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7. Ausgabe 01/11 - Fachschaft Chemie - TUM

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<strong>Ausgabe</strong> 1/2<strong>01</strong>1


EDITORIAL<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

die aktuelle <strong>Ausgabe</strong> in euren<br />

Händen ist zum ersten Mal in<br />

dem neuen Design erschienen.<br />

Der neue „Chemist“ ist<br />

nun ein Magazin in Farbe.<br />

Doch nicht nur das Layout,<br />

auch der Inhalt hat sich seit<br />

der letzten <strong>Ausgabe</strong> um Einiges<br />

verändert. Manch eine<br />

altbewährte Rubrik wie „Federhalter“<br />

oder „Das kleine<br />

ABC“ haben wir natürlich<br />

erhalten. Einige neue Rubriken<br />

sind mit dem neuen Layout<br />

entstanden. In der Rubrik<br />

„Aktuelles“ werdet ihr über<br />

die Neuigkeiten auf dem<br />

Campus und die aktuellen<br />

Geschehnisse an der Universität<br />

informiert werdet. Für<br />

diese <strong>Ausgabe</strong> sprach der Redakteur<br />

Steffen Georg mit der<br />

neuen ersten Vorsitzenden der<br />

<strong>Fachschaft</strong> Hannah Schreyer.<br />

Wer Hannah ist und was sie<br />

schon alles geplant hat, er-<br />

Leserbrief<br />

von Franziska Traube<br />

Viel Lärm um nichts? Studierendenproteste<br />

scheinen den Studierenden<br />

an der TU München allgemein<br />

eher fremd zu sein. Wie<br />

schön ist es doch, in Ruhe und<br />

Frieden an der <strong>TUM</strong> studieren zu<br />

können, ohne ständig von irgendwelchen<br />

Protestaktionen genervt<br />

zu werden. Sollte sich doch einmal<br />

ein Protest auf den Campus<br />

Garching verirren, dann wird den<br />

Verantwortlichen klar gemacht,<br />

in Zukunft solche Aktionen doch<br />

bitte zu unterlassen, da das ganze<br />

vielmehr peinlich als hilfreich sei.<br />

Für Proteste gibt es doch schon ein<br />

„Kompetenzzentrum“ in München<br />

– die LMU, und das soll sich in<br />

Zukunft auch nicht ändern.<br />

fahrt ihr in dem Interview.<br />

Den Themen aus der Wissenschaft<br />

haben wir nun einen<br />

ganzen Teil des Magazins gewidmet.<br />

Die „News“ bringen<br />

euch auf den neusten Stand<br />

in Sachen aktuelle chemische<br />

und biochemische Forschung.<br />

In der Rubrik “Aufdestillert”<br />

gehen wir in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

der Frage nach, weshalb das<br />

Glas nicht unbedingt durchsichtig<br />

sein muss und wie<br />

man eigentlich den Begriff<br />

definiert. Unser Redakteur<br />

Simon Nadal berichtet euch,<br />

weshalb ein Gläschen Wein<br />

nicht nur nie schadet, sondern<br />

sogar zu einem längeren Leben<br />

verhelfen kann. Für diese<br />

<strong>Ausgabe</strong> hat Angela Ibler für<br />

uns „Über den Kolbenrand“<br />

geschaut und erklärt, was es<br />

mit dem indischen Kastensystem<br />

auf sich hat.<br />

Im neuen „Chemist“ starten<br />

wir auch die Serie „10 Dinge..“<br />

und zählen all die Dinge<br />

auf, die jeder Student auf<br />

keinen Fall verpassen darf,<br />

Nun könnte man sich fragen, ob<br />

die TU München nicht als Modelluniversität<br />

gelten könnte, da ja<br />

offensichtlich kaum jemand wirklich<br />

unzufrieden zu sein scheint,<br />

oder ob diese Universität beinahe<br />

ausschließlich von sehr gemäßigten<br />

Menschen bevorzugt wird, die<br />

LMU hingegen radikalere Kreise<br />

zum Studieren einlädt.<br />

Es gibt Studien darüber, dass<br />

<strong>TUM</strong>-Studierende durchschnittlich<br />

aus finanziell sehr gut gestellten<br />

Familien kommen [Anm.d.R.:<br />

siehe 19. Sozialbericht des Studentenwerks].<br />

Nicht nur die <strong>TUM</strong><br />

ist reicher als andere Universitäten,<br />

ihre Studierenden sind es im<br />

Gegensatz zum Durchschnitt der<br />

2<br />

solange er <strong>Chemie</strong> studiert.<br />

Also, checkt auf jeden Fall<br />

eure To-Do-Listen nach dem<br />

Lesen ein zweites Mal!<br />

Für die langweiligen Stunden<br />

haben wir Sudokus, Rätsel<br />

und Anekdoten für euch parat.<br />

Unsere Redaktion ist stets<br />

auf der Suche nach neuen<br />

„Chemisten“. Ob Schreiben,<br />

Fotografieren oder Zeichnen<br />

- falls ihr in irgendeiner Form<br />

kreativ werden wollt, schreibt<br />

uns einem Mail an: chemist@<br />

stud.ch.tum.de und schaut<br />

bei unseren Redaktionstreffen<br />

vorbei. Natürlich könnt<br />

unsere Artikel auch in den<br />

Leserbriefen kommentieren<br />

oder uns Fragen für „Aufdestilliert“<br />

oder Anregungen für<br />

„10 Dinge…“ vorschlagen.<br />

In diesem Sinne, viel Spaß<br />

mit der neuen <strong>Ausgabe</strong>!<br />

Eure Chemist-Redaktion<br />

Studierendenschaft offenbar auch.<br />

500 € Studiengebühren fallen<br />

demnach zumeist nicht weiter ins<br />

Gewicht und auch die Finanzierung<br />

des täglichen Lebens scheint<br />

bei vielen von uns von den Eltern<br />

sicher gestellt zu werden. Ach ja,<br />

dass es kein Semesterticket gibt,<br />

ist zwar ärgerlich, aber kaum jemand<br />

beschwert sich darüber, dass<br />

das Geld kaum oder gar nicht aufgebracht<br />

werden kann, um zur Uni<br />

zu gelangen. Des Weiteren erhält<br />

die <strong>TUM</strong> von staatlicher und (privat-)wirtschaftlicher<br />

Seite aus im<br />

Verhältnis mehr Geld als andere<br />

Universitäten, was sich natürlich<br />

positiv sowohl auf Forschung als<br />

auch auf Lehre auswirkt. Es


scheint ja wirklich kein Grund da<br />

zu sein, auf die Straße zu gehen<br />

und zu protestieren. Die Studienbedingungen<br />

sind so, dass es keine<br />

Notwendigkeit zu geben scheint,<br />

sich einzumischen, selbst etwas<br />

bewegen zu wollen. Wogegen<br />

auch protestieren, das wäre ja ohnehin<br />

nicht glaubwürdig, oder? Es<br />

wäre viel eher Jammern auf sehr<br />

hohem Niveau. Warum sich auch<br />

engagieren? Es läuft doch auch<br />

ohne mich.<br />

Das mag auf den ersten Blick<br />

richtig sein. Aber sind Proteste<br />

wirklich nur dann gerechtfertigt,<br />

wenn einem selbst Unrecht<br />

getan wird? Wie würde es wohl<br />

an der Uni aussehen, wenn sich<br />

keine/r der Studierenden mehr<br />

für studentische Belange einsetzen<br />

würde?<br />

Ein Protest ist nur dann wirksam,<br />

wenn sich viele Menschen aus<br />

ganz unterschiedlichen Motiven<br />

daran beteiligen. Wenige Menschen<br />

erzielen keinen wirksamen<br />

Protest. Natürlich betrifft es mich<br />

nicht selbst, wenn teilweise Seminare<br />

an der LMU zu 300% überbelegt<br />

sind, aber egal darf es mir<br />

trotzdem nicht sein. Wenn nämlich<br />

nur die Menge der Benachteiligten<br />

auf die Straße geht, wird niemand<br />

auf sie achten. Eine große Menge<br />

hingegen, die gemeinsam für ein<br />

Ziel kämpft, kann ignoriert werden,<br />

aber nicht auf Dauer. Wer<br />

die Haltung vertritt, Proteste sind<br />

nicht unterstützungswürdig, weil<br />

das Problem nur andere betrifft,<br />

der muss sich auch nicht wundern,<br />

wenn sich zur Verteidigung eigener<br />

Anliegen auch nur sehr wenige<br />

Menschen mobilisieren lassen.<br />

Proteste leben von Solidarität,<br />

nur so sind sie wirksam. Plant die<br />

<strong>TUM</strong> Protestaktion, ist sie froh,<br />

wenn die LMU mit dabei ist. Denn<br />

diese bekommt ihre Studierenden<br />

besser und in größerem Maße v.a.<br />

für spontane Aktionen mobilisiert.<br />

Von den Studierenden der LMU<br />

kann allerdings nicht erwartet<br />

werden, dass sie sich auch für unsere<br />

Belange einsetzen, wenn wir<br />

es nicht auch für ihre tun.<br />

Im Allgemeinen bekommen Studierende,<br />

die einzig durch ihr Studium<br />

mit der Uni in Berührung<br />

kommen, überhaupt nicht mit, was<br />

alles einmal geplant war oder ist<br />

und ganz gar nicht uns entgegen<br />

kommt. Man denke nur an den<br />

Plan, Praktika in Zukunft auch<br />

samstags durchführen zu wollen.<br />

Wer sich selbst nicht einbringt,<br />

geht stillschweigend davon aus,<br />

dass dies andere für ihn tun.<br />

Man muss nicht mit jeder Protestaktion<br />

sympathisieren. Gerade<br />

wenn man in dem im Protest angesprochenen<br />

Problem gar kein<br />

Problem sieht, ist es unsinnig. Zumeist<br />

denkt sich jedoch auch der/<br />

die durchschnittliche Student/in,<br />

dass im deutschen Bildungssystem<br />

einiges schief läuft. Etwas dagegen<br />

unternehmen will er/sie jedoch<br />

auch meist nicht. Bequemlichkeit<br />

darf aber kein Argument sein, die<br />

Dinge so zu belassen wie sie sind.<br />

Auch das Argument, man sei mit<br />

der Protestform nicht einverstanden,<br />

ist nur eine Ausrede nicht<br />

selbst aktiv werden zu müssen. Es<br />

gibt immer Kommilitonen/-innen,<br />

die das genauso sehen, deshalb<br />

steht nichts im Wege, selbst etwas<br />

zu planen und durchzuziehen.<br />

Jede Aktion, jede Form des En-<br />

3<br />

gagements hilft, vielleicht doch<br />

eines Tages etwas zu bewegen.<br />

Um etwas zu erreichen, ist eine<br />

Demonstration nicht das einzige<br />

Mittel der Wahl. Es gibt unzählige<br />

Gremien wie zum Beispiel die<br />

<strong>Fachschaft</strong>, in denen man sich einbringen<br />

kann, wenn man mehr für<br />

pragmatisches Arbeiten als für öffentlich<br />

wirksame Protestaktionen<br />

wie Hörsaalbesetzungen ist. Ein<br />

Protest ist ohnehin immer nur<br />

ein erster Schritt, um auf Missstände<br />

aufmerksam zu machen.<br />

Danach müssen konkrete Lösungsvorschläge<br />

kommen.<br />

Es hilft nicht, sich zu beklagen<br />

und dann selbst nicht aktiv zu<br />

werden. Natürlich, diejenigen<br />

unter uns, die nebenher arbeiten<br />

müssen, werden kaum die Zeit<br />

und die Kraft aufbringen können,<br />

sich bei Protesten zu engagieren<br />

oder in Studierendenvertretungen<br />

wie der <strong>Fachschaft</strong> oder<br />

im AStA tätig zu sein. Aber an<br />

den Hochschulwahlen ein Kreuz<br />

zu setzen, ist von niemandem zu<br />

viel verlangt. Eine Wahl wird nur<br />

dann ernst genommen, wenn die<br />

Wahlbeteiligung entsprechend<br />

hoch ist. Wer sein demokratisches<br />

Grundrecht an der Uni nicht wahrnimmt,<br />

der sollte sich auch nicht<br />

beschweren. Und wer mit der Auswahl<br />

nicht zufrieden ist, sollte sich<br />

selbst einmal überlegen, sich zur<br />

Wahl stellen zu lassen.<br />

Es liegt in unser aller Interesse,<br />

dass Praktika nicht an Samstagen<br />

durchgeführt werden und dass die<br />

Studiengebühren nicht auf einmal<br />

3000 € pro Semester betragen, daher:<br />

Engagiert euch, übernehmt<br />

Verantwortung für das, was an<br />

eurer Uni passiert, und vor allem:<br />

Geht wählen!<br />

Franziska Traube studiert im 3. Semester<br />

Biochemie, ist <strong>Fachschaft</strong>smitglied und<br />

außerdem Hochschulpolitikbeauftragte.<br />

Auch außerhalb der Universität ist sie<br />

politisch engagiert.


CHEMIST: Also erst mal herzlichen<br />

Glückwunsch zu deiner Wahl<br />

zum ersten Vorstand der <strong>Fachschaft</strong>.<br />

Wann soll eigentlich die<br />

Wahlfeier stattfinden?<br />

Hannah: Legen wir sie doch<br />

praktisch an das Wochenende des<br />

<strong>Fachschaft</strong>sraumputzes und der<br />

Steuererklärung.<br />

CHEMIST: … und<br />

der Steuererklärung?<br />

Hannah: [lacht]<br />

Ja, wenn das beendet<br />

ist, dann kann<br />

man feiern – wenn<br />

das <strong>Fachschaft</strong>sbüro<br />

wieder nach was<br />

aussieht!<br />

CHEMIST: Das ist<br />

doch ein Wort. Du<br />

bist jetzt erster Vorstand,<br />

Hauptorganisatorin der CSP<br />

und anscheinend auch recht erfolgreich<br />

in deinem Studium. Wie<br />

machst du das?<br />

Hannah: Ich würde sagen: Organisation<br />

ist das Stichwort. Ohne<br />

das Engagement wäre man im Studium<br />

wohl zwar besser, aber andererseits<br />

würde man sich vermutlich<br />

trotzdem nicht mehr Zeit zum<br />

Lernen nehmen. Man muss es sich<br />

halt so einteilen, dass es passt. Ich<br />

finde, dass man durch zusätzliches<br />

Engagement und social Skills sich<br />

selbst einfach weiter entwickelt…<br />

CHEMIST: … und auch einen<br />

Teil seiner Persönlichkeit ausbildet.<br />

Zusätzliche gehörige Anstrengungen<br />

hat es dich dieses Jahr auch<br />

gekostet die CSP auf die Beine zu<br />

stellen…<br />

Hannah: Die ist ja noch nicht auf<br />

die Beine gestellt, aber es kommt.<br />

Das Problem war eben, dass sie bei<br />

Interview mit einer Vorsitzenden<br />

Seit der Jahreshauptversammlung der <strong>Chemie</strong>fachschaft ist Hannah Schreyer die gewählte<br />

,,mächtigste‘‘ Studentin unserer <strong>Chemie</strong>fakultät. Es folgt ein Ausschnitt aus dem Leben einer<br />

ersten Vorsitzenden. von Steffen Georg<br />

uns nicht stattfinden konnte, was zu<br />

enormen Schwierigkeiten geführt<br />

hat. Die Sicherheitsbestimmungen<br />

in unserer Fakultät entsprechen<br />

nicht dem, mit was sich die Feuerwehr<br />

zufrieden gibt. In den Jahren<br />

zuvor wurde das einfach durch<br />

gewunken, aber jetzt läuft das<br />

ganze etwas strenger. Feuermelder<br />

abschalten ist nicht<br />

mehr, Fluchtausgänge<br />

liegen nicht<br />

richtig… deswegen…<br />

CHEMIST: Hast<br />

du denn – abgesehen<br />

von der CSP –<br />

schon irgendwelche<br />

besonderen Pläne<br />

als erste Vorsitzende<br />

der <strong>Fachschaft</strong><br />

für die <strong>Fachschaft</strong>?<br />

Hannah: Wir arbeiten gerade<br />

daran den Erstsemestern – wozu<br />

auch die kommenden <strong>TUM</strong> twoin-one<br />

Studenten gehören – durch<br />

ein Konzept einen leichteren Einstieg<br />

ins Unileben zu verschaffen,<br />

welches wir beide seit mittlerweile<br />

schon über einem Jahr mit Frau<br />

Spiekermann [Anm.: Angestellte<br />

bei ProLehre] entwerfen. Ich habe<br />

vor kurzem mal einen Blick in alte<br />

Protokolle geworfen und gesehen,<br />

dass das Konzept ,,Erstsemesterwochenende<br />

– Intro-Days‘‘ schon<br />

im Januar 2<strong>01</strong>0 bei einer Sitzung<br />

vorgestellt wurde – und so langsam<br />

läuft die Planungsphase auch<br />

ihrem Ende zu. Dabei soll den<br />

Teilnehmern Zeit- und Selbstmanagement,<br />

Lerntechniken, Präsentationstechniken<br />

und Teamwork<br />

näher gebracht werden, aber dadurch<br />

dass man viel Zeit miteinander<br />

verbringt auch ein Gefühl<br />

4<br />

der Zusammengehörigkeit und der<br />

Zugehörigkeit zu unserer <strong>Chemie</strong>fakultät<br />

erreicht werden.<br />

CHEMIST: … und wohl auch<br />

an ihr Studium – bis zum bitteren<br />

Ende…<br />

Hannah: [lacht] Bis zum bitteren<br />

Ende, stimmt. Wir hoffen eben unter<br />

anderem auch, dass sich durch<br />

dieses unterstützende Angebot die<br />

Abbrecherquoten verringern werden.<br />

Denn auch die Studienbeginnerzahlen<br />

sind an unserer Fakultät<br />

in den letzten Jahren immer<br />

weiter gefallen. In den vergangenen<br />

drei Jahren sind wir von 120<br />

auf 87 Chemiker im ersten Semester<br />

gefallen. Es geht bei dem Projekt<br />

aber einfach darum den Erstsemestern<br />

zu zeigen, dass sie hier<br />

nicht verloren sind!<br />

CHEMIST: Nun zu etwas weniger<br />

Offiziellem: Du kommst aus<br />

Weinheim bei Heidelberg. Vermisst<br />

du deine Heimat, oder wiegt<br />

München das einigermaßen für<br />

dich auf?<br />

Hannah: Was heißt ,,aufwiegen‘‘?<br />

Natürlich fährt man gerne in die<br />

Heimat, ich fahre im Semester<br />

zwei Mal nachhause wenn‘s hoch<br />

kommt. Ich habe hier einfach mein<br />

Leben, ich habe mich hier eingelebt.<br />

Daheim hat es alle Leute<br />

überall hin verschlagen, man besucht<br />

sie überall – und man selber…<br />

Ich bin jedenfalls froh nach<br />

München gegangen zu sein.<br />

CHEMIST: Kann ich nachvollziehen.<br />

Was gefällt dir denn besonders<br />

an München? Gibt es irgendetwas,<br />

was du speziell magst?<br />

Hannah: Mir gefällt der Englische<br />

Garten und die Museenvielfalt<br />

sehr, aber auch dass immer<br />

etwas los ist. Ich wohne in der


Innenstadt und man ist nie allein;<br />

man kann nachts um drei durch<br />

die Straßen laufen und muss keine<br />

Angst haben, sich keine Gedanken<br />

darum machen, dass einem irgendetwas<br />

passiert…<br />

CHEMIST: Und das muss man in<br />

Weinheim, oder wie?<br />

Wie erlange ich gute Soft Skills?<br />

Jeder von uns kennt diese Art von<br />

Vorträgen, man denkt, man hat<br />

was Nützliches gelernt und hat<br />

viel mitgenommen, und kaum verlässt<br />

man den Raum, schon ist es<br />

wieder vergessen.<br />

So dachte ich mir auch dieses Mal,<br />

dass es ähnlich ablaufen würde.<br />

Ich fuhr zu einem Workshop von<br />

Ilya Krasnov, einem ehemaligen<br />

Manage&More Stipendiaten. Thema:<br />

Zeit und Selbstmanagement.<br />

Besseres Zeitmanagement würde<br />

mir wirklich nicht schaden. Ich<br />

bin wieder mal zu spät und verpasse<br />

für mich die allerwichtigste<br />

Aussage des Tages. Was bewegt<br />

einen dazu, sich mit dem Thema<br />

Zeit – und Selbstmanagement zu<br />

beschäftigen?<br />

Als Manage&More Stipendiat hatte<br />

Ilya drei Semester lang Projekte<br />

in einem interdisziplinären Team<br />

aus der Wirtschaft bearbeitet, war<br />

ehrenamtlich sehr engagiert und<br />

hatte natürlich noch nebenbei studiert.<br />

Als alles aus dem Ruder zu<br />

laufen begann und er kurz davor<br />

war, aus dem Program geworfen<br />

zu werden, fing er an, sich durch<br />

Selbststudium ein besseres Zeitmanagement<br />

anzueignen.<br />

Heute ist er der Experte und vermittelt<br />

seine Erfahrungen und<br />

Erkenntnisse so authentisch, dass<br />

man die gesammelten Eindrücke<br />

am besten nicht mehr loslassen<br />

Hannah: [lacht] Nein, aber das<br />

muss man in anderen Großstädten<br />

vielleicht! Auch die Berge mag<br />

ich. Ach, München ist einfach toll!<br />

Da kann man so viel machen und<br />

es geht einfach immer was!<br />

CHEMIST: Vielen Dank dir für<br />

das Gespräch.<br />

von Helena Sidorenko<br />

Helena Sidorenko ist Stipendiatin des Förderungsprogramms<br />

der Unternehmer<strong>TUM</strong> „Manage&More“ und stellt im folgenden<br />

ihre Organisation vor.<br />

will. Vollkommen von den Erkenntnissen<br />

aus dem Workshop<br />

eingenommen, fuhr ich zurück<br />

und reflektierte mich selbst.<br />

Ich war eine Manage&More Stipendiatin<br />

geworden, weil ich neben<br />

meinem Studium reale Projekterfahrung<br />

sammeln und in ein<br />

großes Netzwerk integriert werden<br />

wollte. Allerdings war mit dabei<br />

nicht bewusst, wie stark sich ganz<br />

nebenbei meine Persönlichkeit<br />

entwickeln würde. So wie Ilya damals<br />

geht es vielen von uns. Wir<br />

versuchen jede Chance für Erfolg<br />

für uns zu ergattern und stoßen bei<br />

der Ausführung nicht nur einmal<br />

an unsere Grenzen. Doch am Ende<br />

stehen wir mit einer großen Erfahrung<br />

über uns selbst dar und einem<br />

noch größerem Pool an Möglichkeiten,<br />

die wir dadurch nutzen<br />

können.<br />

Bei Manage&More lernst du die<br />

wohl wichtigste Ressource kennen,<br />

nämlich dich selbst. Geh mit,<br />

sammle Praxiserfahrung, erfahre<br />

die Arbeit in einem buntgemischtem<br />

Team und lass uns dir deine<br />

Persönlichkeit zeigen.<br />

Bewirb dich bis zum 15. Februar<br />

2<strong>01</strong>1 auf www.manageandmore.<br />

de oder schicke uns einfach eine<br />

Email mit deinen Fragen an info@<br />

manageandmore.de.<br />

5<br />

News<br />

IUPAC-Änderung<br />

von Angela Ibler<br />

Sehr geehrte Damen und<br />

Herren, die sie sich freiwillig<br />

oder gezwungenermaßen mit<br />

<strong>Chemie</strong> beschäftigen,<br />

wir müssen Sie mit einer Änderung<br />

betraut machen. Diese bezieht<br />

sich auf die Massen von Elementen,<br />

wie Sie auf Periodentafeln<br />

aufgeführt sind und die Sie hoffentlich<br />

nicht auswendig gelernt<br />

haben (falls doch, sollten Sie lieber<br />

Medizin studieren und danach<br />

einen Psychologen aufsuchen). In<br />

Zukunft wird für einige Elemente<br />

nicht mehr die durchschnittliche<br />

Masse des Atoms angegeben, sondern<br />

dessen Massebereiche. Dies<br />

geschieht aufgrund der Tatsache,<br />

dass das Vorkommen bestimmter<br />

Isotope abhängig von dem Stoff<br />

ist, in welchem das Element gebunden<br />

ist.<br />

So verwerten beispielsweise Pflanzen<br />

verschiedene Kohlenstoffisotope<br />

unterschiedlich gut. Anwendung<br />

der verschiedenen Isotopengewichte<br />

finden sich in Dopingtests:<br />

In natürlichem Testosteron kommt<br />

das schwere Kohlenstoffisotop vor,<br />

im pharmazeutischen dagegen das<br />

leichte. In Zukunft wird für die<br />

Elemente H, Li, B, C, N, O, S, Si<br />

ein Intervall der Massen der häufigsten<br />

Isotope angegeben. Sollten<br />

Sie verärgert über diese großartige<br />

Änderung in der Wissenschaft<br />

sein, so bedenken Sie bitte, dass<br />

die International Union of Pure<br />

and Applied Chemistry von 1985<br />

bis 2<strong>01</strong>0 an diesem Thema gearbeitet<br />

hat. Außerdem können wir<br />

somit das „International Year of<br />

Chemistry“ gebührend beginnen.<br />

Mit freundlichen Grüßen,<br />

Ihr <strong>Chemie</strong>geist<br />

(bitte nicht zu verwechseln mit der<br />

Faulgaswolke vor der Mensa)


Anfang der 1990er-Jahre wurde<br />

von einer merkwürdigen Beobachtung<br />

berichtet, dem „französischen<br />

Paradoxon“: Trotz des vielen Rauchens<br />

und einer cholesterolreichen<br />

Kost lag die Herzinfarktrate in<br />

Frankreich – vor allem im Süden<br />

– um rund 30-40 % niedriger als<br />

in anderen EU-Länder und in den<br />

Vereinigten Staaten. Erklärung<br />

der Wissenschaftler: Es muss am<br />

Rotwein liegen. Der hohe Konsum<br />

solle den Kreislauf schützen.<br />

In der Tat konnten Studien vom<br />

Team um A. Klatsky und dem<br />

Copenhagen City Heart Studios<br />

zeigen, dass Ethanol bei moderatem<br />

Konsum für den vaskulären<br />

Schutz verantwortlich ist. Allerdings<br />

ist auch eine weitere im<br />

Wein in hoher Konzentration vorliegende<br />

Substanz für eine (kleinere)<br />

lebensverlängernde Wirkung<br />

verantwortlich: das Resveratrol.<br />

Der „Wirkstoff des Rotweins“ war<br />

zu diesem Zeitpunk schon länger<br />

bekannt. Er wurde bereits in zahlreichen<br />

Nahrungspflanzen wie<br />

Erdnüssen, Maulbeeren und auch<br />

Trauben nachgewiesen. Besonders<br />

in der Haut von roten Weintrauben<br />

wurde eine vergleichsweise sehr<br />

hohe Konzentration gemessen und<br />

im Rotwein selbst liegt seine Konzentration<br />

bei etwa 20-30 mg/l.<br />

In der Natur dient Resveratrol,<br />

Bestandteil des pflanzlichen Immunsystems,<br />

als „biologische<br />

Vielzweckwaffe“. Es schützt die<br />

Weintraube vor Pilz-, Bakterien<br />

und Virusinfektionen sowie vor<br />

Umwelteinflüsssen.<br />

Als Polyphenol besitzt es eine<br />

sehr starke antioxidative Wirkung,<br />

News<br />

Trinke Wein, lebe länger?<br />

„Ein Glas Wein auf die Suppe ist dem Arzt einen Taler entzogen.“<br />

Als „Wirkstoff des Weins“ hat Resveratrol immer mehr Ansehen in der pharmazeutischen Industrie<br />

gewonnen. von Simon Nadal<br />

das heißt es verhindert die Oxidation<br />

empfindlicher Moleküle<br />

der Zelle, indem es z.B. reaktive<br />

Sauerstoffradikale abfängt. Im<br />

Reservatol ermöglichen dies die<br />

Hydroxylgruppen am Aromaten.<br />

Außerdem besitzt der Stoff eine<br />

antiinflammatorische Wirkung.<br />

Übersetzt heißt das, dass Resveratrol<br />

Entzündungsreaktionen<br />

hemmt. Diese Reaktionen dienen<br />

Organismen als Abwehrmechanismen<br />

gegen Krankheitserreger<br />

während einer Infektion. Bleiben<br />

diese Inflammationen nach erfolgreicher<br />

Abwehr des Auslösers<br />

bestanden, kommt es zu chronischen<br />

Entzündungen, welche Alterungsprozesse<br />

sowie degenerative<br />

Erkrankungen begünstigen.<br />

Antiinflammatorische Substanzen<br />

hemmen diese chronischen Entzündungen<br />

und finden daher auch<br />

viele Anwendungen in der Medizin.<br />

Nebenbei wurden dem Stoff noch<br />

weitere Wirkungen nachgewiesen,<br />

wie zum Beispiel die Abdichtung<br />

von Protonenlecks in Mitochon-<br />

6<br />

drien, welche zu einem leichten<br />

Kurzschluss in der Atmungskette<br />

und damit Energieverlust führen,<br />

aber auch der Schutz vor Krebs<br />

und vielem mehr.<br />

Doch wie wirkt nun Resveratrol<br />

auf unsere Franzosen und andere<br />

Rotweinliebhaber?<br />

Studien konnten zeigen, dass<br />

Resveratrol auf unterschiedliche<br />

Organismen die gleiche lebensverlängernde<br />

Wirkung wie eine<br />

anhaltende Kalorienrestriktion<br />

(CR) hat und somit zu den CR-<br />

Mimetika zählt.<br />

Die Kalorierestriktion gehört zu<br />

den am Besten untersuchten Therapieansätzen<br />

der Anti-Aging-<br />

Medizin (auf Altdeutsch = Anti-<br />

Alterungs-Medizin, bitte sehr Herr<br />

Westerwelle) und ist bis heute die<br />

einzige Maßnahme, für die experimentell<br />

tatsächlich eine Lebensverlängerung<br />

nachgewiesen werden<br />

konnte.<br />

Der Mechanismus der CR wurde<br />

in den letzten Jahren aufgeklärt. In<br />

erster Linie werden dabei Sirtuine<br />

aktiviert (Histon-Deacetylasen)<br />

und unter deren Einfluss kommt<br />

es zu vermehrter DNA-Reparatur,<br />

wodurch die Einzelzelle länger<br />

überlebt und somit auch der gesamte<br />

Organismus. CR-Mimetika<br />

aktivieren die gleichen biochemischen<br />

Prozesse wie eine Kalorienreduktion,<br />

ohne dass der Mensch<br />

eine Hungerdiät einhalten muss<br />

und sind daher sehr interessant für<br />

die Pharmaindustrie.


Bisher ist Resveratrol die einzige<br />

Substanz für welche in vitro mit<br />

Mäusen eine signifikante Lebensv<br />

e r l ä n g e r u n g<br />

nachgewiesen<br />

werden konnte.<br />

Die Resveratrol-<br />

Konzentration<br />

war jedoch hierbei<br />

um ein Vielfaches<br />

höher als<br />

im Wein. In diesem ist die Konzentration<br />

zu gering um große<br />

CR-mimetische Wirkungen auszulösen,<br />

weswegen Ethanol für die<br />

gesundheitlichen Effekte größere<br />

Bedeutung hat. Allerdings gibt es<br />

Das Bakterium aus dem Mono<br />

Lake in Californien sorgte schnell<br />

für Schlagzeilen: laut seinem Entdeckerteam<br />

würde es Arsen an<br />

Stelle von Phosphor in seine Biomoleküle<br />

einbauen, unter anderem<br />

auch in der DNA. Die Nachricht<br />

raste als Entdeckung einer<br />

neuen Lebensform in Zeitungen<br />

und Medien um die Welt, doch<br />

der Schnellschuss gerat ziemlich<br />

schnell in Kritik.<br />

Die Aussage des Teams der NASA<br />

beruht auf zwei Stützen. Zum einen<br />

konnten die Forscher das<br />

Arsenbakterium in einem Kulturmedium<br />

dem Arsenat – aber<br />

kein Phosphat – zugesetzt wurde,<br />

wachsen lassen. Darüber hinaus<br />

wurde die Arsenkonzentration und<br />

Verteilung innerhalb der Zellen,<br />

sowie in isolierten Biomolekülen<br />

gemessen.<br />

Soweit erscheint der Ansatz ganz<br />

plausibel. Verdacht erregte jedoch,<br />

dass einfache Tests wie die Untersuchung<br />

der DNA im Massenspektrometer<br />

nicht durchgeführt<br />

News<br />

Hinweise darauf, dass durch die<br />

Kombination mit anderen Inhaltsstoffen<br />

des Weins die medizinische<br />

Aktivität<br />

von Resveratrol<br />

gesteigert werde.<br />

Dies ist auch<br />

ein Erklärungsansatz<br />

in Studien<br />

der Copenhagen<br />

City Heart Studios,<br />

in welcher Weintrinker eine<br />

etwas geringere Gesamtmortalität<br />

als Biertrinker haben.<br />

Für die Industrie bleibt noch eine<br />

wichtige Frage vor der medizinischen<br />

Verwendung von Resve-<br />

wurden, oder einige Reinigungsschritte<br />

ausgelassen<br />

wurden und in der Publikation<br />

keine Negativkontrollen<br />

erwähnt werden.<br />

Somit wird die Möglichkeit,<br />

die Beobachtungen wären<br />

durch Verunreinigungen wie<br />

z.B. Phosphat im Nährmedium<br />

verfälscht, nicht beseitigt.<br />

Die genannten Verunreinigungen<br />

an Phosphor würden,<br />

dem Harvard-Geochemiker<br />

A. Bradley nach, deutlich<br />

hoch genug sein, um Leben<br />

zu ermöglichen.<br />

Auch hydrolysiert DNA mit<br />

Arsenat-Rückgrat im wässrigen<br />

Medium, wie es in Zellen vorliegt,<br />

mit einer Halbwertszeit<br />

von 10 Minuten. Das Team um<br />

F. Wolfe-Simon postulierte daher,<br />

dass biochemische Schutzmechanismen<br />

die DNA schützen. Auch<br />

hier kommt Kritik seitens von Mikrobiologen<br />

und Chemikern: wie<br />

konnte in der isolierten und gereinigten<br />

DNA Arsen nachgewiesen<br />

ratrol zu klären: Welche Dosis ist<br />

am wirkungsvollsten – und mit<br />

welchen Metaboliten erzielt man<br />

die beste Wirkung? Zurzeit laufen<br />

viele Untersuchungen in Forschungslabors<br />

um die Wirksamkeit<br />

des Resveratrols zu erhöhen<br />

und über kaum einen sekundären<br />

Pflanzenstoff wurde in den letzten<br />

Jahren soviel publiziert. Für die<br />

Pharmaindustrie besitzt Resveratrol<br />

ein großes Potential, inzwischen<br />

sind auch in Deutschland<br />

wie auch in den USA die ersten<br />

Präparate im Handel erhältlich.<br />

Eine kleine biochemische Kuriosität<br />

GFAJ-1 besitzt einen Namen, der mehr einem Planeten ähnelt als einem Bakterium. Dies verwundert<br />

weniger, wenn man seinen Entdecker kennt: die NASA, genauer das Institut<br />

für Astrobiologie. von Simon Nadal<br />

7<br />

werden, wenn diese durch die<br />

Abwesenheit der Schutzmechanismen<br />

zerfallen sollte? Nach einem<br />

großen Pressecoup ist das NASA-<br />

Team nun gezwungen, belastbare<br />

Daten nachzuliefern.<br />

Und unser Bakterium in dem Ganzen?<br />

Es bleibt eine kleine Kuriosität,<br />

denn es ist noch nicht geklärt,<br />

wie es die hohen Arsenkonzentrationen<br />

im Mono Lake aushält.


Das Ding mit der scheinbaren Tradition<br />

Was fällt euch zu „typisch Indien“ ein? Ganz klar das Curry, ganz klar das Taj Mahal, ganz klar<br />

das Kastensystem – aber halt: so klar ist das beim letzten Punkt in Wirklichkeit nicht.<br />

von Angela Ibler<br />

Das Kastensystem, wie wir es seit<br />

den letzten hundert Jahren aus<br />

Indien kennen, konnte erst durch<br />

das Zusammenspiel<br />

von Britischer Kolonialmacht<br />

und Eigeninteressen<br />

gewisser<br />

Bevölkerungsgruppen<br />

entstehen.<br />

Bevor Indien zur britischen<br />

Kolonie wurde,<br />

gab es noch nicht<br />

einmal in allen Regionen<br />

die gleiche Auffassung<br />

von Kaste.<br />

Die Hierarchie war nicht gleich<br />

streng geregelt und in einigen Gebieten<br />

war auch der Wechsel von<br />

einer Kaste zur anderen nicht so<br />

unmöglich wie das vor allem im<br />

20. Jahrhundert der Fall war. Doch<br />

die westlichen Kolonialherren,<br />

die ja so gerne in allem eine gewisse<br />

Ordnung und Regeln sehen,<br />

suchten vergeblich eine einheitlich<br />

festgelegte Gesellschaftsordnung<br />

(gültig für ganz Indien) – also<br />

mussten sie diese erst „erfinden“.<br />

Ganz so böse darf man den alten<br />

Briten aber nicht sein, denn sie<br />

versuchten indische Traditionen<br />

zu berücksichtigen, indem sie<br />

alte Schriften nach Regeln durchsuchten<br />

und Priester um Rat fragten.<br />

Jetzt war es aber so, dass in<br />

den religiösen Schriften nur die<br />

Kastenauffassung der Priester zu<br />

finden war und diese somit eine<br />

sakrosankte Legitimation erhielt.<br />

Außerdem nutzten einige Priester<br />

die Gunst der Stunde, sich bei den<br />

britischen Beamten einige Vorteile<br />

zu sichern, indem sie ihre Kaste<br />

als die bevorzugte darstellten<br />

und möglichst enge Grenzen um<br />

niedrigere Gesellschaftsschichten<br />

Über den Kolbenrand<br />

zogen. Zusätzlich trug der europäische<br />

Rassenbegriff seinen Teil<br />

dazu bei, denn auch dieser war ein<br />

Mittel, um (ohne sich<br />

viele Gedanken machen<br />

zu müssen) eine<br />

Gesellschaft in klar<br />

abgegrenzte Schichten<br />

aufzuteilen – hier<br />

scheinbar mit einer<br />

„genetischen“ Rechtfertigung.<br />

So passierte<br />

es schnell, dass<br />

sich verschiedene<br />

Bevölkerungsgruppen<br />

in Indien auf einmal für zivilisierter<br />

und damit höher gestellt sahen.<br />

Andere dagegen hielten sich<br />

für die Ureinwohner des Subkontinents<br />

und deklarierten für sich<br />

mehr Rechte. Dogmatisch wurde<br />

das Kastensystem aber wohl erst<br />

mit der Volkszählung zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts. Hier wurde<br />

zur besseren Auflistung der indischen<br />

Bewohner genau festgehalten,<br />

welche Kasten es gäbe und<br />

wie sie hierarchisch zueinander<br />

stünden.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg<br />

und nach der Erfahrung des Nationalsozialismus<br />

war das Wort<br />

Rasse aber auf keinen Fall mehr<br />

zu gebrauchen, um eine Gesellschaftsstruktur<br />

zu beschreiben.<br />

Und nachdem Indien 1947 seine<br />

Unabhängigkeit erlangte war der<br />

Weg von Personen wie Mahatma<br />

8<br />

Ghandi bereits vorbereitet für eine<br />

Reform der Gesellschaft mit mehr<br />

Gleichberechtigung und weniger<br />

Scheu mit Menschen niedrigerer<br />

Kasten zu verkehren. Bis heute hat<br />

das Kastensystem (laut Wikipedia<br />

sollte man eher von Kastenwesen<br />

sprechen) Einfluss auf Heirat<br />

und Berufswahl. Doch die Grenzen<br />

werden – langsam – weicher.<br />

Also: wie typisch ist das Kastenwesen?<br />

Vielleicht nicht typisch<br />

indisch, aber sicherlich typisch für<br />

die bewegte Geschichte des Subkontinents.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 7/2<strong>01</strong>1<br />

Impressum<br />

Der „Chemist“ ist kein Erzeugnis<br />

im Sinne des Presserechts, sondern<br />

ein Rundbrief an alle Studenten<br />

der <strong>TUM</strong> und sonstig interessierten<br />

Personen. Mit Namen gekennzeichnete<br />

Artikel geben nicht die<br />

Meinung der Redaktion, sondern<br />

die des Verfassers wieder.<br />

Redaktion: Yuliya Dubianok<br />

Steffen Georg<br />

Angela Ibler<br />

Simon Nadal<br />

Freie Mitarbeiter:<br />

Clemens Hauptmann<br />

Fotos/ Zeichnung:<br />

Angela Ibler<br />

Kontakt: chemist@stud.ch.tum.de<br />

Auflage: 150 Exemplare


Auf diese Forderung hin beschäftigen<br />

wir uns jetzt mal mit der<br />

durchaus transparenten Stoffklasse<br />

der Gläser. Aber um mal die<br />

Ernüchterung vorweg zu nehmen:<br />

Ein Glas ist nicht durch seine<br />

Durchsichtigkeit definiert, sondern<br />

dadurch, dass es ein amorpher<br />

Feststoff ist. Das bedeutet,<br />

dass die Moleküle zwar ungefähr<br />

gleich weit voneinander entfernt<br />

sind, aber die Winkel zwischen ihnen<br />

nicht so streng geordnet sind<br />

wie in einem Kristall (also eine<br />

Nah- aber keine Fernordnung).<br />

Außerdem sind Gläser eigentlich<br />

flüssig, denn bei der Herstellung<br />

wird die Schmelze so rasch abgekühlt,<br />

dass nicht genügend Zeit<br />

für die Kristallisation bleibt. Da-<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

... die jeder Mensch im Laufe seines <strong>Chemie</strong>studiums getan haben muss<br />

sich eigene dämliche Sprüche ausdenken, um das PSE auswendig zu lernen<br />

sich im Kellerlabyrinth verlaufen<br />

die <strong>Fachschaft</strong> wegen nicht funktionierender Drucker nerven<br />

ein eigenes Ranking aufstellen, welches das ekligste Gericht in der Mensa ist<br />

übertitrieren<br />

Aufdestilliert<br />

Mehr Transparenz im Journalismus<br />

von Angela Ibler<br />

sich in der ersten Vorlesung im Maschinenbau lautstark über die vielen Papierflieger beschweren<br />

und spätestens in der zweiten selbst einen basteln<br />

in einer Vorlesung einschlafen (aber vorsichtshalber den Nachbarn bitten, einen bei zu lautem<br />

Schnarchen zu wecken)<br />

überlegen, welches Element man gern wäre<br />

durch werden die Eigenschaften<br />

der flüssigen Schmelze (nämlich<br />

die nur in etwa gleiche Entfernung<br />

der Moleküle zwischen einander)<br />

sozusagen „eingefroren“. Je weniger<br />

ein eintreffendes Photon nun<br />

im Glas in Wechselwirkung mit<br />

den Elektronenhüllen tritt, desto<br />

durchsichtiger ist das Glas. Am<br />

vertrautesten sind uns aus dem<br />

Alltag wahrscheinlich die Silicatgläser,<br />

die aus amorphem SiO 2<br />

bestehen. Die Laborgläser, die wir<br />

ständig in Händen halten, haben<br />

u.a. als Zusatzstoff B 2 O 3 . Diese<br />

Borsilikate sind inert gegenüber<br />

vielen Chemikalien und gegenüber<br />

Temperaturschwankungen<br />

ziemlich resistent. Na, habt ihr<br />

jetzt mehr Durchblick als vorher?<br />

10 Dinge...<br />

sich nach dem Praktikum ein kühles Bierchen in der C2 genehmigen<br />

Federhalter<br />

Simon Nadal studiert im 3. Semester<br />

Bachelor Biochemie. Seit seinem<br />

ersten Semester an der <strong>TUM</strong><br />

unterstützt er unsere Redaktion.<br />

Simon berichtet für den „Chemist“<br />

vor allem über die aktuellen<br />

Themen aus der Forschung. Als<br />

bekennender Weinliebhaber und<br />

Franzose ist er für diese <strong>Ausgabe</strong><br />

der Frage nach dem „französischen-Paradoxon“<br />

auf den Grund<br />

gegangen. Ob er nun den Rotwein<br />

noch mehr genießt oder die Finger<br />

davon lässt, erfahrt ihr in seinem<br />

Artikel.<br />

feststellen, dass alle Chemiker eine seltsame Einstellung zu Farben haben (wie viele waldgrüne<br />

Töne gibt es, und welchen davon brauche ich? Siehe Punkt „Übertitrieren“)<br />

9


Vor vielen, vielen Lichtjahren lebte<br />

im Lande Physikalien die schöne<br />

Königstochter Elektro-Liese. Seit<br />

ihrer Jugend war sie dem Grafen<br />

Oszillo von Kathodenstrahl zugetan.<br />

Aber Graf Oszillo hatte einen<br />

Widersacher, den Grafen Tele aus<br />

dem Geschlecht der Photo-Grafen,<br />

der selber ein Wirbelauge auf<br />

Elektro-Liese geworfen hatte. Eines<br />

Tages wurde Oszillo auf der<br />

Jagd am Ausgang des Wellenthales<br />

von Teles Knechten überfallen<br />

und auf eine Druckfort-Pflanzung<br />

gebracht, wo an den Zweigen der<br />

Bleibäume die herrlichsten Glühbirnen<br />

gediehen. Durch die Quadratwurzeln<br />

waren sie gut geerdet.<br />

Oszillos treuer Knappe Wolfram-<br />

Draht wurde mit einem Wagnerschen<br />

Hammer niedergeschlagen,<br />

obwohl er aus allen galvanischen<br />

Batterien feuerte. Er war aber nur<br />

verwundet und wurde von seinen<br />

Kons-Tanten und Basen gesundgepflegt.<br />

Alsbald machte er sich mit seinem<br />

Farad auf, seinen Herrn zu suchen.<br />

Mit seinem übergroßen Tranformat-Ohr<br />

hörte er bald, wo dieser<br />

war. Es war Eile geboten, denn<br />

morgen sollte Elektro-Liese den<br />

Grafen Tele heiraten, den sie von<br />

der ersten Ampère-Sekunde an<br />

verabscheut hatte. Aber ihre Freundin,<br />

die Gasana-Liese, hatte ihr<br />

zugeraten, da sie schon das astronomische<br />

Alter von 20 Lichtjahren<br />

hatte. Bald wurden die Stadt und<br />

das Schloss festlich geschmückt.<br />

Die fünf Tore (Isola-Tor, Genera-<br />

Tor, Transforma-Tor, Vek-Tor und<br />

Sek-Tor) wurden mit Zündkerzen<br />

erleuchtet. Graf Oszillo und Wolf-<br />

Ein physikalisches Märchen<br />

Anfang der 60er Jahre kursierte an unserer Uni die skurrile Erzählung „Ein physikalisches<br />

Märchen“. Ihre Herkunft liegt im Dunkeln. Wir finden das Märchen so reizvoll, dass es unsere<br />

Leser auch kennenlernen sollen. Den Autor konnten wir verständlicherweise nicht um<br />

Druckerlaubnis bitten, sollte er aber sein Werk hier wiederfinden, möchte er sich bitte an die<br />

Redaktion wenden.<br />

ram-Draht bereiteten inzwischen<br />

die Flucht vor. Sie rösteten einige<br />

Atom-Kerne und Kosi-Nüsse auf<br />

der Robert-Kochplatte, zogen sich<br />

feste Polschuhe und warme Windhosen<br />

an, und als die Temperat-<br />

Uhr Mitternacht schlug, schnürten<br />

sie ihr Strahlenbündel und verließen<br />

das Haus.<br />

Der Wächter hatte nichts gemerkt,<br />

da er einen elliptischen Anfall<br />

hatte. Die Türschlösser öffneten<br />

sie mit einer Bohr-Maschine von<br />

Niels, und dann jagten sie in größter<br />

Eile über die Magnet-Felder<br />

und das Kilo-Watt dahin. Schon näherten<br />

sie sich dem Wechselstrom,<br />

der sich in großen Sinuskurven dahinschlängelte.<br />

Dort rasteten sie,<br />

tränkten ihre Pferde mit Kristall-<br />

Wasser aus einer Lichtquelle und<br />

badeten ihre müden Glieder, bis<br />

sie wieder ihre Hesse´sche Normalform<br />

zurückgefunden hatten.<br />

Später ließen sie sich von einer<br />

Atmos-Fähre übersetzen. Die Flaschen-Züge<br />

der Erd-Bahn donnerten<br />

am Kraft-Fluss vorbei.<br />

Als die ersten Röntgen-Strahlen<br />

der Morgensonne zwischen den<br />

10<br />

Elektronen-Wolken hervorbrachen<br />

und die ersten Tur-Bienen summten,<br />

kamen die beiden am Kondensa-Tor<br />

an.<br />

Sie versteckten sich zwischen Wellenpaketen<br />

in einer Mischungs-<br />

Lücke und kamen ungehindert in<br />

die Stadt. Voller Wis-Mut drangen<br />

sie in das Schloss ein. Graf Tele,<br />

der in der Nacht in der Milli-Bar<br />

gezecht hatte, wurde mühelos<br />

überwältigt und dem Gleich-Richter<br />

übergeben, der ihn nach dem<br />

Coulombschen Gesetz verurteilte.<br />

Er ließ ihn mit einem Helm-Holtz<br />

so lange verprügeln, bis er ultraviolett<br />

war. Elektro-Liese aber fühlte<br />

ihr Mega-Hertz heftig schlagen,<br />

als Oszillo endlich bei ihr war.<br />

Es begann nun eine fröhliche Hochzeit.<br />

Zuerst trug der Fern-Sprecher<br />

eine selbstverfasste Tri-Ode vor,<br />

dann wurde dem getreuen Knappen<br />

Wolfram das Koordinaten-<br />

Kreuz verliehen (das Faden-Kreuz<br />

hatte er schon). Für die Bewohner<br />

der Stadt wurde ein großes Laby-<br />

Rind gebraten, und in dem riesigen<br />

Dampfkessel brodelte ein fettes<br />

Essen aus Konkav-Linsen und<br />

Tang-Enten. Es wurde mit Hilfe<br />

von Belichtungs-Messern und<br />

Stimmgabeln verzehrt. Zum Nachtisch<br />

wurden Lack-Mus und Re-<br />

Torten gereicht. Die Kapelle einigte<br />

sich auf den richtigen New-Ton<br />

und spielte bis zum frühen Morgen<br />

flotte Loga-Rhythmen. Am nächsten<br />

Tag berichtete die hydraulische<br />

Presse in allen Einzelheiten über<br />

das große Ereignis.<br />

[Text von Dr. Richard Kirchlechner,<br />

Zeichnung von Norbert Barth]


9 7 5<br />

7 4 2 3<br />

3<br />

Das kleine ABC<br />

S ... wie Substitutionsreaktion.<br />

Es handelt sich um eine Reaktion,<br />

bei der ein Atom oder eine funktionelle<br />

Gruppe durch eine andere<br />

ersetzt wird. An den nucleophilen<br />

Substitutionen 1. und 2. Ordnung,<br />

die man spätestens in OC I kennenlernt,<br />

kommt kein Chemiker<br />

vorbei.<br />

T… wie Transferase. Die<br />

Transferasen stellen eine eigene<br />

Enzymklasse dar und katalysieren<br />

verschiedensten Reaktionen in<br />

unserem Körper. Die Hexokinase<br />

gehört zu den Transferasen und<br />

katalysiert eine Phosphorylierung<br />

der Glukose im Glykolyse-Zyklus.<br />

Mehr dazu im 3. Semester.<br />

U… wie Urotropin, auch bekannt<br />

als Hexamethylentetramin.<br />

Das weiße Pulver, das in adamantan-artigen<br />

Struktur kristallisiert,<br />

wird gerne für den gleichnamigen<br />

Trennungsgang verwendet. Wie<br />

gut es funktioniert - davon könnt<br />

ihr euch im AC II Praktikum selbst<br />

überzeugen.<br />

5 1 9<br />

8 1 4<br />

3 4 8 7<br />

5 9<br />

4 6 2 1<br />

9 6 8 5 7<br />

Sudoku<br />

Coiffeur-Salon<br />

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Passanten überqueren Lücke im<br />

Leitungsband, obwohl der Übergang<br />

quantenmechanisch verboten<br />

ist! Doch CERN warnt: Tunneln<br />

kann gefährlich sein! Schon<br />

eine kleine Unachtsamkeit und die<br />

vermeintliche Abkürzung endet an<br />

der Potentialbarriere!<br />

<strong>11</strong><br />

3 1 9<br />

8 3<br />

7 6 8 4 3<br />

3<br />

2 7 8 5<br />

Kleinanzeigen aus<br />

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