GRUNDSCHULDABTRETUNG UND FORDERUNGSVERKAUF ...
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<strong>GR<strong>UND</strong>SCHULDABTRETUNG</strong> <strong>UND</strong> <strong>FORDERUNGSVERKAUF</strong><br />
UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DES RISIKOBEGRENZUNGSGESETZES<br />
von Rechtsanwalt Christof Blauß, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
Der Verkauf von Grundschulddarlehen an Dritte (häufig Investorenfonds) ist derzeit<br />
in aller Munde. Nachfolgender Beitrag soll einen kleinen (sicher nicht ganz vollständigen)<br />
Überblick über die aktuelle Rechtslage zum Forderungsverkauf sowie der Abtretung<br />
der Sicherungsgrundschulden geben. Darüber hinaus wird die neue Rechtslage<br />
nach dem „Risikobegrenzungsgesetz“ dargestellt.<br />
I. Bisheriges Recht<br />
1. Zulässigkeit des Forderungsverkaufs<br />
Die Frage des Verkaufs (notleidender) Kredite war – wohl beeinflusst durch die<br />
Auswüchse der Kreditportfolioübertragung – zeitweilig höchst strittig.<br />
So nahm das OLG Frankfurt (WM 2004/1386 ff) eine Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarung<br />
zwischen der zedierenden Bank und der Zessionarin (Investor)<br />
gem. § 134 BGB unter anderem deshalb an, weil es in der Abtretung des<br />
Kredits einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis sah. Auf dieses, so das<br />
OLG Frankfurt, seien die strafrechtlichen Regelungen über Geheimnisverrat<br />
(§ 203 StGB analog) anzuwenden, weshalb bei der Abtretung im Sinne § 134<br />
BGB gegen ein Verbotsgesetz verstoßen werde, mit der Folge der Nichtigkeit der<br />
Zessionsvereinbarung.<br />
Dabei verkannte das OLG Frankfurt aber, dass sich der Straftatbestand des<br />
§ 203 StGB nur an Berufsträger mit besonderen Verschwiegenheitsverpflichtungen<br />
richtet (z.B. Ärzte, Anwälte, Steuerberater u.a.). Das Bankgeheimnis fällt gerade<br />
nicht unter § 203 StGB. Eine Analogie, wie sie das OLG Frankfurt im zitierten<br />
Urteil zu § 203 StGB gezogen hat, ist im Strafrecht verfassungsrechtlich unzulässig.<br />
Auch kann aus dem „Bankgeheimnis“ entgegen der Rechtsprechung<br />
des OLG Frankfurt nicht ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot abgeleitet<br />
werden. Auch § 28 BDatSchG steht einer Abtretung der Kreditforderung nicht<br />
entgegen.<br />
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass immer dann, wenn zwischen<br />
Kunde und Bank ein Abtretungsverbot mit dinglicher Wirkung nicht ausdrücklich<br />
vereinbart ist, die Abtretung einer Darlehensforderung grundsätzlich gestattet ist<br />
(vgl. BGH-Urteil v. 27.02.2007, XI ZR 195/05 = ZIP 2007/619; OLG Schleswig<br />
BKR 2008/95 ff). Allenfalls können für die zedierende Bank Schadensersatzverpflichtungen<br />
gegenüber den Kunden entstehen, wenn der Zessionar Sicherheiten<br />
unrechtmäßig verwertet, z.B. unter Missachtung einer bestehenden Sicherungsabrede.
2. Wirkung des Forderungsverkaufs auf ein Schuldanerkenntnis<br />
2<br />
Da die Bank neben der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung bei der<br />
Grundschuldbestellung in der Regel zur Absicherung ihrer Ansprüche auf Kreditrückzahlung<br />
gem. §§ 794/800 ZPO auch ein sofort vollstreckbares notarielles<br />
dingliches und persönliches Schuldanerkenntnis (§ 780 BGB) vom Kunden verlangt,<br />
stellt sich die Frage, wie dieses Schuldanerkenntnis bei einem Verkauf der<br />
Forderung nach bisherigem Recht zu behandeln ist.<br />
Weil das persönliche Schuldanerkenntnis i.d.R. abstrakt ist, findet jedenfalls kein<br />
automatischer Übergang gem. § 401 Abs. I BGB von der Bank auf den Investor<br />
beim Forderungsverkauf statt. Das Schuldanerkenntnis bedarf daher einer eigenen<br />
Abtretung auf den Investor, wobei man im Zweifel eine schuldrechtliche Verpflichtung<br />
des Zedenten dahingehend annehmen muß, das abstrakte Sicherungsrecht<br />
mit der abzutretenden Darlehensforderung mit zu übertragen (vgl.<br />
z.B. BGHZ 80, S. 232/BGHZ 110, S. 43).<br />
Aufgrund der Tatsache, dass das abstrakte Schuldanerkenntnis als persönliche<br />
Vollstreckungsunterwerfung oftmals in AGB-Form in einer Grundschuldbestellung<br />
enthalten ist, wird inzwischen teilweise die Ansicht vertreten, dass eine<br />
AGB-mäßige persönliche ZV-Unterwerfung gegen § 307 Abs. I Satz 1 BGB verstoßen<br />
könnte und damit AGB-mäßig unwirksam sei, so z.B. das LG Hamburg im<br />
Beschluss vom 09.07.2008 (318 T 183/07 = NJW 2008, S. 2785).<br />
Der Beschluss, bei dem es um die Frage der AGB-mäßigen Unwirksamkeit einer<br />
dinglichen und persönlichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung ging, ist aber<br />
bislang noch nicht rechtskräftig (Rechtsbeschwerde beim BGH VII ZR 62/08).<br />
Nachdem der BGH zuletzt in einer Entscheidung vom 22.11.2005 (XI ZR 226/04<br />
= WM 2006, S. 87 f.) auch bei einer AGB-mäßigen Errichtung eines Schuldanerkenntnisses<br />
mit persönlicher Vollstreckungsunterwerfung keine Unwirksamkeit<br />
angenommen hat, sind Zweifel angebracht, ob die Entscheidung des LG Hamburg<br />
dauerhaft Bestand haben kann. Schließlich hat sich an der potenziellen Gefährdungslage<br />
des Schuldners alleine dadurch, dass heute Forderungsverkäufe<br />
im großen Stil getätigt werden, nichts geändert!<br />
3. Wirkung des Forderungsverkaufs auf die Sicherungsgrundschuld<br />
Aufgrund der Abstraktheit muß die Sicherungsgrundschuld als Nebenrecht zur<br />
Forderung mit abgetreten werden (Argument: § 401 BGB).Theoretisch ist es sogar<br />
möglich, dass die Grundschuld auch separat, d.h. ohne zugrunde liegende<br />
Forderung abgetreten wird. Allenfalls macht sich die Zedentin gegenüber ihrem<br />
Kunden schadensersatzpflichtig, wenn sie eine Grundschuld unter Missachtung<br />
der Sicherungsabrede abstrakt abtritt und der Zessionar die hieraus resultierende<br />
Stellung zur Verwertung des dinglichen Rechts zum Nachteil des Kunden<br />
missbraucht.<br />
Diesem möglichen Missbrauch hat inzwischen das OLG München versucht, in<br />
einem bislang nicht rechtskräftigen Urteil vom 26.02.2008 (ZIP 2008, S. 498) „ei-
3<br />
nen Riegel vorzuschieben“. Das OLG München entschied in der zitierten Entscheidung,<br />
dass der Darlehensnehmer dem Neugläubiger nach der Abtretung<br />
der Grundschuld die Einwendungen aus der Sicherungsabrede gem. § 404 BGB<br />
entgegensetzen könne, die er auch gegen seinen ursprünglichen Darlehensgeber<br />
gehabt habe (z.B. mangelnde Fälligkeit des besicherten Darlehens).<br />
In seiner Entscheidung hat das OLG München damit der zukünftigen Rechtslage<br />
nach dem Risikobegrenzungsgesetz vorgegriffen, wonach nach § 1192 Abs. 1a<br />
BGB der gutgläubige einredefreie Erwerb einer Sicherungsgrundschuld ausgeschlossen<br />
sein soll. Wegen der Abstraktheit der Grundschuld dürfte die Ansicht<br />
des OLG München dagegen für sog. „Altfälle“ tatsächlich aber noch nicht zutreffend<br />
sein.<br />
II. Neue Rechtslage nach dem Risikobegrenzungsgesetz<br />
1. Sinn und Zwecke des Risikobegrenzungsgesetzes<br />
Das am 19.08.2008 in Kraft getretene Risikobegrenzungsgesetz (BGBl 2008,<br />
Teil I, S. 1666 ff.) soll in seinem „bankrechtlichen Teil“ Missbrauchsrisiken bei der<br />
Übertragung von Krediten vorbeugen und in diesem Bereich Transparenz schaffen.<br />
Einzelne Regelungen gelten auch bereits für bestehende Vertragsverhältnisse.<br />
2. Wesentliche Regelungen im Einzelnen<br />
Dem Sinn und Zweck des Gesetzes folgend, soll der neu eingeführte § 492 Abs.<br />
1a Satz 3 BGB dem Kunden die Möglichkeit eines Verkaufs des Immobiliardarlehensvertrages<br />
an einen Dritten durch einen deutlich zu gestaltenden Hinweis in<br />
der Vertragsurkunde transparent machen. Soweit ersichtlich wird ein Verstoß<br />
gegen die Hinweispflicht jedoch keine Nichtigkeit des Immobiliardarlehensvertrages<br />
zur Folge haben. Vielmehr erwirbt ein Verbraucher, dessen Immobiliardarlehensvertrag<br />
einen entsprechenden Hinweis zukünftig nicht enthält, lediglich einen<br />
Schadensersatzanspruch gegen die Bank.<br />
Ebenfalls im Sinne der Schaffung größtmöglicher Transparenz ist die Neuregelung<br />
des § 492a BGB zu werten, wonach der Verbraucher bei allen Darlehensvertragsarten,<br />
also nicht nur bei Immobiliardarlehen, spätestens drei Monate vor<br />
Ende einer Zinsbindung darüber zu unterrichten ist, ob die Bank zu einer neuen<br />
Zinsbindungsabrede bereit ist, wobei die für Verbraucherdarlehen üblichen<br />
Pflichtangaben i.S.d. § 492 BGB zu machen sind, wenn die Bank zu einer Fortsetzung<br />
des Darlehensvertragsverhältnisses bereit ist.<br />
Für die Frage des Verkaufs von Forderungen wird zukünftig vor allem die Regelung<br />
des § 496 Abs. 2 BGB n.F. von erheblicher Relevanz sein. § 496 Abs. 2 regelt<br />
die Verpflichtung, bei Verkauf und Abtretung der Forderung den Darlehensnehmer<br />
unverzüglich über die Tatsache der Abtretung der Forderung sowie den<br />
neuen Gläubiger zu unterrichten.
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In diesem Zusammenhang wird sich wiederum die Frage des gutgläubigen einredefreien<br />
Erwerbs einer Sicherungsgrundschuld durch den Zessionar stellen.<br />
Ein solcher ist nach der gesetzlichen Neuregelung des § 1192 Abs. 1a BGB zukünftig<br />
ausgeschlossen, d.h. der Schuldner kann dem Neugläubiger beispielsweise<br />
Einreden aus der Sicherungsabrede (z.B. mangelnde Fälligkeit der Grundschuld)<br />
entgegenhalten.<br />
Mit der Neuregelung des § 1192 Abs. 1a BGB korrespondiert im Übrigen auch<br />
die gesetzliche Neuregelung des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB, nach der Grundschulden,<br />
die nach Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes, d.h. nach dem<br />
19.08.2008 bestellt wurden, zwingend mit einer sechsmonatigen Kündigungsfrist<br />
zur Herbeiführung der Fälligkeit der Grundschuld gekündigt werden müssen.<br />
Auch diese Regelung soll dazu dienen, den Schuldner vor einer unrechtmäßigen<br />
Verwertung des Sicherungsmittels Grundschuld zu schützen. Nach einer von<br />
Nobbe, dem derzeitigen Vorsitzenden des XI. Zivilsenats des BGH, vertretenen<br />
Ansicht, dürfte es sich im Hinblick auf die sechsmonatige Kündigungsfrist für die<br />
Grundschuld, die auch aus wichtigem Grund nicht abgekürzt werden dürfe, anbieten,<br />
die Grundschuld bereits im Falle einer besorgniserregenden Zahlungsstockung<br />
zu kündigen und zwar im Hinblick auf den Nachweis nach § 726 ZPO<br />
mit öffentlicher Zustellungsurkunde. Das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen<br />
nach § 498 Abs. 3 BGB ist somit nicht erforderlich.<br />
Flankiert wird diese gesetzliche Neuregelung des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB von<br />
der Neuregelung des § 799a ZPO, wonach ein verschuldensunabhängiger<br />
Schadensersatzanspruch begründet wird, wenn z.B. aus einem notariellen Vollstreckungstitel<br />
vollstreckt und die Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde für<br />
unzulässig erklärt wird. Durch das dadurch bestehende Schadensersatzrisiko einerseits<br />
sowie die Notwendigkeit der Kündigung der Grundschuld mit Halbjahresfrist<br />
soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Zwangsvollstreckung aus einer<br />
dinglichen Vollstreckungsunterwerfung im Rahmen der Grundschuldbestellung in<br />
ganz erheblichem Maße, insbesondere für den Zweitgläubiger, erschwert werden.<br />
Dies muss umso mehr gelten, als auch die Kündigungsmöglichkeit des Immobiliardarlehensvertrages<br />
mit dem Verbraucher nach § 498 Abs. 3 BGB bekanntlich<br />
in ganz erheblichem Umfang erschwert wurde und nunmehr Voraussetzung<br />
der Kündigung wegen Zahlungsverzug ist, das mindestens zwei aufeinander<br />
folgende Teilzahlungen ganz oder teilweise und mit mindestens 2,5 % des<br />
Darlehensnennbetrages rückständig sind. Diese Regelung gilt allerdings nur für<br />
Neuverträge, die nach Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes abgeschlossen<br />
wurden und für Verträge, die nach diesem Zeitpunkt abgetreten worden sind.<br />
In gleicher Weise gilt diese Regelung bei der Fusion von Kreditinstituten für die<br />
übergehenden Darlehensverträge.
5<br />
III. Zusammenfassung<br />
Das Risikobegrenzungsgesetz wird zukünftig insbesondere die Übertragung von Immobiliardarlehensverträgen<br />
mit Verbrauchern sowie deren Kündigung in ganz erheblichem<br />
Maße erschweren. Ob der Gesetzgeber dem Verbraucher damit jedoch einen<br />
guten Dienst erwiesen hat, erscheint zweifelhaft, wenn man bedenkt, dass die erschwerten<br />
Übertragungsmöglichkeiten sowie die durch die erschwerten Kündigungsvoraussetzungen<br />
entstehenden Ausfälle „eingepreist“ werden müssen.<br />
Stand: November 2008<br />
Christof Blauß<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
Kanzlei Blaich & Partner, Stuttgart