Der Gemeindebrief
Der Gemeindebrief
Der Gemeindebrief
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUF EIN WORT<br />
HEILIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT<br />
DER RESPEKTVOLLE UMGANG MIT<br />
DEM, WAS ANDEREN HEILIG IST.<br />
Bei gewalttätigen Protesten im libyschen Bengasi<br />
werden vier Diplomaten getötet. In der<br />
sudanesischen Hauptstadt Khartum geht die<br />
deutsche Botschaft teilweise in Flammen auf.<br />
In Pakistan werden bei gewalttätigen Protesten<br />
eine christliche Schule, ein Pfarrhaus und<br />
zwei weitere Gebäude zerstört. Das sind Reaktionen<br />
auf den umstrittenen Mohammed-<br />
Film. Erst solche Exzesse, die jedes Maß<br />
überschreiten, bringen in unserer Gesellschaft<br />
ein bisher wenig ernsthaft diskutiertes<br />
Thema in die Medien. Es ist die Frage, wie<br />
wir mit den religiösen Gefühlen anderer umgehen.<br />
Ausschreitungen, bei denen Menschen<br />
getötet und Einrichtungen zerstört werden,<br />
weil sie mit dem christlichen Glauben<br />
und dem damit verbundenen Kulturkreis zusammenhängen,<br />
sind schrecklich. Gewalt<br />
kann keine Lösung sein für ein friedliches<br />
Miteinander unterschiedlicher Kulturen und<br />
Religionen. Plötzlich werden diese Themen<br />
auch in der Politik diskutiert. Plötzlich wird<br />
darüber nachgedacht, welche Kritik gerade<br />
dem Islam gegenüber zumutbar ist.<br />
<strong>Der</strong> Schriftsteller Michael Kleeberg äußert<br />
sich im "Spiegel" zur Debatte um das Islamvideo:<br />
"Die Beschimpfung einer Religion, die geeignet<br />
ist, den öffentlichen Frieden zu stören, ist<br />
bei uns untersagt, hat Außenminister Westerwelle<br />
(FDP) argumentiert. In Wahrheit muss<br />
dieser Satz anders lauten: die Beschimpfung<br />
einer Religion, deren Vertreter drohen, den<br />
öffentlichen Frieden zu stören, ist genau deswegen<br />
bei uns untersagt. Die Beschimpfung<br />
einer Religion dagegen, deren Vertreter ihre<br />
Abscheu mit zivilen Mitteln kundtun, ist erlaubt.<br />
Siehe die „Titanic“- Häme gegen den<br />
Papst."<br />
Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Dort,<br />
wo Gewalt als Reaktion erwartet wird, scheinen<br />
die Grenzen ganz anders zu sein.<br />
2<br />
Ein Internetblogger konnte<br />
ungestraft die katholische Kirche<br />
als "Kinderficker-Sekte“<br />
bezeichnen. Ein Berliner Gericht<br />
erklärte dazu: "Diese Formulierung<br />
stört nicht den öffentlichen<br />
Frieden."<br />
Es geht dann nicht mehr um<br />
Peter Clausen<br />
die respektvolle Auseinandersetzung<br />
mit Religion und Glaube, sondern um<br />
Furcht vor heftigen Reaktionen. Das hat jedoch<br />
nur zu einer Trotzreaktion der Kritiker<br />
geführt. Jetzt erst recht! Und schon wurden<br />
neue Karikaturen veröffentlicht und damit Öl<br />
ins Feuer einer ohnehin schon angeheizten<br />
Stimmung gegossen.<br />
Respektvoller Umgang kann niemals von<br />
Angst und Gewalt geprägt sein. Er ist offen<br />
für die kritische Auseinandersetzung. Kritik<br />
gilt nicht als Ablehnung, und Anfragen werden<br />
nicht als Anfeindung verstanden.<br />
Es geht um die Gratwanderung zwischen<br />
Meinungs- und Pressefreiheit einerseits und<br />
dem Schutz der Persönlichkeit inklusive der<br />
religiösen Überzeugungen andererseits.<br />
Grenzüberschreitungen entstehen leicht dort,<br />
wo der Einflussbereich von Medien und Politik<br />
dies ermöglicht oder fördert. Es sollte nicht<br />
vergessen werden, dass in islamisch regierten<br />
Ländern für Christen die Ausübung ihres<br />
Glaubens mit großen Schwierigkeiten verbunden<br />
ist. In manchen dieser Länder wird der<br />
Übertritt zum christlichen Glauben ganz offiziell<br />
mit der Todesstrafe belegt.<br />
Weltweit zählen die Christen zu der am meisten<br />
verfolgten Glaubensgemeinschaft.<br />
Und selbst in der Türkei ist es fast unmöglich,<br />
eine Baugenehmigung für eine Kirche zu bekommen.<br />
In unserem Land ist jedem die freie Ausübung<br />
seines Glaubens gestattet. Das friedliche Miteinander<br />
funktioniert jedoch nur, wenn wir<br />
respektvoll miteinander umgehen. Das gilt<br />
nicht nur für den Dialog der Religionen untereinander,<br />
sondern auch für deren Kritiker in<br />
einer zunehmend säkularen Gesellschaft.