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Vulkanland-Bezirk Feldbach - Landesschulrat Steiermark

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NR. 131<br />

MÄRZ<br />

2002<br />

5<br />

Wie ernst ist eine Selbstmordäußerung<br />

zu nehmen<br />

– und wie geht man<br />

als LehrerIn damit um?<br />

MAG. SIMONE SMREKAR*<br />

Selten – aber doch – berichten<br />

uns besorgte Eltern und<br />

LehrerInnen von Selbstmordandrohungen<br />

pubertierender<br />

„Kinder“ (vereinzelt auch<br />

bereits von Kindern im Volksschulalter).<br />

Die Pubertät stellt<br />

eine Phase dar, in der der<br />

Jugendliche sich im Konflikt<br />

befindet einerseits zwischen<br />

der Sehnsucht, einzigartig,<br />

selbstständig zu sein (d. h.:<br />

einfach anders als die anderen<br />

zu sein) und andererseits dem<br />

Bedürfnis nach Zugehörigkeit,<br />

Akzeptierung und Eingebundensein<br />

(d. h.: wie die anderen<br />

zu sein). Es ist daher nicht verwunderlich,<br />

dass gerade in<br />

solch einem Lebensabschnitt<br />

vermehrt Probleme auftreten,<br />

die den Jugendlichen überfordern<br />

– und sich schlussendlich<br />

im schlimmsten Fall sogar in<br />

Selbstmordabsichten äußern<br />

können.<br />

In solch einem Fall ist immer<br />

Handlungsbedarf angesagt –<br />

denn eine jede Ankündigung<br />

ist grundsätzlich einmal ernst<br />

zu nehmen. Zumal Selbsttötung<br />

bei Jugendlichen, nach<br />

dem Unfalltod, die zweithäufigste<br />

Todesursache darstellt.<br />

Suizidales Handeln kann als<br />

schärfste Form der Autoaggressivität<br />

und als extreme<br />

Form einer Störung des derzeitigen<br />

Erlebens angesehen werden.<br />

Diese Störung geht mit<br />

der fehlenden Kompetenz einher,<br />

altersspezifische Entwicklungsaufgaben<br />

zu bewältigen<br />

und mit Belastungen erfolgreich<br />

umzugehen. Die Selbsttötung<br />

stellt das Resultat einer<br />

Eskalation am Ende einer lang<br />

andauernden, multifaktoriell<br />

bedingten Problemgeschichte<br />

dar.<br />

Neuere Untersuchung zeigen<br />

auf, dass der Anteil der Suizide<br />

an allen Todesfällen gerade<br />

bei den 15- bis 19-Jährigen<br />

rapide<br />

ansteigt und<br />

bei den 20bis25-Jährigen<br />

einen<br />

Höhepunkt –<br />

„Suizidgipfel“<br />

(beim<br />

jungen Menschen)<br />

–<br />

erreicht.<br />

Dabei liegt<br />

das Verhältnis<br />

zwischen<br />

dem männlichen<br />

und<br />

weiblichen<br />

Geschlecht<br />

bei 4:1. Sieht<br />

man sich<br />

jedoch die<br />

Suizidversuchsrate<br />

an,<br />

so überwiegt<br />

hierbei deutlich das<br />

weibliche Geschlecht.<br />

Suizidale Handlungen<br />

werden zumeist<br />

angekündigt und<br />

weisen somit<br />

Appellcharakter<br />

auf („Mir geht es<br />

nicht gut! Ich werde<br />

mit der momen-<br />

tanen Situation nicht fertig!<br />

Ich brauche Hilfe von dir!“) –<br />

und führen zumeist zumindest<br />

kurzfristig dazu, dass dem Suizidenten<br />

eine erhöhte Aufmerksamkeit<br />

durch sein soziales<br />

Umfeld zukommt. Lässt<br />

diese im Laufe der Zeit wiederum<br />

nach, so besteht die<br />

Gefahr der Wiederholung eines<br />

Suizidversuches – in der Regel<br />

ist dieser sodann noch stärker,<br />

heftiger, deutlicher.<br />

Neben den einschneidenden<br />

biologischen Veränderungen<br />

(Wachstumsschub des Körpers,<br />

Ausbildung innerer und äußerer<br />

Geschlechtsmerkmale …)<br />

wirken v. a. auch psychische<br />

Einflüsse im besonderen Maße<br />

auf den Jugendlichen ein. Drei<br />

Hauptfaktoren, die auf die<br />

psychische Gesundheit einwirken,<br />

sind hierbei zu nennen:<br />

Beziehungsstörungen zu den<br />

Eltern, mangelnde Anerkennung<br />

und Geborgenheit in der<br />

SCHULE<br />

www.dieschule-stmk.com<br />

Gruppe der<br />

Gleichaltrigen<br />

und Leistungsschwierigkeiten<br />

in der<br />

Schule.<br />

Wie geht man<br />

nun in der<br />

Schule richtig<br />

mit solchen<br />

SchülerInnen<br />

um, die suizidgefährdet<br />

sind<br />

– welche Möglichkeiten<br />

der<br />

Suizidprävention<br />

gibt es?<br />

Legt ein<br />

Schüler oder<br />

eine Schülerin<br />

nun folgende<br />

Befindlichkeitsveränderungen<br />

an den<br />

Tag, so sollten Sie<br />

unbedingt hellhörig<br />

werden – da<br />

diese Gefahr in<br />

Verzug bedeuten:<br />

Stadium der<br />

Einengung: situativ<br />

(die Person fühlt sich<br />

von der Umwelt eingeengt),<br />

dynamisch (einseitige<br />

Ausrichtung der Wahrnehmungen<br />

und Assoziationen,<br />

einseitige Verhaltensmuster,<br />

Affekte und Abwehrmechanismen),<br />

Einengung der zwischenmenschlichenBeziehungen<br />

(nur noch geringe bis keine<br />

Kontakte zu anderen Personen)<br />

sowie Einengung der<br />

Wertewelt (einseitig negative<br />

Färbung, besonders des Selbstwertes);<br />

Stadium der Aggressionsumkehr<br />

(die Aggression richtet<br />

sich gegen die eigene Person);<br />

Stadium der Suizidfantasien<br />

(in unterschiedlichen Ausprägungen:<br />

vermehrtes Denken<br />

oder Träumen vom Tod; Suizidplanung;Suizidankündigungen).<br />

Treten obgenannte Veränderungen<br />

bei SchülerInnen auf,<br />

sodann ist unbedingt Handlungsbedarf<br />

angesagt!<br />

Dabei lässt sich die Suizidprävention<br />

für Pädagogen nun<br />

PSYCHOLOGISCH<br />

Suizidgefährdung Jugendlicher<br />

– ein Tabuthema in der Schule<br />

*Mag. Simone Smrekar ist<br />

Schulpsychologin in der Beratungsstelle<br />

<strong>Feldbach</strong> und<br />

zuständig für die <strong>Bezirk</strong>e<br />

<strong>Feldbach</strong>, Fürstenfeld und<br />

Radkersburg<br />

in drei Stadien unterteilen:<br />

● Primäre Prävention:<br />

Gespräche mit gefährdeten<br />

SchülerInnen führen (sich<br />

ihrer auch nach dem Unterricht<br />

annehmen und ihnen Hilfestellung<br />

anbieten).<br />

● Intervention bzw. sekundäre<br />

Prävention: Warnsignale<br />

erkennen und sofort Krisenintervention<br />

einleiten (Kontaktierung<br />

div. Fachleute: Psychologen,<br />

Ärzte …).<br />

● Postvention bzw. tertiäre<br />

Prävention: In diesem Stadium<br />

geht es darum, nach dem Suizidversuch<br />

eines Schülers bzw.<br />

einer Schülerin – in einem<br />

interdisziplinären Team von<br />

Fachleuten – hilfreiche Maßnahmen<br />

anzubieten, um damit<br />

weitere mögliche Versuche zu<br />

verhindern.<br />

Hat ein Schüler oder eine<br />

Schülerin bereits einen Suizidversuch<br />

hinter sich, so ist eine<br />

darauf folgende Therapie für<br />

die betroffene Person unumgänglich.<br />

Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen (Dörner und<br />

Plog, 1996) untermauern dies,<br />

denn laut Ergebnissen sollen in<br />

etwa zehn Prozent jener Personen<br />

die einen „missglückten“<br />

Suizidversuch aufweisen, später<br />

„erfolgreich“ durch die<br />

„eigene Hand“ zu Tode kommen.<br />

Im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt<br />

kann man<br />

bei diesen Menschen somit von<br />

einer überproporzional hohen<br />

Gefährdung ausgehen.<br />

Sollten Sie bei einem/r ihrer<br />

SchülerInnen auch nur die<br />

geringsten Bedenken/Anzeichen<br />

diesbezüglich haben/<br />

sehen – dann heißt es unbedingt<br />

aktiv zu werden! Denn<br />

wie es bei Bert Brecht heißt:<br />

„Wer kämpft, kann verlieren,<br />

wer nicht kämpft, hat bereits<br />

verloren!“<br />

Scheuen sie sich dabei bitte<br />

nicht, Unterstützung von<br />

außen in Anspruch zu nehmen<br />

– denn gemeinsam ist dieses<br />

schwer wiegende Problem besser<br />

in den Griff zu bekommen!

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