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7. Ausgabe 01/11 - Fachschaft Chemie - TUM

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Anfang der 1990er-Jahre wurde<br />

von einer merkwürdigen Beobachtung<br />

berichtet, dem „französischen<br />

Paradoxon“: Trotz des vielen Rauchens<br />

und einer cholesterolreichen<br />

Kost lag die Herzinfarktrate in<br />

Frankreich – vor allem im Süden<br />

– um rund 30-40 % niedriger als<br />

in anderen EU-Länder und in den<br />

Vereinigten Staaten. Erklärung<br />

der Wissenschaftler: Es muss am<br />

Rotwein liegen. Der hohe Konsum<br />

solle den Kreislauf schützen.<br />

In der Tat konnten Studien vom<br />

Team um A. Klatsky und dem<br />

Copenhagen City Heart Studios<br />

zeigen, dass Ethanol bei moderatem<br />

Konsum für den vaskulären<br />

Schutz verantwortlich ist. Allerdings<br />

ist auch eine weitere im<br />

Wein in hoher Konzentration vorliegende<br />

Substanz für eine (kleinere)<br />

lebensverlängernde Wirkung<br />

verantwortlich: das Resveratrol.<br />

Der „Wirkstoff des Rotweins“ war<br />

zu diesem Zeitpunk schon länger<br />

bekannt. Er wurde bereits in zahlreichen<br />

Nahrungspflanzen wie<br />

Erdnüssen, Maulbeeren und auch<br />

Trauben nachgewiesen. Besonders<br />

in der Haut von roten Weintrauben<br />

wurde eine vergleichsweise sehr<br />

hohe Konzentration gemessen und<br />

im Rotwein selbst liegt seine Konzentration<br />

bei etwa 20-30 mg/l.<br />

In der Natur dient Resveratrol,<br />

Bestandteil des pflanzlichen Immunsystems,<br />

als „biologische<br />

Vielzweckwaffe“. Es schützt die<br />

Weintraube vor Pilz-, Bakterien<br />

und Virusinfektionen sowie vor<br />

Umwelteinflüsssen.<br />

Als Polyphenol besitzt es eine<br />

sehr starke antioxidative Wirkung,<br />

News<br />

Trinke Wein, lebe länger?<br />

„Ein Glas Wein auf die Suppe ist dem Arzt einen Taler entzogen.“<br />

Als „Wirkstoff des Weins“ hat Resveratrol immer mehr Ansehen in der pharmazeutischen Industrie<br />

gewonnen. von Simon Nadal<br />

das heißt es verhindert die Oxidation<br />

empfindlicher Moleküle<br />

der Zelle, indem es z.B. reaktive<br />

Sauerstoffradikale abfängt. Im<br />

Reservatol ermöglichen dies die<br />

Hydroxylgruppen am Aromaten.<br />

Außerdem besitzt der Stoff eine<br />

antiinflammatorische Wirkung.<br />

Übersetzt heißt das, dass Resveratrol<br />

Entzündungsreaktionen<br />

hemmt. Diese Reaktionen dienen<br />

Organismen als Abwehrmechanismen<br />

gegen Krankheitserreger<br />

während einer Infektion. Bleiben<br />

diese Inflammationen nach erfolgreicher<br />

Abwehr des Auslösers<br />

bestanden, kommt es zu chronischen<br />

Entzündungen, welche Alterungsprozesse<br />

sowie degenerative<br />

Erkrankungen begünstigen.<br />

Antiinflammatorische Substanzen<br />

hemmen diese chronischen Entzündungen<br />

und finden daher auch<br />

viele Anwendungen in der Medizin.<br />

Nebenbei wurden dem Stoff noch<br />

weitere Wirkungen nachgewiesen,<br />

wie zum Beispiel die Abdichtung<br />

von Protonenlecks in Mitochon-<br />

6<br />

drien, welche zu einem leichten<br />

Kurzschluss in der Atmungskette<br />

und damit Energieverlust führen,<br />

aber auch der Schutz vor Krebs<br />

und vielem mehr.<br />

Doch wie wirkt nun Resveratrol<br />

auf unsere Franzosen und andere<br />

Rotweinliebhaber?<br />

Studien konnten zeigen, dass<br />

Resveratrol auf unterschiedliche<br />

Organismen die gleiche lebensverlängernde<br />

Wirkung wie eine<br />

anhaltende Kalorienrestriktion<br />

(CR) hat und somit zu den CR-<br />

Mimetika zählt.<br />

Die Kalorierestriktion gehört zu<br />

den am Besten untersuchten Therapieansätzen<br />

der Anti-Aging-<br />

Medizin (auf Altdeutsch = Anti-<br />

Alterungs-Medizin, bitte sehr Herr<br />

Westerwelle) und ist bis heute die<br />

einzige Maßnahme, für die experimentell<br />

tatsächlich eine Lebensverlängerung<br />

nachgewiesen werden<br />

konnte.<br />

Der Mechanismus der CR wurde<br />

in den letzten Jahren aufgeklärt. In<br />

erster Linie werden dabei Sirtuine<br />

aktiviert (Histon-Deacetylasen)<br />

und unter deren Einfluss kommt<br />

es zu vermehrter DNA-Reparatur,<br />

wodurch die Einzelzelle länger<br />

überlebt und somit auch der gesamte<br />

Organismus. CR-Mimetika<br />

aktivieren die gleichen biochemischen<br />

Prozesse wie eine Kalorienreduktion,<br />

ohne dass der Mensch<br />

eine Hungerdiät einhalten muss<br />

und sind daher sehr interessant für<br />

die Pharmaindustrie.

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