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eb ra aktuell - DEBRA Austria

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tet wurden. Chronisch K<strong>ra</strong>nke, welche<br />

ungeheuren Aufwand betreiben müssen,<br />

um <strong>eb</strong>en nicht bettlägerig zu werden,<br />

wurden dabei nicht berücksichtigt.<br />

Heute wird einfach der Wortlaut des Gesetzes<br />

ganz strikt ausgelegt – und nach<br />

diesem haben tatsächlich viele Patienten<br />

keinen anerkannten Anspruch auf Pflegegeld.<br />

Hier ist es unerlässlich, durch intensive<br />

Öffentlichkeitsarbeit und konsequentes<br />

„Aufrütteln“ von Politikern seitens<br />

der Selbsthilfeverbände eine Änderung<br />

der gesetzlichen Bestimmungen zu<br />

erwirken!<br />

Man unterteilt zunächst in den persönlich<br />

für die tägliche The<strong>ra</strong>pie zu bewältigenden<br />

Aufwand und den Bedarf<br />

an Fremdunterstützung:<br />

Selbst zu erledigen (für erwachsene Patienten!)<br />

1) Wundversorgung, Schmerzthe<strong>ra</strong>pie<br />

etc. – meist mehrere Stunden täglich.<br />

2) Bewegung – oft auch täglich aus medizinischen<br />

Gründen wichtig.<br />

3) Arztbesuche, Klinik-Kontrollen – umgerechnet<br />

mehrere Stunden pro Monat.<br />

Aus den Punkten 1 – 3 durchschnittliche<br />

Monatsstunden zusammenzählen.<br />

Dies zeigt dann, warum der EB-Betroffene<br />

ohne fremde Unterstützung verwahrlosen<br />

würde, da er vielen Alltagsanforderungen<br />

nicht ohne ständige Unterstützung<br />

durch Dritte gewachsen ist. Sollte<br />

es zu einem Gerichtsverfahren kommen,<br />

kann es auch nicht schaden, wenn<br />

die tatsächlich zur The<strong>ra</strong>pie notwendige<br />

Zeit vom betreuenden Arzt oder im EB-<br />

Haus schriftlich bestätigt wird. Bedarf<br />

von Pflegeunterstützung, die nur durch<br />

andere Personen erfolgen kann:<br />

1) Bereich „Betreuung“: Zubereitung von<br />

Mahlzeiten<br />

2) Bereich „Hilfe“: Einkaufen; Rezepte<br />

beim Arzt holen; Apotheke; Termine bei<br />

der K<strong>ra</strong>nkenkasse; Reinigung der Wohnung;<br />

tägliche Reinigung von Bad und<br />

Toilette; Wäsche-Reinigung etc.<br />

Für all diese letztgenannten Tätigkeiten<br />

gilt es jedenfalls zu argumentieren,<br />

dass sie wegen des enormen Zeit-<br />

und Energieaufwandes für The<strong>ra</strong>piemaßnahmen<br />

(siehe oben), wegen häufiger<br />

Infekte und teilweise für EB-Patienten<br />

gesundheitsschädliche Auswirkungen<br />

der Tätigkeiten als solche vom Patienten<br />

nicht selbst erledigt werden können!<br />

Die einzelnen Unterstützungstätigkeiten<br />

findet man genau aufgelistet beispielsweise<br />

im Internet unter: http://www.<br />

ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abf<strong>ra</strong>ge=Bu<br />

ndesnormen&Gesetzesnummer=10009142&Sh<br />

owPrintPreview=True<br />

Ich empfehle, diese Liste mit einem<br />

Vert<strong>ra</strong>uensarzt zu besprechen. Man sollte<br />

sich die Punkte im Detail überlegen<br />

und zu jedem einzelnen Bereich argumentieren<br />

können, warum der Betroffene<br />

etwas nicht selbst erledigen kann,<br />

darum geht es beim Pflegegeldgesetz!<br />

F<strong>ra</strong>ge:<br />

Wenn ich als Patient Pflegegeld beant<strong>ra</strong>gen<br />

möchte oder mir der Entzug von Pflegegeld<br />

droht, wie gehe ich dann vor?<br />

Pflegegeld wird von den Bezirksverwaltungsbehörden<br />

verwaltet; bei diesen<br />

oder der Gemeinde kann ein Ant<strong>ra</strong>g<br />

eing<strong>eb</strong><strong>ra</strong>cht werden. Bei Pensionisten<br />

(auch Invaliditätspension!) oder Beamten<br />

nimmt die PVA den Ant<strong>ra</strong>g entgegen,<br />

der am Amt auch aufliegen sollte.<br />

Da<strong>ra</strong>ufhin wird man zu einem ärztlichen<br />

Gutachter vorgeladen. Es handelt<br />

sich leider fast immer um Allgemeinmediziner,<br />

die wenig oder gar nichts von EB<br />

verstehen. Am besten die letzten Klinikbefunde<br />

mitnehmen. Oft kommt der Arzt<br />

oder ein Sozialarbeiter auch nach Hause,<br />

um sich die wohnlichen Umstände<br />

anzusehen (Heizungsart, nächstes Geschäft,<br />

Mobilitätshilfe … siehe oben unter<br />

Punkt „Hilfe“).<br />

TIPP:<br />

Vorsicht vor allzu freundlichen Gutachtern,<br />

welche einem dafür Komplimente<br />

machen, dass man „so toll“ selbständig<br />

ist – später liest man dann im Bescheid,<br />

dass man ohnehin alles alleine tun kann!<br />

Es ist erlaubt und sehr <strong>ra</strong>tsam, eine Vert<strong>ra</strong>uensperson<br />

zur Untersuchung durch<br />

den Gutachter beizuziehen; man vergisst<br />

leicht etwas Wesentliches, wenn<br />

man entweder gestresst ist oder aber ein<br />

„gemütliches“ Gesprächsklima entstanden<br />

ist. Man muss immer davon ausgehen,<br />

dass infolge fachlicher Unkenntnis<br />

kaum F<strong>ra</strong>gen gestellt werden, die mit EB<br />

zu tun haben. Oft dreht sich die Untersuchung<br />

um die Funktionalität der Gelenke,<br />

da dies im allgemein gehaltenen Gutachter-F<strong>ra</strong>g<strong>eb</strong>ogen<br />

vorgesehen ist. Daher<br />

immer von selbst auf die EB-spezifischen<br />

Probleme zu sprechen kommen;<br />

klar und präzise formulieren!<br />

Die Entscheidung<br />

ergeht mittels schriftlichen Bescheids,<br />

dessen Grundlage, das ärztliche Gutachten,<br />

meist nicht beiliegt. Man kann<br />

es aber immer im Amt einsehen bzw.<br />

kopieren lassen.<br />

Dies sollte man auch bei Abweisung<br />

des Ant<strong>ra</strong>gs tun, um danach das<br />

Rechtsmittel der Klage beim Landesgericht<br />

als Sozialgericht innerhalb von<br />

3 Monaten einzubringen (steht im Bescheid!).<br />

Das Verfahren ist immer kostenlos,<br />

auch wenn man verliert! Die<br />

Rechtsvertretung übernimmt bei Berufstätigen<br />

die Arbeiterkammer oder die<br />

Landwirtschaftskammer, bei anderen oft<br />

auch der Kriegsopfer- und Behindertenverband<br />

Österreichs (KoBV) (am besten<br />

telefonisch Termin vereinbaren).<br />

Man benötigt keinen Anwalt!<br />

Das Gericht bestellt einen Sachverständigen,<br />

auf Ant<strong>ra</strong>g in der Klage<br />

oft auch einen oder mehrere Fachärzte<br />

– was immer gut ist. Es können daher<br />

mehrere Gutachter bestellt sein. Dort<br />

lege man abermals seine vorbereitete<br />

Zusammenfassung der Problembereiche<br />

vor und erörtere sie eingehend. Oft<br />

sind gerichtliche Gutachter objektiver.<br />

Im Verfahren selbst b<strong>ra</strong>ucht man<br />

in der Regel nicht anwesend zu sein;<br />

man erhält das gerichtliche Urteil zugesandt,<br />

in welchem über den Pflegegeldanspruch<br />

entschieden wird. Gegen<br />

dieses Urteil ist auch noch eine Berufung<br />

möglich ist. Der Patient oder dessen<br />

Obsorg<strong>eb</strong>erechtigter sollte das weitere<br />

Vorgehen mit dem Rechtsvertreter<br />

besprechen.<br />

WICHTIG:<br />

Man kann auch dann risikolos klagen,<br />

wenn man seiner Meinung nach zu niedrig<br />

eingestuft wurde. Das Gericht darf<br />

NICHT WENIGER zusprechen als die<br />

Verwaltungsbehörde! Hat man Pflegegeld<br />

der Stufe 2 erhalten und klagt Stufe<br />

4 ein, kann das Pflegegeld der Stufe<br />

2 auch dann nicht entzogen werden,<br />

wenn sich im Gerichtsverfahren he<strong>ra</strong>usstellt,<br />

dass gar kein Pflegegeld zustünde!<br />

Gegen den Entzug eines bereits davor<br />

einmal gewährten Pflegegeldes kann<br />

man sich <strong>eb</strong>enso wehren, indem man<br />

gegen den Entzugsbescheid bei Gericht<br />

klagt. Hier gilt der wichtige Grundsatz,<br />

dass die Behörde nur dann das Pflegegeld<br />

entziehen oder verringern darf,<br />

wenn sich nachweislich eine (relevante<br />

und dauerhafte) Verbesserung der gesundheitlichen<br />

Situation oder der äußeren<br />

Umstände (Heizung, Einkauf, Mobilität,<br />

Hilfe) erg<strong>eb</strong>en haben. Bei EB ist ersteres<br />

wohl ausgeschlossen, was aber<br />

nicht heißt, dass es Behörden nicht behaupten!<br />

Bei Gericht geht es also darum,<br />

die von der Behörde behaupte-<br />

d<strong>eb</strong><strong>ra</strong> <strong>aktuell</strong> Jänner 2011 39

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