diagnostik + therapie - Frauenarzt
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DIAGNOSTIK + THERAPIE<br />
410<br />
QUALITÄTSSICHERUNG<br />
Erfassungssystem für seltene<br />
geburtshilfliche oder gynäkologische<br />
Erkrankungen geplant<br />
Studienanträge können ab sofort eingereicht werden<br />
B. Tutschek 1 , H.G. Bender 1 , B. Heinrich 2 , J. Gärtner 2<br />
Bei der Erhebung seltener pädiatrischer Erkrankungen hat sich<br />
das System ESPED bewährt: Praktisch alle deutschen Kinderkliniken<br />
melden auf einem monatlich zugeschickten Kärtchen,<br />
ob bestimmte Erkrankungen in ihrem Patientengut aufgetreten<br />
sind. Für geburtshilflich relevante Fragestellungen wurde ein<br />
analoges System aufgebaut, mit dem gegenwärtig die Inzidenz<br />
von Neuralrohrdefekten untersucht wird. Jetzt können noch weitere<br />
Fragestellungen aus Geburtshilfe und Gynäkologie aufgenommen<br />
werden.<br />
Zur Beschreibung und Bewertung der<br />
Dynamik insbesondere von seltenen<br />
Erkrankungen ist eine vollständige<br />
Erfassung bestimmter Ereignisse wie<br />
z.B. ihrer Manifestation wichtig. In<br />
Deutschland gibt es nur für wenige<br />
medizinische Fachgebiete tatsächlich<br />
flächendeckende Erfassungen aller<br />
Fälle einer bestimmten Erkrankung.<br />
Ein Beispiel für die flächendeckende<br />
Erfassung in der Geburtshilfe<br />
ist die bundesweite Perinatalerhebung.<br />
Darüber hinaus existieren<br />
vereinzelt Register auf regionaler<br />
Ebene (Beispiel: Mainzer Fehlbildungsregister).<br />
ESPED – das aktive Erhebungssystem<br />
in der Pädiatrie<br />
Ein Beispiel für ein bundesweit gut<br />
funktionierendes aktives Erhebungs-<br />
System ist die „Erhebungseinheit für<br />
seltene pädiatrische Erkrankungen in<br />
Deutschland“ (ESPED). Auf einer<br />
Postkarte melden monatlich alle<br />
1 Universitäts-Frauenklinik<br />
Düsseldorf<br />
2 Universitäts-Kinderklinik<br />
Düsseldorf<br />
FRAUENARZT ■ 43 (2002) ■ Nr. 4<br />
deutschen Kinderkliniken, wie häufig<br />
im Vormonat die auf der Karte aufgelisteten<br />
Erkrankungen beobachtet<br />
wurden. Das System ist zur bundesweiten<br />
Erfassung von seltenen Erkrankungen<br />
geeignet, die zu stationärer<br />
Behandlung in einer Kinderklinik<br />
führen.<br />
ESPED bietet die Vorteile eines aktiven<br />
Erhebungssystems: Zum einen ist<br />
ein höherer Erfassungsgrad zu erwarten<br />
als in einem passiven System<br />
(wie z.B. der in der Bundesrepublik<br />
etablierten Erfassung meldepflichtiger<br />
Erkrankungen), zum anderen<br />
lässt sich anhand der Rücklaufquote<br />
der monatlich versandten Umfragekarten<br />
die Qualität der erhobenen<br />
Daten fortlaufend beurteilen. Gegenwärtig<br />
senden 98 % der Kinderabteilungen<br />
im Bundesgebiet die monatliche<br />
ESPED-Umfragekarte zurück, sodass<br />
die gewonnenen Daten als<br />
repräsentativ für das Bundesgebiet<br />
angesehen werden können.<br />
ESPED hat im Juli 1992 mit der Datenerhebung<br />
zu fünf Erkrankungen<br />
begonnen, und in der gegenwärtigen<br />
Form sind bis zu zwölf Erkrankungen<br />
abfragbar. Interessierte Pädiater stel-<br />
Mit einer Meldekarte wie den hier abgebildeten<br />
sollen zukünftig auch seltene<br />
geburtshilfliche und gynäkologische Krankheiten<br />
erfasst werden.<br />
len bei ESPED den Antrag zur Aufnahme<br />
einer neuen Studie. Die Anträge<br />
bestehen aus einem Exposé,<br />
das die zu beantwortende Fragestellungen,<br />
Zielsetzung, Hintergründe<br />
und Methoden erläutern soll, und<br />
dem Fragebogen zur Erkrankung, der<br />
verschickt wird, wenn auf der monatlichen<br />
Karte ein Fall gemeldet<br />
wird. Vor Anlauf jeder Studie muss<br />
die Zustimmung der zuständigen<br />
Ethikkommission und des Datenschutzbeauftragten<br />
des entsprechenden<br />
Bundeslandes eingeholt werden.<br />
Ausgewählt werden die Studien durch<br />
einen ESPED-Beirat, der die neu vorgelegten<br />
Forschungsanträge auf ihre<br />
wissenschaftliche Qualität und Durch-
führbarkeit im Rahmen von ESPED<br />
prüft. Fragestellungen zu „Public<br />
Health“ wird aktuell der Vorzug gegeben.<br />
Die Dauer der Erfassung ist<br />
sehr unterschiedlich. Sie richtet sich<br />
nach der Häufigkeit der Erkrankung<br />
und beträgt mindestens ein Jahr.<br />
Nach Beendigung von Studien rücken<br />
neue, durch den Beirat bestätigte Fragestellungen<br />
nach.<br />
Monatlich erhalten die Chefärzte aller<br />
deutschen Kinderkliniken oder die<br />
durch sie ernannten ESPED-Beauftragten<br />
eine Meldekarte (Rückantwort-Postkarte)<br />
mit den derzeit erfassten<br />
Erkrankungen. Auf der Karte<br />
wird die Anzahl der in der jeweiligen<br />
Klinik beobachteten Erkrankungen<br />
vermerkt und an die Erfassungsstelle<br />
zurückgeschickt. Der Anhang der Karte<br />
verbleibt beim jeweiligen Melder<br />
zu seiner Dokumentation. Die Meldekarte<br />
muss auch zurückgeschickt werden,<br />
wenn keine Fälle der aufgelisteten<br />
Erkrankungen beobachtet wurden.<br />
So kann die Vollständigkeit des<br />
Systems verfolgt werden. Nach dem<br />
Eingang einer positiven Fallmeldung<br />
wird von ESPED der Fragebogen zur<br />
Erhebung detaillierterer Informationen<br />
verschickt. In der Regel ist also<br />
der Aufwand für die angefragten Kliniken<br />
gering.<br />
Alljährlich werden in einem Jahresbericht<br />
die Arbeiten an den einzelnen<br />
Studien dokumentiert und die<br />
neuesten Ergebnisse publiziert. Der<br />
ESPED-Jahresbericht erscheint in der<br />
Monatsschrift für Kinderheilkunde<br />
und Jugendmedizin (Oktoberhefte).<br />
Weitere Informationen über ESPED<br />
finden Sie auch auf der Homepage<br />
unter www.public.rz.uni-duesseldorf.<br />
de/~esped/rahmen.html<br />
Die Erfassung von<br />
Neuralrohrdefekten<br />
Ein ESPED-analoges aktives Erhebungssystem<br />
wurde im September<br />
1995 in der Geburtshilfe zur Erfassung<br />
von Neuralrohrdefekten bei Lebendgeborenen,<br />
Totgeborenen und<br />
Abruptiones aus medizinischer Indi-<br />
kation geschaffen. Mit den monatlich<br />
versandten Meldekarten werden alle<br />
geburtshilflichen Abteilungen im<br />
Kammerbereich Nordrhein angeschrieben.<br />
Der sehr hohe Kartenrücklauf<br />
von 97 % im Jahresdurchschnitt<br />
seit 1996 beweist die Effektivität des<br />
Systems. Ziele sind die Inzidenzerhebung<br />
sowie die Bewertung der Folsäure-Prophylaxe.<br />
Erste Ergebnisse<br />
wurden in der Zeitschrift „Kinderärztliche<br />
Praxis“ (1) publiziert.<br />
Die Erfassung der Neuralrohrdefekte<br />
wird in Kürze abgeschlossen. Um die<br />
bestehende Infrastruktur dieses etablierten,<br />
aktiven Erfassungssystems<br />
zu nutzen, möchte die Universitäts-<br />
Frauenklinik Düsseldorf in Zusammenarbeit<br />
mit der ESPED dieses<br />
aktive System für Fragestellungen<br />
aus der Geburtshilfe und Frauenheilkunde<br />
zur Bearbeitung wissenschaftlicher<br />
und insbesondere epidemiologischer<br />
Fragestellungen öffnen.<br />
Das neue Erhebungssystem<br />
der Geburtshilfe<br />
und Gynäkologie<br />
Das Erfassungssystem für geburtshilfliche<br />
und gynäkologische Erkrankungen<br />
(in Deutschland) bietet allen<br />
Geburtshelfern und Gynäkologen die<br />
Möglichkeit, analog ESPED für Fragestellungen<br />
z.B. der „Public Health“<br />
relevante Daten zu erheben.<br />
Wichtig ist auch hier,<br />
■ dass es sich um ein seltenes<br />
Krankheitsbild handelt, das zur<br />
stationären Aufnahme führt, und<br />
■ dass die Inzidenz niedrig und die<br />
Erkennbarkeit der Störung hoch<br />
sein sollte (Beispiel: Neuralrohrdefekte).<br />
Störungen, deren Erstdiagnose zusätzliche<br />
Untersuchungen erfordern,<br />
scheiden also praktisch aus.<br />
Die bereits bekannte Neuralrohrdefekt-Meldekarte<br />
wird so umgestaltet,<br />
dass bis zu zwölf Erkrankungen<br />
aufgeführt werden können. Die Anzahl<br />
in der Pilotphase richtet sich<br />
nach der Anzahl der von Ihnen eingereichten<br />
Studienanträge.<br />
Wenn Sie Interesse an der Bearbeitung<br />
einer wissenschaftlichen Fragestellung<br />
haben, senden Sie ein formloses Anschreiben<br />
an den Autor Dr. Tutschek.<br />
Nennen Sie dabei bitte das zu untersuchende<br />
Thema, die Fragestellungen,<br />
die Falldefinition und die Methodik.<br />
Eine ausführliche Antragstellung erfolgt<br />
erst dann, wenn Ihr Antrag für<br />
die Datenerhebung ausgewählt worden<br />
ist.<br />
Auskunft zu allgemeinen Fragen des<br />
ESPED-Systems und des neuen Systems<br />
für Geburtshilfe und Gynäkologie<br />
sowie Unterstützung bei der computergestützten<br />
Erstellung der Anträge<br />
erteilt<br />
Beate Heinrich<br />
ESPED-Arbeitsgruppe<br />
Kinderklinik der Heinrich-Heine-<br />
Universität Düsseldorf<br />
Postfach 10 22 44<br />
40013 Düsseldorf<br />
Tel. (02 11) 81-1 62 63<br />
Fax (02 11) 81-1 62 62<br />
E-Mail heinrich@<br />
med.uni-duesseldorf.de<br />
Literatur<br />
1. Gärtner J, Heinrich B, Lenard HG, von<br />
Kries R: Neuralrohrdefekte in Deutschland.<br />
Kinderärztl Prax 1 (1997) 10–15.<br />
Für die Autoren<br />
Dr. med.<br />
Boris Tutschek<br />
Universitäts-Frauenklinik<br />
Moorenstr. 5<br />
40225 Düsseldorf<br />
Tel. (02 11) 8 11-75 46 und -98 08<br />
Fax (02 11) 8 11-98 29<br />
E-Mail tutschek@<br />
uni-duesseldorf.de<br />
DIAGNOSTIK + THERAPIE<br />
FRAUENARZT ■ 43 (2002) ■ Nr. 4 411