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Marco A. Gardini<br />

Mit der<br />

Marke<br />

zum<br />

Erfolg<br />

Markenmanagement in<br />

Hotellerie und Gastronomie


Inhalt<br />

Vorwort ............................................................................. 7<br />

I. Grundlagen der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie .... 11<br />

Grundlagen und Herausforderungen des Markenmanagements<br />

in Hotellerie und Gastronomie ................................................. 12<br />

Marco A. Gardini<br />

Zur Relevanz der Marke aus Kunden- und Investorensicht .................. 68<br />

Stephan Gerhard und Maike Nadrowski<br />

Wert und Einfluss einer starken Marke in Hotellerie und Gastronomie .... 87<br />

Benjamin N. Ploppa<br />

Markenpositionierung in der Hotellerie: Konsequenzen der Studie<br />

„Hotellerie der Zukunft“ ........................................................ 102<br />

Clemens Koob<br />

Hotelmarken im internationalen Wettbewerb – Eine Kurzanalyse unter<br />

Berücksichtigung der Immobilien- und Finanzkrise .......................... 114<br />

Jörg Frehse<br />

Markenwert aus der Sicht der Gastronomie .................................. 129<br />

Robert J. Harrington und Michael C. Ottenbacher<br />

II. Marken und Markt in der Hotellerie und Gastronomie ............... 143<br />

Die Bedeutung der Hotelmarke für Geschäftsreisende ...................... 144<br />

Jürgen Schneider<br />

Green Branding – ein unaufhaltsamer Trend? Perspektiven und<br />

Herausforderungen .............................................................. 164<br />

Willy Legrand und Philip Sloan<br />

5


Inhaltsverzeichnis<br />

Aufbau von Luxusmarken in der Privathotellerie ............................. 179<br />

Stephanie Zarges-Vogel und Burkhard von Freyberg<br />

Zur Bedeutung der Marke in Food & Beverage ............................... 194<br />

Udo Finkenwirth<br />

Vom Konzept zur Marke in der Gastronomie .................................. 207<br />

Jean Georges Ploner<br />

Innengerichtetes Markenmanagement: Über die Abhängigkeit von Marke<br />

und Personal in der Gastronomie .............................................. 225<br />

Stefan Nungesser und Christiane Boden<br />

III. Fallbeispiele der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie .. 247<br />

25hours Hotels: Ein Markenzwerg macht von sich reden ................... 248<br />

Christoph Hoffmann und Bruno Marti<br />

Romantik Hotels: Entstehungsgeschichte einer Kooperationsmarke ....... 257<br />

Jens Diekmann<br />

Multi-Marken Portfolios und Markenarchitektur in der internationalen<br />

Hotellerie am Beispiel von Marriott International Inc. ....................... 267<br />

Frank Zehle<br />

Der „Schindlerhof“ – eine Marke für sich ..................................... 281<br />

Nicole Kobjoll<br />

Strategische Markenführung und operative Umsetzung<br />

in der Block Gruppe ............................................................. 296<br />

Maike Hoffmann<br />

MARKEting der Sympathie und Lebensfreude: Vom austauschbaren<br />

Gasthaus zur Life-Style-Marke .................................................. 315<br />

Arne Kubecka<br />

Anhang ........................................................................... 342<br />

6


Romantik Hotels: Entstehungsgeschichte<br />

einer Kooperationsmarke<br />

Jens Diekmann<br />

1. Einführende Bemerkungen ................................................................. 258<br />

2. Entwicklung einer Alternative zu uniformierten Hotelketten ................ 259<br />

3. Grundüberlegungen zur Entwicklung des Namens „Romantik Hotels“ 259<br />

4. Logo als Markenzeichen .................................................................... 260<br />

5. Organisationsform für „Romantik Hotels“ .......................................... 261<br />

6. Entwicklung der Gruppe ..................................................................... 262<br />

7. Zusammenfassung und Schlussbemerkung ........................................ 265<br />

257


1. Einführende Bemerkungen<br />

Dienstleistungsmarken unterscheiden sich von Handelsmarken bei oberflächlicher<br />

Betrachtung dadurch, dass sie eine Leistung mit einem Produkt verbinden,<br />

während eine Handelsmarke in erster Linie ein einheitliches Produkt verkörpert,<br />

das über ein Handelssystem vertrieben wird.<br />

Bei genauerer Betrachtung ist der Unterschied jedoch nicht besonders groß, denn<br />

wenn eine Handelsmarke keine Dienstleistung – sprich Service – anbietet, wird<br />

sie nicht erfolgreich am Markt bleiben können.<br />

So gesehen ist auch ein Hotel oder eine Gaststätte in erster Linie ein Produkt –<br />

Hardware – und die Dienstleistung – Software – ist erforderlich, damit das Produkt<br />

funktioniert und dem Kunden, sprich dem Gast, eine Leistung bietet, für die<br />

er bereit ist zu zahlen.<br />

Unter dieser Prämisse sind die meisten Dienstleistungs-Marken in der Hotellerie<br />

keine Marken, sondern höchstens bekannte Namen. Nur wenige Hotelgruppen<br />

oder -ketten haben ein gleiches oder zumindest vergleichbares Produkt, eher<br />

sind sie ein Sammelsurium verschiedenster Hotels.<br />

In der Gastronomie ist dies schon besser, wenn man zum Beispiel Marken wie<br />

McDonald’s und früher Wienerwald betrachtet, wenngleich auch bei diesen Marken<br />

das Erscheinungsbild nie einheitlich war und ist. So spottete man vor einigen<br />

Jahren in den USA über „Howard Johnson“ early style und late style, weil das<br />

architektonische Erscheinungsbild der Outlets sich natürlich im Laufe der Jahre<br />

änderte.<br />

Auch Holiday Inn hatte früher in den USA ein mehr oder weniger gleiches Aussehen,<br />

so dass man die Hotels schon von weitem als ein „Marken-Hotel“ erkennen<br />

konnte. Heute ist dies bei keiner Hotelkette mehr der Fall.<br />

So betrachtet gibt es praktisch keine echten Marken in der Hotellerie, da sich eine<br />

Marke auszeichnet durch:<br />

@ Einheitliches Erscheinungsbild<br />

@ Gleiche Qualität<br />

@ Gleichen Preis<br />

III. Fallbeispiele der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie<br />

Hinzunehmen könnte man vielleicht noch den Faktor: überall erhältlich.<br />

258


Romantik Hotels: Entstehungsgeschichte einer Kooperationsmarke<br />

2. Entwicklung einer Alternative zu uniformierten<br />

Hotelketten<br />

Die vorstehenden Überlegungen berücksichtigend, begann ich 1971 damit, eine<br />

Alternative zu Holiday Inn & Co. zu entwickeln. Die Hotels sollten<br />

@ keine uniformen Hotelbauten sein,<br />

@ nicht unpersönlich gemanagt werden,<br />

@ kein “plastic food” anbieten,<br />

@ nicht zu groß sein,<br />

@ nicht zu teuer sein.<br />

Damit sie eine Alternative sein konnten, sollten sie<br />

@ historisch sein,<br />

@ vom Inhaber persönlich geführt werden,<br />

@ eine sehr gute Küche bieten,<br />

@ klein und gemütlich sein,<br />

@ ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.<br />

Nach Recherchen in Hotelführern stellte ich fest, dass es weit über 200 Hotels in<br />

historischen Gebäuden allein in Deutschland gab und weit über 1.000 in ganz<br />

Europa und sogar sehr viele in Amerika und Japan.<br />

Da auch Holiday Inn & Co. weltweit tätig waren, musste eine Alternative zu derartigen<br />

Ketten also auch weltweit möglich sein können.<br />

3. Grundüberlegungen zur Entwicklung des Namens<br />

„Romantik Hotels“<br />

Während meiner Zeit bei der Hamburger-Kette Wimpy wurde mir klar, wie wichtig<br />

es ist, einen Namen zu haben, mit dem der Konsument = Gast etwas anfangen<br />

und sich etwas darunter vorstellen konnte, wenn man nicht riesige Summen in<br />

die Bekanntmachung eines neuen Namens investieren konnte bzw. wollte. „Wimpy“<br />

– eine Comicfigur – war in Deutschland nicht bekannt und somit hätte das<br />

Produkt hinter diesem Namen Schuhcreme, Seife oder sonst etwas sein können.<br />

Es war also sehr schwer, der Bevölkerung zu vermitteln, dass es sich um einen<br />

„Hamburger“ handelte (bis 1967 ein in Deutschland nicht vorhandenes Pro-<br />

259


dukt!). Man kannte das Produkt nur als Frikadelle oder Klops, wie die Presse dann<br />

auch schrieb, um dem Leser klar zu machen, um was es hier eigentlich ging.<br />

Um einen Namen zu finden, der den historischen Charakter der Hotels zum Ausdruck<br />

bringt und der auch weltweit eingesetzt werden konnte, waren viele Überlegungen<br />

erforderlich. Dabei fielen z. B. Sternzeichen als Namen aus, weil sie<br />

nicht in allen Sprachen gleich lauten. Das galt auch für Steine oder Blumen.<br />

Zum Schluss blieben<br />

@ Historische Hotels<br />

@ Traditions-Hotels und<br />

@ Romantik Hotels<br />

übrig.<br />

Da die beiden ersten Namen in den verschiedenen Sprachen unterschiedliche<br />

Schreibweisen erforderlich machten, was für die Eintragung in die internationalen<br />

Patentämter zu Schwierigkeiten geführt hätte, habe ich mich für Romantik<br />

Hotels entschieden. Selbst wenn bei diesem Namen im Englischen „Romantic“<br />

und „Romantique“ im Französischen erforderlich gewesen wäre, blieb ich bei<br />

Romantik mit „k“ für alle Sprachen, um so auch zu dokumentieren, dass es sich<br />

nicht um eine beschreibende Bezeichnung, sondern um einen Markennamen<br />

handeln würde.<br />

Beschreibende Bezeichnungen sind patentrechtlich nur schwer durchzusetzen<br />

und in einem Streitfall unterliegt man vor den meisten Gerichten, es sei denn,<br />

der Name ist inzwischen bei über 2/3 der Bevölkerung bekannt und hat eine<br />

“secondary meaning” erlangt, wie dies im Englischen genannt wird. Das kostet<br />

sehr viel Geld und Zeit und muss durch Meinungsumfragen dokumentiert werden.<br />

Dieser Faktor wird bei sehr vielen Namen völlig unterschätzt und führt zu<br />

einem schrecklichen und teuren Erwachen bei gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />

um den Namen.<br />

4. Logo als Markenzeichen<br />

III. Fallbeispiele der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie<br />

Zu einem Markennamen gehört natürlich ein Markenzeichen, damit es auch visuell<br />

erkennbar ist. Hier waren viele Entwürfe notwendig, bevor ein endgültiges Zeichen<br />

entstand. Basis der Überlegung war ein Fachwerkhaus mit einem symbolischen<br />

Zeichen für Speisen. Daraus wurde folgendes Zeichen:<br />

260


Romantik Hotels: Entstehungsgeschichte einer Kooperationsmarke<br />

Dieses Wort- und Bildzeichen wurde international geschützt, was mit nicht unerheblichen<br />

Kosten verbunden war.<br />

Nachdem ich die Romantik-Hotel Kooperation 1989 verlassen und meine Komplementäranteile<br />

an die Hoteliers veräußert habe, hat man dieses Wort- und Bildzeichen<br />

mehrfach verändert mit der Folge, dass heute sowohl dieses alte als auch<br />

alle neueren Markenzeichen in den Betrieben verwendet werden. Nach meiner<br />

Ansicht hat man dabei die möglichen negativen Auswirkungen bei möglichen<br />

Markenzeichenauseinandersetzungen nicht bedacht, da jeder, der das Zeichen<br />

widerrechtlich einsetzt, darauf verweisen kann, dass es kein einheitliches Zeichen<br />

mehr gibt und die Marke daher nicht mehr schutzrechtlich relevant ist. Dies<br />

kann böse Folgen für den Namen und die Marke haben.<br />

5. Organisationsform für „Romantik Hotels“<br />

Während im Handel sehr viele Betriebe in einem Filialsystem geführt wurden und<br />

werden und Tankstellen meist als Händlersysteme funktionieren, hatte Wienerwald<br />

fast nur Filialen und später einige Franchise-Betriebe. Holiday Inn war fast<br />

ausschließlich als Franchise-System organisiert und auch bei Wimpy waren die<br />

meisten Betriebe Franchise-Partner. Das Gleiche lässt sich von der wohl bekanntesten<br />

und wichtigsten Gastronomiemarke McDonald’s sagen.<br />

Große Hotels wie z. B. Hilton oder Intercontinental Hotels wurden meist im Management<br />

geführt und Steigenberger als Filialen, nachdem man erkannt hatte,<br />

wie wichtig es war, alle Betriebe unter einem Namen zu führen.<br />

Nun war mir völlig klar, dass es mir niemals gelingen würde, alt eingesessene und<br />

erfolgreiche Hoteliers zu einer Zusammenarbeit zu gewinnen, wenn ich mit Begriffen<br />

wie “Franchising” oder Ähnlichem gekommen wäre, von denen sie noch<br />

nie etwas gehört hatten bzw. sich etwas darunter vorstellen konnten. Daher wählte<br />

ich die Kooperation als Organisationsform.<br />

261


Doch auch hier nutzte ich nicht den Verein als gemeinsame Plattform, sondern<br />

eine Kommanditgesellschaft, bei der ich die persönliche Haftung als Komplementär<br />

übernahm, während die Hoteliers Kommanditisten mit einer sehr geringen<br />

Haftungseinlage werden konnten.<br />

Diese Organisationsform sorgte für eine gute Vertrauensbasis, denn als 30-Jähriger,<br />

der aus dem Hamburger-Geschäft kam und erfahrenen Hoteliers ein völlig<br />

neues Vertriebssystem vermitteln wollte, war das schon besonders wichtig. Sie<br />

konnten davon ausgehen, dass ich alles verlieren würde, wenn es scheitern sollte,<br />

während sie selbst nur mit einer kleinen Einlage hätten haften müssen. Das<br />

gab ihnen das nötige Vertrauen.<br />

Die Kooperation der Ringhotels, die nur kurze Zeit später entstanden ist, wurde<br />

dagegen als ein Zusammenschluss von Hoteliers auf Vereinsbasis gegründet.<br />

6. Entwicklung der Gruppe<br />

III. Fallbeispiele der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie<br />

Die offizielle Gründung der Romantik Hotel Gesellschaft erfolgte im Dezember<br />

1971 zwischen Alfred Mäder, Pächter des Hotels Landsknecht in Rendsburg,<br />

und mir, wobei ich die Komplementärhaftung übernahm und Alfred Mäder der<br />

erste Kommanditist wurde.<br />

Im Laufe der nächsten Monate bereiste ich ganz Deutschland und besuchte potentielle<br />

Betriebe. Dabei gelang es, Rudolf Katzenberger vom Katzenberger’s Adler<br />

in Rastatt für die Idee zu gewinnen. Damals war mir noch nicht bewusst, welche<br />

Bedeutung dies für den Start der Kooperation hatte, denn Rudolf Katzenberger<br />

war schon 1972 als Doyen der deutschen Köche bekannt. Als andere Hoteliers<br />

hörten, dass Rudolf Katzenberger mitmachen würde, schlossen sich weitere Hotels<br />

an, so dass ich im Mai 1972 mit acht Betrieben an die Öffentlichkeit gehen<br />

konnte. Diese waren<br />

@ Landsknecht in Rendsburg<br />

@ Katzenbergers Adler in Rastatt<br />

@ Post in Nagold<br />

@ Obere Linde in Oberkirch<br />

@ Historischer Krug in Oeversee/Flensburg<br />

@ Heidkrug in Lüneburg<br />

@ Adler-Post in Titisee-Neustadt<br />

@ Waldhorn in Ravensburg<br />

Als die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Artikel über diese neue Hotelvereinigung<br />

schrieb, bekamen wir sehr viele Zuschriften von interessierten Lesern.<br />

262


Romantik Hotels: Entstehungsgeschichte einer Kooperationsmarke<br />

Damit war mir klar, dass die Idee nicht nur mir und den Hoteliers gefiel, sondern<br />

auch dem Publikum – sprich den Gästen.<br />

Im Laufe des Jahres 1972 kamen weitere Hotels und Restaurants hinzu:<br />

@ Landhaus Stricker in Keitum/Sylt<br />

@ Schwan in Oestrich<br />

@ Greifen-Post in Feuchtwangen<br />

@ Ratskeller in Rheda-Wiedenbrück und<br />

@ Hof zur Linde in Münster-Handorf<br />

Somit gehörten im Gründungsjahr 13 Betriebe der Kooperation an.<br />

1975 wurde die erste ausländische Gruppe in Österreich gegründet und 1977<br />

kamen Dänemark, Schweden, Norwegen, England und die Schweiz hinzu. Eine<br />

Zusammenarbeit mit der holländischen Restaurant-Vereinigung Romantisch Tafelen<br />

wurde eingeleitet, Hotels in Südtirol schlossen sich der österreichischen<br />

Gruppe an, bevor eine eigene in Italien gegründet wurde. 1979 gelang der Sprung<br />

über den Atlantik und die ersten Country Inns in den USA schlossen sich der<br />

Romantik Kooperation an. Damit war Romantik Hotels die erste deutsche Hotelgruppe,<br />

die in die USA expandierte, während bis dahin immer nur amerikanische<br />

Ketten in Europa Fuß gefasst hatten.<br />

Die Grundidee bei dieser Expansion war immer, dass jedes Land selbst bestimmen<br />

konnte, wie es im nationalen Markt agieren wollte. Es sollte auf jeden Fall<br />

vermieden werden, dass die nichtdeutschen Partner das Gefühl haben könnten,<br />

von Deutschland aus dirigiert zu werden. Dies hätte nie funktioniert. Zum einen<br />

aus der Geschichte Deutschlands heraus und zum anderen durch die Tatsache,<br />

dass man den nationalen Markt viel besser selbst und nicht aus Deutschland<br />

heraus beurteilen und entsprechend agieren kann.<br />

Diese Grundidee wurde auch in der Form der Zusammenarbeit dokumentiert. Jedes<br />

Land entsandte einen Vertreter in den Verwaltungsrat der Kooperation, der<br />

das oberste Organ der Gruppe war. Dieses Organ konnte nur einstimmige Beschlüsse<br />

fassen und jedes Land hatte ein Vetorecht, damit es nie zu Marketingaktivitäten<br />

gezwungen werden konnte, die es für den eigenen Markt nicht befürworten<br />

konnte. Diese Form der Zusammenarbeit war sehr fruchtbar und hat mit<br />

dazu beigetragen, dass eine große Harmonie innerhalb der internationalen Kooperation<br />

herrschte. Dieses Prinzip hat sich meiner Ansicht nach lange bewährt,<br />

wurde aber inzwischen geändert.<br />

Die Expansion in andere Länder hatte jedoch nicht nur zum Ziel, auch in anderen<br />

Ländern eine Alternative zu uniformierten Hotelketten zu bilden, sondern in erster<br />

Linie spielte eine ganz andere Marketingüberlegung eine Rolle:<br />

263


Wir hätten es als kleine Kooperation nie geschafft, mit unseren geringen Mitteln<br />

in europäischen Nachbarländern und schon gar nicht in Amerika bekannt zu werden.<br />

Wenn es jedoch gelingen würde, mit den bereits im Heimatmarkt etablierten<br />

Hotels – die ja auch einen großen Gästekreis besaßen – im Ausland bekannt zu<br />

werden, würden diese Gäste auch in die deutschen und anderen europäischen<br />

Hotels reisen. Die ausländischen Betriebe machten Werbung für Romantik Hotels<br />

und bezahlten auch noch Beiträge dafür!<br />

Umgekehrt war für die ausländischen Hotels der deutsche Markt nur schwer und<br />

wenn überhaupt, unter hohen Kosten zu bearbeiten. Durch die Zusammenarbeit<br />

mit deutschen Hotels wurde dies sehr viel einfacher, denn Deutschland war auch<br />

damals schon Weltmeister im Reisen. Beide Seiten profitierten somit von der internationalen<br />

Zusammenarbeit.<br />

Bei der Aufnahme neuer Kooperationspartner wurde sehr viel Wert auf die sorgfältige<br />

Auswahl der Betriebe gelegt. Somit konnte erreicht werden, dass sowohl<br />

die Historie als auch die Qualität und die Führung in allen Betrieben vergleichbar<br />

waren und die Kriterien für eine Marke zum hohen Prozentsatz eingehalten werden<br />

konnten. Sie entsprachen alle den Kriterien:<br />

@ Historisches Gebäude<br />

@ Gemütliche Einrichtung<br />

@ vom Inhaber persönlich geführt<br />

@ sehr gute Küche<br />

@ gutes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />

III. Fallbeispiele der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie<br />

Durch diese strengen Aufnahmekriterien wuchs die Gruppe zwar langsam (jährlich<br />

kamen etwa zehn neue Betriebe hinzu), doch dadurch konnte sie sich im<br />

Markt auch sehr klar positionieren und in wenigen Jahren, nicht zuletzt dank einer<br />

intensiven Pressearbeit, einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen. Eine in den<br />

80er Jahren durchgeführte Infratest Marktuntersuchung ergab einen Bekanntheitsgrad<br />

von über 70% in der Bevölkerung!<br />

Ich glaube zwar, dass die Befragung vielleicht deswegen so positiv ausgefallen<br />

ist, weil viele Befragten „romantische Hotels“ mit „Romantik Hotels“ verwechselten,<br />

denn auch manche Schlosshotels wurden als Romantik Hotels eingestuft. Es<br />

kann aber konstatiert werden, dass „Romantik Hotels“ praktisch zum Gattungsbegriff<br />

für historische Hotels geworden war.<br />

264


Romantik Hotels: Entstehungsgeschichte einer Kooperationsmarke<br />

7. Zusammenfassung und Schlussbemerkung<br />

Eine Marke in der Hotellerie zu entwickeln erfordert nicht nur genaues Wissen<br />

über die Voraussetzungen für eine Marke und deren Mindestanforderungen, sondern<br />

auch eine sorgfältige Recherche bei der Namenswahl. Er muss nicht nur in<br />

den wichtigsten Sprachen aussprechbar und schreibbar, sondern auch begrifflich<br />

identisch sein.<br />

So mussten wir bei den Romantik Hotels erfahren, dass in England der Name<br />

“Romantic” eher als “sweet and love” verstanden wird – ganz im Gegensatz<br />

zum ebenfalls englischsprachigen Amerika! Daher hatten wir immer Schwierigkeiten,<br />

eine ausreichende Anzahl Hotels als Mitglieder in Großbritannien zu finden,<br />

denn welches renommierte und seriöse Hotel wollte sich ein solches Image<br />

verpassen?<br />

Wenn die Betriebe nicht vergleichbar sind, sondern alle unterschiedlich in der<br />

äußeren Erscheinung, in der Größe, im Preis und im Management, kann sich<br />

nie eine echte Marke, sondern höchstens ein bekannter Name entwickeln, wie<br />

dies z. B. bei Best Western deutlich wird. Daher dürften die meisten „Marken“ in<br />

der Hotellerie – bis auf wenige Ausnahmen – eher ein Zusammenschluss verschiedenster<br />

Hotels sein. Der Slogan „Wir bieten allen Gästen das jeweils passende<br />

Hotel“, wie er von manchen Hotelgruppen in deren Werbung dargestellt<br />

wird, zeigt, wie verzweifelt diese Ketten sind, sich ein wirkliches Profil zu geben.<br />

Man handelt nach Goethe’s Faust: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“<br />

Intercontinental warb früher als Kette mit dem Slogan: „Wer eines kennt, kennt<br />

alle“, was für eine Marke genau die richtige Aussage war. Bei den Romantik Hotels<br />

habe ich als Alternative daraus gemacht: „Wer eines kennt, möchte alle kennenlernen“,<br />

was von den Gästen auch praktiziert wurde. Durch den „Romantik-<br />

Feinschmecker-Pass“ und den eingetragenen Verein „Romantik-Gästekreis“ wurde<br />

dies marketingmäßig noch unterstützt.<br />

Erstaunlich für mich ist, wie leichtsinnig viele Hotelketten mit ihrem Namen umgehen.<br />

Da wird ein über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, unter großem finanziellen<br />

Aufwand aufgebauter Name oder sogar eine Marke von heute auf Morgen umbenannt,<br />

weil ein neuer Eigentümer glaubt, es besser zu können.<br />

So wurden Esso Motor Hotels plötzlich Queens Hotels und dann zerfielen sie in<br />

alle möglichen Namen. Auch Holiday Inn war in Deutschland einmal die bekannteste<br />

und größte Hotelmarke, heute sieht man kaum noch eines dieser Hotels.<br />

Doch auch Astron wurde plötzlich NH-Hotels und andere wurden zu Tryp-Hotels<br />

umbenannt, in Deutschland völlig unbekannte Namen. Da wurde richtig Geld verbrannt<br />

und das von Managern, die glaubten, Ahnung von Hotelmarken und Marketing<br />

zu haben.<br />

265


Doch auch andere Marken, wie z. B. Silence-Hotels – für mich eine wirkliche Marke<br />

– verkümmerte, weil man sich zwischen Deutschland und Frankreich stritt, wer<br />

bestimmen soll, was in welchem Land passiert. Gleiches muss man leider heute<br />

auch bei den Romantik Hotels konstatieren, da man glaubte, alles von Frankfurt<br />

aus in einem kleinen Gremium bestimmen zu müssen. Es gab erheblichen Krach<br />

mit der bis dato sehr erfolgreichen und bekannten Romantik Hotel Gruppe in<br />

Schweden, mit dem Ergebnis, dass der gesamte skandinavische Markt für Romantik<br />

Hotels heute verbrannte Erde darstellt. Die meisten der bisherigen Häuser<br />

haben sich in den Historic Hotels of Sweden neu etabliert. Es gibt heute in ganz<br />

Skandinavien keine Romantik Hotels mehr. Das dürfte wohl auch dazu geführt<br />

haben, dass schwedische Gäste keine Romantik Hotels mehr kennen und somit<br />

auch auf ihren Reisen durch Deutschland und Europa keine mehr aufsuchen. Das<br />

dürfte die Romantik Hotels ziemlich viel Geld kosten.<br />

Fazit:<br />

III. Fallbeispiele der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie<br />

@ Durch einen falschen Namen, der nicht international verwendbar ist, kann<br />

keine Marke aufgebaut werden.<br />

@ Durch unterschiedliche Hotels kann keine Produktidentifikation ermöglicht<br />

werden, da der Kunde/Gast nie vorher weiß, was ihn vor Ort erwartet. Damit<br />

wird man nie zu einer Marke werden können, sondern höchstens einen<br />

bekanten Namen aufbauen können (z. B. “Best Western”).<br />

@ Durch eine falsche Unternehmens-/Vertriebsstruktur wird es schwierig,<br />

sich auf den unterschiedlichen Märkten optimal zu etablieren.<br />

@ Durch falsches Management kann man keine Marke in der Hotellerie aufbauen,<br />

sondern sie höchstens wieder zerstören.<br />

Selbst wenn die Marke „Romantik Hotels“ nicht zu 100% einer echten Handelsmarke<br />

wie z. B. „Nivea“ oder „Persil“ entsprechen wird und kann, so dürfte sie<br />

dennoch eine echte Dienstleistungsmarke geworden sein.<br />

266


Mit der<br />

Marke<br />

zum<br />

Erfolg<br />

Eine starke Marke hat großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg – das ist<br />

in Wissenschaft und Unternehmenspraxis unbestritten. Trotz dieses Bewusstseins<br />

wird eine systematische und professionelle Markenführung in der heutigen<br />

Hotellerie und Gastronomie oft nur unzureichend umgesetzt. Entsprechend<br />

bleiben entscheidende Markenpotenziale vielfach ungenutzt, die Bekanntheit<br />

vieler Marken in der Hotellerie und Gastronomie vergleichsweise gering und<br />

die notwendige Profilierungskraft und Differenzierungsfähigkeit zahlreicher<br />

Hotel- oder Gastronomiemarken ist oftmals nicht gegeben.<br />

Vor diesem Hintergrund widmet sich dieses Buch konsequent der Frage, was<br />

erfolgreiche Marken auszeichnet und wie man erfolgreiche Marken in Hotellerie<br />

und Gastronomie aufbaut. Diese Fragen behandelt der Herausgeber<br />

Prof. Dr. Marco A. Gardini in Zusammenarbeit mit 23 renommierten Autoren<br />

aus Wissenschaft und Unternehmenspraxis und arbeitet theoretisch fundiert<br />

und gleichzeitig praxisrelevant, die Besonderheiten einer professionellen<br />

Markenführung in Hotellerie und Gastronomie auf. Das Spektrum der Originalbeiträge<br />

reicht von Fallstudien und Umsetzungserfahrungen, bis zu theo-<br />

retischen Grundlagen, Einzelinstrumenten und Methoden der Markenführung.<br />

Dr. Marco a. GarDini ist Professor für Internationales<br />

Hospitality Management und Marketing an der Hochschule<br />

Kempten und Wissenschaftlicher Direktor des TREUGAST<br />

International Institute of Applied Hospitality Sciences in<br />

München.<br />

ISBN 978-3-87515-517-4

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