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Feminismus und kulturelle Dominanz - no-racism.net

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Aegypten“, <strong>und</strong> „90 Prozent der Gründer <strong>und</strong> Börsianer sind Juden“. Parallelen z. B. Bei Sarrazin: „Auch Einzelhandel<br />

<strong>und</strong> Banken waren (vor 1933) großenteils in jüdischem Besitz“, um später dann fortzufahren: „Die Araber<br />

<strong>und</strong> Türken haben einen zwei- bis dreimal höheren Anteil an Geburten, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht“.<br />

Viertens: Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert werden „die Juden“ verstärkt als omnipotente Verschwörer dargestellt, welche die<br />

Weltherrschaft an sich reißen wollen <strong>und</strong> hierfür <strong>no</strong>ch das religiös verbriefte Recht besäßen, „Andersgläubige“<br />

<strong>und</strong> „Ungläubige“ zu belügen, zu betrügen, zu täuschen <strong>und</strong> zu unterwerfen. Parallelen: Sie finden sich in grotesken<br />

Unterwanderungsszenarien im Blog Politically Incorrect sowie in der diffamatorischen Auslegung der muslimischen<br />

Taquia (“Notstandsrecht“) als Täuschungs-, Verstellungs- <strong>und</strong> Betrugsrecht gegenüber Andersgläubigen.<br />

Fünftens: Die jüdische Religion wird in den mit hohen Auflagen verbreiteten antisemitischen Schriften des wilhelminischen<br />

Kaiserreichs als aggressiv, boshaft, kalt <strong>und</strong> inhuman sowie als nicht modernisierungsfähig diffamiert.<br />

Eine pseudowissenschaftliche Berechtigung hierfür erfolgt durch „Belege“ anhand von Stellen aus Tora <strong>und</strong> Halacha,<br />

ohne deren Sinn, Kontext, historische Bedeutung oder Auslegungspraxis auch nur zu kennen oder zu prüfen.<br />

Parallelen: Die Flugschrift der Aktion 3. Welt Saar (Herbst 2008) mit dem Leitzitat: „Es gibt viele moderate<br />

Moslems, doch der Islam selber ist nicht moderat“; die „Koranexegese“ sogenannter selbsternannter „Islamkritiker“;<br />

die Ablehnung gemeinsamer jüdisch-muslimischer Bräuche wie das Schächten <strong>und</strong> ihre Diffamierung als<br />

tierfeindlicher Ritus, die Darstellung des Islam als herrschsüchtige „Unterwerfungsreligion“.<br />

Sechstens: Analysiert man komparatistisch Teildebatten, so ist die Parallele zwischen den „Synagogenbaustreitigkeiten“<br />

sowie der „Moscheebaudebatte“ offensichtlich, auf die bereits Ian Leveson sowie Salomon Korn hinwiesen.<br />

Die im Zeitalter von Historismus <strong>und</strong> Orientalismus im neoislamischen Stil gebauten Synagogen wurden von<br />

antisemitischer Seite als „<strong>und</strong>eutsch“ sowie als „nicht in das Ortsbild passend“ ausgegrenzt. Konservative Kräfte<br />

erhoben die Forderung nach Kontrolle der Talmud-Schulen, nach Übersetzung religiöser Texte sowie von Predigten<br />

in die deutsche Sprache. Parallelen: Diffamierung von Moscheen als „fremd“, Instrumentalisierung von Bestimmungen<br />

des Baurechts, lokale Verhinderungsstrategien gegen Moscheebauten etc.<br />

Siebtens: Es ist auffallend, dass sowohl der Berliner Antisemitismusstreit der Jahre 1879 bis 1881 als auch der islamfeindliche<br />

aktuelle Diskurs in Zeiten einer vergleichsweise eher als „Integrations- <strong>und</strong> Gleichstellungphase“ zu<br />

bezeichnenden Epoche stattfanden bzw. -finden. Die „Fremdenfeinde“ stören sich gerade nicht an „desintegrativen<br />

Tendenzen“, sondern eher am Maß der bereits erreichten Integration <strong>und</strong> Normalität. Auch wenn sie vorgeben,<br />

„desintegrative Entwicklungen“ zu kritisieren, befürchten sie eher einen fortschreitenden Normalisierungsprozess,<br />

in dem assimilative Forderungen <strong>und</strong> Tendenzen durch Bereicherung aus gegenseitigem Einfluss <strong>und</strong> Befruchtung<br />

abgelöst werden (vgl. die „Antisemiten-Petition“ von 1880, welche die Aufhebung der Gleichstellung jüdischer<br />

Bürger in Deutschland forderte!).<br />

Achtens: Es verw<strong>und</strong>ert folglich nicht, dass – komparatistisch betrachtet – die Träger beider Diskurse aus der wissenschaftlichen,<br />

publizistischen <strong>und</strong> politischen Elite des Landes stammen <strong>und</strong> die Funktion der Debatte maßgeblich<br />

darin bestand bzw. besteht, die Diskussion in gehobene Schichten, das Bildungsbürgertum, die intellektuelle<br />

Linke, liberale Kreise <strong>und</strong> die Universitäten hineinzutragen (“Elitenrassismus“).<br />

Neuntens: Die Islamfeinde (“Islamkritiker“) ähneln auch im Umgang mit ihren Gegnern ihrem antisemitischen<br />

Vorbild Heinrich von Treitschke. Wie dieser hegen sie nicht nur eine Verachtung für Zuwanderer <strong>und</strong> ihre Kultur,<br />

sondern sie hassen <strong>no</strong>ch viel stärker die „(liberalen) Gutmenschen“, die der Gefahr der „Judaisierung“ bzw. „Islamisierung“<br />

nicht entgegentreten <strong>und</strong> die der Bedrohung der „jüdischen“ bzw. „muslimischen Verschwörung“ nicht<br />

ins Auge blicken. Seinen Hass bringt Heinrich von Treitschke in der Losung „Die Juden sind unser Unglück“ zum<br />

Ausdruck, für die Islamfeinde von heute ist dies der Ausspruch „Der Islam ist das Problem“.<br />

Zehntens: Der Berliner Antisemitismusstreit markiert zugleich den Übergang zum modernen Rassenantisemitismus.<br />

Als Transformationsprozess mischt er Neues mit Altem, christlich-inspirierte Judenfeindschaft, Fremdenfeindlichkeit<br />

<strong>und</strong> sozialdarwinistischen Rassismus. Auch die moderne Islamfeindlichkeit speist sich aus heterogenen<br />

Quellen, zu denen nicht zuletzt die christliche Islamfeindlichkeit zählt. Zwar mag der protestantische Hofprediger<br />

Adolf Stoecker um Dimensionen hassgetränkter gewesen sein, doch auch der evangelisch-lutherische Theologe<br />

Wolfgang Huber hat die Hassschriften Martin Luthers zum Islam (“Reichsfeinde“, „gewalttätige Häretiker“)<br />

nicht nur gelesen, sondern singt das ursprünglich gegen den Islam gerichtete Lutherlied „Ein feste Burg ist unser<br />

Gott“ freudig mit. Die <strong>no</strong>ch immer nicht zurückgezogene Islam-Handreichung der Evangelischen Kirche in<br />

Deutschland „Klarheit <strong>und</strong> gute Nachbarschaft“ ist kein Dokument der christlichen Versöhnung, sondern rauschendes<br />

Wasser auf die Mühlen des „Islam-Bashing“.<br />

Wissenschaftlich vergleichen bedeutet dabei nie gleichsetzen; wie weit der Vergleich trägt, wird erst <strong>no</strong>ch zu prüfen<br />

sein. Welche Erkenntnisse <strong>und</strong> Lerneffekte lassen sich aber bereits jetzt konstatieren bzw. vermuten? Erstens:<br />

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