Kunstmuseum Bern - Ensuite
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Kultur & Gesellschaft<br />
SCHÜLER FOTOGRAFIEREN<br />
wo fotografi e und sprache<br />
zusammentreffen<br />
Von Anita Di Domenico, Fotografi n Bild: zVg.<br />
■ Die Idee, ein Fotoprojekt mit Schulkindern zu realisieren,<br />
ist eher zufällig entstanden. Die vielen Elektrozählrahmen<br />
– ein Recyclingprodukt aus Holz –, die<br />
ich seit gut acht Jahren bei mir im Studio habe, und<br />
die aus renovierten Altbauten der <strong>Bern</strong>er Längasse<br />
stammen, wollte ich schon immer für eine Präsentation<br />
einsetzen. Dank der fi nanziellen Unterstützung<br />
verschiedener Unternehmen war es mir nun möglich,<br />
ein kreatives Fotoprojekt zu erarbeiten, für das diese<br />
Holzrahmen wie geschaffen sind. Die Fotografi nnen<br />
und Fotografen dafür waren bald gefunden. Frau<br />
Maya Stadler, Klassenlehrerin der Klasse 4d Geisshubel,<br />
Zollikofen, begeisterte sich für die Idee, mit ihrer<br />
Klasse und mir ein Gemeinschaftswerk zu erarbeiten.<br />
Fotografi eren wie die Profi s Im Klassenzimmer<br />
standen zwei Kameras auf Stativen bereit sowie ein<br />
schwarzer und ein weisser Hintergrund. Die Klassenlehrerin<br />
hatte die Kinder zuvor angeregt, sich mit Zeitzeugen<br />
aus ihrem Schulalltag auseinanderzusetzen.<br />
Der Auftrag lautete, in die Zeit zu reisen, und einen<br />
Gegenstand aus ihrem Schulalltag mitzunehmen. Die<br />
Kinder wussten nicht, ob sie die Zeitreise in die Vergangenheit<br />
oder in die nahe Zukunft bringen würde.<br />
Doch sie sollten den Menschen, die sie in dieser «neuen<br />
Welt» antreffen würden, ihren Gegenstand zeigen<br />
und näher bringen – festgehalten auf einem Foto.<br />
Die verschiedenen Schulobjekte wurden von den<br />
Kindern dafür arrangiert und ins richtige Licht gerückt.<br />
Die «geübten Fotografi nnen und Fotografen»<br />
unter ihnen konnten bereits vor der Aufnahme das<br />
Bildfeld der Kamera mitberücksichtigen. Denn das<br />
Format des Bilderrahmens entspricht in keiner Weise<br />
dem Bildfeld der Digital SLR Camera. Das war schon<br />
ein bisschen kniffl ig. Ich stand den Kindern deshalb<br />
unterstützend zur Seite und konnte mein Wissen und<br />
meine Erfahrung als langjährige Fotografi n einsetzen.<br />
Aus ihren Fotografi en durften die Kinder ihr Lieb-<br />
44<br />
lingsbild wählen und zur Besprechung in den Unterricht<br />
mitbringen. Die Kinder, die Lehrerin und ich<br />
hatten anregende und aufschlussreiche Gespräche<br />
über die Bildwahl und die Gründe dafür. Für mich als<br />
Fotografi n begann damit der künstlerische Teil, die<br />
Bildbearbeitung.<br />
Sprachliche Auseinandersetzung Fotografi eren<br />
ist nicht nur knipsen. Wie und was fotografi ere ich,<br />
und warum fotografi ere ich gerade dieses Motiv?<br />
Auch die Kinder von «schüler fotografi eren» mussten<br />
sich diese Fragen stellen und ihre Bilder refl ektieren.<br />
Der mittels Fotografi e festgehaltene Gegenstand ist<br />
der Rohstoff, das Ausgangsprodukt. Was wir damit<br />
erschaffen und wie wir das Bild präsentieren und interpretieren,<br />
ist das Produkt.<br />
Auf diese Weise mussten auch die Kinder an ihre<br />
Fotografi en herantreten und sich mit ihnen auseinandersetzen.<br />
Nicht nur gestalterisch, sondern auch<br />
sprachlich. Erklären, wie sie das Projekt erlebt haben,<br />
was ihnen gerade an diesem Bild gefällt, warum sie<br />
diesen Gegenstand aus ihrem Schulalltag gewählt haben:<br />
Fotografi e und Sprache treffen zusammen.<br />
Die Kinder schreiben auch Gedichte zu ihren Fotografi<br />
en. Die Gedichte werden «Elfchen» genannt, weil<br />
sie nur aus elf Wörtern bestehen dürfen. Elf Wörter<br />
auf fünf Zeilen: erste Zeile ein Wort, zweite Zeile zwei,<br />
dritte Zeile drei, vierte Zeile vier Wörter, fünfte Zeile<br />
ein Wort. Alle Kinder haben versucht, ihr Bild in einem<br />
«Elfchen» zu beschreiben und zu erklären. Es ist ein<br />
wahrer Genuss, all diese Gedichte zu lesen.<br />
Die Ausstellung kann bis Ende August in der Treppenhausgalerie<br />
der Gemeindeverwaltung Zollikofen während<br />
den Schalteröffnungszeiten (www.Zollikofen.ch)<br />
betrachtet werden.<br />
Kontakt: Anita Di Domenico, Zollikofen<br />
Info: www.kunst-im-netz.ch<br />
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ensuite - kulturmagazin Nr. 78 | Juni/Juli 09