Tapas - Ensuite
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FILM DEMNÄCHST<br />
kung fu panda<br />
Von Simon Chen Bild: zVg.<br />
■ Der Pandabär gilt als Symbol für den Tierschutz<br />
schlechthin, er ist vom Aussterben bedroht<br />
und wahrscheinlich die einzige Minderheit, die in<br />
China verhätschelt wird. Der Film «Kung Fu Panda»<br />
hingegen ist den Chinesen suspekt und wird<br />
dort erst nach den olympischen Spielen anlaufen,<br />
Grund: Der Schauplatz der Handlung, ein abgelegenes<br />
Shaolin-Kloster irgendwo in den Bergen,<br />
würde momentan zu sehr an Tibet erinnern, und<br />
die sich in offensiver Selbstverteidigung übenden<br />
Tiere könnten als separatistische Wölfe in Mönchskutten<br />
interpretiert werden. Auf der anderen Seite<br />
kassiert der WWF für die Filmrechte ihres Wappentiers<br />
Millionen und es kursieren Gerüchte, wonach<br />
die Naturschutzorganisation mit dem kämpferischen<br />
Filmpanda nicht nur ihr Image als braver<br />
Tierstreichel-Klub ablegen wolle, sondern mit den<br />
Tantiemen auch die feindliche Übernahme von<br />
Greenpeace, unbestrittene Nr. 1 im Action-Umweltschutz,<br />
beabsichtige.<br />
Doch Hollywood wäre nicht Hollywood (sondern<br />
Washington), würde es die Hauptfi gur auf eine<br />
simple Opfer- oder Täterrolle reduzieren. Kung Fu<br />
Panda ist mehr als ein Knut in schwarzweiss. Kung<br />
Fu Panda ist ein vielschichtiger Anti-Held, der Geber-<br />
und Nehmerqualitäten, dickes Fell und weichen<br />
Kern in sich vereinigt. «Kung Fu Panda» ist<br />
ein Märchen vom Sieg über die physische und psychische<br />
Trägheit, ein Plädoyer für die Überwindung<br />
der Naturgesetze, eine Fabel von La Fontainscher<br />
Qualität. «Kung Fu Panda» zeigt, dass auch Randgruppen<br />
eine Chance haben, dass Stämmigkeit<br />
und Grazilität, Plumpheit und Triumph sich nicht<br />
ausschliessen, kurz: dass auch ein von Ausrottung<br />
bedrohter pummeliger Pandabär ein annehmbarer<br />
Kung-Fu-Kämpfer werden kann. Wenn er wirklich<br />
will. Und sein Meister ebenfalls. «Kung Fu Panda»<br />
ist somit das ultimative, tierische Rocky-Sequel!<br />
Die Handlung ist schnell erzählt: Hoch oben<br />
in den Bergen leben Meister Waschbär und seine<br />
Schüler Schlange (in der schweizerdeutschen Fassung<br />
von Eveline Widmer-Schlumpf svp-konform<br />
gesprochen), Kranich, Affe, Tiger und Heuschrecke<br />
und pfl egen rassenübergreifende Koexistenz<br />
durch Sport. Richtig Action gibt’s aber erst, als<br />
dem eingespielten Team unversehens ein Panda<br />
ins Drehbuch reingeschrieben wird, der ihnen<br />
fortan ein Klotz am durch die Luft sausenden<br />
Bein ist. Der Protagonist wird zur grössten Herausforderung<br />
für Meister Waschbär. Doch durch<br />
Disziplin(arische Massnahmen) und Demut(williger<br />
Zerstörung) fi ndet der Panda Schlag auf Schlag<br />
den Weg zu seinem Energiezentrum. Mutig, aber<br />
nicht weniger kosteneinsparend ist die sage und<br />
fi lme achteinhalbminütige Einstellung, in der man<br />
dem Titelhelden in atemberaubender Position (Lotussitz<br />
mit Stützwand) beim Meditieren zusehen<br />
kann.<br />
cinéma<br />
Computeranimation (in diesem Fall müsste man<br />
sagen Animalisation) macht alles möglich: sprechende<br />
Fische (Nemo); Faultier, Mammut, Säbelzahntiger<br />
und Menschenbaby im Familienverband<br />
(Ice Age). Und hier eben Tiere, die Kung Fu machen,<br />
was bei näherer Betrachtung naheliegender ist als<br />
die in zahllosen Martial-Arts-Movies durch die Gegend<br />
wirbelnden Menschen, die sich und einander<br />
die Knochen brechen, als hätten sie noch nie etwas<br />
von Schusswaffen gehört. Denn «Kung Fu Panda»<br />
führt uns zurück zu den Ursprüngen dieser<br />
Kampfkunst, die tatsächlich durch die Kampfweise<br />
von Tieren inspiriert ist. Und im Gegensatz zu<br />
«Crouching Tiger, Hidden Dragon» oder «Kill Bill»<br />
ist «Kung Fu Panda» ein Film für die ganze Familie.<br />
Action, Emotionen, Tiere: ein Kinovergnügen für<br />
Papi, Mami und Kind.<br />
Die nach einem Blockbuster gierende Schweizer<br />
Filmbranche müsste sich überlegen, einen eigenen<br />
Tieranimationsfi lm zu lancieren, denn auch<br />
hierzulande gibt es bedrohte Tierminoritäten. Wie<br />
wärs mit dem Arbeitstitel «Hosenlupf JJ3»?<br />
CH-Kinostart: 3. Juli<br />
Der Autor der Filmversprechung legt Wert auf die<br />
Feststellung, dass er den Film nicht gesehen hat!<br />
ensuite - kulturmagazin Nr. 66/67 | Juni 08 27