zu laufen,<br />
sobald der Zahlschein in die<br />
Überweisungsbox geworfen<br />
wurde. Wie die Bank deren<br />
Entleerung organisiert, ist<br />
ihre Sache und darf nicht als<br />
Ausrede für Verzögerungen<br />
genutzt werden. Bei elektronischer<br />
Buchung ist die Frist<br />
jeweils einen Tag kürzer.<br />
Darf die Bank ein Konto kündigen?<br />
Gehalts- und Pensionskonten<br />
sind meist unbefristete Rahmenverträge,<br />
die vom Kontoinhaber<br />
jederzeit fristlos – und<br />
kostenlos – gekündigt werden<br />
können. Es kann allerdings<br />
im Vertrag auch eine Kündigungsfrist<br />
von einem Monat<br />
vereinbart werden. Will die<br />
Bank ihrerseits den Vertrag<br />
kündigen, so muss die Kündigungsfrist<br />
mindestens zwei<br />
Monate betragen.Bekommt<br />
man also von seiner „Hausbank“<br />
plötzlich die Information,<br />
dass ein Konto mit anderen<br />
Konditionen geführt werden<br />
müsse, so ist das rechtlich ge-<br />
deckt. In diesem Fall sollte man<br />
klären, ob nicht ein anderes<br />
Geldinstitut ein Girokonto mit<br />
besseren Konditionen anbietet.
BetrieBSSport<br />
18 <strong>ZAK</strong> <strong>ZAK</strong> 19<br />
<strong>ZAK</strong> AuF ZACK<br />
dAS SAgen eXperten<br />
3 Fragen, 3 Antworten<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Woher weiß ich, ob<br />
mich mein Chef gerecht<br />
entlohnt?<br />
Kann einmal vereinbarte<br />
Karenzzeit auch<br />
wieder abgeändert<br />
werden?<br />
Wird bei Nichtantritt<br />
einer Lehrstelle eine<br />
Strafzahlung fällig?<br />
Anregungen,<br />
LoB & KritiK<br />
LeSerForum<br />
Lehrlinge essen bereits<br />
anders<br />
zum Ernährungstipp „Voll vital“<br />
Zwischen 2005 und 2009 ist es<br />
Styria vitalis gelungen, gemeinsam<br />
mit allen 16 steirischen<br />
Lehrlingshäusern die Speisepläne<br />
nachhaltig gesünder zu<br />
gestalten. Der Anteil an in Fett<br />
gebackenen Speisen konnte um<br />
bis zu 75% reduziert werden. Gemüse<br />
und Obst werden regional<br />
und saisonal eingekauft und stehen<br />
nun auch häufiger auf dem<br />
Speiseplan. Es wird um bis zu<br />
eXpertinnentippS • LeSer<br />
Dr. Wolfgang Nagelschmied<br />
AK-Arbeitsrecht<br />
Vorsicht bei<br />
gehaltseinstufungen<br />
Mag. Bernadette Pöcheim<br />
AK-Frauenreferat<br />
Kürzere Karenz<br />
melden<br />
Elmar Tuttinger<br />
AK-Jugend<br />
Bindung durch<br />
Lehrvertrag?<br />
70% mehr Vollkornbrot angeboten.<br />
Es werden deutlich weniger<br />
Fertigprodukte verwendet. Täglich<br />
steht zumindest ein Menü<br />
als fleischfreie Variante auf dem<br />
Speiseplan. In allen Lehrlingshäusern<br />
werden frische Kräuter in<br />
der Küche verarbeitet. In einem<br />
Großteil der Lehrlingshäuser<br />
wurden die Speisesäle freundlicher<br />
gestaltet. Seit dieser Umstellung<br />
essen nun auch abends<br />
mehr Lehrlinge im Lehrlingshaus,<br />
und die MitarbeiterInnen der Küche<br />
erleben mehr Arbeitsfreude<br />
und Wertschätzung.<br />
Mag. Sigrid Schröpfer, Graz<br />
Neuer Arbeitsplatz bedeutet<br />
oft: neue Gehaltseinstufung<br />
und neuer Kollektivvertrag.<br />
Wer sich falsch entlohnt fühlt,<br />
sollte möglichst rasch reagieren,<br />
denn Ansprüche können<br />
verjähren. Welcher Kollektivvertrag<br />
zur Anwendung kommt,<br />
hängt grundsätzlich von der<br />
Gewerbeberechtigung des Arbeitgebers<br />
ab. Der Arbeitgeber<br />
ist verpflichtet, zu Beginn<br />
Wann nach einer Elternkarenz<br />
der ideale Zeitpunkt<br />
für den beruflichen Wiedereinstieg<br />
ist, lässt sich vorab oft nicht<br />
klären. Daher empfiehlt es sich,<br />
zunächst eine kürzere Karenz<br />
– beispielsweise ein Jahr – zu<br />
melden. Eine einmalige Verlängerung<br />
ist möglich, eine Verkürzung<br />
nicht. Vereinbarungen zur<br />
Karenz sind schriftlich zu treffen,<br />
Musterformulare gibt es auf der<br />
Oft kommt es vor, dass vom<br />
angehenden Lehrling eine<br />
schriftliche Bestätigung verlangt<br />
wird, das Lehrverhältnis zum vereinbarten<br />
Zeitpunkt anzutreten.<br />
Diese Zusage kann vom Lehrling<br />
getätigt und – sofern das Lehrverhältnis<br />
noch nicht zu laufen<br />
begonnen hat – auch widerrufen<br />
werden. Im Lehrverhältnis steht<br />
zu Beginn die gesetzliche 3-monatige<br />
Probezeit. Charakteristisch<br />
des Arbeitsverhältnisses einen<br />
Dienstvertrag oder Dienstzettel<br />
auszustellen. Daraus müssen<br />
Einstufung in ein Lohngruppenschema<br />
und Anrechnung von<br />
Vordienstzeiten ersichtlich sein.<br />
Oftmals bieten Vorgesetzte bei<br />
der Einstellung eine niedrigere<br />
Einstufung an und versprechen<br />
eine spätere Umstufung. Darauf<br />
sollte man sich aber gar nicht<br />
einlassen.<br />
AK-Homepage. Spätestens am<br />
zweiten Geburtstag des Kindes<br />
müssen Eltern wieder im Job<br />
sein, sonst geht ihr Kündigungsschutz<br />
verloren. Das gilt auch<br />
für BezieherInnen des einkommensabhängigenKinderbetreuungsgeldes.<br />
Auch wenn sie nur<br />
bis zum 12. oder 14. Lebensmonat<br />
des Kindes Geld beziehen,<br />
können sie bis zum 2. Geburtstag<br />
in Karenz bleiben.<br />
an einer Probezeit ist die jederzeitige<br />
Auflösungsmöglichkeit<br />
ohne Angabe eines Grundes. Also<br />
kann ein Lehrverhältnis bereits in<br />
den ersten laufenden „Minuten“<br />
– ohne Angabe eines Grundes –<br />
aufgelöst werden. Daraus ergibt<br />
sich auch die Möglichkeit, den<br />
bereits unterschriebenen (Vor-)<br />
Lehrvertrag zu widerrufen. Eine<br />
„Strafzahlung“, die bei Nichtantritt<br />
fällig würde, ist rechtsunwirksam!<br />
Schreiben Sie an <strong>ZAK</strong>-Redaktion<br />
Hans-Resel-Gasse 8–14, 8020 Graz<br />
E-Mail: redaktion@akstmk.at<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe nicht oder gekürzt zu veröffentlichen.<br />
AK verlangt regeln für<br />
einstellungstests<br />
zu „Aids-Test vor Job“<br />
Die <strong>ZAK</strong>-Story über Drogen-<br />
und Aids-Tests bei Bewerbern<br />
einer Transpor t f irma stieß<br />
auf ein besonders starkes<br />
Echo in zahlreichen Print- und<br />
elektronischen Medien. AK-<br />
Präsident Rotschädl kündigte<br />
sofort eine Gesetzesinitiative<br />
der steirischen <strong>Arbeiterkammer</strong><br />
an, um den „Wildwuchs an<br />
unnötigen, schikanösen und<br />
diskriminierenden Tests zu<br />
stoppen“. Zum wirk samen<br />
Schutz gegen Eingriffe in die<br />
Persönlichkeitsre chte von<br />
ArbeitnehmerInnen bedarf es<br />
einer gesetzlichen Regelung,<br />
„denn Drogentests für 15-jährige<br />
Bürolehrlinge sind völlig<br />
überzogen“. Die AK-Vollversammlung<br />
fordert in einem<br />
Antrag vom Gesetzgeber eine<br />
taxative Aufzählung, unter<br />
welchen besonderen Bedingungen<br />
bestimmte Einstellungsuntersuchungen<br />
verlangt und<br />
in welcher Form Verstöße<br />
gegen Regelungen sanktioniert<br />
werden können. (Red.)<br />
Sandvik ist auf Eis Spitze<br />
Im Stocksport rutscht die<br />
Obersteiermark einfach nicht<br />
aus: Mit Sandvik Zeltweg gab<br />
es einen neuen Meister.<br />
In einem sehr spannenden<br />
Finale setzte sich Sandvik<br />
Zeltweg gegen die Steiermärkische<br />
Sparkasse Graz mit<br />
19 : 14 durch und feierte so<br />
den ersten Landesmeistertitel.<br />
Auch der dritte Platz<br />
ging mit 22 : 12 an die Firma<br />
Marko aus Weiz, die dabei<br />
dem Titelverteidiger voestalpine<br />
Tubulars Kindberg keine<br />
Chance ließ. Das Spiel um<br />
Platz fünf gewann mit GKB<br />
Deutschlandsberg auch eine<br />
Mannschaft aus dem „Süden“<br />
gegen Veitsch Radex Trieben<br />
mit 25 : 3.<br />
Die Kegelturniere sind besonders<br />
bei Frauen sehr beliebt.<br />
SportZeit<br />
BetrieBSSport<br />
eisstocksport-<br />
Betriebsmeisterschaft<br />
gebietsliga graz und gu,<br />
Stocksportanlage ASKÖ ESV<br />
Seiersberg,16.30 Uhr, 12.05.20<strong>10</strong><br />
und 18.06.20<strong>10</strong><br />
gebietsliga deutschlandsberg,<br />
ESV Kalkgrub, Beginn 18 Uhr,<br />
08.06.20<strong>10</strong><br />
So sehen eiskalte Sieger aus: das Team von Sandvik Zeltweg.<br />
„Weil keine Meisterschaften<br />
an diesem Tag stattfanden, waren<br />
sehr viele Staats- und Bundesligaschützen<br />
bei den einzelnen<br />
Teams dabei, dadurch<br />
BetrieBSSport<br />
gebietsliga mürztal,<br />
Stocksportanlage Kindberg,<br />
Beginn 8 Uhr, 04.07.20<strong>10</strong><br />
Stocksportturnier für<br />
Hobbymannschaften<br />
graz und gu, Stocksportanlage<br />
ASKÖ ESV Seiersberg, Beginn:<br />
17 Uhr, 20.05.20<strong>10</strong><br />
war diese Landesmeisterschaft<br />
technisch und taktisch<br />
auf allerhöchstem Niveau“,<br />
so AK-Präsident Walter Rotschädl<br />
bei der Siegerehrung.<br />
die Kugeln rollen auch<br />
in Zeiten der Krise<br />
Das Betriebskegeln für Mann<br />
und Frau erfreut sich trotz<br />
Wirtschaftskrise weiterhin<br />
starker Beliebtheit. So konnte<br />
im Bezirk Leibnitz die Teilnehmerzahl<br />
gegenüber 2009<br />
leicht gesteigert werden.<br />
Im durch die Krise besonders<br />
stark gebeutelten Deutschlandsberg<br />
hingegen fiel der<br />
Rückgang nicht so dramatisch<br />
aus wie befürchtet, da<br />
ja gerade Betriebe mit hohem<br />
Frauenanteil große Probleme<br />
hatten und haben und für<br />
diese Kegelturniere die Teilnehmerinnen<br />
die treibenden<br />
Kräfte sind.<br />
Die Termine für die Bezirke<br />
Bruck, Mürzzuschlag und<br />
Feldbach werden demnächst<br />
ausgesandt und unter www.<br />
akstmk.at – Betriebssport bekannt<br />
gegeben.<br />
Sie-&-er-Betriebskegeln<br />
gebietsliga Liezen, Sportkegelbahnen<br />
Admiral, 21. bis<br />
25.06.20<strong>10</strong><br />
Familienradtage<br />
graz – Leibnitz, Start: 9.30 Uhr,<br />
Brauerei Puntigam, 13.06.20<strong>10</strong><br />
Frauental, Start: 9 Uhr, Sportzentrum,<br />
20.06.20<strong>10</strong><br />
<strong>ZAK</strong> n Kürze<br />
Kinderdrehscheibe<br />
Ob Tagesmutter-Platz, Kindergartenanmeldung<br />
oder<br />
Ferienbetreuung – die Kinderdrehscheibe<br />
informiert<br />
über sämtliche Formen der<br />
Kinderbetreuung und hilft<br />
Eltern, einen geeigneten Betreuungsplatz<br />
für ihr Kind zu<br />
finden. „Österreichweit sind<br />
wir die Einzigen, die öffentliche,<br />
betriebliche und private<br />
Institutionen erfassen“, erklärt<br />
Geschäftsführerin Ines<br />
Mirkovic. Derzeit läuft ein<br />
Pilotprojekt zur zentralen Anmeldung<br />
für die Grazer Kindergärten<br />
und -krippen. Damit<br />
soll vermieden werden,<br />
dass ein Kind in mehreren<br />
Einrichtungen aufgenommen<br />
wird, während andere<br />
keinen Platz bekommen. Die<br />
Kinderdrehscheibe in der<br />
Grazer Brandhofgasse 13 ist<br />
unter 0316/37 40 44 (steiermarkweit<br />
zum Ortstarif unter<br />
08<strong>10</strong> 001242) zu erreichen:<br />
www.kinderdrehscheibe.net<br />
Ferialjobbörse<br />
Die Ferialjobbörse ist wieder<br />
bis 31. Juli 20<strong>10</strong> geöffnet. Jugendliche,<br />
die in den Ferien<br />
arbeiten wollen, finden dort<br />
viele Jobangebote, aber auch<br />
Tipps für Bewerbungen und<br />
rechtliche Grundlagen. Die<br />
Servicestelle (ab Mai am Grazer<br />
Karmeliterplatz) ist unter<br />
0316/81 60 74 von 12 bis 17<br />
Uhr erreichbar:<br />
www.jobboerse.logo.at<br />
Alpentour Trophy<br />
Vom 3. bis 6. Juni steht die<br />
Planai ganz im Zeichen der<br />
Mountainbiker. Bei der Alpen<br />
Tour Steiermark kämpfen<br />
Spitzenfahrer und ambitionierte<br />
Hobby-Biker um<br />
Geld- und Sachpreise. In<br />
vier Etappen stehen durchschnittlich<br />
60 Kilometer und<br />
2.000 Höhenmeter auf dem<br />
Tagesprogramm, erstmals<br />
wird auch eine E-Bike-Kategorie<br />
eingeführt.<br />
Infos: www.mtbfestival.at
20 <strong>ZAK</strong> Serie Serie<br />
<strong>ZAK</strong> 21<br />
FriSCH<br />
gepreSSt<br />
AuS der AK-BiBLiotHeK<br />
Cherica Schreyer-<br />
Hartmann:<br />
theodor Körner.<br />
der rote Kaiser und die nachtigallen.<br />
Brandstätter 2009.<br />
288 Seiten<br />
Theodor Körner: letzter Stabschef<br />
der k.u.k. Isonzoarmee,<br />
Militärberater des Schutzbundes,<br />
1. Wiener Bürgermeister<br />
nach 1945 und 1. vom Volk gewählter<br />
Bundespräsident der<br />
Zweiten Republik. In der öffentlichen<br />
Wahrnehmung galt<br />
Körner immer als überzeugter<br />
Junggeselle. Durch dieses<br />
Buch der Autorin – deren<br />
Mutter selbst eine Beziehung<br />
zu Körner hatte – erhält dieses<br />
Bild nun neue Facetten. Und<br />
zugleich ein Gesellschaftsbild<br />
der 1950er-Jahre in Österreich.<br />
Hannes e. Schlag:<br />
ein tag zu viel.<br />
Aus der geschichte des<br />
Kalenders. Katz 2008. 359<br />
Seiten<br />
Tag, Monat, Jahr – oftmals sind<br />
die scheinbar einfachen Dinge<br />
unseres Lebens viel komplexer,<br />
als uns bewusst ist. Unsere<br />
Vorstellung von Zeit ist geprägt<br />
von Sonnenhöchststand,<br />
Mondumlauf und Umlauf der<br />
Erde um die Sonne. Aber warum<br />
hat eine Woche 7 Tage, ein<br />
Tag 24 Stunden? Warum hatten<br />
Azteken oder Inder völlig andere<br />
Kalendereinteilungen? Eine<br />
spannende Kulturgeschichte<br />
vom Verständnis von Zeit und<br />
deren Einteilung.<br />
Christian Stenner (Hg.):<br />
Kritik des Kapitalismus.<br />
gespräche über die Krise.<br />
promedia-Verlag, 192 Seiten.<br />
Wie kann ein scheinbar stabiles<br />
Wirtschaftssystem von<br />
heute auf morgen einbrechen?<br />
Wie hängen die Krisen im Finanz-<br />
und Realwirtschaftssektor<br />
zusammen? Warum führen<br />
steigende Unternehmensprofite<br />
zu Überproduktion und<br />
Spekulation? Und weiter: Ist die<br />
Krise schon überwunden – oder<br />
kommt der echte Crash noch?<br />
Analysen, Erklärungsversuche<br />
und Alternativen zeichnete<br />
der Grazer Journalist Christian<br />
Stenner zwischen <strong>April</strong> 2008<br />
und Juli 2009 in Gesprächen<br />
mit prominenten ÖkonomInnen,<br />
PublizistInnen und Poli-<br />
tologInnen wie Joachim Bischoff,<br />
Joachim Becker, Christian<br />
Felber, Margit Schratzenstaller,<br />
Stephan Schulmeister u. a. auf.<br />
Wolfgang Böck,<br />
günther Schatzdorfer:<br />
Am besten echt.<br />
Kulinarisch-kulturelle reise<br />
ins Hinterland Venedigs.<br />
Amalthea 20<strong>10</strong>. 251 Seiten<br />
Erneut begeben sich Schauspieler<br />
Böck und Autor Schatzdorfer<br />
auf eine italienische<br />
Reise der besonderen Art. Versteckte<br />
Villen, kleine Gasthäuser,<br />
erstklassige Weingüter und<br />
faszinierende Menschen treffen<br />
sie auf ihrer Fahrt.<br />
ein BLiCKZurÜCK<br />
<strong>ZAK</strong>-Serie<br />
geSCHiCHte der<br />
ArBeitneHmer/-innen<br />
Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der steirischen<br />
Arbeiterschaft waren im 19. Jahrhundert<br />
von heute nicht mehr vorstellbaren Zuständen<br />
bestimmt. Zu lange Arbeitszeiten, gesundheitsschädliche<br />
Tätigkeiten und zu niedrige Löhne,<br />
woraus schlechte Ernährung und menschenunwürdige<br />
Wohnmöglichkeiten resultierten.<br />
Filzerzeugung für die Hutproduktion:<br />
Die Hutmacher<br />
gehörten zu den Pionieren<br />
der Krankenunterstützungsvereine.<br />
Rechts: Modelltischler (1890)<br />
bei Böhler in Kapfenberg mit<br />
Werkzeug und Produkten.<br />
(Fotos aus: Vom Tagwerk der<br />
Jahrhundertwende. Bilder der<br />
Arbeit 1870 – 1930, Europaverlag<br />
1985)<br />
Keimzellen der „radikalen“ elemente<br />
Lange Zeit hatten sich die<br />
völlig rechtlosen ArbeiterInnen<br />
mit den elenden Verhältnissen,<br />
in denen sie leben<br />
mussten, abgefunden. Erst seit<br />
der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
wurden Maßnahmen zur Verbesserung,<br />
wie die Gründung<br />
von Arbeitervereinen, was<br />
(erst) mit dem Vereinsgesetz<br />
von 1867 möglich wurde,<br />
ergriffen. Zu diesen Vereinen<br />
gehörten einerseits die Selbsthilfe-Vereine(Krankenvorsorge-<br />
bzw. Unterstützungsvereine<br />
sowie Consumvereine),<br />
mit welchen bessere Lebensbedingungen<br />
erreicht werden<br />
sollten, und andererseits die<br />
Bildungs-, Lese-, Fach- und<br />
politischen Arbeitervereine,<br />
deren Zielsetzungen sozial-<br />
und gesellschaftspolitisch<br />
determiniert waren.<br />
Krankenvorsorge<br />
Die ersten steirischen Kranken-Unterstützungsvereine<br />
waren zuerst noch nach den<br />
einzelnen Gewerbezweigen<br />
orientiert. So gab es ab 1867 einen<br />
Krankenverein der Buchdrucker,<br />
der Hutmacher, der<br />
Kleidermacher, der Bäcker,<br />
der Maurer, der Lithografen,<br />
der Holzarbeiter, der Hafnergehilfen<br />
und der Braugehilfen.<br />
Schon 1868 wurde aber auch<br />
die steiermärkische Arbeiter-<br />
Kranken- und Invalidenkasse<br />
(AKI), die ArbeiterInnen aller<br />
Branchen offen stand, gegründet.<br />
Nachdem mit dem Beschluss<br />
des Krankenversicherungsgesetzes<br />
im Jahre 1888<br />
eine Krankenversicherung<br />
auch für die ArbeiterInnen<br />
obligatorisch wurde, erhöhte<br />
sich der Mitgliederstand in<br />
nur einem Jahr von 18.012 auf<br />
28.829 Personen.<br />
Die zentrale Figur des Vereins<br />
war mit Michael Kappauf jene<br />
Person, die eine entscheidende<br />
Rolle in der steirischen Arbeiterbewegung<br />
spielte. Er war einer<br />
der Gründer und Obmann<br />
des Arbeiterbildungsvereins<br />
„Vorwärts“ und Obmannstellvertreter<br />
des politischen<br />
Vereins „Brüderlichkeit“. Dies<br />
war ein Grund dafür, dass die<br />
Behörde die AKI für einen<br />
sozialistischen Verein hielt<br />
und deren Aktivitäten, aber<br />
auch Kappauf selbst – dieser<br />
wurde 1873 wegen Vergehens<br />
gegen die öffentliche Ruhe<br />
und Ordnung zu einem Monat<br />
Arrest, 1884 zu dreieinhalb<br />
Jahren schweren Kerkers verurteilt<br />
– mit großem Argwohn<br />
verfolgte.<br />
Erste Consum-Vereine<br />
1868 wurden auch die ersten<br />
steirischen Consum-Vereine,<br />
deren Prinzip darin bestand,<br />
Waren an die Mitglieder zum<br />
Selbstkostenpreis abzugeben,<br />
gegründet, und zwar in Voitsberg,<br />
Eisenerz, Aflenz und<br />
Marburg, ein Jahr später in<br />
Zeltweg, Leoben und Neuberg.<br />
Ebenfalls im Jahre 1868 kam<br />
es zur Gründung von Arbeiterbildungsvereinen<br />
in Graz,<br />
Marburg und Zeltweg. Nach<br />
dem Vorbild des immer mehr<br />
politisch agierenden Grazer<br />
Vereins „Vorwärts“ wurden<br />
1869 Arbeiterbildungsvereine<br />
in Judenburg, Leoben<br />
und Bruck/Mur gegründet,<br />
1870 kam es zu Gründungen<br />
in Voitsberg und Knittelfeld,<br />
1871 in Andritz und 1873 in<br />
Kindberg.<br />
Fachvereine ab 1868<br />
In diesen Jahren entstanden<br />
auch die ersten Fachvereine<br />
– 1868 Buchdrucker, 1870<br />
Bäcker sowie Maler, Kleidermacher,<br />
1871 der Holzarbeiter,<br />
Bäcker, Eisen-und Metallarbeiter,<br />
Schuhmacher – deren<br />
Hauptanliegen die Verbesserung<br />
der Arbeitsbedingungen<br />
und der wirtschaftlichen Lage<br />
der Arbeiterschaft war und<br />
die als Vorläufer der heutigen<br />
Gewerkschaften gelten. Im<br />
Unterschied dazu waren die<br />
politischen Arbeitervereine<br />
maßgeblich für die Verbreitung<br />
sozialistischen Gedankenguts.<br />
Radikale Überwachung<br />
Der erste deklarierte politische<br />
Arbeiterverein in der<br />
Steiermark war der im März<br />
1872 in Graz gegründete Verein<br />
„Brüderlichkeit“. Er galt<br />
Am Ort des Grazer Orpheums stand einst die Puntigamer Bierhalle, in<br />
der die ersten Arbeitervereine zusammentrafen. (Foto: Fritz Langman)<br />
bei der Behörde als Sammelbecken<br />
der „radikalen Arbeiterelemente“,<br />
weshalb sie ihn<br />
unter einem Vorwand bereits<br />
im September – zu diesem<br />
Zeitpunkt hatte der Verein 36<br />
Mitglieder – wieder auflöste<br />
und nach seiner Neugründung<br />
im <strong>April</strong> 1873 strengstens<br />
überwachte. 1874 wurde<br />
– ebenfalls in Graz – der<br />
politische Verein „Zukunft“<br />
gegründet. Auch er wurde<br />
wegen „staatsgefährlicher<br />
Bestrebungen“ aufgelöst.<br />
Zuletzt Parteigründung<br />
Es waren diese Vereine, die<br />
die Basis für die 1889 erfolgte<br />
Gründung der SP darstellten,<br />
wobei ihre beeindruckende<br />
Zahl schon in diesen frühen<br />
Jahren zeigt, dass sich die<br />
Entwicklung eines Klassenbewusstseins<br />
der Arbeiterschaft<br />
– trotz aller Versuche<br />
der Behörden, dies zu verhindern<br />
– bereits sehr früh<br />
anzubahnen begonnen hatte.<br />
L i t e r a t u r : K a r i n M a r i a<br />
Schmidlechner, Die steirischen<br />
Arbeiter im 19. Jahrhundert,<br />
Wien 1983.
22 <strong>ZAK</strong> BLitZLiCHter SAtire<br />
<strong>ZAK</strong> 23<br />
dank an prüfungsbeisitzer<br />
Praktische Tipps für neue<br />
BeisitzerInnen der Lehrabschlussprüfungen<br />
lieferte<br />
die <strong>Arbeiterkammer</strong> kürzlich<br />
bei Veranstaltungen in Graz<br />
und Leoben. AK-Präsident<br />
Rotschädl dankte den bis<br />
nachdenken über<br />
die Krise<br />
Einen gern gesehenen Gast im Grazer Stiftingtal<br />
konnte AK-Präsident Rotschädl im<br />
März begrüßen. Vor knapp 200 BetriebsrätInnen<br />
analysierte der prominente Politologe<br />
Peter Filzmaier in der Otto-Möbes-<br />
Akademie die Auswirkungen der „großen<br />
Krise“, die verschärfte Konfl ikte zwischen<br />
den Generationen und zwischen privatem<br />
und öffentlichem Sektor auslösen werde.<br />
Der AK-Präsident betonte, dass es nun Aufgabe<br />
der Arbeitnehmervertretungen sei,<br />
darauf zu achten, „dass unsere Mitglieder<br />
bei der Budgetsanierung nicht überproportional<br />
zum Handkuss kommen“.<br />
2014 aktiven Beisitzern, denen<br />
Urkunden und Mappen mit für<br />
ihr Amt relevanten Unterlagen<br />
ausgehändigt wurden. Im Bild<br />
Erwin Trummer, Maria Eisl<br />
(WK), Robert Ernst und Walter<br />
Rotschädl.<br />
drei Feste für<br />
AK-mitglieder<br />
Kinderbetreuungsgeld neu<br />
Über das Kinderbetreuungsgeld<br />
neu informierten Mag.<br />
Bernadette Pöcheim und<br />
Mag. Christina Poppe-Nestler<br />
vom AK-Frauenreferat bei<br />
einer gemeinsamen Veranstaltung<br />
von AK und ÖGB.<br />
Einen fröhlichen Frühlingsauftakt<br />
bildeten die Mitgliederehrungen<br />
der steirischen<br />
AK: An drei Festen in Folge<br />
wurde im Kammersaal knapp<br />
900 Mitgliedern aus dem Großraum<br />
Graz für ihre „Leistungen<br />
im Dienste der Steiermark“<br />
gedankt. Zusammen mit AK-<br />
Präsident Walter Rotschädl<br />
überreichten AK-Direktor Dr.<br />
Wolfgang Bartosch, Vizepräsidenten<br />
und zahlreiche Vorstandsmitglieder<br />
Ehrengaben<br />
und Blumen an die Festgäste.<br />
Ein unterhaltsames Showprogramm<br />
sorgte für den fi nalen<br />
Höhepunkt.<br />
Nach Grußworten von AK-<br />
Vorstandsmitglied Elisabeth<br />
Aufreiter (rechts) analysierteÖGB-Landesfrauensekretärin<br />
Heidrun Silhavy<br />
(links) die Entwicklung der<br />
fünf Varianten.<br />
einstein & e nfalt<br />
ein satirisches doppel<br />
von<br />
Berndt Heidorn<br />
Müller: Grüß Sie, Huber,<br />
schön, Sie zu treffen.<br />
Huber: Herr Müller, Sie sind<br />
aber schön braun.<br />
Müller: Kein Wunder, ich<br />
komm ja auch gerade aus<br />
Kärnten. Urlaub bei Freunden,<br />
die Frühlingssonne genießen<br />
und so.<br />
Huber: Ich hab gedacht, die ist<br />
vom Himmel gefallen.<br />
Müller: Treiben Sie nicht mit<br />
dem Entsetzen Scherz, Huber.<br />
Huber: Wieso Scherz? Der<br />
Dörfl er hat das ernst gemeint.<br />
Aber dem ist ja auch von Gerichts<br />
wegen Ahnungslosigkeit<br />
bescheinigt worden.<br />
Müller: Verwechseln Sie nicht<br />
die Zusammenhänge, Huber.<br />
Die Justiz hat lediglich festgestellt,<br />
dass dem Herrn Landeshauptmann<br />
nicht bewusst<br />
war, dass er gegen Verfassungsgesetze<br />
verstößt, wenn<br />
er Ortstafeln verrückt.<br />
Huber: Ziemlich verrückt.<br />
Müller: Vorsicht, Huber: Das<br />
erfüllt den Tatbestand der<br />
Ehrenbeleidigung!<br />
Huber: Gehen S', Müller, wie<br />
käm ich denn dazu, den Dörfler<br />
verrückt zu nennen? Ich<br />
meine die Tatsache, dass einem<br />
Landeshauptmann unterstellt<br />
wird, dass er nicht weiß,<br />
was er tut.<br />
Müller: Glauben Sie, dass er da<br />
der Einzige ist?<br />
Huber: Da haben S' auch wieder<br />
recht. Sagen Sie, Müller:<br />
Wenn Sie schon in Kärnten<br />
waren, können Sie mir etwas<br />
erklären?<br />
Müller: Gerne. Was wollen S'<br />
denn wissen?<br />
Huber: Also wie ist das jetzt:<br />
Den Landeshauptmann stellt<br />
doch das BZÖ, oder?<br />
Müller: Mir scheint, Sie kennen<br />
Zeitungen nur vom Leberkäs-Einwickeln,<br />
Huber:<br />
Das BZÖ hat sich mit der FPÖ<br />
wiedervereinigt und heißt<br />
jetzt FPK.<br />
Huber: Fröhliche Pausen-<br />
Kasperln?<br />
Müller: Sehr komisch, Huber.<br />
FPK steht für Freiheitliche<br />
Partei Kärntens, um das eigenständig<br />
Kärntnerische zu<br />
betonen.<br />
Huber: Aha, das heißt, die sind<br />
immerhin zur Selbstironie fähig.<br />
Das BZÖ gibt’s also nicht<br />
mehr?<br />
Müller: Sie leben wohl wirklich<br />
hinterm Mond, Huber.<br />
Das BZÖ gibt’s natürlich auch<br />
noch, aber nicht mehr in der<br />
Landesregierung.<br />
Huber: Aha. Wenn das BZÖ<br />
gewählt wurde, nun aber eine<br />
andere Partei in der Regierung<br />
ist, ist das nicht Betrug am<br />
Wähler?<br />
Müller: Ich bitt Sie, Huber, in<br />
Kärnten nennt man das Demokratie.<br />
Huber: Na gut, das heißt also,<br />
bei der nächsten Wahl treten<br />
BZÖ und FPK an.<br />
Müller: Nichts Genaues weiß<br />
man nicht.<br />
Huber: Warum dieses?<br />
Müller: Weil es die Landesgruppe<br />
der traditionellen FPÖ,<br />
die Urblauen sozusagen, auch<br />
noch gibt.<br />
Huber: Das versteh ich jetzt<br />
überhaupt nicht mehr. Das<br />
dritte Lager ist also dreigeteilt?<br />
Müller: Ja schon, aber die<br />
Grundierung ist ja ohnehin<br />
dieselbe. Die sieht man aber<br />
erst, wenn der Lack ab ist.<br />
Huber: Wenn das so ist, dann<br />
muss ja die SPÖ ganz schön<br />
abräumen bei den nächsten<br />
Wahlen.<br />
Müller: Das können auch nur<br />
völlig Ahnungslose wie Sie<br />
oder die SPÖ-Bundesparteizentrale<br />
glauben, Huber. Die<br />
Kärntner SPÖ ist vollauf damit<br />
beschäftigt, sich gegenseitig<br />
Hackln ins Kreuz zu schmeißen.<br />
Für die Auseinandersetzung<br />
mit dem politischen<br />
Gegner ist da kein Platz.<br />
Huber: Wissen S' was, Müller?<br />
Mir ist das jetzt zu blöd. Bleib'<br />
ich im Urlaub halt daheim.<br />
Auch wenn ich dann nicht so<br />
schön braun werd.<br />
(Gindl/APA/PictureDesk.com)<br />
Willi Tell<br />
inS SCHWArZe<br />
Eine knappe Bemerkung über<br />
das Wetter ist in der zwischenmenschlichenKommunikation<br />
wie der Eröffnungszug<br />
beim Schachspiel. Weißer Bauer<br />
auf D3. „Schönes Wetter<br />
heute!“ oder, gegebenenfalls,<br />
„Ist das vielleicht ein Sauwetter!“<br />
– Das sind gängige und<br />
unverdächtige Feststellungen,<br />
mit deren Hilfe sich mit jedem<br />
Menschen ohne viel Federlesens<br />
ins Gespräch kommen<br />
lässt. Das Wetter ist also nicht<br />
nur ein Phänomen der Meteorologie,<br />
es ist auch ein kostbares<br />
soziales Schmiermittel.<br />
So weit – so sonnig.<br />
Wetterberichte<br />
Aber man kann es übertreiben.<br />
Und das macht der ORF.<br />
Im Radio wurden einige der<br />
stündlichen Nachrichten auf<br />
drei Minuten gekürzt, sodass<br />
sich nur ein paar dürftige Informationshäppchenausgehen.<br />
Dafür wird umso länger<br />
über das Wetter geredet. Um<br />
nicht zu sagen: gelabert. Dafür<br />
ist Zeit. Nun erfahren wir also,<br />
dass es am Nachmittag in Teilen<br />
Vorarlbergs regnen könnte,<br />
vielleicht aber auch nicht.<br />
Aha.<br />
Mein Wunsch lautet: mehr<br />
und umfassendere Nachrichten,<br />
dafür kein Wort mehr<br />
über das Wetter! Mit solchen<br />
Forderungen – das ist mir sonnenklar<br />
– verschafft man sich<br />
kaum Fans. Aber mein Fan bin<br />
ich ohnehin selber und bleibe<br />
dabei: Wer wissen will, wie das<br />
Wetter ist, soll einfach beim<br />
Fenster hinausschauen. Und<br />
wer wissen will, wie das Wetter<br />
morgen sein wird, möge morgen<br />
aus dem Fenster schauen.
24 <strong>ZAK</strong><br />
innovationspreis an<br />
Sandvik vergeben<br />
Als Landessieger der Initiative „Arbeitsplätze durch Innovation“<br />
wurde Sandvik Mining und Construction in Zeltweg<br />
ausgezeichnet.<br />
Bei der gemeinsamen Initiative<br />
von Forschungsförderungsgesellschaft<br />
und <strong>Arbeiterkammer</strong><br />
werden alljährlich<br />
Unternehmen vor den Vorhang<br />
gebeten, die mit ihrer Forschungs-<br />
und Entwicklungsarbeit<br />
einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Schaffung und<br />
Sicherung von Arbeitsplätzen<br />
leisten. Das Werk Zeltweg<br />
ist Kompetenzzentrum für<br />
„schneidende Gesteinsbearbeitung“<br />
innerhalb des schwedischen<br />
Sandvik-Konzerns.<br />
Zeltweger Maschinen kommen<br />
im Tunnelbau und im Untertagebergbau<br />
zum Einsatz.<br />
CArtoon<br />
Sandvik F&E-Leiter Dr. Nikolaus Sifferlinger, Sandvik-GF Mag. Michael<br />
Viet, FFG-GF Dr. Klaus Pseiner und AK-Präsident Walter Rotschädl.<br />
<strong>ZAK</strong> mpressum<br />
Medieninhaber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark, 8020<br />
Graz, Hans-Resel-Gasse 8–14, Tel.: 05 7799 • www.akstmk.at • Redaktion:<br />
Rudolf Willgruber (Leitung), Dr. Michaela Felbinger, Mathias Grilj, Gerhard Haderer,<br />
Berndt Heidorn, Stephan Hilbert, Prof. Dr. Karin M. Schmidlechner, Mag.<br />
Ursula Jungmeier-Scholz, Günther Terpotitz, Efi Papst • Produktion: Reinhold<br />
Feimuth, A. Weissensteiner • Druck: Leykam, Let’s Print • Auflage: 385.000 Stück