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Feminismus und kulturelle Dominanz - no-racism.net

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8| Kritik der Kulturalisierung in der „Inter<strong>kulturelle</strong>n Pädagogik“<br />

Christian Galati<br />

[Aus: PI-RAT. Politische Information der FachschaftsRäte Erziehungswissenschaft - No 9. - 10/10. Uni Hamburg]<br />

„Interessanter als Theorie ist schlicht <strong>und</strong> einfach, die Welt zu verändern. Was wiederum nicht ohne Theorie geht.<br />

Die Welt ist kein transparenter Gegenstand, der sich ohne intellektuelle Anstrengung erkennen lässt (…) Das Ziel<br />

beseht darin, das dadurch gewonnen Verständnis in eine veränderte Praxis einfließen zu lassen.“ (Stuart Hall)<br />

1. Einleitung<br />

Jüngere Zeitdiag<strong>no</strong>sen beschreiben moderne Gesellschaften aufgr<strong>und</strong> sozialer Wandlungsprozesse <strong>und</strong> weltweiter<br />

Wanderungsbewegung als Ort, in dem es zu einer Pluralisierung der sozialen Kontexte, Lebensstile <strong>und</strong><br />

Selbstverständnissen gekommen ist. Eine <strong>no</strong>rmative Sicht auf dieses Phä<strong>no</strong>men der unterschiedlichen<br />

Lebensformen – wie sie in der Inter<strong>kulturelle</strong>n Pädagogik zu finden ist - wollen diese Differenzen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

anerkennen <strong>und</strong> als Ausbildung von Fertigkeiten begreifen, die in der wechselseitigen Kommunikation <strong>und</strong> in<br />

Bildungskontexten wichtig sind. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> bekommt die „inter<strong>kulturelle</strong> Bildung“ einen zentralen<br />

Stellenwert in der (Welt-)Gesellschaft, die den Verstehensprozess <strong>und</strong> die Kommunikation untereinander<br />

ermöglichen kann. So sind nach Auernheimer die leitenden Motive der Inter<strong>kulturelle</strong> Pädagogik für die<br />

„Gleichheit aller – ungeachtet der Herkunft, die Haltung des Respekts für Andersheit, die Befähigung zum<br />

inter<strong>kulturelle</strong>n Verstehen <strong>und</strong> die Befähigung zum inter<strong>kulturelle</strong>n Dialog“ (Mecheril, 2009) kennzeichnend.<br />

Das Gr<strong>und</strong>problem der Inter<strong>kulturelle</strong> Pädagogik ist jedoch, dass sie zwar pädagogisch auf die <strong>kulturelle</strong>n<br />

Differenzen adäquat reagieren will, diese spezifische Verschiedenheit jedoch immer auch schon setzt. Zudem wird<br />

als Erklärung für Phä<strong>no</strong>mene der Differenz lediglich die Kategorie Kultur verwendet. Die Fokussierung <strong>und</strong> der<br />

Anerkennung der „Kultur“ in der Inter<strong>kulturelle</strong>n Pädagogik ist in jüngster Zeit von antirassistischer <strong>und</strong><br />

migrationspädagogischer Seite kritisiert worden. So wurde u.a. die kulturalistische Reduktion<br />

migrationsgesellschaftlicher Phä<strong>no</strong>mene, die Essenzialiserung von <strong>kulturelle</strong>r Zugehörigkeit <strong>und</strong> die<br />

Vernachlässigung von Neorassimus/ Kulturrassismus kritisiert.<br />

Zudem ist insbesondere in der Praxis faktisch festzustellen, dass immer dann „inter<strong>kulturelle</strong> Bildung“ angefragt<br />

wird, wenn es irgendwie um „Migrant_innen“ geht. So erscheint dass „das inter<strong>kulturelle</strong>“ eine Art<br />

Sonderkompetenz für (pädagogisch tätigen) Professionelle ist, um mit einem bestimmten Klientel<br />

zurechtzukommen. Dies Vorstellung bleibt bestehen, auch wenn dies in der theoretischen Konzeptionalisierung<br />

der Inter<strong>kulturelle</strong>n Pädagogik eigentlich nicht gewollt ist. Denn der akademische Fachdiskurs der Inter<strong>kulturelle</strong>n<br />

Pädagogik hatte sich in der Abgrenzung zur „Ausländerpädagogik“darum bemüht die (defizitorientierte <strong>und</strong><br />

paternalistische) Zielgruppe<strong>no</strong>rientierung zu überwinden, um zu einem allgemeinen Stellenwert von <strong>kulturelle</strong><br />

Differenz zu kommen. Das Gegenteil lässt sich jedoch insbesondere in der Praxis beobachten: Nach Mecheril<br />

befördert/reproduziert aufgr<strong>und</strong> dieser selektiven Inanspruchnahme, <strong>und</strong> weil es im hegemonialen Diskurs eine<br />

starke Verknüpfung von „interkulturell“ <strong>und</strong> „Migranten“ / “Ausländer“ gibt, die Inter<strong>kulturelle</strong> Pädagogik unter<br />

der Hand die Paradigmen der „Ausländerpädagogik“. Sie trägt (durch ihre inter<strong>kulturelle</strong>n-Sonderbehandlung in<br />

der Praxis) damit, zum Prozess des „Othering“(1.) bei. In Deutschland geborene <strong>und</strong> aufgewachsene „deutsche“<br />

Jugendliche, werden – weil man ihre vermeidlich „andersartige“ Kultur anerkennt – markiert, <strong>und</strong> zu Fremden in<br />

ihrem 'eigenen' Land gemacht.<br />

Wie ist das möglich? Ich werde nun im weiteren genauer auf die Kritik der Kulturalsierung innerhalb der<br />

theoretischen Konzeption der Inter<strong>kulturelle</strong>n Pädagogik eingehen. Ich orientiere mich dabei an den<br />

Ausführungen von Paul Mecheril, welcher diese in seiner Konzeption einer „rassismuskritischen<br />

Migrationspädagogik“ dargelegt hat. Dabei geht es mir nicht darum zu sagen, dass alle Pädagog_inne die<br />

inter<strong>kulturelle</strong> Ansätze benutzen unkritisch sind oder, dass alle Inter<strong>kulturelle</strong>n Konzepte gr<strong>und</strong>sätzlich falsch <strong>und</strong><br />

damit unbrauchbar seien.<br />

2. Essenzialiserung <strong>kulturelle</strong>r Zugehörigkeiten <strong>und</strong> Differenz<br />

Oft wird in Ansätzen der inter<strong>kulturelle</strong>n Pädagogik „Kultur“ nicht als eine Arena verstanden, in dem Kämpfe um<br />

die Definition von Symbolen <strong>und</strong> Praxen stattfinden, sondern in Anlehnung an Levi-Strauss in einer<br />

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