Lesen - Golf Dornseif
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Am Morgen des 14. August 1914 marschierten die Briten und Franzosen :in Richtung Grossfunkstation<br />
Kamina los, kamen aber nur langsam voran wegen der ungünstigen Wegeverhältnisse. Der Einsatz von<br />
leichten Lastkraftwagen funktionierte sporadisch, denn hohes Gras und Sümpfe bildeten viele natürliche<br />
Barrieren. Die Strasse verlief teils parallel zu einer Bahnstrecke, teils weiter entfernt von den Schienen<br />
und war lange nicht mehr instandgesetzt worden (wegen der vorteilhafteren Gleise). Eingeborene<br />
unterwegs versicherten, dass "die Deutschen dauernd mit einem Zug hin und her fahren ..."<br />
Schlüsselrolle einer Grossfunkstation<br />
Nachdem die britischen Truppen von deutschen Bewegungen auf dem Bahnkörper erfahren hatten,<br />
schickten sie Kundschafter aus, um mehr herauszufinden. Die Bahnstation Tsvie war am 15. August<br />
gegen sechs Uhr früh von deutschen Soldaten beschossen worden und zwar aus einem Militärzug, doch<br />
hielten sich zu dieser Stunde lediglich vier Männer der I-Company dort auf. Gegen acht Uhr früh rollte der<br />
Zug nordwärts davon. Lieutenant H.S. Collins erhielt den Befehl, diesem Zug an einer günstigen Position<br />
den Weg abzuschneiden. Dank eines einheimischen Haussa-Führers liess sich dies über einen<br />
abkürzenden Urwaldpfad ermöglichen. 200 Meter nördlich der Ekuni Brücke häuften die Engländer einen<br />
Hügel aus Geröll auf die Gleise und montierten Eisenplatten als Sperre.<br />
Tatsächlich tauchte bald ein neuer deutscher Eisenbahnzug auf aus nördlicher Richtung, hielt nahe der<br />
Barrikade an und dampfte sofort zurück ehe ein Angriff zustande kam. Zwar gelang es die Lokomotive mit<br />
Kugeln zu durchsieben, aber der Gegner blieb fast ungeschoren. Am 15. August gegen 15 Uhr sprengten<br />
die Deutschen weitere Eisenbahnbrücken am Lili-Fluss. Gegen sieben Uhr früh am 16. August standen<br />
zwei deutsche Kriegsgefangene in Ekuni zum Verhör zur Verfügung: Baron Codelli von Fahnenfeldt,<br />
Erbauer der Grossfunkstation Kamina, und der Sprengstoff-Experte im deutschen Pionier-Verband. Ihre<br />
Aussagen hatten indessen keinen praktischen Wert.<br />
Ohne Zweifel befanden sich alle deutschen Einheiten auf dem Rückzug. Den Briten gerieten<br />
Lokomotiven, zahlreiche Bahnwaggons, einige Maschinengewehre und zahlreiche Gewehre mit Munition<br />
in die Hände neben technischem Gerät. Mittlerweile fiel auf, dass die Deutschen offenbar Munition mit<br />
weichen Geschoss-Spitzen verwendeten, was man von den Schusswunden der eigenen Soldaten<br />
"ablesen" konnte. Mit einem Schreiben vom 18. August 1914 protestierte Colonel Bryant gegenüber Major<br />
von Doering wegen dieser mutmasslichen Praxis, denn sie war völkerrechtswidrig.<br />
(Anmerkung: Es handelte sich hierbei um sogenannte Dum-Dum-Geschosse, also entweder<br />
Halbmantelgeschosse mit frei liegendem Bleikern oder Hohlspitzgeschosse mit ummantelter Spitze und<br />
zylindrischer Bohrung. Benannt nach der indischen Munitionsfabrik Dum-Dum nahe Kalkutta:<br />
"Sprenggeschossartige Wirkung auf Körper", völkerrechtlich seit 1868 international verboten beim Militär).<br />
Der deutsche Kommandeur reagierte nicht, und die Engländer mussten zusätzliches medizinisches<br />
Personal von der Gold Coast anfordern. Eingehende Untersuchungen der Schussverletzungen und<br />
verwendeten deutschen Geschosse brachten in englischen Laboratorien folgendes Resultat: Die<br />
deutschen Maschinengewehre und Gewehre der Mannschaften verschossen durchweg völkerrechtlich<br />
zulässige Munition (bezogen auf farbige Polizeisoldaten). Zahlreiche deutsche Offiziere im Einsatz sowie<br />
zum Waffendienst einberufene weisse Reservisten (im Rang von Offizieren und Unteroffizieren)<br />
verwendeten jedoch teilweise illegale Munition (aus unbekannten Gründen). Man vermutete, dass diese<br />
völkerrechtswidrige Munition ursprünglich allein zur Jagd vorrätig gehalten wurde und versehentlich in<br />
falsche Hände geriet.<br />
Nach Aussagen eines deutschen Kriegsgefangenen gewannen die Briten den Eindruck, dass die<br />
deutschen Streitkräfte bei Akbeluvoe aus zwei Eingeborenen-Kompanien bestanden unter dem<br />
Kommando von Hauptmann Pfaeler. Es kam unter den Polizeisoldaten zur Verweigerung des<br />
Gehorsams, wobei sie plötzlich wild um sich feuerten und ihre Vorgesetzten gefährdeten. Sechs deutsche<br />
Offiziere verloren dadurch ihr Leben, unter ihnen auch Hauptmann Pfaeler, und die Truppe geriet in<br />
Auflösung. Ursprünglich sollte diese Einheit nachts einen Sperrgürtel. britischer Truppen unter Captain<br />
Potter durchbrechen, verlor jedoch das Vertrauen in die deutsche Führung.