Dr. Wolfgang Kirchhoff
Dr. Wolfgang Kirchhoff
Dr. Wolfgang Kirchhoff
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Missbrauchsaufsicht über Preise –<br />
Sanktionspolitik in der Sackgasse?<br />
Eingangsstatement<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Kirchhoff</strong><br />
Richter am BGH<br />
44. FIW Symposion<br />
Innsbruck<br />
11. März 2011<br />
1
1.<br />
2.<br />
•<br />
•<br />
Die schlechte Anfangsbilanz der Kartellbehörden bei der<br />
Preismissbrauchsaufsicht beruht nicht auf grundsätzlichen<br />
Mängeln des Missbrauchstatbestands<br />
Das Vergleichsmarktkonzept ist nicht so mangelhaft, dass es<br />
deswegen durch andere Konzepte ersetzt werden sollte<br />
Misserfolge der Kartellbehörden teilweise nicht durch<br />
Besonderheiten Vergleichsmarktkonzept bedingt<br />
(z.B. BGH WuW/E BGH 1435 „Vitamin B 12“; KG WuW/E 4627<br />
„Hamburger Benzinpreise“; BGH WuW/E 3009 “Stadtgaspreise<br />
Potsdam”)<br />
Im Übrigen „handwerkliche Mängel“ bei Anwendung<br />
Vergleichsmarktkonzept im Einzelfall<br />
(vgl. BGHZ 68, 23 – Valium I; BGH WuW/E 1678 „Valium II“;<br />
BGH WuW/E 2309 „Glockenheide“)<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Kirchhoff</strong>, RiBGH<br />
FIW 11.03.2011<br />
2
3.<br />
4.<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Seit Ende der 90er Jahre ist die Preismissbrauchsaufsicht<br />
erfolgreicher<br />
(vgl. BGH WuW/E 3140 „Gaspreis“; WuW/E DE-R 1513 Stadtwerke<br />
Mainz“)<br />
Es gibt – soweit ersichtlich – keine praktikablere Alternative<br />
zum Vergleichsmarktkonzept. Seine Anwendung wird durch<br />
die vom BGH entwickelten Grundsätze erleichtert, z. B.:<br />
Strukturunterschiede im Vergleichsmarkt in erheblichem Umfang<br />
durch Zuund Abschläge ausgleichbar;<br />
ggfls. Preise nur eines (Monopol-)Unternehmens für Vergleich<br />
ausreichend<br />
nur erhebliche Überschreitung des wettbewerbsanalogen Preises<br />
missbräuchlich<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Kirchhoff</strong>, RiBGH<br />
FIW 11.03.2011<br />
3
•<br />
•<br />
•<br />
BGH hat Preismissbrauchsverfügung im Fall „Wasserpreise<br />
Wetzlar“ bestätigt<br />
Rechtsgrundlage: § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 GWB 1990<br />
(Urt. v. 2.2.2010 –<br />
KVR 66/08, BGHZ 184, 168 –<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Kirchhoff</strong>, RiBGH<br />
FIW 11.03.2011<br />
„Wasserpreise Wetzlar)<br />
Trotz Amtsermittlungsgrundsatz im Verwaltungsverfahren<br />
gesteigerte Mitwirkungsund Darlegungspflicht bei<br />
Rechtfertigung ungünstigerer Preise<br />
Entsprechende Regelung in § 29 GWB (bis 1.1.2013)<br />
4
6.<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Konkretisierung der Anforderungen an Rechtfertigung<br />
ungünstigerer Preise in „Wasserpreise Wetzlar“:<br />
Nur Umstände relevant, die jeder andere Wettbewerber<br />
auch berücksichtigen müsste<br />
(Bestätigung entsprechender Rechtsprechung zu § 19 Abs. 4 Nr. 2<br />
GWB, z.B. BGH WuW/E DE-R 1513 „Stadtwerke Mainz“)<br />
Betroffenes Unternehmen muss umfassende Bewertung<br />
seiner Preise im Verhältnis zu Vergleichsunternehmen<br />
ermöglichen<br />
(z.B. Mehrkosten durch ungünstigere Topographie trotz rationeller<br />
Betriebskosten)<br />
Einwand nicht kostendeckender Preise nur erheblich, wenn<br />
alle Rationalisierungsreserven ausgeschöpft<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Kirchhoff</strong>, RiBGH<br />
FIW 11.03.2011<br />
5
7. Bewertung:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Preismissbrauchsaufsicht nicht in Sackgasse, trotz i.d.R.<br />
erheblichen Aufwands bei zunächst unsicherem Ergebnis<br />
Materialfülle Herausforderung für Gerichte<br />
(begrenzte Ausstattung/Kapazitäten)<br />
Grundsätzlich Einigung zwischen Kartellbehörden und<br />
betroffenen Unternehmen vorzugswürdig<br />
(Verpflichtungszusagen nach § 32b GWB)<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Wolfgang</strong> <strong>Kirchhoff</strong>, RiBGH<br />
FIW 11.03.2011<br />
6